T 0004/82 () of 1.12.1982

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1982:T000482.19821201
Datum der Entscheidung: 01 Dezember 1982
Aktenzeichen: T 0004/82
Anmeldenummer: 79100451.8
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 371 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Strassenwalze
Name des Anmelders: VOEST
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
inventive step
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0148/91

Sachverhalt und Anträge

I Die am 15. Februar 1979 unter Beanspruchung der Priorität der Voranmeldung in Österreich vom 3. März 1978 angemeldete, unter der Nummer 0 003 978 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 79 100 451.8 wurde von der Prüfungsabteilung 079 mit der Entscheidung vom 2. Oktober 1981 zurückgewiesen.

Der Entscheidung lag die am 13. Mai 1981 eingegangene Fassung eines einzigen Patentanspruches zugrunde.

II In der Entscheidung führt die Prüfungsabteilung aus, der Gegenstand des Patentanspruches beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung verweist sie auf die Veröffentlichungen DE-A-2 058 718 und AT-B- 312 662, aus denen sich der Gegenstand des Anspruches in naheliegender Weise ergäbe.

III Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin unter Entrichtung der Beschwerdegebühr am 21. November 1981 Beschwerde eingelegt und diese unter Vorlage eines neuen Patentanspruches begründet. Sie meint, der Fachmann könne dem Stand der Technik keine Hinweise entnehmen, entsprechend der Erfindung zu verfahren, insbesondere sei bisher keine Straßenwalze bekannt geworden, bei der zumindest in einem der jeweils an den Mittelteil anflanschbaren austauschbaren Fahrgestelle ein Lenktrieb für den drehbaren Läufer angeordnet ist. Die Anmelderin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und auf Grund des neuen Patentanspruches ein europäisches Patent zu erteilen.

IV Mit Bescheid vom 9. März 1982 ist der Anmelderin mitgeteilt worden, aus welchen Gründen eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit dem geltenden Patentanspruch nicht möglich erscheine. Nach einem weiteren Bescheid legte die Anmelderin mit Schriftsatz vom 28. September 1982 eine neue Beschreibung sowie zwei neue, nur noch Figuren 1 bis 6 enthaltenden Zeichnungen und mit Schriftsatz vom 11. November 1982 neue Patentansprüche 1 und 2 sowie neue, geänderte Beschreibungsseiten 3 und 4 vor.

Die Patentansprüche haben folgenden Wortlaut:

1. Straßenwalze mit einem einen Vorder- und einen Hinterläufer (4,5) tragenden Mittelteil (1) und einem auf diesem gelagerten Antriebsmotor, der über wenigstens eine Pumpe und mindestens einen Hydraulikmotor den Vorder- bzw. Hinterläufer (4,5) antreibt sowie mit einer Lenkung für mindestens einen der beiden. Läufer (4,5), die jeweils eine austauschbare Baueinheit (2,3) bilden dadurch gekennzeichnet, daß von den jeweils an den Mittelteil (1) anflanschbaren Baueinheiten (2,3) für den Vorderläufer (4) und den Hinterläufer (5) zumindest in einer Baueinheit (2,3) der zur Lenkung drehbar gelagerte Läuferteil mit dem hydraulischen Lenktrieb untergebracht ist und zumindest eine Baueinheit (2,3) den Hydraulikmotor (9) trägt.

2. Straßenwalze nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Baueinheit (2,3) für den Vorderläufer (4) bzw. Hinterläufer (5) einen Vibrationsantrieb (10) aufweist.

Die Anmelderin beantragt nunmehr, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent mit diesen Patentansprüchen, der nunmehr geltenden Beschreibung und Zeichnungen zu erteilen.

V Wegen des Wortlauts des ursprünglichen Patentanspruches und der ursprünglichen Beschreibung wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 003 978 verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ, sie ist daher zulässig.

2. Die Prüfung der mit Schriftsatz vom 11. November 1982 eingegangenen Patentansprüche ergibt folgendes:

Im ersten Teil (Oberbegriff) des Patentanspruches 1 hat die Anmelderin alle Merkmale aufgeführt, die in Verbindung miteinander infolge der Vorveröffentlichung DE-A-2 058 718 nicht mehr neu sind (Regel 29 (1) a) EPÜ). Da in den im Recherchenbericht ermittelten Veröffentlichungen keine Vorrichtungen zu finden sind, die dem Gegenstand des Anspruches 1 näherkommen, bestehen gegen die Berücksichtigung dieser Vorveröffentlichung als hiervon auszugehendem Stand der Technik keine Bedenken.

