T 1405/21 (Farbnebelabscheidepapiergelegefiltermodul/Neufilter) of 31.5.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T140521.20230531
Datum der Entscheidung: 31 Mai 2023
Aktenzeichen: T 1405/21
Anmeldenummer: 12170654.3
IPC-Klasse: B01D 46/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Papiergelegefiltermodul, Verfahren zur Herstellung eines solchen Papiergelegefiltermoduls und Papiergelegefiltermodulwand aus einer Mehrzahl derartiger Papiergelegefiltermodule
Name des Anmelders: Neufilter GmbH
Name des Einsprechenden: Wenker GmbH & Co. KG
Columbus Industries, Inc.
Dürr Systems AG
FILCOM Umwelttechnologie Gesellschaft m.b.H.
ACS - Gesellschaft für Luft- und Entstaubungstechnik mbH/ Mammut Filter GmbH
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
RPBA2020 Art 013(1)
RPBA2020 Art 013(2)
RPBA2020 Art 014
Schlagwörter: Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Änderung des Beschwerdevorbringens - berücksichtigt (nein)
Änderung nach Ladung - berücksichtigt (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
T 0857/11
T 0555/18
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 2 532 409 B1 in geänderter Form auf Basis des dann anhängigen Hauptantrags aufrechtzuerhalten.

II. Das Streitpatent bezieht sich auf ein Papiergelegefiltermodul, Verfahren zur Herstellung eines solchen Papiergelegefiltermoduls und eine Papiergelegefiltermodulwand aus einer Mehrzahl derartiger Papiergelegefiltermodule.

III. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Farbnebelabscheidepapiergelegefiltermodul (10) mit einem äußeren Rahmen (12) und einem dreidimensional angeordneten Filter und zwischen einzelnen Abschnitten des Filters zur Gewährleistung eines Abstands zwischen einander zugewandten Seiten des Filters angeordneten Abstandshaltern (16),

dadurch gekennzeichnet,

dass der dreidimensional angeordnete Filter ein Papiergelegefilter (14) ist, der in dem Rahmen (12) in Form einer mehrfach gefalteten Papiergelegefilterbahn mit jeweils zwischen einzelnen Bahnabschnitten befind­lichen Abstandshaltern (16) angebracht ist,

wobei das Papiergelege eine Mehrzahl von aufeinanderliegenden Papierbahnen umfasst und eine progressive Oberflächenstruktur aufweist, die sich dadurch ergibt, dass in den einzelnen Papierbahnen jeweils unterschiedlich große Öffnungen gebildet sind und indem jede Papierbahn in regelmäßigen Abständen quer zur Längsrichtung geschlitzt ist und sich die Länge der Schlitze (34) von Lage (32) zu Lage (32) unterscheidet,

wobei jede Papierbahn quer zu den eingebrachten Schlitzen (34) gedehnt ist und sich durch die Dehnung das zwischen den Schlitzen (34) befindliche Material teilweise aufrichtet und diese so eine Ausdehnung in die dritte Dimension erfährt,

wobei sich beim Aufeinanderlegen mehrerer Papierbahnen aufgrund dieser zusätzlichen Ausdehnung in die dritte Dimension ein Abstand und eine Berührung der einzelnen Papierbahnen nur an vergleichsweise wenigen Stellen ergibt."

Die Ansprüche 2 bis 9 beziehen sich auf besondere Ausführungsarten.

IV. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde u.a. auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1 |DE 25 08 187 A1 |

D8 |DE 10 2009 034 863 A1 |

D13|Broschüre von Columbus Industries "SPRAYCABIN FILTRATION PRODUCTS", 3. März 2004 |

D14|Broschüre von Columbus Industries "SPRAYBOOTH FILTRATION PRODUCTS", 2000 |

D15|Broschüre von Columbus Industries "MEETING TODAY'S NEEDS WITH PERFORMANCE ENGINEERED OVERSPRAY COLLECTION PRODUCTS", 1989|

D16|US 5,500,271 A |

V. Gegen diese Entscheidung legten die Einsprechenden 1 bis 4 (nunmehr Beschwerdeführerinnen 1-4) Beschwerde ein.

VI. Folgende Dokumente wurden von der Beschwerdeführerin 2 mit ihrer Beschwerdebegründung im Zusammenhang mit Vorbringen zu Trennmechanismen vorgelegt:

AFW1|Verfahrenstechnik für Dummies, Burkhard Lohrengel, WILEY-Verlag, 2021, Seiten 390-392 |

AFW2|Vorlesungsskript "Mechanische Verfahrens­technik (I)", Technische Universität München, 3. Auflage, Wintersemester 2011/2012, Seite 86|

AFW3|HEPA-Filter: Luftreinigung auf höchstem Niveau, http://www.luftreinigerabc.de/ratgeber/hepa-filter/, aufgerufen am 21. Oktober 2021 |

AFW4|Theorie der Partikelfiltration, https://www.emw.de/de/filter-campus/allgemein.htmlaufgerufen am 25. Oktober 2021 |

AFW5|Chemische Technik, Prozesse und Produkte, Band 1, Methodische Grundlagen, 5. Auflage, 2004, Seiten 163/164 |

VII. Folgendes Dokument wurde von der Beschwerdeführerin 4 mit ihrer Beschwerdebegründung vorgelegt:

D33|NAFA Guide to Air Filtration, National Air Filtration Association, 1993, Kapitel 1.1-1.8, 2.1-2.6, 3.1-3.8, 4.1-4.7, 5.1-5.8, 9.7-9.9, 11.13-11.14|

VIII. In einer weiteren Eingabe vom 28. April 2022 trug die Beschwerdeführerin 2 zur unzureichenden Offenbarung der Erfindung vor. Sie machte auf Grundlage einer Rücksprache mit einem Sachverständigen Angaben zu Maßnahmen zum Aufrechterhalten der durch die Dehnung geschaffenen Öffnungen der Papierbahnen.

IX. Mit Eingabe vom 12. Juli 2022 erklärten die ACS Gesellschaft für Luft- und Entstaubungstechnik mbH und die Mammut Filter GmbH ihren Beitritt als vermeintliche Patentverletzerinnen gemäß Artikel 105 EPÜ (nunmehr: gemeinsame Einsprechende 5). Ihre Einwände, soweit im Verfahren in der Folge aufrechterhalten, betrafen Artikel 83 und 56 EPÜ. Zur Stützung ihrer Einwände beriefen sie sich zusätzlich zu bereits im Einspruchsverfahren befindlichen Dokumenten auf D33, sowie auf folgende neu vorgelegte Dokumente:

D34|US 2,952,333 A (13. September 1960) |

D35|US 3,941,571 A (2. März 1976) |

D36|Auszüge aus Wikipedia: "Abscheidung" (zuletzt bearbeitet 15. Dezember 2020), "Filtration" (zuletzt bearbeitet 24. Juni 2022)|

D37|DE 28 00 668 A1, 12. Juli 1979 |

D38|EP 0 067 422 A2, 22. Dezember 1982 |

D39|DE 38 09 318 A1, 5. Oktober 1989 |

D40|DE 39 12 958 A1, 2. November 1989 |

D41|DE 20 2015 104 109 U1, 18. August 2015identisch mit D32 |

D42|Produktbeschreibung der Freudenberg Vliesstoffe KG mit Druckvermerk Februar 2006 |

D43|Auszug Brockhaus Wissenschaft und Technik, Band 2 El-In, Seiten 120-121, 1989 |

D44|"Generic Verification Protocol for Paint Overspray Arrestors", US EPA, Revision 3, vom 24. August 1999|

D45|Auszug der Internetseite der Patentinhaberin www.neufilter.de vom 12. Juli 2022"Willkommen bei den Filterpionieren"|

X. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) verteidigte das Patent in Form des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Hauptantrags. Sie reichte mit ihrer Beschwerdeerwiderung Hilfsanträge ein.

