T 0400/23 () of 4.7.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T040023.20250704
Datum der Entscheidung: 04 Juli 2025
Aktenzeichen: T 0400/23
Anmeldenummer: 17170795.3
IPC-Klasse: A24D 3/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: EINLEGEVORRICHTUNG UND STRANGMASCHINE DER TABAK VERARBEITENDEN INDUSTRIE
Name des Anmelders: Körber Technologies GmbH
Name des Einsprechenden: G.D S.p.A.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
RPBA2020 Art 012(2)
RPBA2020 Art 012(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(2)
Schlagwörter: Neuheit - breiter Anspruch
Neuheit - Auslegung
Erfinderische Tätigkeit - Verbesserung nicht für gesamte beanspruchte Breite glaubhaft
Änderung des Vorbringens - Hilfsanträge zugelassen
Spät eingereichte Hilfsanträge - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/24
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, wonach das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags 5' (jetzt 6) die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.

In dieser hatte die Einspruchsabteilung unter anderem festgestellt, dass

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 2' (jetzt 2) nicht neu gegenüber D1 sei,

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4' (jetzt 5) nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, aber auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe;

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5' (jetzt 6) neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

II. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK hat die Kammer die vorläufige Auffassung geäußert, dass

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 - 4 nicht neu gegenüber D1 sei;

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 5 und 7 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe,

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 (aufrechterhaltene Fassung) ausgehend von D3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe;

- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 hingegen schon.

III. Am 4. Juli 2025 fand eine mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz unter Beteiligung beider Parteien statt.

IV. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise die eingeschränkte Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1, 1dis, 2, 2dis, 3, 4, 4dis und 5 - 11, von denen 1, 3 und 7 - 11 erstmals mit Beschwerdebegründung, die korrigierte Fassung von Hilfsantrag 3 mit Schreiben vom 30. Januar 2024 und die Hilfsanträge 1dis, 2dis, 4dis mit Schreiben vom 27. Juni 2025 eingereicht wurden.

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.

V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Einlegevorrichtung (10), die ausgebildet ist, stabförmige Artikel (11, 11') der Tabak verarbeitenden Industrie in einen Strang (12) der Tabak verarbeitenden Industrie einzubringen oder an einen Strang (12) der Tabak verarbeitenden Industrie anzulegen, mit wenigstens einer Mulde (13) zur Aufnahme von stabförmigen Artikeln (11, 11') der Tabak verarbeitenden Industrie, insbesondere von Filtersegmenten, wobei die wenigstens eine Mulde (13) eine Längserstreckung aufweist und wobei die Mulde (13) eine Saugluftöffnung (14, 14', 14'', 14''') aufweist, wobei wenigstens zwei Saugluftöffnungen (14-14''') in der Mulde (13) vorgesehen sind, die durch einen Steg (15, 15', 15'') voneinander getrennt sind, dadurch gekennzeichnet, dass für jede Saugluftöffnung (14-14''') ein Saugluftkanal (20, 20', 20'', 20''') vorgesehen ist."

Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die folgenden zusätzlichen Merkmale:

", wobei die wenigstens eine Mulde (13) auf einer Gondel (17) angeordnet ist, wobei bei einer Rotation der Einlegevorrichtung (10) um eine Rotationsachse (18) eine Bewegung der Gondel (17) vorgesehen ist, die für eine parallele Ausrichtung der wenigstens einen Mulde (13) sorgt, wobei die Saugluftöffnungen (14, 14', 14'', 14''') mit den Saugluftkanälen (20, 20', 20'', 20''') verbunden sind, die jeweils getrennt in der Gondel (17) verlaufen, wobei die Saugluftkanäle (20-20''') durch Wände voneinander getrennt sind".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 enthält gegenüber Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 die folgenden zusätzlichen Merkmale:

"wobei die Saugluftkanäle von den Saugluftöffnungen der Mulde bis in einen von der Mulde entfernten Schnitt durch die Gondel verlaufen".

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 der Begriff "vollständig" eingefügt:

"... [wobei die Saugluftöffnungen (14, 14', 14'', 14''') mit den Saugluftkanälen (20, 20', 20'', 20''') verbunden sind, die jeweils] vollständig [getrennt in der Gondel (17) verlaufen,] ...".

