T 0865/21 () of 9.11.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T086521.20231109
Datum der Entscheidung: 09 November 2023
Aktenzeichen: T 0865/21
Anmeldenummer: 12002768.5
IPC-Klasse: E04B 1/00
E04C 5/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Thermisch isolierendes Bauelement
Name des Anmelders: HALFEN GmbH
Name des Einsprechenden: SCHÖCK BAUTEILE GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(6)
European Patent Convention Art 101(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - mehrere Ausgangsdokumente als nächstliegender Stand der Technik (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/21
T 0724/08
T 2432/19
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der der Einspruch gegen das Streitpatent zurückgewiesen wurde.

Gegen das erteilte Patent war der Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ) geltend gemacht worden. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von D8b auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte, während die Entgegenhaltungen D1 und D5 nicht als nächstliegender Stand der Technik in Betracht gekommen seien.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer lauteten die Schlussanträge wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) und hilfsweise, das Patent auf Grundlage eines der Hilfsanträge I oder II, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.

III. Anspruch 1 des erteilten Patents (Hauptantrag) lautet (mit hinzugefügten Merkmalsbezeichnungen in eckigen Klammern):

"[M1] Thermisch isolierendes Bauelement (1, 1') zur Anordnung zwischen zwei lastaufnehmenden Bauwerksteilen, insbesondere zwischen einer Gebäudedecke (10) und einer Balkonbodenplatte (11) mit

[M2] einem länglichen Isolierkörper (5, 5') sowie

[M3] quer zu dessen Längsrichtung durch diesen verlaufenden Bewehrungsstäben (7) und

[M4] aus Seitenwänden des Isolierkörpers (5, 5') hervorstehenden Lagern (6) zur Aufnahme von Druck- und Schubkräften,

[M5] wobei der Isolierkörper (5, 5') einen oberen mit Isolierstoff gefüllten, quaderförmigen, formstabilen Kasten (2),

[M6] durch den sich die Bewehrungsstäbe (7) erstrecken, und

[M7] einen unteren mit Isolierstoff gefüllten, quaderförmigen, formstabilen Kasten (4),

[M8] in dem die Lager (6) angeordnet sind, umfasst,

dadurch gekennzeichnet, dass

[M9a] der Isolierkörper (5, 5') mindestens einen weiteren formstabilen Kasten (3, 8, 9) umfasst, [M9b] der mit einem Isolierstoff gefüllt ist und [M9c] der als mittlerer Kasten zwischen dem oberen Kasten (2) und dem unteren Kasten (4) angeordnet ist, und [M9d] der jeweils mit dem oberen Kasten (2) und dem unteren Kasten (4) fest verbunden ist,

[M10] dass jeder Kasten (2, 3, 4, 8, 9) für sich vollständig geschlossen ausgeführt ist,

[M11] so dass jeweils benachbarte Kästen des Isolierkörpers (5, 5') flächig aufeinander liegen, und

[M12] dass die Kästen (2, 3, 4, 8, 9) an ihren jeweils zueinander gerichteten Seiten derart geformte Längskanten aufweisen, dass diese beim Zusammenfügen der Kästen (2, 3, 4, 8, 9) formschlüssig und kraftschlüssig ineinander greifen,

[M13] wobei an den Kästen (2, 3, 4, 8, 9) Clipse oder Rasteinrichtungen angeordnet sind, durch die die Kästen (2, 3, 4, 8, 9) miteinander verbunden sind."

IV. In der vorliegenden Entscheidung wird auf die folgenden Entgegenhaltungen Bezug genommen:

D1: CH 685 252 A5

D5: EP 1 463 862 B1

D6: DE 19 711 813 A1

D7: Auszug aus "Schöck Isokorb - Technische Informationen", Dezember 2010

D8a: Auszug "HALFEN HIT Iso-Element - Produktinformation Technik" (HIT 11) 12/10, Seiten 1 bis 14 und 100.

D8b: Auszug aus "Halfen HIT-HP MV Iso-Element - Typenprüfung nach DIN" 12/10

D8a*: vollständige Publikation "HALFEN HIT Iso-Element - Produktinformation Technik" (HIT 11) 12/10, Seiten 1 bis 100

D9: Publikation "HALFEN HIT Iso-Element ES - Produktinformation Technik" (HIT-ES 11) 10/11

D10: Publikation "HALFEN HIT Iso-Element - Produktinformation Technik" (HIT 12) 02/12, Seiten 1 bis 104

Die Entgegenhaltungen D8a*, D9 und D10, deren Vorveröffentlichung nicht streitig war, wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung vorgelegt.

V. Das für die Entscheidung erhebliche Vorbringen der Beteiligten ist in den Entscheidungsgründen zusammengefasst.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung der Entgegenhaltungen D8a*, D9 und D10 sowie der auf ihnen beruhenden Angriffe wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit

1.1 Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin die Entgegenhaltungen D8a* (vollständige Fassung der im Einspruchsverfahren bereits in Auszügen eingereichten D8a), D9 und D10 ein und substantiierte Angriffe wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von sowie in Kombination mit diesen Entgegenhaltungen.

Die Beschwerdeführerin trug vor, D8a*, D9 und D10 seien wegen ihrer prima facie Relevanz und der damit verbundenen Eignung, den Verfahrensausgang zu ändern, in das Verfahren zuzulassen. D8a* sei zudem in Auszügen bereits im Einspruchsverfahren vorgelegt worden. Sämtliche neuen Entgegenhaltungen stammten von der Beschwerdegegnerin selbst, so dass dieser die Beschäftigung damit - auch erst im Beschwerdeverfahren - zuzumuten sei. D8a*, D9 und D10 seien schließlich auch als Belege für das Fachwissen anzusehen und als solche zuzulassen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Dokumente D8a*, D9 und D10 und die hierauf gründenden neuen Angriffslinien nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Einerseits, so machte sie geltend, hätten sie bereits erstinstanzlich vorgebracht werden können und sollen, andererseits mangele es ihnen an der behaupteten prima facie Relevanz.

1.2 Die Entscheidung der Kammer über die Zulassung der betreffenden Dokumente beruht auf den folgenden Erwägungen.

1.3 Die Entgegenhaltungen D8a*, D9 und D10 sowie die auf ihnen beruhenden Einwände liegen nicht der angefochtenen Entscheidung zugrunde. Dieser Teil des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin erfüllt daher nicht die Erfordernisse von Artikel 12 (2) VOBK 2020. Es handelt sich somit um eine Änderung im Sinne von Artikel 12 (4) VOBK 2020, deren Zulassung im Ermessen der Kammer steht.

