T 0220/23 () of 25.7.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T022023.20240725
Datum der Entscheidung: 25 Juli 2024
Aktenzeichen: T 0220/23
Anmeldenummer: 10757759.5
IPC-Klasse: B41M 7/00
B44C 5/04
B41M 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines digitalbedruckten Werkstückes
Name des Anmelders: Hymmen GmbH Maschinen- und Anlagenbau
Name des Einsprechenden: Flooring Technologies Ltd.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 100(b)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 015(1)
Schlagwörter: Erteiltes Patent - Ausführbarkeit (ja)
Erteiltes Patent - Neuheit (ja)
Erteiltes Patent - Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0197/10
T 2221/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 480 416 zurückzuweisen.

II. Der Einspruch war gegen das Patent in vollem Umfang eingelegt und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ (fehlende Neuheit) und Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ gestützt worden.

III. Am 14. Juni 2024 erging eine Mitteilung der Kammer nach Artikel 15 (1) VOBK.

IV. Am 25. Juli 2024 fand antragsgemäß eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Folgende Anträge liegen dieser Entscheidung der Beschwerdekammer zugrunde:

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Weiterhin beantragte sie, die Hilfsanträge 1 bis 5 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, d.h. das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung gemäß einem der Anspruchssätze der Hilfsanträge 1 bis 5, alle eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.

VI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 des erteilten Patents lautet wie folgt (die von der Einspruchsabteilung verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):

"[1.1] Verfahren zur Herstellung eines digitalbedruckten flächigen, bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstückes (3, 20) mit abriebsfester [sic] Oberfläche, mit den folgenden Schritten:

[1.2] A) Bereitstellen eines digitalen Datensatzes für ein Dekorbild für eine digitale Druckvorrichtung (1);

[1.3] B) Zuführen eines bedruckbaren Werkstückes (3, 20) zu der Druckvorrichtung (1);

[1.4] C) Digitales Bedrucken mittels der Druckvorrichtung (1) unter Verwendung mindestens einer lösungsmittelbasierten Druckfarbe (6);

[1.5] D) Reduzieren des Lösemittelgehaltes auf eine Restfeuchte im Werkstück (3, 20);

[1.6] E) Imprägnieren des bedruckten Werkstückes (3, 20) mit einem Harzgemisch (19); und

[1.7] F) Aushärten des Harzgemisches (19) mittels einer Heizpresse (14, 15), [1.8] wobei das digitale Bedrucken in Schritt C) unter Verwendung mindestens einer lösungsmittelbasierten Druckfarbe (6) mit einem Gewichtsanteil von Lösemittel 40 - 99%, vorzugsweise 65 - 92 %, erfolgt [1.9] und die lösungsmittelbasierte Druckfarbe (6) eine pigmentierte Druckfarbe ist."

Der Wortlaut des abhängigen Anspruchs 4 des erteilten Patents lautet wie folgt:

"4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Reduzieren des Lösemittelgehaltes auf eine Restfeuchte im Werkstück (3, 20) von weniger als 4 %, vorzugsweise weniger als 1,5 % erfolgt."

VII. In dieser Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D2: DE 10 2006 022 774 B3;

D3: JP 2005238035 A;

D3a: Englische Maschinenübersetzung des Dokuments D3;

D5: US 2004/0086678 A1;

D6: DE 10 2006 007 976 B4;

D7: EP 2 042 344 A2;

D8: DE 10 2007 049 784 A1 und

D11: DE 10 2004 033 237 A1.

Im Folgenden wird für den Inhalt des Dokuments D3 das Dokument D3a herangezogen.

VIII. Die Beteiligten haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Erteiltes Patent: Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ - Ausführbarkeit

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)

Zur Auslegung des Anspruchswortlauts sei Folgendes festzustellen: Vom Umfang des Anspruchs 1 seien eine Vielzahl von Materialien umfasst. Neben saugfähigen Materialien wie Dekorpapier (siehe Patent, Absatz [0020]) oder Holzwerkstoffplatten (siehe Patent, Absatz [0030]) könne das bedruckbare Werkstück aus jeder Art von bedruckbaren Materialien ausgewählt sein, beispielsweise auch Kunststoffe oder Dekorpapiere mit einer Melaminharzimprägnierung, die per se nicht saugfähig seien (siehe Patent, Absätze [0049] und [0050]). Ferner definiere Anspruch 1 nicht die Art des Lösemittels, so dass jegliche Lösemittel, egal ob wässrige, nicht wässrige oder organische Lösungsmittel, unter den Begriff "Lösemittel" des Anspruchs 1 fallen. Die Art des Lösungsmittels werde erst in der Beschreibung definiert (siehe Patent, Absatz [0010]). Unter dem Begriff "Restfeuchte im Werkstück" gemäß dem Merkmal 1.5 verstehe der Fachmann typischerweise den Wassergehalt in einem Werkstück, wie z.B. in einer Holzwerkstoffplatte, nicht jedoch den Gehalt eines organischen Lösungsmittels.

Unter diesen Auslegungsgesichtspunkten sei das Merkmal 1.5 des erteilten Anspruchs 1 und der Anspruch 4 nicht ausführbar.

In bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstücken, die nicht saugfähig sind, könne keine definierte Restfeuchte eingestellt werden, so dass die in Anspruch 1 definierte Erfindung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar sei (Merkmal 1.5). Des Weiteren sei das Merkmal der Reduzierung "auf eine Restfeuchte im Werkstück" auch für ein saugfähiges Werkstück, beispielsweise Dekorpapier, nicht ausführbar, da die Restfeuchte im Papier als Werkstück nicht reduziert werden könne, sondern nur der Lösemittelgehalt der Druckfarbe auf dem Werkstück. Zum anderen sei eine in einem Werkstück verbleibende Restfeuchte eines organischen Lösungsmittels dem Fachmann nicht bekannt. Siehe hierzu die Entscheidungen T 2221/10 und T 197/10 in Bezug auf die Verwendung völlig unüblicher Definitionen für Fachbegriffe. Auch gehe aus der Beschreibung des Patentes weder hervor, was genau unter der Restfeuchte eines organischen Lösungsmittels in einem Werkstück zu verstehen sei, noch wie die Restfeuchte eines organischen Lösungsmittels in einem Werkstück bestimmt werden könne.

Zudem führten die Tintenformulierungen des erteilten Anspruchs 1 gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.9 nicht zu maschinenfähigen / druckfähigen Tinten.

Anspruch 4 sei ferner nicht ausführbar, da dieser nicht die hierfür erforderlichen technischen Merkmale offenbare, sondern lediglich auf das Ergebnis, die Restfeuchte im Werkstück, abziele.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Das Merkmal "bahnförmiges oder plattenförmiges Werkstück" sei durch verschiedene Ausführungsbeispiele gestützt und daher für den Fachmann verständlich. Der Begriff "lösungsmittelbasierte Druckfarbe" sei im Absatz [0010] des Patents definiert. Bevorzugte Lösungsmittel würden im Absatz [0015] des Patents genannt. Absatz [0054] des Patents nenne konkret Ethylalkohol als mögliches Lösungsmittel. Der Begriff "Restfeuchte" werde in Verbindung mit dem Lösemittelgehalt offenbart. Dies ergebe sich auch aus Absatz [0011] des Patents, wonach die definierte Restfeuchte einen maximalen Gehalt an Lösungsmittel beschreibe.

