European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2025:T109223.20250509 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Mai 2025 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1092/23 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09742080.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01N 27/406 G01N 33/00 F02D 41/14 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Eine Auswerte- und Steuereinheit für eine Breitband-Lambdasonde | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Reininger, Jan / Bakhtyari, Arash | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein) Rückzahlung der Beschwerdegebühr - wesentlicher Verfahrensmangel (nein) Vorlage an die Große Beschwerdekammer - (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (ja) Änderungen - unzulässige Erweiterung Änderungen - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja) Einwand im erstinstanzlichen Verfahren zugelassen (nein) Spät eingereichter Einwand - wäre bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 3. April 2023, mit der das europäische Patent Nr. 2 277 035 in der Fassung des geänderten Hauptantrags als die Erfordernisse des EPÜ erfüllend angesehen wurde.
II. Die Beschwerdekammer 3.4.02 hatte in anderer Besetzung in der Beschwerdesache T 0493/19 entschieden, die erste Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 10. Dezember 2018 aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen. Die nach der Zurückverweisung ergangene zweite Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.
III. In dieser Entscheidung kam die Einspruchsabteilung unter anderem zu dem Schluss, dass der nach der Zurückverweisung der Angelegenheit neu eingereichte Hauptantrag vom 6. Dezember 2022 zuzulassen sei und dieser Antrag die Voraussetzungen der Artikel 84, 123 (2) und 56 EPÜ erfülle.
IV. Die folgenden Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
D1: JP 2008-008667 A
D1T: Computergestützte Übersetzung der D1 in englischer Sprache
D10: Produkt Informationsbroschüre: "Product Information Lambda Probe Interface IC - CJ125", Robert Bosch GmbH, 04/2006
V. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer geladen. In einer der Ladung beigefügten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit, wonach unter anderem der Hauptantrag im Beschwerdeverfahren sei und dieser Antrag darüber hinaus die Erfordernisse der Artikel 84, 123 (2) und 56 EPÜ erfülle. Die Kammer teilte darüber hinaus ihre vorläufige Meinung mit, wonach der auf das Dokument D10 gestützte Einwand der mangelnden Neuheit nicht zuzulassen sei, was auch für den von D10 ausgehenden Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gelte.
VI. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 9. Mai 2025 als Videokonferenz statt.
Die Beschwerdeführer (Einsprechenden) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Weiterhin beantragten sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen wesentlicher Verfahrensmängel gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ sowie die Vorlage einer Frage an die Große Beschwerdekammer im Schreiben vom 7. April 2025 (auf Seite 5).
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der Fassung des ersten, zweiten oder dritten Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 6. Dezember 2022.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:
"Auswerte- und Steuereinheit (1) für eine Breitband-Lambdasonde, mit
- einer Signalaufbereitungseinheit (5),
- einem der Signalaufbereitungseinheit nachgeschalteten Analog-Digital-Wandler (6),
- einem dem Analog-Digital-Wandler nachgeschalteten digitalen Pumpstromregler (7),
- einer mit dem digitalen Pumpstromregler verbundenen Digitalschnittstelle (8),
- einer mit dem digitalen Pumpstromregler verbundenen Steuerung (10),
- einer Pumpstromquelle (11) zur Bereitstellung eines Pumpstromes,
- einem inneren Pumpelektrodenanschluss (IPE),
- einem äußeren Pumpelektrodenanschluss (APE) und
- einem Referenzelektrodenanschluss (RE), wobei
- die Signalaufbereitungseinheit (5) zur Ermittlung eines Istwertes für den Pumpstromregler (7) der Lambdasonde vorgesehen ist und wobei
- die Signalaufbereitungseinheit (5) des Weiteren zur Ermittlung von weiteren Informationen über den Betriebszustand der Breitband-Lambdasonde vorgesehen ist und wobei
- die weiteren Informationen über den Betriebszustand der Breitband-Lambdasonde über die Digitalschnittstelle (8) ausgebbar sind,
wobei die Signalaufbereitungseinheit (5) einen von der Steuerung (10) gesteuerten Multiplexer und einen Differenzverstärker umfasst, wobei der Multiplexer jeweils zwei zu erfassende Potentiale mit den Eingängen des Differenzverstärkers verbindet, der das Differenzsignal verstärkt und mit definiertem Potentialbezug an den Analog-Digital-Wandler (6) weitergibt." (Hervorhebung des streitigen Merkmals 1.14 durch die Kammer).
Die Ansprüche 2 bis 21 sind von Anspruch 1 abhängig.
VIII. Aufgrund der Entscheidung der Kammer zum Hauptantrag bestand an dieser Stelle keine Notwendigkeit, die Hilfsanträge wiederzugeben.
Entscheidungsgründe
1. Antrag auf Nichtzulassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3
Vorbringen der Beschwerdeführer
1.1 Die Beschwerdeführer vertraten die Auffassung, dass die Einspruchsabteilung einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen habe, indem sie den mit Schreiben vom 6. Dezember 2022 erstmals eingereichten Hauptantrag sowie die mit gleichem Schreiben erstmals eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 in das Verfahren zugelassen habe. Die Einreichung der betreffenden Anträge sei verfahrensmissbräuchlich. Ihre Zulassung sei daher zu Unrecht erfolgt, weshalb sie im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen seien.