Die geltende Fassung des Anspruches 1 weicht von dessen ursprünglicher Fassung insofern ab, als für die Lenkung mindestens einer der beiden Läufer im Oberbegriff angegeben ist, während im kennzeichnenden Teil nunmehr der zur Lenkung des drehbar gelagerten Läuferteils dienende, zumindest in einer Baueinheit untergebrachte hydraulische Lenktrieb erwähnt ist.

Gegen die Aufnahme dieser Merkmale in die entsprechenden Teile des Anspruches 1 bestehen seitens der Kammer keine Bedenken, da auf Seite 4, Zeilen 2-5, der ursprünglichen Beschreibung dargetan ist, daß der eigentliche Lenktrieb für den Läufer in den Baueinheiten untergebracht ist und mittels eines Drehzapfens durch den Lenktrieb gelenkt wird. Dies bedeutet für den Fachmann, daß diejenigen Teile des Läufers gelenkt werden, die zusammen mit dessen Drehzapfen drehbar gelagert sind.

Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich weiter von dem ursprünglichen dadurch, daß der ehemals als alternativ in nicht zwingender Form aufgeführte Vibrationsantrieb des Läufers gestrichen worden ist. Gegen diese Streichung bestehen selbstverständlich auch keine Bedenken.

Der abhängige Patentanspruch 2 findet seine Stütze in dem ursprünglichen Patentanspruch (vgl. oben).

Die geltenden Patentansprüche sind daher von den Unterlagen hinreichend gestützt (Art. 84 EPÜ) und gehen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. 123 (2) EPÜ). Sie genügen daher den Vorschriften des Übereinkommens und sind daher formal nicht zu beanstanden.

3. Bei der bekannten Straßenwalze nach der DE-A- 2 058 718 ist zur Lenkung ein aus zwei gelenkig verbundenen Gehäuseteilen bestehender Mittelteil vorgesehen und die Läufer oder Räder sind mitsamt deren Achslager als Baueinheiten in die Gehäuseteile einsetzbar. Abgesehen von der über einen die Gehäuseteile verbindenden sperrbaren Kraftkolben bewirkten Knicklenkung wird die Lenkung nur im Zusammenhang mit der Sperrung der Gelenkverbindung offenbart. Sie erfolgt durch Erteilung einer unterschiedlichen Umfangsgeschwindigkeit an mehrere nebeneinander angeordnete Räder einer Baueinheit. Trotz des erheblichen Konstruktionsaufwandes einer derartigen Bauweise bleiben jedoch die Umrüstmöglichkeiten auf bestimmte Einsatzgebiete beschränkt, was von der Anmelderin als nachteilig empfunden wird. Der Anmeldung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die bekannte Vorrichtung so zu verbessern, daß sie in einfacher Weise für alle anfallenden Arbeiten ohne besonderen Aufwand umgerüstet werden kann.

4. Diese Aufgabe wird durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 aufgeführten Merkmale gelöst.

Die Vorrichtung nach Anspruch 1 unterscheidet sich von der in der DE-A- 2 058 718 offenbarten durch die Anflanschbarkeit der Baueinheiten an den Mittelteil sowie durch die Unterbringung des hydraulischen Lenktriebes für den drehbar gelagerten Läuferteil in zumindest einer Baueinheit und ferner dadurch, daß zumindest eine Baueinheit den Hydraulikmotor trägt.

Diese Mermale sind auch bei der Straßenwalze gemäß der im Recherchenbericht genannten DE-A- 1 709 329 nicht vorhanden, in dem dort die Baueinheit weder an den Mittelteil angeflanscht, noch der Lenktrieb für den drehbar gelagerten Läuferteil in der Baueinheit untergebracht ist.

Aus den weiteren im Recherchenbericht noch genannten Vorveröffentlichungen (AT-B- 312 662, DE-A- 2 139 853, DE-U-7 208 547) ist der Gegenstand des Anpruches 1 ebenfalls nicht bekannt geworden, lassen doch die dort offenbarten Straßenwalzen weder an einen Mittelteil anflanschbare Baueinheiten, noch einen in der solchen untergebrachten hydraulischen Lenktrieb zur Lenkung eines hierzu drehbar gelagerten Läuferteiles erkennen.

Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist daher gegenüber dem vorstehend berücksichtigten Stand der Technik neu (Art. 54 EPÜ).

