T 2226/22 () of 8.5.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T222622.20240508
Datum der Entscheidung: 08 Mai 2024
Aktenzeichen: T 2226/22
Anmeldenummer: 16195749.3
IPC-Klasse: B04B 1/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: TROMMELDECKEL EINER VOLLMANTELSCHNECKENZENTRIFUGE
Name des Anmelders: Flottweg SE
Name des Einsprechenden: Alfa Laval Corporate AB
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag, Hilfsantrag 1 (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 4 (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung
Änderungen - Hilfsanträge 2 und 3 (ja)
Änderungen - Hilfsantrag 4 (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 4 (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 2619/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin und die Einsprechende legten jeweils form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen (damals Hilfsantrag 4) das europäische Patent Nr. EP 3 181 231 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom 7. März 2024 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, der zufolge die Beschwerden voraussichtlich zurückzuweisen sein dürften.

III. Keine der Beteiligten reagierte inhaltlich mit einem Schriftsatz auf diese Mitteilung.

IV. Am 8. Mai 2024 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

VI. Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.

VII. Die Patentinhaberin beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung (Hauptantrag),

hilfsweise

die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 3, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren,

und weiter hilfsweise

die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung mit dem Übereinkommen vereinbaren Fassung (Hilfsantrag 4).

VIII. Die Einsprechende beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

den Widerruf des europäischen Patents Nr. EP 3 181 231.

IX. In dieser Entscheidung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D2: DE 10 2014 108 722 A1;

D5: WO 02/098567 A1.

X. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet (Merkmalgliederung entsprechend Punkt II.2 der Entscheidungsgründe):

"a) Trommeldeckel (30),

b)/c) einer um eine Zentrifugenachse (18) rotierbaren Trommel (14) einer Vollmantelschneckenzentrifuge (10), mit

d) - einem ersten Trommeldeckelabschnitt (32),

e) in dem sich Auslassöffnungen (38) befinden, an denen ein geklärtes Medium (56) von innerhalb der Trommel (14) über jeweils eine Wehrkante (40) nach außerhalb der Trommel (14) strömen kann,

f) - einen zweiten Trommeldeckelabschnitt (34),

g) der sich in Axialrichtung (20) betrachtet außen von dem ersten Trommeldeckelabschnitt (32) befindet

und der die Trommel (14) drehbar abstützend gestaltet ist, und

h) - mindestens einem dritten Trommeldeckelabschnitt, über den der erste Trommeldeckelabschnitt (32) mit dem zweiten Trommeldeckelabschnitt (34) statisch verbunden ist,

i) wobei der mindestens eine dritte Trommeldeckelabschnitt (82; 86; 94) sich in Radialrichtung (22) betrachtet in Bezug auf die Wehrkante (40) radial außen befindet,

dadurch gekennzeichnet, dass

j) dort radial außen von den Wehrkanten (40) trotz drittem Trommeldeckelabschnitt (82; 86; 94) auch Freiräume bestehen bleiben, durch die hindurch das geklärte Medium dann nach radial außen abströmen kann."

XI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ergänzend das Merkmal

"wobei sich der mindestens eine dritte Trommeldeckelabschnitt (82; 86; 94) nicht über den gesamten Umfang des Trommeldeckels (30) erstreckt und eine stützende Wirkung zwischen dem den ersten Trommeldeckelabschnitt (32) und dem zweiten Trommeldeckelabschnitt (34) schafft".

XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ergänzend das Merkmal

"wobei sich der mindestens eine dritte Trommeldeckelabschnitt (82; 86; 94) nicht über den gesamten Umfang des Trommeldeckels (30) erstreckt und wobei der Trommeldeckel (30) einstückig ausgebildet ist".

XIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ergänzend die Merkmale

"k) wobei mindestens ein vierter Trommeldeckelabschnitt (84) vorgesehen ist,

l) über den ebenfalls der erste Trommeldeckelabschnitt (32) mit dem zweiten Trommeldeckelabschnitt (34) statisch verbunden ist,

m) wobei der mindestens eine vierte Trommeldeckelabschnitt (84) sich in Radialrichtung (22) betrachtet in Bezug auf die jeweilige Wehrkante (40) radial innen befindet".

