T 1611/23 () of 9.9.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T161123.20250909
Datum der Entscheidung: 09 September 2025
Aktenzeichen: T 1611/23
Anmeldenummer: 12797763.5
IPC-Klasse: F24F 13/14
F24F 13/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: LÜFTUNGSKLAPPE
Name des Anmelders: Aumüller Aumatic GmbH
Name des Einsprechenden: D+H Mechatronic AG
GEZE GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 100(b)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(2)
Schlagwörter: Änderung des Vorbringens - Änderung im Sinne des Art. 12 (4) VOBK 2020 (nein)
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein)
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 780 640 betrifft eine Lüftungsklappe für Bauwerke sowie einen Klappenantrieb für eine Lüftungsklappe.

II. Gegen das Patent wurde auf Basis der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 b) und 100 c) EPÜ sowie 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ Einspruch eingelegt. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang gemäß der Fassung des damaligen Hilfsantrags 5 (eingereicht in der mündlichen Verhandlung) aufrecht zu erhalten.

Gegen diese Entscheidung haben sich sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende 1 mit der Beschwerde gewandt. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Einsprechende 1 ihre Beschwerde zurückgenommen.

Die Einsprechende 2 hat im Beschwerdeverfahren keine substanziellen Eingaben getätigt und nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.

III. Am Ende der mündlichen Verhandlung lauteten die Schlussanträge wie folgt:

Die Patentinhaberin ("Beschwerdeführerin") beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang gemäß Anspruchsfassung 8 aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende 1 ("Beschwerdegegnerin") beantragte, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

IV. Die folgenden Dokumente sind relevant für diese Entscheidung.

D15: CN 201339390 Y

D15a: Übersetzung D15

D15b: Kurzfassung von D15

D26: US 2003/0005639 A1

D32: US 5,493,813 A

V. Für die Entscheidung relevanter Anspruchswortlaut der Anspruchsfassung 8 (die Merkmalsgliederung in "[]" wurde hinzugefügt)

Anspruch 1:

"[1.1] Lüftungsklappe für Bauwerke, insbesondere Gebäude,

[1.2] wobei die Lüftungsklappe (1) einen Rahmen (2),

[1.3] einen daran schwenkbar gelagerten Flügel (3)

[1.4] und einen Klappenantrieb (13) aufweist,

[1.5] wobei der Flügel (3) zum Öffnen und Schließen um eine Schwenkachse (9) schwenkbar gelagert ist

[1.6] und einen Korpus (7) aufweist und

[1.7] wobei der Klappenantrieb (13) zumindest in Teilen versenkt im Korpus (7) angeordnet ist

[1.8] und ein Antriebsmittel (19) und ein damit verbundenes drehendes Abtriebsmittel (20) aufweist,

[1.9] das aus dem Korpus (7) herausgeführt ist

[1.10] und außerhalb des Korpus (7), insbesondere am Rahmen (2), angreift,

dadurch gekennzeichnet, dass

[1.11] der Klappenantrieb (13) zum Öffnen und Schließen des Flügels (3) um die Schwenkachse (9) vorgesehen ist,

[1.12] wobei die Drehachse (21) des Abtriebsmittels (20) parallel und distanziert zu der Schwenkachse (9) des Flügels (3) angeordnet ist,

"[1.13] wobei der Klappenantrieb (13) ein rotierendes Antriebsmittel (19), nämlich einen Elektromotor, aufweist,

[1.14] wobei das Abtriebsmittel (20) eine drehend vom Antriebsmittel (19) angetriebene Treibstange (22) aufweist,

[1.15] die an einem freien Ende ein Abtriebselement (23), insbesondere einen drehfesten Kurbelarm oder Hebelarm, aufweist,

[1.16] wobei die Drehachse (21) des Antriebsmittels (19) und der Treibstange (22) miteinander fluchten

[1.17] wobei die Lüftungsklappe (1) eine Verriegelungsvorrichtung (14) für die Schließstellung aufweist,

[1.18] wobei der Klappenantrieb (13) oder zumindest Teile (19,22) davon und die Verriegelungsvorrichtung (14) an einem Gestell oder Träger (33) angeordnet sind [1.19] und zusammen eine Baueinheit (37) bilden,

[1.20] wobei das Gestell oder der Träger (33) an einem Randelement (34) des Korpus (7) angeordnet oder als Randelement (34) ausgebildet ist."