1.4 Gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2020 hat derjenige Beteiligte, der eine Änderung vorbringt, zu begründen, warum diese (erst) im Beschwerdeverfahren erfolgt.

1.5 Da der Hauptantrag unverändert auf das Patent wie erteilt gerichtet ist, und die Beschwerdeführerin keine derartige Begründung vorgetragen hat, handelt es sich nach Ansicht der Kammer bei den erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten Entgegenhaltungen und Angriffen um Einwände und Beweismittel, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können und sollen. Gemäß Artikel 12 (6) VOBK 2020 lässt die Kammer solche Einwände oder Beweismittel nicht zu, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin nur auf die angebliche prima facie Relevanz der Entgegenhaltungen und Einwände verwiesen.

1.6 Derartige Umstände können zwar grundsätzlich durch eine hohe prima facie Relevanz der neuen Entgegenhaltungen und der auf ihnen beruhenden Einwände gegeben sein (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage 2022, V.A.5.13.2, Absätze 1 und 2). Die prima facie Relevanz kann daher von der Kammer, als eines von mehreren Kriterien, bei der Ausübung ihres Ermessens zur Zulassung einer erst mit der Beschwerdebegründung eingereichten Entgegenhaltung herangezogen werden. Es besteht jedoch keine Verpflichtung hierzu (vgl. T 724/08, Nr. 3.4 der Gründe). Da die prima facie Relevanz "weder das maßgeblichste noch ein" für sich "alleinstehendes" Kriterium ist (ibid., dritter Absatz), muss sie vielmehr in die Gesamtabwägung der in der Verfahrensordnung ausdrücklich genannten Kriterien wie die Berücksichtigung der Komplexität und das Gebot der Verfahrensökonomie einbezogen werden.

1.7 Im vorliegenden Fall verwendet die Beschwerdeführerin die neu vorgelegten Entgegenhaltungen D8a*, D9 und D10 zusätzlich zu den vier bereits in der angefochtenen Entscheidung behandelten Einwänden mangelnder erfinderischer Tätigkeit unstreitig zu acht weiteren Kombinationen. Eine Zulassung der neu vorgelegten Dokumente sowie der darauf gestützten Angriffe würde daher zu einer erheblichen Erhöhung der Komplexität des Verfahrens führen und verstieße daher offensichtlich gegen das Gebot der Verfahrensökonomie.

Da zudem weder eine Begründung für das verspätete Vorbringen vorgelegt wurde noch ausreichend dargelegt wurde, weshalb jedes der vorgelegten Dokumente und der darauf beruhenden Angriffe für sich genommen bereits prima facie, also noch vor einer detaillierten Analyse, hoch relevant, geschweige denn relevanter als das bisherige erstinstanzliche Vorbringen sein und daher zu einem anderen Verfahrensausgang führen sollten, sieht die Kammer eine derartige Ausweitung des Verfahrensgegenstands nicht als gerechtfertigt an.

1.8 Bezüglich Dokument D8a* wird zudem angemerkt, dass die Vorlage einer vollständigen Version eines Dokuments entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht schon allein deshalb zuzulassen ist, weil das Dokument im erstinstanzlichen Verfahren bereits in Auszügen eingereicht worden war. Im vorliegenden Fall beziehen sich die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Seiten 15 bis 99 der D8a* auf andere Ausführungsformen als auf den Seiten 1 bis 14 gemäß D8a offenbart. Das Nachreichen der Seiten 15 bis 99 in D8a* ist daher nicht anders zu beurteilen als die Vorlage einer weiteren Entgegenhaltung.

1.9 Auch dem Argument der Beschwerdeführerin, D8a*, D9 und D10 seien als Belege für das Fachwissen zuzulassen, kann sich die Kammer nicht anschließen, da D8a*, D9 und D10 Kataloge sind, und von der Beschwerdeführerin nicht erklärt wurde, welches allgemeine Fachwissen diesen entnommen werden könnte, und diese entsprechend auch nicht hierfür herangezogen wurden.

1.10 Eine Ausnahme von der Feststellung von Punkt 1.7 hält die Kammer allerdings für gerechtfertigt, und zwar bezüglich der Offenbarung des Bauelements "in Ausführung für Elementdecken" von Seite 24 der D10 und des davon ausgehend vorgetragenen Angriffs mangelnder erfinderischer Tätigkeit in Verbindung mit dem Fachwissen.

Auf Seite 24 der D10 ist zu erkennen, dass die Druckschublagerbox aus zwei, wenn auch nicht unbedingt für sich vollständig geschlossenen, Kästen zusammengesetzt ist und daher, zusammen mit dem Kasten der Zugstabbox, ein Bauteil mit drei Kästen offenbart. Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass der Aufbau dieses Ausführungsbeispiels hinsichtlich der Anspruchsmerkmale im Wesentlichen mit dem der D8b übereinstimme und daher nicht relevanter als D8a/D8b sei. Nach Ansicht der Kammer ist dieser Offenbarungsgehalt jedoch der D10 deutlicher und direkter als der D8a/D8b zu entnehmen. Daher scheint es bei angemessener Berücksichtigung der Komplexität und von verfahrensökonomischen Gesichtspunkten gerechtfertigt, die D10 als relevanten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zuzulassen. Da es sich wie bei den anderen genannten Entgegenhaltungen um eine eigene Produktinformation der Beschwerdegegnerin handelt, ist ihr die Befassung mit D10 erst im Beschwerdeverfahren auch ohne Weiteres zumutbar.

1.11 Aus diesen Gründen entschied die Kammer, die erstmals mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Entgegenhaltungen D8a*, D9 und D10 und die auf ihnen beruhenden Einwände - mit Ausnahme der Offenbarung in D10, die das Ausführungsbeispiel von Seite 24 betrifft, sowie des von diesem Ausführungsbeispiel ausgehenden Einwands mangelnder erfinderischer Tätigkeit in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen - nicht in das Verfahren zuzulassen.

2. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1

2.1 D1 als nächstliegender Stand der Technik

In der angefochtenen Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung die Einwände ausgehend von D1 nicht weiter behandelt, nachdem sie anhand einer Merkmalsanalyse des Offenbarungsgehalts zu der Einschätzung gelangt war, dass D1 im Vergleich zu D8b kein "gleichwertiger" Ausgangspunkt und damit nicht der "nächstliegende" Stand der Technik sei. Begründet wurde dies lediglich mit dem Hinweis, D8b benötige "die wenigsten Änderungen, um zur Erfindung gemäß Streitpatent zu gelangen" und spreche auch die (streitpatentgemäße, vgl. Absatz [0007]) "Höhenanpassung" an.