Die Ausführbarkeit der Merkmale 1.5 und 1.8 sowie des Anspruchs 4 sei in Anbetracht der obigen Ausführungen gegeben.

Im Zusammenhang mit dem Merkmal 1.5 sei insbesondere zu erwähnen, dass es sich bei den im Patent verwendeten Materialien um saugfähige Materialien handele (siehe Patent, Absatz [0020]). Die im Absatz [0050] des Patents aufgeführten Kunststoffwerkstoffe und die im Absatz [0049] des Patents erwähnten Dekorpapiere mit einer Melaminharzimprägnierung würden nur insoweit unter den Gegenstand des Anspruchs 1 fallen, als Lösungsmittel in diese Werkstoffe eindringen könne. Andernfalls wäre das Merkmal 1.5 nicht erfüllt. Somit ließe sich bei solchen Werkstücken der Lösemittelgehalt im Werkstück feststellen. Absatz [0011] des Patents nenne mehrere Beispiele, wie der Restfeuchtegehalt im Werkstück reduziert werden könne, darunter ein Heißluftgebläse.

In Bezug auf die Merkmale 1.8 und 1.9 seien die Absätze [0053] bis [0055] des Patents erwähnt, in denen konkrete Rezepturen für die Druckfarben offenbart seien. Die Druckfarbe enthalte Pigmente in einem Gewichtsanteil von 0,4 bis 25% und als Hauptbestandteil in einem Gewichtsanteil von 40 bis 99% ein Lösungsmittel, vorzugsweise ein organisches Lösemittel, beispielsweise Ethylalkohol. Weitere Bestandteile könnten Dispersionsmittel und andere Additive sein, die die Viskosität, Temperaturstabilität, Haltbarkeit, den pH-Wert oder die elektrische Leitfähigkeit verbesserten. Der Fachmann werde bei Bedarf geeignete Zusatzstoffe auswählen.

Zum Anspruch 4 sei auf Absatz [0011] des Patents verwiesen, in dem für den Verfahrensschritt des Reduzierens der Restfeuchte als konkretes Ausführungsbeispiel ein Trockner genannt sei. Geeignete Messverfahren, wie eine Differenzwiegung, seien dem Fachmann bekannt.

b) Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument D2 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ)

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)

Die in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK von der Kammer zu Grunde gelegte Auslegung des Begriffs "lösungsmittelbasierte Druckfarbe" werde nicht kommentiert.

Da sich bis zu einem gewissen Grad eine Verdunstung des Lösemittels nicht vermeiden lasse, liege das Merkmal 1.5 im Dokument D2 inhärent vor.

Dem Fachmann sei allgemein bekannt, wie dies auch aus Absatz [0003] des Patents hervorgehe, dass er beispielsweise strahlenverhärtende acrylathaltige Druckfarben nicht einsetzen könne, wenn eine anschließende Imprägnierung mit wässrigen Melaminharzen vorgesehen sei. Gemäß Absatz [0030] des Dokuments D2 erfolge dort ebenfalls eine Melaminharzbeschichtung und eine Verpressung in einer Kurztaktpresse. Diese Verfahrensschritte seien nur möglich, wenn es sich bei der im Dokument D2 erwähnten serientauglichen Druckfarbe um eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe handle. Ferner offenbare Absatz [0017] des Dokuments D2 als Bestandteile der Druckfarbe Bindemittel, Lösungsmittel und Pigmente. Das Merkmal 1.4 sei daher implizit im Dokument D2 offenbart.

Da alle konventionellen Druckfarben einen Gewichtsanteil von Lösemittel im Bereich von 40 bis 99% aufwiesen, würde der Fachmann das Merkmal 1.8 im Dokument D2 einfach mitlesen.

Die anderen Merkmale seien unbestritten vom Dokument D2 vorweggenommen. Somit sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument D2 nicht neu.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Der erteilte Anspruch 1 sei gegenüber dem Dokument D2 neu, da die Merkmale 1.4, 1.5 und 1.8 im Dokument D2 nicht offenbart seien. Aus dem im Absatz [0017] des Dokuments D2 verwendeten Begriff "Lösemittel" gehe nicht hervor, dass es sich um eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe handle. Das Dokument D2 erwähne lediglich eine serientaugliche Druckfarbe. Das Merkmal 1.4 und insbesondere der Gewichtsanteil von Lösemittel gemäß Merkmal 1.8 seien daher nicht unmittelbar und eindeutig im Dokument D2 offenbart. Auch das Merkmal 1.5 sei nicht vom Dokument D2 vorweggenommen. I.d.R. werde der Lösemittelgehalt durch einen Trockner oder ein Heißluftgebläse reduziert. Gemäß Absatz [0031] des Patents könne dies auch durch einen Trocknungsprozess erfolgen, was eine gewisse Verweildauer des Werkstückes impliziere. Keine dieser Maßnahmen sei im Dokument D2 offenbart.

c) Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ) - ausgehend vom Dokument D2

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)

Die technische Wirkung der Merkmale 1.4 und 1.8 sei in den Absätzen [0013] bis [0016] des Patents genannt. Absätze [0003] und [0014] des Patents beschäftigten sich mit der anschließenden Imprägnierung. Dies werde ebenfalls im Absatz [0030] des Dokuments D2 erwähnt. Die objektive technische Aufgabe bestehe daher in der Auswahl einer geeigneten Druckfarbe, um ein störungsfreies Drucken, ohne Zusetzen der Düsen, und eine nachfolgende Imprägnierung zu ermöglichen.

Ausgehend vom Dokument D2 sei die beanspruchte Lösung nahegelegt. Es fehle lediglich die Zusammensetzung der Druckfarbe. Das Dokument D2 spreche im Absatz [0030] bereits von serientauglichen Druckfarben. Die Zusammensetzung derartiger Druckfarben hätte der Fachmann im Dokument D3 gefunden. Das Dokument D3 stamme aus dem gleichen Gebiet. Es befasse sich ebenso wie das Dokument D2 mit dem digitalen Bedrucken von bahnförmigen Werkstücken und deren Qualität (siehe Dokument D3a, Absätze [0001] und [0007]). In beiden Dokumenten werde nach dem Bedrucken und Trocknen eine Schutzschicht aus Melaminharz aufgetragen (siehe Dokument D2, Absatz [0030] und Dokument D3a, Absätze [0041] und [0042]). Im Zusammenhang mit der lösungsmittelbasierten Druckfarbe werde in Absatz [0034] des Dokuments D3a das schnelle Verdunsten thematisiert. Aus diesen Gründen hätte der Fachmann das Dokument D3 herangezogen.