XI. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerinnen werden im Folgenden kurz zusammengefasst. Diese werden in den Entscheidungsgründen näher ausgeführt.

Artikel 84 EPÜ

Die im Einspruchsverfahren aufgenommenen Änderungen führten zu mangelnder Klarheit. So sei die progressive Oberflächenstruktur nicht klar definiert und stehe im Widerspruch zur Beschreibung. Zudem greife der Anspruch auf Verfahrensmerkmale zurück. Auch enthalte der Anspruch relative Begriffe ("vergleichsweise wenige"), anstatt beispielsweise Zahlenwerte zu nennen. Diese seien im Einklang mit T 857/11 und T 555/18 unklar.

Artikel 123(2) EPÜ

Ein Farb­nebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul werde in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart. Der beanspruchte Gegenstand gehe auch im Hinblick darauf, dass zwischen einander zugewandten Seiten des Filters Abstandshalter angeordnet seien, sowie darauf, dass eine mehrfach gefaltete Papier­gelege­filter­bahn im Rahmen angebracht sei, und darauf, dass das Papiergelege eine Mehrzahl von aufeinander­liegenden Papierbahnen umfasst, über den Gegenstand der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Dies gelte auch für die Merkmale bezüglich der progressiven Oberflächenstruktur, die zudem eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung darstellten.

Artikel 123(3) EPÜ

Die Gattungsänderung in ein Farb­nebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul führe zu einer Schutzbereichs­erweiterung.

Artikel 83 EPÜ

Die Erfindung sei nicht ausführbar, da nicht beschrieben werde, wie die Dehnung der Papierbahnen und die Aufrechterhaltung der Dehnung zu bewerkstelligen sei. Dies werde anhand der vorgelegten Versuche mit Kopierpapier (Beschwerdebegründung der Beschwerde­führerin 3, Punkt VI.7-12) gezeigt. Eine Lösung dafür habe der Erfinder erst in dem nachveröffentlichten Dokument D32 beschrieben. Es sei nicht ausreichend, wenn Papiergelegefilter kommerziell erhältlich seien; die Fachperson müsse diese herstellen können, da der Filter im Anspruch als "product-by-process" definiert sei. Die progressive Oberflächenstruktur sei als zu erreichendes Ergebnis definiert und könne nicht realisiert werden. Außerdem würde die Papierbahn mit den kleinsten Schlitzen zwangsläufig reißen.

Die Ausführungen zu Maßnahmen zum Aufrechterhalten der Dehnung vom 28. April 2022 seien zu berücksichtigen. Zudem wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragt, anhand mitgebrachter Papierbahnen die Nichtaufrechterhaltung der Dehnung und die Reißanfälligkeit einer Papierbahn mit einer Vielzahl kleiner Schlitze demonstrieren zu dürfen.

Artikel 56 EPÜ

Sowohl D1 als auch D8 seien geeigneter nächstliegender Stand der Technik, wie auch D33 und D35. D1 betreffe denselben Zweck wie das Streitpatent, da die zugrundeliegende Trennaufgabe prinzipiell dieselbe sei und eine Anpassung für Farbnebel­abscheidung lediglich eine Optimierung darstelle. Der Trennmechanismus sei derselbe, auch die in D1 beschriebene Filtration beruhe nicht lediglich auf Siebeffekten. Ausgehend von D1 wäre die Fachperson bestrebt, die Kapazität für die Aufnahme von Farbnebeln zu verbessern, und würde dafür in naheliegender Weise ein Papiergelege mit progressiver Oberflächenstruktur als Filterbahn verwenden.

Ausgehend von D8 würde die Fachperson in naheliegender weise den aus D1 bekannten Aufbau des Taschenfilters umsetzen. Bereits aus D8 sei bekannt, dass ein Papiergelegefilter gefaltet werden könne; dies ergebe sich auch daraus, dass dieser als Rollenware verkauft werde.

Ausgehend von D33 würde die Fachperson die Offenbarung zu Papiergelegefilter (Figur 9.8) und Faltenfilter (Kapitel 4.5) zusammenlesen und Faltenfilter als mögliche Bauform für Papiergelegefilter verstehen.

Ausgehend von dem aus D35 bekannten Faltenfilter sei der einzige Unterschied, dass das Filtergelege aus Papier bestehe. Die Fachperson würde in naheliegender Weise ein Papiergelege mit progressiver Oberflächenstruktur als Filtermedium verwenden.

XII. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerin spiegeln sich in den Entscheidungsgründen wider.

XIII. Die Beschwerdeführerinnen und die gemeinsame Einsprechende 5 beantragen, das Patent unter Aufhebung und Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu widerrufen.

Die Beschwerde­geg­nerin beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Hilfsanträge 2b, 3b, 4b, 5b, 2b', 3b', 4b', 5b' und 11', eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 84 EPÜ

1.1 Anspruch 1 wurde im Vergleich zur erteilten Fassung geändert. Daher kann geprüft werden, ob die Änderungen einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführen (G 3/14, Leitsatz; Amtsblatt 2015, 102).

1.2 Die Beanstandungen der Beschwerdeführerinnen betrafen insbesondere das im Einspruchsverfahren neu aufgenommene bzw. geänderte Merkmal (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kenntlich gemacht), dass das Papiergelege eine Mehrzahl von aufeinanderliegenden Papierbahnen umfasst und eine progressive Oberflächenstruktur aufweist, die sich dadurch ergibt, [deleted: wobei] dass in den einzelnen Papierbahnen jeweils unterschiedlich große Öffnungen gebildet sind und [deleted: , ]indem jede Papierbahn in regelmäßigen Abständen quer zur Längsrichtung geschlitzt ist und sich die Länge der Schlitze von Lage (32) zu Lage (32) unterscheidet, wobei jede Papierbahn quer zu den eingebrachten Schlitzen (34) gedehnt ist und sich durch die Dehnung das zwischen den Schlitzen (34) befindliche Material teilweise aufrichtet und diese so eine Ausdehnung in die dritte Dimension erfährt, wobei sich beim Aufeinanderlegen mehrerer Papierbahnen aufgrund dieser zusätzlichen Ausdehnung in die dritte Dimension ein Abstand und eine Berührung der einzelnen Papierbahnen nur an vergleichsweise wenigen Stellen ergibt.

