T 0948/22 () of 9.10.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T094822.20241009
Datum der Entscheidung: 09 October 2024
Aktenzeichen: T 0948/22
Anmeldenummer: 14160757.2
IPC-Klasse: G01D 21/02
G01D 11/30
G01F 23/296
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Funktionsmodul mit einer Sensorvorrichtung
Name des Anmelders: AST (Advanced Sensor Technologies)
International Asset GmbH
Name des Einsprechenden: BSH Hausgeräte GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Neuheit - (nein)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 2773/18
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 781 891 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte in ihrer Beschwerdeerwiderung, die Beschwerde zurückzuweisen und damit das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten bzw. das Patent in beschränkter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 2 bis 6 aufrechtzuerhalten.

III. In weiteren Eingaben haben beide Beteiligte ergänzend vorgetragen. Mit der Eingabe vom 31. Oktober 2023 reichte die Patentinhaberin zudem geänderte Ansprüche gemäß Hilfsanträgen 5 und 6 ein.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) und 17 (2) VOBK 2020 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige, unverbindliche Meinung zu bestimmten wesentlichen Punkten mit.

V. Beide Beteiligte haben in weiteren Eingaben ergänzende Argumente vorgebracht. Mit der Eingabe vom 9. September 2024 reichte die Patentinhaberin zudem geänderte Ansprüche gemäß Hilfsanträgen 2a bis 6a ein.

VI. Am 9. Oktober 2024 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung statt. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

VII. Die Anträge der Parteien lauten wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents, hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung.

Die Patentinhaberin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung, weiter hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche gemäß einem der Hilfsanträge in nachstehender Reihenfolge:

Hilfsanträge

- 2a bis 4a, eingereicht mit Schreiben vom 9. September 2024,

- 2 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 20. Dezember 2022,

- 5a bis 6a, eingereicht mit Schreiben vom 9. September 2024 oder

- 5 und 6, eingereicht mit Schreiben vom 31. Oktober 2023.

VIII. In der vorliegenden Entscheidung wird auf das folgenden Dokument verwiesen:

D7|WO 2010/105375 A1|

IX. Anspruch 1 des erteilten Patents lautet (Merkmalsgliederung durch die Kammer hinzugefügt):

M 1 |Funktionsmodul |

M 1.1.1|zur Erfassung von Parametern eines Mediums in einem Behälter, |

M 1.1.2|und des Behälters |

M 2 |mit einem Sockelelement (3) |

M 2.1 |zum Einsetzen des Funktionsmoduls (3) in den Behälter (4), |

M 3 |einer Sensorvorrichtung (1), |

M 3.1 |die in das Sockelelement (3) eingesetzt ist und |

M 3.2 |zumindest teilweise aus dem Sockelelement herausragt, wobei |

M 4 |das Funktionsmodul in den Behälter (2) zur Durchführung der Erfassung einsetzbar ist, |

M 5 |die Sensorvorrichtung (1) eine Mehrzahl von Sensoreinheiten (9, 10, 12, 15, 16) aufweist |

M 5.1 |zur Erfassung unterschiedlicher Parameter des Mediums (6), |

M 6 |die Sensorvorrichtung (1) eine Sensoreinheit (12) aufweist |

M 6.1 |zur Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung des Behälters (2) relativ zu einem festen Punkt, und |

M 6.2 |die Sensoreinheit (12) ein Magnetsensorelement (13) aufweist |

M 6.3 |zur Erfassung eines Magnetfelds eines mit dem festen Punkt verbundenen Magneten (14) zur Erfassung der dreidimensionalen Bewegung des Behälters (4) relativ zu dem Magneten (14),|

M 7 |das Sockelelement (3) eine innere Seite aufweist, |

M 7.1 |die nach dem Einsetzen in dem Inneren des Behälters (4) liegt, |

M 8 |und eine äußere Seite aufweist, |

M 8.1 |die nach dem Einsetzen außerhalb des Behälters (4) liegt, und wobei |

M 9 |die Sensorvorrichtung (1) derart in das Sockelelement (3) eingesetzt ist, |

M 9.1 |dass der äußere Teil (1a) der Sensorvorrichtung außerhalb des Behälters (4) und |

M 9.2 |der innere Teil (1b) innerhalb des Behälters (4) liegt und von dem Medium (6) umströmt wird, und |

M 9.3 |die Sensoreinheit (12) in dem äußeren Teil (1a) der Sensorvorrichtung (1) angeordnet ist. |

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Patent wie erteilt

Der Hauptantrag der Patentinhaberin betrifft das Patent wie erteilt.

1.1 Unzulässige Erweiterung - Artikel 100 c) EPÜ

1.1.1 Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des europäischen Patents gemäß Anspruch 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

1.1.2 Die Einsprechende argumentierte im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Merkmale "dritte Sensoreinheit", "fester Punkt außerhalb des Behälters" und "Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung".

