European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2024:T142722.20240704 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Juli 2024 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1427/22 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11773678.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B42D 15/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Darstellungselement mit auf einem Substrat angeordneten optischen Elementen zur Erzeugung eines oberhalb oder unterhalb des Substrats schwebenden, aus Lichtflecken aufgebauten Bildes | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Oberthur Fiduciaire SAS / VHP Security Paper B.V. | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung (nein) Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das europäische Patent Nr. 2 627 520 (nachfolgend als "das Patent" bezeichnet) den Erfordernissen des EPÜ genüge.
II. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Druckschriften ist vor allem die Druckschrift D6
(FR 2 943 800 A1) für das Beschwerdeverfahren relevant.
III. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 4. Juli 2024 statt.
IV. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der 18 Hilfsanträge, die mit der Beschwerdeerwiderung eingereicht wurden (siehe den Schriftsatz vom 22. November 2022).
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 21 des Hauptantrags lauten wie folgt (für Anspruch 1 wurde die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung in eckigen Klammern eingefügt; die Änderungen bezüglich der Ansprüche 1 und 21 des Patents wie erteilt wurden durch Unterstreichungen hervorgehoben):
"1. [1] Darstellungselement (20) mit einem Substrat (22) [2] mit einem Flächenbereich, in dem eine Mehrzahl optischer Elemente (24) angeordnet ist, wobei [3] das Darstellungselement (20) ausgelegt und bestimmt ist, bei Beleuchtung mit parallelem Licht einer Lichtquelle (34) ein Lichtfleckenbild (30) aus einer Mehrzahl von Lichtflecken (32) zu erzeugen, die für einen Betrachter oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs schwebend erscheinen und die in Form eines vorbestimmten Motivs angeordnet sind, wobei die Lichtflecken (32) reelle Bilder oder virtuelle Bilder der beleuchtenden Lichtquelle (34) sind, wobei [4] die optischen Elemente durch refraktive und/oder reflektive optische Elemente (24) gebildet sind und [5] jedem Lichtfleck (32) des Lichtfleckenbilds zumindest ein refraktives und/oder reflektives optisches Element (24) zugeordnet ist, welches bei Beleuchtung (34) des Darstellungselements (20) zur Erzeugung des ihm zugeordneten Lichtflecks (32) beiträgt, wobei [6] für die Lichtflecken (32) und die zugeordneten optischen Elemente (24) jeweils f/d
< 5 gilt, wobei [6.1] f die Schwebehöhe des Lichtflecks (32) oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs bezeichnet, die der Brennweite der zu diesem Lichtfleck (32) beitragenden optischen Elemente (24) entspricht, und [6.2] d den Durchmesser der zu diesem Lichtfleck (32) beitragenden optischen Elemente (24), wobei [6.3] die Lichtflecken (32) des Lichtfleckenbilds (30) in mehreren verschiedenen Schwebehöhen oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs und über oder unter dem Darstellungselement (20) schweben, um ein dreidimensionales Motiv zu bilden."
"21. Verfahren zum Herstellen eines Darstellungselements (20) nach einem der Ansprüche 1 bis 20, das ausgelegt und bestimmt ist, bei Beleuchtung mit parallelem Licht einer Lichtquelle (34) ein Lichtfleckenbild (30) aus einer Mehrzahl von Lichtflecken (32) zu erzeugen, die für einen Betrachter oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs schwebend erscheinen und die in Form eines vorbestimmten Motivs angeordnet sind, wobei die Lichtflecken (32) des Lichtfleckenbilds (30) in mehreren verschiedenen Schwebehöhen oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs und über oder unter dem Darstellungselement (20) schweben, um ein dreidimensionales Motiv zu bilden, wobei die Lichtflecken (32) reelle Bilder oder virtuelle Bilder der beleuchtenden Lichtquelle (34) sind, wobei bei dem Verfahren ein Substrat (22) bereitgestellt wird und in einem Flächenbereich des Substrats (22) eine Mehrzahl refraktiver und/oder reflektiver optischer Elemente (24) angeordnet wird, wobei jedem Lichtfleck (32) des Lichtfleckenbilds zumindest ein refraktives und/oder reflektives optisches Element (24) zugeordnet wird, welches bei Beleuchtung (34) des Darstellungselements (20) zur Erzeugung des ihm zugeordneten Lichtflecks (32) beiträgt, wobei für die Lichtflecken (32) und die zugeordneten optischen Elemente (24) jeweils f/d < 5 gilt, wobei f die Schwebehöhe des Lichtflecks (30) oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs bezeichnet, die der Brennweite der zu diesem Lichtfleck (32) beitragenden optischen Elemente (24) entspricht, und d den Durchmesser der zu diesem Lichtfleck (32) beitragenden optischen Elemente (24)."