Anspruch 1 der Hilfsanträge 1dis, 2dis und 4dis enthält gegenüber Anspruch 1 der Hilfsanträge 1, 2 und 4 jeweils das folgende zusätzliche Merkmal:

"... [wobei die Saugluftkanäle durch Wände voneinander getrennt sind], ohne in einen gemeinsamen Sammelkanal in der Gondel zu münden".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die folgenden zusätzlichen Merkmale:

", wobei die Saugluftöffnungen als Langlöcher ausgebildet sind".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 ist auf eine

"Strangmaschine (21) der Tabak verarbeitenden Industrie mit einer Einlegevorrichtung (10)" gerichtet, "wobei die Einlegevorichtung (10)" die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag aufweist und

"wobei mittels der Einlegevorrichtung (10) stabförmige Artikel (11, 11') auf eine Formatvorrichtung (21) oder eine Fördervorrichtung aufgelegt werden, so dass sich ein Strang (12) aus stabförmigen Artikeln (11, 11') bildet".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 die folgenden zusätzlichen Merkmale:

", wobei die Saugluftöffnungen als Langlöcher ausgebildet sind".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 die folgenden zusätzlichen Merkmale:

", wobei die wenigstens eine Mulde (13) auf einer Gondel (17) angeordnet ist, wobei bei einer Rotation der Einlegevorrichtung (10) um eine Rotationsachse (18) eine Bewegung der Gondel (17) vorgesehen ist, die für eine parallele Ausrichtung der wenigstens einen Mulde (13) sorgt, wobei jede Saugluftöffnung (14-14''') einer Gondel (17) einzeln schaltbar ist".

VI. Nachfolgend wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: EP 0 895 723 A1

D3: US 4 044 659

D7: US 4 590 952.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Zusätzlich zu bloßen Saugluftöffnungen vorgesehene, getrennt voneinander durch die Gondel verlaufende Saugluftkanäle, die die im Patent angegebene Aufgabe lösen, sind aus dem Stand der Technik weder bekannt, noch nahegelegt.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin-Einsprechenden lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Das Patent enthält keine Definitionen der Merkmale Mulde, Steg, Wand, Saugluftöffnung und Saugluftkanal, so dass diese breit auszulegen und als aus dem zitierten Stand der Technik bekannt anzusehen sind.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Das Patent und sein technischer Hintergrund

2.1 Das Patent befasst sich mit dem Einlegen oder Ablegen von "stabförmigen Artikeln" in einen oder an einem "Strang", wobei beide im weitesten Sinne der Tabak verarbeitenden Industrie zuzurechnen sind.

Dazu sind Einlegevorrichtungen oder -räder vorgesehen, an denen Gondeln so aufgehängt sind, dass ihre die Artikel aufnehmende und haltende Unterseite bei Drehung des Einlegerades stets horizontal ausgerichtet ist. In einer bestimmten Position, z.B. auf 12 Uhr, nimmt eine Gondel Artikel von einer Zuliefervorrichtung auf, trägt sie, während sich die Einlegevorrichtung mit ihr, z.B. im Uhrzeigersinn, weiter dreht und legt sie in einer anderen Position, z.B. auf 6 Uhr, wieder ab.

An ihrer Unterseite befinden sich dafür an die zylindrische Form der Artikel angepasste Mulden zu deren Aufnahme und mit Saugluft beaufschlagte Öffnungen zur deren Halterung. Die Saugluft gelangt über Kanäle von einer Unterdruckquelle zu den Öffnungen.

2.2 Große Öffnungen bieten besseren Halt, führen aber zu einem Druckabfall im System, wenn sie aufgrund von ungenauem Zulauf nur teilweise oder gar nicht von Artikeln abgedeckt und verschlossen sind. Das könnte mit einem entsprechend großen Unterdruckvolumen kompensiert werden, für das aber in unmittelbarer Nähe der Gondeln kein Platz ist. Im Stand der Technik sind in der Gondel gemeinsame Sammelkanäle mit allen Öffnungen verbunden, die einen Druckverlust an einer von ihnen an die jeweils anderen Öffnungen "kommunizieren", so dass Artikel in diesem Fall nicht mehr sicher durch Unterdruck in der Mulde gehalten werden. Um eine "sehr hohe Prozesssicherheit" zu erreichen, also eine sichere und genaue Übergabe der Artikel sicherzustellen (Absatz [0009]), wird in Absatz [0019] des Patents vorgeschlagen, jede Saugluftöffnung durch Ventile einzeln abschaltbar zu gestalten. Nach Absatz [0020] besteht bei entsprechend großem "Saugluftvorrat" auch die Möglichkeit, auf Ventile zu verzichten, wenn im Gegenzug für jede Saugluftöffnung ein eigener Saugluftkanal durch die ganze Gondel bis an den "Saugluftvorrat" führt.