Anspruch 7:

"[7.1] Klappenantrieb für eine Lüftungsklappe für Bauwerke, insbesondere Gebäude,

[7.2] wobei die Lüftungsklappe (1) einen Rahmen (2)

[7.3] und einen daran um eine Schwenkachse (9) schwenkbar gelagerten Flügel (3) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 aufweist,

[7.7] wobei der Klappenantrieb (13) für einen zumindest in Teilen versenkten Einbau in einem Korpus (7) des Flügels (3) ausgebildet ist,

[7.8] und ein Antriebsmittel (19) und ein damit verbundenes drehendes Abtriebsmittel (20) aufweist, [7.9] welches aus dem Korpus (7) herausführbar

und für einen Angriff außerhalb des Korpus (7), [7.9] [7.10] insbesondere am Rahmen (2), ausgebildet ist,[7.11] wobei der Klappenantrieb (13) zum Öffnen und Schließen des Flügels (3) um die Schwenkachse (9) vorgesehen ist

[7.12] und die Drehachse (21) des Abtriebsmittels (20) parallel und distanziert zu der Schwenkachse (9) des Flügels (3) angeordnet ist

[7.13] wobei der Klappenantrieb (13) ein rotierendes Antriebsmittel (19), nämlich einen Elektromotor, aufweist,

[7.14] wobei das Abtriebsmittel (20) eine drehend vom Antriebsmittel (19) angetriebene Treibstange (22) aufweist,

[7.15] die an einem freien Ende ein Abtriebselement (23), insbesondere einen drehfesten Kurbelarm oder Hebelarm, aufweist,

[7.16] wobei die Drehachse (21) des Antriebsmittels (19) und der Treibstange (22) miteinander fluchten,

[7.18] wobei der Klappenantrieb (13) oder zumindest Teile (19,22) davon und eine Verriegelungsvorrichtung (14) an einem Gestell oder Träger (33) angeordnet sind

[7.19] und zusammen eine Baueinheit (37) bilden."

VI. Für die Entscheidung relevantes Vorbringen der Beschwerdeführerin

a) Zulassung der Anspruchsfassung 8

Anspruchsfassung 8 liege als Hilfsantrag 4 der angefochtenen Entscheidung zugrunde und sei zuzulassen.

b) Anspruchsfassung 8 - Einwände unzulässiger Erweiterung und mangelnder Deutlichkeit und Vollständigkeit der Offenbarung

Die Erfindung, wie in Anspruch 1 mittels des Merkmals [1.13] definiert, sei hinreichend deutlich und vollständig offenbart. Durch die Streichung der Option "Klappenantrieb aufweisend einen Elektromotor und ein Getriebe" aus der ursprünglichen Offenbarung eines "Klappenantriebs, insbesondere ein Elektromotor und ggf. mindestens ein Getriebe" in Anspruch 3 wie ursprünglich eingereicht entstehe auch keine unzulässige Erweiterung.

c) Anspruchsfassung 8 - Neuheit

Der Gegenstand von Anspruch 1 und 7 sei neu über D15, da dieses Dokument zumindest die Merkmale [1.16] und [7.16] nicht offenbare. Der Gegenstand von Anspruch 7 sei neu über D26, da D26 nicht die gemäß der Merkmal [7.18] und [7.19] geforderte Verriegelungsvorrichtung offenbare, die mit einem Klappenantrieb eine Baueinheit bilde.

d) Anspruchsfassung 8 - Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand von Anspruch 1 und 7 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die Merkmale [1.16] und [7.16] nicht aus allgemeinem Fachwissen (beispielsweise belegt durch D26) nahegelegt seien. Der Gegenstand von Anspruch 7 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die Merkmale [7.18] und [7.19] ebenfalls nicht nahegelegt seien.

