T 2377/22 () of 20.5.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T237722.20250520
Datum der Entscheidung: 20 Mai 2025
Aktenzeichen: T 2377/22
Anmeldenummer: 18154096.4
IPC-Klasse: A61Q 17/04
A61K 8/06
A61K 8/37
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 514 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WASSERFESTES, SPRÜHBARES SONNENSCHUTZMITTEL
Name des Anmelders: Beiersdorf AG
Name des Einsprechenden: STADA Arzneimittel AG
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
European Patent Convention R 80
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
Schlagwörter: Hauptantrag - Patentansprüche - Knappheit (nein)
Hilfsantrag 2 - Zulassung nach Mitteilung gemäss Artikel 15 (1) VOBK - (ja)
Hilfsantrag 2 - Patentansprüche - Knappheit (ja)
Hilfsantrag 2 - Änderung veranlasst durch Einspruchsgrund - (ja)
Hilfsantrag 2 - Ausreichende Offenbarung - (ja)
Hilfsantrag 2 - Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
T 0223/97
T 0181/02
T 0988/02
T 0428/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent EP 3 366 352 gemäß Artikel 101 (3) (a) EPÜ in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.

II. Der gegen das Patent eingelegte Einspruch stützt sich auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderischer Tätigkeit, Artikel 54 und 56 EPÜ), sowie auf Artikel 100 b) EPÜ (mangelnde Ausführbarkeit).

III. Auf die folgenden Dokumente wird verwiesen:

D2: Informationsbroschüre zu Isolan GPS, Evonik

D4: WO 2016/106333 A1

D6: DE 10 2015 208 872 A1

D9: In Vivo Determination of Sun Protection, Sun

Protection Factor (SPF) Test Method; In Vivo

Determination of Very Water Resistance, Sun

Product Water Resistance - Spa Pool

IV. Die Patentinhaberin hat ihr Patent im Einspruchsverfahren in geänderter Form verteidigt. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass der ihr vorliegende Hauptantrag den Erfordernissen der Artikel 83, 84, 123 (2) und (3) und 54 EPÜ genüge. Das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit wurde jedoch, ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D4 (insbesondere Beispiel 4) als nächstliegendem Stand der Technik für den Gegenstand der Ansprüche 37 und 49 nicht anerkannt (Artikel 56 EPÜ). Die Einspruchsabteilung kam hinsichtlich des Gegenstands der Ansprüche 37 und 49 des Hilfsantrags 1 zum selben Ergebnis (Artikel 56 EPÜ). Hilfsantrag 2 erfülle ihrer Ansicht nach auch die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ. Für den Gegenstand dieses Antrags erachtete die Einspruchsabteilung die Offenbarung des Dokuments D6 als nächstliegenden Stand der Technik.

V. Die Einsprechende begründet ihre Beschwerde damit, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung dahingehend fehlerhaft sei, für das Patent in der aufrechterhaltenen Form ausreichende Offenbarung (Artikel 83 EPÜ), hinreichende Stütze der durchgeführten Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ) sowie das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) anzuerkennen. Zudem sei ihrer Ansicht nach auch die Feststellung, die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ seien erfüllt, fehlerhaft.

VI. Der vorliegende Hauptantrag (im Einspruch aufrechterhaltene Fassung) hat drei unabhängige Ansprüche. Diese Ansprüche haben den folgenden Wortlaut (Hervorhebung durch die Kammer):

"1. Kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsion (O/W-Emulsion) enthaltend Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate in einer Menge von 0,05 bis Gewichts-5 %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung, wobei die Zubereitung frei ist von 2-Ethylhexyl-2-cyano-3,3-diphenylacrylat; 4- Methoxyzimtsäure(2-ethylhexyl)ester; 4-Methoxyzimtsäureisoamylester2-Hydroxy-4- methoxybenzophenon; 2-Hydroxy-4-methoxy-4'-methylbenzophenon; 3-(4- Methylbenzyliden)campher und 3-Benzylidencampher, Propyl- und Butyl-Parabenen, Isothiazolinonen, Imidazolidinyl Urea und 3-Iodpropargyl-N-butylcarbamat (IPBC), dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung 2-Ethylhexyl 2-hydroxybenzoat (INCI: Ethylhexyl Salicylate) und/oder 3,3,5-Trimethylcyclohexyl 2-hydroxybenzoat (INCI: Homosalate) enthält."

"13. Kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsion (O/W-Emulsion) enthaltend Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate in einer Menge von 0,05 bis Gewichts-5 %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung, wobei die Zubereitung frei ist von 2-Ethylhexyl-2-cyano-3,3-diphenylacrylat; 4- Methoxyzimtsäure(2-ethylhexyl)ester; 4-Methoxyzimtsäureisoamylester2-Hydroxy-4- methoxybenzophenon; 2-Hydroxy-4-methoxy-4'-methylbenzophenon; 3-(4- Methylbenzyliden)campher und 3-Benzylidencampher, Propyl- und Butyl-Parabenen, Isothiazolinonen, Imidazolidinyl Urea und 3-Iodpropargyl-N-butylcarbamat (IPBC), dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung 2-Phenylbenzimidazol-5- sulfonsäuresalze enthält."

