European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2023:T073622.20231206 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Dezember 2023 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0736/22 | ||||||||
Anmeldenummer: | 14793866.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 64/153 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum schichtweisen Herstellen eines dreidimensionalen Objekts | ||||||||
Name des Anmelders: | EOS GmbH Electro Optical Systems | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Concept Laser GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende haben eine Beschwerde eingelegt gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung in der das europäische Patent Nr. 3 068 605 (nachfolgend als "das Patent" bezeichnet) aufrechterhalten werden kann.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. 56 EPÜ) der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegensteht. Der Gegenstand des verspätet eingereichten Hilfsantrags 0 wurde als prima facie nicht erfinderisch angesehen, weshalb dieser Hilfsantrag nicht ins Verfahren zugelassen wurde. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung genügte der Hilfsantrag 1 jedoch den Erfordernissen des EPÜ.
III. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Druckschriften sind vor allem die Druckschriften D1
(US 7,777,155 B2) und D4 (US 2013/0193620 A1) für die Beschwerde relevant.
IV. Die mündliche Verhandlung hat am 6. Dezember 2023 in Form einer Videokonferenz stattgefunden.
V. Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 0 oder 0a aufrechtzuerhalten, oder die Beschwerde der Einsprechenden als unbegründet zurückzuweisen (entspricht Hilfsantrag 1), oder weiter hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 2, 2a, 2b, 2c, 3, 4, 5, 6, 7 aufrechtzuerhalten.
VI. Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung wurde in eckigen Klammern eingefügt):
"1. [1] Modulares System (1) zum Herstellen eines dreidimensionalen Objekts (2) durch schichtweises Aufbringen und selektives Verfestigen eines pulverförmigen Aufbaumaterials (13) mit
[2] einem ersten Modul (30, 34-36) zum Durchführen eines ersten zum Herstellen des dreidimensionalen Objekts (2) dienenden Vorgangs und
[3] zumindest einem zweiten und einem dritten Modul (30, 34-36) zum Durchführen je eines weiteren zum Herstellen des dreidimensionalen Objekts (2) dienenden Vorgangs,
wobei [4] das erste bis dritte Modul (30, 34-36) so ausgebildet sind, dass wahlweise und austauschbar das zweite oder das dritte Modul oder beide so mit dem ersten Modul verbindbar sind, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt sind,
[5] das erste Modul eine Fertigungsstation (30) zum schichtweisen Aufbringen und selektiven Verfestigen des pulverförmigen Aufbaumaterials (13) auf einer Bauplattform (8, 9) und/oder in einem Wechselbehälter (5) enthält,
[6] eine Modulschnittstelle (33) zwischen dem ersten Modul (30) und dem zweiten und/oder dritten Modul (34-36) und/oder eine Modulschnittstelle (33) zwischen dem zweiten und dritten Modul (34-36) eine Öffnung enthält, durch die die Bauplattform (8, 9) und/oder der Wechselbehälter (5) hindurchgeführt werden kann, und
[7] das erste bis dritte Modul (30, 34-36) eine interne Fördereinrichtung enthält, die so ausgebildet ist, dass sie die Bauplattform (8, 9) und/oder den Wechselbehälter (5) zwischen dem ersten Modul (30) und dem zweiten oder dritten Modul (34-36) transportieren kann."
Der unabhängige Anspruch 3 wie erteilt unterscheidet sich von Anspruch 1 wie erteilt dadurch, dass das Merkmal 5 durch das Merkmal 5' ersetzt wurde, dem zufolge das zweite und das dritte Modul je eine Fertigungsstation zum schichtweisen Aufbringen und selektiven Verfestigen des pulverförmigen Aufbaumaterials auf einer Bauplattform und/oder in einem Wechselbehälter enthalten, und dass das Merkmal 6 durch das Merkmal 6' ersetzt wurde, dem zufolge eine Modulschnittstelle zwischen dem ersten Modul und dem zweiten oder dritten Modul eine Öffnung enthält, durch die die Bauplattform und/oder der Wechselbehälter hindurchgeführt werden kann.
VIII. Der Vortrag der Parteien zu den entscheidungsrelevanten Fragen lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Auslegung der Ansprüche des Patents wie erteilt
i) Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin)
Bei der "wahlweisen und austauschbaren Koppelbarkeit" der Module gemäß Merkmal 4 gehe es nicht um die Frage, ob man eines der Module ausbauen und weglassen könne, sondern darum, ob alle Anordnungsmöglichkeiten der Module realisierbar seien. Der Begriff "direkt" sei so zu verstehen, dass bei direkter Kopplung zweier Module kein drittes Modul dazwischen angeordnet sei. Es werde nicht eine bestimmte Anordnung von Modulen beansprucht, sondern die Möglichkeit, die Anordnung nach Belieben zu ändern. Das Merkmal 7 verlange, dass jedes Modul eine Fördereinrichtung aufweise. Im Übrigen zeigten die Figuren 2 a) und 2 b) keine anspruchsgemäßen Ausgestaltungen.
ii) Beschwerdeführerin II (Einsprechende)
Es werde beantragt, die Beschreibung soweit anzupassen, dass der Vortrag der Beschwerdeführerin I, wonach die Ausführungsformen der Figuren 2 a) und 2 b) nicht von den erteilten Ansprüchen umfasst seien, im Streitpatent Niederschlag finde.
