T 1865/23 () of 3.4.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T186523.20250403
Datum der Entscheidung: 03 April 2025
Aktenzeichen: T 1865/23
Anmeldenummer: 14164840.2
IPC-Klasse: H01L 31/18
H01L 31/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Aufbringen von Leitkleber auf Solarzellen
Name des Anmelders: teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH
Name des Einsprechenden: Mondragon Assembly, S.Coop.
Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies
alternatives (CEA)
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 105
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention R 80
RPBA2020 Art 012(4)
Schlagwörter: Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers - im Beschwerdeverfahren
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja)
Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/94
G 0003/14
T 1188/16
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden 1 (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 793 275 (im Folgenden: Streitpatent) in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.

Die Patentinhaberin hat ihre Beschwerde gegen die angefochtene Zwischenentscheidung in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zurückgenommen. Sie ist somit Beschwerdegegnerin.

II. Es wurden die Beweismittel D1 bis D31 während des Einspruchsverfahrens eingereicht, siehe die konsolidierte Liste des EPA vom 19. April 2023.

Die Einspruchsabteilung entschied, dass die erteilten Ansprüche 1 und 6 über die Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung hinausgingen, so dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegenstehe. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ stehe seiner Aufrechterhaltung jedoch nicht entgegen.

Den in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 1 ließ die Einspruchsabteilung zum Verfahren zu. Er erfülle die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 84 EPÜ, jedoch sei der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Druckschrift D3 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).

Den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 2 ließ die Einspruchsabteilung zum Verfahren zu. Er erfülle die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 84 EPÜ. Das Video D26 wurde zum Verfahren zugelassen, die offenkundige Vorbenutzung (D15 bis D26) sei jedoch nicht bewiesen und somit kein Stand der Technik. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 5 beruhe gegenüber den Druckschriften D3, D6 und D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Die Druckschriften D29 bis D31 wurden nicht zum Einspruchsverfahren zugelassen.

Die Einspruchsabteilung entschied daher, dass der Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des EPÜ genüge und erließ die nun angefochtene Zwischenentscheidung gemäß Artikel 101 (3) a) EPÜ.

III. Mit Schreiben vom 7. November 2023, kurz nach Beginn des Beschwerdeverfahrens, erklärte das Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA) den Beitritt zum Verfahren gemäß Artikel 105 EPÜ. Die Zulässigkeit des Beitritts wurde von der Patentinhaberin nicht in Frage gestellt. Die Kammer hat hinsichtlich der Zulässigkeit des Beitritts ebenfalls keine Bedenken.

Gemäß Artikel 105 (2) EPÜ wird der Beitritt als Einspruch behandelt. Die Beitretende wird im Folgenden als Einsprechende 2 bezeichnet und gilt als Beteiligte im Beschwerdeverfahren.

Die Einsprechende 2 stützte ihren Einspruch auf die Artikel 100 c), 100 b) und 100 a) EPÜ und wandte u.a. die Druckschriften D29 bis D31 sowie die Druckschriften D32 bis D51 ein, welche zuvor nicht im Einspruchsverfahren eingereicht worden waren. Das Video D47 scheint dem Video D26 zu entsprechen.

Mit ihrer Erwiderung auf die nun zurückgenommene Beschwerde der Patentinhaberin reichte die Einsprechende 2 die weiteren Dokumente D52 bis D57 ein.

IV. Die Einsprechenden 1 und 2 beantragen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

V. Die Patentinhaberin beantragt als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden 1, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß der angefochtenen Entscheidung, d.h. auf Grundlage der Ansprüche gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 2. Diese Ansprüche wurden als Hilfsantrag 4 mit der Erwiderung vom 15. März 2024 auf den Beitritt der Einsprechenden 2 eingereicht.

Hilfsweise beantragt die Patentinhaberin die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung, oder die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage der Ansprüche gemäß einem der Hilfsanträge 5 bis 33, eingereicht mit der Erwiderung vom 15. März 2024 auf den Beitritt der Einsprechenden 2 (Hilfsanträge 5 bis 7) und der Beschwerdeerwiderung vom 28. Juni 2024 (Hilfsanträge 8 bis 33).

VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin, also gemäß der Fassung, in welcher die Einspruchsabteilung das Streitpatent aufrechterhalten hatte, hat den folgenden Wortlaut (Merkmalsgliederung 1a) bis 1g) gemäß den Parteien):

1a) Solarzellen-Verbindungsvorrichtung zum Fertigen von Solarzellen-Strings aus einzelnen kristallinen Solarzellen und elektrisch leitfähigen Verbindern,

1b) mit einem ersten Modul (22) zum Zusammenführen von Solarzellen (10) und Verbindern (12, 13);

1c) einem sich an das erste Modul anschließenden zweiten Modul (24) zum Verbinden der Verbinder mit den Solarzellen;

1d) einem dritten Modul (28) zum Transport der Solarzellen vom ersten Modul durch das zweite Modul, dadurch gekennzeichnet, dass

1e) ein weiteres Modul (60) vorgesehen ist, das vor dem ersten Modul vorgesehen ist und eine Siebdruckeinheit (64) aufweist, um auf zumindest eine Seite einer Solarzelle (10) ein leitfähiges Klebemittel aufzubringen,

1f) ein Roboter (38) vorgesehen ist, der ausgelegt ist, die mit dem leitfähigen Klebemittel versehene Solarzelle (10) in das erste Modul (22) und zum Transport durch das dritte Modul (28) zu führen, und

1g) der Roboter (38) oder eine Wendevorrichtung (101) vorgesehen und ausgelegt ist, eine Solarzelle im weiteren Modul (60) zu wenden.

