| European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2025:T175922.20250618 | ||||||||
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| Datum der Entscheidung: | 18 Juni 2025 | ||||||||
| Aktenzeichen: | T 1759/22 | ||||||||
| Anmeldenummer: | 17717628.6 | ||||||||
| IPC-Klasse: | G06Q 50/04 G06Q 10/08 G01G 19/08 |
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| Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
| Verteilung: | D | ||||||||
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| Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR BESTIMMUNG EINES FINANZIELLEN BETRAGES FÜR EINE LOGISTISCHE LEISTUNG IN EINER FERTIGUNGSANLAGE UND FERTIGUNGSANLAGE MIT EINEM FAHRZEUG ZUR DURCHFÜHRUNG DES VERFAHRENS | ||||||||
| Name des Anmelders: | SEW-EURODRIVE GmbH & Co. KG | ||||||||
| Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
| Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
| Leitsatz: | - | ||||||||
| Relevante Rechtsnormen: |
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| Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Mischung technischer und nicht-technischer Merkmale Erfinderische Tätigkeit - kein synergetischer Effekt Änderungen - Hilfsanträge Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja) |
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| Orientierungssatz: |
- |
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| Angeführte Entscheidungen: |
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| Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 17717628.6 mangels erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) zurückgewiesen wurde.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte mit der Beschwerdebegründung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen im Umfang des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 bis 2, alle bereits Gegenstand der angefochtenen Entscheidung und eingereicht am 20. Januar 2022. Hilfsweise wurde mündliche Verhandlung beantragt.
III. In der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vertrat die Kammer die Ansicht, dass es dem Gegenstand des Anspruches 1 aller Anträge an erfinderischer Tätigkeit fehlt. Des weiteren verstoße Anspruch 1 des jeweiligen ersten und zweiten Hilfsantrags gegen Artikel 123(2) EPÜ.
IV. Die Beschwerdeführerin nahm in ihrem Antwortschreiben kurz Stellung zum Wissen des Fachmanns über die Vorteile einer induktiven Versorgung eines Fahrzeugs und argumentierte, dass eine synergetische Wechselwirkung zwischen den Unterschiedsmerkmalen vorliege.
V. Die mündliche Verhandlung fand am 18. Juni 2025 in Form einer Videokonferenz statt. Die Beschwerdeführerin wiederholte ihre schriftlich gestellten Anträge. Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet (Merkmalsgliederung in Anlehnung an Punkt 1 der Entscheidung), wie folgt:
"1. Verfahren zur Bestimmung eines Wertes für eine logistische Leistung in einer Fertigungsanlage, dadurch gekennzeichnet, dass
- an ein Fahrzeug (7) in der Fertigungsanlage eine Auftragsinformation, insbesondere Fahrauftragsinformation, übermittelt wird,
- das Fahrzeug (7) entsprechend der Auftragsinformation Arbeitsstationen (1) der Reihe nach anfährt, wobei an der jeweiligen Arbeitsstation (1) ein jeweiliger Herstellverfahrensschritt an einer vom Fahrzeug (7) aufgenommenen und transportierten Komponente ausgeführt wird,
- dabei die logistische Leistung aus erfassten Werten bestimmt wird,
- die erfasste logistische Leistung über eine Internetverbindung an eine Server übertragen wird, der an einer insbesondere geographisch beabstandeten Position zur Fertigungsanlage angeordnet ist,
- wobei der Server aus der erfassten logistischen Leistung einen Wert unter Berücksichtigung der Fahrwege (3),
wobei die erfassten Werte
- die Masse der transportierten Komponente und
- die zurückgelegte Fahrstrecke,