1.3 Die anspruchsgemäße Definition der progressiven Oberflächenstruktur kann nicht unabhängig von dem üblichen Verständnis des Begriffs "progressiv" gesehen werden, gemäß welchem sich etwas allmählich steigert oder entwickelt (Beschwerdeführerin 3, Punkt V.2. der Beschwerdebegründung sowie in der mündlichen Verhandlung; Beschwerdeführerin 4, Punkt 2.2.1 der Beschwerdebegründung). Aus den unterschiedlich großen Öffnungen in den einzelnen Papierbahnen, wobei jede Papierbahn in regelmäßigen Abständen quer zur Längsrichtung geschlitzt ist und sich die Länge der Schlitze von Lage (32) zu Lage (32) unterscheidet, ergibt sich nur dann die geforderte progressive Oberflächenstruktur, wenn sich die Länge der Schlitze von Lage zu Lage allmählich ändert. Dies stellt die einzig sinnvolle Auslegung des Merkmals dar; der Anspruch nennt keinen anderen Parameter, durch dessen allmähliche Änderung sich die progressive Oberflächen­struktur ergeben könnte.

1.4 In der Beschreibung des Streitpatents wird die progressive Oberflächenstruktur in Absatz [0037] genannt. Die Angaben dort entsprechen denen im Anspruch. Insbesondere wird eine Zunahme der Anzahl der Öffnungen nicht als zusätzliches wesentliches Merkmal der progressiven Oberflächenstruktur verlangt. Es ist daher nicht relevant, dass in der Beschreibung eine alternative Ausführungsform genannt wird, gemäß welcher die Anzahl der Öffnungen von Papierbahn zu Papierbahn insbesondere progressiv zunimmt (Absatz [0007]).

1.5 Eine progressive Zunahme wird im Anspruch nicht gefordert, so dass eine angebliche Unbestimmtheit dieses Begriffs keinen Klarheitsmangel des Anspruchs darstellen kann.

1.6 Eine Richtung der Progressivität in Relation zum Luftstrom durch das nun beanspruchte Farb­nebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul würde kein klares Merkmal des beanspruchten Moduls als solchem darstellen, sondern dessen Verwendung definieren, so dass das angebliche Fehlen dieses Merkmals in Anspruch 1 ebenfalls keinen Klarheitsmangel begründet.

1.7 Die Angabe, dass jede Papierbahn quer zur Längsrichtung geschlitzt ist, bezeichnet die Längsrichtung der Papierbahn, die für die Fachperson im Kontext des Streitpatents eine klare Bedeutung hat.

1.8 Es wurde außerdem beanstandet, dass Anspruch 1 Verfahrensmerkmale enthalte (aufrichtet, eine Ausdehnung ... erfährt). Jedoch gehören die genannten Merkmale zu dem Anspruchsteil, der angibt, wodurch sich die progressive Oberflächenstruktur ergibt. Dass dies anhand von Verfahrensschritten geschieht, ist in diesem Fall nicht zu beanstanden, da die resultierenden strukturellen Merkmale für die Fachperson unmittelbar erkennbar sind.

1.9 Der Anspruch kann nur so verstanden werden, dass sich durch die zusätzliche Ausdehnung in die dritte Dimension ein Abstand ergibt. Dieser geht mit einer Berührung der einzelnen Papierbahnen nur an vergleichsweise wenigen Stellen einher. Eine Auslegung im Sinne eines Abstands an vergleichsweise wenigen Stellen wäre technisch nicht sinnvoll.

1.10 Die Bezugnahme auf eine Berührung der einzelnen Papierbahnen an vergleichsweise wenigen Stellen führt im Kontext des vorliegenden Anspruchs letzthin ebenfalls zu keinem Klarheitsmangel. Zwar handelt es sich bei diesem Merkmal um einen relativen Begriff. Dieses Merkmal ist hier jedoch als Folge des Abstands durch die zusätzliche Ausdehnung einer jeden Papierbahn in die dritte Dimension zu verstehen ("ergibt"), so dass die implizite Vergleichsbasis aufeinander­gelegte Papierbahnen ohne diese zusätzliche Ausdehnung sind, und nicht etwa Papiergelege mit ansonsten identischer progressiver Oberflächenstruktur aber Berührung an "mehr" Stellen. Da die Vergleichsbasis somit aus dem Anspruch selbst hervorgeht, ist die Entscheidung T 857/11 für den vorliegenden Fall nicht relevant.

Um zu ermitteln, ob ein Papiergelege die beanspruchte progressive Oberflächenstruktur aufweist, ist es daher auch nicht notwendig, eine konkrete Anzahl an Berührungsstellen zu bestimmen. Genauso wenig spielt es eine Rolle, ob die Anzahl an Berührungsstellen zwischen beispielsweise der ersten und zweiten Papierbahn eine andere ist, als zwischen einer siebten und achten Papierbahn desselben Papiergeleges. Die Bezugnahme auf eine Berührung der einzelnen Papierbahnen an vergleichsweise wenigen Stellen kann nicht als zahlenmäßig zu bestimmender Parameter aufgefasst werden. Die Entscheidung T 555/18 ist für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht relevant.

Die Beschwerdeführerinnen trugen in diesem Zusammenhang weiter vor, dass zwei Papierbahnen bei einem flächigen Aufeinanderliegen nur einen einzigen Berührungspunkt hätten, bzw. - im Prinzip gegensätzlich dazu - dass auch eine einzelne Papierbahn eine gewisse Dicke und Rauigkeit aufweise und von vornherein nicht zweidimensional wäre. Diese Sichtweisen beruhen jedoch auf einer abstrakten und theoretischen Betrachtung und spiegeln nicht wider, wie die Fachperson das Merkmal im Kontext des Anspruchs verstehen würde, da sich ja gerade ein Abstand ergeben soll.

1.11 Aus diesen Gründen lassen die im Vergleich zur erteilten Fassung vorgenommenen Änderungen keinen Klarheitsmangel erkennen.

2. Artikel 123(2) EPÜ

2.1 Der Zusatz "Farbnebelabscheide-" im Begriff "Farbnebelabscheidepapiergelegefiltermodul" impliziert eine Eignung als Farbnebelabscheider. Jedoch geht bereits aus der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 13 unmittelbar hervor, dass das "Papiergelegefiltermodul" gemäß Anspruch 1 als Farbnebelabscheider verwendbar ist. Der nun gewählte zusammengesetzte Begriff "Farb­nebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul" drückt nichts anderes aus und beinhaltet weiterhin die Bezeichnung als "Filtermodul". Dass die Anmeldung auf ein als Farbnebel­abscheider geeignetes Papier­gelege­filter­modul gerichtet ist, ergibt sich zudem aus der Zusammenschau der letzten beiden Absätze der Seite 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Absätze [0002] und [0003] der A-Publikation), sowie aus Seite 10, erster vollständiger Absatz (Absatz [0021] der A-Publikation). In diesem Zusammenhang ist auch Figur 3 zu sehen, die einzelne Lagen für zum Beispiel einen Papiergelegefilter zeigt (Absatz [0034] der A-Publikation), der somit für ein Farbnebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul verwendbar ist.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Eignung als Farbnebelabscheider in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung untrennbar mit weiteren, im hier zu betrachtenden Anspruch nicht enthaltenen Merkmalen verknüpft gewesen wäre, beispielsweise bezüglich der Anordnung der Öffnungen in Relation zur Papiergelegefilterbahn. Die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 13 nennen keine solchen Merkmale.