Absätze [0034] und [0035] des Dokuments D3a offenbarten eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe gemäß den Merkmalen 1.4 und 1.8, so dass der Fachmann zum beanspruchten Gegenstand gelangt wäre.

Das Argument der Beschwerdegegnerin bezüglich einer im Dokument D3 angeblich vorhandenen Sperrschicht überzeuge nicht, da erstens im Patent eine Grundierung nicht ausgeschlossen sei und diese im Absatz [0049] des Patents sogar explizit erwähnt werde. Zweitens würden gemäß Absatz [0050] des Patents auch Kunststoff­werkstoffe bedruckt, bei denen per se kein Lösungsmittel in das Werkstück hinein transportiert werde. Drittens offenbare das Dokument D3 nicht, dass es sich bei der Grundierung um eine Sperrschicht handle. Es sei nicht ausgeschlossen, dass trotzdem Lösungsmittel in das Werkstück hinein transportiert werde.

Die Lösung der oben formulierten objektiven technischen Aufgabe sei auch durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt. Dabei hätte der Fachmann nach Möglichkeiten gesucht, die Eigenschaften der Druckfarbe so einzustellen bzw. zu optimieren, dass diese zum Einsatz in Digitaldruckern für das Bedrucken von Dekorpapieren bzw. Holzwerkstoffen geeignet sei und typischen nachfolgenden Verarbeitungsschritten standhalte. Digitaldrucker, wie Tintenstrahldrucker und Inkjet-Drucker, seien seit den 1980er Jahren in Gebrauch und geeignete Tinten bzw. Druckfarben entwickelt. Farbpigmente müssten sich entweder darin lösen oder darin dispergieren lassen. Dementsprechend müssten die Druckfarben einen hohen Anteil an Lösemitteln aufweisen. Der Lösemittelanteil von 40 bis 99 Gew.-%, wie vom erteilten Anspruch 1 gefordert, liege im zum Zeitpunkt des Prioritätstages des Streitpatents üblichen Bereich. Der Fachmann hätte also lediglich eine konventionelle Druckfarbe auswählen und sie in dem Verfahren gemäß dem Dokument D2 einsetzen müssen. Der Fachmann wisse darüber hinaus, dass die in den Druckfarben verwendeten Pigmente, wie z.B. rote Pigmente oder gelbe Pigmente, organische Moleküle (z.B. Chinacridon-Pigmente, Azopigmente) seien, die schwer bis gar nicht in Wasser löslich seien, sondern vielmehr in organischen Lösemitteln gelöst bzw. von den organischen Lösemitteln benetzt würden. Daher hätte zumindest ein bestimmter Anteil eines organischen Lösemittels in der Druckertinte enthalten sein müssen. Für das allgemeine Fachwissen werde auch auf die Dokumente D2 und D11 verwiesen.

Die objektive technische Aufgabe könne ausgehend vom Dokument D2 auch durch die Kombination mit der Lehre des Dokuments D11 gelöst werden. Das Dokument D11 beschreibe ein Verfahren zur Herstellung von Dekorlaminaten und eine dafür geeignete Druckfarbe. Im Absatz [0018] des Dokuments D11 werde auf die Verwendung von wässrigen alkoholischen Lösungsmittelgemischen verwiesen, die 50 bis 80 Gew.-% einer Tiefdruckfarbe ausmachen könnten. Da der erteilte Anspruch 1 das Lösemittel nicht konkret benenne, fielen somit die im Dokument D11 genannten wässrigen alkoholischen Lösungsmittelgemische in den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1. Aus dem Dokument D2 habe der Fachmann gewusst, dass sich Druckfarben aus dem Tiefdruck auch für den Digitaldruck eigneten. Bei der Kombination der Lehren der Dokumente D2 und D11 handele es sich entgegen der Feststellung der Einspruchsabteilung nicht um eine rückschauende Betrachtungsweise, denn das Dokument D2 offenbare in den Absätzen [0011] und [0017] und in den Ansprüchen 1 und 2, dass für das Bedrucken von Holzwerkstoffplatten für den Inkjet-Druck und den Tiefdruck identische Druckflüssigkeiten verwendet würden.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Die speziellen Vorteile von lösungsmittelbasierten Druckfarben im Zusammenhang mit einer abschließenden Imprägnierung seien den Absätzen [0013] bis [0016] und insbesondere den Absätzen [0019] und [0020] des Patents zu entnehmen. Durch den hohen Anteil an Lösungsmittel könne die Ausbildung einer Sperrschicht aus polymerisierten Acrylaten besonders vorteilhaft verhindert werden, da das Lösungsmittel die Druckfarbstoffe auf der Oberfläche verteile und auch in das Werkstück hinein transportiere (siehe Patent, Absatz [0019], Figuren 5 bis 8). Dies wirke sich positiv auf die Qualität des Werkstückes aus. Die daraus resultierende objektive technische Aufgabe sei im Absatz [0006] des Patents formuliert und bestehe darin, ein Verfahren zur Herstellung eines digitalbedruckten flächigen, bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstücks mit widerstandsfähiger Oberfläche zu schaffen, welches einen digitalen Dekordruck mit hoher Qualität gewährleistet.

Da im Dokument D3 im Gegensatz zum Dokument D2 eine Grundierung verwendet würde (siehe Dokument D3a, Absatz [0030]), hätte der Fachmann ausgehend vom Dokument D2 das Dokument D3 nicht in Betracht gezogen.

Selbst wenn er das Dokument D3 berücksichtigt hätte und die lösungsmittelbasierten Druckfarben gemäß den Absätzen [0034] und [0035] des Dokuments D3a gezielt ausgewählt hätte, wäre der Fachmann nicht zur beanspruchten Lösung gelangt.

Im Dokument D3 werde nämlich im Zusammenhang mit den lösungsmittelbasierten Druckfarben als wesentliches Merkmal eine Grundierung aufgetragen, die gemäß Absatz [0030] des Dokuments D3a eine Wechselwirkung mit der Druckfarbe habe. Hätte der Fachmann die Lehre des Dokuments D2 mit der des Dokuments D3 kombiniert, so hätte er sowohl die Grundierung als auch die Druckfarbe übernommen. Nach der Grundierung, die eine Sperrschicht bilde, könne im Prinzip jedes Material bedruckt werden (siehe Dokument D3a, Absätze [0010] und [0012]). Dies hätte aber nicht zum beanspruchten Gegenstand geführt, denn das Merkmal 1.5 sei in diesem Fall nicht realisiert. Das Merkmal 1.5 beschränke das Verfahren dahingehend, dass, damit der Lösemittelgehalt auf eine Restfeuchte im Werkstück reduziert wird, die lösungsmittelhaltige Druckfarbe im Werkstück vorhanden sein müsse. Dieses Merkmal schließe nicht saugfähige Werkstücke und Werkstücke, auf denen eine Sperrschicht ausgebildet werde, aus (siehe Patent, Absatz [0019]). Die alternative Ausführungsform mit einer Grundierung im Absatz [0049] des Patents und die Kunststoffwerkstoffe gemäß Absatz [0050] des Patents stünden hierzu nicht im Widerspruch, da diese Werkstücke nur insoweit unter den beanspruchten Gegenstand fielen, als Lösungsmittel in das Werkstück hinein transportiert werde.