Dritte Sensoreinheit

Die Einsprechende argumentiert, dass durch die Streichung der Einschränkung "dritte" insbesondere im Merkmal M 9.3 des erteilten Anspruchs 1 nun auch Ausführungsformen umfasst seien, bei denen sich im äußeren Teil der Sensorvorrichtung auch eine Sensoreinheit zur Erfassung eines Parameters des Mediums befinde, da das Merkmal M 9.3 nun losgelöst vom Merkmal M 6 auch eine der Mehrzahl der Sensoreinheiten nach den Merkmalen M 5 und M 5.1 betreffen könne.

Der erteilte Anspruchs 1 umfasse auch Ausführungen, bei denen die Sensoreinheiten zur Erfassung von Parametern des Mediums auch im äußeren Teil angeordnet seien.

Die Kammer ist von dieser Argumentation nicht überzeugt und schließt sich der Argumentation der Einspruchsabteilung und der Patentinhaberin an. Durch die Verwendung des bestimmten Artikels für die Sensoreinheit in den Merkmalen M 6.2 und M 9.3 ist für den Fachmann klar, dass es sich jeweils um die in Merkmal M 6 definierte Sensoreinheit handelt. Dies entspricht auch der ursprünglichen Offenbarung (siehe ursprüngliche Beschreibung Seite 4, Zeile 26 bis Seite 5, Zeile 3 und ursprünglichen Anspruch 9), wonach die Sensoreinheit zur Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung im äußeren Teil der Sensorvorrichtung angeordnet ist.

Fester Punkt außerhalb des Behälters

Die Einsprechende argumentiert, dass das Fehlen des Ausdrucks "außerhalb" in Merkmal M 6.3 eine Erweiterung des ursprünglich offenbarten Gegenstands darstelle, da sich der "feste Punkt" nun auch innerhalb des Behälters befinden könne.

Dieses Vorbringen sei nicht neu, sondern lediglich eine "Verfeinerung" des Einwands bezüglich der dritten Sensoreinheit (siehe oben) und eine Erwiderung auf die diesbezüglichen Argumente in der angefochtenen Entscheidung.

Die Kammer ist von den Argumenten der Einsprechenden nicht überzeugt und schließt sich der Argumentation der Patentinhaberin an, dass der Einwand bezüglich des Fehlens des Merkmals "außerhalb" im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren nicht erhoben wurde und auch nicht Grundlage der angefochtenen Entscheidung (Artikel 12 (2) VOBK) war.

Da die Kammer der Meinung ist, dass dieser Einwand bereits im Einspruchsverfahren vorzubringen gewesen wäre, lässt sie ihn nicht zu (Artikel 12 (6) VOBK).

Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung

Die Einsprechende argumentiert, dass die in den Merkmalen M 6.1 und M 6.3.3 definierte "Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung" nicht ursprünglich offenbart sei.

Die Kammer stimmt der Argumentation der Patentinhaberin zu, dass dieser Einwand weder in der angefochtenen Entscheidung noch in der Beschwerdebegründung behandelt wurde und daher eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellt die erstmalig nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde. Die Kammer ist zudem der Meinung, dass im vorliegenden Fall keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die für eine Berücksichtigung des Einwands sprechen. Der Einwand wird daher nach Artikel 13 (2) VOBK nicht berücksichtigt.

1.1.3 Zusammenfassend ist die Kammer der Meinung, dass der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100(c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt nicht entgegensteht.

1.2 Ausreichende Offenbarung - Artikel 100(b) EPÜ

1.2.1 Die Einspruchsabteilung war der Ansicht, dass das europäische Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

1.2.2 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer machte die Einsprechende geltend, dass nicht offenbart sei, wie die beanspruchte Erfindung mit den in der Beschreibung genannten Beschleunigungssensoren ausführbar sei.

Die Kammer stimmt der Patentinhaberin zu, dass dieser Einwand weder in der angefochtenen Entscheidung noch in der Beschwerdebegründung behandelt wurde und daher eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellt.

Die Kammer ist der Meinung, dass im vorliegenden Fall keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die für eine Berücksichtigung des Einwands sprechen. Der Einwand wird daher nach Artikel 13 (2) VOBK nicht berücksichtigt.

1.2.3 Die Einsprechende argumentierte weiter, dass die Erfindung in der beanspruchten Breite nicht so deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne, da Anspruch 1 Ausführungsformen umfasse, die ein Fachmann nicht nacharbeiten könne.

Die Kammer ist von dieser Argumentation nicht überzeugt und schließt sich den Argumenten der Einspruchsabteilung und der Patentinhaberin an.