sind,
[M4] wobei das Fahrzeug (7) an seiner Unterseite eine Sekundärwicklung aufweist, welche induktiv koppelbar ist mit einem am Boden verlegten Primärleiter, der mit einem mittelfrequenten Wechselstrom beaufschlagt wird,
[M4] wobei der Sekundärwicklung eine derartige Kapazität in Reihe und/oder seriell zugeschaltet ist, dass die Resonanzfrequenz des so gebildeten Schwingkreises im Wesentlichen der Frequenz des in den Primärleiter eingeprägten Wechselstroms entspricht,
[M4] wobei der Primärleiter als Wicklung ausgeführt ist, insbesondere als Ringwicklung,
[M5] wobei der Boden der Fertigungsanlage nur im Bereich des kompakten Bereiches der Wicklung aufgefräst wird,
[M6] wobei in demjenigen Raumbereich um die Wicklung herum, in welchem eine ausreichende induktive Kopplung zwischen Primärwicklung und Sekundärwicklung des Fahrzeugs (7) erreichbar ist, der Energiespeicher des Fahrzeugs (7) beladen wird und außerhalb des Raumbereichs ein Antrieb des Fahrzeugs (7), eine Steuerung des Fahrzeugs (7) und Antriebe des Roboterarms des Fahrzeugs (7) aus dem Energiespeicher versorgt werden,
wobei die logistische Leistung aus dem Wert der Masse der jeweils transportierten Komponente und aus dem Wert der jeweils zurückgelegten Fahrstrecke (5) bestimmt wird, insbesondere nämlich als Funktion des Produktes aus dem Wert der Masse der jeweils transportierten Komponente und aus dem Wert der jeweils zurückgelegten Fahrstrecke (5),
[M3] wobei das Drehmoment des Antriebs des Fahrzeugs (7) bestimmt wird und daraus die die Masse der jeweils transportierten Komponente bestimmt wird,
wobei der Wert der jeweils zurückgelegten Fahrstrecke (5) bestimmt wird aus dem zeitlichen Verlauf der erfassten Positionswerte des Fahrzeugs (7),
wobei bei Änderung, insbesondere Erweiterung, der Fertigungsanlage die entsprechende Information zur geänderten Anzahl, Art und/oder Position der Fahrwege (3) an den Server übermittelt wird, welcher dann bei Bestimmung des Wertes diese Information berücksichtigt.
Entscheidungsgründe
1. Hintergrund
1.1 Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung eines finanziellen Betrages [sic!] für eine logistische Leistung in einer Fertigungsanlage und eine Fertigungsanlage mit einem Fahrzeug zur Durchführung des Verfahrens, siehe Seite 1, erster Absatz, der Anmeldung.
1.2 Es sei allgemein bekannt, dass in einer Fertigungsanlage eine logistische Leistung zu erbringen ist, beispielsweise durch Fließbänder. Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, den flexiblen Betrieb einer Fertigungsanlage zu vereinfachen.
1.3 Die vorliegende Erfindung stellt ein Verfahren bereit, bei dem ein Fahrzeug in der Fertigungsanlage Arbeitsstationen entsprechend einem Produktionsauftrag der Reihe nach anfährt. Diese logistische Leistung wird in Form von Fahr- und Transportleistung erfasst und an einen Server übertragen. Zu den erfassten Daten gehören u.a. die Anzahl der angefahrenen Arbeitsstationen, die zurückgelegte Fahrstrecke und/oder die Anzahl der vom Fahrzeug transportierten Komponenten. Der Server bestimmt auf der Basis der übermittelten Daten einen finanziellen Wert zur Abrechnung der in Anspruch genommenen Leistung, siehe Seite 5, Zeilen 28 bis 31. Es ist in der Anmeldung nicht weiter ausgeführt, wie genau der Server diesen Wert bestimmt.
1.4 Nach der Beschreibung liege der Vorteil der Erfindung darin, dass der Hersteller eines Produktes und Betreiber der Fertigungsanlage keine Investitionen für intralogistische Leistung auf sich nehmen müsse. Vielmehr könne er diese Leistung einfach von einem Anbieter für logistische Leistung kaufen, siehe Seite 1, Zeile 20, bis Seite 2, Zeile 19.
2. Hauptantrag - Artikel 56 EPÜ
2.1 Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung hinsichtlich des Naheliegens des Gegenstands von Anspruch 1 im Sinne des Artikels 56 EPÜ im Wesentlichen zu.