"25. Kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsion (O/W-Emulsion) enthaltend Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate in einer Menge von 0,05 bis Gewichts-5 %, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung, wobei die Zubereitung frei ist von 2-Ethylhexyl-2-cyano-3,3-diphenylacrylat; 4- Methoxyzimtsäure(2-ethylhexyl)ester; 4-Methoxyzimtsäureisoamylester2-Hydroxy-4- methoxybenzophenon; 2-Hydroxy-4-methoxy-4'-methylbenzophenon; 3-(4- Methylbenzyliden)campher und 3-Benzylidencampher, Propyl- und Butyl-Parabenen, Isothiazolinonen, Imidazolidinyl Urea und 3-Iodpropargyl-N-butylcarbamat (IPBC), dadurch gekennzeichnet, dass die Emulsion einen oder mehrere UV-Filter gewählt aus der Gruppe der Verbindungen Hexyl 2-[4-(diethylamino)-2- hydroxybenzoyl]benzoate (INCI: Diethylamino hydroxybenzoyl hexyl benzoate), 4- (tert.-Butyl)-4'-methoxydibenzoylmethan, 2,4,6-Tris-[anilino-(p-carbo-2'-ethyl-1'-hexyl-oxy)]-1,3,5-triazin (INCI: Ethylhexyl Triazone), 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin (INCI: Bis- Ethylhexyloxyphenol methoxyphenyl Triazine), 4,4'-[[6-[[4-[[(1,1 dimethylethyl)amino]carbonyl]phenyl] amino]-1,3,5-triazine-2,4-diyl]diimino]bis-, bis(2-ethylhexyl)benzoat (INCI: Diethylhexyl Butamido Triazone), Titandioxid enthält."

Der Hauptantrag enthält zudem die abhängigen Ansprüche 2 bis 12, 14 bis 24 und 26 bis 36.

VII. Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die abhängigen Ansprüche 14, 26 und 27 gestrichen wurden.

VIII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung der Rechts- und Sachlage mit.

IX. Am 20. Mai 2025 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet wurde.

X. Im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdegegnerin den mit der Antwort auf die Beschwerdebegründung am 24. März 2023 eingereichten Hilfsantrag 1 zurückgenommen.

XI. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen folgendes vor:

Im Streitpatent wird die beanspruchten Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die in den unabhängigen Ansprüchen beanspruchten kosmetischen O/W-Emulsionen müssen keine O/W-Emulgatoren enthalten. Daher ist es zweifelhaft, wie die Emulsionen herzustellen sind.

Der Hauptantrag erfüllt auch nicht die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ, weil - um einen Mangel an Neuheit auszuräumen - zusätzliche unabhängige Ansprüche aufgestellt wurden, die sich alle auf kosmetische O/W-Emulsionen beziehen. Dies wäre jedoch nicht notwendig, denn um den Mangel an Neuheit zu überwinden ist es ausreichend, den bereits vorhandenen unabhängigen Anspruch durch Aufnahme eines weiteren Merkmals zu ändern. Die Änderungen sind somit nicht erforderlich, um einen Einspruchsgrund auszuräumen, und daher unzulässig.

Da für jeden der unabhängigen Ansprüche dieselben abhängigen Ansprüche vorhanden sind wird derselbe Gegenstand mehrfach beansprucht. Dies führt zu einem Mangel an Klarheit und einem Mangel an Knappheit. Der Antrag erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

Die beanspruchten O/W-Emulsionen beruhen auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, und zwar unabhängig davon welches der Dokumente D6 oder D4 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist.

Dieselben Beanstandungen betreffen auch Hilfsantrag 2, der zudem nicht ins Verfahren zuzulassen ist, weil er verspätet vorgelegt wurde, und weil keine außergewöhnlichen Umstände für seine Zulassung vorliegen (Artikel 13 (2) VOBK).

XII. Die Beschwerdegegnerin brachte im Wesentlichen folgendes vor:

Das Patent in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung erfüllt alle Erfordernisse des EPÜ. Insbesondere verstoßen die zusätzlichen unabhängigen Ansprüche nicht den Erfordernissen der Regel 80 EPÜ, da jeder der hinzugekommenen unabhängigen Ansprüche eine Reaktion auf den vorgebrachten Mangel an Neuheit darstellt.

Die Ansprüche sind klar und knapp gefasst, die Wiederholung desselben Gegenstands in verschiedenen Ansprüchen dient aufgrund der Struktur des Anspruchssatzes der Klarheit.

Erfinderische Tätigkeit liegt, insbesondere ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D6, vor. Nur dieses Dokument beschäftigt sich, wie das Streitpatent, mit kosmetischen Zubereitungen in Form von Sonnenschutzmitteln. Im Unterschied zu den darin offenbarten Emulsionen zeichnen sich die anspruchsgemäßen durch eine Verbesserung der Wasserfestigkeit, sowie durch einen verbesserten Lichtschutzfaktor aus. Insbesondere eine durch Zugabe von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate hervorgerufene Erhöhung des Lichtschutzfaktors gegenüber den aus D6 bekannten Emulsionen wird dem Fachmann aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt.

Hilfsantrag 2 ist ins Verfahren zuzulassen. Im Antrag wurden lediglich mehrfach beanspruchte Gegenstände gestrichen, es handelt sich also nicht um einen neuen Sachverhalt. Zudem werden durch den Antrag sämtliche Einwände ausgeräumt.