VI. Der Vortrag der Parteien zu den entscheidungsrelevanten Fragen lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ)
i) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende)
Das Merkmal "über oder unter dem Darstellungselement" sei Seite 3, Zeilen 12 bis 14, der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung entnommen worden. Es stelle eine Idee bzw. eine Absichtserklärung dar und sei nicht in Kombination mit objektiven technischen Merkmalen offenbart. Auch im Rest der Beschreibung werde der Ausdruck nur einmal verwendet (Seite 25, Zeilen 5 bis 10), allerdings in Verbindung mit technischen Merkmalen (optische Elemente in Linsenform), die in Anspruch 1 nicht enthalten seien. Andernorts würden Ausdrücke wie "oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs" bzw. "oberhalb oder unterhalb der Substratoberfläche" verwendet. Diese unterschiedlichen Begriffe würden sich offensichtlich auf Elemente oder Bereiche der Vorrichtung beziehen, die keinesfalls als Synonyme für "Darstellungselement" angesehen werden können. Es sei nicht zulässig, Teile der Beschreibung zu verwenden, um die Lücken der unabhängigen Ansprüche zu schließen. Die Aufnahme des Ausdrucks in die Ansprüche 1 und 21 des Patents stelle somit eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar. Darüber beschreibe der Absatz, aus dem das hinzugefügte Merkmal stamme, in der Folge eine besondere Ausformung ("... nebeneinander liegende oder verschachtelte Teile von Spiegeln, Linsen oder Prismen ..."), die nicht in den Anspruch aufgenommen worden sei. Es handle sich dabei nicht um ein Beispiel. Man könne sich andere Ausformungen vorstellen, die das beanspruchte Ergebnis aufweisen würden, die aber nicht ursprünglich offenbart seien, wie z.B. zwei in der Höhe gegeneinander versetzte Spiegel, von denen einer den anderen teilweise überdecke. Solche Ausformungen würden von Anspruch 1 nunmehr erfasst. Die Änderung verstoße daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Das zugefügte Merkmal finde sich wörtlich auf Seite 3,
Zeilen 12 bis 14, der ursprünglichen Anmeldung. Diese Stelle sei in technische Merkmale eingebettet. Der vorangehende Absatz offenbare Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1. Das Wort "somit" zeige, dass die vorher beschriebenen Merkmale diesen Effekt hervorrufen. Die als Grundlage dienende Passage gebe kurz den Kern der Erfindung wieder ("die Erfindung beruht auf dem Gedanken ... ") und formuliere daher nicht nur eine Absichtserklärung. Der nachfolgende Satz beschreibe, wie dies konkreter ausgestaltet sein könne. Der Fachmann hätte aber verstanden, dass diese Ausgestaltung nicht wesentlich sei. Alle Ausführungsbeispiele (siehe insbesondere die Figuren 2, 3 und 7) würden das genannte Merkmal aufweisen. Bei keinem Ausführungsbeispiel würden die Lichtflecken im Inneren des Sicherheitselements schweben. Somit handle es sich bei dem Schweben über oder unter dem Darstellungselement selbst um einen Kerngedanken der Erfindung. Die Beschreibung stelle an manchen Stellen auf ein Schweben oberhalb oder unterhalb der Ebene des Sicherheitselements oder oberhalb oder unterhalb der Oberfläche des Substrats ab (z.B. Seite 17, Zeile 28 bzw. Seite 20, Zeile 13), aber dies sei nur dem Umstand geschuldet, dass dabei das Sicherheitselement bzw. Substrat verglichen mit den Schwebehöhen der Lichtflecken sehr dünn sei, so dass ein Schweben über oder unter der Ebene des Elements auch ein Schweben über und unter dem Element selbst impliziere. Konkret seien insbesondere Schwebehöhen zwischen 0,4 mm und 2 mm (Seite 21) genannt. Die Dicke von Banknoten betrage maximal etwa 100 mym, ihre Sicherheitselemente seien in der Regel noch deutlich dünner. Die Schwebehöhen würden also mindestens das vierfache der Substratdicke betragen und könnten auch das Zwanzigfache erreichen. Erst dadurch entstehe ein dreidimensionaler Eindruck. Würden die Lichtflecken im Inneren des Darstellungselements liegen, so erschiene das Bild ebenso flach wie das Darstellungselement selbst. Es gäbe dann auch keinen Parallaxeneffekt und auch keine relative Bewegung der Lichtflecken zur Oberfläche bei Bewegung des Sicherheitselements. Das aufgenommene Merkmal gehe daher nicht über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinaus. Etwas anderes folge auch nicht aus der Ausführungsform der Fig. 7, bei der die optischen Elemente Linsenform hätten. Auch dort würden die Lichtflecken entweder über oder unter dem Sicherheitselement schweben.
b) Auslegung der Ansprüche
i) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende)
Ein Lichtpunkt, der sich in einer konkaven Aussparung eines optischen Elements des Darstellungselements befinde, müsse als über oder unter dem Darstellungselement angeordnet betrachtet werden.
