T 1718/22 () of 9.4.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T171822.20250409
Datum der Entscheidung: 09 April 2025
Aktenzeichen: T 1718/22
Anmeldenummer: 10004084.9
IPC-Klasse: E21B 7/00
E21B 7/02
E21B 41/00
E21B 44/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tiefbaumaschine mit Rechnereinheit zum Ermitteln eines Verstellbereichs
Name des Anmelders: BAUER Maschinen GmbH
Name des Einsprechenden: ABI Anlagentechnik-Baumaschinen-Industriebedarf, Maschinenfabrik und Vertriebsgesellschaft mbH
Liebherr-Werk Nenzing Gmb
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(b)
European Patent Convention Art 100(c)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 011
Schlagwörter: Patent wie erteilt - Ausführbarkeit (ja)
Patent wie erteilt - unzulässige Erweiterung (nein)
Zurückverweisung der Angelegenheit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1374/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtete sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 378 053 (das "Patent") zu widerrufen.

II. Der Einspruch war gegen das Patent in vollem Umfang eingelegt und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ (fehlende Neuheit) und Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit), Artikel 100 c) EPÜ und Artikel 100 b) EPÜ gestützt worden.

III. Am 9. April 2025 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer als Videokonferenz statt.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung der Einsprüche, d. h. die Aufrechterhaltung des Streitpatents wie erteilt, hilfsweise die Aufrechterhaltung in geänderter Fassung auf Basis eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 ? 9, 1A, 2A und 12 ? 25.

V. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1 und 2) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) lautet wie folgt (die von der Einspruchsabteilung verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):

"1. Tiefbaumaschine (1) mit

- [1.1] einer Trägereinheit (10),

- [1.2] einem Oberwagen (11), der drehbar um eine Hochachse an der Trägereinheit (10) angeordnet ist,

- [1.3] einem Mast (14),

- [1.4] Maststützauslegern (12), welche den Oberwagen (11) mit dem Mast (14) verbinden, welcher durch Verschwenken derMaststützausleger [sic] (12) um horizontal verlaufende Achsen radial bezüglich des Oberwagens (11) verstellbar ist, und

- [1.5] einer Betätigungseinheit (18), welche gegenüber der Trägereinheit (10) verstellbar ist, wobei die Betätigungseinheit (18) ein Tiefbauwerkzeug aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- [1.6] mindestens ein Aufnehmer (51 bis 64) zum Erfassen von Zustandsdaten der Tiefbaumaschine (1) und

- [1. 7] eine Rechnereinheit (23) vorgesehen sind,

- [1.8] wobei zum Erfassen von Zustandsdaten

- mindestens ein Aufnehmer (51) zum Erfassen einer Stellung des Maststützauslegers (12), welcher den Mast (14) mit dem Oberwagen (11) verbindet, als Maß für eine Radialposition des Mastes (14) relativ zum Oberwagen (11) vorgesehen ist, und

- [1.9] mindestens ein Aufnehmer (52) zum Erfassen eines Drehwinkels des Oberwagens (11) relativ zur Trägereinheit (10) vorgesehen ist, und

- [1.10] wobei durch die Rechnereinheit (23) auf Grundlage der erfassten Zustandsdaten zumindest ein Verstellbereich der Betätigungseinheit (18) ermittelbar ist, in welchem die Betätigungseinheit (18) bei einer vorgegebenen Kippsicherheit der Tiefbaumaschine (1) verstellbar ist."

VII. Die Beteiligten haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ

i) Beschwerdeführerin

Der erteilte Anspruch 1 sei nicht unzulässig erweitert.

Insbesondere gehe aus dem Anspruch 1 implizit hervor, dass die Betätigungseinheit am Mast angeordnet sei (Punkt a)). Gemäß Merkmal 1.5 sei die Betätigungseinheit gegenüber der Trägereinheit verstellbar angeordnet und weise ein Tiefbauwerkzeug auf. Aus dem Merkmal 1.10 gehe hervor, dass ein Verstellbereich der Betätigungseinheit ermittelt werden solle. Dies führe bei einer technisch sinnvollen Auslegungsweise zwangsläufig dazu, dass die Betätigungseinheit am Mast angeordnet sein müsse.

In diesem Zusammenhang sei auch auf das Merkmal 1.8 hingewiesen, das im Absatz [0022] der veröffentlichten Anmeldung offenbart sei. Die Offenbarung, dass die Stellung des Maststützauslegers ein Maß für die Position der Betätigungseinheit sei, ergebe sich zwangsläufig, wenn die Betätigungseinheit am Mast angeordnet sei.