2.2 D1 (EP2500871 A1) stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart den Betrieb eines Fahrzeugs 10 in einer Fertigungsanlage, siehe [0012]-[0015] und Abbildung 1, das in einem autonomen Modus betrieben werden kann und in einer Lagerhalle zum Transport von Gegenständen benutzt wird, siehe [0026][0031][0032], Abbildungen 3 und 4. Das Fahrzeug wird über eine auf-ladbare Energiequelle mit Energie versorgt, siehe [0017][0052][0060], die an Ladepunkten im Warehouse geladen wird. Das Fahrzeug ist mit unterschiedlichen Sensoren, wie zum Beispiel einem Gewichtssensor ausgestattet, [0020][0021]. Ein Server steht mit dem Fahrzeug in Verbindung, übermittelt an dieses Daten und erhält von diesem Daten [0033].
2.3 Die Prüfungsabteilung sah den Unterschied des Gegenstands des Anspruches 1 zur D1 in den nachfolgenden drei Merkmalen (U1, U2, U3) :
(U1) das nicht-technische Verfahren zur Bestimmung eines Wertes für eine logistische Leistung in einer Fertigungsanlage (siehe Punkt 1, Seiten 3 und 4 der angefochtenen Entscheidung).
Die Prüfungsabteilung befand, dass das im Merkmal (U1) beschriebene Verfahren für sich genommen keine technische Wirkung habe, da die logistische Leistung und der berechnete Wert kein erkennbares technisches Problem lösten und auch keinen technischen Effekt hätten ;
(U2) die Ausführung des Gewichtssensors mittels Messung des Antriebsmoments (Merkmal M3);
Die Prüfungsabteilung befand, dass das Merkmal (U2) aus der D3 (WO 2013/075280 A1), Seite 1, letzter Absatz, und Seite 4, fünfter Abschnitt, sowie auch aus der D4 (DE 10 2012 222 854 A1), Absatz [0004][0013] bekannt ist. Der Fachmann würde dieses Merkmal zur Einsparung der in der D1 offenbarten separaten Waage als alternativen Mechanismus zur Gewichtsermittlung berücksichtigen;
(U3) die Merkmale M4-M6, die die induktive Energieversorgung des Fahrzeugs betreffen;
Die Prüfungsabteilung befand, dass das Merkmal (U3) aus der D2 (WO 2011/116874 A1), Seite 1 und Seite 2, Seite 3 bis 4, Seite 8, erster Absatz, Abb. 1, bekannt ist. Der Fachmann würde eine induktive Energieversorgung als Alternative zum Batteriebetrieb der D1 vorsehen.
2.4 Die Prüfungsabteilung sah keine synergetische Wechselwirkung zwischen den drei Unterscheidungsmerkmalen (U1, U2, U3) und schloss daraus, dass es dem Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von der D1 in Verbindung mit der D3 sowie der D2 an erfinderischer Tätigkeit fehle. Die beiden unabhängigen Teilaufgaben (U2, U3) würden in nicht erfinderischer Weise gelöst (vgl. Seiten 6 und 7 der angefochtenen Entscheidung).
2.5 Die Beschwerdeführerin verwies auf ihre im Prüfungsverfahren vorgetragene Argumentation. Zusätzlich führte
sie in der Beschwerdegründung folgende Argumente an.
Die Bestimmung der logistischen Leistung aus dem Produkt von Masse der transportierten Komponente und der zurückgelegten Fahrtstrecke sei grundsätzlich technisch, da es sich hierbei um ein Maß für Reibenergie handle. Die Erfindung lehre, dass die Masse und der Transportweg bestimmt und daraus das Produkt gebildet werde, um ein für Logistik relevantes Energiemaß zu bestimmen.
Die induktive Ausgestaltung der Energieübertragung in Merkmalen U2 und U3 würde die Präzision des Verfahrens optimieren, da die berührungslose Energieübertragung die Massebestimmung möglichst wenig störe. Dass die Massebestimmung über das Drehmoment erfolge, erhöhe ebenfalls die Präzision, da dies motorseitig im Fahrzeug ausführbar sei. Es liege somit eine synergistische Wirkung aller Merkmale vor.