XIII. Die Anträge der Parteien sind wie folgt:

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, und die Nicht-Zulassung des Hilfsantrags 2 vom 3. April 2025.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage des Hilfsantrags 2, eingereicht mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung am 3. April 2025.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag (im Einspruchsverfahren aufrechterhaltene Fassung)

Knappheit (Artikel 84 EPÜ)

2. Von der Beschwerdeführerin wurde mit Verweis auf die Punkte 3.3.6 und 3.3.7 der Entscheidung T 0988/02 vorgebracht, dass der Hauptantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfülle, weil er mehrere Ansprüche enthalte, die augenscheinlich auf einen identischen Gegenstand gerichtet seien. Das Erfordernis der Knappheit werde deshalb nicht erfüllt.

3. Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass sich die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ auf die Gesamtheit der Ansprüche bezögen, nicht jedoch auf den Inhalt eines einzelnen Anspruchs. Zudem handle es sich bei den Ansprüchen des Hauptantrags lediglich um erteilte Ansprüche, bzw. deren Kombination. Daher sei der Anspruchssatz einer Prüfung nach Artikel 84 EPÜ nicht zugänglich.

4. Die Kammer stellt folgendes fest:

4.1 Das erteilte Patent enthält 13 Ansprüche, nämlich neben dem unabhängigen Anspruch 1 noch 12 weitere davon abhängige Ansprüche. Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurden gemäß vorliegendem Hauptantrag diese 13 Ansprüche durch die Ansprüche 1 bis 36 ersetzt. Die unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 25 beziehen sich wie der erteilte Anspruch 1 jeweils auf kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsionen. Diese unabhängigen Ansprüche enthalten die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 sowie zusätzlich die Merkmale eines der erteilten abhängigen Ansprüche 2 (Anspruch 1), 3 (Anspruch 13) bzw. 4 (Anspruch 25). Die jeweils verbleibenden abhängigen Ansprüche des erteilten Patents (3 bis 13, 2 und 4 bis 13, bzw. 2, 3 und 5 bis 13) werden im Hauptantrag als abhängige Ansprüche 2 bis 12, 14 bis 24 sowie 26 bis 36 weiterverfolgt.

4.2 Der Einwand der Beschwerdeführerin bezieht sich darauf, dass verschiedene der abhängigen Ansprüche augenscheinlich auf einen identischen Gegenstand gerichtet seien. Insbesondere wird auf Anspruch 2 verwiesen, der die Merkmale der erteilten Ansprüche 1, 2 und 3 enthalte, und somit identisch sei mit Anspruch 14, der ebenfalls die Merkmale der erteilten Ansprüchen 1, 3 und 2 enthalte. Daher sei der Gegenstand der Ansprüche 2 und 14 identisch.

4.3 Der Einwand bezieht sich somit auf einen Sachverhalt, der erst im Laufe des Einspruchsverfahrens, nämlich durch Einreichen des gegenwärtigen Hauptantrags (Hilfsantrags 2 des Einspruchsverfahrens) und der damit verbundenen Änderungen, entstanden ist. Der Einwand ist somit auch im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (G 3/14).

4.4 Durch die Kombination der Ansprüche 1 und 2 der erteilten Fassung im Anspruch 1 des Hauptantrags, und Weiterverfolgen des abhängigen Anspruchs 3 als Anspruch 2 ergibt sich, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass Anspruch 2 des Hauptantrags identisch ist mit Anspruch 14, der ebenfalls die Merkmale der Ansprüche 1, 3 und 2 der erteilten Fassung enthält.

4.5 Ebenso führt die Kombination der Ansprüche 1 und 2 der erteilten Fassung, und Weiterverfolgen der abhängigen Ansprüche 3 bis 13 der erteilten Fassung als abhängige Ansprüche 2 bis 12 dazu, dass Anspruch 3 des Hauptantrags (abhängig von den Ansprüchen 1 und 2), dieselben Merkmale enthält wie Anspruch 4 der erteilten Fassung. Die Ansprüche 4 bis 12 des Hauptantrags sind identisch mit den Ansprüchen 5 bis 13 der erteilten Fassung.

4.6 Ebenso ist Anspruch 15 (abhängig von den Ansprüchen 13 und 14) des Hauptantrags - aufgrund der Kombination der Ansprüche 1 und 3 der erteilten Fassung im Anspruch 13 der Hauptantrags - identisch mit Anspruch 4 der erteilten Fassung. Die Ansprüche 16 bis 24 des Hauptantrags sind identisch mit den Ansprüchen 5 bis 13 der erteilten Fassung.

4.7 Schließlich ist Anspruch 27 (abhängig von den Ansprüchen 25 und 26) des Hauptantrags - aufgrund der Kombination der Ansprüche 1 und 4 der erteilten Fassung im Anspruch 25 der Hauptantrags - identisch mit Anspruch 4 der erteilten Fassung. Die Ansprüche 28 bis 36 des Hauptantrags sind identisch mit den Ansprüchen 5 bis 13 der erteilten Fassung.

4.8 Der Gegenstand des Anspruchs 2 ist somit identisch mit dem des Anspruchs 14, und der Gegenstand sämtlicher Ansprüche 3 bis 12 ist identisch mit demjenigen der Ansprüche 15 bis 24 sowie der Ansprüche 27 bis 36. Der Hauptantrag umfasst damit neben den drei unterschiedlichen unabhängigen Ansprüchen 1, 13 und 25 drei Serien identischer abhängiger Ansprüche. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

4.9 Dies führt dazu, dass die Ansprüche des Hauptantrags nicht knapp gefasst sind, und der Antrag die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt.