XIV. Der abhängige Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:

"Trommeldeckel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Wehrkante (40) an einer Abströmfläche (80) ausgebildet ist, die in Axialrichtung (20) betrachtet sich von dem ersten Trommeldeckelabschnitt (32) zu dem dritten Trommeldeckelabschnitt (82) erstreckt."

XV. Hilfsantrag 4, welcher der aufrechterhaltenen Fassung entspricht, unterscheidet sich von Hilfsantrag 3 durch die Streichung des abhängigen Anspruchs 9.

XVI. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.

Entscheidungsgründe

1. Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ

1.1 Die Einsprechende wendete sich gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung in Punkt II.3 der Entscheidungsgründe, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ nicht der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe.

1.2 Zwischen den Beteiligten ist allein strittig, ob sich das Merkmal j) der Fundstelle auf Seite 3, Zeile 27, bis Seite 4, Zeile 1, der ursprünglich eingereichten Beschreibung entnehmen lässt.

1.3 Die Einsprechende trug vor, dass dem Merkmal j) eine andere Bedeutung zukomme als in der genannten Fundstelle, denn während sich in der Fundstelle das Wort "dort" auf den gesamten Umfang des Trommeldeckels beziehe, bliebe im Anspruchswortlaut der Ort, auf den sich das Wort "dort" beziehe, vage und unbestimmt.

1.4 Die Kammer teilt die Auffassung der Einsprechenden nicht, dass das Wort "dort" im Kontext des Anspruchswortlauts vage und undefiniert bleibt. Wie die Patentinhaberin zurecht vorträgt, liest die Fachperson den Anspruch als Ganzes und daher ist das Merkmal j) nicht isoliert, sondern im Kontext zu verstehen. Aus dem Kontext ergibt sich aber für die Fachperson - ebenso wie aus dem Wortlaut der ursprünglichen Fundstelle - zweifelsfrei, dass das Wort "dort" auf die Erstreckung des dritten Trommeldeckelabschnitts und nicht auf einen anderen Bezugspunkt wie etwa den gesamten Umfang des Trommeldeckels bezogen ist.

1.5 Die Kammer ist somit nicht von einer Unrichtigkeit der Feststellung der Einspruchsabteilung überzeugt, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.

2. Hauptantrag

2.1 Die Patentinhaberin trug vor, dass entgegen der Feststellung in Punkt II.4 der Entscheidungsgründe die Lehre des Dokuments D5 keinen dritten Trommeldeckelabschnitt offenbart.

2.2 In der angefochtenen Entscheidung wurde festgestellt, dass sich in den Figuren 2 und 4 des Dokuments D5 der Trommeldeckel der um eine Zentrifugenachse rotierbaren Trommel aus der Nabe 14, der außenseitigen Platte 14 des Getriebegehäuses, dem Gehäuse des Getriebes 32, der innenseitigen Platte des Getriebegehäuses, den Stegen 38 und der Vollmantelnabe 15 zusammensetze. Alle diese Bestandteile seien miteinander verbunden und drehen zusammen mit der Trommel. Sie erfüllten als Einheit zudem die Funktion, dass Innere der Trommel abzuschließen und stellten damit im weitesten Sinne einen Deckel dar.

2.3 Auch die Patentinhaberin erkennt an, dass das Getriebe 32 mittels der Pfosten 38 an den Vollmantel 12 der Zentrifuge montiert ist, so dass das Getriebe 32 von dem Vollmantel 12 gestützt wird. Es ist daher unstreitig, dass alle genannten Bestandteile miteinander verbunden sind und zusammen mit der Trommel drehen.

2.4 Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden, dass dem Begriff "Trommeldeckel" ein breiter technischer Sinngehalt zu geben ist. Dies schließt insbesondere nicht aus, dass der Trommeldeckel weitere Elemente aufweist, die eine zusätzliche Funktion neben dem Abschluss des Inhalts der Trommel erfüllen, oder dass der Trommeldeckel eine besondere strukturelle Komplexität aufweisen könnte.