Daher sei der Gegenstand ausgehend vom Dokument D2 in Kombination mit dem Dokument D3 nicht nahegelegt.

Ferner sei der Gegenstand auch nicht nahegelegt ausgehend vom Dokument D2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen. Das Dokument D2 erwähne zwar im Absatz [0030] den Einsatz einer serientauglichen Druckfarbe. Es sei auch allgemein bekannt, dass es verschiedene Arten von Druckfarben gebe, aber das Gebiet der Druckfarben sei sehr breit und nicht so trivial, dass man nur aus drei verschiedenen Arten auswählen müsse. Oft würden acrylathaltige Druckfarben bevorzugt. Die Beschwerdeführerin habe keinen Nachweis für das allgemeine Fachwissen vorgelegt.

Auch eine Kombination der Dokumente D2 und D11 hätte nicht zum beanspruchten Gegenstand geführt, da gemäß Absatz [0018] des Dokuments D11 bei dem Lösungsmittel der eingesetzten Tiefdruckfarben Wasser oder ein überwiegend wässriges Lösungsmittelgemisch bevorzugt werde.

d) Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ) - ausgehend vom Dokument D7

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)

Im Verfahren des Dokuments D7 erfolge das Bedrucken der Fasermaterial- oder Papierbahn bevorzugt in einer Digitaldruckeinrichtung (siehe Dokument D7, Absätze [0022] bis [0023]) (Merkmale 1.1 bis 1.3). Diese Tinte müsse per se Farbpigmente enthalten, was nicht nur einem Fachmann, sondern jeder Person, die einen Digitaldrucker bediene, bekannt sei (Merkmal 1.9). Das Trocknen der bedruckten Bahn erfolge mittels Luft, UV-Strahlung oder NIR Trocknung (siehe Dokument D7, Absatz [0025]), so dass implizit Restfeuchte im Werkstück vorhanden sein müsse (Merkmal 1.5). Eine abschließende Beschichtung mit einem Melaminharz und dessen Aushärtung sei im Absatz [0027] des Dokuments D7 offenbart (Merkmale 1.6 und 1.7). Somit unterscheide sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D7 in den Merkmalen 1.4 und 1.8.

Es gelte die gleiche Argumentation wie ausgehend vom Dokument D2. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei daher ausgehend vom Dokument D7 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder in Kombination mit dem Dokument D3 nicht erfinderisch.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Das Dokument D7 enthalte keine Informationen zur Druckfarbe und offenbare somit nicht die Merkmale 1.4, 1.8 und 1.9. Die objektive technische Aufgabe sei die gleiche wie ausgehend vom Dokument D2. Eine Kombination des Dokuments D7 mit dem allgemeinen Fachwissen oder dem Dokument D3 hätte ebenfalls und aus den gleichen Gründen wie ausgehend vom Dokument D2 nicht zu dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geführt.

e) Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ) - ausgehend von einem der Dokumente D5, D6 oder D8

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)

Das Dokument D5 beschreibe eine oberflächen­beschichtete Trägerplatte und offenbare bereits eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe, die unter Verwendung von IR-Lampen getrocknet und gehärtet werde (siehe Dokument D5, Absatz [0044]). Die im Dokument D5 vorhandene Grundierung sei nicht als Sperrschicht offenbart, sondern um eine dreidimensionale Struktur einzuprägen (siehe Dokument D5, Absatz [0043]). Die Merkmale 1.1 bis 1.7 seien somit aus dem Dokument D5 bekannt.

Das Dokument D6 betreffe ein Verfahren zur Veredelung einer Bauplatte, beispielsweise einer MDF-Holzwerkstoffplatte. Nach dem Aufbringen einer dreidimensionalen Struktur werde das Dekor durch einen Digitaldruck aufgebracht. Nach dessen Aushärtung, was notwendigerweise mit einem Trockner erfolge, werde eine abriebfeste Schicht aufgetragen (siehe Dokument D6, Absatz [0042]). Die Merkmale 1.1 bis 1.7 seien somit aus dem Dokument D6 bekannt.

Auch das Dokument D8 beschreibe ein Verfahren zum Herstellen einer bedruckbaren Bauplatte mit einem Grundkörper. In einer Ausführungsform werde der Grundkörper mit einer Papierbahn versehen und in einer weiteren Ausführungsform werde auf den Grundkörper eine Materialschicht aufgebracht. Entweder die Papierbahn oder die ausgehärtete Materialschicht 16 würden in einem Tintenstrahlverfahren bedruckt (siehe Dokument D8, Absatz [0017]). Zum Tintenstrahldrucken könne eine an sich bekannte lösungsmittelbasierte Druckfarbe verwendet werden (siehe Dokument D8, Absatz [0018]). Die Merkmale 1.1 bis 1.7 seien somit auch aus dem Dokument D8 bekannt.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich von den Dokumenten D5, D6 und D8 jeweils nur in den Merkmalen 1.8 und 1.9. Der Fachmann hätte nur noch die genaue Farbzusammensetzung suchen müssen. Diese hätte er aus den bereits im Rahmen des Einwands ausgehend von Dokument D2 dargelegten Gründen im Dokument D3 oder im Dokument D11 gefunden.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Bei dem Verfahren des Dokuments D5 werde zunächst eine Grundierungsschicht aufgetragen, die dann bedruckt und mit einer Schutzschicht überzogen werde. Merkmal 1.5 sei daher im Dokument D5 nicht offenbart. Zwar könne gemäß Absatz [0044] des Dokuments D5 ein digitaler Drucker eingesetzt werden, allerdings sei auch hier keine Drucktinte offenbart, die einen Lösemittelanteil von 40 bis 99% aufweist und Pigmente enthält. Es würden lediglich unterschiedliche Drucktinten, insbesondere UV-aushärtbare Drucktinten, offenbart. Folglich unterscheide sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D5 zusätzlich in den Merkmalen 1.4 , 1.8 und 1.9.

Das Dokument D6 offenbare ein Verfahren zur Veredelung einer Bauplatte, bei dem Holzwerkstoffplatten eingesetzt werden. Details zum Bedrucken würden nicht offenbart.

Auch im Dokument D8 sei die Drucktinte nicht spezifiziert, und es werde auf den Träger eine Grundierung aufgebracht, weshalb kein Lösungsmittel in das Werkstück diffundiere (Dokument D8, Absatz [0016]). Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich daher vom Dokument D8 in den Merkmalen 1.5, 1.8 und 1.9.

Eine Kombination dieser Dokumente mit einem der Dokumente D3 oder D11 hätte aus den bereits im Zusammenhang mit dem Dokument D2 dargelegten Gründen nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geführt.