2.6 Die Kammer ist von der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt. Die logistische Leistung mag zwar - als Produkt aus Masse der transportierten Komponente und der zurückgelegten Fahrtstrecke - aus physikalischen Größen bestimmt werden. Daraus ergibt sich aber noch keine technische Wirkung. Dies gilt unabhängig davon, ob das ermittelte Produkt als Maß für Reibenergie betrachtet werden kann, was die Prüfungsabteilung verneinte. Dies wäre nur eine andere physikalische Größe, ohne dass sich an der technischen Wirkung etwas ändern würde. Der Zweck der errechneten logistischen Leistung liegt nach der Anmeldung, u.a. nach Seite 1, Zeilen 6 bis 10, und Seite 2, Zeilen 5 bis 19, darin, einen finanziellen Beitrag zu bestimmen, der für die errechnete Leistung in Rechnung gestellt werden kann.
2.7 Der vorliegende Fall ist in diesem Aspekt vergleichbar mit T 1798/13. Dort befand die Kammer, in anderer Besetzung, siehe Entscheidungsgründe 2.12 bis 2.15, dass es nicht ausreiche, physikalische Größen zu erfassen und algorithmisch eine andere Größe zu berechnen, um technischen Charakter anzuerkennen. Vielmehr müsse eine erkennbare technische Wirkung erzielt werden, wie beispielsweise die Kontrolle des zugrundeliegenden technischen Systems. Eine solche technische Wirkung ist in der vorliegenden Anmeldung nicht erkennbar. In T 0907/09, Entscheidungsgründe 2.2, wird zudem festgestellt, dass die bloße Möglichkeit einer technischen Ausführung (eines breiten Merkmals) nicht ausreicht, um diesem technischen Charakter zuzuweisen.
2.8 Des Weiteren kann die Kammer auch nicht erkennen, dass der Begriff "logistische Leistung" in einer Fertigungsanlage notwendigerweise ein Maß für Reibenergie (beim logistischen Transport) darstellt oder dass sich daraus notwendigerweise technische Überlegungen für das Verfahren ergeben (vgl. dazu auch T 1806/07, Entscheidungsgründe 3.3 und 3.4, wo festgestellt wurde, dass der Begriff "transport utilisation" keine Verwendung in technischer Hinsicht bedeutet und somit keinen technischen Charakter begründen kann.
2.9 Die Kammer ist zudem der Meinung, dass eine Erfassung und Bestimmung von Leistungswerten aus der D1 bekannt ist. Ein Fahrzeugcontroller erfasst über verschiedene Sensoren unterschiedliche Daten des Fahrzeugs, wie Batteriestatus, das Gewicht und die Menge der transportierten Waren sowie Navigationsinformationen, [0044][0045]. Diese werden an den Server zur Auswertung übermittelt [0046]-[0049], u.a. zur Ermittlung von Leistungsdaten basierend u.a. auf der Menge der transportierten Waren, deren Gewicht und der vom Fahrzeug zurückgelegten Strecke. Mit anderen Worten wird in D1 implizit das Produkt aus Masse der transportierten Komponenten und der zurückgelegten Strecke bestimmt. Die Auswertung der Daten auf dem Server dient dabei dem Vergleich unterschiedlicher Fahrzeuge untereinander. Demgegenüber dient die Erfindung in dem vorliegenden Fall dazu, den Wert einer logistischen Leistung eines Fahrzeugs in Hinblick auf eine nicht-technische Zielsetzung zu bestimmen.
2.10 Die Kammer kann auch keine synergetische Wechselwirkung der Unterschiedsmerkmale untereinander erkennen. Die induktive Energieversorgung des Fahrzeugs (U3), also Merkmale M4-M6, stammen aus der Beschreibung, Seite 6, Zeilen 8 bis 29, der ursprünglichen Anmeldung. Dort wird die Ausgestaltung des Fahrzeug beschrieben, ohne dass diese Passage in einer erkennbaren Beziehung zur Berechnung der logistischen Leistung dargestellt ist. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Optimierung des Verfahrens durch eine möglichst ungestörte und damit präzisere Massebestimmung ist spekulativ und nicht belegt. Zudem ist das Fahrzeug außerhalb des Raumbereichs, in dem die induktive Ladung durchgeführt wird,mit einem Antrieb sowie Antrieben für den Roboterarm versehen, die die Massebestimmung ebenfalls beeinflussen und damit etwaige Vorteile einer induktiven Ladung konterkarieren.