3. Hauptantrag - Neuheit

3.1 Gegenstand des unabhängigen Anspruchs ist eine Einlegevorrichtung, die ausgebildet ist, stabförmige Artikel in einen Strang einzubringen oder an einen Strang anzulegen. Es besteht Einigkeit, dass im Ausführungsbeispiel des Patents die Einlegevorrichtung ein Einlegerad 10 mit Gondeln 17 ist, und das Formatband 34, auf das die Gondeln in ihrem Umlauf nacheinander stabförmige Artikel ablegen, nicht zu der Einlegevorrichtung gehört. Ohne das Formatband 34 würde das Einlegerad die stabförmigen Artikel aufeinander türmen. Nur aufgrund ihres getakteten Weitertransports durch das Formatband nach links in Fig. 1 entsteht aus ihnen ein Strang.

Damit eine Einlegevorrichtung wie beansprucht ausgebildet ist, genügt es also, dass die Gondeln an stets gleicher Rotationsposition, in Fig. 1 des Patents auf ungefähr 6 Uhr, die stabförmigen Artikel in horizontaler Ausrichtung übergeben. Die Gondeln 28 der in D1, Fig. 1 gezeigten "Einheit" 11 übergeben stabförmige Artikel stets dann, wenn sie auf ungefähr 9 Uhr stehen, siehe auch Fig. 5. Wäre auch hier ein nicht beanspruchtes Band zum entsprechend getakteten Weitertransport der Artikel statt anstelle der Trommel 47 vorgesehen, würde sich darauf ein Strang bilden.

Daher kann die Einheit 11 als Einlegevorrichtung im Sinne des Anspruchs angesehen werden.

3.2 Eine Mulde ist nach allgemeinem Verständnis eine längliche Vertiefung in einer Oberfläche (siehe z.B. https://www.duden.de/rechtschreibung/Mulde). Die Beschreibung einer Mulde in Absatz [0014] des Patents als im Querschnitt kreisabschnittsförmig bedeutet eigentlich, dass mit Mulde die Vertiefung selbst als freier, von der Oberfläche umschriebener Raum "zur Aufnahme von stabförmigen Artikeln" gemeint sein soll. Da ein solcher Freiraum weder eine Saugluftöffnung aufweisen kann, noch in ihm eine solche vorgesehen sein kann, wie in den Absätzen [0004], [0010] gefordert, wird die Fachperson diese Definition des Patents jedoch als widersinnig verwerfen. Da außerdem auch jeweils zwei Saugluftöffnungen voneinander trennende Stege in Absatz [0014] als im Querschnitt kreisabschnittsförmig bezeichnet werden, soll wohl eher gemeint sein, dass die Mulde im Querschnitt einen kreisabschnittsförmigen Ausschnitt aufweist, also irgendwie komplementär zu einem Kreisabschnitt ausgebildet ist. Dieses Verständnis würde sich aus einer Bedeutung von Mulde als länglichem, trogartigem Gefäß zum Viehfüttern, Backen und Schlachten herleiten (https://www.dwds.de/wb/Mulde). In Fig. 2 des Patents ist eine an der - im Betrieb - Unterseite einer Gondel 17 angeordnete Mulde bzw. deren Anlagefläche 16 für stabförmige Artikel zu sehen. Die Mulde geht nahtlos dort in die Gondel 17 über, wo ihre Saugluftöffnungen 14- 14''' in in der Gondel 17 durch Wände voneinander getrennte Saugluftkanäle 20 - 20''' übergehen und sich diese Wände an die die Saugluftöffnungen 14 - 14''' voneinander trennenden Stege 15 - 15''' anschließen. Wenn, wie in Absatz [0018] des Patents angesprochen, zwei parallel nebeneinander angeordnete Mulden auf der Gondel 17 vorgesehen sind, wären sie in Fig. 2 übereinander platziert, wobei sich ihre Anlageflächen nicht nur an der Unterseite, sondern auch entlang der Längskanten der dargestellten Mulde "über Eck" erstrecken könnten, wie in Fig. 3 und 6 der D1 dargestellt.

3.3 Hier sind zwei parallele Anlageflächen, Aufnahmen oder Mulden ("seats") 37 zur Aufnahme von stabförmigen Artikeln zu sehen, die an der Unterseite 36 einer Gondel 28, 33 in Bereichen entlang ihrer Längskanten angesiedelt sind und in die Gondel übergehen, siehe Absatz [0021] und Fig. 5. Jeweils sechs relativ kurze Saugluftkanäle ("channels") 39 münden über durch fünf längliche Stege voneinander getrennte sechs Saugluftöffnungen in jeder dieser Mulden 37, Absatz [0022], Fig. 3, 6. Jeder Kanal mit geschlossenem Querschnitt mündet (wenn er mündet) immer über eine Öffnung an seinem Ende, die gemeinhin als Durchtrittsfläche des Kanalvolumens durch die Oberfläche des Körpers, den er durchdringt, definiert ist. Aber selbst wenn man den Saugluftöffnungen im Hinblick auf ein Verständnis des Begriffs "Mulde" als dreidimensionaler Körper eine gewisse Erstreckung oder Tiefe in der Mulde bzw. durch deren "Boden" zubilligt, in Fig. 3 der D1 beispielsweise bis auf Höhe des unteren Rands des Sammelkanals 38a, gehen sie wie in Fig. 2 des Patents am Austritt aus der Mulde in Saugluftkanäle 39 über, ebenso wie die Stege nach D1 auch in die diese Saugluftkanäle voneinander trennenden Wände übergehen, die wie die Saugluftkanäle von der Mulde bis an den Sammelkanal 38a reichen.