VII. Für die Entscheidung relevantes Vorbringen der Beschwerdegegnerin

a) Zulassung der Anspruchsfassung 8

Anspruchsfassung 8 sei nicht in das Verfahren zuzulassen, da die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge (umfassend die Anspruchsfassung 8) verspätet seien, keine eindeutige Rangfolge hätten und es ihnen an "Stringenz" mangele.

b) Anspruchsfassung 8 - Einwände unzulässiger Erweiterung und mangelnder Deutlichkeit und Vollständigkeit der Offenbarung

Das Merkmal [1.13] wie in der angefochtenen Entscheidung ausgelegt gehe über die ursprüngliche Offenbarung hinaus. Auch sei ein Klappenantrieb mit fluchtender Abtriebsachse ohne Getriebe nicht ausführbar.

c) Anspruchsfassung 8 - Neuheit

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 sei nicht neu über D15. Merkmale [1.16] und [7.16] seien in D15 offenbart. Anspruch 7 sei auch nicht neu über D26, da die Baueinheit mit der Verriegelungseinrichtung nicht Gegenstand des Anspruchs, sondern höchstens Teil einer Eignungsbezeichung des Klappenantriebs sei.

d) Anspruchsfassung 8 - Erfinderische Tätigkeit

Eine Antriebseinrichtung mit fluchtender Abtriebsachse sei der Fachperson aus allgemeinem Fachwissen, belegt durch D26, für die Lüftungsklappe in D15 in offensichtlicher Weise nahegelegt. Zudem sei der Gegenstand von Anspruch 7 auch nicht erfinderisch ausgehend von D26.

Entscheidungsgründe

1. Anspruchsfassung 8 - Zulassung

Die Beschwerdegegnerin hatte beantragt, die Anspruchsfassung 8 nicht zuzulassen. Dem folgt die Kammer nicht.

Anspruchsfassung 8 (die dem "Hilfsantrag 4" des Einspruchsverfahrens entspricht) wurde von der Einspruchsabteilung in das Einspruchsverfahren zugelassen (siehe Entscheidung, Punkt II.17) und ist Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Dieser Antrag liegt gemäß Artikel 12 (2) VOBK der Entscheidung zugrunde und stellt daher keine Änderung im Sinne von Artikel 12 (4) Satz 1 VOBK dar, sodass die Kammer kein Ermessen bezüglich seiner Zulassung hat.

Die Kammer kann darüber hinaus auch keinen Fehler in der Ermessensausübung der Einspruchsabteilung bezüglich der Zulassung des damaligen Hilfsantrags 4 (Anspruchsfassung 8) erkennen und es wurden diesbezüglich seitens der Einsprechenden auch keine konkreten Argumente vorgebracht.

Die Anspruchsfassung 8 ist demnach im Verfahren.

2. Anspruchsfassung 8 - Gewährbarkeit

Die Anspruchsfassung 8 ist gewährbar.

Die Beschwerdegegnerin hatte folgende Einwände erhoben:

- Die im Anspruch 1 definierte Erfindung erfülle nicht die Voraussetzung einer deutlichen und vollständigen Offenbarung;

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfülle nicht die Voraussetzung von Artikel 123 (2) EPÜ;

- Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu bzw. nicht erfinderisch im Lichte von D15 in Kombination mit allgemeinem Fachwissen;

- Der Gegenstand von Anspruch 7 sei nicht neu im Lichte von D15 und D26 und nicht erfinderisch ausgehend von D26.

2.1 Anspruch 1 - Auslegung des Merkmals [1.13] und Einwände mangelnder deutlicher und vollständiger Offenbarung sowie unzulässiger Erweiterung

Die Beschwerdegegnerin war der Auffassung, dass das Merkmal [1.13] wie ausgelegt in der angefochtenen Entscheidung den Gegenstand von Anspruch 1 unzulässig erweitere. Hinsichtlich dieses Merkmals sei zudem die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass eine Fachperson sie ausführen könne.