2.2 Das Merkmal betreffend die zwischen einander zugewandten Seiten des Filters angeordneten Abstandshalter lässt sich der Beschreibung auf Seite 2 (erster Absatz) der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entnehmen (Absatz [0004] der A-Publikation). Zwar wird hier eine alternative Ausführungsform beschrieben, bei der zur Gewährleistung eines Abstands zwischen den einander zugewandten Seiten der mehrfach gefalteten Filterbahn keine Abstandshalter erforderlich sind. Damit wird diese alternative Ausführungsform der im vorhergehenden Absatz beschriebenen Ausführungsform mit zwischen einzelnen Abschnitten des Papiergelegefilters angeordneten Abstandshaltern gegenübergestellt, d.h. es sind dieselben Abstandshalter gemeint, die somit zwischen den einander zugewandten Seiten der mehrfach gefalteten Filterbahn angeordnet sind, wie auch in Figur 1 gezeigt. Die Anordnung zwischen einander zugewandten Seiten ist dabei unabhängig von der besonderen Ausgestaltung der Abstandshalter (dreidimensionale Struktur, netzartig verstrebte Struktur, vgl. Seite 4 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung).

2.3 Das Merkmal "Papiergelegefilterbahn" im Zusammenhang damit, dass der Papiergelegefilter "in dem Rahmen (12) in Form einer mehrfach gefalteten Papier­gelege­filter­bahn mit jeweils zwischen einzelnen Bah­nabschnitten befind­lichen Abstands­haltern (16) angebracht ist" wird dadurch gestützt, dass der Papiergelegefilter (und nicht lediglich eine einzelne Papierbahn) dreidimensional angeordnet ist (Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Fassung), sowie dadurch, dass das Papiergelegefiltermodul durch mehrfaches Umschlagen bzw. Falten einer Papiergelegefilterbahn erhältlich ist (Anspruch 12 der ursprünglich eingereichten Fassung, mit Rückbezug u.a. auf Anspruch 2). Dies wird auch im die Seiten 3 und 4 verbindenden Absatz (Absatz [0009] der A-Publikation) beschrieben.

2.4 Das nachfolgende Merkmal "wobei das Papiergelege eine Mehrzahl von aufeinanderliegenden Papierbahnen umfasst" gibt lediglich wieder, was der Wortteil "Papiergelege" im Zusammenhang von Anspruch 1 implizit besagt (vgl. Seite 2, zweiter Absatz der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung; Absatz [0005] der A-Publikation) und stellt den Zusammenhang mit den im Anspruch ebenfalls erwähnten "Papierbahnen" her. Es ist unerheblich, ob in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ein "Papiergelege" als solches erwähnt wird, da es im Anspruch ansonsten nur als Teil zusammengesetzter Begriffe verwendet wird.

2.5 Das Merkmal, wonach das Papiergelege eine "progressive Oberflächenstruktur" aufweist, ergibt sich anspruchsgemäß dadurch, dass in den einzelnen Papierbahnen jeweils unterschiedlich große Öffnungen gebildet sind, und indem jede Papierbahn quer zur Längsrichtung geschlitzt ist und sich die Länge der Schlitze von Lage zu Lage unterscheidet. Dieses Merkmal stützt sich auf den die Seiten 15 und 16 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung verbindenden Absatz (Absatz [0034] der A-Publikation).

Die Beschwerdeführerinnen trugen dazu vor, dass dieses Merkmal nicht unabhängig von der allgemeinen Angabe in Absatz [0005] (Seite 2, zweiter Absatz der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung) gesehen werden könne, gemäß welchem die Anzahl der Öffnungen von Papierbahn zu Papierbahn zunimmt. Auch könne die Beschreibung in Absatz [0034] nicht unabhängig von Figur 3 gesehen werden.

Dem kann nicht zugestimmt werden. Absatz [0034] ist weder untrennbar mit der der Beschreibung in Absatz [0005] verknüpft, noch auf die schematische Darstellung in Figur 3 beschränkt. Absatz [0034] gibt vielmehr eine in sich geschlossene Definition der progressiven Oberflächenstruktur an, die in Figur 3 beispielhaft illustriert wird. Zwar ändert sich in Figur 3 auch die Anzahl der Öffnungen von Lage zu Lage, dies wird in Absatz [0034] jedoch nicht ausdrücklich erwähnt. Hingegen wird auf die Möglichkeit unterschiedlicher Abstände der Schlitze hingewiesen, wobei es sich ausdrücklich um ein optionales Merkmal handelt ("ggf."). Es wurde nicht bestritten, dass eine unterschiedliche Anzahl an Öffnungen mit unterschied­lichen Abständen einhergehen würde. Daher ist eine unterschiedliche Anzahl an Öffnungen als optional zu verstehen, und die Figur 3 als lediglich beispielhaft.

2.6 Das Wort "jeweils" in der Angabe, dass "in den einzelnen Papierbahnen jeweils unterschiedlich große Öffnungen gebildet sind" verlangt im Kontext des Anspruchs nicht etwa, dass die Öffnungen innerhalb einer einzelnen Lage unterschiedlich groß wären, sondern drückt aus, dass sich die Größe der Öffnungen jeweils zwischen den Papierbahnen unterscheidet. Dies geht damit einher, dass sich die Länge der Schlitze (durch welche die Öffnungen gebildet werden) von Lage zu Lage unterscheidet, wie im Anspruch definiert und in Figur 3 schematisch gezeigt. Dies geht direkt und unmittelbar aus dem genannten Absatz der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hervor (aus dem die Seiten 15 und 16 verbindenden Absatz, entsprechend Absatz [0034] der A-Publikation).

2.7 Auch die im genannten Absatz angegebene Dehnungsrichtung ist dieselbe wie in Anspruch 1. So legt Anspruch 1 fest, dass die Papierbahn in regelmäßigen Abständen quer zur Längsrichtung geschlitzt und quer zu den Schlitzen gedehnt ist. Damit wird die Richtung der Schlitze implizit definiert, auf welche sich die Dehnungsrichtung (quer zu den Schlitzen) bezieht. Es besteht kein Grund, stattdessen die - im Anspruch nicht erwähnte - räumliche Anordnung der Schlitze zur Definition der Orientierung der Schlitze heranzuziehen.

2.8 Die weiteren Angaben in Anspruch 1 zur progressiven Oberflächenstruktur, beginnend mit "indem jede Papierbahn in regelmäßigen Abständen quer zur Längsrichtung geschlitzt ist..." werden im genannten, die Seiten 15 und 16 verbindenden Absatz (Absatz [0034] der A-Publikation) ebenfalls ursprünglich offenbart. Eine Papierbahn ist als im Wesentlichen zweidimensional anzusehen, so dass dieses Merkmal im Anspruch implizit enthalten ist. Darüber hinaus ist ebenfalls implizit, dass eine Lage im Zusammenhang mit einem Papiergelegefilter eine Papierbahn darstellt. In Bezug auf diese Merkmale ist daher keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung zu erkennen.

2.9 Anspruch 9 wurde nur aufgrund des Rückbezugs auf Anspruch 1 angegriffen.

2.10 Zusammenfassend überzeugen die Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ nicht.

3. Artikel 123(3) EPÜ

3.1 Die Beschwerdeführerin 2 hat ihren Einwand unter Artikel 123(3) EPÜ nicht substantiiert (Punkt 1 der Beschwerdebegründung). Die Beschwerdeführerin 3 sah eine Verletzung von Artikel 123(3) EPÜ in einer Gattungsänderung. Unabhängig davon, ob dieser von der Beschwerdeführerin 3 in ihrer Beschwerdebegründung erstmalig erhobene Einwand unter Artikel 12(4) und 12(6) VOBK 2020 zu berücksichtigen ist, beinhaltet der Begriff "Farbnebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul" in den geltenden Ansprüchen 1 und 9 die notwendige Eignung als "Papier­gelege­filter­modul", so dass die behauptete Schutzbereichserweiterung nicht zu erkennen ist.