1.2 Zur Begründung trugen die Beschwerdeführer insbesondere vor, die Kammer in der Sache T 0493/19 habe erkennbar nicht beabsichtigt, dass das Verfahren nach der Zurückverweisung mit neuen Anträgen neu aufgerollt werde. Dies ergebe sich insbesondere aus den Entscheidungsgründen in T 0493/19, siehe die Punkte 9.1 und 9.2. Daraus gehe hervor, dass die Zurückverweisung ausdrücklich in Bezug auf die damaligen Hilfsanträge 2 bis 10 erfolgt sei. Die Entscheidung in T 0493/19 sei daher dahingehend zu verstehen gewesen, dass die Zurückverweisung auf die Prüfung eben dieser Hilfsanträge gerichtet war.
1.3 Die Beschwerdeführer wiesen zudem darauf hin, dass die revidierte Verfahrensordnung der Beschwerdekammern eingeführt worden sei, um effiziente und vorhersehbare Beschwerdeverfahren zu gewährleisten. Diese Grundsätze müssten ihrer Ansicht nach auch dann Anwendung finden, wenn eine Angelegenheit an die erste Instanz zurückverwiesen werde. Insbesondere habe sich die Patentinhaberin im Verfahren T 0493/19 bewusst dafür entschieden, die damaligen Hilfsanträge 2 bis 10 weiter zu verfolgen, obwohl der Einwand mangelnder Neuheit gegenüber D1 bereits in der Einspruchsbegründung thematisiert und in der vorläufigen Auffassung der Kammer in T 0493/19 vorläufig bestätigt worden war. Vor diesem Hintergrund wären neue Hilfsanträge im Beschwerdeverfahren je nach Verfahrensstand mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr zuzulassen gewesen.
Eine Zurückverweisung könne nur bedeuten, dass der Fall an dem Punkt fortgesetzt werde, an dem er die erste Instanz verlassen habe, möglicherweise mit den im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen. Eine freie Änderung der Anträge nach einer Zurückverweisung stelle einen Verfahrensmissbrauch dar.
1.4 Schließlich hätten sich aus der Entscheidung T 0493/19 auch keine neuen oder überraschenden Umstände ergeben, die die Zulassung der mit Schreiben vom 6. Dezember 2022 eingereichten neuen Anträge (Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 3) rechtfertigen könnten. Die Auslegung des Begriffs "Signalaufbereitungseinheit" durch die Beschwerdekammer habe vielmehr im Einklang mit dem ursprünglichen Vorbringen der Einsprechenden gestanden, das der Patentinhaberin bereits seit langem habe bekannt sein müssen.
1.5 Der in Regel 116 (1) EPÜ genannte Zeitpunkt könne im Übrigen nur auf das "erste" Verfahren vor der Einspruchsabteilung angewendet werden, nicht jedoch, wenn der Fall von der Beschwerdekammer an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen worden sei. Anträge, die in diesem Verfahrensstadium eingereicht werden, seien in jedem Fall als verspätet zu betrachten.
Die Auffassung der Kammer
1.6 Die Kammer vermag sich den Argumenten der Beschwerdeführer nicht anzuschließen. Die Entscheidung der Kammer in T 0493/19 enthielt folgende Entscheidungsformel:
"1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen."
Die sachliche Prüfung durch die Beschwerdekammer in der Entscheidung T 0493/19 bezog sich ausschließlich auf den damaligen Hauptantrag (Patent in der erteilten Fassung) sowie auf den damaligen Hilfsantrag 1, welcher in der ersten Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 10. Dezember 2018 für gewährbar erachtet wurde.
Hinsichtlich der Hilfsanträge 2 bis 10 erfolgte keine inhaltliche Auseinandersetzung durch die Kammer. Vielmehr führte die Kammer in Punkt 9.2 der genannten Entscheidung sinngemäß aus, dass zu diesen Anträgen keine Entscheidung der Einspruchsabteilung vorliege und die Kammer daher keine Überprüfung der Entscheidung hinsichtlich dieser Anträge vornehmen könne.
1.7 Gemäß Artikel 111 (1) EPÜ kann die Beschwerdekammer entweder selbst im Rahmen der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Organs entscheiden oder die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses zurückverweisen. Nach Artikel 111 (2) EPÜ ist das Organ, an welches zurückverwiesen wurde, an die rechtliche Beurteilung der Beschwerdekammer gebunden, soweit der Tatbestand derselbe ist.
1.8 Das EPÜ enthält keine über Artikel 111 (2) EPÜ hinausgehenden Beschränkungen hinsichtlich des Prüfungsumfangs nach Zurückverweisung einer Angelegenheit durch die Beschwerdekammer. Eine entsprechende rechtliche Grundlage wurde von den Beschwerdeführern auch nicht aufgezeigt.
Der Wortlaut der Entscheidungsformel "zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen" kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Prüfungsumfang auf den Verfahrensstand beschränkt ist, wie er unmittelbar vor der Beschwerdekammer bestand, also insbesondere auf die damals anhängigen Hilfsanträge 2 bis 10. Eine solche Auslegung findet im Wortlaut der Entscheidungsformel keine Stütze.
1.9 Vor diesem Hintergrund ist auch die Frage unerheblich, ob eine Zurückverweisung mit allgemein gehaltener Entscheidungsformel ("...zur weiteren Entscheidung"), wie im vorliegenden Fall, mit den allgemeinen Zielsetzungen der neuen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern vereinbar ist.