2.11 Die Bestimmung der Masse der jeweils transportierten Komponente aus dem Drehmoment des Antriebs des Fahrzeugs (U2) erspart nach Seite 4, Zeilen 17 bis 19, den zusätzlichen Kraftsensor, welcher in der Anmeldung als Option für die Massebestimmung aufgeführt war. Dabei weist die Anmeldung beiden Optionen die gleiche Präzision zu. Es ist daher nicht erkennbar, dass durch die Bestimmung der Masse aus dem Drehmoment die besagte besondere Wirkung erzielt wird. Es handelt sich vielmehr um eine reine Option und Alternative in der Ausgestaltung der Masseerfassung.
2.12 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiterhin, dass es eine induktive Energieversorgung des Fahrzeuges erlaube, eine kleinere Batterie vorzusehen und so, was die Grundlast des Fahrzeuges zu verringern. Die Nutzlast des Fahrzeugs werde somit erhöht und damit ebenfalls die Präzision beim Messen der transportierten Masse. Eine Schleifenergieversorgung hingegen erhöhe die Reibung, weil ein höheres Drehmoment notwendig sei und somit die Massebestimmung weniger präzise sei.
2.13 Die Kammer kann nicht erkennen, dass dies ein greifbarer Nachteil der D1 ist, denn die Fahrzeuge der D1 werden in einer Ladestation mit Energie versorgt und nicht per Schleifversorgung. Auch wenn der Hinweis auf die Nachteile der Schleifversorgung für den Fachmann nachvollziehbar sein mag, so kann dies die beanspruchte Erfindung somit nicht gegenüber der D1 abgrenzen. Es sei auch dahingestellt, ob eine induktive Energieversorgung überhaupt einen kleineren Energiespeicher des Fahrzeugs erlaubt, denn dieser versorgt neben dem Antrieb des Fahrzeugs auch die Steuerung und die Antriebe des Roboterarms. Die Anmeldung macht über die Größe des Energiespeichers keine Angaben.
2.14 Die Beschwerdeführerin argumentierte ferner, dass der Fachmann die D2 nicht berücksichtigen würde, da diese elektromagnetische Störstrahlungen offenbare, die bei einer induktiven Energieversorgung auftreten. Die Störstrahlungen würden die Messgenauigkeit negativ beeinflussen und somit würde der Fachmann keine induktive Energieversorgung in der D1 vorsehen. Die Energieversorgung in der D1 hingegen sei ruhig.
2.15 Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, denn der Fachmann müsste auch in der beanspruchten Erfindung gemäß Anspruch 1 zusätzliche technische Maßnahmen ergreifen, wie z.B. Abschirmungen gegen Störstrahlung vorsehen, um eine genau Messung zu erreichen. Solche zusätzlichen Maßnahmen sind aber weder im Anspruch definiert, noch in der Anmeldung offenbart.
2.16 Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass der Begriff "logistische Leistung" notwendiger Weise beinhaltet, dass die Leistung "optimiert" werden soll. Selbst wenn dies der Fall wäre, läge darin kein technischer Beitrag.
2.17 Die Kammer stimmt daher der Argumentation der Prüfungsabteilung zu, dass es dem Gegenstand des Anspruches 1 an erfinderischer Tätigkeit fehlt ausgehend von der D1 in Kombination mit der D3 bzw. D4 und mit der D2 zur Lösung von einander unabhängiger Teilprobleme.
3. Hilfsanträge
3.1 Die Prüfungsabteilung befand, dass das dem Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags hinzugefügte Merkmal eine unzulässige Änderung gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags darstellt. Des weiteren sei der Gegenstand des Anspruchs aus den zum Hauptantrag vorgebrachten Gründen nicht erfinderisch. Die gegebenenfalls erzeugte "Fehlermeldung" diene nach wie vor der korrekten finanziellen Abrechnung der logistischen Leistung. Dem Merkmal fehle somit der technische Charakter.