4.10 Der Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach sich Artikel 84 EPÜ hinsichtlich des Erfordernisses der Deutlichkeit und Knappheit von Patentansprüche lediglich auf den Inhalt eines Patentanspruchs beziehe, nicht aber auf die Gesamtheit aller Ansprüche, überzeugt nicht. Vielmehr schließt sich die Kammer der in der Entscheidung T 0988/02 vertretenen Auffassung an (siehe die Punkte 3.3.6 und 3.3.7), wonach überflüssige Ansprüche dazu führen, dass die Patentansprüche nicht knapp gefasst sind.

4.11 Auch das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, dass der durch die Änderungen bedingten Erhöhung der Anzahl an Ansprüchen durch die Zahlung zusätzlicher Anspruchsgebühren Rechnung getragen wird, überzeugt nicht, und kann den Einwand mangelnder Knappheit der Ansprüche nicht entkräften. Die Erhebung zusätzlicher Anspruchsgebühren trägt dem erhöhten Prüfungsaufwand Rechnung. Die Erfüllung der materiellen Bedingungen des EPÜ kann nicht durch die Zahlung von Gebühren erwirkt werden.

4.12 Auch ist das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, wonach die Anspruchsfassung in Form dreier Anspruchsgruppen, jeweils bestehend aus einem unabhängigen Anspruch (1, 13 und 25) und gefolgt von zumindest teilweise identischen abhängigen Ansprüchen (3 bis 12, 15 bis 24 und 27 bis 36) dem Fachmann und der Öffentlichkeit das Verständnis des Anspruchsgegenstands erleichtere, nicht überzeugend. Das Argument bezieht sich nicht auf die Beanstandung mangelnder Knappheit.

5. Aus den genannten Gründen erfüllt der Hauptantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Der Antrag ist somit nicht gewährbar.

Hilfsantrag 2

Zulassung (Artikel 13 (2) VOBK)

6. Von der Beschwerdeführerin wurde beantragt, Hilfsantrag 2 nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil dieser verspätet, nämlich nach Erlass eines Bescheids durch die Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK, vorgelegt worden sei. Außergewöhnliche Umstände, die für eine Zulassung sprächen, lägen nicht vor.

7. Die Kammer lässt den Antrag aus folgenden Gründen ins Verfahren zu:

7.1 Hilfsantrag 2 wurde nach Zustellung einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK eingereicht. Gemäß Artikel 13 (2) VOBK bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach diesem Zeitpunkt grundsätzlich unberücksichtigt, es sei den, der Betreffende hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

7.2 Die Kammer folgt, aus den nachfolgend angeführten Gründen, den Ausführungen der Beschwerdegegnerin. Diese brachte vor, dass Hilfsantrag 2 keine Änderungen des beanspruchten Gegenstands beinhalte, und dass die Beanstandung basierend auf Artikel 84 EPÜ ausgeräumt würde.

7.3 Aus den vorstehend genannten Gründen (siehe die Punkte 4.1 bis 4.12 der vorliegenden Entscheidung) ist der Hauptantrag nicht gewährbar, weil er das Erfordernis knapp zu fassender Ansprüche gemäß Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt. Durch die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 wird dieser Einwand überwunden (siehe die nachstehenden Punkte 13. bis 15.). Zudem unterscheidet sich Hilfsantrag 2 vom Hauptantrag nicht hinsichtlich des beanspruchten Gegenstands, da durch die Streichung der Ansprüche 14, 26 und 27 lediglich die in verschiedenen Ansprüchen auftretenden identischen Gegenstände des Hauptantrags - wie nachstehend erläutert - nicht mehr mehrfach beansprucht werden. Somit ist der im Hilfsantrag 2 beanspruchte Gegenstand weder enger noch breiter, sondern vielmehr identisch mit dem im Hauptantrag beanspruchten Gegenstand. Auch werden durch Hilfsantrag 2 weder neue im Verfahren zu diskutierende Gesichtspunkte aufgeworfen, noch ändern sich die Argumente hinsichtlich der weiteren bereits im Verfahren vorgebrachten Beanstandungen.

7.4 Die Kammer folgt in dieser Hinsicht den Argumenten der Beschwerdegegnerin und erachtet dies als außergewöhnliche Umstände, die die Zulassung des Hilfsantrags 2 ins Beschwerdeverfahren rechtfertigen. Hilfsantrag 2 wird deshalb ins Beschwerdeverfahren zugelassen (Artikel 13(2) VOBK).

Regel 80 EPÜ

8. Hilfsantrag 2 enthält - im Gegensatz zum erteilten Patent, das nur einen einzigen enthält - drei unabhängige Ansprüche, die jeweils auf eine kosmetische Öl-in-Wasser (O/W-Emulsion) gerichtet sind (Ansprüche 1, 13 und 24). Aus dem erteilten Anspruch 1 wurden durch die Aufnahme der Merkmale von jeweils einem der abhängigen Ansprüche 2, 3 und 4 die unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 24 gebildet.

9. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass nicht alle diese Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst seien. Zwar sei jede der in den geänderten unabhängigen Ansprüchen durchgeführte Änderung als solche eine Reaktion auf den Einspruchsgrund mangelnder Neuheit, jedoch sei hierzu nicht notwendig gewesen, drei unterschiedliche Merkmale (abhängige Ansprüche 2, 3 und 4 des erteilten Patents) in den erteilten Anspruch 1 aufzunehmen, und statt einem unabhängigen Anspruch nunmehr drei weiterzuverfolgen. Vielmehr wäre es ausreichend gewesen, den erteilten Anspruch 1 durch Aufnahme eines einzigen weiteren Merkmals gegenüber dem Stand der Technik abzugrenzen. Die zusätzlichen eingeführten unabhängigen Ansprüche 13 und 24 seien deshalb weder durch den Einspruchsgrund mangelnder Neuheit, noch durch einen anderen Einspruchsgrund veranlasst. Diese Argumentation stehe im Einklang mit der Entscheidung T 0181/02. Deshalb seien die Änderungen unzulässig (Regel 80 EPÜ).

10. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin werde durch Regel 80 EPÜ nicht vorgeschrieben, wie und in welchem Umfang Änderungen durchzuführen seien, um auf einen Einspruchsgrund zu reagieren. Daher sei es auch möglich, aus einem einzigen unabhängigen Anspruch durch die Aufnahme verschiedener zusätzlicher Merkmale beispielsweise auf einen Einwand mangelnder Neuheit zu reagieren. Dies gelte insbesondere, um einen berechtigten, möglichst breiten Schutzumfang zu gewährleisten.

11. Die Kammer kommt zu folgendem Ergebnis:

11.1 Regel 80 EPÜ legt fest, dass ein Patent im Einspruchsverfahren geändert werden kann, soweit die Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind.

11.2 Im vorliegenden Hilfsantrag 2 wurde der erteilte unabhängige Anspruch 1 durch Aufnahme von weiteren Merkmalen aus drei verschiedenen abhängigen Ansprüchen geändert. Dies führte zu drei unabhängigen Produktansprüchen, die jeweils gegenüber dem erteilten Anspruch 1 eingeschränkt, und auch neu gegenüber dem zitierten Stand der Technik sind. Die Änderungen als solche sind daher jeweils durch einen Einspruchsgrund veranlasst, nämlich dem Einwand mangelnder Neuheit.

11.3 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdebegründung (letzter Absatz der Seite 2) auf die Entscheidung T 0181/02 verwiesen. In Punkt 3.2 dieser Entscheidung wird festgestellt, dass es normalerweise ausreichend sei, einen unabhängigen Anspruch durch Aufnahme eines weiteren Merkmals zu ändern, um in sachdienlicher und erforderlicher Weise auf einen Einwand bezüglich mangelnder Neuheit zu reagieren. Zusätzliche unabhängige Ansprüche seien hierzu nur in außergewöhnlichen Situationen notwendig.

11.4 Im selben Punkt der genannten Entscheidung wird jedoch auch darauf verwiesen, dass dies unter bestimmten Voraussetzungen der Fall sein kann, nämlich beispielsweise dann, wenn zwei erteilte abhängige Ansprüche (beispielsweise die Ansprüche 2 und 3) parallel mit einem einzigen unabhängigen Anspruch (beispielsweise Anspruch 1) verbunden seien. In diesem Fall wäre die Einreichung von zwei unabhängigen Ansprüchen (z.B. mit den Merkmalen der Ansprüche 1 und 2 sowie der Ansprüche 1 und 3) möglich. Diese Argumentation deckt sich im Wesentlichen auch mit der Argumentation in den Entscheidungen T 0223/97 (Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe) und T 0428/12 (Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Die Kammer befindet, dass dies auch für den vorliegenden Fall zutrifft, und schließt sich der aus diesen Entscheidungen ableitbaren Auslegung von Regel 80 EPÜ an.

12. Hilfsantrag 2 erfüllt deshalb die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ.

Knappheit (Artikel 84 EPÜ)

13. Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die abhängigen Ansprüche 14, 26 und 27 gestrichen wurden. Diese Ansprüche des Hauptantrags sind abhängig von den Ansprüchen 13 und 25, und enthalten die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 2 (Ansprüche 14 und 26) bzw. des Anspruchs 3 (Anspruch 27) des erteilten Patents.

14. Durch die Streichung dieser Ansprüche ergibt sich, dass eine kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsion gemäß der Ansprüche 1 bis 12 nach wie vor die Salicylate des erteilten Anspruchs 2 enthalten. Sie sind daher nicht mehr identisch mit den Ansprüchen 13 bis 33. Zudem enthalten kosmetische Öl-in-Wasser-Emulsionen gemäß Ansprüchen 13 bis 23 die 2-Phenylbenzimidazol-5-sulfonsäuresalze gemäß Anspruch 3 des erteilten Patents. Diese Ansprüche unterscheiden sich somit von den Ansprüchen 25 bis 36.

15. Somit enthält Hilfsantrag 2 nicht mehr, im Gegensatz zum Hauptantrag, drei Serien identischer Ansprüche. Der Einwand mangelnder Knappheit ist somit nicht mehr durchgreifend. Hilfsantrag 2 erfüllt die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

16. Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass für die Herstellung einer beanspruchten O/W-Formulierung die Angabe eines zusätzlich notwendigen O/W-Emulgators in den Ansprüchen notwendig sei. In Anspruch 1 sei jedoch nur ein W/O-Emulgator angeführt. In Ermangelung dieser Angabe sei die beanspruchte Erfindung zumindest nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar, da das Ausführungsbeispiel der Beschreibung des Streitpatents nicht verallgemeinert werden könne.