Dem schloss sich die Beschwerdegegnerin an, da D1 ihrer Ansicht nach "keinen einzigen vollständig geschlossenen Kasten" zeige und das zwischen den Stablagerprofilen liegende Zusatzelement überhaupt keine Umhausung aufweise.

2.1.1 Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eines beanspruchten Gegenstands im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes sind grundsätzlich alle gangbaren Wege, gegebenenfalls auch ausgehend von verschiedenen möglichen Ausgangspunkten als "nächstliegendem Stand der Technik" im Sinne eines aussichtsreichen "Sprungbretts" zu überprüfen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, I.D.3.1, insbesondere die Absätze 6, 7, 13 und 14 mit Verweis auf zahlreiche Entscheidungen). Dieser Grundsatz ergibt sich daraus, dass sich das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ auf den gesamten Stand der Technik bezieht.

2.1.2 Es mag zwar Gründe geben, weswegen ein bestimmter Stand der Technik von vornherein keinen erfolgsversprechenden Ausgangspunkt für eine Entwicklung darstellt, die zur beanspruchten Erfindung führt - beispielsweise weil seine Lehre mit der Erfindung nicht vereinbar ist, davon wegführt oder unüberwindbare Schwierigkeiten aufwirft.

2.1.3 Die von der Einspruchsabteilung angegebene Begründung genügt nach Ansicht der Kammer aber nicht, um D1 als Ausgangspunkt (als "nächstliegenden" Stand der Technik) auszuschließen.

Auf die Anzahl von Merkmalsübereinstimmungen abzustellen genügt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil die Angriffe ausgehend von D1 und von D8b in Kombination mit unterschiedlichen Dokumenten vorgetragen wurden. Ohne Berücksichtigung derer Offenbarungen im Licht der der Aufgabenstellung und der in den Kombinationsdokumenten zu findenden Hinweise auf eine Lösung hierfür kann nicht per se ausgeschlossen werden, dass auch eine größere Änderung naheliegender sein kann als eine kleinere.

Auch die Tatsache, dass D8b explizit den Aspekt der "Höhenanpassung" anspricht, D1 jedoch nicht, ist diesbezüglich im vorliegenden Fall nicht maßgeblich. Denn Anspruch 1 enthält zwar keine Angaben zur Höhe der Kästen und spezifiziert keine Höhenanpassung. Der Fachperson ist dennoch bewusst, dass die gattungsgemäßen Bauelemente für verschiedene Betonplattenstärken einsetzbar sein müssen. Daher versteht sie aber auch, dass das "Zusatzelement" 11 in D1 (Figur 3) ebenfalls der Höhenanpassung dient, auch wenn dies in D1 nicht ausdrücklich offenbart ist.

Folglich hätte der Angriff mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D1 als erfolgsversprechendem Ausgangspunkt geprüft werden müssen, nachdem die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Angriff ausgehend von D8b nicht erfolgreich sei.

2.1.4 Daher ist das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit auch ausgehend von D1 zu überprüfen.

2.2 Offenbarung der D1

D1 betrifft ein thermisch isolierendes Kragplattenanschlusselement mit integrierten Zug- oder Druckstäben, die zwischen zwei sandwichartigen aufeinanderliegenden, miteinander verbundenen länglichen Profilträgern aus Kunststoff festgehalten sind (Spalte 1, Zeilen 3 bis 41). Die Profilträger sind vorzugsweise "an den gegeneinanderliegenden Trennflächen mit längsverlaufenden Stegen versehen" und sind, gegebenenfalls einschließlich der Stege, "als Hohlprofile ausgebildet, wobei die Profilhohlräume mindestens teilweise mit einem Isolier- bzw. Dämmmaterial ausgefüllt sein können" (Spalte 1, Zeilen 45 bis 61; Spalte 3, Zeilen 7 bis 10, 38 bis 41 und 50 bis 53; Figuren 4 bis 7). D1 offenbart auch ein Bauelement ("Anschlusselementanordnung"), bei welchem "jeweils ein erstes Anschlusselement mit Zugstäben mit einem zweiten Anschlusselement mit Druckstäben verbunden ist, wobei ggf. zwischen dem ersten und dem zweiten Element ein zusätzliches Element" (im Folgenden auch "Zusatzelement", vgl. Spalte 3, Zeilen 1 bis 6) "eingefügt und mit den beiden anderen Elementen verbunden wird" (Spalte 2, Zeilen 13 bis 22; Figur 3, Spalte 2, Zeile 64 bis Spalte 3, Zeile 6).

D1 offenbart damit unstreitig ein Bauelement gemäß den Merkmalen M1 bis M3. Da die "Druckstäbe" auch zur Aufnahme von Schubkräften geeignet sind, ist auch das Merkmal M4 erfüllt.

2.3 Merkmalszuordnung "Anschlusselemente als Kästen"

2.3.1 Ausgehend von der beschriebenen Offenbarung der D1 trug die Beschwerdeführerin vor, die beiden Profilträger eines Anschlusselements (auch als "Grundelement" 7, 8 bezeichnet, Figur 3; Spalte 3, Zeilen 1 bis 10) bildeten gemeinsam jeweils einen "Kasten".

Die so definierten zusammengesetzten Kästen seien quaderförmig und die Stäbe erstreckten sich "durch" sie bzw. seien "in" ihnen angeordnet (Figuren 4 bis 7). Damit offenbare D1 einen oberen und einen unteren Kasten gemäß den Merkmalen M5 bis M8.

Das zwischen den beiden Anschlusselementen 7 und 8 liegende Zusatzelement 11 (Figur 3; Spalte 3, Zeilen 1 bis 6) sei zwar nicht als Kasten gemäß Merkmal M9a offenbart, weise aber ansonsten bereits die in den auf den Kasten bezogenen Merkmalen M9b bis M9d genannten Eigenschaften auf.

D1 gebe keinen Anlass anzunehmen, dass die als Hohlprofile ausgebildeten und mit Dämmmaterial ausgefüllten Profilträger offene Stirnenden aufwiesen. Diese müssten vielmehr geschlossen sein, um das enthaltene Dämmmaterial vor dem Herausfallen und vor dem Eindringen von Feuchtigkeit oder Beton zu schützen. Somit offenbare D1 zumindest implizit für sich vollständig geschlossene Kästen gemäß Merkmal M10. Die Elemente 7, 8 und 11 lägen zudem flächig aufeinander auf (Merkmal M11).