3.4 Anspruch 1 ist nicht auf eine bestimmte Ausbildung, Erstreckung oder Abgrenzung der Merkmale Gondel, Mulde, Saugluftöffnung, Saugluftkanal beschränkt, durch die er nicht auf die Einlegevorrichtung nach D1 lesbar wäre.

3.4.1 Auch dem Ausführungsbeispiel, insbesondere Fig. 2 des Patents ist, wie oben dargelegt, lediglich zu entnehmen, dass die Mulde irgendwann in die Gondel übergeht wie auch ihre Saugluftöffnungen in Saugluftkanäle übergehen sowie ihre Stege in Wände. In Absatz [0028] des Patents wird offensichtlich nicht einmal zwischen Saugkanälen oder Saugluftöffnungen in der Mulde unterschieden bzw. werden Saugkanäle als Alternative zu Saugluftöffnungen dargestellt. Mangels konkreter Darstellung und Beschreibung von Saugluftkanälen am Übergang zu Saugluftöffnungen und von Wänden am Übergang zu Stegen kann eine strukturell unterschiedliche Ausbildung von Saugluftöffnungen und Saugluftkanälen, von Stegen und Wänden bereits nicht einmal als ein aus der Beschreibung impliziertes Merkmal angesehen werden.

Daher steht die Lesart der "channels 39" aus D1 als jeweils mit einer Saugluftöffnung endende Saugluftkanäle weder in Widerspruch zu der Beschreibung und Darstellung dieser Merkmale im Patent, noch ist sie technisch sinnfrei.

3.4.2 Ein darüber hinausgehendes Hineinlesen eines durch die zu lösende Aufgabe aus der Beschreibung implizierten Merkmals wie einer bestimmte Mindesterstreckung eines Saugluftkanals nach der Saugluftöffnung in die Gondel hinein, die diese erst zu Saugluftkanälen im Sinne des Patents qualifizieren würde, ist nach ständiger Rechtsprechung nicht zulässig, siehe RSdBK, 10. Auflage, II.A.6.3.4. Dies hat sich auch durch G 1/24 nicht geändert, die in Entscheidungsgrund 10 ausdrücklich auf die bestehende Rechtsprechung zur Anspruchsauslegung verweist. Es ist deshalb unerheblich für die Frage der Neuheit, ob die kurzen Kanäle 39 in D1 einen pneumatischen Kurzschluss, also den Zusammenbruch des haltenden Unterdrucks bei freiliegenden Saugluftöffnungen und damit das Abfallen eines Artikels verhindern und so die Prozesssicherheit erhöhen können. Der unabhängige Anspruch 1 enthält kein dahingehend einschränkendes funktionales oder strukturelles Merkmal.

3.5 Da eine Einlegevorrichtung mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 somit aus D1 bekannt ist, ist dessen Gegenstand nicht neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) EPÜ.

4. Hilfsanträge - Zulassung und Zurückverweisung

4.1 Die Hilfsanträge 2 und 4 - 6 entsprechen den während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsanträgen 2' - 5', liegen der angefochtenen Entscheidung zugrunde und sind damit nach Artikel 12(1)a), (2) VOBK Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

4.2 Die Hilfsanträge 1, 3 (korrigierte Fassung) und 7 - 11 wurden von der Patentinhaberin erstmals mit der Beschwerdebegründung bzw. mit Schreiben vom 30. Januar 2024 eingereicht und sind daher Änderungen des Beschwerdevorbringens nach Artikel 12(2), (4) VOBK, deren Zulassung im Ermessen der Kammer liegt.

4.2.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende trägt vor, keinen neuen Sachverhalt und keine neuen Argumente im Beschwerdeverfahren vorgetragen zu haben, weshalb die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin aus Gründen der prozessualen Fairness in ihrer Verteidigung des Patents analog auf bereits im Einspruchsverfahren gestellte Hilfsanträge beschränkt sein sollte. Die Beschwerde der Einsprechenden hätte insbesondere keinen Anlass geboten, als Reaktion hierauf neue Hilfsanträge 7 - 11 vorzulegen.