Anspruch 5 gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin, also gemäß der Fassung, in welcher die Einspruchsabteilung das Streitpatent aufrechterhalten hatte, hat den folgenden Wortlaut (Merkmalsgliederung 6a) und 6b) gemäß den Parteien):

6a) Verfahren zum Aufbringen von leitfähigen Verbindern auf Solarzellen, um mehrere Solarzellen elektrisch zu einem Solarzellen-String miteinander zu verbinden, mit

a) Bereitstellen von elektrisch leitfähigen Verbindern in einem ersten Modul (22);

b) Bereitstellen einer kristallinen Solarzelle in einem weiteren Modul (60);

c) Auftragen durch Siebdruck eines elektrisch leitfähigen Klebemittels auf vorbestimmte Bereiche einer Seite der Solarzelle,

c1) Wenden der Solarzelle durch einen Roboter (38) oder eine Wendevorrichtung (101),

c2) Auftragen durch Siebdruck des elektrisch leitfähigen Klebemittels auf vorbestimmte Bereiche der anderen Seite der Solarzelle;

d) Überführen durch den Roboter der bedruckten einzelnen Solarzelle vom weiteren Modul (60) zum ersten Modul und auf ein Transportband eines dritten Moduls (28),

e) Verbinden der leitfähigen Verbinder mit Solarzellen an den vorbestimmten Bereichen im ersten Modul, und

f) Aushärten des Klebemittels zur elektrischen und mechanischen Verbindung von Verbindern mit Solarzellen in einem zweiten Modul (24),

6b) wobei die Schritte a bis f kontinuierlich für mehrere Solarzellen zur Bildung eines Solarzellen-Strings ausgeführt werden.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 enthält die Merkmale 1a) bis 1g) sowie das weitere folgende Merkmal 1h):

1h) das weitere Modul (60) einen Rundtisch (62) aufweist, der Solarzellen für das Auftragen von Klebemittel in Aufnahmebereichen aufnimmt.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 enthält die Merkmale 1a) bis 1h) sowie das weitere folgende Merkmal 1i):

1i) wobei der Rundtisch (62) Vertiefungen derart aufweist, dass das leitfähige Klebemittel einer bedruckten Solarzelle -nach dem Wenden der Solarzelle- nicht mit dem Rundtisch (62) in Kontakt kommt.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 enthält die Merkmale 1a) bis 1i) sowie die weiteren folgenden Merkmale 1j) und 1k):

1j) wobei jeweils zwei Solarzellen an vier unterschiedlichen Positionen aufnehmbar sind; und

1k) die Siebdruckeinheit (64) ausgebildet ist, in einem Vorgang zwei Solarzellen an einer Position zu bedrucken.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 enthält die Merkmale 1a) bis 1e), das geänderte Merkmal 1f*) und das Merkmal 1g):

1f*) wobei das weitere Modul (60) einen Roboter (38) aufweist, der ausgelegt ist, die mit dem leitfähigen Klebemittel versehene Solarzelle (10) in das erste Modul (22) und zum Transport durch das dritte Modul (28) zu führen, und

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 9 enthält die Merkmale 1a) bis 1e), 1f*), 1g) und 1h).

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10 enthält die Merkmale 1a) bis 1e), 1f*), 1g), 1h) und 1i) und hat somit den folgenden Wortlaut:

1a) Solarzellen-Verbindungsvorrichtung zum Fertigen von Solarzellen-Strings aus einzelnen kristallinen Solarzellen und elektrisch leitfähigen Verbindern,

1b) mit einem ersten Modul (22) zum Zusammenführen von Solarzellen (10) und Verbindern (12, 13);

1c) einem sich an das erste Modul anschließenden zweiten Modul (24) zum Verbinden der Verbinder mit den Solarzellen;

1d) einem dritten Modul (28) zum Transport der Solarzellen vom ersten Modul durch das zweite Modul, dadurch gekennzeichnet, dass

1e) ein weiteres Modul (60) vorgesehen ist, das vor dem ersten Modul vorgesehen ist und eine Siebdruckeinheit (64) aufweist, um auf zumindest eine Seite einer Solarzelle (10) ein leitfähiges Klebemittel aufzubringen,

1f*) wobei das weitere Modul (60) einen Roboter (38) aufweist, der ausgelegt ist, die mit dem leitfähigen Klebemittel versehene Solarzelle (10) in das erste Modul (22) und zum Transport durch das dritte Modul (28) zu führen,

1g) der Roboter (38) oder eine Wendevorrichtung (101) vorgesehen und ausgelegt ist, eine Solarzelle im weiteren Modul (60) zu wenden; und

1h) das weitere Modul (60) einen Rundtisch (62) aufweist, der Solarzellen für das Auftragen von Klebemittel in Aufnahmebereichen aufnimmt,

1i) wobei der Rundtisch (62) Vertiefungen derart aufweist, dass das leitfähige Klebemittel einer bedruckten Solarzelle - nach dem Wenden der Solarzelle - nicht mit dem Rundtisch (62) in Kontakt kommt.

Anspruch 3 gemäß Hilfsantrag 10 hat den folgenden Wortlaut:

Verfahren zum Aufbringen von leitfähigen Verbindern auf Solarzellen, um mehrere Solarzellen elektrisch zu einem Solarzellen-String miteinander zu verbinden, mit

a) Bereitstellen von elektrisch leitfähigen Verbindern in einem ersten Modul (22);

b) Bereitstellen einer kristallinen Solarzelle in einem weiteren Modul (60), wobei das weitere Modul (60) einen Rundtisch (62) mit Aufnahmebereichen aufweist und die Solarzelle in einem Aufnahmebereich aufgenommen ist;

c) Auftragen durch Siebdruck eines elektrisch leitfähigen Klebemittels auf vorbestimmte Bereiche einer Seite der Solarzelle,

c1) Wenden der Solarzelle durch einen Roboter (38), den das weitere Modul (60) aufweist, oder eine Wendevorrichtung (101), wobei der Rundtisch (62) Vertiefungen aufweist, derart, dass das Klebemittel der bedruckten einen Seite der Solarzelle nicht in Kontakt mit dem Rundtisch kommt;

c2) Auftragen durch Siebdruck des elektrisch leitfähigen Klebemittels auf vorbestimmte Bereiche der anderen Seite der Solarzelle;

d) Überführen durch den Roboter (38) der bedruckten einzelnen Solarzelle vom weiteren Modul (60) zum ersten Modul und auf ein Transportband eines dritten Moduls (28),

e) Verbinden der leitfähigen Verbinder mit Solarzellen an den vorbestimmten Bereichen im ersten Modul, und

f) Aushärten des Klebemittels zur elektrischen und mechanischen Verbindung von Verbindern mit Solarzellen in einem zweiten Modul (24),

wobei die Schritte a bis f kontinuierlich für mehrere Solarzellen zur Bildung eines Solarzellen-Strings ausgeführt werden.