Daher fehle in D1 lediglich eine Ausbildung des Zusatzelements als oder in einem für sich vollständig geschlossenen Kasten (Merkmal M9a) sowie eine Verbindung zwischen den Elementen 7, 8 und 11 gemäß den Merkmalen M12 und M13.

2.3.2 Die Kammer ist hierzu folgender Auffassung.

D1 offenbart, dass die Profilträger, gegebenenfalls einschließlich ihrer längsverlaufenden Stege, "als Hohlprofile ausgebildet" sein können. Derartige Profile werden üblicherweise im Strangpressverfahren hergestellt und sind nach dem Ablängen an den Stirnseiten offen. D1 macht keine Angaben darüber, ob die für die Bauelemente verwendeten Hohlkammerprofile an den Stirnenden verschlossen sind. Dies ist auch nicht implizit in D1 offenbart, da die in D1 vorzugsweise offenbarte Dämmung durch Ausschäumen der Profilkammern keinerlei Schutz vor Herausfallen des Dämmmaterials oder dem Eindringen von Feuchtigkeit oder von Beton erfordert. Somit war ein stirnseitiger Verschluss der Profile jedenfalls in den Ausführungsformen mit ausgeschäumten Profilen nicht zwangsläufig erforderlich. D1 offenbart daher - anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen - keine "für sich vollständig geschlossenen" Kästen gemäß Merkmal M10.

Dabei ist es nicht entscheidend, ob an beiden Stirnenden offene Hohlprofile überhaupt als "Kasten" bezeichnet werden dürfen - da jedenfalls die vollständige Geschlossenheit fehlt. Der Verständlichkeit halber behält die Kammer den Begriff "Kasten" im Folgenden bei, verwendet ihn jedoch ohne Rücksicht auf die genannte Frage lediglich im Sinne einer starren Einhausung.

Anders als in der angefochtenen Entscheidung angenommen, können die beiden Profilträger 7', 7'' eines "Grundelements" (oder "Anschlusselements") 7 oder 8 (Spalte 3, Zeilen 7 bis 10) jeweils gemeinsam als ein "Kasten" in diesem Sinne betrachten werden. Denn Anspruch 1 verlangt nicht, dass die Kästen einstückig ausgeführt sein müssen. Somit offenbart D1 zwei "Kästen" gemäß den Merkmalen M5 bis M8.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, umfasst das "Zusatzelement 11" zwischen den Grundelementen 7 und 8 (Figur 3; Spalte 3, Zeilen 1 bis 6) keinen Kasten, weist ansonsten aber die in den Merkmalen M9b bis M9d genannten Eigenschaften auf. Abgesehen von der Verknüpfung von Merkmal M11 als konsekutive Folge der vollständigen Geschlossenheit der Kästen von Merkmal M10 liegen die "Kästen" der Merkmale M5 bis M8 und das Zusatzelement in D1 bereits "flächig" (sogar "vollflächig") aufeinander auf. Ebenso unstreitig offenbart D1 zwischen den Grundelementen 7, 8 und dem Zusatzelement 11 keine form- und kraftschlüssige Verbindung mit Längskanten sowie Clipsen oder Rasteinrichtungen gemäß den Merkmalen M12 und M13.

2.4 Unterscheidungsmerkmale

Somit können die Unterscheidungsmerkmale, durch die sich der Gegenstand von Anspruch 1 von dem Bauelement der D1 unterscheidet, wie folgt zusammengefasst werden:

a) Das isolierende Zusatzelement ist als formstabiler mittlerer Kasten ausgebildet oder darin eingehaust und erfüllt daher die Merkmale M9a bis M9d.

b) Die Grundelemente sowie der mittlere Kasten des Zusatzelements sind stirnseitig verschlossen und stellen daher für sich vollständig geschlossene Kästen gemäß Merkmal M10 dar - die auch das Merkmal M11 erfüllen.

c) Die Kästen der Grundelemente und des Zusatzelements sind gemäß den Merkmalen M12 und M13 miteinander verbunden.

2.5 Wirkungen und Aufgabenstellung

Die Kammer geht im Folgenden von den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Wirkungen und Teilaufgaben aus.

Demnach dienen die Unterscheidungsmerkmale a) und c) der Form- und Lagestabilität des Gesamtbauelements und lösen die Teilaufgabe der verbesserten Stabilität.

Der stirnseitige Verschluss der Hohlprofile gemäß dem Unterscheidungsmerkmal b) dient dem Schutz des darin enthaltenen Dämmmaterials vor Herausfallen und vor dem Eindringen von Feuchtigkeit oder Beton. Dieses Unterscheidungsmerkmal löst folglich die Teilaufgabe, das Dämmmaterial zu schützen, oder, wie von der Beschwerdegegnerin formuliert, die Wahl eines an den Einsatzzweck angepassten, zuverlässigen Dämmmaterials zu ermöglichen.

2.6 Naheliegen in Verbindung mit allgemeinem Fachwissen

2.6.1 Die Beschwerdeführerin trug vor, D1 selbst offenbare bereits das Einhausen von Dämmelementen in stabile Kunststoffkästen sowie eine positionsgenaue stabile Verbindung zwischen solchen Elementen mittels form- und kraftschlüssiger Längskanten und Rastverbindungen, um die Stabilität des Bauelements zu verbessern. Daher hätte die Fachperson diese Maßnahmen auf naheliegende Weise auch für das Zusatzelement und seine Verbindung zu den Kästen übernommen, und wäre so zu den Unterscheidungsmerkmalen a) und c) gelangt.

Die Stirnseiten der verwendeten Profile hätte die Fachperson aufgrund ihres allgemeinen Fachwissens je nach eingesetztem Dämmmaterial auf naheliegende Weise verschlossen, um das Dämmmaterial zu schützen, und wäre so auch zum Unterscheidungsmerkmal b) gelangt.

2.6.2 Nach Ansicht der Kammer hatte die Fachperson jedoch weder aus D1 noch aus ihrem allgemeinen Fachwissen heraus eine Veranlassung, die Stirnenden der Profilträger zu verschließen.

D1 offenbart, dass die Profilhohlräume der Profilträger "mindestens teilweise mit einem Isolier- bzw. Dämmmaterial ausgefüllt sein können (z.B. ausgeschäumt)" (Spalte 1, Zeilen 56 bis 61; ebenso Anspruch 7). Das an diesen Stellen offenbarte, einzige konkrete Beispiel für das Dämmmaterial ist in D1 zwar nicht zwingend vorgegeben, wird aber in Spalte 1, Zeilen 6 bis 12, als "optimal" hinsichtlich der Wärme- und Schallisolation bezeichnet. D1 enthält auch keine Anregung, von diesem Dämmmaterial abzuweichen.