3.2 Die Beschwerdeführerin berief sich auf ihre schriftlich vorgetragenen Argumente. Sie argumentierte, dass sich das Merkmal aus der Gesamtoffenbarung ergebe, ohne jedoch genaue Passagen anzugeben. Das Merkmal habe zudem den technischen Effekt, die Präzision, Qualität und/oder Zuverlässigkeit der Bestimmung der logistischen Leistung zu verbessern.
3.3 Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung in beiden Punkten zu. Das Merkmal "Fehlermeldung" findet sich auf Seite 3, Zeile 2, der ursprünglichen Anmeldung. Dort ist offenbart, dass die sich im Server befindliche topographische Information überprüfbar ist und gegebenenfalls eine Fehlermeldung erzeugt werden kann. Bei einer Änderung der Topographie, u.a. anzufahrender Arbeitsstationen, können Fehlerzustände eintreten, wenn eine Arbeitsstation oder ein Weg dem Server unbekannt ist, Seite 2, Zeilen 17 bis 19. Eine derartige Fehlermeldung ist aber unabhängig von der "logistischen Leistung". Es mag zutreffend sein, dass mit einer Ausgabe von Fehlermeldungen die berechnete "logistische Leistung" genauer bestimmt werden kann, da möglicherweise Änderungen in der Topographie im Server berücksichtigt werden. Allerdings ist dieser Wert ein finanzieller Wert und damit ist allenfalls die Rechnungsstellung präziser, wie auf Seite 2, letzter Absatz beschrieben.
3.4 Die Prüfungsabteilung befand, dass das dem Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags hinzugefügte Merkmal, wonach die Masse der transportierten Komponente (zusätzlich) mittels eines Kraftsensors erfasst wird, eine unzulässige Änderung gegenüber Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags darstellt. Die ursprüngliche Anmeldung offenbare zwei Alternativen der Massebestimmung, aber nicht deren Kombination. Dies entspreche auch dem ursprünglichen abhängigen Anspruch 6. Des weiteren sei der Gegenstand des Anspruches 1 nicht erfinderisch, da die Verwendung eines Kraftsensors zum allgemeinen Fachwissen gehört.
3.5 Die Beschwerdeführerin berief sich auf ihre schriftlich vorgetragenen Argumente. Sie führte an, dass Seite 7 zwei kombinierbare Alternativen in der Massebestimmung offenbare. Anspruch 6 habe diesbezüglich keine Wirkung. Das Merkmal definiere eine Redundanzmessung der Massebestimmung, was die Zuverlässigkeit und Präzision erhöhe.
3.6 Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung zu. Die Anmeldung umfasst zwei Alternativen zur Bestimmung der Masse, nämlich die Bestimmung mittels eines Kraftsensors oder über das Drehmoment, siehe Seite 5, Zeilen 22 bis 26, der ursprünglichen Anmeldung, nicht aber deren Kombination. Artikel 123(2) EPÜ fordert, dass sich eine Änderung, wenn nicht explizit offenbart, unmittelbar und unzweideutig aus der Gesamtoffenbarung ergeben muss. Dies ist nicht der Fall. Es liegt daher eine unzulässige Änderung vor. Des Weiteren ist die Kammer der Ansicht, dass ein Kraftsensor als Gewichtssensor aus der D1 bekannt ist, siehe [0020]. Auch in der D1 würde sich die Aufgabe einer möglichst genauen Massebestimmung stellen, die der Fachmann nicht durch das Ersetzen des aus der D1 bekannten Sensors leisten würde, sondern durch Hinzunahme eines weiteren, aus der D2 bzw. D3 bekannten Verfahrens in der Massebestimmung. Somit ist der Gegenstand des Anspruches 1 nicht erfinderisch.
3.7 Anspruch 1 des ersten und zweiten Hilfsantrags verstößt somit gegen Artikel 123(2) EPÜ. Außerdem beruht der jeweils beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
4. Da keiner der Anträge der Beschwerdeführerin die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.