VII. Der Wortlaut der nachrangigen Hilfsanträge 11 bis 33 ist für diese Entscheidung nicht relevant.

VIII. Die relevanten Argumente der Parteien können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Für die Patentinhaberin sind die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt. Die Hilfsanträge seien in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, ein Verstoß gegen Regel 80 EPÜ wegen des Einfügens der Alternative "oder eine Wendevorrichtung" liege nicht vor.

b) Für die Einsprechenden sind die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt. Die Hilfsanträge 5 bis 33 seien nicht in das Verfahren zuzulassen. Das Einfügen des Wortlauts "oder eine Wendevorrichtung" in Merkmal 1g) sei nicht durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ veranlasst und sei somit ein Verstoß gegen Regel 80 EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Die Erfindung

Die vorliegende Erfindung betrifft eine Solarzellen-Verbindungsvorrichtung zum Fertigen von Solarzellen-Strings aus einzelnen kristallinen Solarzellen und elektrisch leitfähigen Verbindern.

Sogenannte Stringer-Anlagen ermöglichen die Herstellung von Solarzellen-Strings in einer Anlage. Hierfür werden einzelne Solarzellen und streifenförmige elektrisch leitfähige Verbinder auf ein Transportband aufgelegt, wobei ein oder mehrere streifenförmige Verbinder von einer Solarzelle zu einer benachbarten Solarzelle verlaufen, insbesondere von der Rückseite einer Solarzelle zur Vorderseite der benachbarten Solarzelle und umgekehrt oder von der Rückseite der einen Zelle zur Rückseite der nächsten Zelle. Diese Einheit aus Solarzellen und elektrisch leitfähigen Verbindern wird über ein Transportband durch eine Lötstation gefahren, wobei in dieser Lötstation die elektrische und mechanische Verbindung der streifenförmigen Verbinder mit den jeweiligen Solarzellen erfolgt. Das Ergebnis ist am Ende eine Einheit aus mechanisch und elektrisch miteinander verbundenen, in einer Reihe liegenden Solarzellen, die als Solarzellen-String bezeichnet werden, siehe Absatz [0002] des Streitpatents.

Vor diesem Hintergrund besteht laut Absatz [0005] des Streitpatents die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, eine Solarzellen-Verbindungsvorrichtung so weiterzubilden, dass eine gewisse Flexibilität hinsichtlich neuer Technologien ermöglicht, die Fehlerrate reduziert und die Prozesssicherheit gewährleistet werde.

Diese Aufgabe wird bei der genannten Solarzellen-Verbindungsvorrichtung für kristalline Solarzellen dadurch gelöst, dass ein weiteres Modul mit einer Siebdruckeinheit bereitgestellt wird, um auf zumindest einer Seite einer Solarzelle ein leitfähiges Klebemittel aufzubringen, siehe Absatz [0006] des Streitpatents.

Das Aufbringen eines leitfähigen Klebemittels durch Siebdruck auf Bereiche der Solarzelle ermöglicht es, auf das übliche Verlöten zu verzichten. Dadurch können unter anderem auch weitere neuartige Solarzellentypen verarbeitet werden. Darüber hinaus können durch die Nutzung eines elektrisch leitfähigen Klebemittels geringere Prozesstemperaturen realisiert werden, was eine Reduzierung der Fehlerrate nach sich zieht. Insbesondere reduzieren sich die mechanischen Spannungen und es entstehen weniger Mikrorisse, was auch die Langzeitstabilität gegenüber verlöteten Verbindungen erhöht, siehe Absatz [0007] des Streitpatents.

Die erfindungsgemäße Solarzellen-Verbindungsvorrichtung kann auch weiterhin eine Löteinheit aufweisen, so dass die Stringer-Anlage sowohl mit Leitkleber bedruckte Solarzellen als auch zu lötende Solarzellen verarbeiten kann, siehe Absatz [0046] des Streitpatents.

2. Hauptantrag der Patentinhaberin - Artikel 123 (2) EPÜ

2.1 Die Einsprechende 2 argumentiert, dass das Merkmal 1f) im Laufe des Prüfungsverfahrens eingeführt worden sei. Ein Überführen der bedruckten einzelnen Solarzelle vom weiteren Modul (60) zum ersten Modul (22) sei in den Absätzen [0033], [0034] und [0041] der ursprünglichen Beschreibung offenbart. In diesem Zusammenhang sei jedoch auch offenbart, dass die bedruckte Solarzelle vom Rundtisch 42 mittels des Roboters 38 zum ersten Modul 22 auf das Transportband des Transportmoduls 28 überführt werde. Diese Merkmale fehlten im Anspruch 1 und seien mit dem Roboter 38 funktionsmäßig verbunden.

Eine Handhabungseinrichtung gemäß dem ursprünglichen Anspruch 3 sei nicht zwangsläufig ein Roboter, da von einem Menschen ausgeführte Verfahrensschritte nicht ausgeschlossen seien. Der Begriff "Roboter" impliziere eine Automatisierung. Der Roboter 38 sei eine automatische Handhabungseinrichtung, die in der Lage sei, nach einem bestimmten Programm, ohne die Notwendigkeit menschlicher Hilfe Solarzellen zu handhaben. Der ursprüngliche Anspruch 3 biete somit keine ausreichende Grundlage für Anspruch 1.

Die Einsprechende 2 bemängelt auch, dass Anspruch 1 gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße, da ein Wenden "im weiteren Modul" nicht offenbart sei.

Bezüglich Merkmal 1g) seien der ursprüngliche Anspruch 3 und Absatz [0035] der ursprünglichen Beschreibung keine geeignete Grundlage. Der Roboter 38 und die Wendevorrichtung 101 seien Teil des weiteren Moduls 60, siehe Zeichnung 1 des Streitpatents. Auch offenbare Absatz [0035] lediglich, dass Solarzellen der Zeichnung 2 auf beiden Seiten Klebstoff erhielten und das Wenden zwischen zwei Durchläufen durch dieselbe Siebdruckeinheit 64 stattfinde. Dies werde durch den Rundtisch mit Vertiefungen ermöglicht. Anspruch 1 betreffe somit auch nicht die Solarzellen der Zeichnungen 3a bis 3d des Streitpatents.