Es gebe keine Grundlage im Patent für die Annahme, dass die Unterschiede der Schwebehöhen ein Mindestmaß übersteigen müssen, damit der Betrachter ein 3D-Bild wahrnehme. Der Betrachter werde nur im Merkmal 3, nicht aber im Merkmal 6.3 erwähnt. Eine erste Definition finde sich im Absatz [0117] des Patents, dem zufolge
ein 3D-Bild erreicht werde, wenn sich nicht alle Bildpunkte in derselben Höhe befinden. Dieses Verständnis
sei technisch vernünftig. Absatz [0119] des Patents
lege dar, dass dreidimensional wirkende Elemente vor oder hinter der Ebene des Sicherheitselements zu sehen seien oder die Ebene des Sicherheitselements zu durchdringen scheinen.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Das Merkmal 6.3 sei so zu verstehen, dass das Motiv
tatsächlich als dreidimensional wahrnehmbar ist. Im Absatz [0119] des Patents würden drei Varianten angesprochen: die dreidimensional wirkenden Teile könnten (i) vor oder (ii) hinter der Ebene des Sicherheitselements zu sehen sein oder (iii) die Ebene des Sicherheitselements zu durchdringen scheinen. Eine Durchdringung sei somit nicht unabdingbar.
c) Neuheit des Gegenstands der unabhängigen Ansprüche gegenüber der Druckschrift D6
i) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende)
Es sei nicht richtig, dass das Dokument D6 keine Lichtflecke offenbare, die über oder unter dem Darstellungselement schweben, um ein 3D-Muster zu bilden. Die Ansprüche 1 und 21 des Hauptantrags würden eindeutig verlangen, dass die Lichtpunkte über oder unter den physischen Grenzen des Darstellungselements liegen. Die Druckschrift D6 schließe nicht aus, dass sich die Lichtpunkte außerhalb des Darstellungselements befinden. Darüber hinaus offenbare die Druckschrift D6 mit Bezug auf Fig. 8, dass die Spiegel 9 unterschiedlich groß sein können, um Lichtpunkte zu erzeugen, die z. B. unterschiedlich groß sind oder sich in unterschiedlichen Entfernungen vom Auge des Betrachters befinden (D6, Seite 10, Zeilen 6 bis 8). Somit beschreibe die Druckschrift D6 die Bildung eines 3D-Musters, wenn die Anzahl der Punkte >= 3 ist. Selbst wenn man der Auslegung des Merkmals 6.3 durch die Kammer folge, sei zu berücksichtigen, dass ein Sicherheitselement eine Dicke von ein paar Mikrometern habe. Deshalb würden sich mehrere Lichtpunkte außerhalb des Sicherheitselements befinden. Es sei nicht richtig, dass angesichts der offenbarten Abmessungen nur geringe Unterschiede in der Schwebehöhe möglich seien. Gemäß Seite 3, Zeilen 23 und 24, der Druckschrift D6 könnten verschiedene Arten von Spiegeln verwendet werden, also z.B. auch konvexe Spiegel, deren Brennpunkt notwendigerweise außerhalb des Spiegels liege. Darüber hinaus seien die Abmessungen, die im Zusammenhang mit der Fig. 9 offenbart seien, nur beispielhaft (siehe Seite 10, Zeilen 4 und 9). Dessen ungeachtet sei das Merkmal 6 implizit offenbart, da die Lichtpunkte im Wahrnehmungskegel des Beobachters lägen. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 21 sei daher nicht neu.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Die Druckschrift D6 offenbare nicht, dass die Lichtflecken gemäß Merkmal 6.3 über oder unter dem Darstellungselement schweben. Die Tatsache, dass die Druckschrift D6 dies nicht explizit ausschließe, sei nicht ausreichend. Die Ausführungsform der Fig. 8 der Druckschrift D6 setze für die Erzeugung von Lichtpunkten verschieden große Spiegel ein, während jene der Figuren 9 bis 15 für die Bilderzeugung elementare reflektierende Strukturen zweier oder mehr verschiedener Typen nutze (Seite 10, Zeilen 4 bis 11). Die Ausführungsform der Fig. 9 bis 15 setze reflektierende Strukturen mit unterschiedlichen Formen (Kugelabschnitte 9a, pyramidenförmige Spiegel 9b) ein (siehe Seite 10, Zeilen 9 bis 15). Die Abmessung dieser reflektierenden Strukturen liege zwischen 20 und 40 µm (siehe Seite 10, Zeilen 15 bis 29). Die Lichtflecken würden bei diesen Strukturen im Inneren des Sicherheitselements erzeugt, da ihre Schwebehöhe stets kleiner als der Höhe der Spiegel sei (für einen Spiegel der Höhe von 15 µm betrage die Schwebehöhe z.B. fc = 7,5 µm, der Lichtpunkt liege also im Inneren des Spiegels auf halber Höhe). Da die metallisierten Spiegel auf der Unterseite des Substrats angeordnet seien, würden sich die leuchtenden Punkte im Inneren des Sicherheitselements selbst liegen und somit nicht über oder unter dem Sicherheitselement schweben, unabhängig von der Dicke des Sicherheitselements. Die Ausführungsform der Fig. 8 nutze hingegen gleichartige, aber verschieden große Spiegel, um Lichtpunkte unterschiedlicher Größe zu erzeugen. Auf Seite 10, Zeilen 4 bis 8, sei zwar erwähnt, dass die Lichtpunkte auch in unterschiedlichen Abständen vom Auge des Betrachters erzeugt