1.10 Vielmehr sind nach Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung die nachfolgenden allgemeinen Maßstäbe für die Zulassung von Anträgen anwendbar, wie sie auch im ersten Abschnitt des Einspruchsverfahrens gegolten haben.
Das Ermessen der Einspruchsabteilung, geänderte Anträge zum Verfahren zuzulassen, ergibt sich aus Artikel 123 (1) EPÜ, Satz 1, in Verbindung mit Regeln 79 (1) und 81 (3) EPÜ. Gemäß Artikel 123 (1) EPÜ können eine europäische Patentanmeldung sowie ein erteiltes europäisches Patent im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt im Rahmen der Bestimmungen der Ausführungsordnung geändert werden. Im Einspruchsverfahren eröffnet Regel 79 (1) EPÜ dem Patentinhaber die Möglichkeit, innerhalb einer von der Einspruchsabteilung gesetzten Frist Änderungen an der Beschreibung, den Patentansprüchen oder den Zeichnungen vorzunehmen. Die Zulassung darüber hinaus gehender Änderungen, die zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren eingereicht werden, unterliegt hingegen dem Ermessen der Einspruchsabteilung. Dies ergibt sich unter anderem aus Regel 81 (3) EPÜ, wonach dem Patentinhaber "gegebenenfalls" Gelegenheit zur Stellungnahme oder Änderung eingeräumt wird, was eine ermessensabhängige Entscheidung durch die Einspruchsabteilung impliziert (in Übereinstimmung mit T 0966/17, Punkt 2.2.1 der Entscheidungsgründe).
1.11 Somit steht es auch vor Ablauf einer nach Regel 116 (1) EPÜ zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gesetzten Frist im Ermessen der Einspruchsabteilung Anträge nicht zuzulassen, soweit sie nicht aufgrund einer anderen Vorschrift zuzulassen sind. Die Tatsache, dass eine Änderung innerhalb der Frist nach Regel 116 (1) EPÜ eingereicht wird, bedeutet folglich nicht, dass sie ohne Weiteres berücksichtigt werden muss. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage, ob Regel 116 (1) EPÜ nur auf die erste im Einspruchsverfahren erlassene Ladung zur mündlichen Verhandlung anwendbar ist, ist daher nicht entscheidungserheblich.
1.12 Bei der Ermessensausübung sind die etablierten Kriterien heranzuziehen, insbesondere prima facie Gewährbarkeit, Komplexität, Verfahrensökonomie, Verfahrensstand sowie eine Reaktion auf neue Entwicklungen im Verfahren.
1.13 Im vorliegenden Fall hat die Einspruchsabteilung bei der Ausübung ihres Ermessens maßgeblich berücksichtigt, dass die neu eingereichten Anträge eine Reaktion der Patentinhaberin auf eine überraschende Entwicklung im Beschwerdeverfahren darstellten (vgl. Nr. 21 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung). Insbesondere hat die Einspruchsabteilung bei der Ausübung ihres Ermessens den Umstand berücksichtigt, dass die Kammer in T 0493/19 den Begriff "Signalaufbereitungseinheit" anders als die Einspruchsabteilung in der ersten Zwischenentscheidung ausgelegt hat.
Für die rechtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung ist maßgeblich, ob die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung die richtigen Kriterien herangezogen und ihr Ermessen in angemessener Weise ausgeübt hat. Das ist der Fall: die Entscheidung stützt sich auf ein Kriterium, das grundsätzlich geeignet ist, die Zulassung neuer Anträge auch in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium zu rechtfertigen.
1.14 Auch gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für ein verfahrensmissbräuchliches Verhalten der Patentinhaberin und jetzigen Beschwerdegegnerin.
1.15 Die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung T 1238/22 steht dieser Sichtweise ebenfalls nicht entgegen. Dort wurde entschieden, dass Grenzen für die Zulassung neuer Anträge im Einspruchsverfahren nach Zurückverweisung bestehen können, insbesondere im Hinblick auf deren Anzahl, Konvergenz sowie darauf, ob durch die neuen Anträge neue, komplexe Fragestellungen aufgeworfen werden (keine "carte blanche" für den Patentinhaber, siehe T 1238/22, Punkt 1.3.3 der Entscheidungsgründe). Die Beurteilung dieser Umstände liege im Ermessen der Einspruchsabteilung, und sie seien von ihr bei der Ausübung dieses Ermessens angemessen zu berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang hat die Kammer in T 1238/22 weiter hervorgehoben, dass die Einspruchsabteilung ihren Ermessensspielraum in ausgewogener Weise auszuüben hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer lässt sich der Entscheidung jedoch nicht entnehmen, dass ausschließlich neue Einwände die Einreichung neuer Anträge nach Zurückverweisung rechtfertigen können. Vielmehr wurde dort festgehalten, dass das Vorliegen neuer Einwände ein relevanter Umstand ist, den die Einspruchsabteilung bei ihrer Ermessensausübung in angemessener Weise zu berücksichtigen hat (vgl. Punkt 1.3.3). Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Einspruchsabteilung die Gesamtumstände des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hätte. Sie hat, wie ausgeführt (oben, Punkt 1.14), maßgeblich berücksichtigt, dass die neu eingereichten Anträge eine Reaktion der Patentinhaberin auf eine überraschende Entwicklung im Beschwerdeverfahren darstellten.