4.2.2 Die Kammer stellt zunächst fest, dass sie sich von der Zulässigkeit der Beschwerden unter anderem deshalb überzeugt hat, weil beide Parteien nicht nur ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt, sondern sich mit den Gründen der angefochtene Entscheidung auseinandergesetzt und dargelegt haben, warum diese aufzuheben und abzuändern sei, Artikel 12(3) VOBK, Artikel 108, Regel 99(2), 101(1) EPÜ. Solche "neuen" Argumente sind notwendigerweise Teil der Beschwerdebegründung der Einsprechenden, auf das die Patentinhaberin angemessen reagieren können muss. Zur Angemessenheit der Reaktion hat die Kammer bereits in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK geäußert, diese sei wenig komplex und zeitnah erfolgt. So enthielten die unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge 1 und 7 - 10 lediglich bereits im Einspruchsverfahren diskutierte Merkmale bzw. die der Hilfsanträge 8 - 10 zusätzlich ein Merkmal aus dem dort eingereichten früheren Hilfsantrag 6 ("einzeln schaltbar"). Auch wenn dies für die unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge 3 und 11 nicht zuträfe, es sich hier also um weitergehende Änderungen handelte, schienen diese wenig komplex und daher der Prozessökonomie nicht abträglich zu sein. Dem hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende nicht widersprochen.

4.2.3 Aus den vorstehenden Gründen hat die Kammer die Hilfsanträge 1, 3 und 7 - 11 zum Beschwerdeverfahren zugelassen.

4.3 Die Zulassung "neuer" Hilfsanträge 7 - 11 im Beschwerdeverfahren führt jedoch nicht automatisch zu einer Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung, damit diese zunächst erstinstanzlich über sie entscheiden kann. Ein dahingehendes grundsätzliches "Recht auf zwei Instanzen", das die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin geltend machen möchte, besteht nicht, RSdBK, 10. Auflage V.A.9.2.1. Da sich der rechtliche und faktische Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch die Hilfsanträge nicht wesentlich geändert hat, keine neuen Einwände und/oder Beweismittel gegen sie vorgebracht wurden, deren Behandlung mit unangemessenem Aufwand für die Kammer verbunden wäre, liegen keine nach Artikel 11 VOBK für eine Zurückverweisung zur weiteren Entscheidung erforderlichen, besonderen Gründe vor.

4.4 Die Hilfsanträge 1dis, 2dis und 4dis wurden nach Erhalt der Mitteilung der Kammer mit Schreiben vom 27. Juni 2025 eingereicht und unterliegen daher den Zulassungsvoraussetzungen des Artikels 13(2) VOBK. Sie beruhen auf den Hilfsanträgen 1, 2 und 4, wobei ihr unabhängiger Anspruch zusätzlich als disclaimer enthält, dass die Saugluftkanäle getrennt in der Gondel verlaufen "ohne in einen gemeinsamen Sammelkanal in der Gondel zu münden".

4.4.1 Als eine Zulassung rechtfertigende, außergewöhnliche Umstände führt die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin an, die Rechtslage zur Anspruchsauslegung habe sich seit G 1/24 geändert, und die Hilfsanträge seien offensichtlich gewährbar, weil mit ihnen sämtliche Einwände ausgeräumt würden.

4.4.2 Wie oben in Punkt 3.4 erörtert, hat sich die für den vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage durch G 1/24 nicht verändert, sondern ist im Gegenteil durch diese Entscheidung bestätigt worden.

Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin aus G 1/24 ableitet, dass der erteilte unabhängige Anspruch nunmehr unter Berücksichtigung der Beschreibung enger auszulegen sei mit der Folge, dass die kurzen "channels" nach D1 nicht mehr als Saugluftkanäle mit Saugluftöffnungen an ihren Enden angesehen werden könnten und Neuheit gegenüber der Offenbarung der D1 bestünde, erschließt sich der Kammer nicht, warum dies die Einreichung von Hilfsanträgen mit Einschränkungen zu genau demselben Zweck rechtfertigen soll, die doch eigentlich dann dadurch unnötig würden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin handelt es sich bei dem disclaimer aber nicht um eine derartige Einschränkung, sondern um eine Präzisierung von bereits impliziten Merkmalen, aber nicht im Sinne einer nach Regel 80 EPÜ unzulässigen bloßen Klarstellung, sondern mit einschränkender Wirkung. Die Kammer sieht sich außerstande, dieser Argumentation zu folgen.