Bei dem auf Seite 9 der Beschwerdebegründung angeführten Beispiel handle es sich um eine Verrohrungsvorrichtung, mit welcher Stützrohre in den Boden einbringbar seien. Diese weise eine "autarke" Verstellbarkeit auf. Der erteilte Anspruch 1 erfordere aber eine Verstellbarkeit der Betätigungseinheit gegenüber der Trägereinheit (Merkmal 1.5) und die Ermittlung des Verstellbereichs der Betätigungseinheit (Merkmal 1.10), so dass eine Verrohrungsvorrichtung nicht unter den erteilten Anspruch 1 falle.

Des Weiteren sei eine Kombination der Merkmale 1.8 und 1.9 unmittelbar und eindeutig offenbart (Punkt b)). Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 fordere mindestens einen Aufnehmer und der davon abhängige Anspruch 8 liste mehrere mit "und/oder" verknüpfte Aufnehmer auf. Auch wenn dies eine Vielzahl an Kombinationen ermögliche, sei die Auswahl der beiden Aufnehmer zum Erfassen der Stellung des Maststützauslegers (Merkmal 1.8) und des Drehwinkels des Oberwagens (Merkmal 1.9) keine willkürliche Auswahl. Insbesondere Absatz [0013] der veröffentlichten Anmeldung offenbare einerseits die radiale Verstellung des Oberwagens und die Mastneigung als wesentliche kinematische Größen. Diese beiden mechanischen Verstellmöglichkeiten seien im erteilten Anspruch 1 in den Merkmalen 1.2 und 1.4 aufgenommen worden und würden durch die beiden Aufnehmer zum Erfassen des Drehwinkels des Oberwagens und der Stellung des Maststützauslegers erfasst, wie dies auch aus den Absätzen [0019] und [0020] der veröffentlichten Anmeldung hervorgehe. Bei diesen dort genannten Größen, Oberwagendrehzahl, Mastneigung und Drehwinkel des Oberwagens handle es sich um die maßgeblichen Einflussgrößen, so dass der Fachmann die im erteilten Anspruch 1 beanspruchten Aufnehmer auch entsprechend ausgewählt hätte.

Die in der angefochtenen Entscheidung von der Einspruchsabteilung diskutierte Entscheidung T 1374/07 sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Dieser Entscheidung sei ein erteilter Patentanspruch 1 zugrunde gelegen, in dem ein Brotverbesserungsmittel mit Partikeln "aus mindestens Fett und Enzymen" angegeben gewesen sei. Im für die Offenbarung maßgeblichen ursprünglich eingereichten Anspruch 4 seien als zwingende Bestandteile Fett und Proteine angegeben gewesen. Das im erteilten Patentanspruch 1 angegebene Merkmal der "Enzyme" sei dem Anspruch 5, der auf den Anspruch 4 rückbezogen war, entnommen worden. In dieser zweiten Liste seien Enzyme als ein weiterer Bestandteil angegeben gewesen, jedoch nicht als ein Ersatz für die im Anspruch 4 angegebenen Proteine.

In Bezug auf den bemängelten Ausdruck "vorgesehen" werde bekräftigt, dass dieser Ausdruck verdeutliche, dass die Aufnehmer und die Rechnereinheit Teil der durch sie gekennzeichneten Baumaschine seien (Punkt c) und d)).

Dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin II, wonach die Aufnahme der Verschwenkbarkeit der Maststützausleger um horizontale Achsen (Merkmal 1.4) ohne weitere spezifische Komponenten der Tiefbaumaschine des Ausführungsbeispiels der Figur 1, wie Trägereinheit mit Fahrwerk, mehrere Maststützausleger, die Führung der Betätigungseinheit an einem Schlitten, ein Drehbohrantrieb, ein Bohrgestänge mit Schneckenbohrer in den erteilten Anspruch 1 zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führe, werde widersprochen. Die im Absatz [0040] der veröffentlichten Anmeldung im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel der Figur 1 offenbarte Verschwenkbarkeit der Maststützausleger stehe funktional im Zusammenhang mit der radialen Verstellung des Mastes bezüglich dem Oberwagen, weshalb das Merkmal 1.4 in den Anspruch 1 aufgenommen worden sei. Es sei aber unerheblich, ob die Trägereinheit ein Fahrwerk aufweise, da der Betrieb der Betätigungs­einheit einer Tiefbaumaschine stets im Stand und nicht im Fahrbetrieb erfolge. Zur Ermittlung des zulässigen Verstellbereichs der Betätigungseinheit reiche es zudem aus, wenn - wie auch offenbart sei - ein Aufnehmer die Stellung eines (einzelnen) Maststützauslegers erfasse. Die weiteren von der Beschwerdegegnerin II genanten Merkmale stünden in keinem funktionalen Zusammenhang hierzu.

ii) Beschwerdegegnerinnen I und II

Der erteilte Anspruch 1 sei unzulässig erweitert.