Diese Einwände der Beschwerdegegnerin sind aus den folgenden Gründen nicht überzeugend.

2.1.1 Das Merkmal [1.13] beruht auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 3, der definiert, "dass der Klappenantrieb (13) ein rotierendes Antriebsmittel (19), insbesondere einen Elektromotor und ggf. mindestens ein Getriebe (31), aufweist" (im Folgenden wird dieses ursprüngliche Merkmal als [1.13a] bezeichnet).

Die Einspruchsabteilung kommt in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, die Streichung des Wortlautes "und ggf. ein Getriebe" führe zu einer Abgrenzung gegenüber der Offenbarung von D15, da nun die dortige Treibstange nicht mehr mit der Drehachse des Antriebsmittels (nämlich des Elektromotors) fluchte, da das Getriebe nicht mehr Teil des Antriebsmittel sei.

Die Kammer stimmt der Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung zu, jedoch bedarf die Auslegung von Merkmal [1.13] (und in gleicher Weise Merkmal [7.13], siehe auch Punkt 2.4) einer näheren Betrachtung.

2.1.2 Der gestrichene Wortlaut war nicht lediglich ein optionales Merkmal der zuvor in Merkmal [1.13a] definierten Antriebsmittel. Vielmehr ist das ursprüngliche Merkmal [1.13a] in Verbindung mit den Merkmalen [1.14] bis [1.16] so zu verstehen, dass hier die folgenden beiden verschiedene Optionen des Antriebsmittels definiert waren:

a) Antriebsmittel umfassend Elektromotor und Getriebe, wobei eine Achse des Antriebsmittels (also eine Achse des Elektromotors oder des Getriebes) mit einer drehend von dem Antriebsmittel angetriebenen Treibstange fluchtet;

b) Antriebsmittel, nämlich ein Elektromotor, wobei die Achse des Elektromotors mit einer drehend vom Motor angetriebenen Treibstange fluchtet.

Die beiden Optionen betreffen also die Lage der jeweiligen Achsen zueinander und nicht die Frage, ob ein Getriebe vorhanden ist oder nicht. In der Anspruchsfassung 8 ist die Option a) nun gestrichen.

Option b) schließt durch das Wort "nämlich" die Zurechnung der Getriebeachse(n) zu den Antriebsachsen aus, ohne dass im Weiteren das Vorhandensein eines Getriebes ausgeschlossen wird (dessen Zuordnung zu An- oder Antriebsmittel jedoch undefiniert bleibt). Diese Auslegung ändert sich entgegen der Auffassung der Einsprechenden auch nicht durch die breitere Definition der Antriebsmittel in Absatz [0044] der Beschreibung, da anspruchsgemäß das Getriebe von den Antriebsmitteln ausgeschlossen ist.

2.1.3 Entgegen der Auffassung der Einsprechenden stellen die Optionen a) und b) keine unzulässige Erweiterung dar. In der A-Schrift ist auf Seite 15, Zeilen 25 bis 36 beschrieben, dass das Antriebsmittel einen Elektromotor umfasst und lediglich optional ein Getriebe aufweisen kann. Weiter ist ausgeführt, dass die Drehachse des Antriebsmittels und der Treibstange [für beide Optionen] fluchtend sein können. Damit sind die Optionen a) und b) offenbart. Der Anspruch schließt jedoch entgegen der Auffassung der Einsprechenden in Option b) kein Getriebe außerhalb der Antriebsmittel (beispielsweise als Teil der Abtriebsmittel) aus.

2.1.4 Somit greift auch der Einwand der Einsprechenden mangelnder deutlicher und vollständiger Offenbarung nicht, wonach es nicht ausführbar sei, den Elektromotor direkt und ohne Getriebe als Klappenantrieb zu nutzen. Das von der Einsprechenden eingereichte Dokument D32 zur Stützung dieses Argumentes ist somit nicht relevant.