1.16 Nach alledem besteht im vorliegenden Fall keine Ausnahme von dem von der Kammer in der vorläufigen Stellungnahme erwähnten Grundsatz, wonach keine rechtliche Grundlage dafür besteht, einen Antrag, den die Einspruchsabteilung in das Verfahren zugelassen und über den sie in der Sache entschieden hat, nachträglich wieder aus dem Verfahren auszuschließen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.3.4.4).
1.17 In dieser Zulassung kann damit kein Mangel des Verfahrens vor der Einspruchsabteilung erblickt werden.
2. Befassung der Großen Beschwerdekammer (Artikel 112 (1) a) EPÜ)
2.1 Hilfsweise beantragten die Beschwerdeführer, dass die Angelegenheit zur Klärung der folgenden Frage an die Große Beschwerdekammer vorgelegt wird:
"Is a patent proprietor entitled, in subsequent proceedings before the Opposition Division, to substitute new requests for the previous requests pending before the Board of Appeal, thereby create a 'new case', when the Board of Appeal remitted the case to the first instance only because the first instance had not yet considered the previous requests?"
Deutsche Übersetzung (durch die Kammer):
"Ist ein Patentinhaber berechtigt, in einem nachfolgenden Verfahren vor der Einspruchsabteilung neue Anträge an die Stelle der bei der Beschwerdekammer anhängigen früheren Anträge zu setzen und damit einen "neuen Fall" zu schaffen, wenn die Beschwerdekammer die Sache nur deshalb an die erste Instanz zurückverwiesen hat, weil die erste Instanz die früheren Anträge noch nicht geprüft hatte?"
2.2 Der Antrag auf Vorlage der oben wiedergegebenen Frage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.
Nach Artikel 112 (1) EPÜ kann eine Rechtsfrage nur dann der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden, wenn ihre Beantwortung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder zur Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erforderlich ist. Gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ befasst die Beschwerdekammer unter anderem auf Antrag eines Beteiligten die Große Beschwerdekammer, wenn sie hierzu eine Entscheidung für erforderlich hält.
2.3 Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer zur Begründung ihres Antrags lediglich ausgeführt, dass die aufgeworfene Frage ihrer Ansicht nach entscheidungserheblich sei.
2.4 Ungeachtet dessen hält die Kammer eine Befassung der Großen Beschwerdekammer mit der Frage nicht für erforderlich. Denn die Erörterung oben in Abschnitt 1 der vorliegenden Entscheidung hat gezeigt, dass sie die Frage unter Zugrundelegung des EPÜ eindeutig beantworten konnte.
3. Nichtzulassung des Einwands der mangelnden Neuheit basierend auf Dokument D10 / Wesentlicher Verfahrensfehler / Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr
3.1 Weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ noch ein sonstiger Verfahrensmangel ist durch die Nichtzulassung des Einwands der mangelnden Neuheit basierend auf dem Dokument D10 ersichtlich.
3.2 Die Beschwerdeführer machten geltend, die Einspruchsabteilung habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem sie den auf das Dokument D10 gestützten Neuheitseinwand nicht in das Verfahren zugelassen habe. Die Beschwerdeführer machten im Wesentlichen geltend, dass der auf D10 gestützte Neuheitsangriff eine Reaktion auf die neuen Anträge des Patentinhabers sei, die am 6. Dezember 2022 eingereicht wurden, also nur zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung. Sie betonten, dass ein Einsprechender in solchen Situationen das Recht habe, neue Einwände und Tatsachen mit seiner Beschwerdebegründung vorzubringen. Der Einwand sei folglich nicht verspätet gewesen. Es sei unfair und parteiisch, einerseits verspätet eingereichte Anträge im Verfahren zuzulassen, andererseits aber neue Einwände gegen diese Anträge zurückzuweisen.
3.3 Nach Artikel 12 (6) VOBK lässt die Kammer Anträge, Tatsachen, Einwände oder Beweismittel, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht zugelassen wurden, nicht zu, es sei denn, die Entscheidung über die Nichtzulassung war ermessensfehlerhaft oder die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
3.4 Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den auf das Dokument D10 gestützten Neuheitseinwand gegen den Hauptantrag nicht zuzulassen, war nicht ermessensfehlerhaft. Die Entscheidung basierte auf dem Kriterium der fehlenden prima facie Relevanz des Einwandes, wie in den Punkten 29 bis 31 der Entscheidungsgründe dargelegt. Insbesondere erkannte die Einspruchsabteilung in D10 keinen digitalen Pumpstromregler im Sinne der Merkmale 1.4 und 1.5 des Anspruchs 1.
Zudem konnten die Einsprechenden auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung keine Offenbarungsstelle für das betreffende Merkmal benennen. Den Einsprechenden wurde während der mündlichen Verhandlung folglich die Gelegenheit gegeben, die Einspruchsabteilung davon zu überzeugen, dass das betreffende Merkmal doch in D10 offenbart sei. Dass sie keine entsprechende Offenbarungsstelle nennen konnte, wurde von den Einsprechenden nicht bestritten.
3.5 Obwohl der Einwand als Reaktion auf die neuen Anträge des Patentinhabers nicht verspätet gewesen sein mochte, stand es dennoch im Ermessen der Einspruchsabteilung den Einwand aufgrund fehlender prima facie Relevanz nicht in das Verfahren zulassen.