b) Neuheit gegenüber der Druckschrift D1
i) Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin)
Erstes Ausführungsbeispiel (Fig. 1 und 2)
Merkmal 4 unterscheide den Gegenstand von Anspruch 1
und 3 von der Druckschrift D1. Weder Anspruch 2 noch Spalte 4, Zeilen 26 bis 39, der Beschreibung der Druckschrift D1 offenbarten dieses Merkmal. Es sei nicht richtig, dass der Ofen 107 ein optionales Merkmal der beschriebenen Vorrichtung sei. Die Verwendung des Modalverbs "may" in Spalte 4, Zeile 11, der Beschreibung lasse diesen Schluss nicht zu. Im selben Absatz werde auch das Vorhandensein der common cell mit "may" eingeführt. Diese Aussage diene nur der Einführung der Begriffe und habe auf die konkrete Beschreibung des Ausführungsbeispiels keinen Einfluss. Dasselbe gelte für den Ausdruck "if necessary" in Spalte 4, Zeilen 11 und 12, der Beschreibung. Andernfalls könne auch der Wagen 207 nur dann vorhanden sein, wenn ein Ofen vorgesehen sei (siehe Spalte 4, Zeilen 13 und 14). Selbst wenn man die Druckschrift D1 so verstünde, dass der Ofen optional sei, wären nur zwei Ausführungsbeispiele offenbart (mit bzw. ohne Ofen) und kein beliebiger Ein- und Ausbau des Ofens. In Anspruch 1, dem einzigen unabhängigen Anspruch der Druckschrift D1, sei ein Ofen zwingend vorgesehen ("... via an oven."). Die abhängigen Ansprüche 11 und 12 könnten daher nicht bedeuten, dass der Ofen 107 im Grunde optional sei. Anspruch 2 beziehe sich nur auf die access ports der externen Module. Bezüglich der Kopplung zwischen der AMC 103 und dem Ofen 107 der Fig. 1 lasse sich daraus nichts ableiten. Zudem betreffe auch die Offenbarung von Spalte 4, Zeilen 26 bis 39, nur die externen Module. Das ergebe sich eindeutig aus dem vorangehenden und dem nachfolgenden Absatz. Auch hier werde die Kopplung von Ofen 107 und AMC nicht angesprochen. Die anschließend beschriebenen Schnellkupplungen bezögen sich nur auf die access ports und nicht auf die Kopplung zwischen Ofen 107 und AMC. Die Möglichkeit zum Austausch betreffe nur die vielen möglichen Werkzeuge, vgl. Spalte 5, Zeilen 12 bis 16. Eine Kombination der Ausführungsbeispiele sei im Rahmen der Neuheitsprüfung nicht zulässig. Im ersten Beispiel werde ein Werkstück durch verschiedene Stationen geführt und dort bearbeitet, während im zweiten und dritten Beispiel das Werkstück in der zentralen Zelle gebaut und dort auch bearbeitet werde. Aufgrund der völlig verschiedenen technischen Ansätze dieser Beispiele könne man nicht Merkmale von einem der Beispiele auf ein anderes zurücklesen. Im ersten Ausführungsbeispiel sei es zweckmäßig, den Ofen 107 und die Zelle 104 als zweites und drittes Modul anzusehen, denn nur die AMC stelle eine Fertigungsstation dar. Die sekundären Module 109 bis 115 würden keine Fördereinrichtung gemäß Merkmal 7 aufweisen (siehe Spalte 5, Zeilen 28 bis 38, und Anspruch 3 der Druckschrift D1). In den Fig. 1 und 2 weise nichts darauf hin, dass die Schnittstelle zwischen der AMC 103 und dem Ofen 107 dieselbe sei wie jene zwischen dem Ofen und der Zelle 104. Die Druckschrift D1 lehre vielmehr eine fixe Anordnung der einzelnen Zellen. Der Ofen 107 könne also nicht einfach ausgebaut werden. Man könne den ausgebauten Ofen auch nicht an die AMC 103 andocken, wie das von Merkmal 4 ("beide") verlangt werde. Das erste Modul müsse mindestens zwei Schnittstellen zum Andocken von Modulen aufweisen. Die Fig. 1 zeige aber, dass das Modul 103 keine zweite Schnittstelle aufweise. Auch eine schematische Abbildung lasse diesen Schluss zu. Die Zielsetzung des vereinfachten Austauschs (Spalte 4, Zeilen 35 bis 39) könne nur die explizit vorgesehenen Schnittstellen 105 betreffen. Auch aus dem Ablauf der Vorgänge, wie er in Spalte 5, Zeilen 18 bis 30, beschrieben sei, ergebe sich, dass man die Anordnung nicht so einfach abändern könne. Auch die Merkmale 6 und 7 seien in der ersten Ausführungsform der Druckschrift D1 nicht offenbart. Das Werkstück werde nicht in die Module 109 bis 115 transportiert, sondern in der Zelle 104 bearbeitet, wobei die Werkzeuge aus den Modulen 109 bis 115 heraus in die Zelle 104 eingreifen würden. Auch eine Sensoreinheit könne auf einem ausfahrbaren Arm vorgesehen sein. Daher besäßen die Module 109 bis 115 keine Fördereinrichtung im Sinn des Merkmals 7, und auch keine Modulschnittstellen im Sinn des Merkmals 6. Selbst wenn man den Ofen 107 und die Zelle 104 mit dem zweiten und dritten Modul assoziiere, komme man zu keinem anderen Schluss: Das Merkmal 7 beziehe sich nicht nur auf ein sich zwischen den Modulen bewegendes Element wie einen Roboterwagen, sondern auf die Fördervorrichtung insgesamt. Wenn diese anspruchsgemäß die Bauplattform und/oder den Wechselbehälter fördern solle, reiche es nicht aus, dass das sich bewegende Element grundsätzlich dazu in der Lage sei, eine Bauplattform und/oder einen Wechselbehälter zu transportieren. Vielmehr müsse die Fördereinrichtung letztere aus der Verankerung im ersten Modul lösen und andocken können. Dafür seien Mechanismen erforderlich, die der Roboterwagen 207 nicht aufweise, da er nur das Werkstück transportiere, vgl. Spalte 4, Zeilen 12 bis 14. Ähnliches gelte für die Schnittstellen gemäß Merkmal 6. Die Übergänge zwischen der AMC 103 bzw. der Zelle 104 und dem Ofen 107 seien nicht für den Transport einer Bauplattform bzw. eines Wechselbehälters ausgelegt.
Zweites Ausführungsbeispiel
Auch das zweite Ausführungsbeispiel weise das Merkmal 4 nicht auf. Das erste Modul sei hier mit dem AMC 303 zu assoziieren, da es die einzige Fertigungsstation darstelle. Die wahlweise und austauschbare Koppelbarkeit sei für keines der anderen Module gegeben, da keines der Module abgekoppelt und an das dritte hinten angekoppelt werden könne. Auch Merkmal 7 sei nicht offenbart. Es sei fraglich, ob der Ofen 107 eine Fördereinrichtung umfasse. Die Module 109 bis 115 hätten keine solche Fördereinrichtung. Es handle sich klar um Module, die ein Werkzeug umfassen, das in die Zelle 303 eingreife und das Werkstück bearbeite (siehe Fig. 4 sowie Spalte 5, Zeilen 28 bis 36, in Zusammenschau mit Spalte 6, Zeilen 42 bis 46).