Eine durch Ausschäumen der Profilhohlräume hergestellte Dämmung ist mit dem Profil verklebt und benötigt keinen Schutz vor Herausfallen. Geschäumter Kunststoff ist - von der Beschwerdeführerin unbestritten - auch unempfindlich gegen das Eindringen von Feuchtigkeit oder Beton und benötigt daher keinen entsprechenden Schutz. Ausgehend von dem in D1 vorzugsweise offenbarten Dämmmaterial war es für die Fachperson daher im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin genannte Teilaufgabe des Schutzes des Dämmmaterials nicht naheliegend, die Stirnenden der Profilträger vollständig geschlossen auszubilden.

Selbst wenn die Fachperson ein anderes Dämmmaterial aus ihrem allgemeinen Fachwissen heraus und entgegen der Lehre der D1 in Betracht gezogen hätte, spräche dies nicht für ein Naheliegen des stirnseitigen Verschlusses der Profilträger. Vielmehr spricht es gegen das Naheliegen der Wahl eines anderen Dämmmaterials, wenn daraus die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zum Schutz desselben resultiert. Somit war es für die Fachperson auch im Zusammenhang mit der Wahl eines an den gewünschten Einsatzzweck angepassten, zuverlässigen Dämmmaterials nicht naheliegend, die Stirnseiten der Profilträger zu verschließen.

Folglich wäre die Fachperson schon nicht auf naheliegende Weise zu dem Unterscheidungsmerkmal b) bzw. "für sich vollständig geschlossenen" Kästen gemäß Merkmal M10 gelangt. Es kann daher dahinstehen, ob die übrigen Unterscheidungsmerkmale ausgehend von D1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen für die Fachperson naheliegend gewesen wären.

2.6.3 Somit beruht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von D1 bei Betrachtung der "Anschlusselemente als Kästen" in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.7 Naheliegen in Verbindung mit D5 oder D6

2.7.1 Die Beschwerdeführerin trug vor, D6 offenbare in Figur 12 ein thermisch isolierendes Bauelement mit einem Hohlprofil 12' (Spalten 7, Zeilen 10 bis 20), welches wie die Hohlprofile der Figuren 7 und 8 gemäß Spalte 6, Zeilen 34ff., aus faserverstärktem Material bestehe und mit einem Isolierstoff gefüllt sein könne. Zudem verwies die Beschwerdeführerin auf Spalte 5, Zeilen 9ff., der D6, wonach im Bauelement der Figur 4 bestimmte Abschnitte zur Erhöhung der Druckfestigkeit "von einem als Kasten gestalteten Mantel umgeben" seien. Daher erhalte die Fachperson aus D6 taugliche Anregungen und Hinweise, wie sie durch Verwendung kastenförmiger Gebilde eine aufgabengemäß erhöhte Stabilität erzielen könne.

2.7.2 Dem ist nicht zu folgen. Der D6 ist keine allgemeine Lehre zu entnehmen, die Stabilität eines Elements durch eine kastenförmige Ummantelung zu erhöhen, die die Fachperson zu den fehlenden Merkmalen von Anspruch 1 geführt hätte.

Gemäß Spalte 1, Zeilen 3 bis 6 und 50 bis 60, geht es in D6 um in das Bauelement integrierte Lager zur Aufnahme von Druck- und Schubkräften zwischen lastaufnehmenden Bauwerksteilen. Das Hohlprofil und der "als Kasten gestaltete Mantel" bilden solche Lager und sind daher - wenn überhaupt - am ehesten mit dem bereits in D1 offenbarten unteren Kasten (Merkmale M6 und M8) vergleichbar. D6 offenbart somit, wie die horizontale statische Stabilität der Drucklager zwischen den Bauwerksteilen erzielt werden kann, enthält aber keine allgemeine Anregung, die Stabilität von Komponenten des Gesamtbauelements durch die Verwendung kastenförmiger Gebilde zu erhöhen, die die Fachperson dazu bewegt hätte, das "Zusatzelement" 11 in D1 als Kasten auszubilden (Merkmal M9a).

2.7.3 D5 offenbart zwar, dass "zumindest das Druckkraftübertragungsglied wenigstens teilweise kastenförmig ausgebildet ist" (Oberbegriff von Anspruch 1), enthält damit aber keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung dafür, dass oder welche weiteren Teile des Bauelements ebenfalls kastenförmig, geschweige denn für sich vollständig geschlossen (Merkmal M10), ausgebildet sein sollen.

2.7.4 Daher kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass D5 und D6 zumindest eines der Unterscheidungsmerkmale a) oder b) nicht nahelegen, und der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 somit ausgehend von D1 bei Betrachtung der "Anschlusselemente als Kästen" auch in Verbindung mit D5 oder D6 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2.8 Merkmalszuordnung "Profilträger als Kästen"

2.8.1 Die Beschwerdeführerin trug darüber hinaus eine weitere, alternative Variante für die Zuordnung der Merkmalen von Anspruch 1 zu der unter Punkt 2.2 dargelegten Offenbarung der D1 vor. Demnach könne jeder der beiden als Hohlprofile ausgebildeten Profilträger der beiden Anschlusselemente der D1 für sich als "Kasten" im Sinne des Streitpatents betrachtet werden. Damit offenbare eine "Anschlusselementanordnung" gemäß D1, Spalte 1, Zeilen 13 bis 22, bereits vier Kästen.

Die Profilträger (Figuren 4 bis 7) seien in dieser Variante jeweils als quaderförmig im Sinne des Streitpatents zu betrachten (Merkmale M5 und M7). Denn auch die Kästen des Streitpatents wiesen keine reine, geometrische Quaderform auf, sondern wichen, wie die Profilträger in D1, durch zusätzliche, überstehende Längskanten und Rastelemente davon ab. Die Zug- und Druckstäbe 9 und 10 "erstreckten" sich jeweils "durch" mindestens einen Profilträger des jeweiligen Anschlusselements bzw. seien "darin angeordnet" (Merkmale M6 und M8), da die Stäbe den Querschnitt der Profilträger einschließlich ihrer Stege und Nuten durchquerten (Spalte 1, Zeile 42 bis Spalte 2, Zeile 12; vgl. Figuren 4 bis 7).