Angesichts dieses breiten Verständnisses des Begriffs "Trommeldeckel" ist die geforderte räumliche Trennung des Getriebegehäuses 32 durch die Pfosten 38 von den Austrittsöffnungen 24, wie es auf Seite 5 in den letzten drei Zeilen des Dokuments D5 beschrieben ist, bei der Frage, welche Elemente dem Trommeldeckel zuzurechnen sind, unbeachtlich. Erheblich ist vielmehr, dass das Getriebegehäuse 32 mit den übrigen Trommeldeckel fest verbunden ist, so dass es sich mit diesem dreht und strukturell als Teil einer Gesamtheit zu verstehen ist.

Die Kammer schließt sich folglich der Feststellung der Einspruchsabteilung an, dass die genannten Bestandteile (Getriebe 32, Pfosten 38, Vollmantel 12) als Einheit betrachtet werden müssen und daher im weitesten Sinne gemeinsam den Trommeldeckel bilden. Dabei bilden die Pfosten 38 einen dritten Trommelabschnitt im Sinne des Anspruchswortlauts.

2.5 Da die Patentinhaberin nicht geltend gemacht hat, dass es weitere Unterscheidungsmerkmale gegenüber D5 gäbe, ist der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht neu gegenüber der Lehre des Dokuments D5.

3. Hilfsantrag 1

3.1 In Punkt 11. der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung zur Frage der Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber der Lehre des Dokuments D5 mit, worauf anschließend die Beteiligten nicht schriftlich reagiert haben. Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt lediglich auf das jeweilige schriftsätzliche Vorbringen verwiesen (vgl. Seite 2, vierter Absatz, des Protokolls der mündlichen Verhandlung), sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK insoweit getroffenen Auffassung abzuweichen und bestätigt diese, wie im Folgenden näher dargestellt.

3.2 In Punkt II.6 der Entscheidungsgründe stellte die Einspruchsabteilung begründet fest, dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfülle.

3.3 Die Frage, ob Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt, ist jedoch nicht entscheidungserheblich.

3.4 Die Einsprechende machte in ihrer Beschwerdebegründung wie auch im Einspruchsverfahren einen Einwand mangelnder Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber der Lehre von Dokument D5 geltend. Die Patentinhaberin ihrerseits verwies zur Neuheit allein auf ihr Vorbringen hinsichtlich des Hauptantrags.

3.5 Die Kammer teilt die von der Patentinhaberin nicht bestrittene Argumentation der Einsprechenden, dass in Dokument D5 die Pfosten 38 als dritter Trommeldeckelabschnitt zu identifizieren sind und die dem Hilfsantrag 1 gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hinzugefügten Merkmale erfüllen.

3.6 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist folglich nicht neu gegenüber der Lehre von Dokument D5.

4. Hilfsantrag 2

4.1 In Punkt II.8 der Entscheidungsgründe stellte die Einspruchsabteilung fest, dass den ursprünglichen Unterlagen, insbesondere den Figuren 6 und 8, nicht entnommen werden kann, dass der Trommeldeckel einstückig ausgebildet ist, wie es das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hinzugefügte Merkmal verlangt.

4.2 Die Patentinhaberin wendete dagegen ein, dass in den Figuren aufgrund der Schraffuren klar erkennbar sei, dass die Trommeldeckelabschnitte ineinander übergingen. Weitere dem Trommeldeckel zugeordnete Bauteile, als die in den Figuren dargestellten, seien der ursprünglichen Offenbarung nicht zu entnehmen.

Auch sei in Figur 1 der dort wiedergegebene Trommeldeckelabschnitt 36 zusammen mit dem ersten und zweiten Trommeldeckelabschnitten 32, 34 schraffiert gekennzeichnet und es ergebe sich eindeutig aus der ursprünglichen Beschreibung, Seite 10, Zeilen 15 bis 18, dass diese einstückig miteinander verbunden sind. Im Ergebnis verbinde die Fachperson daher bei der Lektüre der ursprünglichen Unterlagen gedanklich eine Schraffur mit einer einstückigen Ausgestaltung.