3.6 Die Einspruchsabteilung hat den Einsprechenden ausreichend Gelegenheit gegeben, ihre Argumente vorzubringen. Die Entscheidung, den Einwand nicht zuzulassen, erfolgte offensichtlich nach Prüfung des Dokuments D10 und der dargelegten Argumente. Insgesamt sind somit keine Umstände erkennbar, die nahelegen, dass die Anforderungen an ein faires Verfahren durch die Nichtzulassung des Neuheitseinwandes basierend auf dem Dokument D10 durch die Einspruchsabteilung nicht erfüllt wurden.
3.7 Der Vollständigkeit halber bemerkt die Kammer Folgendes: Im vorliegenden Fall beruht die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung, den Neuheitseinwand basierend auf dem Dokument D10 nicht zuzulassen, auf einer materiellrechtlichen Bewertung dieses Dokuments. In solchen Fällen haben Beschwerdekammern in der Vergangenheit entschieden, dass eine inhaltliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Hinblick auf die bei der Ausübung des Ermessens vorgenommene technische Bewertung durch die Kammer möglich ist, zumindest dann, wenn dabei offensichtliche Fehler begangen wurden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.3.4.1c)). Solche offensichtlichen Fehler sind vorliegend jedoch nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil teilt die Kammer die Auffassung der Einspruchsabteilung, wonach das Dokument D10 keinen digitalen Pumpstromregler im Sinne des Anspruchs 1 offenbart.
3.8 Schließlich sind auch keine Umstände der Beschwerdesache ersichtlich oder vorgetragen, die im Sinne von Artikel 12 (6) VOBK die Zulassung des Einwandes rechtfertigen könnten.
3.9 Die Kammer übt daher ihr Ermessen nach Artikel 12 (6) VOBK dahingehend aus, den Neuheitseinwand basierend auf dem Dokument D10 gegen den Hauptantrag nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
4. Wesentliche Verfahrensmängel / Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr
Die Kammer konnte weder einen wesentlichen Verfahrensmangel
- in der Zulassung der mit Schreiben vom 6. Dezember 2022 erstmals eingereichten Anträge: Hauptantrag sowie Hilfsanträge 1 bis 3 (siehe oben, Abschnitt 1.) noch
- in der Nichtzulassung des Einwands der mangelnden Neuheit basierend auf dem Dokument D10 (oben, Abschnitt 3.) erkennen.
Dementsprechend ist der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 103 (1) a) EPÜ zurückzuweisen.
5. Hauptantrag - Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
5.1 Anspruch 1 des Hauptantrags verstößt nicht gegen das Erfordernis von Artikel 123 (2) EPÜ. Insbesondere ist das neu in den Anspruch 1 des geltenden Hauptantrags aufgenommene Merkmal, wonach
"die Signalaufbereitungseinheit (5) einen von der Steuerung (10) gesteuerten Multiplexer und einen Differenzverstärker umfasst, wobei der Multiplexer jeweils zwei zu erfassende Potentiale mit den Eingängen des Differenzverstärkers verbindet, der das Differenzsignal verstärkt und mit definiertem Potentialbezug an den Analog-Digital-Wandler (6) weitergibt",
der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung unmittelbar und eindeutig entnehmbar.
5.2 Die Beschwerdeführer machten im Wesentlichen geltend, dass die in Anspruch 1 der aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hauptantrag enthaltene Änderung eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung darstelle. Anspruch 1 verlange unter anderem das Vorhandensein eines inneren und äußeren Pumpelektrodenanschlusses (IPE, APE) sowie eines Referenzelektrodenanschlusses (RE) und sehe ferner vor, dass ein Multiplexer jeweils zwei zu erfassende Potentiale mit den Eingängen eines Differenzverstärkers verbinde. In den ursprünglich eingereichten Ansprüchen sei ein Multiplexer jedoch nicht erwähnt worden; ein solcher werde lediglich in den Absätzen [0047], [0070] und [0071] der Patentschrift bzw. den entsprechenden Stellen der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung beschrieben (siehe Seite 15, Zeilen 4 bis 24, Seite 21, Zeile 34 bis Seite 22, Zeile 10, Seite 22, Zeilen 12 bis 25 der WO 2009/135862 Al).
5.3 Nach Auffassung der Beschwerdeführer beschreibe die Anmeldung in der eingereichten Fassung auf Seite 15, Zeilen 4 bis 24 eine Signalaufbereitungseinheit, die mit sieben Anschlüssen verbunden sei, darunter IPE und APE, jedoch nicht RE. Auch Figur 3a) zeige keinen RE-Anschluss, so dass diese Ausführungsform nicht unter den geltenden Anspruch 1 falle. Lediglich Figur 3b) weise alle in Anspruch 1 genannten Anschlüsse auf, enthalte jedoch darüber hinaus weitere Anschlüsse, die im Anspruch nicht erwähnt seien. Die weiteren Offenbarungsstellen des Multiplexer in der ursprünglichen Anmeldung enthielten ebenfalls keine Hinweise dahingehend, dass diese zusätzlichen Anschlüsse optional seien; lediglich REM, APM und MEM würden dort als entbehrlich bezeichnet (siehe Seite 22, Zeilen 15 bis 18).