Drittes Ausführungsbeispiel
Die Module 3031 und 3032 seien mit dem zweiten und
dritten Modul gleichzusetzen. Falls man eines der Sekundärmodule als erstes Modul verstehe, sei nicht offenbart, es zwischen dem zweiten und dritten Modul anzuordnen. Dies wäre auch nicht sinnvoll, zumal diese Module keine Fördereinrichtung umfassen. Der Wagen 207 solle zwischen den AMCs hin- und herfahren und könne somit nicht an beide angekoppelt sein. Darüber hinaus werde im Wagen kein zur Herstellung eines 3D-Objekts dienender Vorgang ausgeführt. Auch sei nicht vorgesehen, ihn an einer anderen Stelle der AMCs anzudocken. Der in Spalte 7, Zeilen 25 bis 36, beschriebene Tunnel stelle kein Modul dar, da auch in ihm kein zur Herstellung eines 3D-Objekts dienender Vorgang ausgeführt werde. Außerdem sei dieser Tunnel immer fix zwischen der ersten und der zweiten AMC angeordnet und mit beiden direkt gekoppelt. Es sei nicht vorgesehen, ihn anderswo anzukoppeln. Auch eine direkte Kopplung der beiden AMCs sei nicht offenbart.
ii) Beschwerdeführerin II (Einsprechende)
Erstes Ausführungsbeispiel
Spalte 4, Zeilen 10 bis 12 ("... if necessary ..."), der Beschreibung der Druckschrift D1 offenbare, dass der Ofen 107 optional sei. Es handle sich dabei um konkrete Ausführungen zum ersten Ausführungsbeispiel. In Abwesenheit des Ofens seien die Zellen 103 und 104 direkt aneinander gekoppelt. Der Ofen 107 und die Zelle 104 könnten somit wahlweise und austauschbar an die Zelle 103 angekoppelt werden. Der vereinfachte Austausch und das Platzieren von Modulen mittels Schnellverbindungen sei offenbart (siehe Spalte 4, Zeilen 34 bis 39). Der Wagen 207 erlaube den Transport des Werkstücks vom Ofen in die Zellen 103 und 104. Der Ofen müsse somit auch entsprechende Zugänge 105 haben. Es sei ein zeichnerischer Fehler, dass die mit 105 gekennzeichnete Linie in Fig. 2 nur auf einer Seite des Ofens 107 gezeichnet sei.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Ausschnitt aus der Fig. 2 der Druckschrift D1
In der Fig. 1 seien links und rechts vom Ofen 107 identische Schnittstellen gezeigt. Aus der Fig. 2 sei erkenntlich, dass zwischen dem Ofen 107 und der Zelle 104 ein Zugang 105 vorgesehen sei. Auch die vertikalen Leisten zwischen dem Ofen 107 und der Zelle 104 einerseits und der AMC 103 andererseits seien identisch. Somit sei von einer identischen Schnittstelle auszugehen. Es sei nicht entscheidend, dass Fig. 1 und Fig. 2 keine zweite Schnittstelle der AMC 103 zeigen, denn das sei auch für die Fig. 2 c) bis 2 e) des Patents der Fall. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu im Hinblick auf das erste Ausführungsbeispiel des Dokuments D1.
Zweites Ausführungsbeispiel
Das Modul 109 sei ein Sensor (Spalte 6, Zeile 51). Es sei plausibel, dass der Wagen dorthin gefahren werden müsse, um eine Messung vorzunehmen. Die Fig. 4 zeige eine Schiene, die die Einheit 113 mit der Zelle 303 und dem Ofen 107 verbinde und die Bewegung des Wagens 207 ermögliche. Merkmal 7 verlange nicht den Transport zwischen dem zweiten und dem dritten Modul. Dank der Schnittstellen könne z.B. das Modul 109 mit einem der Module 111 oder 113 vertauscht werden. Die Offenbarung in Spalte 6, Zeilen 47 und 48, der Druckschrift D1, lasse sich zwar so lesen, dass das Werkstück nicht zwangsläufig bewegt werden müsse, aber der Fachmann, der diese Konfiguration ins Auge fasse, hätte es angesichts der durchgehenden Schiene als unwahrscheinlich angesehen, dass der Ofen 107 genügend Wärme für eine Wärmebehandlung des Werkstücks in die Zelle 303 einbringe. Die Feststellung, dass das Werkstück nicht transportiert werde, gelte somit nicht für alle Module. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu im Hinblick auf das zweite Ausführungsbeispiel des Dokuments D1.
Drittes Ausführungsbeispiel
Hier seien alle Module austauschbar. Deshalb sei das Merkmal 4 analog offenbart. Der Gegenstand von Anspruch 3 sei somit nicht neu gegenüber der Druckschrift D1.
c) Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D1
i) Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin)
Ausgehend vom ersten Ausführungsbeispiel
Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, eine flexible Anpassung der Module zu gewährleisten. Identische bzw. kompatible Schnittstellen seien eine der Voraussetzungen für die wahlweise Austauschbarkeit der Module. Die Einspruchsabteilung habe ihre Schlüsse auf die Offenbarung von Spalte 1, Zeilen 61 bis 67, und Spalte 4, Zeilen 26 bis 39, gestützt. Diese Stellen wiesen jedoch nicht auf identische Schnittstellen hin. Es sei zudem wichtig zu beachten, dass der Ofen kein optionales Bauteil sei; die Druckschrift D1 offenbare nicht, dass man den Ofen aus einem laufenden System abkoppeln bzw. irgendwo wieder ankoppeln könne. Die genannten Stellen beträfen nur die Kopplungen an der Zelle 104 und nicht jene zwischen Ofen und AMC. Das erste Ausführungsbeispiel zeige eine fixe Anordnung der Module und lehre somit von der Erfindung weg. Es sei nicht sinnvoll, den Ofen links von der AMC 103 vorzusehen. In Spalte 5, ab Zeile 17, sei beschrieben, dass das Einführen in den Ofen nach Herstellung des Werkstücks erfolge. Eine Wärmebehandlung des Werkstücks sei erst nach dessen Herstellung möglich, vgl. auch Spalte 5, Zeile 28ff. Der Fachmann könnte den Ofen vor der AMC anordnen, aber er würde es nicht tun. Die Druckschrift D1 gebe keinen Hinweis auf eine geeignete Anzahl von Schnittstellen. Sie führe von der Erfindung weg.
Ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel
Die fehlenden Merkmale 6 und 7 beträfen die Möglichkeit, das Werkstück zwischen den einzelnen Modulen zu transportieren. Auch hier sei nicht entscheidend, ob der Fachmann eine Fördereinrichtung in den Modulen 109
bis 115 vorsehen könne, sondern ob er das tun würde. Dazu gebe es aber keine Veranlassung. Es bestehe zumindest das Hindernis der vertikalen Säule (siehe Fig. 4). Der Fachmann müsste die Sekundärmodule massiv umbauen, um einen Transport dorthin zu ermöglichen. Auch die AMC 303 müsste beträchtlich umgebaut werden, denn die Transporteinrichtung in der AMC diene nur dem Transport des Werkstücks in den Ofen. Im zweiten Ausführungsbeispiel gehe es darum, den Transport des Werkstücks zu vermeiden, siehe Spalte 6, Zeilen 47ff. Somit würde der Fachmann nie zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangen. Die Frage der Verschmutzung der AMC 303 durch Abfälle oder Staub werde in der Druckschrift D1 explizit angesprochen (vgl. Spalte 6, Zeilen 31 bis 35, wo die gleichzeitige Herstellung und Bearbeitung des Werkstücks als vorteilhaft beschrieben wird). Die Transportvorrichtung ermögliche nicht notwendigerweise den Transport in den Ofen. Der Anspruch 11 der Druckschrift D1, dem zufolge der Ofen ein Sekundärmodul darstellt, hänge unter anderem vom Anspruch 3 ab, der verlangt, dass die Sekundärmodule auf das Werkstück in der zentralen Zelle einwirken. Der offenbarte Mikrowellenofen könnte z.B. in die zentrale Kammer hineinstrahlen.
Ausgehend vom dritten Ausführungsbeispiel
Zum einen gebe es keine Veranlassung, eine Transportvorrichtung vorzusehen, die in die Sekundärmodule hineinreiche, zum anderen sei es mit den anderen Anspruchsmerkmalen nicht vereinbar, den Wagen 207 oder den Tunnel mit dem ersten Modul zu identifizieren. Die Druckschrift D1 ziehe die Anordnung eines der Sekundärmodule zwischen den beiden AMCs nicht in Betracht.
ii) Beschwerdeführerin II (Einsprechende)
Ausgehend vom ersten Ausführungsbeispiel
Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, eine flexible Anpassung der Module zu gewährleisten. Es sei für den Fachmann ohne weiteres machbar, das erste Ausführungsbeispiel so zu modifizieren, dass das Modul 103 eine weitere Schnittstelle erhalte. Dies sei im zweiten Ausführungsbeispiel auch gezeigt. Somit würde er ohne erfinderisches Zutun zum Merkmal 4 gelangen. Dass eine Kombination der verschiedenen Ausführungsbeispiele in Betracht zu ziehen sei, das sei in Spalte 8, Zeile 7 bis 11, der Druckschrift D1 offenbart. Deshalb sei der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend vom ersten Ausführungsbeispiel des Dokuments D1 nahegelegt.
Ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel
In der Fig. 4 der Druckschrift D1 sei erkennbar, dass die Schiene für den Wagen 207 durchgehend ausgeführt sei. Vom Vorhandensein einer Wand sei nicht auszugehen, da eine solche Wand auch für das Werkzeug 113 ein Problem darstellen würde. Auch gegenüber dem Ofen 107 sei keine Wand vorhanden. Eine Modifikation der Anordnung, die es erlaube, den Wagen in alle Zellen zu fahren, könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Das erste Ausführungsbeispiel zeige auch eine solche Lösung. Die Kombination dieser Ansätze würde für den Fachmann kein Problem darstellen. Bei Berücksichtigung dessen, welche Arbeiten von den Werkzeugen durchgeführt werden sollen, sei es für den Fachmann naheliegend, diese Arbeiten nicht in der zentralen Kammer, in der das Werkstück aufgebaut wird, durchzuführen. Zum Beispiel würde das Sandstrahlen des Werkstücks zu einer Verschmutzung der Druckdüsen führen. Das Auslagern gewisser Arbeiten würde es aber erforderlich machen, Schienen für den Transport in die entsprechenden Module vorzusehen. Die Aussage in Spalte 6, Zeilen 47 und 48, sei im Lichte der Offenbarung von Spalte 5, Zeilen 3 bis 5, so zu verstehen, dass das Werkstück nicht an andere Bereiche der Halle oder andere Standorte transportiert werden müsse. Es gehe hier nicht um den Transport zwischen Modulen desselben Systems. Darum sei der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel des Dokuments D1 nahegelegt.
Ausgehend vom dritten Ausführungsbeispiel
Angesichts des Umstands, dass das dritte Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 vom zweiten Ausführungsbeispiel ausgehe, sei klar, dass auch dort ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf die Anordnung der Module gegeben sei, und dass die Druckschrift D1 zur Erfindung gemäß Anspruch 3 führe.
d) Erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D4
i) Beschwerdeführerin II (Einsprechende)
Der Fachmann wisse, dass pulverbettbasierte additive
Fertigungsprozesse wie in der Druckschrift D4 in der Regel mit Wechselbehältern implementiert würden. Die Druckschrift D4 beschreibe z. B. in Absatz [0053] eine durch Wandungen 42, 92 sowie eine Bodenplatte 22 definierte Kavität 94, in welcher der additive Aufbau des Bauteils 100 erfolge. In der Kavität erkenne der Fachmann die Konfiguration eines Wechselbehälters, welcher im Patent gemäß Absatz [0014] in struktureller Hinsicht auch nur durch eine Grundplatte 8 definiert sei, die aus der Prozesskammer genommen werden könne. Das Argument, dass der von der Druckschrift D4 ausgehende Fachmann die Druckschrift D1 nicht berücksichtige, da dort kein Pulverbettverfahren angesprochen sei, überzeuge nicht, denn die Druckschrift D1 lehre, dass mit dem dort beschriebenen System jeder additive Fertigungsprozess (und damit auch pulverbettbasierte additive Fertigungsprozesse, in welchen Wechselbehälter verwendet werden) implementiert werden könne. Dem von der Druckschrift D4 ausgehenden Fachmann stelle sich die objektive technische Aufgabe, die Konfiguration gemäß der Druckschrift D4 flexibler zu gestalten. Er würde die Druckschrift D1 heranziehen, da sie sich auch einem modularen Fertigungssystem befasse, mit dem jeder additive Fertigungsprozess implementiert werden könne. Er entnehme der Spalte 4, Zeilen 35ff, die Feststellung, dass der Austausch und die Anordnungsmöglichkeiten von Modulen mit Schnellkupplungen realisiert werden kann. Insbesondere könnten periphere Module in einfacher und schneller Weise wahlweise und austauschbar an ein zentrales Modul (wie z. B. die Zelle 104) angekoppelt und von diesem abgekoppelt werden. Der Fachmann hätte sofort erkannt, dass er die objektive technische Aufgabe durch entsprechende Schnellkupplungen lösen könne. Die Kammern 10, 12, 14 der Druckschrift D4 seien so ausgebildet, dass die erste und dritte Kammer 10, 14 jedenfalls so mit der zweiten Kammer 12 (dem "ersten Modul", in dem das Objekt 100 hergestellt werde), verbindbar seien, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt seien. Ein Austausch der Kammern 10 und 14 sei technisch möglich und werde von der Druckschrift D4 nicht ausgeschlossen. Die erste und dritte Kammer 10, 14 seien somit wahlweise und austauschbar an die zweite Kammer 12 ankoppelbar. Die Kombination der Dokumente D4 und D1 führe den Fachmann daher zum Gegenstand von Anspruch 1.