Zudem spreche die gesamte ursprüngliche Offenbarung nicht gegen eine einstückige Ausgestaltung.

4.3 Bei der Zulässigkeit von Änderungen ist zu prüfen, ob die Fachperson unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens den beanspruchten Gegenstand unmittelbar und eindeutig in der ursprünglichen Fassung der Anmeldung offenbart ansehen würde ("Goldstandard"; vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage 2022, Kapitel II.E.1.3.1).

4.4 Die Einspruchsabteilung stellte zutreffend fest, dass die von der Patentinhaberin herangezogenen Figuren 6 und 8 lediglich Querschnitte des Trommeldeckels wiedergeben. Diese Feststellung blieb im Ergebnis unbestritten.

Die Kammer schließt sich dieser Feststellung an.

Die ursprünglichen Figuren 6 und 8 zeigen notwendigerweise nur einen Teilaspekt des Trommeldeckels, nämlich eine Schnittansicht. Es bleibt aus dem einzig dargestellten Schnitt mangels einer Darstellung des übrigen Trommeldeckels aus anderen Perspektiven oder einer ergänzenden Offenbarung in der Beschreibung, wie es bei der ursprünglich eingereichten Figur 1 der Fall ist, jedoch offen, ob der gesamte Trommeldeckel einstückig ausgebildet ist, denn zur weiteren Ausgestaltung des Trommeldeckels jenseits des Schnitts kann den ursprünglich eingereichten Unterlagen nichts entnommen werden.

Auch die Verwendung einer Schraffur kann keinen Hinweis auf eine Einstückigkeit geben. Sie ist Teil einer insgesamt schematischen Darstellung des Trommeldeckels. Die Offenbarung aus Figur 1, die den Stand der Technik und nicht die Ausführungsform der Erfindung in den Figuren 6 bzw. 8 wiedergibt, wird hinsichtlich der Einstückigkeit bestimmter, in Figur 1 dargestellter Elemente in der Beschreibung zudem ausdrücklich präzisiert, so dass nicht offensichtlich ist, dass die Fachperson deshalb eine Schraffur in anderen Zeichnungen zwingend mit einer Einstückigkeit von einer Mehrzahl verschiedener Elemente in Verbindung bringen würde.

4.5 Es ist folglich nicht nachvollziehbar, weshalb eine Fachperson angesichts der Darstellung in den ursprünglichen Figuren 6 und 8 unmittelbar und eindeutig entnehmen könnte, dass der Trommeldeckel einstückig ausgeführt wäre.

4.6 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 erfüllt somit nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

5. Hilfsantrag 3

5.1 In Punkt 13. der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung zur ursprünglichen Offenbarung der Änderungen in Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 mit, worauf anschließend die Beteiligten nicht schriftlich reagiert haben. Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt lediglich auf das jeweilige schriftsätzliche Vorbringen verwiesen (vgl. Seite 3, erster Absatz, des Protokolls der mündlichen Verhandlung), sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK insoweit getroffenen Auffassung abzuweichen und bestätigt diese, wie im Folgenden näher dargestellt.

5.2 Die Patentinhaberin wendete sich gegen die Feststellung in den Punkten II.10.2 bis II.10.4 der Entscheidungsgründe, dass Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 keine Stütze in den ursprünglichen Unterlagen findet.

Die Patentinhaberin bestritt dabei nicht, dass sich für Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 keine Stütze in der ursprünglichen Beschreibung findet.

Sie wendete sich allein gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass die Merkmalskombination des Anspruchs 9 gemäß Hilfsantrag 3 nicht durch die Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 7 und 10 gestützt sind, da der ursprüngliche Anspruch 10 nicht auf den ursprünglichen Anspruch 7 rückbezogen formuliert ist.