4.4.3 Was die offensichtliche Gewährbarkeit betrifft, hält die Kammer diese durchaus nicht für gegeben, sondern im Gegenteil durch den disclaimer eine ganze Reihe von neuen Rechtsfragen aufgeworfen, angefangen von seiner angeblich eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung in der ursprünglichen Anmeldung, die die Kammer bezweifelt (siehe u.a. unten, Ende des Punkts 5.4), bis hin zu seiner Zulässigkeit als nicht offenbarter disclaimer unter den in G 1/03 definierten Voraussetzungen, zu denen die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin nichts vorgetragen hat (siehe RSdBK, 10.Auflage, II.E.1.7.2).

4.4.4 Aus diesen Gründen hat die Kammer die Hilfsanträge 1dis, 2dis und 4dis nicht zum Verfahren zugelassen.

5. Hilfsanträge 1 - 4 - Neuheit

5.1 Ausgehend von der oben in Punkt 3 erläuterten Lesart der D1 ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 1 - 4 nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1, da die Einlegevorrichtung nach D1 auch die zusätzlichen Merkmale deren unabhängiger Ansprüche aufweist.

5.2 Unstreitig sind die Mulden 37 auf mit der Einlegevorrichtung rotierenden Gondeln 28, 33 in paralleler Ausrichtung angeordnet.

5.3 Ist für jede Saugluftöffnung ein eigener Saugluftkanal 39 vorgesehen, muss es sich hierbei um voneinander getrennt verlaufende Saugluftkanäle handeln, und zwar durch irgendeine Form von Wänden voneinander getrennte Saugluftkanäle. Die Saugluftkanäle 39 nach D1 verlaufen alle über ihre gesamte Länge von der Mulde 37 bis zu einem gemeinsamen Sammelkanal 38a in der Gondel 28, 33 voneinander getrennt, Fig. 3. In den Sammelkanal 38a münden sie auf Höhe eines von der Mulde 37 entfernten Schnitts durch die Gondel.

Daraus, dass zusätzlich Wände im unabhängigen Anspruch erwähnt sind, die in einer spezifischen Schnittansicht der Gondel in Fig. 3 des Patents in bestimmter Gestalt gezeigt sind, folgt nicht, dass die beanspruchten Wände auf plattenartige oder aufeinander senkrecht stehende Wände beschränkt, und zwischen Kanalbohrungen 39 bestehen bleibende Wände wie in D1 ausgeschlossen sind. Wie bereits erwähnt, zeigt das Patent ebenfalls nicht, wie die Wände am Übergang zu den Stegen genau aussehen sollen.

5.4 Durch das zusätzliche Merkmal "vollständig" ist Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 auf eine Einlegevorrichtung mit Saugluftkanälen beschränkt, die durch undurchlässige Wände voneinander getrennt sind und "jeweils vollständig getrennt in der Gondel verlaufen". Für ein dem Wortlaut dieser Formulierung widersprechendes Verständnis dahingehend, dass die Saugluftkanäle jeweils getrennt voneinander vollständig durch die Gondel hindurch verlaufen, gibt es keine Grundlage. Insbesondere schließt die Fachperson das wortlautgemäße Verständnis dieser Formulierung weder deswegen aus, weil es eine Tautologie beinhaltete, noch weil durchlässige Wände vor dem Hintergrund der Beschreibung als technisch unsinnig erschienen. "Vollständig getrennt" wäre nur dann eine Tautologie, wenn Wände grundsätzlich undurchlässig wären. Es gibt aber auch Wände mit Löchern oder Gitterwände. Saugluftkanäle mit solchen durchlässigen Wänden zu versehen, kurz bevor sie in einem Sammelkanal oder einem Saugluftreservoir zusammengeführt werden, scheint der Kammer auch nicht gänzlich technisch undenkbar zu sein, sondern mag Vorteile hinsichtlich einer homogenen Druckverteilung bieten. Eine solche von den höherrangigen Hilfsanträgen umfasste Alternative ist durch Hilfsantrag 4 ausgeschlossen.

Anspruch 1 ist nach wie vor nicht durch die Beschreibung auf Saugluftkanäle beschränkt, die durch die gesamte Gondel getrennt voneinander verlaufen müssen. Auch aus den Fig. 2, 3 des Patents kann nicht mit Bestimmtheit geschlossen werden, wie weit die Wände nach dem Schnitt A-A tatsächlich reichen und ob sie nicht vielleicht auf Höhe des gelochten Flansches enden, wodurch im Ende des Rohrstutzens ein Sammelkanal ausgebildet wäre.

6. Hilfsanträge 5 und 7 - unzulässige Erweiterung

6.1 In Punkt 7.1 ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK hat die Kammer zu Änderungen in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 die folgende vorläufige Ansicht vertreten, die nach Punkt 9 der Mitteilung auch für entsprechende Änderungen in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 gelten würde.