ii) Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin)
Die Druckschrift D4 stelle keinen geeigneten Ausgangspunkt zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit dar. Die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung in Punkt 4.5.2 der Gründe für die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Entscheidungsgründe
1. Auslegung der Ansprüche: Merkmal 4
Die Erfindung betrifft ein System zur Herstellung eines Objekts durch schichtweises Aufbringen und Verfestigen eines Pulvers. Das System besteht aus mindestens drei Modulen. Die Erfindung betrifft die Ausgestaltung und das Zusammenwirken der verschiedenen Module. Sie zielt darauf ab, das System flexibler zu machen.
Merkmal 4 verlangt, dass das erste, zweite und dritte Modul so ausgebildet sind, dass wahlweise und austauschbar das zweite oder das dritte Modul oder beide so mit dem ersten Modul verbindbar sind, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt sind.
Unter der "direkten" Kopplung der Gehäuse ist hier zu verstehen, dass die Gehäuse nicht durch ein anderes Gehäuse getrennt sind (siehe dazu auch Absatz [0032] des Patents).
Das Merkmal 4 umfasst drei mögliche Konfigurationen:
- das zweite Modul kann so mit dem ersten verbunden werden, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt sind, oder
- das dritte Modul kann so mit dem ersten verbunden werden, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt sind, oder
- das zweite und das dritte Modul können so mit dem ersten verbunden werden, dass ihre Gehäuse direkt aneinander gekoppelt sind.
Das Vorhandensein der dritten Variante macht klar, dass die beiden ersten Varianten so zu verstehen sind, dass nur das zweite (bzw. nur das dritte) Modul mit dem ersten direkt verbunden ist, nicht aber das jeweils andere. Andernfalls wäre die dritte Variante redundant.
Es stellt sich die Frage, welche Gehäuse in der dritten Variante direkt aneinander gekoppelt sind: Ist es ausreichend, wenn das zweite und das dritte Gehäuse jeweils direkt an das erste gekoppelt sein oder muss auch zwischen dem zweiten und dritten eine direkte Ankopplung bestehen? Die Syntax von Merkmal 4 sowie die gezeigten Ausführungsbeispiele sprechen für ersteres, weshalb die Kammer das Merkmal entsprechend deutet.
Das Gesagte lässt sich anhand der Figur 2 des Patents veranschaulichen. Wenn man die Module 30, 34 und 35 als erstes, zweites und drittes Modul versteht, dann entspricht die erste Variante von Merkmal 4 der Fig. 2 c)
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
und die zweite Variante der Figur 2 d)
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
wohingegen die dritte Variante der Fig. 2 f) entspricht
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die Begriffe "wahlweise" und "austauschbar" werden im Patent nicht definiert, weshalb bei ihrer Auslegung auf den allgemeinen Wortsinn zurückzugreifen ist.
Der Online-Duden definiert den Begriff "wahlweise" als "nach eigener Wahl, eigenem Wunsch". In den Absätzen [0032] und [0048] des Patents wird der Ausdruck "frei wählbar" als Synonym zu "wahlweise" verwendet. Die Kammer versteht diesen Begriff im Kontext von Merkmal 4 so, dass der Benutzer die Wahl hat, welche der genannten drei Alternativen realisiert wird.
In Punkt 2.3.2 der Gründe für die angefochtene Entscheidung findet sich folgende Feststellung:
"Der Patentinhaber verweist auf Absätze [0018] und [0023] des Streitpatents und bringt vor, dass der Begriff "Wahlweise" so zu interpretieren ist, dass alle mögliche Permutationen der Figur 2 des Streitpatents durch das Merkmal M4 des Anspruchs 1 gedeckt werden. Die Einspruchsabteilung kann aber den Argumenten des Patentinhabers nicht zustimmen und ist der Ansicht, dass Merkmal M4 so aufzufassen ist, dass es notwendigerweise die Ausführungsformen der Figuren 2a) bis 2c) umfasst, und zusätzlich die Ausführungsform der Figuren 2d) bis 2f) umfassen kann."
Es erscheint der Kammer fragwürdig, die Auslegung eines Anspruchsmerkmals auf Spekulationen zu stützen, welche gezeigten Ausführungsformen vom Anspruch erfasst werden sollen. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin I, dass die Systeme der Fig. 2 a) und b) nicht von den Ansprüchen des Patents erfasst werden, da sie jeweils nur zwei Module mit Fördereinrichtung umfassen. Der Schaltschrank 31 kann nicht als eine Vorrichtung "zum Durchführen ... eines weiteren zum Herstellen des dreidimensionalen Objekts ... dienenden Vorgangs" (und somit als Modul im Sinne von Merkmal 3) gelten. Selbst wenn man den Schaltschrank 31 als Modul verstünde, ist festzustellen, dass er keine Fördereinrichtung beinhaltet, wie dies von Merkmal 7 verlangt wird.
Absatz [0029] der Beschreibung bezeichnet zwar alle gezeigten Varianten als Ausführungsformen der Erfindung, aber es scheint sich dabei um ein Relikt aus der ursprünglichen Anmeldung zu handeln, deren Anspruch 1 das Merkmal 7 nicht aufwies. Der Fachmann hätte trotz dieser Aussage verstanden, dass die Figuren 2 a) und b) nicht vom Anspruch 1 erfasst werden.
Der Begriff "austauschbar" bedeutet seinem Wortsinn nach "zum Austauschen geeignet" oder "ersetzbar" (siehe Online-Duden). Im Kontext des Merkmals 4 bedeutet der Begriff, dass der Benutzer die Möglichkeit hat, seine Wahl bei Bedarf zu ändern.