2.2 Anspruch 1 - Neuheit über D15

D15 offenbart zumindest nicht das Merkmal [1.16], gemäß dem die Drehachse des Antriebsmittels und der Treibstange miteinander fluchten müssen. Um zu dieser Feststellung zu gelangen, sind die sich mit dem Antriebsmittel befassenden Merkmale [1.13] bis [1.16] gemeinsam zu betrachten.

2.2.1 Merkmal [1.13] definiert ein Antriebsmittel, das in D15 unstreitig einen Elektromotor umfasst (D15a: "driving mechanism 4" mit "power device"). Wie zuvor unter Punkt 2.1 ausgeführt, umfasst das Antriebsmittel gemäß Merkmal [1.13] lediglich den Elektromotor selbst, nicht jedoch das aus den Zahnräder 41 und 42 gebildete Getriebe (Figuren 3 und 4).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Das linke Zahnrad 42 des Getriebes kann gemäß der Diktion des Patents für die vorliegende Anspruchsfassung also nicht Teil des Antriebsmittels (gemäß Merkmal 1.13. ein Elektromotor) sein.

Die Treibstange, die als Teil des rotierenden Abtriebsmittels anzusehen ist (Merkmal [1.14]), umfasst das Zahnrad 42, das vom Antriebsmittel über das Zahnrad 41 angetrieben wird (Merkmal [1.8]). Diese Treibstange weist am anderen freien Ende einen Hebelarm auf, der drehfest mit der Treibstange verbunden ist (siehe D15a, Seite 2, Zeilen 30 bis 33: "the driven member 42 is connected with the link mechanism 3"), wie von Merkmal [1.15] gefordert.

Die Drehachsen des Antriebsmittels (nämlich des Elektromotors) und der Treibstange fluchten somit nicht, sondern sie sind parallel und beabstandet angeordnet.

Somit ist zumindest das Merkmal [1.16] nicht in D15 offenbart.

Wie im Folgenden gezeigt wird, beruht der Gegenstand von Anspruch 1 bereits hinsichtlich dieses Unterscheidungsmerkmals auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ob weitere Merkmale von Anspruch 1 nicht in D15 offenbart sind, also beispielsweise, ob es sich bei dem hier offenbarten Fenster überhaupt um eine Lüftungsklappe handelt, kann somit dahin gestellt bleiben.

2.3 Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit

2.3.1 Technischer Effekt und technische Aufgabe

Gemäß der angefochtenen Entscheidung liege der Effekt des Unterscheidungsmerkmals (also der fluchtenden Achsen gemäß Merkmal [1.16]) in einer in Querrichtung zur Schwenkachse des Flügels raumsparenderen, kompakteren Orientierung des Antriebs. Die objektive technische Aufgabe liege somit in der Erzielung einer in Querrichtung zur Schwenkachse des Flügels raumsparenderen, kompakteren Bauweise des Klappenantriebs.

Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, dass sich durch die Herausnahme des Getriebes aus dem Antriebsmittel gemäß Merkmal [1.13] gerade keine kompaktere Bauform ergebe, in der Getriebe und Motor integriert seien. Jedoch bezieht sich dieses Argument auf die Annahme, die Tatsache, dass das Getriebe nicht mehr als Teil der Antriebsmittel im Anspruch definiert wird, bedeute, dass kein Getriebe vorhanden ist, entgegen der gemäß Punkt 2.1 zugrunde zulegenden Auslegung von Anspruch 1.

Zweifellos kann in einer Lüftungsklappe im Prinzip durch die parallel zur Schwenkachse ausgerichtete Kombination von Motor und fluchtender Treibachse eine kompaktere Bauform des Korpus quer zur Schwenkachse erzielt werden. Für die Ausführungsform der Figuren von D15 ist die fluchtende Anordnung von Elektromotor und Abtriebsmittel jedoch gerade nicht sinnvoll. Die Beschwerdeführerin argumentierte hierzu überzeugend, es sei in der D15 schlicht kein Platz, um den Motor oberhalb der als "Treibstange" identifizierten Achse des Zahnrads 41 vorzusehen. Dies hängt damit zusammen, dass in D15 der Antrieb im senkrecht zur Schwenkachse verlaufenden Korpusteil untergebracht ist (siehe D15, Figuren 1 und 2) und nicht, wie beispielsweise in D26, Figur 10, in dem Korpusteil parallel zur Schwenkachse. Eine Verlegung des Motors fluchtend mit der Treibstange würde somit eine Verdickung des Korpus erfordern, was wiederum eine Verkleinerung der Fensterfläche zur Folge hätte. Da die Hauptfunktion der Klappe in D15 gerade die eines Fensters ist, liegt eine entsprechende Modifikation nicht nahe.