3.2 Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sind erfüllt.

4. Artikel 13 VOBK 2020 - Vorbringen zu Artikel 83 EPÜ

4.1 Vorbringen der Beschwerdeführerin 2 vom 28. April 2022

Das zusätzliche Vorbringen der Beschwerdeführerin 2 zur Frage der ausreichenden Offenbarung der Herstellung geschlitzter und gedehnter Papiergelegefilter (Eingabe vom 28. April 2022) erfolgte nach ihrer Beschwerdebegründung. Jedoch wurde die zugrundeliegende Frage und der hier zu betrachtende Anspruchssatz bereits in der angefochtenen Entscheidung behandelt. Es ist kein Grund zu erkennen, warum das nicht spätestens in der Beschwerdebegründung vorgetragen werden konnte. Es handelt sich auch um keine Erwiderung im Sinn von Artikel 12(3) VOBK 2020, da die Beschwerdeführerin 2 auf keine Beschwerde einer Gegenpartei reagiert, sondern mit der genannte Eingabe lediglich die parallelen Beschwerden der anderen Einsprechenden ergänzt hat. Daher ist dieses Vorbringen nicht zu berücksichtigen (Artikel 13(1) VOBK 2020).

4.2 Beantragte Inaugenscheinnahme (I)

In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragten die Beschwerdeführerin 3 und die gemeinsame Einsprechende 5, anhand mitgebrachter Papiergelegefilter zu zeigen, dass die Dehnung nicht aufrechterhalten werde. Dies habe nicht früher erfolgen können, da die notwendigen Papierbahnen der Beschwerdeführerin 3 nicht zur Verfügung standen.

Die beantragte Inaugenscheinnahme stellt eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar. Der Antrag wurde erst in der mündlichen Verhandlung gestellt, so dass die Bestimmungen des Artikels 13(2) VOBK 2020 anzuwenden sind.

Dies gilt auch, insofern die Inaugenscheinnahme von der erst im Beschwerdeverfahren beigetretenen gemeinsamen Einsprechenden 5 beantragt wird. Gemäß Artikel 14 VOBK 2020 ist Artikel 13 VOBK 2020 in einem solchen Fall anzuwenden, soweit die Umstände dies rechtfertigen. Die Konstellation im vorliegenden Fall, insbesondere die zeitlich Abfolge (Beitrittserklärung am 12. Juli 2022, Erwiderung der Patentinhaberin auf diese am 22. November 2022, am 8. Dezember 2022 Ladung zur mündlichen Verhandlung, am 3. März 2023 Mitteilung der vorläufigen Meinung der Kammer gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020), rechtfertigt die Anwendung von Artikel 13(2) VOBK 2020 auf einen erst in der mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2023 gestellten Antrag.

Artikel 13(2) VOBK 2020 sieht vor, dass eine solche Änderung des Beschwerdevorbringens grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, es sei denn, die Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Im vorliegenden Fall sind keine außergewöhnlichen Umstände zu erkennen. Die beantragte Inaugenscheinnahme bezieht sich auf dieselbe zugrundeliegende Frage der ausreichenden Offenbarung der Herstellung geschlitzter und gedehnter Papiergelegefilter und hätte somit zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen müssen (vgl. die Ausführungen unter Punkt 4.1). Auch wenn es für die Beschwerdeführerin 3 schwierig gewesen sein sollte, Papierbahnen eines Papiergelegefilters zu beschaffen, ist nicht ersichtlich, dass sie sich zu einem früheren Zeitpunkt zumindest darum bemüht hätte. Zudem betrifft dies nicht die gemeinsame Einsprechende 5, die die Papierbahnen zur Verfügung stellte. Die Papierbahnen wurden ohne jegliche Vorankündigung mit in die mündliche Verhandlung gebracht, so dass die Kammer und insbesondere die Beschwerde­gegnerin keine Gelegenheit hatte, sich darauf vorzubereiten.

4.3 Beantragte Inaugenscheinnahme (II)

Die Beschwerdeführerin 3 und die gemeinsame Einsprechende 5 beantragten in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zudem, anhand der mitgebrachten Papiergelegefilter die Reißanfälligkeit einer Papierbahn mit einer Vielzahl kleiner Schlitze demonstrieren zu dürfen. Auch dieser Aspekt betrifft die Frage der ausreichenden Offenbarung der Herstellung geschlitzter und gedehnter Papiergelegefilter; auch insoweit ist nicht ersichtlich, warum eine solche Vorführung nicht bereits zusammen mit der entsprechenden Beanstandung (Seite 6, letzter vollständiger Absatz der Beitrittserklärung) beantragt wurde, sondern erst am Ende der mündlichen Verhandlung. Sie ist somit aus denselben Gründen wie zuvor genannt (s. Punkt 4.2) nicht vorzunehmen (Artikel 13(2) VOBK 2020).

5. Artikel 83 EPÜ

5.1 Die Beschwerdeführerinnen und die gemeinsamen Einsprechenden trugen vor, dass die beanspruchte Erfindung nicht ausführbar sei, da nicht beschrieben werde, wie die Dehnung der Papierbahnen und die Aufrechterhaltung der Dehnung zu bewerkstelligen sei. Es werde auch nicht angegeben, welche Material­eigen­schaften hierfür nötig seien.

Die Beschwerdeführerin 3 hatte zur Stützung des Einwands schon vor der Einspruchsabteilung Versuche anhand von Kopierpapier vorgelegt (Beschwerdebegründung VI.7-12). Sie gab dazu an, dass die Dehnung bei der bekannten Verwendung als Wandbehang allein durch die Schwerkraft aufrechterhalten werde und dies auch bei Kopierpapier der Fall wäre, wenn es eine entsprechende Größe und damit ein entsprechendes Gewicht hätte.

Die Beschwerdeführerinnen waren zudem der Auffassung, dass es nicht ausreichend sei, wenn die Fachperson kommerziell erhältliche Papiergelegefilter verwenden könne; der Filter sei im Anspruch als "product-by-process" definiert, so dass die Fachperson in der Lage sein müsse, die im Anspruch angegebenen Herstellungsschritte auszuführen.

5.2 Die Kammer sieht keinen Grund, warum die Feststellung der Einspruchsabteilung mit Verweis auf D13 und weitere Dokumente, dass Papiergelegefilter gemäß [0037] des Streitpatents bereits vor dem Prioritätstag bekannt und kommerziell erhältlich waren, falsch sein sollte. Auch das Streitpatent gibt an, dass Papiergelegefilter mit progressivem Aufbau bekannt seien, und nennt eine Herstellerin (Absatz [0008]), nämlich Columbus Industries Inc. (Beschwerdeführerin 2; Herausgeberin von u.a. D13).