Im Lichte der obigen Ausführungen deutet die Kammer das Merkmal 4 somit dahingehend, dass das modulare System so ausgestaltet ist, dass sein Benutzer die Wahl hat, das erste Modul (nur) mit dem zweiten Modul, oder (nur) mit dem dritten, oder aber mit beiden direkt zu verbinden, und dass er diese Wahl bei Bedarf ändern kann.
2. Einspruchsgrund der fehlenden Neuheit (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (1) EPÜ)
Da nur der Neuheitsangriff basierend auf der Druckschrift D1 im Beschwerdeverfahren substantiiert wurde, beschränkt sich die Kammer auf diesen Angriff. Im Zusammenhang mit den Neuheitsangriffen basierend auf den Druckschriften D2, D3 und D4 hat sich die Beschwerdeführerin II nur pauschal auf erstinstanzliche Schriftsätze berufen, die aber als solche nicht automatisch Teil des Beschwerdeverfahrens sind (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, Juli 2022, Abschnitt V.4.2.2.b)), weshalb die Neuheitsangriffe basierend auf den Druckschriften D2, D3 und D4 von der Kammer in Anwendung von Artikel 12 (3) und (5) VOBK nicht berücksichtigt werden.
2.1 Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1
2.1.1 Neuheit gegenüber dem ersten Ausführungsbeispiel
Das erste Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 ist in den Figuren 1 und 2 dargestellt. Sie umfasst eine additive Fertigungszelle (AMC) 103, einen Ofen 107 sowie eine Zelle 104, an die verschiedene Sekundärmodule 109 bis 115 zur Bearbeitung des Werkstücks angekoppelt werden können. Das Werkstück selbst wird mittels eines Wagens 207 von der AMC 103 durch den Ofen 107 bis zur Zelle 104 transportiert.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Das erste Modul wird hier von der AMC 103 gebildet, da nur sie eine Fertigungsstation im Sinne von Merkmal 5 darstellt. Es wurde nicht bestritten, dass der Ofen 107 und die Zelle 104 als zweites und drittes Modul im Sinne von Anspruch 1 gelten können. Strittig war hingegen die Offenbarung der Merkmale 4, 6 und 7.
a) Merkmal 4
Der Benutzer der Vorrichtung hat die Wahl, die AMC 103 nur mit dem Ofen 107 oder nur mit der Zelle 104 zu verbinden. Letztere Möglichkeit geht aus Spalte 4, Zeilen 10 bis 12, hervor, wo offenbart ist, dass ein Ofen 107 vorgesehen werden kann; falls kein Ofen 107 vorhanden ist, wird die AMC 103 direkt an die Zelle 104 angeschlossen. Allerdings ist nicht vorgesehen, die AMC sowohl an den Ofen 107 als auch an die Zelle 104 direkt zu koppeln. Daher sind nicht alle vom Merkmal 4 geforderten Möglichkeiten offenbart.
b) Merkmale 6 und 7
Merkmal 6 verlangt, dass die Module so ausgebildet sein müssen, dass die Modulschnittstelle eine Öffnung enthält, durch die die Bauplattform bzw. der Wechselbehälter hindurchgeführt werden kann. Merkmal 7 verlangt darüber hinaus das Vorhandensein einer internen Fördereinrichtung, die die Plattform bzw. den Behälter zwischen den Modulen transportieren kann.
Die in der Druckschrift D1 genannten target plates stellen Bauplattformen im Sinne von Merkmal 5 dar. Das Objekt wird auf einer solchen Platte hergestellt (Spalte 1, Zeilen 44ff). Letztere kann aus demselben Material bestehen (Spalte 7, Zeilen 20ff) und wird gemeinsam mit ihr transportiert (Spalte 7, Zeilen 48 und 49). Erst nach Beendigung der verschiedenen Verfahrensschritte wird das Objekt von der Platte getrennt (Spalte 6, Zeilen 34 bis 36). Auch die Abbildungen zeigen eine solche Platte zwischen dem Wagen 207 und dem Werkstück 102. Somit offenbart die Druckschrift D1 die Merkmale 6 und 7.
c) Ergebnis
Das erste Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 nimmt den Gegenstand von Anspruch 1 nicht neuheitsschädlich vorweg, da es das Merkmal 4 nicht offenbart.
2.1.2 Neuheit gegenüber dem zweiten Ausführungsbeispiel
Das zweite Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 ist in den Figuren 3 und 4 dargestellt. Hier befindet sich die AMC im Zentrum und ist von Sekundärmodulen umgeben, die Werkzeuge zur Bearbeitung des zentral angeordneten Werkstücks bereitstellen. Auch ein Ofen 107 ist vorgesehen, in den das Werkstück gefahren werden kann (siehe Fig. 4). Diese Ausführungsform ermöglicht, das Werkstück wenig zu bewegen (Spalte 6, Zeilen 47 und 48).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die AMC 303 kann als erstes, und je eines der Sekundärmodule 109 bis 115 kann als zweites bzw. drittes Modul angesehen werden. Strittig war die Offenbarung der Merkmale 4, 6 und 7.
a) Merkmal 4
Es ist nicht entscheidend, dass keines der Sekundärmodule abgekoppelt und an das dritte hinten angekoppelt werden kann. Da jedes der Module über einen Zugang 105 angekoppelt wird und kein Grund besteht, anzunehmen, dass diese Zugänge verschieden gestaltet sind, lassen sich die Module nach Belieben entfernen bzw. untereinander austauschen. Mehr wird vom Merkmal 4, wie es von der Kammer ausgelegt wird (siehe Punkt 1. oben), auch nicht verlangt. Somit offenbart das zweite Ausführungsbeispiel das Merkmal 4.
b) Merkmale 6 und 7
Die Merkmale 6 und 7 hingegen sind in diesem Ausführungsbeispiel nicht offenbart, da nur ein Transport des Werkstücks in bzw. aus dem Ofen vorgesehen ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass ein Transport in eines der Module 109 bis 115 stattfinden kann, und dies würde auch dem Zweck dieser besonderen Ausführungsform, das Werkstücks möglichst wenig zu bewegen (vgl. Spalte 6, Zeilen 47 und 48), zuwiderlaufen. Auch die nicht näher bestimmte Messeinheit (measurement sensor suite) 109 ist nicht notwendigerweise so gestaltet, dass das Werkstück in sie verlagert werden muss. Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung der Merkmale 6 und 7 ist daher nicht erkennbar.
c) Ergebnis
Das zweite Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1
nimmt den Gegenstand von Anspruch 1 nicht vorweg, da es die Merkmale 6 und 7 nicht offenbart.