Vielmehr scheint die Bauform des in D15 offenbarten Fensters mittels der nicht fluchtenden, sondern parallel angeordneten Treibachse bereits eine kompakte Bauform zu erzielen.

Da das Unterscheidungsmerkmal somit die objektive technische Aufgabe, nämlich die Erzielung einer in Querrichtung zur Schwenkachse des Flügels raumsparenderen, kompakteren Bauweise des Klappenantriebs, nicht überzeugend löst, bleibt als technische Aufgabe lediglich die Vorsehung eines alternativen Klappenantriebes.

2.3.2 Kein Naheliegen der Lösung gemäß Merkmal [1.16]

Das in der Figur 2 von D26 offenbarte Antriebsmittel mit fluchtendem Abtriebsmittel weist, relativ zur Drehachse, eine längere Baulänge als die in D15 offenbarte Lösung auf. Um zu der erfindungsgemäßen Modifikation zu gelangen, müsste ein solcher Antrieb in einen Korpusteil des Fensters parallel zur Schwenkachse verlegt werden. Dies würde auch weitere Modifikationen bezüglich der gesamten Öffnungsmechanik des Fensters erfordern, was einer kompletten Neukonstruktion entspräche. Unter anderem veränderten sich hierdurch auch die Hebelarme.

Dass sich all dies in offensichtlicher Weise aus allgemeinem Fachwissen ergibt, bleibt somit eine reine Behauptung der Beschwerdegegnerin. Die notwendige Umkonstruktion des Fensters geht im Übrigen deutlich über den Grad einer vom Fachmann routinemäßig durchgeführten Modifikation hinaus.

Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 der Anspruchsfassung 8 ausgehend von D15 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.4 Anspruch 7 - Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegenüber D15

D15 offenbart aus den entsprechenden Gründen wie zuvor für den Gegenstand von Anspruch 1 ausgeführt (vgl. Punkt 2.1) zumindest nicht das Merkmal [7.13] von Anspruch 7. Dieses Merkmal ist aus den gleichen Gründen wie für Anspruch 1 dargelegt auch nicht aus allgemeinem Fachwissen nahegelegt (vgl. Punkt 2.3).

2.5 Anspruch 7 - Neuheit gegenüber D26

Der Gegenstand des Anspruchs 7 ist neu gegenüber der Offenbarung von D26. Zumindest die Merkmale [7.18] und [7.19] sind nicht direkt und unmittelbar in D26 offenbart. Sie lauten: "wobei der Klappenantrieb oder zumindest Teile davon und eine Verriegelungsvorrichtung an einem Gestell oder Träger angeordnet sind und zusammen eine Baueinheit bilden".

2.5.1 Die Kammer stimmt den Schlussfolgerungen in der angefochtenen Entscheidung insoweit zu, dass der Antrieb in D26, Figur 10, für eine Klappe geeignet ist und somit einen Klappenantrieb darstellt. Die Kammer stimmt jedoch nicht der Schlussfolgerung zu, dass die Merkmale [7.18] und [7.19] von Anspruch 7 nicht beschränkend für den Anspruchsgegenstand sind.