Insgesamt sei der Multiplexer gemäß ursprünglicher Offenbarung somit nur mit bestimmten Kombinationen von Anschlüssen verbunden, wie in den Figuren 3a) und 3b) gezeigt. Eine Verbindung des Multiplexers ausschließlich mit den Anschlüssen IPE, APE und RE sei der ursprünglichen Anmeldung nicht zu entnehmen. Absatz [0071] nenne sieben Potentiale, was rechnerisch 21 mögliche Kombinationen ergebe, von denen jedoch nur fünf konkret offenbart seien. Entsprechendes gelte für Absatz [0070], der acht Potentiale erwähne, damit rechnerisch 28 Kombinationen ermögliche, aber ebenfalls nur fünf beschreibe.
Weiterhin würde ein Fachmann Seite 15, Zeilen 11 bis 24 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entnehmen, dass der Multiplexer mit den Anschlüssen APE, IPE, REM, APM, CAL und MEM verbunden sei, um die technische Aufgabe der Erfindung zu erfüllen. Daraus folgten nach Ansicht der Beschwerdeführer zwingende funktionale Zusammenhänge zwischen dem Multiplexer und diesen spezifischen Anschlüssen. Die nun beanspruchte Auswahl, die sich ausschließlich auf die Anschlüsse IPE, APE und RE beziehe, lasse sich hiervon nicht unmittelbar und eindeutig ableiten. Insbesondere sei weder eine generische Offenbarung einer beliebigen Kombination von drei Potentialen ersichtlich noch eine spezielle Offenbarung der konkret beanspruchten Kombination.
Zudem wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, dass die Figuren 3a) und 3b) die Anschlüsse IPE, CAL, APE, RG und GND gemeinsam hätten, während der geltende Anspruch 1 lediglich auf RE, IPE und APE abstelle.
5.4 Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Argumente überzeugen die Kammer nicht.
Zwar beschreibt die ursprünglich eingereichte Anmeldung spezifische Anschlusskombinationen im Zusammenhang mit dem Multiplexer. Dies steht jedoch der Zulässigkeit der vorgenommenen Änderung im vorliegenden Fall nicht entgegen. Die Patentinhaberin hat überzeugend geltend gemacht, dass auf Seite 15, Zeilen 19 bis 24 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung das in Rede stehende Merkmal im Wesentlichen wörtlich offenbart ist. Dort wird somit ganz allgemein ausgeführt, dass die Eingänge eines Differenzverstärkers über einen von der Steuerung gesteuerten Multiplexer jeweils mit "zwei zu erfassenden Potentialen" verbunden sind. Diese Offenbarung beschränkt die Funktion des Multiplexers nicht auf bestimmte Anschlusskombinationen, sondern betont vielmehr dessen Flexibilität hinsichtlich der Auswahl der zu erfassenden Potentiale.
5.5 Entscheidend ist nach Überzeugung der Kammer, dass die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung klar erkennen lässt, dass es sich bei den genannten Anschlüssen bzw. den zugehörigen Potentialen nicht um festgelegte, sondern um beliebige geeignete Potentiale handeln kann. Darüber hinaus war, wie die Beschwerdegegnerin überzeugend vorgetragen hat, für den Fachmann auf dem Gebiet der Breitband-Lambdasonden aus allgemeinem Fachwissen heraus ohne Weiteres ersichtlich, dass neben den konkret genannten Anschlüssen auch andere oder auch zusätzliche Potentiale von weiteren Anschlüssen genutzt werden können. Dies wird auch durch die Figuren 3a) und 3b) bestätigt, in denen die Multiplexer MUX 1 und MUX 2 klar erkennbar lediglich beispielhafte Ausführungsformen darstellen (siehe insbesondere Seite 9, Zeilen 21 bis 23).
5.6 Die Kammer folgt daher insgesamt der Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach der Fachmann die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung in seiner Gesamtheit unmittelbar und eindeutig so verstanden hätte, dass zusätzlich zu den bereits im ursprünglichen Anspruch 1 genannten Anschlüssen (innerer (IPE) und äußerer Pumpelektrodenanschluss (APE) sowie Referenzelektrodenanschluss (RE)) ein Multiplexer vorgesehen sein kann, der ganz allgemein zwei geeignete zu erfassende Potentiale mit den Eingängen eines Differenzverstärkers verbindet. Die sich aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ergebende erfindungsgemäße Bedeutung des Multiplexers liegt nach der Überzeugung der Kammer nämlich gerade darin, dass jeweils zwei (geeignete) Potentiale mit den Eingängen des Differenzverstärkers verbunden werden können. Diese technische Lehre würde der Fachmann im Kern als unabhängig von den in der Anmeldung konkret genannten Anschlüssen bzw. Potentialen verstehen.
5.7 Dem steht der Wortlaut "Um diese Aufgaben durchführen zu können, ..." auf Seite 15, Zeilen 11 bis 19 nicht entgegen. Dieser Satz, der konkret die Anschlüsse APE, IPE, REM, APM, CAL, MEM und RG der Signalaufbereitungseinheit nennt, bezieht sich offensichtlich auf den vorangehenden Satz, wonach die Signalaufbereitungseinheit auch dazu vorgesehen ist, "die genannten weiteren Informationen" über den Betriebszustand der Breitband-Lambdasonde zu ermitteln. Bereits Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung war jedoch nicht auf bestimmte "weitere Informationen" beschränkt, sondern lässt die Art der zu ermittelnden weiteren Informationen gänzlich offen. Somit ergibt sich aus der ursprünglichen Anmeldung in Verbindung mit Fachwissen des zuständigen Fachmanns unmittelbar und eindeutig, dass die Auswahl der zu erfassenden Potentiale nicht auf bestimmte Anschlüsse beschränkt ist, sondern die Auswahl zweier beliebiger geeigneter Potentiale umfasst.