2.2 Neuheit des Gegenstands von Anspruch 3 gegenüber dem dritten Ausführungsbeispiel
In diesem Ausführungsbeispiel kommen zwei AMCs 3031
und 3032 zum Einsatz, die mittels eines Wagens 207 verbunden werden. Letzterer kann sich insbesondere in einem mit Schutzgas gefüllten Tunnel bewegen.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Um den Gegenstand von Anspruch 3 auf diese Ausführungsform zu lesen, sind die AMCs als zweites und drittes Modul aufzufassen. Weder der sie verbindende Tunnel noch der Wagen 207 stellt aber ein Modul zum Durchführen eines zum Herstellen des 3D-Objekts dienenden Vorgangs dar. Auch die Möglichkeit, nur eine der AMCs mit dem Tunnel oder dem Wagen 207 zu verbinden, ist in der Druckschrift D1 nicht offenbart. Somit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 3 zumindest durch die Merkmale 2 und 4 vom dritten Ausführungsbeispiel.
2.3 Ergebnis betreffend den Einspruchsgrund der fehlenden Neuheit
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (1) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
2.4 Erfinderische Tätigkeit
2.4.1 Anspruch 1, ausgehend vom ersten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1
a) Unterschiede
Wie in Punkt 2.1.1 dargelegt, unterscheidet sich der
Gegenstand von Anspruch 1 nur durch Merkmal 4 von der ersten Ausführungsform der Druckschrift D1.
b) Objektive technische Aufgabe
Die Einspruchsabteilung hat die vom Merkmal 4 gelöste
Aufgabe darin gesehen, eine flexible Anpassung der Module zu gewährleisten (siehe Punkt 2.4 der Gründe für die angefochtene Entscheidung). Die Parteien haben dem nicht widersprochen, und die Kammer sieht auch keine Notwendigkeit, von dieser Formulierung abzuweichen.
c) Naheliegen
Es ist nicht ersichtlich, warum der Fachmann, der vom ersten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 ausging und eine Lösung der objektiven technischen Aufgabe suchte, die Möglichkeit der gleichzeitigen direkten Ankopplung des Ofens 107 und der Zelle 104 an die AMC 103 vorgesehen hätte. Es gibt insbesondere keinen ersichtlichen Grund, warum der Fachmann den Ofen 107, der dem Spannungsabbau des Materials nach der Herstellung des Werkstücks dient (siehe Spalte 4, Zeilen 10 bis 12), vor der AMC vorgesehen hätte. Die Frage, ob der Ofen optional ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da das in den Figuren 1 und 2 gezeigte Ausführungsbeispiel unzweifelhaft einen Ofen aufweist.
Es wurde noch geltend gemacht, dass der Fachmann, der vom ersten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 ausging und eine Lösung der objektiven technischen Aufgabe suchte, sich vom zweiten Ausführungsbeispiel inspirieren hätte lassen und die Vorrichtung des ersten Ausführungsbeispiel durch das Hinzufügen einer weiteren Schnittstelle am Modul 103 verändert hätte. Dieser Vortrag überzeugt nicht, da der Fachmann, falls er der Vorrichtung des zweiten Ausführungsbeispiels eine größere Flexibilität zugeschrieben hätte, diese Vorrichtung als Lösung der objektiven technischen Aufgabe angesehen hätte. Es ist nicht plausibel, dass der Fachmann in diesem Zusammenhang nur gewisse Merkmale des zweiten Ausführungsbeispiels aus ihrem Kontext herausgelöst und auf das erste Ausführungsbeispiel übertragen hätte.
Die allgemeine Aussage am Ende der Beschreibung der Druckschrift D1, der zufolge verschiedene Änderungen vorgenommen werden können, ohne vom Geist und Umfang der Erfindung abzuweichen (siehe Spalte 8, Zeilen 8
bis 10) kann eine spezifische Kombination von gewissen Merkmalen des ersten und des zweiten Ausführungsbeispiels auch nicht nahelegen.
Ein Naheliegen der Erfindung ausgehend vom ersten Ausführungsbeispiel wurde nicht überzeugend dargelegt.
2.4.2 Anspruch 1, ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1
a) Unterschiede
Wie in Punkt 2.1.2 beschrieben, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 durch die Merkmale 6 und 7 von der zweiten Ausführungsform der Druckschrift D1.
b) Objektive technische Aufgabe
Die Unterscheidungsmerkmale lösen gemeinsam die Aufgabe, eine Verschmutzung der Zelle 303 aufgrund der Bearbeitung des Werkstücks mit den Werkzeugen der Sekundärmodule 109 bis 115 zu verhindern.
c) Naheliegen
Die Druckschrift D1 beschäftigt sich in Spalte 6, Zeilen 24 bis 33, der Beschreibung mit der Frage der Trennung von Herstellung und Bearbeitung des Werkstücks und stellt dazu fest, dass die Kontamination durch eine bewegliche Trennwand verhindert werden kann. Der Fachmann hätte verstanden, dass die beschriebene Vorgehensweise den Vorteil hat, dass keine Zeit mit dem Transport des Werkstücks in die verschiedenen Zellen verloren geht. Falls diese Vorgehensweise dennoch eine zu starke Kontamination zur Folge gehabt hätte, hätte der Fachmann auf eine sequentielle Anordnung im Sinne des ersten Ausführungsbeispiels zurückgegriffen, da dies eine komplette Trennung der verschiedenen Verfahrensschritte ermöglicht. Es wurde nicht überzeugend dargelegt, dass der Fachmann den mit den Merkmalen 6 und 7 verbundenen massiven Umbau der Vorrichtung gemäß den Figuren 3 und 4 der Druckschrift D1 vorgenommen hätte, um die objektive technische Aufgabe zu lösen.
Die Beschwerdeführerin II hat dargelegt, wie der Fachmann ausgehend von der zweiten Ausführungsform einen Gegenstand gemäß Anspruch 1 erreichen hätte können. Entscheidend ist jedoch, ob der Fachmann es in der Erwartung einer Lösung der zugrunde liegenden technischen Aufgabe bzw. in der Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch getan hätte (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, Juli 2022, Abschnitt I.D.5, "could-would approach"). Dieser Nachweis wurde vorliegend nicht erbracht.
Ein Naheliegen der Erfindung ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel wurde nicht überzeugend dargelegt.