5. Die Prüfung, ob der Gegenstand des Anspruches 1 sich aus diesem Stand der Technik in naheliegender Weise ergibt, gelangt, wie nachstehend näher ausgeführt, zu einem das Vorhandensein der erfinderischen Tätigkeit befürwortenden Ergebnis.

Die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebene Lösung der gestellten Aufgabe beruht auf dem Gedanken, die Lenkung nicht unter Zuhilfenahme von unterschiedlichen Umfangsgeschwindigkeiten der Räder, sondern durch eine vom feststehenden Teil der Baueinheit ausgehenden Lenkung der drehbaren Teile vorzunehmen.

Zur Verwirklichung dieses Gedankens dient nach Vorschlag der Anmeldung der auf der Baueinheit untergebrachte hydraulische Lenktrieb zur Lenkung der drehbaren Läuferteile. Dadurch wird die Baueinheit von der Einschränkung eines mit unterschiedlicher Umfangsgeschwindigkeit arbeitenden Walzen- oder Radantriebes befreit und ein Austausch einer nicht lenkbaren Baueinheit durch eine lenkbare durch einfaches Anflanschen an einen gleichbleibenden Mittelteil ermöglicht, ohne von letzterem ausgehende Zwischenstücke ein- bzw. ausbauen zu müssen. Dadurch wird eine Vereinfachung und gute Anpassungsmöglichkeit der Straßenwalze an die jeweils anfallenden Straßenarbeiten erreicht.

Aus den genannten Veröffentlichungen kann der Fachmann keinen Hinweis entnehmen, wie die Straßenwalze gemäß der DE-A-2 058 718 zu verbessern wäre, um zu einer an den Mittelteil anflanschbaren, in sich lenkbaren Baueinheit zu gelangen.

Die in der DE-A- 1 709 329 offenbarte lenkbare Rüttelwalze besitzt eine mittige Lenkeinheit und vorn und hinten je ein gelenkig verbundenes Führungsgestell mit starrer Walzentrommelachse. Ausgehend von der Lenkeinheit bewerkstelligt eine hydraulische Lenkvorrichtung die Lenkung der beiden Führungsgestelle. An eine Unterbringung des Lenktriebes in den Führungsgestellen und deren Anflanschung an den Mittelteil ist also nicht gedacht worden.

Diese Druckschrift konnte daher weder für sich noch in Verbindung mit der DE-A- 2 058 718 die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angeführte Merkmalskombination nahelegen.

Auf die in der Entscheidung der Vorinstanz genannte Vorveröffentlichung AT-A- 312 662 braucht nicht näher eingegangen zu werden, weil die darin offenbarte Straßenbaumaschinengruppe lediglich die Lehre vermittelt, einen unlenkbaren Walzenverdichter an einen mit einer Zugmaschine gelenkig gekuppelten Mittelteil anzuflanschen, der über einen Betätiger von der Zugmaschine aus gelenkt wird. An eine in sich lenkbare, an einen Mittelteil anflanschbare Baueinheit ist hier nicht gedacht, so daß der Fachmann hieraus ebenfalls keine Anregung zur Verbesserung der Vorrichtung der DE-A- 2 058 718 entnehmen kann.

Das gleiche gilt für das im Recherchenbericht noch angeführte Dokument DE-U- 7 208 547, in dessen Verdichtungsmaschine zudem noch ein der Anflanschung dienender Mittelteil fehlt.

Diese Druckschriften konnten daher gleichfalls die im Kennzeichen des Anspruches 1 angegebene Merkmals-Kombination nicht nahelegen.

Die Straßenwalze nach Anpruch 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Dieser ist deshalb aufgrund des Artikels 52 EPÜ gewährbar.

6. Der abhängige Patentanspruch 2 hat eine besondere Ausführungsform der Straßenwalze nach Anspruch 1 zum Gegenstand. Er kann infolgedessen gleichfalls gewährt werden.

7. Gegen die geltende Beschreibung bestehen keine Bedenken, nachdem sie eine den nächstliegenden Stand der Technik hinreichend würdigende und dem geltenden Patentanspruch 1 angepaßte Einleitung enthält und nicht länger aktuelle Partien gestrichen worden sind.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung 079 des Europäischen Patentamtes vom 2. Oktober 1981 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Auflage zurückverwiesen, ein europäisches Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche in der Fassung vom 11. November 1982, Beschreibung mit Seiten 1, 2, 5 und 6 in der Fassung vom 28. September 1982, sowie mit Seiten 3 und 4 in der Fassung vom 11. November 1982, Zwei Zeichnungsblätter mit den Figuren 1 bis 6 vom 28. September 1982.

Quick Navigation