"Die beanspruchte Ausbildung der Saugluftöffnungen in der Form von Langlöchern scheint lediglich in Fig. 2 der Anmeldung gezeigt, in der die Langlöcher entlang der Längserstreckung der Mulde angeordnet sind, nicht z.B. quer oder schräg hierzu. Selbst wenn die Größe von Saugluftöffnungen, die Länge der sie trennenden Stege und damit möglicherweise die Zahl der Langlöcher als an die Gegebenheiten anpassbar offenbart wäre (Absätze [0026], [0027] der Anmeldung), scheint das Fehlen ihrer ursprünglich offenbarten Ausrichtung trotzdem zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung in Anspruch 1 von Hilfsantrag 5 zu führen, Artikel 123(2) EPÜ."

6.2 Da in der mündlichen Verhandlung beide Parteien diesbezüglich auf ihr schriftliches Vorbringen verwiesen haben, bestätigt die Kammer nach erneuter Prüfung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 5 und 7 aufgrund der Aufnahme des Merkmals "als Langlöcher ausgebildet" entgegen der Maßgaben des Artikels 123(2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung hinausgeht.

7. Hilfsantrag 6 - erfinderische Tätigkeit

7.1 Anspruch 1 des von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Hilfsantrags 6 ist auf eine Strangmaschine gerichtet, weshalb unstreitig nicht mehr D1, sondern D3 den nächsten Stand der Technik offenbart.

7.2 In der Einlegevorrichtung 24 nach D3 ist anders als in D1 nicht unmittelbar und eindeutig ein sich zwischen den einzelnen Saugluftöffnungen ("suction ports") 71 und ihrem gemeinsamem Saugluftkanal ("channel") 72 erstreckender, individueller Saugluftkanal für jede der Saugluftöffnungen offenbart, Spalte 4, Zeilen 43 - 45, Fig. 5. Die "ports" 71 liegen näher an dem gemeinsamen Saugluftkanal 72 und auch die gewählte Terminologie weist nicht auf das Vorhandensein von Saugluftkanälen hin. Wenn nicht sicher wäre, ob eine Fachperson hier Kanäle ausmacht oder nicht, führte das jedenfalls weder dazu, dass sowohl Kanäle, als auch keine Kanäle unmittelbar und eindeutig offenbart, noch dazu, dass von den Saugluftöffnungen abgehende Saugluftkanäle eindeutig ein naheliegendes Merkmal der Gondeln 49 nach D3 wären.

7.3 Vielmehr muss nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz ausgehend von den Informationen im Patent die objektiv zu lösende Aufgabe bestimmt werden. Nach ständiger Rechtssprechung kann dabei allerdings eine dort geltend gemachte technische Wirkung nicht berücksichtigt werden, wenn nicht glaubhaft ist, dass sich das versprochene Ergebnis im gesamten Schutzbereich des unabhängigen Anspruchs erzielen lässt, siehe RSdBK, 10. Auflage I.D.4.1.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin ist dies keine reine Frage der Ausführbarkeit.

Die Kammer ist vorliegend nicht überzeugt, dass von Anspruch 1 umfasste, beliebig kurze Saugluftkanäle, beispielsweise wie in D1 gezeigt, einen pneumatischen Kurzschluss bei frei liegenden Saugluftöffnungen und in der Folge ein Abfallen von aus ihrer korrekten Einlegeposition in der Mulde verschobenen Artikeln verhindern, sondern allenfalls etwas verzögern. Damit ist aber die in Absatz [0009] des Patents angegebene Ausgabe einer Erhöhung der Prozesssicherheit nicht gelöst, denn dafür kommt es nicht darauf an, ob Artikel früher oder später abfallen, sondern ob sie zuverlässig und präzise übergeben werden.

7.4 Ohne funktionale und/oder strukturelle Einschränkung auf Saugluftkanäle, die diese Aufgabe zu lösen vermögen, siehe beispielsweise Absatz [0019] des Patents, ist das mitbeanspruchte Vorsehen von die Saugluftöffnungen jeweils nur etwas verlängernden Saugluftkanälen lediglich eine konstruktive Maßnahme bei der Gestaltung der Gondel, die von der jeweiligen Distanz zwischen Mulde und Sammelkanal in der Gondel abhängt. Würde die Einlegevorrichtung 24 nach D3 in einer Strangmaschine mit weiter von ihr beabstandeten Zuliefertrommel 23 und Formatband eingesetzt, könnten in naheliegender Weise die in Fig. 5 bereits anscheinend als auswechselbar dargestellten vorderen Gondelbereiche durch weiter auskragende ersetzt werden, deren Mulden 49A weiter vom Sammelkanal 71 beanstandet wären, so dass sich dazwischen einzelne Saugluftkanäle erstrecken würden. Eine derartige Änderung scheint der Kammer auch hinsichtlich einer gegebenenfalls dadurch erforderlichen Anpassung des Unterdruckniveaus und der Antriebsleistung für die Einlegevorrichtung 43 mit keinen Schwierigkeiten für eine Fachperson verbunden zu sein, zumal diese nach Dafürhalten der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin andererseits ohne weiteres imstande ist, Saugluftkanäle unter Berücksichtigung solcher Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass ein pneumatischer Kurzschluss verhindert wird.