Es ist unstreitig, dass das Patent bestimmte Ausführungsformen so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Dies wird auch von der Einsprechenden nicht in Frage gestellt, da sie nicht bezweifelt, "dass einige im Streitpatent offenbarte, vom erteilten Anspruch 1 umfasste Ausführungen ausführbar sein könnten" (siehe Schreiben vom 19. Juni 2023, Punkt 4.2).

Die Kammer ist der Meinung, dass der Fachmann unter Berücksichtigung der gesamten Offenbarung und gegebenenfalls des allgemeinen Fachwissens erschließen kann, welche der vom Anspruchswortlaut erfassten Ausführungsbeispiele funktionieren können und welche nicht. Eine beanspruchte Erfindung ist auch dann ausreichend offenbart, wenn eine breite Auslegung einen nicht funktionsfähigen Gegenstand umfassen könnte. Im vorliegenden Fall ist der Fachmann in der Lage, Ausführungsformen, die die angestrebte Wirkung offensichtlich nicht erzielen, unmittelbar zu erkennen und auszuschließen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, II.C.5.4, insbesondere T 2773/18).

1.2.4 Zusammenfassend ist die Kammer der Meinung, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100(b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.

1.3 Neuheit gegenüber Dokument D7

1.3.1 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber dem Dokument D7 neu sei, da das Dokument D7 die Merkmale M 6.1, M 6.3 und M 9.3 nicht offenbare.

1.3.2 Die Patentinhaberin argumentiert, dass die Merkmale M 1.1.2, M 6 bis M 6.3, M7.1 sowie M 9.2 und M 9.3 aus dem Dokument D7 nicht bekannt seien:

Dokument D7 offenbare weder einen Magneten noch die Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung. Bei dem Magnetsensorelement des Anspruchs 1 handele es sich um ein Magnetsensorelement, das zur Erfassung der dreidimensionalen Bewegung des Behälters relativ zu dem Magneten diene. Dazu könne beispielsweise ein 3D-Hall-Sensorchip vorgesehen sein, bei dem mehrere Hall-Elemente in einer bestimmten Anordnung und Ausrichtung auf einem Chip integriert seien. Demgegenüber offenbare das Dokument D7 lediglich einen "Sensor mit einem Hallelement", also die einfachste Ausgestaltung eines Hall-Sensors, die zur Erfassung der dreidimensionalen Bewegung eines Behälters nicht geeignet sei.

Selbst wenn das Merkmal M 6.3 als Zweck- oder Verwendungsangabe betrachtet würde, sei es dennoch ein einschränkendes Merkmal, da der Sensor mit dem Hallelement aus dem Dokument D7 für den beanspruchten Zweck oder die beanspruchte Verwendung nicht geeignet sei.

Die Patentinhaberin argumentiert weiter, dass bei dem aus dem Dokument D7 bekannten Funktionsmodul die innere Seite des Sockelelements nicht im Inneren des Behälters liege (Merkmal M 7.1 ) und der innere Teil der Sensorvorrichtung nicht von einem Medium umströmt werde (Merkmal M 9.2). Zudem offenbare Dokument D7 nicht, wo der Sensor mit dem Hall-Element anzuordnen sei (Merkmal M 9.3).

1.3.3 Die Einsprechende argumentiert, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument D7 nicht neu sei.

1.3.4 Die Kammer stimmt der Argumentation der Einsprechenden zu und ist der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber dem Dokument D7 ist.

Bezüglich der nicht strittigen Merkmale schließt sich die Kammer der Analyse der Einspruchsabteilung (siehe Entscheidung, Punkt 13.1) und der Einsprechenden (siehe Beschwerdebegründung vom 1. Juli 2022, Punkt 7) an.

Bezüglich der strittigen Merkmale ist die Kammer der folgenden Meinung:

Merkmale M 1.1.2, M 6.1 und M 6.3

Diese Merkmale betreffen Zweck- bzw. Verwendungsangaben, die mit der Formulierung "zur Erfassung ..." verknüpft sind.

Betrifft ein Anspruch eine Vorrichtung, die sich von einer bekannten Vorrichtung lediglich durch die Angabe der Verwendung ("zur Erfassung ...") unterscheidet, so stellt nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern die Verwendung kein einschränkendes Vorrichtungsmerkmal dar, wenn die bekannte Vorrichtung für die beanspruchte Verwendung geeignet ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, Punkt I.C.5.2.5: Funktionelle Merkmale).

Mit anderen Worten: Die Offenbarung eines gleichwertigen Gegenstands ohne Angabe des beanspruchten Verwendungszwecks, für den sich der Gegenstand aber dennoch eignet, ist neuheitsschädlich für einen Anspruch, der diesen Gegenstand für den betreffenden Verwendungszweck beansprucht.