Entscheidungsgründe

1. Erteiltes Patent: Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ - Ausführbarkeit

1.1 Der Einwand mangelnder Ausführbarkeit der Beschwerdeführerin wird damit begründet, dass in bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstücken, die nicht saugfähig sind, keine definierte Restfeuchte eingestellt werden könne, so dass die in Anspruch 1 definierte Erfindung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar sei (Merkmal 1.5). Des Weiteren sei das Merkmal der Reduzierung "auf eine Restfeuchte im Werkstück" auch für ein saugfähiges Werkstück, beispielsweise Dekorpapier, nicht ausführbar, da die Restfeuchte im Papier als Werkstück nicht reduziert werden könne, sondern nur der Lösemittelgehalt der Druckfarbe auf dem Werkstück. Zudem bemängelt die Beschwerdeführerin, dass die Tintenformulierungen des erteilten Anspruchs 1 gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.9 nicht zu maschinenfähigen / druckfähigen Tinten führten. Auch Anspruch 4 sei nicht ausführbar, da dieser nicht die hierfür erforderlichen technischen Merkmale offenbare, sondern lediglich auf das Ergebnis, die Restfeuchte im Werkstück, abziele.

1.2 Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung nicht entgegenstehe (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 2). Die Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen aus folgenden Gründen nicht:

1.2.1 Die Frage, ob eine beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart ist, ist anhand des Gesamtinhalts der Patentanmeldung bzw. des Patents, also unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen, zu beantworten (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, Juli 2022, "Rechtsprechung", II.C.3.1.). Die Offenbarung ist an einen Fachmann gerichtet (siehe Rechtsprechung, II.C.4.1.), der die beanspruchte Erfindung ausführen will und dabei, wie die Beschwerdegegnerin vorträgt, nicht sinnvolle und nicht im Einklang mit der Lehre des Patents stehende Ausführungsformen ausschließen wird.

1.2.2 Im vorliegenden Fall sind sowohl für ein bahnförmiges als auch für ein plattenförmiges Werkstück jeweils Beispiele im Patent genannt. Absatz [0030] des Patents offenbart ein Dekorpapier und eine HDF- oder MDF-Platte. Im Lichte der Gesamtoffenbarung des Patents, vor allem der im Absatz [0001] des Patents aufgeführten Anwendungsbeispiele, wie einer Küchenarbeitsplatte, einer Möbelfront oder eines Laminatfußbodenteils, würde der Fachmann Werkstoffe aus Metall nicht in Erwägung ziehen. Die Kammer stimmt den Aussagen der Beschwerdegegnerin zu, dass nicht-saugfähige Materialien nicht unter den Gegenstand des Anspruchs 1 fallen, da dann Merkmal 1.5 nicht erfüllt ist. Die im Absatz [0050] des Patents erwähnten Kunststoff­werkstoffe und die im Absatz [0049] genannten Dekorpapiere mit einer Melaminharzimprägnierung und dem angegebenen Melaminanteil fallen jedoch unter den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1, sofern nach dem digitalen Bedrucken Lösemittel im Werkstück vorhanden ist.

1.2.3 Gemäß dem Merkmal 1.5 des erteilten Anspruchs 1 wird der Lösemittelgehalt auf eine Restfeuchte im Werkstück reduziert. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass bereits aus dieser Formulierung des Merkmals hervorgeht, dass sich die Restfeuchte auf einen Gehalt des Lösemittels der Druckfarbe im Werkstück bezieht. Dies wird von der Beschreibung gestützt, wo im Absatz [0011] des Patents ebenfalls die definierte Restfeuchte im Werkstück auf den Lösemittelgehalt bezogen wird: "Die definierte Restfeuchte beschreibt dabei einen maximalen Gehalt an Lösungsmittel, welcher im Werkstück verbleibt." Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen T 2221/10 und T 197/10 führen vorliegend zu keinem anderen Ergebnis, da der Begriff "Restfeuchte" im Zusammenhang mit seiner Verwendung im Merkmal 1.5 des erteilten Anspruchs 1 erstens kein unüblicher Fachbegriff ist, zweitens die Beschreibung nicht als "Wörterbuch" herangezogen werden muss und drittens auch keine Diskrepanz zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung vorliegt.

1.2.4 Der von der Beschwerdeführerin konstruierte Unterschied zwischen einer Restfeuchte im oder auf dem Werkstück findet sich so nicht im erteilten Anspruch 1. Das Merkmal 1.5 erwähnt explizit eine Restfeuchte im Werkstück, so dass nur bis zu einem gewissen Grad saugfähige Werkstücke unter den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 fallen, bei denen eine Restfeuchte im Werkstück auftritt. Eine fehlende Ausführbarkeit über den gesamten Bereich beispielsweise für die in den Absätzen [0049] und [0050] des Patents genannten Werkstücke kann die Kammer nicht erkennen.

1.2.5 Insbesondere aufgrund der obigen Ausführungen ist eine Restfeuchte im Werkstück bestimmbar. Hierfür sind dem Fachmann gängige Verfahren, wie beispielsweise die Differenzwiegung, bekannt, so dass auch die in Anspruch 4 definierte Erfindung ausführbar ist. Für das Reduzieren des Lösemittelgehalts werden im Patent mögliche Verfahren offenbart. Gemäß Absatz [0011] des Patents wird die Verdunstung des Lösungsmittels durch Erwärmen des Werkstücks mittels eines Heißluftgebläses beschleunigt.

1.2.6 Bezüglich der Merkmale 1.8 und 1.9, die die lösungsmittelbasierte Druckfarbe dahingehend spezifizieren, dass der Gewichtsanteil von Lösemittel 40 bis 99% beträgt und es eine pigmentierte Druckfarbe ist, erhält der Fachmann nach Auffassung der Kammer insbesondere auch aus den Absätzen [0053] bis [0055] des Patents ausreichend Informationen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern setzt ein erfolgreicher Einwand unzureichender Offenbarung ernsthafte und durch nachprüfbare Tatsachen erhärtete Zweifel voraus (siehe Rechtsprechung, II.C.9.). In der vorliegenden Sache stellt die Beschwerdeführerin selbst fest, dass es für den Fachmann offensichtlich sei, dass eine Zusammensetzung aus 92 bis 99% Ethylalkohol und Farbpigment keine stabile Dispersion bilde. Daher ist es auch offensichtlich, dass der Fachmann entsprechende Zusätze kennt und zugeben würde. Dies ist im Absatz [0055] des Patents offenbart. Da im vorliegenden Anspruch der Lösemittelgehalt der Druckfarbe relevant ist und die anderen möglichen Komponenten dem Fachmann allgemein bekannt bzw. im Patent genannt sind, ist nach Auffassung der Kammer die beanspruchte Erfindung im Patent in dieser Hinsicht ausreichend offenbart.