Ein weiterer, zwischen dem als oberer Kasten identifizierten Profilträger des oberen Grundelements 7 und dem als unterer Kasten identifizierten Profilträger des unteren Grundelements 8 liegender Profilträger könne dann als mittlerer Kasten mit den Merkmalen M9a bis M9d angesehen werden.

2.8.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, die Profilträger wichen durch überstehende Stege und Nuten (Spalte 1, Zeile 62 bis Spalte 2, Zeile 7) bzw. "Flansche und Rippen" (Spalte 3, Zeile 62 bis Spalte 4, Zeile 6) von der geforderten Quaderform ab. Die Zug- und Druckstäbe durchquerten jedoch gerade nur diese Überstände. Daher befänden sich die Stäbe jedenfalls nicht "innerhalb" der quaderförmigen Kästen, so dass zumindest die Merkmale M6 und M8 nicht offenbart seien.

2.8.3 Nach Ansicht der Kammer können zwar die in den Figuren 4 bis 7 dargestellten Profilträger der D1 im Hinblick auf das breite Verständnis im Streitpatent trotz ihrer überstehenden Stege und Nuten als "quaderförmig" im Sinne des Streitpatents und gemäß den Merkmalen M5 und M7 betrachtet werden.

Im Gegensatz zum Streitpatent erstrecken sich die Zug- und Druckstäbe (die den "Bewehrungsstäben" und "Lagern" in Anspruch 1 entsprechen) in D1 jedoch nicht durch den Innenbereich derjenigen Bereiche der Profilträger, die die Quaderform und den "Kasten" bilden. Stattdessen "erstrecken" sie sich in zur Seite hin offenen Querausnehmungen "durch" die Stege, Nuten und Rastelemente, die gegenüber der Quaderform überstehen und den Außenbereich des Profils bzw. "Kastens" bilden. Die Kammer stimmt daher der Beschwerdegegnerin zu, dass D1 bei Betrachtung der einzelnen "Profilträger als Kästen" die Merkmale M6 und M8 nicht offenbart.

2.8.4 Die Beschwerdeführerin führte nicht aus, wie die Fachperson ausgehend von der Merkmalszuordnung der einzelnen Profilträger der D1 als Kästen auf naheliegende Weise zu den fehlenden Merkmalen M6 und M8 gelangt wäre. Dies ist auch nicht anderweitig erkennbar.

2.8.5 Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von D1 auch bei Betrachtung der einzelnen "Profilträger als Kästen" auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

3. Erfinderische Tätigkeit, D10 (Seite 24) in Verbindung mit allgemeinem Fachwissen

3.1 Offenbarung der D10 (Ausführungsbeispiel von Seite 24)

3.1.1 D10 offenbart auf Seite 24 das Ausführungsbeispiel eines Bauelements vom Typ HIT-HP MV-ES bzw. HIT-SP MV-ES (beide Bezeichungen beziehen sich auf eine gemeinsame "ES"-Variante "in Ausführung für Elementdecken"). Auf dieses Ausführungsbeispiel beziehen sich auch die Seiten 25, 29 und 30 sowie die allgemeinen Informationen der Seiten 4, 5 und 10.

3.1.2 Merkmale M1 bis M9d

D10 offenbart mit dem aus einem Zugstabkasten ("TB-Box") und einem Druckschublagerkasten ("CSB-Box") zusammengesetzten Bauelement (z.B. Seite 4 und 5) unstreitig die Merkmale M1 bis M8 des erteilten Anspruchs 1.

Bei dem Bauelement "in Ausführung für Elementdecken" gemäß Seite 24 ist zu erkennen, dass die "CSB-Box in projektbezogener Höhe" aus zwei jeweils mit einem Isolierstoff befüllten Einzelelementen zusammengesetzt ist (der Isolierstoff ist hier nicht durchgehend gezeichnet, was auch auf eine Zweiteilung des Isolierstoffs hindeutet):

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dabei handelt es sich um ein Baukastensystem, bei dem die verschiedenen "projektbezogenen" Höhen der CSB-Box mit einem die CSB-Druckschublager enthaltenden unteren "Grundprofil" und einem darauf befestigten "Verlängerungsprofil" realisiert werden.

Es bestand Einigkeit darüber, dass das Grundprofil und das Verlängerungsprofil jeweils als ein "Kasten" betrachtet werden können. Die "CSB-Box in projektbezogener Höhe" ist in D10 somit als eine aus zwei Kästen zusammengesetzte Einheit offenbart, und das gesamte Bauelement einschließlich der "TB-Box" umfasst daher drei Kästen.

Die TB-Box bildet dabei den oberen Kasten gemäß den Merkmalen M5 und M6, das "Grundprofil" stellt den unteren Kasten gemäß den Merkmalen M7 und M8 dar, und das dazwischen liegende "Verlängerungsprofil" repräsentiert einen "weiteren", "mittleren" Kasten mit den Merkmalen M9a bis M9d.

3.1.3 Merkmale M10 und M11

Auf Seite 5, rechte Spalte, offenbart D10 für alle im Katalog gezeigten Bauelemente, also auch für das Ausführungsbeispiel von Seite 24, die folgende Eigenschaft:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Diese Eigenschaft bezieht sich nicht nur, wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, auf das aus TB-Box und CSB-Box zusammengesetzte Gesamtelement wie dargestellt. In der "ES"-Variante werden die CSB-Box und die TB-Box separat geliefert ("Lieferumfang", Seite 25) und nacheinander verbaut (erst wird die CSB-Box im Fertigteilwerk vergossen, anschließend wird das Fertigteilelement auf die Baustelle geliefert, mit der TB-Box verrastet und dann mit der bauseitigen Bewehrung vergossen, vgl. Seiten 29 bis 30). Der auf Seite 5 beworbene optimale Schutz der Wärmedämmung gegen mechanische Beanspruchung und Feuchtigkeit muss daher zumindest für die TB-Box und die CSB-Box jeweils für sich gelten und ist, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, für die offenbarte Füllung mit Mineralwolle (Seite 4, rechts unten) auch unabdingbar. Dementsprechend sind die in der Abbildung rechts auf Seite 30 beim Verrasten gezeigten Elemente, die CSB-Box und die TB-Box, jeweils für sich vollständig geschlossene Kästen gemäß Merkmal M10, die gemäß Merkmal M11 flächig aufeinander aufliegen. Hierzu muss nicht auf die Wortbedeutung der Bezeichnungen "Kasten" oder "Box" zurückgegriffen werden.