Insbesondere sei in der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Drehung des Oberwagens immer untrennbar damit verbunden, dass die Betätigungseinheit am Mast angeordnet sei (Punkt a)). Alle von der Beschwerde­führerin zitierten Absätze, beispielhaft sei auf die Absätze [0013] und [0019] der veröffentlichten Anmeldung verwiesen, beinhalteten eine am Mast angeordnete Betätigungseinheit. Dieses Merkmal fehle im Merkmal 1.3 des erteilten Anspruchs 1, was zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führe. Eine implizite Offenbarung reiche hierfür nicht aus. Ferner habe die Beschwerdeführerin auf Seite 9 ihrer Beschwerdebegründung selbst ein Beispiel zitiert, bei dem die Betätigungseinheit nicht am Mast angeordnet sei. Auch diese Betätigungseinheit sei in sich verstellbar (Beschwerdegegnerin II). Der erteilte Anspruch 1 müsse breit interpretiert werden, sei dann aber unzulässig erweitert.

Aus den gleichen Gründen sei auch das Merkmal 1.8, das auf dem Absatz [0022] der veröffentlichten Anmeldung basiere, durch das Weglassen des Merkmals, dass das Maß für die Radialposition des Masts auch ein Maß für die Position der Betätigungseinheit sei, unzulässig erweitert.

Außerdem handle es sich bei der Kombination der Merkmale 1.8 und 1.9 um eine willkürliche Auswahl von zwei Aufnehmern aus der Vielzahl der im ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 8 offenbarten Aufnehmern (Punkt b)). Die Aufnehmer seien in den Absätzen [0022] bis [0034] der veröffentlichten Anmeldung alle optional und ohne Rangordnung oder Wichtigkeit aufgeführt, was ebenfalls für eine willkürliche Auswahl spreche. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei lediglich ein Ausführungsbeispiel mit sämtlichen Aufnehmern offenbart. Im von der Beschwerdeführerin zitierten Absatz [0013] der veröffentlichten Anmeldung werde die mechanische Verstellbarkeit ohne Bezug zur Kippsicherheit oder den Aufnehmern offenbart. Im von der Beschwerdeführerin zitierten Absatz [0019] der veröffentlichten Anmeldung werde eine Oberwagendrehzahl, eine damit verbundene Fliehkraft, und eine Mastneigung offenbart. Sowohl für die Oberwagendrehzahl als auch für die Mastneigung seien im ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 8 separate Aufnehmer beansprucht worden, so dass allenfalls eine Basis für die Auswahl dieser beiden Aufnehmer vorhanden sei. Die Auswahl der Aufnehmer zur Erfassung des Drehwinkels des Oberwagens und der Stellung des Maststützauslegers gehe nicht zwingend aus der ursprünglichen Offenbarung hervor und sei willkürlich.

Punkt 2.1 der Gründe der Entscheidung T 1374/07 sei für den vorliegenden Fall relevant. Dort sei ein Brotverbesserungsmittel offenbart, das ein oder mehr Bestandteile aus der Gruppe von Emulgatoren, Fetten, Enzymen, Zucker, organische Säuren, Mineralien, Polysacharide, Proteine und/oder Mischungen daraus enthalte. Die Beschwerdekammer in dieser Entscheidung führte aus, dass der Fachmann aus einer großen Anzahl an möglichen Kombinationen auswählen müsse und die ursprünglich eingereichte Anmeldung keine Lehre enthalte, die ihn dazu führen würde, die spezielle Kombination von "Fetten und Enzymen" auszuwählen. Somit sei dieser Fall vergleichbar mit der Liste der im abhängigen Anspruch 8 und in den Absätzen [0022] bis [0035] und [0047] bis [0059] der veröffentlichten Anmeldung genannten Aufnehmer.

Ferner sei der Ausdruck "vorgesehen" im erteilten Anspruch 1 nicht gleichzusetzen mit "vorhanden", "mit", "umfassen" etc. (Punkte c) und d)). Die Formulierung "vorgesehen" sei deutlich breiter auszulegen und impliziere nicht, dass die Aufnehmer und Rechnereinheit Teil der Tiefbaumaschine seien.

iii) Zusätzliches Vorbringen der Beschwerdegegnerin II

Das Merkmal 1.4 des erteilten Anspruchs 1 basiere auf Absatz [0040] der veröffentlichten Anmeldung, der sich auf das konkrete Ausführungsbeispiel der Figur 1 beziehe. Die Beschwerdeführerin habe das Merkmal 1.4, nämlich die Verschwenkbarkeit der Maststützausleger um horizontale Achsen aus dem konkreten Zusammenhang der Absätze [0039] und [0040] der veröffentlichten Anmeldung herausgerissen, was in mehrfacher Hinsicht zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führe.