1.2.7 Die Kammer teilt nicht die Ansicht, dass es für den Fachmann angesichts der Offenbarung im Patent so aufwändig gewesen wäre, die Erfindung umzusetzen, dass er nur mit unzumutbarem Aufwand bzw. durch Versuch und Irrtum eine geeignete lösungsmittelbasierte Druckfarbe gefunden hätte. Es sind über die in den Absätzen [0053] bis [0055] offenbarten Informationen hinaus keine weiteren Ausführungsbeispiele erforderlich, damit der Fachmann die beanspruchte Erfindung ausführen kann.

1.3 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents aus den genannten Gründen nicht entgegen.

2. Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument D2 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ)

2.1 Der Begriff "lösungsmittelbasierte Druckfarbe" im Merkmal 1.4 des erteilten Anspruchs 1 wird von der Kammer in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin und der Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung unter Berücksichtigung der im Absatz [0010] des Patents verwendeten Begriffsdefinition so ausgelegt, dass im Kontext des Streitpatents eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe im Gegensatz zu einer wasserbasierten Druckfarbe als Lösemittel zwar sowohl Wasser als auch andere organische Lösemittel enthalten kann, wobei aber Wasser nicht die Hauptkomponente darstellt (siehe Patent, Absatz [0010]; angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 3.2.1).

2.2 Die Beschwerdeführerin erhob einen Neuheitseinwand gegenüber dem Dokument D2. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Dokument D2 die Merkmale 1.4, 1.5 und 1.8 des erteilten Anspruchs 1 offenbart.

2.3 Die Kammer ist der Auffassung, dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D2 in den Merkmalen 1.4 und 1.8 unterscheidet.

2.4 Im Zusammenhang mit dem Merkmal 1.4 zitiert die Beschwerdeführerin die Absätze [0017] und [0030] des Dokuments D2. Zudem verweist sie auf das allgemeine Fachwissen im Absatz [0003] des Patents. Absatz [0017] des Dokuments D2 spricht zwar allgemein von Lösungsmitteln in der Druckfarbe, offenbart aber nicht, ob es sich um eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe oder um eine wasserbasierte Druckfarbe handelt. Absatz [0017] des Dokuments D2 offenbart lediglich: "Durch eine Anpassung der jeweiligen Bindemittel, Lösungsmittel und Pigmente wird vorteilhafterweise mit beiden Druckverfahren ein hinsichtlich des optischen Erscheinungsbildes im Wesentlichen im wesentliches [sic] identisches Druckergebnis erzielt, mit dem durch den Musterdruck zutreffende Aussagen über den zu erwartenden Seriendruck des jeweiligen Dekors gemacht werden können." Absatz [0030] des Dokuments D2 offenbart außerdem, dass eine serientaugliche Druckfarbe verwendet wird. Wie aus Absatz [0015] des Patents hervorgeht, handelt es sich auch bei wasserbasierten Druckfarben um serientaugliche Druckfarben. Aus dem Absatz [0003] des Patents weiß der Fachmann, dass bei einer anschließenden Melaminharzbeschichtung, wie sie auch im Dokument D2 erfolgt, strahlenverhärtende acrylathaltige Druckfarben nicht möglich sind. Dadurch kann aber kein Rückschluss auf den Einsatz lösungsmittelbasierter Druckfarben für Druckanwendungen, bei denen anschließend eine Melaminharzbeschichtungen erfolgen soll, gezogen werden. Daher kann aus der Lehre des Dokuments D2 nicht unmittelbar und eindeutig auf eine im Sinne des Streitpatents lösungsmittelbasierte Druckfarbe gemäß dem Merkmal 1.4 geschlossen werden.

2.5 Im Merkmal 1.8 des erteilten Anspruchs 1 wird der Gewichtsanteil des Lösemittels mit 40 bis 99% angegeben. Das Dokument D2 definiert unstreitig keine expliziten Gewichtsanteile des Lösemittels für die Druckfarbe. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass alle konventionellen Druckfarben Lösemittelgehalte im beanspruchten Bereich aufwiesen, geht aus dem Dokument D2 nicht hervor und entspricht auch nicht nachweislich dem allgemeinen Fachwissen. Somit ist das Merkmal 1.8 nicht unmittelbar und eindeutig im Dokument D2 offenbart (siehe auch angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 3.1).

2.6 Im Gegensatz zu den Merkmalen 1.4 und 1.8 ist das Merkmal 1.5 des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D2 vorweggenommen (siehe auch angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 3.1). Das Merkmal 1.5 des erteilten Anspruchs 1 beinhaltet den Verfahrensschritt der Reduzierung des Lösemittelgehaltes auf eine Restfeuchte im Werkstück. Dieses Merkmal ist sehr allgemein formuliert und enthält weder Angaben darüber, wie der Lösemittelgehalt reduziert wird, noch Angaben zur zu erreichenden Restfeuchte. Gemäß dem Absatz [0011] des Patents kann unter diesem Merkmal auch eine reine Verdunstung des Lösemittels subsumiert werden. Da sich eine reine Verdunstung des Lösemittels zu einem gewissen Grad auch bei kurzen Verweilzeiten gar nicht verhindern lässt, ist dieses Merkmal vom Dokument D2 implizit vorweggenommen.

2.7 Schlussfolgerung in Bezug auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ

Das Dokument D2 offenbart nicht die Merkmale 1.4 und 1.8. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist gegenüber dem Dokument D2 neu. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents daher nicht entgegen.

3. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 (Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ)

3.1 Die Beschwerdeführerin macht Einwände fehlender erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1

- ausgehend vom Dokument D2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, in Kombination mit dem Dokument D3 oder in Kombination mit dem Dokument D11 und

- ausgehend vom Dokument D7 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder in Kombination mit dem Dokument D3 und

- ausgehend von einem der Dokumente D5, D6 oder D8 jeweils in Kombination mit einem der Dokumente D3 oder D11

geltend.

3.2 Dokument D2 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1

3.2.1 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Dokument D2, einem geltend gemachten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, in den Merkmalen 1.4 und 1.8 (siehe Punkt 2.7), d.h. in der Verwendung einer lösungsmittelbasierten Druckfarbe und dem Gewichtsanteil an Lösungsmittel.

3.2.2 Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe Rechtsprechung, I.D.4.1.) sind bei der Ermittlung der objektiven technischen Aufgabe objektive Kriterien maßgebend, d.h. es ist die Aufgabe zu ermitteln, die vor dem Hintergrund des nächstliegenden Stands der Technik, der sich von dem dem Erfinder zugänglichen oder von dem in der Anmeldung angegebenen Stand der Technik unterscheiden kann, als tatsächlich gelöst gelten kann. Dazu muss die technische Wirkung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beurteilt werden. Die objektive technische Aufgabe bestimmt den Blickwinkel, den der Fachmann einnimmt, wenn er im dritten Schritt des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes den übrigen Stand der Technik betrachtet. Für eine faire und objektive Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist es daher wichtig, dass die objektive technische Aufgabe weder zu eng noch zu weit gefasst wird. In den meisten Fällen kann die objektive technische Aufgabe als Frage formuliert werden, wie die technische Wirkung erzielt werden kann.