2.5.2 Wie von der Einspruchsabteilung festgestellt, ergeben sich in Anspruch 7 Anhaltspunkte für Mängel bezüglich der Deutlichkeit des beanspruchten Gegenstandes. So ist beispielsweise durch die funktionellen Merkmale "für einen zumindest in Teilen [in einen Korpus] versenkten Einbau ausgebildet" oder "Abtriebsmittel parallel zur Schwenkachse des Flügels", "teilweise herausführbar aus dem Korpus", "für einen Angriff am Rahmen ausgebildet" möglicherweise unklar, inwieweit diese Merkmale den Klappenantrieb einschränken, da sie sich auf Bauteile beziehen (Flügel, Rahmen, Korpus, Schwenkachse), die nicht Teil des Anspruchsgegenstandes sind.

Auch die Merkmale [7.18] und [7.19] sind nicht deutlich formuliert, da der Anspruch selbst auf einen Klappenantrieb gerichtet ist, dort jedoch eine "Baueinheit" definiert wird, von der der Klappenantrieb selbst nur noch ein Teil ist, und die ferner ein Gestell oder Träger sowie eine Verriegelungseinheit umfasst, die jedoch nicht Teil des Klappenantriebs sind.

Insoweit es sich bei diesem Einwand, und auch bei den im vorherigen Absatz genannten Einwänden, um Deutlichkeitsmängel handelt, so betreffen diese jedoch Merkmale, die bereits in den erteilten Ansprüchen vorhanden waren (vgl. erteilte Ansprüche 11 und 14). Sie sind einem Einwand unter Artikel 84 EPÜ im Einspruchs-Beschwerdeverfahren gemäß G1/14 nicht zugänglich.

2.5.3 Die Einspruchsabteilung hat die Merkmale [7.18] und [7.19] "nicht als beschränkend" betrachtet. Der Auslegung der Merkmale gemäß der angefochtenen Entscheidung zufolge verlangt der Anspruch lediglich eine Eignung des Klappenantrieb zu dessen Anordnung an einem (nicht näher definierten) Träger oder Gestell, so dass die Möglichkeit besteht, dass der Klappenantrieb zusammen mit einer Verriegelungsvorrichtung eine Baueinheit bilden kann.

Das ist jedoch nicht überzeugend, denn die Wortwahl "angeordnet sind" sowie "eine Baueinheit bilden" definiert nicht lediglich eine reine Eignungsbezeichung. Die fraglichen Merkmale (Klappenantrieb in Baueinheit mit einer Verriegelungsvorrichtung und angeordnet an einem Gestell oder Träger) sind vielmehr als Gegenstandsmerkmale des beanspruchten Klappenantriebs zu betrachten, wobei der Gegenstand des Anspruchs 7 die Baueinheit mit Klappenantrieb, Träger/Gestell und Verriegelungsvorrichtung umfasst.

2.6 Anspruch 7 - Erfinderische Tätigkeit

2.7 Die Beschwerdegegnerin hat zu der Frage, inwieweit eine Baueinheit des in D26 offenbarten Klappenantriebs mit einer Verriegelungsvorichtung gemäß den Merkmalen [7.18] und [7.19] naheliegend ist, keine Ausführungen gemacht, sondern sich diesbezüglich lediglich auf die unter Punkt2.5.3 diskutierte Auslegung der Einspruchsabteilung bezogen.

Unstreitig war, dass D26 schon keine Verriegelungsvorrichtung offenbart, und insbesondere keine, die in Baueinheit mit einem Klappenantrieb ausgestaltet ist. Da seitens der Beschwerdegegnerin weder auf weitere Dokumente noch auf allgemeines Fachwissen verwiesen wurde, konnte nicht gezeigt werden, dass die Merkmale [7.18] und [7.19] ausgehend von D26 naheliegend wären.

Der Gegenstand von Anspruch 7 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.8 Die angepasste Beschreibung von Anspruchsfassung 8 entspricht, insoweit unstreitig, den Erfordernissen des EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche:

- Nr.: 1 bis 10 gemäß Anspruchsfassung 8 eingereicht mit der Beschwerdebegründung

Beschreibung:

- Paragrafen: 1 bis 61 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vom 9. September 2025

Zeichnungen:

- Figuren: 1 bis 29 der Patentschrift

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