7.5 Zusammenfassend würde daher eine Fachperson den Gegenstand des Anspruchs 1 erhalten, wenn sie naheliegende konstruktive Anpassungen der Einlegevorrichtung nach D3 an andere örtliche Gegebenheiten und/oder andere Komponenten einer Strangmaschine als die in D3 gezeigten vornehmen müsste.

Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 ausgehend von D3 und unter Berücksichtigung von Fachwissen nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

8. Hilfsantrag 8 - erfinderische Tätigkeit

8.1 Wie eingangs in Punkt 2.1 erwähnt und von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin am Ende des ersten Absatzes auf Seite 3 ihrer Replik vom 2. Oktober 2023 bestätigt, müssen für die Lösung der in Absatz [0009] des Patents angegebenen Aufgabe die Saugluftkanäle eine gewisse Länge haben und/oder mit einem Ventil abschließbar sein, was wiederum bereits eine gewisse Länge vorauszusetzen scheint. Die zweite Möglichkeit kommt in dem Anspruch 1 hinzugefügten Merkmal zum Ausdruck, wonach jede Saugluftöffnung einer Gondel einzeln schaltbar ist.

8.2 In Punkt 10.2 ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK hat die Kammer zu diesem Merkmal bzw. der dadurch begründeten erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 die folgende vorläufige Auffassung vertreten.

"Somit scheinen mit der Strangmaschine nach Anspruch 1 die technischen Wirkungen des Absatzes [0011] und damit eine hohe Prozesssicherheit erreichbar. Selbst wenn die Aufgabe wie in D7 Anpassung an unterschiedliche Arbeitsgeschwindigkeiten lauten würde, scheint das Vorsehen von einzeln schaltbaren Strömungsöffnungen, also von Ventilen, bei der Strangmaschine nach D3 nicht ohne weiteres möglich zu sein. Daraus, dass solche aus D7 bekannt sind (Spalte 4, Zeilen 43 - 57, Fig. 4), folgt nicht unmittelbar, dass der Fachmann sie in naheliegender Weise bei einer Strangmaschine nach D3 vorsehen könnte und würde.

Daher scheint der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 ausgehend von D3 auf erfinderischer Tätigkeit zu beruhen."

8.3 Da die Beschwerdeführerin-Einsprechende dieser vorläufigen Auffassung weder schriftlich, noch in der mündlichen Verhandlung entgegen getreten ist, bestätigt die Kammer nach erneuter Prüfung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 im Lichte des zitierten Stands der Technik auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

9. Hilfsantrag 8 - Beschreibung

Unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin während der mündlichen Verhandlung eingereichten Änderungen genügt die Beschreibung den Erfordernissen des Artikel 84 und der Regel 42(1)c) EPÜ.

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende erhebt dagegen keine Einwände.

10. Ergebnis

Da der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 - 4, wie von der Einspruchsabteilung festgestellt, nicht neu ist, und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung hinausgeht, bleibt der Beschwerde der Patentinhaberin gegen die Zurückweisung dieser Anträge und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung des Hilfsantrags 6 der Erfolg verwehrt.

Die Einsprechende wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen letztlich erfolgreich gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung, der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Folglich ist die entsprechende Entscheidung der Einspruchsabteilung auf Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung des Hilfsantrags 6 aufzuheben.

Da Hilfsantrag 7 unter dem gleichen Mangel leidet wie Hilfsantrag 5, das Patent aber unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin in Hilfsantrag 8 vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des EPÜ, insbesondere dem der erfinderischen Tätigkeit, genügt, kann es in geänderter Fassung dieses Hilfsantrags 8 aufrechterhalten werden, Artikel 101(3)a) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Absätze 1, 9 bis 11, 32, 36, 43 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht

Absätze 3 bis 8, 12 bis 19, 21 bis 31, 33 bis 35, 37 bis 40, 42 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 4. Juli 2025 eingereicht

Absätze 2, 20 und 41 wurden gestrichen

Ansprüche:

Nr. 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 8, eingereicht mit Schreiben vom 24. Mai 2023

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 4 der Patentschrift

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