5.3 Der Anspruch ist dabei auf ein Produkt gerichtet, und nicht auf ein Herstellungsverfahren. Die "product-by-process"-ähnliche Definition der progressiven Oberflächenstruktur dient lediglich dazu, die daraus resultierenden strukturellen Merkmale des Papiergeleges zu definieren (vgl. Punkt 1.8 oben). Dafür ist es nicht zwingend erforderlich, die beschriebenen Verfahrens­schritte auszuführen, zumal die kommerziell erhältlichen Materialien als "constructed of layers of slit and expanded Kraft paper" und somit ebenfalls mit Bezug auf Verfahrensmerkmale beschrieben werden (D13, erster Absatz).

5.4 Bei derartigen Papiergelegefiltern handelt es sich auch um kein Einzelprodukt, von dessen Verfügbarkeit die Ausführung der Erfindung abhängen würde. Vielmehr ist es lediglich erforderlich, dass die Fachperson Produkte der geforderten Kategorie, d.h. geschlitzte und gedehnte Papierbahnen bzw. Papiergelegefilter mit progressivem Aufbau, bereitstellen, beispielsweise erwerben, kann. Es besteht kein Grund, deren Verfügbarkeit anzuzweifeln.

5.5 Unabhängig davon wurde auch nicht nachgewiesen, dass die Fachperson das im Anspruch genannte Schlitzen, Aufeinanderlegen und Dehnen nicht beispielsweise mit Kraftpapier ausführen könnte, wie für handelsübliche Papiergelege verwendet (D13). Auch wenn Kraftpapier im Streitpatent nicht genannt wird, würde sich die Fachperson bei der Wahl des Papiers an handels­üblichen Papier­gelege­filtern orientieren und hätte keinen Grund, ausgerechnet auf Kopierpapier zurückzugreifen. Die Versuche anhand von Kopierpapier sind daher nicht relevant.

5.6 Ferner handelt es sich bei dem anspruchsgemäßen Merkmal, dass sich beim Aufeinanderlegen der Papierbahnen ein Abstand und eine Berührung der einzelnen Papierbahnen nur an vergleichsweise wenigen Stellen ergibt, um keine Definition nur anhand des zu erreichenden Ergebnisses, da die zu diesem Ergebnis führenden Merkmale ebenfalls genannt werden. Das genannte Merkmal wird anspruchsgemäß dadurch verwirklicht, dass quer zu den eingebrachten Schlitzen gedehnt wird, so dass sich das zwischen den Schlitzen befindliche Material teilweise aufrichtet und eine Ausdehnung in die dritte Dimension erfährt. Es wurde auch nicht gezeigt, dass das genannte Merkmal in durch Schlitzen und Dehnen hergestellten Papiergelegefiltern mit progressivem Aufbau nicht verwirklicht wäre. Dabei ist im Licht der Ausführungen zur Klarheit (Punkt 1.10) keine Kenntnis einer Anzahl von Berührungs­punkten pro Flächeneinheit o.ä. notwendig, um dieses Merkmal umzusetzen.

5.7 Es ist auch nicht ersichtlich, wieso die Papierbahn mit den kleinsten Schlitzen den Kräften der Papierbahnen mit größeren Schlitzen nicht standhalten könnte und zwangsläufig reißen sollte; dies wurde auch nicht nachgewiesen. Es gibt keinen Hinweis, dass kommerzielle Papier­gelege­filter stets gerissene Bahnen aufweisen würden.

5.8 Wie im Hinblick auf die Klarheit ausgeführt (Punkt 1.9), ist eine Auslegung des Anspruchs, gemäß welcher auch der Abstand nur an vergleichsweise wenigen Stellen bestehen soll, im Gesamtzusammenhang dieses Merkmals technisch nicht sinnvoll. Genauso wenig verlangt der Anspruch ein zeitlich aufeinanderfolgendes Ausrichten und Ausdehnen in die dritte Dimension.

5.9 Der Kern der Erfindung ist nicht die Bereitstellung des Papiergelegefilters, sondern dessen Anordnung zu einem Farbnebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul. Es wurde nicht gezeigt, dass sich aus den genannten kommerziell erhältlichen Papiergelegefiltern kein anspruchsgemäßes Farbnebel­abscheide­papier­gelege­filter­modul herstellen ließe, bzw. dass die Dehnung in einem solchen Modul nicht bestehen bliebe. Zwar hat der Erfinder des Streitpatents erst mit dem später eingereichten Gebrauchsmuster D32 eine Lösung für eine einfache Möglichkeit zum Strecken eines Geleges oder Gelegeabschnitts und Halten in gestrecktem Zustand offenbart (Absatz [0004]). Hieraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass sich ein anspruchsgemäß aufgebauter Papiergelegefilter nach Einsetzen und Anbringen in dem Rahmen unter Verwendung von Abstandshaltern (beispielsweise wie in Absatz [0019] beschrieben) unweigerlich wieder zusammenziehen würde. Ferner betrifft D32 nicht speziell Papiergelege, sondern nennt Papier lediglich beispielhaft neben synthetischem Material (Absatz [0017]).

5.10 Es kann vorausgesetzt werden, dass die Fachperson die Größen von Rahmen und Papiergelegefilter in Abhängigkeit voneinander so wählen würde, dass keine Undichtheiten auftreten.

5.11 Die Einwände mangelnder Ausführbarkeit sind daher nicht überzeugend.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Die Beschwerdeführerinnen führten die Dokumente D1 und D8 als jeweils möglicher nächstliegender Stand der Technik an. Darüber hinaus nannte die gemeinsame Einsprechende 5 auch D33 und D35 als mögliche Ausgangspunkte.

6.2 Das Streitpatent betrifft ein Papiergelegefiltermodul zur Verwendung als Farbnebelabscheider (Absätze [0004], [0005] und [0009]).

6.3 Nächstliegender Stand der Technik

Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es bei der Wahl des nächstliegenden Stands der Technik vor allem darauf an, dass seine Lösung auf den gleichen Zweck bzw. dieselbe Wirkung gerichtet ist wie die Erfindung (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage 2022, I.D.3.2).

Die gemeinsame Einsprechende 5 hat mit Verweis auf D36-D45 ausgeführt, dass die Wirkungen von "Abscheidung" und "Filtration" nicht voneinander getrennt werden könnten und die Definitionen dieser Begriffe keine Abgrenzung beider Techniken voneinander erlauben würden.

Jedoch folgt aus der möglichen begrifflichen Überlappung von "Filtration" und "Abscheidung" nicht unweigerlich, dass jede Filtrationsaufgabe mit der Farbnebelabscheidung vergleichbar wäre, zumal unter den Begriff "Abscheidung" nach den Ausführungen der gemeinsamen Einsprechenden 5 auch das Auswaschen von Farbnebel (siehe D37 und D39) und ein Zentrifugal­separator (D40) fallen. Sie ist insbesondere kein Anhaltspunkt dafür, dass die Fachperson bei jeder Filtrationsaufgabe speziell die Farbnebelabscheidung automatisch mitlesen würde.

D8 betrifft einen Filter, insbesondere einen Taschenfilter, für beim Lackieren entstehenden Sprühnebel (Absätze [0001] und [0002]), und somit denselben Zweck wie das Streitpatent.

D1 weist zwar eine strukturelle Ähnlichkeit der Filteranordnung auf (Figuren 1-3), erwähnt hingegen keine Farbnebelabscheidung, sondern nennt als Beispiel die Filterung von Schweißabgasen (Seite 2, erster Absatz).