So weise die Trägereinheit des erteilten Anspruchs 1 kein Fahrwerk auf. Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbare aber eine Tiefbaumaschine mit Oberwagen, Mast sowie Maststützausleger nur in Verbindung mit einem Fahrwerk (siehe veröffentlichte Anmeldung, Absätze [0020] und [0039]).

Der Weiteren sei das Merkmal 1.8 auf den Absatz [0022] der veröffentlichten Anmeldung gestützt und nicht im Zusammenhang mit den mehreren Maststützauslegern des Merkmals 1.4 offenbart.

Es fehlten weitere, nicht beanspruchte Merkmale wie ein am Mast angeordneter, vertikal verfahrbarer Schlitten, eine als Drehrohrantrieb ausgeführte Betätigungs­einheit, ein angetriebenes Tiefbauwerkzeug, ein durch ein Bohrgestänge mit unterseitig angeordnetem Schneckenbohrer gebildetes Tiefbauwerkzeug und dass die Maststützausleger den Mast tragen.

b) Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ

i) Beschwerdeführerin

Entgegen der Behauptung der Beschwerdegegnerinnen sei die Erfindung ausreichend offenbart. Die Patentschrift sei an einen durchschnittlichen Fachmann gerichtet. Der Fachmann sei ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau/Steuerungstechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung vor allem in der Konstruktion von Baumaschinen.

Die Maststützausleger seien in der Figur 1 der Patentschrift dargestellt. Das Bezugszeichen 12 zeige in die Mitte in Richtung der Maststützausleger. In der Figur 1 der Patentschrift seien die Maststützausleger die beiden senkrechten Streben. Es handle sich dabei um eine dem Fachmann allgemein bekannte Parallelkinematik. Die Maststützausleger seien außerdem in den Absätzen [0042] und [0024] der Patentschrift beschrieben.

Dem Fachmann sei weiterhin klar, dass aus der bekannten Länge der Maststützausleger und deren Winkelstellung die Radialposition des Mastes ermittelt werden könne.

Zur Rechnereinheit und zur Ermittlung des Verstellbereichs der Betätigungseinheit sei darauf hingewiesen, dass jedes Unternehmen eine Statik-Abteilung habe, die in Kennlinien und Tabellen den Verstellbereich der Betätigungseinheit festlege und in die der Bediener der Maschine entsprechend nachschaue. Dies sei in den Absätzen [0009] und [0010] des Patents offenbart.

ii) Beschwerdegegnerin I und Ergänzungen durch Beschwerdegegnerin II

Die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Insbesondere seien die Maststützausleger nicht definiert. Es sei lediglich beansprucht, dass die Maststützausleger gemäß Merkmal 1.4 den Oberwagen mit dem Mast verbinden und um horizontal verlaufende Achsen bezüglich des Oberwagens verschwenkbar seien. Auch aus der Figur 1 der Patentschrift gehe nicht hervor, um welche Elemente es sich bei den Maststützauslegern handle, da das Bezugszeichen 12 nur sehr vage in die Mitte zeige und kein konkretes Bauteil bezeichne. Die beiden von der Beschwerdeführerin identifizierten Streben würden nicht den Mast und den Oberwagen verbinden, da sich dazwischen noch eine Platte und weitere schwenkbare Elemente befänden. In den Absätzen [0042] und [0043] der Patentschrift fänden sich diesbezüglich keine weiteren Informationen.

Ferner sei nicht offenbart, wie aus der Stellung der Maststützausleger ein Maß für die Radialposition des Mastes abgeleitet werden könne. Die Radialposition des Mastes sei der Abstand des Mastes zur Hochachse des Oberwagens. Werde nun der mit dem Mast verbundene Maststützausleger als Ganzes verschwenkt, so beschrieben der Mast und Mastausleger zusammen eine Kreisbewegung. Der Abstand zur Achse bleibe unverändert, so dass nicht klar sei, wie der Aufnehmer zum Erfassen einer Stellung des Maststützauslegers ausgebildet sein solle, um ein Maß für die Radialposition des Mastes relativ zum Oberwagen zu bestimmen.