Zudem sei auch nur ein Rundtisch mit vier Positionen mit jeweils zwei Aufnahmebereichen offenbart. Zwei Solarzellen würden demnach gleichzeitig bedruckt, eine auf der Vorderseite und eine auf der Rückseite. Eine bereits beidseitig bedruckte Solarzelle werde vom Roboter auf das Transportband bewegt, eine nur einseitig bedruckte Solarzelle werde gewendet, um dann nochmals bedruckt zu werden, siehe Schreiben der Einsprechenden 2 vom 3. März 2025, Seiten 7 bis 11.

Die Einsprechende 2 bemängelt weiterhin eine mangelnde Offenbarung des Merkmals 6a) a), welches gemäß Absatz [0031] der ursprünglichen Beschreibung Streifen 12, 13 und eine Streifenzuführeinheit 40 verlange. Absatz [0023] impliziere nicht, dass die Verbinder beliebig sein könnten.

Auch sei Merkmal 6a) b) nicht durch den Absatz [0030] gestützt, da hier eine Zellenbewegungs- und Positionierungseinrichtung 100, ein Magazin und ein Transportband genannt seien.

Die Absätze [0034] und [0041] seien keine ausreichende Basis für das Merkmal 6a) d), siehe die Ausführungen zu Merkmal 1f).

Das Merkmal 6a) e) sei im Absatz [0042] eingeschränkter offenbart; die Merkmale der Verbinder als Streifen 12, 13, Streifenzuführungseinheit 40, Niederhalteelemente und Handhabungseinrichtung 42 fehlten demnach.

Ferner stimmt die Einsprechende 2 der Einspruchs-abteilung zu, dass Absatz [0038] eine kontinuierliche Ausführung der Schritte a) bis f), also zwischen fünftem und viertem Modul offenbare. Dies sei so jedoch nicht beansprucht.

Mit anderen Worten enthielten laut der Einsprechenden 2 die Ansprüche 1 und 5 des Hauptantrags unzulässige Zwischenverallgemeinerungen der ursprünglichen Offenbarung.

2.2 Die Einsprechende 1 bemängelt, dass die Absätze [0033] bis [0035] mehrere Merkmale enthielten, die nicht in den Ansprüchen 1 und 5 aufgenommen worden seien. Insbesondere sei laut ursprünglicher Beschreibung, Absatz [0033], der Roboter 38 Teil des weiteren Moduls 60, auch die Wendevorrichtung 101 sei Teil des weiteren Moduls. Der Roboter könne nicht Teil anderer Module sein, ohne die technische Ausgestaltung der Vorrichtung zu ändern. Der Rundtisch des weiteren Moduls 60 mit Vertiefungen oder Aussparungen sei z.B. während des Siebdrucks notwendig. Auch ein beidseitiges Aufbringen von Kleber mittels Siebdrucks durch dieselbe Siebdruckeinheit sei offenbart, siehe Absatz [0037].

Ein Roboter und eine Handhabungseinrichtung gemäß ursprünglichem Anspruch 3 seien nicht gleichzusetzen, letztere könne auch eine nicht-automatisierte Vorrichtung sein. Der ursprüngliche Anspruch 3 nenne eine Handhabungseinrichtung zum Wenden, jedoch keinen Roboter und auch keine Wendevorrichtung in Kombination mit einem Roboter.

Die Einsprechende 1 sieht daher auch keine Grundlage für die Änderungen des Anspruchs 1 im Anspruch 3 wie eingereicht oder den Absätzen [0033] bis [0035] der ursprünglichen Beschreibung. Mehrere Merkmale (Rundtisch, beidseitiges Bedrucken usw.) seien weggelassen worden, so dass eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung vorliege. Der derzeitige Wortlaut z.B. des Anspruchs 1 umfasse die Möglichkeit, dass eine Solarzelle gewendet werde, ohne dass Klebstoff auf die Rückseite aufgebracht würde. Ein Rundtisch sei notwendig, um die gewendeten Solarzellen zum Bedrucken der Rückseite der Siebdruckeinheit zuzuführen.

Die ursprüngliche Beschreibung, Absatz [0038], zeige einen kontinuierlichen Prozess des Schritts 6a) f) und der Prozessschritte zwischen dem Magazin-Modul 32 und dem vierten Modul/Nacharbeitungsmodul 26, dem der fertige Solarzellen-String entnommen werde. Ein kontinuierlicher Prozess umfasse daher auch z.B. das Entnehmen der Solarzellen aus dem Magazin-Modul 32.

Absatz [0038] offenbare daher einen kontinuierlichen Prozess, zu dem alle Schritte vom Magazin-Modul 32 bis zum vierten Modul 26 gehörten, siehe Absätze [0039] bis [0044]. Im vierten Modul würden Tests durchgeführt, siehe Absatz [0028]. Ohne Aushärten könne ein Solarzellen-String nicht als "fertig" bezeichnet werden.

Merkmal 6a) d) sei im Absatz [0041] mit einem Roboter, einem Rundtisch und einem Transportband offenbart, siehe auch Absätze [0033] und [0034]. Anspruch 5 spezifiziere auch nicht, in welchem Modul Schritt 6a) c) ausgeführt werde. Die ursprüngliche Offenbarung beschränke dies auf das weitere Modul 60, siehe Absatz [0033] und Zeichnung 1.

2.3 Die Patentinhaberin sieht keinen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Der in der Beschreibung genannte Rundtisch und das genannte Transportband seien bevorzugte Ausgestaltungen und müssten nicht zwingend vorgesehen sein, siehe Absätze [0011] und [0041] der ursprünglichen Beschreibung. Es gebe keine funktionelle Verbindung zwischen dem Wenden von Solarzellen und dem Rundtisch, siehe die ursprünglichen Ansprüche 3 bis 5. Ein Rundtisch sei daher nicht zwingend erforderlich. Der ursprüngliche Anspruch 3 offenbare Mittel zum Wenden ohne weitere Merkmale, siehe den ursprünglichen Anspruch 8 und Absätze [0007] und [0019].