5.8 Die Kammer ist daher insgesamt zu dem Schluss gelangt, dass Anspruch 1 des Hauptantrags für den Fachmann in seiner Gesamtheit unmittelbar und eindeutig der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entnehmbar ist. Die Änderung durch Aufnahme des oben unter Punkt 5.1 genannten Merkmals ist damit zulässig, und der Hauptantrag erfüllt folglich das Erfordernis von Artikel 123 (2) EPÜ.
6. Hauptantrag - Klarheit des Anspruchs 1 (Artikel 84 EPÜ)
6.1 Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
6.2 Die Beschwerdeführer machten insbesondere Folgendes geltend:
Anspruch 1 stelle keine Verbindung zwischen den Anschlüssen IPE, APE und RE einerseits und den beanspruchten "Potentialen" her. Die zu erfassenden Potentiale könnten also jedes beliebige Potential sein, wodurch Anspruch 1 unklar werde.
Darüber hinaus sei unklar, was "mit definiertem Potentialbezug an den Analog-Digital-Wandler (6) weitergibt" bedeute. Der "definierte Potentialbezug" sei im Übrigen unbestimmt in Anspruch 1.
Weiterhin beziehe sich der geänderte Anspruch 1 auf "das Differenzsignal", welches jedoch nicht definiert sei, wodurch Anspruch 1 unklar erscheine.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer machten die Beschwerdeführer zudem geltend, dass Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch das zusätzlich aufgenommene Merkmal unklar erscheine (siehe Punkte VII. und 5.1 oben). Es sei auch nicht ersichtlich, auf welche "weiteren Informationen" sich Anspruch 1 beziehe. Insbesondere bleibe unklar, welche konkreten Anschlüsse bzw. Potentiale erforderlich seien, um diese weiteren Informationen zu erhalten. Die Grenzen des beanspruchten Gegenstands seien daher nicht hinreichend klar bestimmt.
6.3 Die von den Beschwerdeführern argumentierten Unklarheiten des Anspruchs 1 teilt die Kammer nicht.
Aus Sicht eines Fachmanns auf dem Gebiet der Breitband-Lambdasonden ist der durch Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand hinreichend klar bestimmt, insbesondere auch im Hinblick auf das zusätzlich aufgenommene Merkmal (siehe Punkt VII. oben). Anspruch 1 des Hauptantrags verlangt, dass jeweils zwei zu erfassende Potentiale über einen Multiplexer den Eingängen eines Differenzverstärkers zugeführt werden. Im Lichte der Beschreibung und der Figuren erschließt sich für den Fachmann ohne Weiteres, dass sich die "weiteren Informationen" gemäß Anspruch 1 auf Messgrößen beziehen, die über die Differenzbildung zwischen verschiedenen Potentialen - also über ein Differenzsignal - gewonnen werden können. Allein die Tatsache, dass Anspruch 1 kein direktes Zusammenwirken zwischen den zu erfassenden Potentialen und den zu ermittelnden weiteren Informationen über den Betriebszustand der Breitband-Lambdasonde definiert, führt im vorliegenden fall jedenfalls nicht zu Unklarheit des Anspruchs 1.
6.4 Dem Fachmann ist aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannt, welche Potentiale an welchen Anschlüssen typischerweise anliegen, insbesondere am inneren und äußeren Pumpelektrodenanschluss oder am Referenzelektrodenanschluss, und welche Kombinationen dieser oder weiterer bzw. anderer Potentiale zur Gewinnung bestimmter weiterer Informationen über den Betriebszustand der Breitband-Lambdasonde herangezogen werden können. Die Auswahl der Potentiale ergibt sich somit aus dem technischen Zusammenhang und der angestrebten Messaufgabe, wie von der Beschwerdegegnerin überzeugend vorgetragen wurde.
Der Anspruch lässt dem Fachmann dabei eine gewisse technische Unschärfe, die jedoch nicht zu einer Unklarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ führt. Vielmehr trägt diese Unschärfe dem Umstand Rechnung, dass die Erfindung gerade durch die flexible Verwendung des Multiplexers zur Erfassung unterschiedlicher Potentiale gekennzeichnet ist.
6.5 Darüber hinaus erkennt der Fachmann die im Anspruch verwendeten Begriffe wie "Differenzsignal" und "definierter Potentialbezug" als gebräuchliche Fachtermini im Zusammenhang mit den technischen Elementen des neu aufgenommenen Merkmals. Die Kammer stellt insbesondere fest, dass ein Analog-Digital-Wandler üblicherweise ein Signal benötigt, das sich auf ein eindeutiges Referenzpotential bezieht, um analoge Spannungen korrekt in digitale Werte umzuwandeln. Der Ausdruck "definierter Potentialbezug" ist daher aus Sicht des auf dem Gebiet der Breitband-Lambdasonden tätigen Fachmanns eindeutig und führt nicht zu Unklarheiten im Sinne von Artikel 84 EPÜ.
6.6 Die Grenzen des nach Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchten Gegenstands sind somit für den Fachmann hinreichend klar bestimmbar. Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
7. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von dem Dokument D1 (Artikel 56 EPÜ)
7.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
7.2 Unstreitig unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Dokument D1 nur durch das Merkmal, dass die Signalaufbereitungseinheit einen von der Steuerung gesteuerten Multiplexer und einen Differenzverstärker umfasst, wobei der Multiplexer jeweils zwei zu erfassende Potentiale mit den Eingängen des Differenzverstärkers verbindet, der das Differenzsignal verstärkt und mit definiertem Potentialbezug an den Analog-Digital-Wandler weitergibt (siehe oben Punkt VII.).