Des Weiteren sei nicht offenbart, wie die Rechnereinheit im Merkmal 1.10 den Verstellbereich der Betätigungseinheit ermittle. Absatz [0043] der veröffentlichten Anmeldung (Anmerkung der Kammer: entspricht im Wesentlichen Absatz [0045] der Patentschrift) beschäftige sich mit der Rechnereinheit, ohne zu offenbaren, wie aus den von den Aufnehmern erfassten Zustandsdaten ein Verstellbereich der Betätigungseinheit ermittelt werden könne. Tabellen oder Kennlinienfelder - wie im von der Beschwerdeführerin zitierten Absatz [0009] der Patentschrift - würden nicht weiterhelfen, da der Aufbau und Inhalt solcher Kennlinienfelder an keiner Stelle erwähnt sei. Zusätzlich sei in diesem Zusammenhang von einer Auswerteeinheit und nicht von einer Rechnereinheit die Rede. Auch wenn dem Fachmann die physikalischen Zusammenhänge grundsätzlich bekannt seien und die Berechnung von Kippmomenten zum Stand der Technik gehöre, so werde vorliegend der Fachmann stark strapaziert, insbesondere deshalb, da es sich bei der Definition des Merkmals 1.10 um das zu erreichende Ergebnis handle und der Verstellbereich den Kernpunkt der Erfindung bilde. Für diese vermeintliche Erfindung gebe es kein einziges Ausführungsbeispiel.

c) Zurückverweisung der Angelegenheit zur weiteren Entscheidung

Beide Beschwerdegegnerinnen waren mit dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Prüfung einverstanden, insbesondere da die Neuheit und erfinderische Tätigkeit im Einspruchsverfahren noch nicht diskutiert worden seien.

Entscheidungsgründe

Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ

1. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass das Patent wie erteilt unzulässig geändert wurde (Artikel 100 c) EPÜ), weil a) im erteilten Anspruch 1 die Beschränkung fehle, dass die Betätigungseinheit zwingend mit dem Mast verbunden sei, b) die Kombination eines Aufnehmers zur Erfassung einer Stellung des Maststützauslegers und eines weiteren Aufnehmers zum Erfassen eines Drehwinkels des Oberwagens relativ zur Trägereinheit eine nicht offenbarte, willkürliche Auswahl aus einer Liste mit einer Vielzahl ursprünglich offenbarter Kombinationen von Aufnehmern darstelle, und weil c) und d) der Ausdruck "vorgesehen ist" nicht voraussetze, dass das betreffende Element tatsächlich Teil der Tiefbaumaschine sei.

1.1 Die Kammer teilt diese Einschätzung aus folgenden Gründen nicht. Im Folgenden bezieht sich die Kammer auf die veröffentlichte Anmeldung, die identisch ist mit der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung.

1.2 zu Punkt a):

1.2.1 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass aus dem erteilten Anspruchs 1 unmittelbar und eindeutig hervorgeht, dass die Betätigungseinheit gegenüber dem Trägerelement verstellbar ist (Merkmal 1.5) und dass auf Grundlage der erfassten Zustandsdaten, wie der Stellung des Maststützauslegers und der Drehwinkel des Oberwagens, ein Verstellbereich der Betätigungseinheit ermittelt wird (Merkmal 1.10 in Verbindung mit den Merkmalen 1.8 und 1.9). Für den Fachmann ergibt sich daraus bei technisch sinnvoller Auslegung in logischer Konsequenz, dass sich die Betätigungseinheit auf dem Mast befindet, dass also der im erteilten Anspruch 1 genannte Mast der Tiefbaumaschine die Betätigungseinheit trägt. Damit ist implizit der vermeintlich fehlende Zusammenhang im Anspruch definiert und es liegt in dieser Hinsicht keine unzulässige Erweiterung vor.

1.2.2 Die Argumente der Beschwerdegegnerinnen überzeugen die Kammer nicht:

1.2.3 Bei dem von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung auf Seite 9 angeführten Beispiel handelt es sich um eine Verrohrungsvorrichtung, mit der Stützrohre in den Boden einbringbar sind. Die Beschwerdegegnerin II machte geltend, dass in diesem Beispiel die Betätigungsvorrichtung eben nicht am Mast angeordnet sei und trotzdem eigenständig verstellbar sei. Unbestritten ist, dass bei einer Verrohrungsvorrichtung die Betätigungseinheit nicht am Mast angeordnet ist. Die geforderte Verstellbarkeit gegenüber der Trägereinheit gemäß Merkmal 1.5 ist bei dieser Vorrichtung ebenfalls nicht gegeben. Daher fällt eine derartige Vorrichtung nicht unter den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1.

1.2.4 Die Beschwerdegegnerinnen wiesen ferner darauf hin, dass eine implizite Offenbarung keine Basis für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung sei. Wie oben dargelegt, ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1 zwar implizit, jedoch als logische und zwangsläufige Konsequenz, dass sich die Betätigungseinheit am Mast befindet. Das Weglassen dieses Merkmals führt daher zu keinem Gegenstand, der über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, Juli 2022, II.E.1.3.3.).

1.2.5 Da sich die Betätigungseinheit im erteilten Anspruch 1 am Mast befindet, liegt im Merkmal 1.8 durch das Weglassen des im Absatz [0022] der veröffentlichten Anmeldeschrift offenbarten Zusatzes "und somit die Position der Betätigungseinheit" keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor. Wenn die Betätigungseinheit auf dem Mast angeordnet ist, ist das Maß für die Radialposition zugleich ein Maß für die Position der Betätigungseinheit.