Absatz [0023] stelle klar, dass ein Verbinder nicht zwingend streifenförmig sein müsse. Auch sei zum Bereitstellen nicht zwingend eine Streifenzuführeinheit vorgesehen, siehe auch Absatz [0027]. Dieser Absatz offenbare Schritt 6a) e) ohne Niederhalteelement, Handhabungseinrichtung 42 oder Streifenzuführeinheit 40.

Der Begriff "Modul" in den Ansprüchen beziehe sich auf eine funktionelle Definition von Prozessschritten. Demnach entspreche Merkmal 1f) der Offenbarung von Absatz [0033]. Der Roboter wie auch die Wendevorrichtung könnten jedem anderen Modul zugeordnet werden.

Eine Entnahme von Solarzellen aus einem Magazin oder der Transport über die Vorrichtung 100 seien auch nicht in die Ansprüche aufzunehmen, siehe die ursprünglichen Ansprüche 1 und 6.

Das zweimalige Bedrucken auf verschiedenen Seiten der Solarzelle sei ein Verfahrensmerkmal, welches nicht in den Vorrichtungsanspruch aufgenommen werden müsse. Die Elemente, welche diese Verfahrensschritte durchführten, seien im Anspruch 1 vorhanden.

Bezüglich der Prozessschritte a) bis f) argumentiert die Patentinhaberin, dass es die Beschreibung offenlasse, ob der "String" vollständig aufgebaut sei, wenn er die Aushärteeinheit 30 (zweites Modul 24) erreiche. Laut der Absätze [0026] und [0028] könnten Prozessschritte zwischen dem ersten und zweiten Modul vorgesehen sein. Somit könnten diese Zwischenschritte den "String" vollständig herstellen, bevor er in die Aushärteeinheit einlaufe. Daher könne auch Schritt f) (Aushärten) von den Schritten a) bis e) (Aufbau des "Strings") entkoppelt sein.

2.4 Die Kammer stimmt den Einsprechenden zu, dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung und daher ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vorliegt.

2.4.1 Die Begriffe "Roboter" und "Handhabungseinrichtung" sind nicht gleichzusetzen. Ein Roboter ist eine technische Apparatur, die üblicherweise dazu dient, dem Menschen häufig wiederkehrende oder gefährliche mechanische Arbeiten abzunehmen, und wird mittels eines Computers programmiert. Eine Handhabungseinrichtung scheint die manuelle Intervention eines Menschen jedoch nicht auszuschließen. Insofern stimmt die Kammer den Einsprechenden zu, dass aus dem ursprünglichen abhängigen Anspruch 3, welcher den Begriff "Handhabungseinrichtung" verwendet, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags, in welchem ein Roboter definiert ist (siehe Merkmale 1f) und 1g)), nicht abgeleitet werden kann.

Weder die ursprünglichen Ansprüche noch die Absätze [0005] bis [0020] der ursprünglichen Beschreibung offenbaren Mittel bzw. einen Roboter zum Überführen einer (bedruckten einzelnen) Solarzelle vom weiteren Modul zum ersten Modul. Absatz [0011] und Anspruch 3 betreffen eine Handhabungseinrichtung zum Wenden der Solarzelle, welche demnach nicht dem Merkmal 1f) entspricht. Keiner der ursprünglichen Ansprüche oder der ursprünglichen Absätze [0005] bis [0020] beschreibt ein Ausführungsbeispiel mit einem Roboter, der Solarzellen überführt und wendet, oder ein Ausführungsbeispiel mit einem Roboter und einer Wendevorrichtung (Merkmal 1g)).

Demnach sind die Absätze [0033], [0034], [0035], [0036] und [0041] der ursprünglichen Beschreibung und die Zeichnung 1 die einzig möglichen Offenbarungsstellen für die Merkmale 1f) und 1g).

Absatz [0034] offenbart, dass der Roboter 38 mit leitfähigem Klebemittel versehene (also bedruckte) Solarzellen vom Rundtisch 62 des weiteren bzw. sechsten Moduls 60 zum ersten Modul überführt (also bewegt), siehe auch Absatz [0041]. Laut Absatz [0033] umfasst das weitere bzw. sechste Modul 60 diesen Roboter 38.

Der Begriff "Modul" im Sinne der Anmeldung betrifft nicht nur eine Gruppe von Bauteilen zur Ausführung einer bestimmten Anzahl an Prozessschritten. Die Kammer akzeptiert das Argument der Einsprechenden, dass ein Modul eine Einheit von zusammen beschriebenen Bauteilen ist, welche Prozessschritte ausführen. Insofern offenbart die Anmeldung lediglich einen Roboter, welcher vom weiteren Modul umfasst ist, siehe Absatz [00033], erster Satz. Es gibt keinen Hinweis in der ursprünglichen Anmeldung auf andere Ausgestaltungen eines Roboters, der Teil eines anderen Moduls sein könnte oder gar keinem Modul zugeordnet sein könnte.

Somit liegt bezüglich der Merkmale 1f) und 6a) d) eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung vor, da in den Merkmalen nicht definiert wird, dass der Roboter Teil des weiteren Moduls ist.

2.4.2 Bezüglich der Wendevorrichtung gemäß Merkmal 1g) stellt die Kammer jedoch fest, dass die ursprünglich eingereichte Beschreibung es offenlässt, ob die Wendevorrichtung vom weiteren Modul umfasst ist oder nicht, siehe Absatz [0035]. Diese Ausgestaltung kann auch nicht aus der schematischen Darstellung der Zeichnung 1 abgeleitet werden.

Wie schon erwähnt bietet auch der ursprüngliche Anspruch 3 keine Grundlage dafür, dass das weitere Modul sowohl einen Roboter als auch eine Wendevorrichtung umfasst.

2.4.3 Beide Alternativen gemäß Merkmal 1g) sind jedoch nur im Kontext mit anderen Merkmalen offenbart, welche unzulässigerweise nicht in den Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommen wurden.

Wie unter Punkt 2.4.1 schon ausgeführt, offenbaren weder die ursprünglichen Ansprüche noch die Absätze [0006] bis [0020] ein weiteres Modul, welches einen Roboter zum Führen (Merkmal 1f)) und Wenden von Solarzellen (Merkmal 1g), erste Alternative) oder einen Roboter zum Führen von Solarzellen (Merkmal 1f)) und eine weitere Wendevorrichtung (Merkmal 1g), zweite Alternative) umfasst.