17. Dieser Argumentation überzeugt nicht. Zunächst wird in den Absätzen [0033] bis [0036] des Streitpatents sowohl auf O/W-Emulgatoren verwiesen, die in den beanspruchten Emulsionen eingesetzt werden können, als auch auf die zu verwendende Menge. Darüber hinaus wurden von der Beschwerdeführerin keine Belege dafür vorgelegt, ob bzw. welche der beanspruchten Emulsionen nicht hergestellt werden können.

18. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Hilfsantrag 2 die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt.

Änderungen (Artikel 123(2) und (3) EPÜ)

19. Von der Beschwerdeführerin wurden keinen Einwände hinsichtlich unzulässiger Änderungen vorgebracht.

20. Auch die Kammer kommt zu dem Schluss, dass Hilfsantrag 2 gegenüber der ursprünglichen Fassung nicht unzulässig geändert wurde. Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von den Ansprüchen der ursprünglichen Fassung lediglich durch die Kombination der Ansprüche 1 und 2, 1 und 3 bzw. 1 und 4 zu den unabhängigen Ansprüchen 1, 13 und 24. Die verbleibenden abhängigen Ansprüche wurden beibehalten und deren Abhängigkeiten angepasst. Auch wird der beabsichtigte Schutzbereich gegenüber dem erteilten Patent nicht erweitert.

21. Der Antrag erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 123(2) und (3) EPÜ.

Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

22. Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ erfülle, da der beanspruchte Gegenstand ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D6 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

23. Von der Beschwerdeführerin wurde dies bestritten. Ihre Argumentation trifft auch auf den Hilfsantrag zu. Sie brachte zunächst vor, dass das Vorgehen der Einspruchsabteilung, von der technischen Lehre des Dokuments D6 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, nicht korrekt sei. Vielmehr sei Dokument D4 auch für den Gegenstand des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung nächstliegender Stand der Technik. Die beanspruchten Emulsionen unterschieden sich von den in diesem Dokument offenbarten lediglich in der Anwesenheit von UV-Filtern. Ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D4 sei mangels Nachweises einer technischen Wirkung hinsichtlich der im Streitpatent angegebenen Aufgabe der Bereitstellung sensorisch attraktiver sprühbarer O/W-Emulsionen die gelöste technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer O/W-Emulsionen zu sehen. Die Emulsionen gemäß der unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 24 des Hilfsantrags 2 würden dem Fachmann beispielsweise durch die zusätzliche technische Lehre des Dokuments D6 nahegelegt.

24. Die Beschwerdeführerin brachte im Weiteren vor, dass auch ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D6 keine erfinderische Tätigkeit vorliege. Sie argumentierte, ein Unterscheidungsmerkmal zwischen den Emulsionen der unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 25 und der Offenbarung des Dokuments D6 sei lediglich in der Anwesenheit von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate zu sehen. Der Fachmann wäre ihrer Ansicht nach durch Dokument D4 dazu veranlasst, einen derartigen Emulgator in die Zubereitungen gemäß D6 einzuarbeiten, um deren Wasserfestigkeit zu erhöhen. Dadurch würde er zu den beanspruchten Emulsionen gelangen, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen. Ob dadurch zusätzlich auch noch der Lichtschutzfaktor erhöht werde, sei unerheblich. Zudem sei von der Beschwerdegegnerin nicht nachgewiesen worden, dass tatsächlich eine Steigerung des Lichtschutzfaktors auftrete, insbesondere nicht unabhängig von einer Verbesserung der Wasserfestigkeit. Schließlich sei dem Fachmann auch bekannt, dass eine Steigerung der Wasserfestigkeit zwangsläufig auch den Lichtschutzfaktor erhöhe, da die Lichtschutzzubereitung nicht von der Haut abgewaschen werde. Auch deshalb werde dem Fachmann eine beanspruchte Emulsion ausgehend von D6 nahegelegt.

25. Die Beschwerdegegnerin argumentierte, aus dem Streitpatent selbst gehe sowohl die erfindungsgemäße Verwendung von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors (SPF), als auch zur Erhöhung der Wasserfestigkeit, hervor (Absätze [0056] und [0054]). Diese technischen Wirkungen seien durch den im Streitpatent offenbarten Vergleichsversuch belegt. Unter Berücksichtigung der im Streitpatent genannten Aufgabe, der Erhöhung des Lichtschutzfaktors bestehender Zubereitungen, stelle somit Dokument D6 den nächstliegenden Stand der Technik dar, da sich Dokument D4 nicht mit Sonnenschutzmitteln beschäftige. Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D6, und basierend auf dem Unterscheidungsmerkmal der Anwesenheit von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/ Sebacate, bestehe die objektive technische Aufgabe insbesondere in einer weiteren Erhöhung des Lichtschutzfaktors. Die anspruchsgemäße Lösung werde dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

26. Die Kammer kommt zu folgendem Ergebnis:

Nächstliegender Stand der Technik

26.1 Das Streitpatent beschäftigt sich mit kosmetischen Öl-in-Wasser-Emulsionen. Die Aufgabe der Erfindung liegt gemäß Absatz [0010] der Beschreibung in der Bereitstellung von sensorisch attraktiven sprühbaren O/W-Emulsionen (insbesondere Sonnenschutzmitteln), die auf der Haut aufgetragen eine hohe Wasserfestigkeit aufweisen. Gemäß Absatz [0011] wird diese Aufgabe durch eine O/W-Emulsion gelöst, die Polyglyceryl-4 Diisostearate/ Polyhydroxystearate/Sebacate enthält. Gemäß der Absätze [0052] und [0054] ist die Verwendung von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate sowohl zur Erhöhung der Wasserfestigkeit, als auch zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors Teil der Erfindung.