2.4.3 Anspruch 1, ausgehend von der Druckschrift D4
a) Offenbarung
Die Druckschrift D4 offenbart ein mehrdimensionales Komponentenbausystem 8, die eine erste Kammer 10 mit einer Basis 22, eine zweite Kammer 12, die an die erste Kammer 10 angrenzt und mit dieser über eine Tür 20 verbunden ist, und eine dritte Kammer 14, die an die zweite Kammer 12 angrenzt und mit dieser über eine Tür 38 verbunden ist, umfasst. In der ersten Kammer wird die Basis 22 beladen. Die zweite Kammer 12 beinhaltet eine gerichtete Wärmequelle und Aufbaumaterial 48. In ihr wird ein Werkstück 100 durch Schmelzen oder Sintern auf der Basis 22 gebildet. Dieses Werkstück wird anschließend in der dritten Kammer bearbeitet.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
b) Unterschiede
Die Kammer teilt die in Punkt 4.5.2 der Gründe für die angefochtene Entscheidung dargelegte Auffassung der Einspruchsabteilung, dass die Druckschrift D4 ein festes System offenbart. Zumindest das Merkmal 4 ist somit in der Druckschrift D4 nicht offenbart.
c) Objektive technische Aufgabe
Die vom Merkmal 4 gelöste Aufgabe kann darin gesehen, eine flexible Anpassung der Module zu gewährleisten.
d) Naheliegen
Die Druckschrift D4 enthält keinen Hinweis, der den Fachmann dazu geführt hätte, wahlweise austauschbare Module vorzusehen.
Es erschließt sich der Kammer nicht, dass der Fachmann auf der Suche nach einer Lösung der objektiven technischen Aufgabe die Druckschrift D1 zu Rate gezogen hätte. Die Druckschrift D1 beschreibt einen additiven Fertigungsprozess, der die Produktqualität verbessert und Prozesse umfasst, die aufgrund der endkonturnahen Form des Werkstücks einen minimalen Materialabtrag erfordern. Der Fertigungsprozess soll den Bedarf an sekundärer Bearbeitung reduzieren und eine Architektur beinhalten, die Rüst- und Transferzeiten aufgrund gleichzeitiger sekundärer Bearbeitungsvorgänge eliminiert (siehe Spalte 1, Zeilen 24 bis 30, vgl. auch Spalte 3, Zeile 34 bis Spalte 4, Zeile 3). Der Fachmann auf der Suche nach einer Lösung der oben genannten objektiven technischen Aufgabe hätte daher die Druckschrift D1 nicht zu Rate gezogen. Die Argumentation der Beschwerdeführerin II beruht nach Auffassung der Kammer auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Im Zusammenhang mit der Argumentation der Beschwerdeführerin II, dass der Austausch der Kammern 10 und 14 technisch möglich sei, ist festzustellen, dass das Vorhandensein einer technischen Möglichkeit noch nicht bedeutet, dass die Möglichkeit für den Fachmann nahelag (vgl. dazu den in Punkt 2.4.2 erwähnten "could-would-approach" der Rechtsprechung).
Ein Naheliegen der Erfindung ausgehend von der Lehre der Druckschrift D4 wurde nicht überzeugend dargelegt.
2.4.4 Anspruch 3, ausgehend vom dritten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1
a) Unterschiede
Wie in Punkt 2.2 dargelegt, unterscheidet sich der
Gegenstand von Anspruch 3 mindestens durch die
Merkmale 2 und 4 von der dritten Ausführungsform der Druckschrift D1.
Der Vortrag der Beschwerdeführerin II hat die Kammer nicht überzeugt, dass der Fachmann ausgehend vom genannten Ausführungsbeispiel in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 3 gelangt wäre. Es wurde nicht glaubhaft dargelegt, dass der Fachmann das zweite und dritte Modul, also die AMCs 3031und 3032, direkt mit einem ersten Modul, das der Durchführung eines zum Herstellen des 3D-Objekts dienenden Vorgangs dient, gekoppelt hätte. Die beiden Module sind über einen Wagen 207 verbunden, aber dieser Wagen wird an keines der Module fest gekoppelt, da er ja den Transport des Werkstücks zwischen den Modulen gewährleisten soll. Der offenbarte Tunnel seinerseits trägt nicht zur Herstellung des Werkstücks bei. Die Sekundärmodule, die diese Aufgabe ausführen, erlauben keine Kopplung der AMCs, und eine solche technische Kopplung hätte auch keinen erkennbaren Sinn, zumal die Sekundärmodule in der Regel keine Transportvorrichtung beinhalten. Eine Verbindung der beiden AMCs über einen Ofen wäre im Prinzip denkbar, ist aber in der Druckschrift D1 weder offenbart noch angedeutet.
Ein Naheliegen der Erfindung ausgehend vom dritten Ausführungsbeispiel wurde nicht überzeugend dargelegt.
2.5 Ergebnis betreffend den Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt nicht entgegen.
3. Antrag der Beschwerdeführerin II auf Anpassung der Beschreibung
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Ausführungsformen gemäß den Figuren 2 a) und 2 b) des Streitpatents nicht unter die erteilten Ansprüche fallen und daher nicht erfindungsgemäß sind (siehe Punkt 1. oben). Die Beschwerdeführerin II hat beantragt, die Beschreibung zu ändern, um diese Inkonsistenz auszuräumen.
Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin II insoweit zu, als dass aufgrund der Unstimmigkeit zwischen dem Anspruchsgegenstand und der Darstellung der Ausführungsformen der Figuren 2 a) und 2 b) in der Beschreibung die erteilten Ansprüche nicht von der Beschreibung gestützt werden, wie von Artikel 84 EPÜ gefordert. Ein solcher Verstoß fällt jedoch nicht unter die in Artikel 100 EPÜ genannten Einspruchsgründe. Er ist deshalb als solcher im Einspruchs(beschwerde)verfahren nicht zu beanstanden, und eine nur darauf abzielende Änderung des erteilten Patents wäre nach Regel 80 EPÜ unzulässig. Vor diesem Hintergrund hat die Große Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung G 3/14 geklärt, dass nur Änderungen des erteilten Patents auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ zu prüfen sind (siehe Punkt 81. der Gründe). Weil die festgestellte Inkonsistenz zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung aber bereits im erteilten Patent vorlag und nicht auf eine spätere Änderung zurückzuführen ist, kann dem Antrag der Beschwerdeführerin II, dies durch eine entsprechende Änderung der Beschreibung des Streitpatents auszuräumen, mangels Rechtsgrundlage nicht stattgegeben werden (siehe auch T 447/22, Gründe 81 bis 86).
4. Gesamtergebnis
Da keiner der geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegensteht, ist der Einspruch zurückzuweisen. Das Patent kann wie erteilt aufrecht erhalten werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.