Die Absätze [0035] bis [0037] der ursprünglichen Beschreibung offenbaren das Wenden einer Solarzelle mit einem beidseitigen Auftrag von leitfähigem Klebemittel, wobei die Solarzelle zweimal die Siebdruckeinheit durchläuft und dazwischen gewendet wird, siehe Absatz [0035]. Dies entspricht einem Wenden "im weiteren Modul".

Eine Vorrichtung mit einer Siebdruckeinheit, einem Roboter und ggf. einer Wendevorrichtung, welche die genannten Prozessschritte ausführen kann, muss notwendigerweise Mittel haben, um eine bedruckte Solarzelle von der Siebdruckeinheit zum Roboter bzw. zur Wendevorrichtung zu transportieren, und um die gewendete Solarzelle vom Roboter bzw. von der Wendevorrichtung zur Siebdruckeinheit und die ggf. nochmals bedruckte Solarzelle wieder zum Roboter zu transportieren. Das einzige geeignete Mittel, welches in der ursprünglichen Anmeldung beschrieben ist, ist der Rundtisch des weiteren Moduls. Wie in Absatz [0036] beschrieben, muss dieser Rundtisch Vertiefungen aufweisen, siehe die beiden letzten Sätze. Der Rundtisch ermöglicht es, die gewendete Solarzelle der Siebdruckeinheit 64 nochmals zuzuführen und die Aussparungen im Rundtisch verhindern eine Beschädigung der bereits mit Klebemittel bedruckten ersten Seite der Solarzelle.

Ein Roboter zum Führen und Wenden von Solarzellen bzw. eine separate Wendevorrichtung sind daher nur in Verbindung mit einem Rundtisch mit Vertiefungen offenbart.

Ohne diese Merkmale liegt eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor.

2.4.4 Laut Anmeldung ist die beanspruchte Solarzellen-Verbindungsvorrichtung jedoch ausgelegt, verschiedene Arten von Solarzellen zu einem Solarzellen-String zu verbinden, siehe Zeichnungen 2, 3a bis 3d, Absatz [0004], und "... weitere Verbesserungen vorzusehen, die ... die Flexibilität und Anpassbarkeit an unterschiedliche Solarzellentypen ermöglichen", Absätze [0021] bis [0025]. Sie ist demnach nicht auf die Solarzellen der Zeichnung 2 beschränkt, siehe auch Absatz [0037]. Insofern stimmt die Kammer den Einsprechenden nicht zu.

Die Kammer akzeptiert das Argument der Patentinhaberin, dass in einem Vorrichtungsanspruch nur diejenigen technischen Merkmale (Rundtisch mit Vertiefungen, Roboter und ggf. Wendevorrichtung) definiert sein müssen, welche es erlauben, auf beiden Seiten einer Solarzelle ein leitfähiges Klebemittel aufzubringen. Zeichnung 1 zeigt daher nur eine mögliche Ausgestaltung des Rundtisches mit vier Positionen und jeweils zwei Aufnahmebereichen.

2.4.5 Die Kammer ist der Meinung, dass das Transportband nur als eine mögliche Ausgestaltung beschrieben wird, wie das dritte Modul seine Funktion, also den Transport der Solarzellen vom ersten Modul durch das zweite Modul, durchführt. Das Transportband mit Niederhalteelementen ist daher nicht untrennbar mit dem Roboter 38 oder der Wendevorrichtung verknüpft.

Auch das Verwenden eines Roboters im weiteren bzw. sechsten Modul impliziert nicht, dass die Entnahme der Solarzellen aus einem Magazin-Modul erfolgen muss. Die Ansprüche 1 und 6 wie ursprünglich eingereicht lassen offen, wie genau die Solarzellen dem weiteren Modul zugeführt werden. Eine direkte Verknüpfung mit dem Merkmal 1f) erkennt die Kammer nicht.

Auch sind die Verbinder nicht zwangsläufig als Streifen vorzusehen (siehe Absätze [0013], [0015], [0023] der ursprünglichen Beschreibung). Eine Streifenzuführeinheit 40 ist somit auch nicht zwangsläufig vorhanden, um die elektrisch leitfähigen Verbinder im ersten Modul bereitzustellen und mit den Solarzellen zusammenzuführen.

2.4.6 Die einzig mögliche Stelle in der ursprünglichen Anmeldung mit dem Begriff "kontinuierlich" ist der Absatz [0038], welcher sich auf das Verwenden der Vorrichtung gemäß der Zeichnung 1 bezieht. Diese Vorrichtung weist folgende sechs Module auf: erstes Modul (Auflegemodul 22), zweites Modul mit Aushärteeinheit 64, drittes Modul (Transportmodul 28 mit Transportband), viertes Modul (Nacharbeitungsmodul 24), fünftes Modul mit Magazin-Modul 32, Magazintransporteinheit 36, Zellenbewegungs- und Positionierungs-Einrichtung 100 und sechstes Modul 60 mit Rundtisch 62, Roboter 38, Siebdruckeinheit 64. Die Solarzellen durchlaufen demnach "kontinuierlich" folgende Reihenfolge der sechs Module: fünftes Modul, sechstes Modul, erstes Modul, drittes Modul, zweites Modul und viertes Modul.

Merkmal 6b) in Anspruch 5 gemäß Hauptantrag verlangt, dass die Schritte a bis f kontinuierlich für mehrere Solarzellen zur Bildung eines Solarzellen-Strings ausgeführt werden. Die Fachperson versteht, dass der Solarzellen-String fertig gestellt, also "gebildet" ist, nachdem er das zweite Modul bzw. die Aushärteeinheit 30 verlässt. Das Aushärten des Klebemittels im sechsten Modul bzw. dessen Aushärteeinheit gehört zur Herstellung des Solarzellen-Strings. Beispielsweise beschreibt Absatz [0036], dass nicht ausgehärteter Klebstoff verwischt werden kann.

Weitere Prüfungen im Nacharbeitungsmodul 24 (viertes Modul) werden also am bereits fertigen Solarzellen-String durchgeführt, siehe Absatz [0028]. Daher stimmt die Kammer den Einsprechenden nicht zu, dass auch die im Nacharbeitungsmodul ausgeführten Schritte in Anspruch 5 aufgenommen werden müssten.