Im vorliegenden Fall offenbart das Dokument D7 unstrittig ein Magnetsensorelement in Form eines Hallsensors gemäß Merkmal M 6.2 (siehe Seite 8, Zeile 28 bis Seite 9, Zeile 3).

Die Kammer stimmt der Argumentation der Einsprechenden zu, dass dieser Hallsensor geeignet ist, das "Magnetfelds eines mit dem festen Punkt verbundenen Magneten (14) zur Erfassung der dreidimensionalen Bewegung des Behälters (4) relativ zu dem Magneten (14)" zu erfassen (Merkmal M 6.3). Damit ist die Sensoreinheit, die dieses Magnetsensorelement umfasst, zwangsläufig geeignet "zur Erfassung einer dreidimensionalen Bewegung des Behälters (2) relativ zu einem festen Punkt" (Merkmal M 6.1) und das Funktionsmodul geeignet "zur Erfassung von Parametern des Behälters" (Merkmal M 1.1.2).

Damit können die Merkmale M 1.1.2, M 6.1 und M 6.3 dem Funktionsmodul des Anspruchs 1 gegenüber dem aus Dokument D7 bekannten Funktionsmodul nicht zur Neuheit verhelfen.

Merkmale M 6 und M 6.2

Die Kammer stimmt der Analyse der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden zu, dass das Dokument D7 eine Sensorvorrichtung mit einer Sensoreinheit offenbart, wobei die Sensoreinheit ein Magnetsensorelement aufweist (siehe Seite 8, Zeile 28 bis Seite 9, Zeile 3: Sensor mit einem Hallelement).

Merkmale M 7.1, M 9.2 und M 9.3

Die Einspruchsabteilung und die Patentinhaberin argumentieren, dass D7 zwar ein Hallelement offenbare, aber nicht dessen Lage, insbesondere nicht, dass es "in dem äußeren Teil der Sensorvorrichtung angeordnet ist". Es könne nicht festgestellt werden, welcher der Sensoren 41, 51, 52, 61 in Figur 4 das Hallelement sein könne.

Dieses Argument überzeugt nicht, da das Merkmal M 9.3, wonach "die Sensoreinheit in dem äußeren Teil der Sensorvorrichtung angeordnet ist", nach Meinung der Kammer auch aus dem Dokument D7 bekannt ist: Die Sensoren 51, 52, die als Hallelement ausgebildet sein können (siehe Seite 8, Zeile 28 bis Seite 9, Zeile 3), sind in einem äußeren Teil der Sensorvorrichtung angeordnet (siehe Dokument D7, Figuren 3, 4 und 7).

Bezüglich der Merkmale M 7.1 und M 9.2 schließt sich die Kammer der Argumentation der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden an: Das Dokument D7 zeigt als Teil des Funktionsmoduls ein Sockelelement (siehe Seite 8, Zeilen 1 bis 6: Mantel des Basissensorkopfes 1), wobei das Sockelelement eine innere Seite aufweist, die nach dem Einsetzen im Inneren des Behälters (3) liegt, so dass die sich dort befindenden Sensoren (41, 61) von einem Medium umströmt werden, welches sich im Inneren des Behälters befindet.

1.3.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des erteilten Patents im Hinblick auf D7 nicht neu ist.

Damit steht der Einspruchsgrund des Artikels 100a) i.V.m. 54 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegen.

2. Zurückverweisung

Artikel 111 (1) EPÜ bestimmt:

Nach der Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, entscheidet die Beschwerdekammer über die Beschwerde. Die Beschwerdekammer wird entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.

Artikel 11, Satz 1, VOBK lautet:

Eine Kammer verweist die Angelegenheit nur dann zur weiteren Entscheidung an das Organ zurück, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen.

Die Beschwerde ist begründet, da die angefochtene Entscheidung nach den Ausführungen unter Nr. 1 oben keinen Bestand haben kann.

Der Gegenstand der Hilfsanträge wurde von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung aus offensichtlichen Gründen nicht hinsichtlich der Erfordernisse des EPÜ geprüft.

Zudem weicht die von der Kammer vorgenommene Interpretation der Merkmale M 1.1.2, M 6.1 und M 6.3 des Anspruchs 1 sowie die Interpretation des Dokuments D7 bezüglich der Offenbarung des Merkmals M 9.3 von derjenigen ab, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag. Diese neue Auslegung der Kammer könnte erhebliche Auswirkung auf die Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstands der Hilfsanträge haben.

Die Kammer ist daher der Meinung, dass die vorstehenden Umstände besondere Gründe im Sinne von Artikel 11, erster Satz, VOBK darstellen, welche dafür sprechen, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

Da auch die Einsprechende und die Patentinhaberin bezüglich der Diskussion der Hilfsanträge die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt haben, hält es die Kammer für angebracht, die Angelegenheit nach Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

3. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

4. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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