5.3 Entgegen der Argumentation der Patentinhaberin handelt es sich bei der Frage der Abhängigkeit von Ansprüchen jedoch nicht um eine Frage der Semantik, sondern um eine Frage des Tatsächlichen. Eine Merkmalskombination der ursprünglichen Ansprüchen 7 und 10 ist, auch wenn beide jeweils von Anspruch 1 abhängig formuliert sind, dem Anspruchssatz nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, da der Bezug zwischen den Ansprüchen 7 und 10 untereinander offenbleibt. Dem steht auch nicht die von der Patentinhaberin zitierte Entscheidung T 2619/11 entgegen. Dort wurde bei der Beurteilung der Offenbarung einer Merkmalskombination insbesondere die Beschreibung und nicht lediglich der ursprünglich eingereichte Anspruchssatz herangezogen, so dass diese Entscheidung für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist.

5.4 Der Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 erfüllt nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

6. Beschwerde der Einsprechenden - Hilfsantrag 4

6.1 Mit ihrer Beschwerde machte die Einsprechende gegen das Patent in aufrechterhaltener Fassung (in der angefochtenen Entscheidung als Hilfsantrag 4 bezeichnet) Einwände aus Artikel 123 (2) EPÜ, mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 geltend.

6.2 Hinsichtlich des Einwands aus Artikel 123 (2) EPÜ, der sich auf den gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags vorgebrachten, entsprechenden Einwand zu Artikel 100 c) EPÜ beschränkte, wird auf die in obigen Punkt 1. dargelegten Schlussfolgerungen der Kammer verwiesen.

6.3 Neuheit gegenüber der Lehre des Dokuments D5

6.3.1 Die Einsprechende argumentierte zur angeblich mangelnden Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber der Lehre des Dokuments D5, dass das Merkmal l) (siehe Punkte XIII. und XIV. oben) derart breit formuliert sei, dass der vierte Trommeldeckelabschnitt lediglich eine statische Verbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Trommeldeckelabschnitt ermöglicht, so dass auch eine mittelbare Verbindung denkbar wäre.

Entsprechend sei der innere, zwischen Austrittsöffnungen 24 und dem Achslager liegende Bereich der Gehäuseabdeckung 32 in Figur 4 des Dokuments D5 als vierter Trommeldeckelabschnitt zu identifizieren.

6.3.2 Aus den Wort "ebenfalls" in Merkmal l) lässt sich jedoch nicht nur eine Möglichkeit einer statischen Verbindung über den vierten Trommelabschnitt herleiten, wie es die Einsprechende vortrug.

Vielmehr ist der Wortlaut der Merkmale damit eindeutig so formuliert, dass der erste Trommeldeckelabschnitt über den vierten Trommeldeckelabschnitt zusätzlich zu dem im Merkmal h) definierten dritten Trommeldeckelabschnitt mit dem zweiten Trommeldeckelabschnitt statisch verbunden ist. Der vierte Trommeldeckelabschnitt ist folglich Teil einer nicht nur eventuell, sondern tatsächlich strukturell vorhandenen statischen Verbindung, die entsprechend der Merkmale radial innen in Bezug auf die jeweilige Wehrkante angeordnet ist.

6.3.3 Auch die Einsprechende bestritt nicht, dass der von ihr definierte Bereich in Figur 4 des Dokuments D5 keine derartige Verbindung darstellt.

6.3.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist somit neu gegenüber der Lehre des Dokuments D5.

6.4 Erfinderische Tätigkeit gegenüber der Lehre des Dokuments D5

6.4.1 Die Einsprechende wendete sich ferner gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung in Punkt II.14 der Entscheidungsgründe, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ausgehend von der Lehre des Dokuments D5 in einer Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder der Lehre des Dokuments D2 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

6.4.2 Ausgangspunkt ist das in den Figuren 3 und 4 dargestellte Ausführungsbeispiel der Lehre des Dokuments D5.

6.4.3 Es ist nach den in Punkt 6.3 dieser Entscheidung den der Kammer dargelegten Schlussfolgerungen zur Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 zwischen den Beteiligten unstrittig, dass mit den Merkmalen k), l) und m), durch die sich Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 von der Lehre des Dokuments D5 unterscheidet, die objektive technische Aufgabe verbunden ist, einen größeren Kraftübertrag von dem ersten Trommeldeckelabschnitt auf den zweiten Trommeldeckelabschnitt zu ermöglichen. Dies ist so auch in Absatz [0017] des Streitpatents formuliert.