werden könnten, alle Abstände lägen aber bei den in der Druckschrift D6 beschriebenen Spiegeln stets innerhalb des Darstellungselements. Ginge man davon aus, dass in der Ausführungsform der Fig. 8 andere Spiegel verwendet würden, so fehle jede Offenbarung für das Merkmal 6. Das Merkmal 6 hätten die Einsprechenden aus den Abmessungen der Spiegel der Ausgestaltung der Fig. 9 abgeleitet. Es folge keineswegs unmittelbar aus der Geometrie der Spiegel. Es habe einen Zusammenhang mit der räumlichen Wahrnehmung, die jedoch in der Druckschrift D6 nicht angesprochen werde. Das Merkmal, dass die Lichtflecken über oder unter dem Darstellungselement schweben, sei in der Druckschrift D6 daher nicht offenbart. Viel flachere fokussierende Spiegel wären mit der Methode der Druckschrift D6 (Ausdrucken des Polymermaterials mit anschließendem Verspiegeln) überhaupt nicht herstellbar. Darüber hinaus offenbare die Druckschrift D6 auch nicht unmittelbar und eindeutig, dass die leuchtenden Punkte ein 3D-Motiv bilden. Mit den in der Druckschrift D6 beschriebenen Spiegeln könnten die Lichtpunkte zwar in unterschiedlichen Abständen vom Auge des Betrachters erzeugt werden, bei der Form und Größe der Spiegel würden sich diese Abstände aber nur sehr wenig, nämlich nur um einige Mikrometer, unterscheiden (zum Vergleich: die Dicke eines menschlichen Haars betrage 50 bis 70 µm). Die Unterschiede in den Abständen seien so gering, dass sie aus einem normalen Betrachtungsabstand (etwa 30 cm) vom Betrachter nicht aufgelöst werden können. Wenn aber keine Höhenunterschiede wahrgenommen würden, so erzeuge die auf Seite 10, Zeilen 4 bis 8, der Druckschrift D6 genannte Gestaltung für einen Betrachter kein 3D-Motiv. Anspruch 1 fordere nicht nur, dass die Lichtflecken Schwebepositionen oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs aufweisen ; dies müsse auch wahrnehmbar sein (Merkmal 3). Selbst wenn man annehme, dass keine Einschränkung für die Spiegel der Fig. 8 offenbart sei, so seien die Spiegel in der Druckschrift maximal 20 bis 40 µm groß. Der f/d-Ratio < 5 bedeute, dass die Schwebehöhe nicht größer als 200 µm sein könne, also immer noch unterhalb der Auflösungsgrenze des menschlichen Auges. Für noch größere Spiegel gebe es keinen Anhaltspunkt in der Druckschrift D6. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei somit neu gegenüber der Druckschrift D6. Auf eine Frage der Kammer hin erklärte die Beschwerdegegnerin, dass die Wirkung der verschiedenen Abstände zum Auge des Beobachters in der Druckschrift D6 (Seite 10, Zeile 8) unklar sei, dass sie aber vermutlich einen Helligkeitsunterschied der Lichtpunkte bewirke.
d) Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D6
i) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende)
Objektive technische Aufgabe
Anspruch 1 definiere keinen minimalen Unterschied in
der Schwebehöhe der Lichtpunkte. Die Druckschrift D6 offenbare, dass die Spiegel 9 unterschiedlich groß sein können, um Lichtpunkte zu erzeugen, die sich in unterschiedlichen Entfernungen vom Auge des Betrachters befinden (D6, Seite 10, Zeilen 6 bis 8). Der Fachmann hätte die Spiegel daher notwendigerweise so angeordnet, dass der Beobachter die Unterschiede wahrnehmen könne. Zu untersuchen sei daher nur das Merkmal, dem zufolge die Lichtflecken über oder unter dem Darstellungselement schweben. Die Wirkung bestehe gemäß Absatz [0016] des Patents darin, ein 3D-Motiv vorzugeben, das aus über oder unter dem Darstellungselement schwebenden Lichtflecken bestehe. Darin sei auch die objektive technische Aufgabe zu sehen. Die Frage der Kammer, ob somit die Aufgabe und die Lösung übereinstimmen würden, bejahten die Beschwerdeführerinnen. Nachdem die Kammer dargelegt hatte, dass gemäß der Rechtsprechung, die objektive technische Aufgabe keine Hinweise auf die Lösung enthalten solle, erklärten die Beschwerdeführerinnen, die gelöste Aufgabe bestehe in der Bereitstellung eines 3D-Motivs. Es sei nicht entscheidend, ob das Motiv über oder unter dem Darstellungselement schwebe. Die von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagene Aufgabe überzeuge nicht, da ein 3D-Motiv die Attraktivität des Elements nicht notwendigerweise erhöhe. Wenn man sich auf Absatz [0013] stützen wolle, bestünde die Aufgabe vielmehr darin, die Fälschungssicherheit zu erhöhen bzw. die Prüfung auf Echtheit durch Laien zu vereinfachen. Auf die Bemerkung der Kammer hin, dass der Gegenstand des Patents nicht auf ein Sicherheitselement beschränkt sei, wiesen die Beschwerdeführerinnen darauf hin, dass das Patent in seiner Gesamtheit sich auf Sicherheitselemente konzentriere und der zitierte Stand der Technik auch zu diesem Gebiet gehöre (siehe auch D6, Seite 1, Zeilen 27 bis 29).