D33 ist ein Handbuch zum Thema Filtertechnik und zeigt beispielhaft verschiedene Filter. D33 erwähnt zwar die Farbnebelabscheidung (Kapitel 9.7 und 9.9 und Figur 9.8), zeigt jedoch kein Filtermodul für diesen Zweck und keine Ausbildung als Taschenfilter. Insoweit D33 Taschenfilter bzw. Faltenfilter beschreibt (Kapitel 4.5), ist dies völlig unabhängig davon und ist nicht etwa als mögliche Bauform für Papiergelegefilter mit progressiver Oberflächenstruktur zu verstehen. D33 ist weniger relevant als D8.

D35 ist noch weniger relevant. D35 zeigt Abstandshalter (Figuren 2 und 3) für Faltenfilter als Gasfilter. Entgegen dem Vortrag der gemeinsamen Einsprechenden weist gemäß D35 nicht die Filterbahn unterschiedlich große Öffnungen auf, sondern diese betreffen die Abstandshalter. Bei der Filterbahn handelt es sich auch nicht um einen Gelegefilter.

Somit verbleiben nur D1 oder D8 als potentieller nächstliegender Stand der Technik.

6.4 D1 ist kein erfolgversprechender Ausgangspunkt

Der Auffassung, dass auch D1 denselben Zweck wie das Streitpatent betreffe, da die zugrundeliegende Trennaufgabe prinzipiell dieselbe sei und eine Anpassung für Farbnebel­abscheidung oder Filterung von Schweißabgasen lediglich eine Optimierung darstellen würde, die die Fachperson unweigerlich im Blick hätte, kann nicht gefolgt werden.

Die bei der Filterung von Schweißabgasen zu entfernenden Metallstäube haben völlig andere Eigenschaften als Farbnebel. "Trockene Farbnebel" werden weder im Streitpatent noch im angeführten Stand der Technik (D1 und D8 bzw. D13-D16 bezüglich Papiergelegefilter) erwähnt und sind hier nicht von Bedeutung. Bei dem hier relevanten üblichen Farbnebel handelt es sich um Lacktröpfchen (D8, Absätze [0004] und [0014]) bzw. "klebrige" feuchte Partikel, die an Oberflächen anhaften (vgl. auch Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 3, Seite 6, letzter Absatz). Somit würde die Fachperson die Trennaufgaben nicht als gleichwertig oder gar austauschbar ansehen. Dies zeigt sich auch darin, dass zwar Filter für Schweißabgase eine - wenn auch geringe - Kapazität für die Farbnebelabscheidung haben dürften, es aber keinen Hinweis gibt, dass auch Filter für Farbnebelabscheidung zur Filterung von Schweiß­abgasen geeignet wären. Dabei ist es unwesentlich, ob die in D1 beschriebene Wirkungsweise des Filtermaterials (Filterbahn ist luft- oder gasdurchlässig, jedoch undurchlässig für enthaltene Partikel, vgl. Seite 1, erster Absatz; Agglomerate setzen sich auf der Oberfläche der Filterbahn ab, ohne in die Filterbahn in irgendeinem nennenswerten Maße einzudringen, vgl. Seite 6, zweiter Absatz) im Sinn einer Siebfiltration zu verstehen und in D1 physikalisch zutreffend beschrieben ist, was die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 bestreiten. Daher sind die bezüglich der Trennmechanismen bei Filtration genannten Dokumente AFW1-AFW5 nicht relevant.

Ferner sind auch die jeweiligen Partikel­größen­bereiche nicht dieselben, sondern überlappen lediglich in einem Teilbereich, entgegen den Argumenten der gemeinsamen Einsprechenden 5. So liegt die Partikelgröße metallurgischer Stäube im Bereich von 0,01-100 mym, während die von Farbnebel ausgehend von 10 mym über das Ende des dargestellten Bereichs (1000 mym) hinausgeht (D33, Figur 1.3). Die Partikelgrößenbereiche stützen die behauptete Gleichartigkeit der Trennaufgaben somit auch nicht.

D1 gibt keinen Hinweis auf eine mögliche Verwendung für die Farbnebelabscheidung. Ausgehend von D1 hätte die Fachperson keinen Anlass, das dort beschriebene Filtermodul speziell für die Farbnebelabscheidung anzupassen. Ein solcher Anlass ergibt sich auch nicht aus dem Stand der Technik. D8 beschreibt zwar einen Taschenfilter, der jedoch einen ganz bestimmten Aufbau hat, nämlich einzeln geformte seitlich geschlossene Taschen aus Papiergelegefiltern, die an einem Rahmen befestigt werden (Figur 2 und Absatz [0023]). D13 - D16 betreffen lediglich die Papergelegefilter selbst, die laut D8 (Absatz [0003]) und Streitpatent (Absatz [0008]) üblicherweise flächig, z.B. als Wandbehang verwendet werden.

Auch würde die Fachperson nicht bereits durch den unspezifischen Verweis auf eine Vielzahl übereinanderliegender bzw. sich überlappender Papierbahnen (D1, Seite 5, erster vollständiger Absatz) dazu angeregt, die aus D1 bekannte Filtereinrichtung mit einem Papiergelegefilter mit progressivem Aufbau für die Farbnebel­abscheidung auszurüsten. D1 nennt keinen mit dem Übereinanderlegen von Papierbahnen verbundenen Zweck. Die Fachperson erfährt nicht, ob es beispielsweise lediglich zur Verstärkung dient, falls eine Papierbahn reißt. Insbesondere würde die Fachperson dies nicht als Hinweis auf Papier­gelege­filter mit progressiver Oberflächenstruktur im Sinn des Anspruchs verstehen, die dreidimensionale Strukturmerkmale beinhaltet und nicht lediglich als eine Abfolge zweidimensionaler Bahnen aufzufassen ist (vgl. auch Absatz [0014] in D8 bezüglich gedehnter bzw. gestreckter Waben).

Darüber hinaus haben Papiergelegefilter mit progressivem Aufbau eine sehr hohe Aufnahmefähigkeit (7 kg/m**(2), D8, Absatz [0007]) und stellen daher besondere Anforderungen an die strukturelle Stabilität des Filters. D1 lässt sich nicht entnehmen, ob die Filtereinrichtung eine entsprechende Stabilität hätte.

Aus diesen Gründen ist D1 kein geeigneter Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit und die Fachperson würde ausgehend von D1 nicht in Betracht ziehen, einen Papiergelegefilter mit progressiver Oberflächenstruktur als Filterbahn einzusetzen.

Daher ist D8 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen.

6.5 D8 als nächstliegender Stand der Technik

6.5.1 D8 beschreibt ein Filtermodul mit Papier­gelege­filter­taschen zur Filterung von beim Lackieren entstehenden Sprühnebeln (Absätze [0005] und [0006]). Das Filtermodul hat einen äußeren Rahmen und das Papiergelege ist dreidimensional angeordnet (Figuren 2-4). Ferner umfasst das Papiergelege eine Mehrzahl aufeinanderliegender Papierbahnen und weist eine progressive Oberflächenstruktur auf (D8, Absätze [0007], [0013] und [0014]).

6.5.2 Es ist unstreitig, dass D8 die Merkmale nicht offenbart, gemäß welchen zwischen einzelnen Abschnitten des Filters zur Gewährleistung eines Abstands zwischen einander zugewandten Seiten des Filters Abstandshalter angeordnet sind, und der Filter im Rahmen in Form einer mehrfach gefalteten Papiergelegefilterbahn mit jeweils zwischen einzelnen Bahnabschnitten befindlichen Abstandshaltern angebracht ist.