6.4.4 Die Einsprechende trägt vor, dass der Fachperson die Merkmale k), l) und m) zur Lösung dieser Aufgabe aus dem allgemeinen Fachwissen, das in Bezug auf Figur 1 des Dokuments D5 offenbart werde, bekannt und nahegelegt seien.

Sie begründet dies damit, dass die in Dokument D5 zu Figur 4 dargelegte Lehre, nämlich in Bezug auf die Austrittsöffnungen 24 äußere, stützende Elemente in Form der Pfosten 38 vorzusehen, bereits ausgereizt sei und die Fachperson diese Elemente daher bei der Lösung der objektiven technischen Aufgabe nicht mehr in Betracht ziehen.

Die Fachperson erkenne hingegen unmittelbar aus Figur 3, dass Platz für eine innere Hohlwelle existiere, so dass sie ohne weiteres diese in Dokument D5 als Stand der Technik bezeichnete Lösung heranzöge, zumal eine gleichartige Lösung auch aus anderen Dokumenten des Stands der Technik, insbesondere Dokument D2 (siehe Hohlwellenstummel 30 in Figur 1), als konventionell bekannt und damit naheliegend sei.

6.4.5 Diesem Argument kann sich die Kammer nicht anschließen.

Wie die Einspruchsabteilung zurecht vortrug, sind dem Dokument D5 selbst keine Hinweise zu entnehmen, die in Figur 1 dargestellte Nabe 3 bei der Lösung der sich stellenden Aufgabe in Betracht zu ziehen, denn es wird in Dokument D5 auf den Seiten 1 bis 3 vielmehr ausdrücklich auf die Nachteile dieser Nabe 3 hingewiesen. Im Ergebnis wird die Fachperson somit von einer solchen Ausgestaltung weggeführt. Diese in Dokument D5 dargestellten Nachteile betreffen insbesondere den durch das Getriebegehäuse verursachten höheren Drehmoment bei Erreichung der gewünschten Drehzahlen der Trommel und die damit erforderliche Stabilität einer Verbindung (vgl. insbesondere Seite 2, dritter Absatz, des Dokuments D5).

Aus Dokument D5 ist zudem nicht zu entnehmen, dass die dort vorgeschlagene Lösung, zur Gewährleistung der nötigen Stabilität bei der Verbindung über außen angeordnete Pfosten technisch bereits ausgereizt wäre. Auch die von der Einsprechenden angegebenen Textstellen aus Dokument D5 auf Seite 3, letzter Absatz, Seiten 5 und 6, übergreifender Absatz, und Seite 6, letzter Absatz, enthalten keine dahingehenden Aussagen, sondern beschreiben allenfalls pauschal, dass eine geeignete Wahl bzw. Ausführung der Pfosten 38 erfolgen sollte, ohne jedoch Grenzen des Einsatzes der Pfosten 38 als stützende Elemente zu beschreiben.

6.5 Auch der Lehre des Dokuments D2 ist kein Hinweis auf die Merkmale k), l) und m) zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe zu entnehmen.

Die Einspruchsabteilung stellte zurecht fest, dass Dokument D2 sich mit einer anders gelagerten Problemstellung (Energierückgewinnung) beschäftigt und der Offenbarung auch keine Informationen in Hinblick auf der Funktionsweise der in Figur 1 in pauschaler Form und ohne weitere Erläuterungen gezeigten Hohlwellenstummels 30 in Bezug auf die objektive technische Aufgabe enthält. Es ist daher nicht erkennbar, weshalb die Fachperson die Lehre des Dokuments D2 berücksichtigt hätte.

6.5.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß aufrechterhaltener Fassung beruht somit ausgehend von der Lehre des Dokuments D5 in Zusammenschau mit dem allgemeinen Fachwissen oder der Lehre von Dokument D2 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6.6 Weitere Einwände gegen das Patent in aufrechterhaltener Fassung wurden von der Einsprechenden nicht vorgebracht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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