Naheliegen für den Fachmann
Die Druckschrift D6 gehöre zum selben technischen
Gebiet wie die Erfindung und offenbare eine Lösung der genannten Aufgabe. Die Stelle auf Seite 10 vermittle die Lehre, dass die Spiegel 9 unterschiedlich groß sein können, um Lichtpunkte zu erzeugen, die sich in unterschiedlichen Entfernungen vom Auge des Betrachters befinden. Dies komme der Schaffung eines 3D-Motivs gleich. Somit werde der Fachmann dazu angehalten, Spiegel verschiedener Art (z.B. konkaver oder konvexer Art)
zu verwenden (D6, Seite 3, Zeilen 23 und 24). Diese Lehre der Einleitung sei auf die gesamte Offenbarung der Druckschrift D6 anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob ein aufgedrucktes Motiv vorliege oder nicht (D6, Seite 3, Zeilen 8 und 24, vgl. Seite 4, Zeilen 1 und 22). Die Kombination konvexer und konkaver Spiegel werde explizit vorgeschlagen (D6, Seite 5, Zeilen 18 bis 20). Bei Verwendung konkaver Spiegel würden sich
die Lichtflecken notwendigerweise außerhalb des Darstellungselements befinden (siehe Fig. 7). Der Fachmann hätte dies problemlos umsetzen können. Somit sei der Gegenstand der Ansprüche 1 und 21 nicht erfinderisch.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Objektive technische Aufgabe
Die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagene Formulierung sei nicht akzeptabel, da sie bereits Lösungsansätze beinhalte. Eine brauchbarere Formulierung finde sich im Patent: Es gehe darum, dem Darstellungselement ein attraktives visuelles Erscheinungsbild zu geben.
Naheliegen für den Fachmann
Die beanspruchte Lösung wäre für den Fachmann nicht
naheliegend gewesen. Zum einen offenbare die Druckschrift D6 keine Lösung mit einem für den Betrachter tatsächlich wahrnehmbaren 3D-Bild. Eine räumliche Wahrnehmung setze das Merkmal 6 (f/d < 5) voraus, das für die Ausführungsform der Fig. 9 der Druckschrift D6 offenbart ist, aber dort befänden sich die Lichtflecken im Inneren des Elements. Hätte der Fachmann dies ändern wollen, so hätte er keine Veranlassung gehabt, das Merkmal 6 beizubehalten, da die Druckschrift D6 nicht auf die räumliche Wahrnehmung abstelle. Die erforderlichen Abwandlungen seien zudem nicht kompatibel mit der Lehre der Druckschrift D6. Die Abmessungen der Spiegel seien viel zu klein (maximal 40 µm), um die notwendigen Schwebehöhen zu erreichen (200 µm seien nicht ausreichend). Die erforderlichen flacheren Spiegel müssten eine sehr geringe Höhe (< 1 µm) aufweisen und ließen sich mit dem in der Druckschrift D6 beschriebenen Druckverfahren nicht herstellen. Die Druckschrift D6 führe sogar weg von der Erfindung. Ihre Fig. 10 zeige einen flachen Lichtteppich, in dem manche Lichtflecken heller erschienen als andere, also eine ganz andere Lösung als die des Patents. Ausgehend von der Druckschrift D6 sei es viel naheliegender, einen Teil der Spiegel mit einer rauen Oberfläche oder einer sehr unregelmäßigen Anordnung zu versehen, um die Helligkeitsunterschiede zu verstärken. Die Druckschrift D6 gebe keinen Hinweis, der zu 3D-Effekten führen könnte. Konkave Spiegel seien in der Druckschrift D6 nur in Kombination mit aufgedruckten Mustern offenbart, weil die konkaven Spiegel ein verkleinertes Bild der Muster erzeugen. Im Zusammenhang mit Lichtpunkten sei nie die Rede von konkaven Spiegeln. Die Lehre, dass man damit Lichtflecken erzeugen könne, finde sich erst im Patent. Somit offenbare die Druckschrift keinen Weg, der den Fachmann zur Erfindung geführt hätte. Auf die Frage der Kammer hin, ob die Offenbarung auf Seite 10, Zeilen 6 bis 8, der Druckschrift D6 den Fachmann in die Richtung von 3D-Motiven hätte führen können, äußerte die Beschwerdegegnerin die Vermutung, dass es sich dabei um die innere Größe der Spiegel handle. Lichtpunkte außerhalb der Spiegel wären nämlich nicht kompatibel mit den offenbarten Abmessungen bzw. mit dem offenbarten Herstellungsverfahren. Einzig plausibel wäre, dass die verschiedenen Höhen zu unterschiedlichen Helligkeiten führen. Diese Lehre der Druckschrift D6 sei unklar. Man müsse sich davor hüten, mehr hineinzulesen, als tatsächlich offenbart sei.