Die Merkmale M10 und M11 sind aber nach Ansicht der Kammer für die beiden Teilkästen der "CSB-Box in projektbezogener Höhe" in D10 nicht offenbart.

In den Abbildungen auf Seite 24 der D10 (siehe herausvergrößerten Ausschnitt unten) sind zwischen dem Grundprofil und dem Verlängerungsprofil zwei horizontale Linien erkennbar:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Beschwerdeführerin trug vor, diese zwei Linien offenbarten, dass auch das Grundprofil und das Verlängerungsprofil der CSB-Box jeweils für sich vollständig geschlossene Kästen seien, die flächig aufeinander lägen. Aufgrund der mit der übrigen Wandung der Kästen übereinstimmenden Strichstärke bezögen diese sich nämlich auf den Deckel des unteren sowie den Boden des oberen Kastens (während andere Teile mit anderer Strichstärke eingezeichnet seien).

Nach Ansicht der Kammer handelt es sich jedoch bei den Abbildungen auf Seite 24 nicht um technische Zeichnungen. Die Abbildungen sind zudem keine reinen Schnittdarstellungen (so sind beispielsweise die CSB-Lager (grau) mit dem Dämmstoff (Schraffur) überlagert gezeichnet, obwohl diese nicht in derselben Ebene vorliegen). Es handelt sich vielmehr lediglich um miniaturisierte Symbolgrafiken. Die Bedeutung der besagten Linien lässt sich aus diesen Darstellungen schematischer Natur nicht eindeutig entnehmen. Eine textliche Beschreibung hierfür liegt in der D10 ebenfalls nicht vor. Die Linien könnten daher statt Trennwänden zwischen den Kästen beispielsweise den stirnseitigen Rand der Kästen andeuten, oder, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, die Grenzen der aufeinanderstoßenden Dämmstoffe darstellen.

D10 offenbart somit nicht unmittelbar und eindeutig, dass sich zwischen den Teilkästen der CSB-Box in der gesamten Tiefenrichtung Trennwände befinden, so dass die Teilkästen "für sich vollständig geschlossen" wären. Da gemäß D10 ("Lieferumfang", Seite 25) jeweils eine (Einzahl) Druckschublagerbox "in projektbezogener Höhe", also mit bereits zusammengesetzten und gemeinsam gegen außen abgedichteten Teilkästen, ausgeliefert wird, ist es auch nicht zwingend nötig (und damit nicht implizit offenbart), dass beide Teilkästen, wie in Merkmal M10 verlangt, für sich vollständig geschlossen ausgeführt sind.

Damit offenbart D10 auch nicht das als Folge ("so dass") von Merkmal M10 ausgedrückte Merkmal M11 des flächigen Aufeinanderliegens dieser Teilkästen.

3.1.4 Merkmale M12 und M13

D10 offenbart auf Seite 30 im Text und der Abbildung zu Punkt 5, dass die TB-Box auf der CSB-Box über die gesamte Länge "eingerastet" wird. In der oben dargestellten Vergrößerung der Abbildung von Seite 24 sind die zugehörigen formschlüssig und kraftschlüssig ineinandergreifenden Längskanten zwischen der TB-Box und der CSB-Box angedeutet.

Nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten fehlt es in D10 jedoch an der unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung der Merkmale M12 und M13 in Bezug auf die Verbindung zwischen dem Grundprofil und dem Verlängerungsprofil, also die Verbindung zwischen dem unteren und dem mittleren Kasten.

3.2 Unterscheidungsmerkmale

Demnach unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von dem Bauteil der D10 (Ausführungsbeispiel von Seite 24) dadurch, dass

a) die beiden die "CSB-Box in projektbezogener Höhe" bildenden Kästen "für sich vollständig geschlossen" sind und infolgedessen "flächig aufeinander" liegen (Merkmale M10/M11), und

b) die beiden Kästen der "CSB-Box in projektbezogener Höhe", das Grundprofil und das Verlängerungsprofil gemäß der Merkmale M12 und M13 miteinander verbunden sind.

3.3 Aufgabenstellungen

Wie oben dargelegt, wird die "CSB-Box in projektbezogener Höhe" gemäß D10 als bereits zusammengefügtes, gegen Feuchtigkeit abgedichtetes Element (Einzahl) mit der gewünschten projektbezogenen Höhe bestellt und ausgeliefert (vgl. Seite 25, "Lieferumfang").

Die Beschwerdeführerin trug vor, das Unterscheidungsmerkmal a) ermögliche es, die beiden Teilkästen stattdessen separat voneinander auszuliefern und dabei den Schutz der Mineralwolledämmung vor Herausfallen und dem Eindringen von Feuchtigkeit zu gewährleisten. Dies ermögliche es, die CSB-Box erst "vor Ort" im Fertigteilwerk aus dem bereits in D10 offenbarten Baukastensystem aus Grundprofil und Verlängerungsprofilen in der gewünschten Höhe zusammenzusetzen. Dies biete Vorteile hinsichtlich der Flexibilität bzw. Anpassbarkeit an die vorgegebenen Einsatzbedingungen. Die CSB-Box könne so jederzeit in der gewünschten Höhe bereitgestellt und verbaut werden, ohne sie erst in der passenden Höhe bestellen und liefern lassen zu müssen. Das Unterscheidungsmerkmal a) löse daher, in Anlehnung an Absatz [0005] des Streitpatents, die Teilaufgabe, die Flexibilität bzw. Anpassbarkeit an die vorgegebenen Einsatzbedingungen "vor Ort" zu verbessern.

Das Unterscheidungsmerkmal b) wirke nicht mit dem Unterscheidungsmerkmal a) zusammen und löse daher eine andere Teilaufgabe. Die Merkmale M12 und M13 ermöglichten es, eine feste und positionsgenaue Verbindung auf einfache Weise herzustellen. Sie beträfen daher - unabhängig davon, wo die Teile zusammengebaut werden - die Teilaufgabe der Ausgestaltung der in jedem Fall nötigen Verbindung zwischen den Teilkästen der CSB-Box mit den spezifischen Vorteilen, schnell, einfach und positionsgenau eine stabile Verbindung realisieren zu können sowie das Eindringen von Beton zwischen die Kästen zu verhindern.

Die Kammer unterstellt argumentationshalber die Richtigkeit dieser von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Wirkungen und Aufgaben und geht im Folgenden von ihnen aus.