1.3 zu Punkt b):

1.3.1 Die Kammer folgt der Argumentation der Beschwerde­führerin. Gemäß dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 ist mindestens ein Aufnehmer erforderlich und im davon abhängigen Anspruch 8 werden eine Vielzahl an optionalen mit und/oder verknüpften Aufnehmern genannt.

1.3.2 Gemäß der gängigen Rechtsprechung kann der Inhalt der Anmeldung nicht als Reservoir gesehen werden, aus dem Merkmale von verschiedenen Ausführungsbeispielen kombiniert werden können, um künstlich eine bestimmte Ausführungsform zu konstruieren. In Ermangelung eines wie auch immer gearteten Hinweises auf eine bestimmte Kombination wäre dann eine solche Mehrfachauswahl von Merkmalen für den Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig aus dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableitbar (siehe Rechtsprechung, II.E.1.6.1a))

1.3.3 Vorliegend stellt sich daher die Frage, ob die Kombination der Merkmale 1.8 und 1.9 willkürlich aus der Vielzahl der im ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 8 genannten Möglichkeiten ausgewählt worden ist, oder ob diese Kombination in der ursprünglich eingereichten Anmeldung so offenbart ist, dass der Fachmann sie unmittelbar und eindeutig ableiten würde.

1.3.4 Die ursprünglich eingereichte Beschreibung zeigt nur ein konkretes Ausführungsbeispiel, bei dem alle Aufnehmer kumulativ vorhanden sind (siehe veröffentlichte Anmeldung, Figur 1). Für die Kombination exakt der beiden Aufnehmer gemäß Merkmal 1.8 und 1.9 ist kein konkretes Ausführungsbeispiel vorhanden. Die Beschwerdeführerin verweist auf Absatz [0013] der veröffentlichten Anmeldung, in dem die Verschwenkbarkeit des Oberwagens und die radiale Verstellbarkeit der Betätigungseinheit bzw. des Mastes offenbart sind. Auch wenn hier ein Bezug zur Erfassung dieser Bewegungen und zur Kippsicherheit fehlt, so werden in den Absätzen [0019] und [0020] der veröffentlichten Anmeldung die maßgeblichen Einflussgrößen für diese Bewegungen genannt. Es handelt sich hierbei insbesondere um die Oberwagendrehzahl und/oder die Mastneigung und es kann sich auch um einen Drehwinkel des Oberwagens handeln. Der Aufnehmer gemäß Merkmal 1.9 wird hier explizit angesprochen. Der Aufnehmer gemäß Merkmal 1.8 erfasst die Stellung des Maststützauslegers, was gemäß der expliziten Offenbarung im Absatz [0022] der veröffentlichten Anmeldung ein Maß für die Radialpostion des Mastes ist. Somit kommt die Kammer in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin zu der Schlussfolgerung, dass es sich um eine für den Fachmann in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarte Kombination der Aufnehmer handelt. Es liegt diesbezüglich keine unzulässige Änderung vor.

1.3.5 Die weiteren Argumente der Beschwerdegegnerinnen überzeugen die Kammer nicht.

1.3.6 Durch die "und/oder"-Verknüpfung am Ende der Liste der einzelnen Aufnehmer wird - wie bereits die Einspruchsabteilung festgestellt hat - angegeben, dass die Aufnehmer jeweils allein oder in einer beliebigen Kombination zueinander gegeben sein können. Dem Argument der Beschwerdegegnerin II, dass durch das Komma vor der "und/oder" keine grammatikalisch korrekte Aufzählung vorliege, wird nicht gefolgt, da sich die Anmeldung an einen Fachmann richtet und keine konstruierte oder semantische Auslegung anzuwenden ist (siehe auch Rechtsprechung, II.E.1.3.2).

1.3.7 Auch wenn laut der Argumentation der Beschwerde­gegnerinnen die konkrete Kombination der beiden Aufnehmer zur Erfassung der Stellung des Maststützauslegers und des Drehwinkels des Oberwagens nicht im Detail aus der veröffentlichten Offenbarung hervorgeht, so wird die theoretisch aus dem ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 8 ableitbare Vielzahl von Möglichkeiten durch die in den Absätzen [0019] und [0020] genannten wesentlichen Einflussgrößen deutlich eingeschränkt. Aufgrund dieser Offenbarung hätte der Fachmann die beanspruchte Kombination der Merkmale 1.8 und 1.9 ernsthaft in Erwägung gezogen. Daher liegt keine willkürliche Auswahl vorliegt.