Entscheidungsgründe
1. Auslegungsfragen
1.1 Bildung eines 3D-Motivs (Merkmale 3 und 6.3)
Merkmal 3 verlangt, das das Darstellungselement so ausgelegt ist, dass es bei Beleuchtung mit parallelem Licht einer Lichtquelle mehrere Lichtflecken erzeugt, die für einen Betrachter oberhalb oder unterhalb des Flächenbereichs schwebend erscheinen und die in Form eines vorbestimmten Motivs angeordnet sind. Merkmal 6.3 schreibt vor, dass die Lichtflecken auf verschiedenen Schwebehöhen schweben, um ein 3D-Motiv zu bilden. Die Kammer versteht diese Merkmale in der Zusammenschau so, dass die Schwebehöhen derartig unterschiedlich sein müssen, dass der Betrachter ein 3D-Bild wahrnimmt. Unterschiede in der Schwebehöhe, die von einem Betrachter nicht aufgelöst werden können, werden dieser Anforderung nicht gerecht, selbst wenn streng genommen ein 3D-Bild erzeugt wird.
1.2 "über oder unter dem Darstellungselement" (Merkmal 6.3)
In Punkt 16 der angefochtenen Entscheidung hat sich die Einspruchsabteilung zur Auslegung von Merkmal 6.3 geäußert und festgestellt:
"Ein Lichtfleck, der sich ... in einer konkaven Ausnehmung eines optischen Elements des Darstellungselements befindet, ist ... als über oder unter dem Darstellungselement angeordnet anzusehen."
Dieser Feststellung der Einspruchsabteilung ist zuzustimmen, sofern sich die konkave Ausnehmung an der Oberfläche des Darstellungselements befindet. Ist dies nicht der Fall, kann jedoch nicht von einer Anordnung über oder unter dem Darstellungselement gesprochen werden; in diesem Fall befindet sich der Lichtfleck innerhalb des Darstellungselements.
2. Unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ)
Dieser Einwand betrifft die Einfügung der Worte "und über oder unter dem Darstellungselement (20)", die sich nicht in den Ansprüchen 1 und 21 des Patents wie erteilt finden, in Merkmal 6.3.
Wie aus Punkt 1 des Schriftsatzes der Patentinhaberin vom 12. Januar 2022 hervorgeht, wurde die Einfügung vorgenommen, um den von der Einspruchsabteilung in Punkt 8.1 ihrer vorläufigen Auffassung vom 10. Mai 2021 erhobenen Einwand der fehlenden Neuheit gegenüber der Druckschrift D6 auszuräumen. Die Patentinhaberin berief sich dabei auf Seite 3, Zeilen 12 bis 14, der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung.
Der Einwand der Beschwerdeführerinnen lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Passage auf Seite 3 beschreibe nur den allgemeinen Erfindungsgedanken bzw. eine Absichtserklärung und offenbare keine konkreten Merkmale.
- Unmittelbar nach der genannten Stelle seien konkrete, nicht exemplarische Ausführungsformen beschrieben, die jedoch nicht in das Merkmal 6.3 aufgenommen worden seien.
- Man könne sich andere Ausformungen vorstellen, die nunmehr vom Anspruch 1 bzw. 21 erfasst würden, die aber nicht ursprünglich offenbart seien, wie z.B. zwei in der Höhe gegeneinander versetzte und einander teilweise überdeckende Spiegel.
- Der Ausdruck "über dem Sicherheitselement" sei nur auf Seite 25, Zeilen 5 bis 10, der ursprünglichen Anmeldung in Zusammenhang mit optischen Elementen in Linsenform offenbart. Da letzteres Merkmal nicht in Anspruch 1 aufgenommen worden sei, liege eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor.
- Die Begriffe "Substratoberfläche", "Flächenbereich" und "Substratebene" könnten nicht als Synonyme für "Darstellungselement" angesehen werden.
Diese Argumente haben die Kammer aus den folgenden Gründen nicht überzeugt.