6.5.3 Das Streitpatent betrifft die technische Aufgabe, ein Papiergelegefiltermodul bereitzustellen, das eine verbesserte Farbaufnahme- und Farbabscheidefähigkeit besitzt und leicht herzustellen ist (Absatz [0009]).

6.5.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird das beanspruchte Farb­abscheide­papiergelege­filter­modul vorgeschlagen, bei dem zwischen einzelnen Abschnitten des Filters zur Gewährleistung eines Abstands zwischen einander zugewandten Seiten des Filters Abstandshalter angeordnet sind und der Filter in dem Rahmen in Form einer mehrfach gefalteten Papiergelegefilterbahn mit jeweils zwischen einzelnen Bahnabschnitten befindlichen Abstandshaltern angebracht ist.

6.5.5 Es wurden keine Gründe vorgetragen, warum eine erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe anzuzweifeln sein sollte. Die Beschwerdeführerinnen 1, 3 und 4 formulierten die technische Aufgabe gegenüber D8 ebenfalls im Sinn einer Erhöhung der Abscheidefläche (siehe die jeweilige Beschwerdebegründung; Beschwerdeführerin 1: Seite 15, unten; Beschwerdeführerin 3: Seite 29, erster Absatz und Punkt 15; Beschwerdeführerin 4: Seite 11, vorletzter Absatz). Auch besteht kein Zweifel, dass die Herstellung im Vergleich zu den beispielsweise vernähten Taschen der D8 einfacher ist.

Die genannte Aufgabe kann somit als gelöst angesehen werden.

6.5.6 Zwar wird in D1 eine Anordnung einer Filterbahn in einem Gehäuse zu einem Taschenfilter beschrieben, die die unterscheidenden Merkmale aufweist. So ist die Filterbahn gemäß D1 mehrfach gefaltet in einem Gehäuse angeordnet, wobei das Hindurchströmen von Gas oder Luft (d.h. das Öffnen der Taschen) durch in jeder Tasche angeordnete Abstandselemente ermöglicht wird (D1, Anspruch 1) und die Filtertaschen aus den Bahnabschnitten und den anschließenden Seitenwänden gebildet werden (Seite 5, letzter Absatz), siehe auch die Figuren 1 und 2.

Dabei lehrt D1, dass die dort beschriebenen Filter­einrichtungen sehr wirksam seien bzw. eine hohe Filterfläche erzielt werde (D1, Seite 2, zweiter Absatz; Seite 6, erster Absatz).

Jedoch betrifft D1 einen gänzlich anderen Aufbau des Taschenfilters, d.h. es ist nicht möglich, beide Lehren zu kombinieren und damit den aus D8 bekannten Aufbau um die fehlenden Merkmale (Punkt 6.5.2) zu ergänzen. Die Fachperson müsste vielmehr den aus D8 bekannten Aufbau durch den in D1 beschriebenen ersetzen, unter Beibehaltung des gemäß D8 zu verwendenden Papiergelegefilters als Filterbahn.

Die Fachperson erhält keinen Hinweis, dass diese Aufbauten austauschbar sein könnten. Sie würde nicht unmittelbar erkennen, dass die aus D1 bekannte Anordnung der Filterbahn auch für Papier­gelege­filter mit progressivem Aufbau verwendbar sein und eine verbesserte Farbaufnahme- und Farbabscheidefähigkeit ermöglichen würde. So betrifft D1, wie erwähnt, insbesondere die Filterung von Schweißabgasen (Seite 2, erster Absatz). Das Argument, dass es um prinzipiell gleiche Anwendungen gehe und sich lediglich eine Optimierungsfrage stelle, ist nicht überzeugend, wie im Hinblick auf D1 dargelegt (s. Punkt 6.4 oben).

6.5.7 Die Fachperson erhält weder aus D8 noch aus D1 einen Hinweis, dass ein Papiergelegefilter mit progressiver Oberflächenstruktur für die in D1 beschriebene mehrfache mäanderförmige Faltung um Abstandshalter (Figuren 1 bis 3) geeignet ist.

Gemäß D8 werden Segmente eines Papiergelegefilters zu Taschen kombiniert, z.B. durch Vernähen, Verkleben oder Klemmen (Absatz [0023]). Lediglich in Bezug auf die den Taschenöffnungen abgewandte Seite wird beschrieben, dass diese auch ein Falz sein kann. So kann die Tasche durch Übereinanderlegen von zwei Abschnitten derselben Bahn mit Erhalt eines Falzes gebildet werden (Absätze [0011] und [0024]). Hieraus ergibt sich keine Lehre in Bezug auf eine mehrfache mäanderförmige Faltung. Dass Papiergelegefilter als Rollenware erhältlich sind (D8, Absatz [0012]) besagt ebenfalls nichts über deren Verwendbarkeit in gefalteter Form.

Zwar sind Faltenfilter bekannt (D33, Kapitel 4.5 und Figuren 4.5-4.9), diese sind jedoch nicht mit Papiergelege mit progressiver Oberflächenstruktur ausgerüstet. Aus keinem der Dokumente D33-D35 ergibt sich eine Anregung, Papiergelegefilter mit progressivem Aufbau zu falten. D33 ist ein Handbuch zum Thema Filtertechnik und zeigt beispielhaft verschiedene Filter, auch Faltenfilter sowie Faltenfilter mit Abstandshaltern (Kapitel 4.5 und Figuren 4.5 bis 4.9, insbesondere Figuren 4.5 und 4.7), ohne diese jedoch im Detail zu erläutern. Bei dem Filtermedium handelt es sich nicht um Papiergelegefilter und die Faltenfilter werden auch nicht als mögliche Bauform dafür dargestellt. Nur gänzlich unabhängig davon zeigt D33 einen Papiergelegefilter (Figur 9.8), ohne irgendeine Beziehung zu Faltenfiltern herzustellen. D34 beschreibt ebenfalls einen Faltenfilter, jedoch kein Papiergelege mit progressivem Aufbau. In Figur 1 ist lediglich eine gefaltete Bahn eines Filtermediums gezeigt, ohne Hinweis auf eine progressive Oberflächenstruktur im Sinn des Anspruchs. D35 beschreibt Abstandhalter für Falten­filter, erwähnt jedoch ebenfalls kein Papier­gelege mit progressivem Aufbau.

Die Fachperson findet im genannten Stand der Technik somit keine Lehre, dass ein Papiergelegefilter in gefalteter Form verwendbar ist, d.h. unter Beibehalt der für die Wirksamkeit des progressiven Aufbaus des Papier­gelege­filters notwendigen Öffnung in die Tiefe (D8, Absatz [0014]) gefaltet werden kann.

Darüber hinaus könnte sie D1 nicht entnehmen, ob die dort beschriebene Filtereinrichtung eine ausreichende strukturelle Stabilität für mit Farbe beladenes Papiergelege hätte, wie bereits im Hinblick auf D1 erwähnt.

6.5.8 Aus diesen Gründen ist der Einwand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D8 nicht überzeugend.

6.6 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Gleiches gilt für die Ansprüche 2-9, die sich direkt oder indirekt auf Anspruch 1 zurückbeziehen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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