7.3 Unstreitig war zudem, dass sich, ausgehend von dem Dokument D1 und unter Berücksichtigung des Unterscheidungsmerkmals, als objektive technische Aufgabe die Bereitstellung einer Auswerte- und Steuereinheit für eine Breitband-Lambdasonde ergibt, die eine erweiterte Funktionalität aufweist.
7.4 Es bestand weiterhin Einigkeit zwischen den Parteien, dass zum effektiven Anmeldezeitpunkt Multiplexer im allgemeinen bekannt waren.
7.5 Die Beschwerdegegner trugen im Wesentlichen vor, dass das Dokument D1 eine sequentielle Auswertung verschiedener Potentialabgriffe offenbare, wie sie insbesondere auf den Seiten 33 und 34 der Übersetzung D1T (vgl. Absätze 72 ff.) beschrieben sei. Es sei in der Elektrotechnik allgemein üblich und für den Fachmann somit naheliegend, die technische Aufgabe mittels eines Multiplexers zu realisieren, um nicht nur den Pumpstrom zu regeln, sondern auch weitere Parameter, wie etwa den Innenwiderstand, zu bestimmen. Die zentrale Auswertung verschiedener Potentiale mittels eines Multiplexers stelle daher eine naheliegende Lösung der zugrunde liegenden objektiven technischen Aufgabe dar.
7.6 Die Kammer vermag dieser Argumentation nicht zu folgen. Sie stimmt vielmehr mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass das Dokument D1 eine in sich geschlossene Lehre offenbart, die dem Fachmann keinen Anlass bietet, die dort vorgeschlagene Auswerte- und Steuereinheit zu modifizieren. Auch wenn dem Fachmann die Verwendung eines Multiplexers als solche bekannt war, hätte er diesen nicht ohne Weiteres in die aus D1 bekannte Schaltung integriert.
Insbesondere erfüllt die in D1 offenbarte Auswerte- und Steuereinheit die zugrunde liegende Aufgabe bereits vollständig. Eine Modifikation durch Hinzufügen eines Multiplexers würde die Komplexität der aus D1 bekannten Auswerte- und Steuereinheit erhöhen, ohne einen erkennbaren technischen Vorteil zu bieten. Vielmehr wären mit einer solchen Änderung zusätzliche Anforderungen verbunden, etwa hinsichtlich der Ansteuerung des Multiplexers durch die Steuerungseinheit sowie der Auswahl und Umschaltung der zu erfassenden Potentiale. Der Multiplexer fügt sich daher nicht ohne Weiteres in die Systemarchitektur von D1 ein, wie die Beschwerdegegnerin überzeugend dargelegt hat.
Zudem stellte die Beschwerdegegnerin zu Recht die Frage, warum der Fachmann gerade einen Multiplexer und nicht ein anderes, ebenfalls bekanntes elektrisches Bauelement zur Lösung der Aufgabe hätte heranziehen sollen. Die bloße Kenntnis eines Bauteils durch den Fachmann genügt somit nicht, um dessen Verwendung im konkreten Kontext einer in D1 offenbarten Auswerte- und Steuereinheit als naheliegend anzusehen. Vielmehr hätte der Fachmann einen Anlass benötigt, von der in D1 offenbarten Lösung abzuweichen, da diese funktional ausreichend und systemtechnisch ausgewogen ist. Ein entsprechender Anlass ist jedoch weder ersichtlich noch von den Beschwerdeführern überzeugend dargelegt worden.
7.7 Die Kammer ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von dem Dokument D1 im Lichte der objektiven technischen Aufgabe für den Fachmann nicht naheliegend war. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
8. Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von dem Dokument D10 - Zulassung (Artikel 12 (6) VOBK)
8.1 In der Beschwerdebegründung haben die Beschwerdeführer einen neuen Einwand nach Artikel 56 EPÜ ausgehend von dem Dokument D10 vorgebracht.
8.2 Gemäß Artikel 12 (6) VOBK lässt die Kammer Einwände nicht zu, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
8.3 Der auf das Dokument D10 gestützte Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit wurde erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht. Die Einspruchsabteilung hatte im erstinstanzlichen Verfahren einen Einwand nach Artikel 54 EPÜ basierend auf dem Dokument D10 nicht zugelassen, weil sie in diesem Dokument keinen digitalen Pumpstromregler im Sinne des Anspruchs 1 offenbart sah. Vor diesem Hintergrund hätten die Beschwerdeführer eindeutig Veranlassung gehabt, bereits vor der Einspruchsabteilung einen alternativen Einwand unter Artikel 56 EPÜ ausgehend von dem Dokument D10 vorzubringen.
8.4 Eine Begründung dafür, warum der Einwand nicht bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung erhoben wurde, haben die Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Auch wurden keine Umstände der Beschwerdesache vorgetragen, die eine Zulassung des neuen Vorbringens im Sinne von Artikel 12 (6) VOBK rechtfertigen könnten. Solche Umstände sind auch nicht ersichtlich.
8.5 Die Kammer hat daher entschieden, den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von dem Dokument D10 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf Vorlage einer Frage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.