Die Beschreibung des Erfindungsgedankens, wie er auf Seite 3, Zeilen 12 bis 14, zum Ausdruck kommt, stellt keine reine Absichtserklärung dar, sondern führt aus, was im Grunde bereits beschrieben wurde ("Die Erfindung beruht somit auf dem Gedanken ...", Unterstreichung durch die Kammer). Danach wird strukturell nochmals beschrieben, wie der Erfindungsgedanke umgesetzt wird, nämlich über die nebeneinander liegende oder verschachtelte Anordnung von Spiegeln, Linsen oder Prismen, die bei geeigneter Beleuchtung scheinbar schwebende Reflexe erzeugen. Es ist zulässig, den eigentlichen Erfindungsgedanken zur Definition der Erfindung gemäß Anspruch 1 heranzuziehen. Eine Aufnahme der nachfolgend beschriebenen Anordnungen war nicht erforderlich, zumal er zu einer Überbestimmung der Erfindung geführt hätte.
Der Verweis auf hypothetische Ausführungsformen, die nunmehr vom Anspruch 1 bzw. 21 erfasst würden, die aber nicht ursprünglich offenbart sind, wie z.B. zwei in der Höhe gegeneinander versetzte und einander teilweise überdeckende Spiegel, ist nicht überzeugend, da die Prüfung der ursprünglichen Offenbarung sich damit beschäftigen muss, was unmittelbar und eindeutig offenbart war. Hypothetische Ausführungsformen sind in diesem Zusammenhang irrelevant (vgl. die Entscheidung T 1811/13, Punkt 6.2.1 der Entscheidungsgründe).
Darüber hinaus ist die Beschränkung auf Lichtflecken, die über oder unter dem Darstellungselement schweben, nicht untrennbar mit dem genannten Aufbau der optischen Elemente verbunden. Ein Schweben außerhalb des Darstellungselements setzt nicht voraus, dass speziell diese optischen Elemente zum Einsatz kommen. Die genannten hypothetischen Ausführungsformen wurden im Übrigen auch von den erteilten unabhängigen Ansprüchen erfasst.
Da die Offenbarungsstelle auf Seite 3 der ursprünglichen Anmeldung eine Stütze für die Änderung darstellt, ist es nicht erforderlich, zu prüfen, ob sie auch durch andere Stellen gestützt wird.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.
3. Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 21 gegenüber der Druckschrift D6
Die Einspruchsabteilung hat in Punkt 17.1 der angefochtenen Entscheidung die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 21 gegenüber der Druckschrift D6 untersucht. Sie hat die Offenbarung des Merkmals 6.3 bestritten:
"D6 offenbart aber mindestens nicht, dass die Lichtflecke 'über oder unter dem Darstellungselement (20) schweben, um ein dreidimensionales Motiv zu bilden' wie von den Ansprüchen 1 und 21 definiert." (siehe Punkt 17.1.2 der angefochtenen Entscheidung)
Die Beschwerdeführerinnen halten dem entgegen, dass die Druckschrift D6 nicht ausschließe, dass sich die Lichtpunkte außerhalb des Darstellungselements befinden. Ein Lichtpunkt, der sich in einer konkaven Aussparung eines optischen Elements des Darstellungselements befinde, müsse als über oder unter dem Darstellungselement angeordnet betrachtet werden. Sie bezog sich insbesondere auf die Ausführungsform der Fig. 8 der Druckschrift D6:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Dort ist zu sehen, dass das transparente Substrat 2 auf einer Seite eine Vielzahl von elementaren reflektierenden Strukturen 9 mit jeweils unterschiedlichen Formen aufweisen kann, die von einer reflektierenden Schicht 8 bedeckt sind (z.B. von einer Metallschicht). Die dargestellten Strukturen 9 sind Kugelabschnitte mit einer Höhe und einem Durchmesser in der Größenordnung von 15 bzw. 30 mym. Sie können in Mustern angeordnet sein (siehe Seite 10, Zeilen 12 bis 29).
Die Druckschrift D6 stellt mit Bezug auf Fig. 8 fest, dass die Spiegel 9 unterschiedlich groß sein können, um Lichtpunkte zu erzeugen, die z.B. unterschiedlich groß sind oder sich in unterschiedlichen Entfernungen vom Auge des Betrachters befinden (siehe Seite 10, Zeilen 6 bis 8). Nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen beschreibt die Druckschrift D6 somit die Bildung eines dreidimensionalen Musters, wenn drei oder mehr Punkte erzeugt werden.
Dieser Vortrag hat die Kammer aus den folgenden Gründen nicht überzeugt.
Die Druckschrift D6 enthält keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung dafür, dass schwebende Lichtpunkte außerhalb des Darstellungselements erzeugt werden. Ein Lichtpunkt, der sich in einer konkaven Aussparung 9 des Darstellungselements der Fig. 8 befindet, ist nicht über oder unter dem Darstellungselement, sondern innerhalb des Darstellungselements angeordnet (siehe dazu
Punkt 1.2). Die Verwendung von konvexen Spiegeln ist im Kontext dieses Ausführungsbeispiels nicht offenbart.