3.2.3 Im vorliegenden Fall ist die technische Wirkung der unterscheidenden Merkmale 1.4 und 1.8 einerseits in den Absätzen [0013] bis [0016] des Patents beschrieben. Es sollen die Düsen der Druckköpfe nicht zugesetzt werden, ein anschließendes Imprägnieren mit wässrigen Harzen und eine schnellere Trocknung des bedruckten Werkstückes ermöglicht und ein Aufquellen des Werkstückes vermieden werden. Andererseits soll - wie im Absatz [0019] des Patents offenbart - durch den hohen Anteil an Lösungsmittel insbesondere die Ausbildung einer Sperrschicht verhindert werden, so dass das Lösungsmittel die Druckfarbe auf der Oberfläche verteilt und auch in das Werkstück hinein transportiert.

3.2.4 Die Kammer stimmt daher mit der Beschwerdegegnerin überein, dass die objektive technische Aufgabe darin liegt, ein alternatives Druckverfahren zur Herstellung eines digitalbedruckten flächigen, bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstückes mit widerstandsfähiger Oberfläche, welches einen digitalen Dekordruck mit hoher Qualität gewährleistet, bereitzustellen (siehe Patent, Absatz [0006]). Für das Imprägnieren des bedruckten Werkstücks mit einem Harzgemisch ist die Verhinderung einer Sperrschicht und somit die Verteilung der Druckfarbe auf der Oberfläche durch das Lösemittel und der Transport der Druckfarbe in das Werkstück wesentlich. Die objektive technische Aufgabe geht daher über die reinen Vorteile einer lösungsmittelbasierten Druckfarbe, wie diese in den Absätzen [0013] bis [0016] des Patents aufgeführt sind, und basierend auf denen die Beschwerdeführerin die objektive technische Aufgabe formuliert hat, hinaus.

3.2.5 Naheliegen der Lösung in Kombination mit dem Dokument D3

Das Dokument D3 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von dekorativen Platten, beispielsweise aus Kunststoffmaterial, aus anorganischem Material, aus Holzmaterial oder aus Papier, die eine unregelmäßige Oberfläche aufweisen (siehe Dokument D3a, Absatz [0012]). Aufgabe des Dokuments D3 ist es, einen Farbfilm mit ausgezeichneter Gestaltbarkeit auf einer unregelmäßigen Oberfläche in einfacher, effizienter und akkurater Weise bereitzustellen (siehe Dokument D3a, Absatz [0007]).

Daher ist die Kammer der Meinung, dass der Fachmann das Dokument D3 bei der Lösung der objektiven technischen Aufgabe berücksichtigt hätte.

In Bezug auf die Merkmale 1.4 und 1.8 offenbart das Dokument D3a in den Absätzen [0034] und [0035] eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe mit einem Lösemittelgehalt zwischen 49 und 95%. Diese Druckfarbe ist allerdings nur im Zusammenhang mit einer vorangehenden Grundierung beschrieben. Diese Grundierung steht in enger Wechselwirkung mit der Druckfarbe (siehe Dokument D3a, Absatz [0030]). Daher hätte der Fachmann die Merkmale 1.4 und 1.8 nicht isoliert aus der Lehre des Dokuments D3 entnommen. Ein solches Vorgehen des Fachmanns anzunehmen, beruht auf einer rückschauenden Betrachtungsweise. Ein Eindringen des Lösungsmittels in das Werkstück wäre durch die Grundierung somit verhindert bzw. zumindest nicht offenbart. Da keine Restfeuchte im Werkstück vorliegt, kann diese nicht gemäß Merkmal 1.5 reduziert werden, so dass bei einer Kombination der Dokumente D2 und D3 das Merkmal 1.5 nicht verwirklicht wäre.

Daher wäre der Fachmann bei einer Kombination der Lehre des Dokuments D2 mit der des Dokuments D3 nicht zu der beanspruchten Lehre gelangt.

Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass gemäß Absatz [0049] des Patents eine Grundierung nicht ausgeschlossen sei und dass im Absatz [0050] des Patents auch nicht saugfähige Materialien wie Kunststoffwerkstoffe offenbart seien, bei denen ebenfalls eine Sperrschicht auftrete und zumindest kein Lösungsmittel der Druckfarbe in das Werkstück eindringe. Die Kammer folgt der Argumentation der Beschwerdegegnerin, dass die im Patent genannte Grundierung bzw. die Kunststoffwerkstoffe ein Eindringen des Lösungsmittels in das Werkstück ermöglichen müssen, damit das Merkmal 1.5 realisiert wird. Andernfalls würde das Bedrucken dieser Werkstücke nicht unter den beanspruchten Gegenstand fallen.

3.2.6 Naheliegen der Lösung in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen

Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann aus Absatz [0030] des Dokuments D2 die Information erhalten hätte, eine serientaugliche Druckfarbe einzusetzen. Darüber hinaus werde im Dokument D2 gelehrt, dass darunter im Rahmen der Erfindung eine Farbe zu verstehen sei, die dem hohen Druck und den Temperaturbelastungen bei dem Pressvorgang der Holzwerkstoffplatte in einer Kurztaktpresse standhalte. Die Beschwerdeführerin folgert daraus, dass der Fachmann lediglich eine konventionelle Druckfarbe hätte auswählen und in dem Verfahren gemäß Dokument D2 einsetzen müssen.

Alle in dem Dokument D2 benannten Druckfarben müssten per se einen Gewichtsanteil an Lösemittel in einem Bereich von 40 bis 99% aufweisen, so dass der Fachmann das Merkmal 1.8 des erteilten Anspruchs 1 implizit mitgelesen hätte. Zudem hätte der Fachmann gewusst, dass die in den Druckfarben verwendeten Pigmente, wie beispielsweise rote oder gelbe Pigmente, organische Moleküle (z.B. Chinacridon-Pigmente, Azopigmente) sind, die schwer bis gar nicht in Wasser löslich sind, sondern vielmehr in organischen Lösemitteln gelöst bzw. von den organischen Lösemitteln benetzt werden. Entsprechend hätte der Fachmann gewusst, dass zumindest ein bestimmter Anteil eines organischen Lösemittels in der Druckertinte enthalten sein muss.

Die Kammer stellt in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin fest, dass keine Belege für das allgemeine Fachwissen vorgelegt worden sind. Unabhängig davon, dass die Dokumente D2 und D11, die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem allgemeinen Fachwissen zitiert wurden, weder lösungsmittelbasierte Druckfarben noch den Lösemittelgehalt der Druckfarben offenbaren, merkt die Kammer an, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern Standardhandbücher, Monografien, Enzyklopädien, Lehrbücher und Nachschlagewerke das allgemeine Fachwissen darstellen. Dabei handelt es sich um Wissen, das ein auf dem Gebiet erfahrener Fachmann haben sollte bzw. von dem er zumindest wissen muss, dass er es bei Bedarf in einem Fachbuch nachschlagen kann. Das allgemeine Fachwissen schließt daher in der Regel Patentliteratur und wissenschaftliche Artikel nicht ein (siehe Rechtsprechung, I.C.2.8.1 und I.C.2.8.2).