Aus dem Wortlaut der Schritte b), c) und d) ergibt sich auch, dass der Siebdruck der Solarzellen im weiteren Modul stattfindet. Die Solarzellen werden im weiteren Modul bereitgestellt und nach dem Bedrucken durch den Roboter vom weiteren Modul zum ersten Modul überführt.

Das sechste/weitere Modul sowie das erste, zweite und dritte Modul werden explizit im Anspruch 5 genannt.

Ein fünftes Modul ergibt sich implizit durch Schritt 6a) b), da die Solarzellen von irgendwoher (z.B. einem Magazin) bereitgestellt werden müssen. Für das beanspruchte Verfahren ist es jedoch nicht relevant, wie genau das "fünfte Modul" ausgestaltet sein muss bzw. wie genau die Solarzellen vom fünften Modul im weiteren Modul bereitgestellt werden.

Ein Transport zwischen den Schritten e) und f) ergibt sich implizit, da beide Schritte nicht in demselben Modul durchgeführt werden. Der Transport durch ein "Transportband" ist jedoch nur eine mögliche Ausgestaltung. Daher ist es aus Sicht der Kammer nicht notwendig zu spezifizieren, dass das dritte Modul ein Transportband umfasst, auch wenn die Patentinhaberin dies in Merkmal 6a) d) des Anspruchs 5 definiert hat.

2.4.7 Die Einsprechende 2 bemängelt eine angebliche Inkonsistenz im Wortlaut der unabhängigen Ansprüche. Die Kammer stimmt der Patentinhaberin zu, dass dies ein im Einspruchsverfahren nicht zu prüfender Einwand gemäß Artikel 84 EPÜ ist (siehe G 3/14).

2.4.8 Zusammengefasst ergibt sich aus den Punkten 2.4.1 und 2.4.3 oben, dass die Ansprüche 1 und 5 des Hauptantrags eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung enthalten und somit ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vorliegt.

3. Hilfsanträge 5 bis 9

Die Hilfsanträge 5 bis 7 erfüllen nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, da in den unabhängigen Ansprüchen nicht definiert ist, dass das weitere Modul den Roboter umfasst, siehe Punkt 2.4.1 oben.

Die Hilfsanträge 5, 8 und 9 erfüllen nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, da in den unabhängigen Ansprüchen nicht definiert ist, dass das weitere Modul einen Rundtisch mit Vertiefungen umfasst, siehe Punkt 2.4.3 oben.

Die Hilfsanträge 5 bis 9 sind daher nicht gewährbar, und zwar aus Gründen, welche bereits bezüglich des Hauptantrags einschlägig waren. Die Frage ihrer Zulassung ins Beschwerdeverfahren kann daher dahingestellt bleiben. Eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur weiteren Prüfung auf Grundlage dieser Hilfsanträge, wie von der Patentinhaberin beantragt, wäre außerdem aufgrund ihrer mangelnden Gewährbarkeit nicht zweckdienlich.

4. Hilfsantrag 10

4.1 Zulassung - Artikel 12 (4) und (6) VOBK

4.1.1 Die Einsprechenden tragen vor, dass der Hilfsantrag 10 schon im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden müssen, da die getätigten Änderungen Einwände beheben sollen, welche schon in der Einspruchsschrift (Seite 11, vierter Absatz) erhoben wurden. Dies betrifft insbesondere den Einwand, dass der Roboter vom weiteren Modul umfasst werde. Die Zulässigkeit wurde frühestmöglich nach Einreichen des Hilfsantrags 10 bemängelt. Hilfsantrag 10 solle daher gemäß Artikel 12 (6) VOBK nicht zum Beschwerdeverfahren zugelassen werden. Es wird auch auf T 1188/16 verwiesen.

4.1.2 Die von den Einsprechenden genannte Entscheidung

T 1188/16 bezieht sich auf Änderungen gemäß Artikel 13 (1) VOBK, siehe Punkt 1. der Entscheidungsgründe, wobei auch Artikel 12 (6) VOBK Anwendung fand. Die zuständige Kammer entschied, dass der Hauptantrag schon im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden müssen, da die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung eine unzulässige Änderung bemängelte.

Im folgenden Fall ist der Sachverhalt jedoch anders.

Aus Sicht der Kammer hat die Einsprechende 1 innerhalb der Einspruchsfrist zwar u.a. bemängelt, dass laut ursprünglicher Anmeldung das weitere Modul den Roboter umfasse und daher eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege.

In ihrer Erwiderung darauf hat die Patentinhaberin dies bestritten. Die Einspruchsabteilung hat ihr in ihrer vorläufigen Meinung zugestimmt, siehe Punkt 3.1 des Anhangs zur Ladung vom 3. März 2023 zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, und diese Ansicht auch in der angefochtenen Entscheidung vertreten, siehe Punkt 2.1.3, erster Absatz der Entscheidungsgründe. Es gab daher keinen Grund, den Hilfsantrag 10 schon im Einspruchsverfahren einzureichen.

Hilfsantrag 10 wurde erstmals mit der Erwiderung der Patentinhaberin auf die Beschwerde der Einsprechenden 1 eingereicht und gilt damit als Änderung nach Artikel 12 (4) VOBK. Da die Ansprüche 1 und 3 des Hilfsantrags 10 die gemäß Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Hauptantrag erhobenen Einwände beheben (siehe unten), lässt die Kammer den Hilfsantrag 10 zum Beschwerdeverfahren gemäß Artikel 12 (4) VOBK zu.

4.2 Regel 80 EPÜ

4.2.1 Die Einsprechenden sehen im Einfügen der Alternative "oder eine Wendevorrichtung" im Merkmal 1g) des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 10 einen Verstoß gegen Regel 80 EPÜ. Ausgehend von den erteilten Ansprüchen 1 und 3 sei nicht nur die Handhabungseinrichtung jetzt als Roboter definiert, sondern es sei nun eine weitere Variante (Roboter nach Merkmal 1f) und Wendevorrichtung nach Merkmal 1g)) beansprucht, welche keinem der erteilten Ansprüche entspreche.

4.2.2 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin zu, dass die betreffende Änderung durch den Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ veranlasst ist.