1.3.8 Die Entscheidung T 1374/07, auf die sich die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung unter Punkt 15.2 der Gründe bezieht und auf die die Beschwerdegegnerinnen verwiesen, ist nicht vergleichbar mit der vorliegenden Sache. Es gibt vorliegend für die Liste der Aufnehmer eine Stützung durch den ursprünglich eingereichten Anspruch 1 und den davon abhängigen Anspruch 8 und ebenso gibt es - wie oben ausgeführt - in der ursprünglich eingereichten Beschreibung Hinweise, dass der Fachmann die beiden in den Merkmalen 1.8 und 1.9 des erteilten Anspruchs 1 genannten Aufnehmer ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Beides war in der Sache T 1374/07 nicht gegeben.

1.4 zu Punkt c) und d):

1.4.1 Nach der ständigen Rechtsprechung sind die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ auf derselben Grundlage zu beurteilen wie die übrigen Patentierbarkeitskriterien (wie Neuheit oder erfinderische Tätigkeit), nämlich aus der Sicht des Fachmanns auf einer technischen und sachgemäßen Basis ohne konstruierte oder semantische Auslegung (siehe Rechtsprechung, II.E.1.3.9 und II.E.1.3.2).

1.4.2 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der Ausdruck "vorgesehen ist" im Kontext des Anspruchswortlauts bedeutet, dass die Aufnehmer (Merkmale 1.6, 1.7 und 1.8) und die Rechnereinheit (Merkmal 1.7) auch tatsächlich vorhanden und Teil der Tiefbaumaschine sind.

1.5 Zu den weiteren Einwänden seitens der Beschwerdegegnerin II in Bezug auf unzulässige Zwischenverallgemeinerungen:

1.5.1 Das isolierte Herausgreifen eines Merkmals aus einer ursprünglich offenbarten Merkmalskombination ist nur dann mit Artikel 123 (2) EPÜ vereinbar, wenn das betreffende Merkmal nicht untrennbar mit den übrigen Merkmalen dieser Kombination verknüpft ist (siehe Rechtsprechung, II.E.1.9).

1.5.2 Vorliegend stellt die Kammer fest, dass der erteilte Anspruch 1 gegenüber Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung ein zusätzliches Merkmal enthält, das unstreitig auf dem Ausführungsbeispiel der Figur 1 beruht, nämlich die Mehrzahl der Maststützausleger und deren Verschwenkbarkeit der um horizontal verlaufende Achsen im Merkmal 1.4 (siehe veröffentlichte Anmeldung, Absatz [0040]).

1.5.3 Die Beschwerdegegnerin II argumentierte, dass der erteilte Anspruch 1 unzulässig erweitert sei. Zur Begründung führte sie an, dass die Trägereinheit kein Fahrwerk aufweise, dass der Aufnehmer zum Erfassen einer Stellung des Maststützauslegers nicht im Zusammenhang mit mehreren Maststützauslegern im Plural offenbart sei, und dass sich der erteilte Anspruch 1 auf das Ausführungsbeispiel der Figur 1 stütze, dieses jedoch weitere, nicht beanspruchte Merkmale umfasse, wie einen am Mast angeordneten, vertikal verfahrbaren Schlitten, eine als Drehrohrantrieb ausgeführte Betätigungseinheit, ein angetriebenes Tiefbauwerkzeug, ein durch ein Bohrgestänge mit unterseitig angeordnetem Schneckenbohrer gebildetes Tiefbauwerkzeug.

1.5.4 Die Kammer folgt der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass es für die technische Funktion der Ermittlung des zulässigen Verstellbereichs der Betätigungseinheit unerheblich ist, ob die Tiefbaumaschine selbstfahrend ist oder nicht, weil der Betrieb der Betätigungseinheit einer Tiefbaumaschine im Stand und nicht im Fahrbetrieb erfolgt.

1.5.5 Wie die Beschwerdeführerin ausführte, bewegen sich die Maststützausleger beim Verschwenken des Mastes synchron, weshalb zur Erfassung der Kippstellung des Masts ein Aufnehmer zur Erfassung der Stellung des Maststützauslegers gemäß Merkmal 1.8 ausreichend ist. Die Kammer verweist zudem auf die Offenbarung eines Aufnehmers gemäß Merkmal 1.8 im Rahmen des Ausführungsbeispiels der Figur 1 im Absatz [0047] der veröffentlichten Anmeldung.

1.5.6 Die von der Beschwerdegegnerin II identifizierten weiteren Merkmale stehen nach Meinung der Kammer in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin in keinem funktionellen Zusammenhang zur Ermittlung des zulässigen Verstellbereichs der Betätigungseinheit, sondern betreffen davon unabhängige Ausführungen der Tiefbaumaschine, insbesondere des Tiefbauwerkzeugs.