26.2 Dokument D6 beschäftigt sich mit Sonnenschutzmitteln, insbesondere im Zusammenhang mit deren Sandanhaftung (siehe die Ansätze [0006] und [0009]). Dokument D4 beschäftigt sich zwar mit kosmetischen Öl-in-Wasser Emulsionen (siehe die Zeilen 3 bis 10 der Seite 1), offenbart aber keine Sonnenschutzmittel. Dies war unstrittig. Dokument D6 ist daher besser als nächstliegender Stand der Technik geeignet.

Unterscheidungsmerkmal und technische Aufgabe

26.3 Die unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 24 des Hilfsantrags 2 unterscheiden sich von der Offenbarung des Dokuments D6 (siehe Absatz [0054]) dadurch, dass sie Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate (ISOLAN GPS, siehe D2) enthalten. Dies war unstrittig.

26.4 Im Streitpatent werden im Absatz [0054] zwei Zubereitungen verglichen, die entweder Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate enthalten (Ansatz 2), oder nicht (Ansatz 1). Ansatz 2 liefert sowohl hinsichtlich des Merkmals "Wasserfestigkeit", als auch "SPF" bessere Werte als Ansatz 1. Auch dieses Ergebnis als solches war unstrittig.

26.5 Von der Beschwerdeführerin wurde mit Verweis auf die Dokumente D4 und D9 vorgebracht, dass Wasserfestigkeit und Lichtschutzfaktor in einem gemeinsamen Test gemessen werden, und dass eine Erhöhung der Wasserfestigkeit zwangsläufig zu einer Verbesserung des Lichtschutzfaktors führen würde.

26.6 Die Kammer schließt sich dieser Auffassung nicht an. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, ist dem Streitpatent nicht zu entnehmen, dass Wasserfestigkeit und Lichtschutzfaktor in einem gemeinsamen Test bestimmt wurden. Vielmehr wird im Absatz [0053] des Streitpatents auf die Bestimmung der Wasserfestigkeit gemäß Dokument D9 verwiesen. Dort wird sowohl eine Methode zur Bestimmung des Lichtschutzfaktors (siehe Punkt 1), als auch eine weitere Methode zur Bestimmung der Wasserfestigkeit (siehe Punkt 2) offenbart. Diese zweite Methode beinhaltet eine zweifache Bestimmung des Lichtschutzfaktors - vor und nach Wasserkontakt. Der Fachmann wird jedoch selbst in Kenntnis des Dokuments D9 die Ergebnisse im Absatz [0054] des Streitpatents nicht so interpretieren, dass die Verbesserung des UV-Schutzes alleine durch eine Verbesserung der Wasserfestigkeit erreicht wird. Die Beschwerdegegnerin hat zudem darauf verwiesen, dass eine gemeinsame Messung der beiden Effekte durch die Angabe eines entsprechenden "Wasserfestigkeits-SPF" gekennzeichnet wäre. Somit ist davon auszugehen, dass die beiden im Absatz [0054] des Streitpatents gezeigten technischen Wirkungen unabhängig voneinander bestimmt wurden, und dass es sich dabei um zwei voneinander getrennte technische Wirkungen handelt. Diese Einschätzung stützt sich auch auf die Absätze [0052] und [0054] des Streitpatents, die auf die Verwendung von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate sowohl zur Erhöhung der Wasserfestigkeit, als auch zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors von O/W-Emulsionen verweist. Eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors ist nicht zwangsläufig auf eine verbesserte Wasserbeständigkeit zurückzuführen.

26.7 Die technische Wirkung des genannten Unterscheidungsmerkmals kann somit in einer Verbesserung der Wasserfestigkeit und einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors von O/W-Emulsionen gesehen werden, wie in der Tabelle des Absatzes ]0054] im Streitpatent offenbart.

26.8 Die technische Aufgabe besteht daher in der Bereitstellung verbesserter kosmetischer Öl-in-Wasser-Emulsionen, die sich durch eine verbesserte Wasserfestigkeit und durch einen höheren Lichtschutzfaktor auszeichnen.

Anspruchsgemäße Lösung der technischen Aufgabe

26.9 Die technische Aufgabe wird gemäß der unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 24 dadurch gelöst, dass sie Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate enthalten. Das die Aufgabe tatsächlich gelöst wird, ist der Tabelle im Absatz [0054] des Streitpatents zu entnehmen (siehe die letzten beiden Zeilen "Wasserfestigkeit" und "SPF").