Da die Handhabungseinrichtung des erteilten Anspruchs nur als Roboter offenbart war, siehe Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, ist es nur konsequent zu definieren, dass die Solarzelle entweder durch eben diesen Roboter oder eine Wendevorrichtung gewendet wird.

4.3 Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ

4.3.1 Laut den Einsprechenden entspreche der Wortlaut des Merkmals 1i) nicht dem ursprünglichen Anspruch 5 oder dem Absatz [0011] der ursprünglichen Beschreibung, gemäß denen die Vertiefungen bzw. Aussparungen an Stellen vorgesehen sind, die mit den Aufnahmebereichen übereinstimmen. Die Einsprechenden bemängeln auch das Fehlen weiterer Merkmale analog zum Hauptantrag.

4.3.2 Die in den Ansprüchen des Hilfsantrags 10 getätigten Änderungen beheben die Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Hauptantrag, siehe die Punkte 2.4.1 und 2.4.3 oben.

Das Merkmal 1i) ist im Absatz [0036] der ursprünglichen Anmeldung offenbart. Die Fachperson versteht den Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 so, dass eine Solarzelle in einem Aufnahmebereich des Rundtischs aufgenommen wird (Merkmal 1h)). Die von der Siebdruckeinheit bedruckte Solarzelle wird durch Drehen des Rundtisches dem Roboter oder der Wendevorrichtung zum Wenden zugeführt. Dies ist die übliche Funktion eines Rundtischs im vorliegenden technischen Kontext. Die gewendete Solarzelle muss sich an einer Stelle des Rundtischs befinden, welche die Vertiefungen nach Merkmal 1i) aufweist. Andernfalls käme das leitfähige, jedoch noch nicht ausgehärtete Klebemittel mit dem Rundtisch in Kontakt.

Die gewendete Solarzelle wird nochmals mittels derselben Siebdruckeinheit bedruckt. Dementsprechend muss sich die gewendete Solarzelle gemäß Merkmal 1h) in einem Aufnahmebereich des Rundtischs befinden. Anders ausgedrückt werden die nun beanspruchten Merkmale von einer Fachperson so verstanden, dass sich die Vertiefungen in den Aufnahmebereichen befinden.

Es gibt weder in den Ansprüchen noch im Streitpatent irgendeinen Hinweis darauf, dass die beanspruchte Vorrichtung eine weitere Siebdruckeinheit aufweist oder dass sich die bedruckte Solarzelle nach dem Wenden an einer Stelle des Rundtischs befindet, welche keinem Aufnahmebereich gemäß Merkmal 1h) entspricht. Insofern stimmt die Kammer den Einsprechenden nicht zu. Entsprechendes gilt für Anspruch 3 des Hilfsantrags 10.

Hilfsantrag 10 erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

5. Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung - Artikel 111 (1) EPÜ

5.1 Gemäß dem Leitsatz der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/94, ABl. EPA 1994, 787, kann der Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers nach Artikel 105 EPÜ auf jeden der in Artikel 100 EPÜ genannten Einspruchsgründe gestützt werden.

In der Entscheidung G 1/94 wird ferner unter Punkt 13. der Entscheidungsgründe ausgeführt, dass

"[...] der vermeintliche Verletzer durch den Beitritt aber gerade Gelegenheit erhalten [soll], sich gegen die Maßnahmen des Patentinhabers zur Wehr zu setzen. Wenn man ihn daran hindern würde, das Patent, das er angeblich verletzt, mit allen verfügbaren Mitteln, also auch mit neuen, vom eigentlichen Einsprechenden nicht geltend gemachten Einspruchsgründen nach Artikel 100 EPÜ, anzufechten, würde der Zweck des Beitritts verfehlt. [...] Falls der Beitretende einen neuen Einspruchsgrund vorbringt, sollte allerdings nach dem Grundsatz verfahren werden, den die Große Beschwerdekammer in der Sache G 10/91 für den Ausnahmefall der Zulassung neuer Einspruchsgründe im normalen Beschwerdeverfahren aufgestellt hat, und die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden, sofern nicht besondere Gründe für eine andere Vorgehensweise sprechen, also etwa der Patentinhaber selbst keine Zurückverweisung der Sache wünscht."

5.2 Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende 2 in ihrer Beitrittsbegründung die Priorität des Streitpatents in Frage gestellt, sich auf weitere Druckschriften (D32 bis D51) und auch auf die von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Druckschriften D29 bis D31 bezogen und weitere Einwände unter Bezug auf diese Druckschriften vorgebracht. Mit ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung der Patentinhaberin reichte sie zudem die weiteren Dokumente D52 bis D57 ein.

Das Video D47 scheint zwar dem Video D26 zu entsprechen, der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D47 (angeblich veröffentlicht am 21. November 2012) scheint jedoch erstmals von der Einsprechenden 2 (in der Beitrittserklärung) vorgebracht worden zu sein.

Auch die Einsprechende 1 verweist in einigen ihrer Einwände auf die neu genannten Dokumente und greift auch einige Einwände der Einsprechenden 2 auf.

Da die Einsprechende 2/Beitretende berechtigt ist, "mit allen verfügbaren Mitteln" das Streitpatent anzufechten, sind die Dokumente D32 bis D51 sowie die von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Dokumente D29 bis D31 zu berücksichtigen.

Die oben besprochenen Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ waren bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Sie wurden demnach nicht erstmals von der Einsprechenden 2 vorgebracht. Im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag 10 werden jedoch die neuen Einwände und die Druckschriften D29 bis D51 bzw. D52 bis D27 der Einsprechenden 2 relevant und müssen geprüft werden.

5.3 Der Einsprechenden beantragten, den Hilfsantrag 10 auf erfinderische Tätigkeit in Bezug auf das Dokument D3 zu prüfen, bevor die Sache an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen wird.

Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass es nicht angemessen wäre, wenn die Kammer die Prüfung des Hilfsantrags 10 auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auf das Dokument D3 beschränken würde und die anderen, auf andere Dokumente gestützten Einwände bezüglich fehlender Neuheit und/oder mangelnder erfinderischer Tätigkeit außer Acht lassen würde.

5.4 Nach G 1/94 ist die Sache daher zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur

weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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