1.6 In Anbetracht der Ausführungen unter den Punkten 1.2 bis 1.5 ist das Patent wie erteilt nicht unzulässig erweitert. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.

Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ

2. Die Einspruchsabteilung kam zu der Schlussfolgerung, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung nicht entgegensteht (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 13.2).

2.1 Die Kammer teilt diese Auffassung. Die Einwände der Beschwerdegegnerin II, ergänzt durch Ausführungen der Beschwerdegegnerin I, bezüglich der Maststützausleger, der Radialpostion des Mastes und der Rechnereinheit überzeugen aus folgenden Gründen nicht.

2.1.1 Maststützausleger

Mit Hilfe der Absätze [0042] und [0043] und der Figur 1 der Patentschrift kann der Fachmann die Maststützausleger und deren Funktionsweise eindeutig identifizieren. Aus der Figur 1 (siehe unten) ist ersichtlich, dass es sich bei den Maststützauslegern um die beiden senkrechten Streben handelt, die eine sogenannte, allgemein bekannte Parallelkinematik bilden. Gemäß Absatz [0043] der Patentschrift kann die Betätigungseinheit (und damit der Mast) durch Verschwenken der Maststützausleger bezogen auf die Hochachse 3 radial zur Trägereinheit verstellt werden. Die zusätzlichen Bauteile, wie die in der Mitte angeordnete Platte und die Zylinder ändern nichts an der Funktionsweise der Maststützausleger.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Figur 1 der Patentschrift mit den von der Beschwerdeführerin bezeichneten und von der Kammer grau unterlegten Maststützauslegern

2.1.2 Merkmal 1.8 - Erfassung der Stellung des Maststützauslegers als Maß für eine Radialposition des Mastes relativ zum Oberwagen

Wie bereits die Einspruchsabteilung festgestellt hat, geht bereits aus den Merkmalen 1.4 und 1.8 des erteilten Anspruchs eindeutig hervor, dass ein Verschwenken der Maststützausleger ein Verstellen des Mastes radial zum Oberwagen bewirkt. "Die Schwenkposition eines Maststützauslegers kann dabei durch einen entsprechenden Aufnehmer erfasst werden. In der ursprünglichen Beschreibung ist beispielsweise als ein möglicher Aufnehmer ein Drehgeber, also ein Winkelmessgerät, auf Seite 11, vierter Absatz, angegeben (Absatz 49 des Streitpatents). Eine Veränderung des Schwenkwinkels bewirkt also eine Änderung des Radialabstandes zwischen Mast und Oberwagen, wobei der Schwenkwinkel durch einen Aufnehmer als Maß für die Radialposition des Mastes erfasst werden kann." (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 13.2).

Aufgrund dieser Offenbarung und der Darstellung in der Figur 1 der Patentschrift, ergibt eine starre Verbindung zwischen dem Mast einerseits und den Maststützauslegern andererseits, wie von der Beschwerdegegnerin II unterstellt, technisch keinen Sinn.

2.1.3 Merkmal 1.10 - Rechnereinheit

Das Patent verweist im Zusammenhang mit der Ermittlung des Verstellbereichs der Betätigungseinheit auf hinterlegte Kennlinienfelder und Tabellen (siehe Patent, Absätze [0009] und [0010]). Die Kammer stellt außerdem fest, dass es sich um bekannte physikalische Zusammenhänge handelt, die dem Fachmann grundsätzlich bekannt sind, so dass keine explizite Berechnungsvorschrift erforderlich ist und das Ausführungsbeispiel der Figur 1 mit den verschiedenen Aufnehmern hier ausreichend die Erfindung offenbart. Der Hinweis der Beschwerdegegnerin II, dass im Absatz [0009] des Patents die Kennlinienfelder und Tabellen in einer Auswerteeinheit und nicht in einer Rechnereinheit hinterlegt seien, stellt in diesem Zusammenhang einen Klarheitseinwand dar, führt aber für den Fachmann nicht zu einer fehlenden Ausführbarkeit, da dem Fachmann der Zusammenhang bekannt ist.

2.2 Aus diesen Gründen offenbart das Patent wie erteilt die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.

Zurückverweisung der Angelegenheit (Artikel 11 VOBK)

3. Die Einspruchsabteilung hat zu den weiteren von den Einsprechenden im Einspruchsverfahren vorgebrachten Neuheitseinwänden und den Einwänden der fehlenden erfinderischen Tätigkeit keine Entscheidung getroffen.

3.1 Die Kammer sieht in diesen Umständen besondere Gründe im Sinne des Artikels 11 VOBK, die die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung rechtfertigen.

3.2 Die in der mündlichen Verhandlung anwesenden Beteiligten sprachen sich explizit für eine Zurückverweisung aus.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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