Nicht-Naheliegen der anspruchsgemäßen Lösung

26.10 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, die anspruchsgemäße Lösung dieses Problems, also die Zugabe von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/ Sebacate zu den im Dokument D6 offenbarten Zubereitungen, werde dem Fachmann durch Dokument D4 nahegelegt. Daraus entnehme er nämlich, dass sich die Wasserfestigkeit von kosmetischen Zubereitungen durch Zugabe dieses Emulgators verbessern lasse. Daher würde der Fachmann die beanspruchten Emulsionen bereitstellen, auch ohne erfinderisch tätig werden zu müssen. Dass durch diese Maßnahme zusätzlich auch der Lichtschutzfaktor verbessert werde, sei lediglich ein zusätzlicher Effekt. Dieser werde dadurch hervorgerufen, dass durch die Verbesserung der Wasserfestigkeit beim Kontakt mit Wasser weniger Emulsion von der Haut entfernt werde, und die somit größere verbleibende Menge an UV-Filter enthaltender Emulsion einen verbesserten Sonnenschutz bewirke. Dieser Zusammenhang zwischen Wasserfestigkeit und Sonnenschutz werde auch im Absatz [0007] des Streitpatents offenbart. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei damit auch der höhere SPF-Wert für Ansatz 2 des Absatzes [0054] des Streitpatents zu erklären. Zudem würde der Fachmann jedoch auch zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors ein Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate zugeben. Dokument D3 offenbare nämlich, dass für einen ausreichenden Sonnenschutz die Verwendung wasserfester Sonnenschutzmittel nötig sei. Durch eine Erhöhung der Wasserfestigkeit steige auch der SPF automatisch an.

26.11 Diese Argumentation überzeugt nicht. Wie vorstehend erläutert, gibt es im Streitpatent keine direkten Hinweise darauf, dass die Messung des SPF-Werts im Absatz [0054] nach Abwaschen der untersuchten Emulsion von der Haut durchgeführt wurde. Die zu beantwortende Frage lautet deshalb, ob der Fachmann den im Dokument D6 offenbarten Zubereitungen ein Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate zugeben würde, um dadurch sowohl deren Wasserfestigkeit, als auch den Lichtschutzfaktor der O/W-Emulsionen zu erhöhen.

26.12 Diese Frage ist mit nein zu beantworten. Zwar entnimmt der Fachmann dem Dokument D4 die Offenbarung, dass die Zugabe von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/ Sebacate zu einer Verbesserung der Wasserfestigkeit führt (Tabelle 12, Formulierungen 4-1 und 4-11). Jedoch fehlt es an einer Offenbarung, dass diese Zugabe zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors führt. Zur anspruchsgemäßen Lösung der genannten technischen Aufgabe, die auch eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors beinhaltet, gibt Dokument D4 daher keine Auskunft.

26.13 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 13 und 24 ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D6 als nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPC.

Dokument D4 als nächstliegender Stand der Technik

26.14 Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D4 als nächstliegendem Stand der Technik verwies die Beschwerdeführerin insbesondere auf die Zubereitungen Nr. 4-11 bis 4-15 der Tabelle 12 sowie Nr. 7-8 der Tabelle 17. Ein Unterscheidungsmerkmal sei jeweils eines der in den Emulsionen der Ansprüche 1, 13 und 24 enthaltenen UV-Filter. Das im Streitpatent (Absatz [0010]) angegebene technische Problem der Bereitstellung von sensorisch attraktiven O/W-Emulsionen mit hoher Wasserfestigkeit werde jedoch weiterhin durch die Anwesenheit von Polyglyceryl-4 Diisostearate/Polyhydroxystearate/Sebacate gelöst, und nicht durch das Unterscheidungsmerkmal der in den erteilten Anspruch 1 zusätzlich aufgenommenen UV-Filter. Da mit dem Unterscheidungsmerkmal keine technische Wirkung verbunden sei, handle es sich bei den im Hauptantrag beanspruchten Emulsionen lediglich um Alternativen zu den im Dokument D4 offenbarten, deren Lösung dem Fachmann insbesondere durch die technischen Lehre des Dokuments D6 nahegelegt werde.

26.15 Auch diese Argumentation überzeugt nicht. Zwar ist korrekt, dass die Zugabe von UV-Filtern zu einem UV-Schutz führt, jedoch entnimmt der Fachmann dem Dokument D4 keine Hinweise darauf, den darin offenbarten Emulsionen die anspruchsgemäßen UV-Filter zuzusetzen, und insbesondere auch keine Hinweise darauf, diese dann auch als Sonnenschutzzubereitungen zu verwenden. Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D4 liegt somit ebenfalls erfinderische Tätigkeit vor.

26.16 Hilfsantrag 2 erfüllt aus diesen Gründen die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

Angepasste Beschreibung

27. Die Beschwerdegegnerin hat gleichzeitig mit den Ansprüchen des Hilfsantrags 2 eine daran angepasste Beschreibung eingereicht. Von der Beschwerdeführerin wurden keine Einwände hinsichtlich der angepassten Beschreibung erhoben. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.

Zusammenfassung

28. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der Hauptantrag aufgrund mangelnder Knappheit der Ansprüche nicht gewährbar ist (Artikel 84 EPÜ), und die angefochtene Entscheidung deshalb aufzuheben ist. Zudem ist festzuhalten, dass die hinsichtlich Hilfsantrag 2 vorgebrachten Einwände weder in Bezug auf dessen Zulassung, noch auf dessen Gewährbarkeit durchgreifend sind, und das Streitpatent deshalb auf der Grundlage des Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung: Absätze 1-10, 12, 13, 16, 17, 21-55 der Patentschrift, 11, 14, 15, 18, 20 eingereicht mit Schreiben vom 3. April 2025,

Ansprüche: 1-33 gemäß Hilfsantrag 2 eingereicht mit Schreiben vom 3. April 2025.

Quick Navigation