Folglich ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 durch eine Kombination des Dokuments D2 mit dem allgemeinen Fachwissen nicht nahegelegt.

3.2.7 Naheliegen der Lösung in Kombination mit dem Dokument D11

Die Aufgabe des Dokuments D11 besteht unter anderem darin, eine für das Verfahren zum Herstellen von Dekor-Laminaten mit Synchronporen geeignete Tiefdruckfarbe bereitzustellen. Da sich Dokument D11 nicht mit Digitaldruck befasst, hätte der Fachmann dieses Dokument im Zusammenhang mit dem Digitaldruck aus Dokument D2 nicht in Betracht gezogen. Zudem handelt es sich bei der Tiefdruckfarbe des Dokuments D11 bevorzugt um ein wässriges Lösemittelgemisch (siehe Dokument D11, Absatz [0018], siehe Auslegung des Begriffes lösungsmittelbasierte Druckfarbe unter Punkt 2.1) und nicht um eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe. Daher wäre der Fachmann selbst unter Berücksichtigung der Lehre des Dokuments D11 nicht zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangt.

3.3 Dokument D7 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1

3.3.1 Ebenso wie das Dokument D2 offenbart das Dokument D7 zumindest nicht die Art der Druckfarbe (Merkmal 1.4) und den Lösemittelgehalt der Druckfarbe (Merkmal 1.8), weshalb die für den vom Dokument D2 ausgehenden Einwand genannten Gründe analog Anwendung finden (siehe Punkt 3.2). Bezüglich der technischen Wirkungen, der objektiven technischen Aufgabe und dem Naheliegen der Lösung in Zusammenschau mit dem allgemeinen Fachwissen oder der Lehre des Dokuments D3 verweist die Kammer daher auf die obigen Punkte (siehe Punkte 3.2.3, 3.2.4, 3.2.5 und 3.2.6).

3.3.2 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist daher ausgehend vom Dokument D7 in Kombination mit dem Dokument D3 oder dem allgemeinen Fachwissen nicht nahegelegt.

3.4 Dokumente D5, D6 oder D8 als Ausgangspunkte für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1

3.4.1 Die Beteiligten sind sich einig, dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D5 in den Merkmalen 1.8 und 1.9 unterscheidet. Im Dokument D5 werden im Absatz [0044] neben strahlenverhärtenden Druckfarben sowohl wasserbasierte als auch lösungsmittelbasierte Druckfarben offenbart, weshalb das Merkmal 1.4 vom Dokument D5 vorweggenommen ist. In dieser Hinsicht geht der Offenbarungsgehalt des Dokuments D5 über den des Dokuments D2 hinaus. Als weiteres unterscheidendes Merkmal wird von der Beschwerdegegnerin das Merkmal 1.5 identifiziert. Die Kammer teilt diese Auffassung, da im Dokument D5 eine Grundierung aufgebracht wird. Unabhängig vom Zweck dieser Grundierung für das Aufbringen einer Textur (siehe Dokument D5, Absatz [0043]) ist nicht offenbart, dass die lösungsmittelbasierte Druckfarbe in das Werkstück eindringt, und somit kann der Lösemittelgehalt auch nicht auf eine Restfeuchte im Werkstück reduziert werden (Merkmal 1.5). Daher unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vom Dokument D5 in den Merkmalen 1.5, 1.8 und 1.9.

Für die technischen Wirkungen, insbesondere in Bezug auf das Merkmal 1.8, die objektive technische Aufgabe und das Naheliegen der Lösung in Kombination mit dem Dokument D3 oder dem Dokument D11 wird auf die Erwägungen in Bezug auf das Dokument D2 verwiesen (siehe Punkt 3.2.3., 3.2.4, 3.2.5 und 3.2.7).

Bei einer Kombination der Dokumente D5 und D3 wäre der Fachmann nicht zu der beanspruchten Lösung gelangt, da beide Dokumente eine Grundierung offenbaren und somit das Merkmal 1.5 weder im Dokument D5 noch im Dokument D3 offenbart ist.

Weil sich das Dokument D11 nicht mit Digitaldruck befasst, hätte der Fachmann dieses Dokument im Zusammenhang mit dem Digitaldruck aus dem Dokument D5 nicht in Betracht gezogen. Zudem handelt es sich bei der Tiefdruckfarbe des Dokuments D11 nicht um eine lösungsmittelbasierte Druckfarbe. Daher wäre der Fachmann auch unter Berücksichtigung der Lehre des Dokuments D11 nicht zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangt.

3.4.2 Das Dokument D6 offenbart keine lösungsmittelbasierte Druckfarbe (Merkmal 1.4) und auch nicht deren Zusammensetzung (Merkmale 1.8 und 1.9), insbesondere den Gewichtsanteil von Lösemittel im Bereich von 40 bis 99% (Merkmal 1.8). Deshalb sind die vom Dokument D2 ausgehenden Gründe bezüglich erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 analog anwendbar (siehe Punkt 3.2.3., 3.2.4, 3.2.5 und 3.2.7).

3.4.3 Das Dokument D8 offenbart bezüglich der Druckfarben im Absatz [0018] Folgendes: "Zum Tintenstrahlbedrucken können an sich bekannte Wasser-basierende Irakjet-Farben [sic], UV-basierende Irakjet-Farben [sic] sowie Lösemittel-basierende Irakjet-Farben [sic] verwendet werden, wobei die zu bedruckende Oberfläche jeweils auf diese Farben abgestimmt ist." Es sind daher lösungsmittelbasierte Druckfarben offenbart (Merkmal 1.4), jedoch ohne Spezifikation der Zusammensetzung (Merkmale 1.8 und 1.9). Das Dokument D8 offenbart zwei alternative Verfahren zur Herstellung eines digitalbedruckten flächigen, bahnförmigen oder plattenförmigen Werkstückes. Beim Herstellungsweg A wird das Papier direkt bedruckt und beim Herstellungsweg B wird eine Grundierung aufgebracht (Materialschicht 16), die bedruckt wird (siehe Dokument D8, Absätze [0013] bis [0016]). Jedoch gilt für beide dieser möglichen Ausgangspunkte im Dokument D8, dass die Dokumente D3 oder D11 aus den in den obigen Absätzen 3.2.5 und 3.2.7 genannten Gründen die beanspruchte Lösung nicht nahegelegt hätten.

3.4.4 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist daher ausgehend von einem der Dokumente D5, D6 oder D8 in Kombination mit dem Dokument D3 oder dem Dokument D11 nicht nahegelegt.

3.5 Damit steht auch der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

4. Schlussfolgerung

Da die gegen das erteilte Patent erhobenen Einwände nicht überzeugend sind, ist das erteilte Patent unverändert aufrechtzuerhalten. Folglich ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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