Zur Offenbarung auf Seite 10, Zeilen 6 bis 8, ist festzustellen, dass dort in der Tat von Lichtpunkten die Rede ist, die sich in verschiedenen Entfernungen vom Auge des Betrachters befinden. Wenn dem Ausführungsbeispiel der Fig.8 mangels einer spezifischen Offenbarung die Abmessungen, die im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel der Figuren 9 bis 15 offenbart sind, zugrunde gelegt werden, ergeben sich Unterschiede in den Schwebehöhen von wenigen Mikrometern. Solche Unterschiede sind für einen Beobachter, der das Darstellungselement aus einem typischen Betrachtungsabstand betrachtet, jedoch nicht auflösbar und würden somit nicht den Eindruck eines 3D-Bildes erzeugen (siehe dazu
auch Punkt 1.1).
Dem könnte entgegengehalten werden, dass die genannte Offenbarung von Lichtpunkten mit verschiedenen Entfernungen vom Auge des Betrachters so verstanden werden könnte, dass ein 3D-Effekt angestrebt wird. Dies ist nicht völlig auszuschließen, aber die diesbezügliche Offenbarung der Druckschrift D6 ist nicht hinreichend eindeutig, zumal die Druckschrift sich überhaupt nicht mit 3D-Effekten auseinandersetzt. Damit sind die Anforderungen an die Unmittelbarkeit und Eindeutigkeit der Offenbarung, die gemäß der gefestigten Rechtsprechung bei der Neuheitsprüfung anzulegen sind (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage, Juli 2022, Abschnitt I.C.4.1), vorliegend nicht erfüllt.
Somit sind zwei Aspekte des Merkmals 6.3 im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel der Fig. 8 der Druckschrift D6 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Da sowohl Anspruch 1 als auch Anspruch 21 des Hauptantrags dieses Merkmal enthalten, ist ihr Gegenstand neu gegenüber der Druckschrift D6 (Artikel 54 (1) EPÜ).
4. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 21, ausgehend von der Druckschrift D6
4.1 Unterschiede
Wie im Zusammenhang mit der Prüfung der Neuheit festgestellt wurde, unterscheidet sich der Gegenstand der Ansprüche 1 und 21 von der Offenbarung der Druckschrift D6 durch das Merkmal 6.3 (siehe Punkt 3.).
4.2 Objektive technische Aufgabe
Die Parteien waren sich uneinig über die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe.
Die Beschwerdegegnerin sah die gelöste Aufgabe darin, dem Darstellungselement ein attraktives visuelles Erscheinungsbild zu verleihen. Diese Aufgabenstellung ist nicht angemessen, da die Attraktivität eines Darstellungselements rein subjektiv und damit einer objektiven Prüfung nicht zugänglich ist.
Die Beschwerdeführerinnen haben ihrerseits drei verschiedene Aufgabenstellungen vorgeschlagen:
(1) Definition eines 3D-Motivs, das aus über oder unter
dem Darstellungselement schwebenden Lichtflecken
besteht
(2) Bereitstellung eines 3D-Motivs
(3) Vereinfachung der Prüfung auf Echtheit durch Laien
Keine dieser drei Formulierungen ist zufriedenstellend.
Die Aufgaben (1) und (2) nehmen ganz oder teilweise die Lösung vorweg, was den Bedingungen zur Formulierung der objektiven technischen Aufgabe, wie sie von der gefestigten Rechtsprechung aufgestellt wurden, nicht genügt (siehe dazu "Rechtsprechung der Beschwerdekammern",
op.cit., Abschnitt I.D.4.2.1).
Bezüglich der Formulierung (3) ist darauf hinzuweisen, dass bei der Definition der objektiven technischen Aufgabe eine Wirkung nicht berücksichtigt werden kann, wenn nicht glaubhaft ist, dass sich das versprochene Ergebnis im gesamten Schutzbereich des Anspruchs erzielen lässt (siehe dazu "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", op.cit., Abschnitt I.D.4.3.1). Die Ansprüche 1 und 21 betreffen ganz allgemein Darstellungselemente und sind nicht auf Sicherheitselemente beschränkt. Die Aufgabe der Vereinfachung der Prüfung auf Echtheit durch Laien wird diesem Gegenstand somit nicht gerecht.
Da keine der von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagenen objektiven technischen Aufgaben überzeugt, kommt die Kammer zum Schluss, dass die Beschwerdeführerinnen nicht überzeugend dargelegt haben, dass der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags für den Fachmann nahelag, bzw. dass die angefochtene Entscheidung diesbezüglich aufzuheben ist.
4.3 Ergebnis
Der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit steht dem Hauptantrag nicht entgegen (Artikel 56 EPÜ).
5. Gesamtergebnis
Da keiner der Einwände der Beschwerdeführerinnen gegen den Gegenstand des Hauptantrags stichhaltig ist, kann das Patent auf Grundlage des Hauptantrags aufrechterhalten werden. Somit ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.