3.4 Naheliegen

3.4.1 Zur Lösung der Teilaufgabe, die Flexibilität bzw. Anpassbarkeit des Bauelements an die Einsatzbedingungen vor Ort zu verbessern, sah es die Beschwerdeführerin als naheliegend an, die CSB-Box in zwei Teilen, dem Grundprofil und Verlängerungsprofilen verschiedener Höhen, auszuliefern. Um die darin enthaltene Mineralwolle beim Transport und bis zum Zusammenfügen vor dem Eindringen von Feuchtigkeit zu schützen, hätte die Fachperson die Profile für sich vollständig geschlossen ausgebildet (Merkmal M10).

3.4.2 Dem kann sich die Kammer aus den folgenden Gründen nicht anschließen.

Gemäß D10 wird die Höhenanpassung der CSB-Box, die die Beschwerdeführerin mit dem Ausdruck "Anpassung an die Einsatzbedingungen" meint, dadurch realisiert, dass eine beim Hersteller gefertigte, dicht verschlossene CSB-Box in projektbezogener Höhe bestellt und geliefert wird (Seiten 25 und 29 bis 30). Eine Auslieferung separater Einzelteile, zumal mit Verlängerungsprofilen verschiedener Höhe, ist in dieser Ausführungsform nicht vorgesehen. Das als Ausgangspunkt für die erfinderische Tätigkeit gewählte Ausführungsbeispiel von Seite 24 führt die Fachperson daher von einer Höhenanpassung erst "vor Ort" (im Fertigteilwerk) weg. Weder enthält D10 im Bezug auf dieses Ausführungsbeispiel eine Anregung hierfür, noch wurden Belege vorgebracht, dass sich dies aus dem allgemeinen Fachwissen ergebe.

Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, dass die Fachperson ohne konkrete Veranlassung aus D10, allein aus ihrem Fachwissen heraus, auf den Gedanken gekommen wäre, das Grundprofil und das Verlängerungsprofil der CSB-Box als getrennte Systemkomponenten für den Zusammenbau erst im Fertigteilwerk bereitzustellen, um die technische Aufgabe zu lösen, hätte dies die Schwierigkeit aufgeworfen, dass die Mineralwollefüllung beim Transport und bei der Lagerung bis zum Zusammenfügen hätte herausfallen oder durch Feuchtigkeit beeinträchtigt werden können.

Aber selbst wenn die Fachperson diesen Ansatz trotz der Problematik bezüglich des Schutzes des Dämmmaterials weiterverfolgt hätte, hätte sie dies nicht zwingend dazu geführt, die Kästen für sich vollständig geschlossen auszubilden. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen wäre es beispielsweise auch möglich gewesen, die Kästen mit einer Schutzfolie abzudecken oder die Mineralwolledämmung erst beim Zusammenbau in die Profile einzulegen.

Folglich wäre die Fachperson ausgehend von dem Ausführungsbeispiel von Seite 24 der D10 schon nicht auf naheliegende Weise zu Merkmal M10 bzw. dem Unterscheidungsmerkmal a) gelangt.

3.4.3 Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es für die Fachperson naheliegend gewesen wäre, die Verbindung zwischen dem Grundprofil und dem Verlängerungsprofil gemäß den Merkmale M12 und M13 (Unterscheidungsmerkmal b)) auszugestalten.

3.4.4 Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den Einwand in Kombination mit dem Ausführungsbeispiel von Seite 36 in D10 bezieht, wurde dieses Ausführungsbeispiel und der entsprechende Angriff nicht in das Verfahren zugelassen (siehe Punkt 1.11).

3.4.5 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruht daher auch ausgehend vom Ausführungsbeispiel von Seite 24 der D10 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Erfinderische Tätigkeit, D8b in Verbindung mit D7

4.1 Offenbarung der D8b

Dokument D8b enthält den Prüfbericht Nr. 1 der Typenprüfung "S-WUE/100358" nach DIN für das Bauelement HIT-HP MV der Firma Halfen durch das Prüfamt für Standsicherheit der Landesgewerbeanstalt Bayern.

4.1.1 Merkmale M1 bis M8

Dokument D8b offenbart unstreitig die Merkmale M1 bis M8 (vgl. den "prinzipiellen Aufbau" gemäß der schematischen Darstellung in Bild 2.1 der D8b):

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Auf der Seite "3 von 9", vorletzter Absatz, sind die "TB-Box" und die "CSB-Box" als mit Mineralwolle ausgefüllte "Verwahrkästen" aus Kunststoff offenbart.

4.1.2 Merkmale M9a bis M13

Das weiter unten wiedergegebene Bild 2.3 der D8b offenbart detaillierte, teilweise bemaßte Zeichnungen des Aufbaus der TB-Box und der CSB-Box des Bauelements und stellt dar, wie "mit entsprechend ausgebildeten CSB-Boxen" unterschiedliche Bauteilhöhen erzielt werden könnten (Seite "5 von 9", zweiter Absatz).

Die Beschwerdegegnerin trug vor, der in Bild 2.3 gezeigte Aufbau entspreche dem Aufbau der "CSB-Box in projektbezogener Höhe" von Seite 24 der D10. Denn die D8b sei die auch dem Bauelement der D10 zugehörige Typenprüfung (vgl. die auf Seite 10 der D10 genannte Prüfnummer). Demnach erfolge die Höhenanpassung der CSB-Box in beiden Fällen "durch Aufstecken" (an den in der folgenden Wiedergabe von Bild 2.3 rot markierten Verbindungsstellen) eines oberen, (im Schnitt umgekehrt) "U-förmigen Verlängerungsprofils auf ein unteres U-förmiges, nach oben hin offenes Grundprofil":

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dabei bildeten das untere Grundprofil und das obere Verlängerungsprofil "und entsprechende Seitenteile" (also stirnseitige Seitenflächen) zusammen die CSB-Box.

Es war zumindest in der mündlichen Verhandlung nicht mehr streitig, dass die aus den beiden Profilen zusammengefügte CSB-Box sowie die TB-Box jeweils einen für sich vollständig geschlossenen Kasten bilden. Dies entspricht auch der Ansicht der Kammer, dass die Fachperson den nicht als reine Schnittdarstellungen zu betrachtenden Zeichnungen in Bild 2.3 der D8b entnimmt, dass sich die gezeigten Wandprofile in der Tiefenrichtung fortsetzen, und sich aus dem in D8b verwendeten Begriff "Kasten" bzw. "Box" auch ein stirnseitiger Verschluss ergibt.

In ihrem Angriff ausgehend von D8b setzte die Beschwerdeführerin die CSB-Box als Ganzes mit dem anspruchsgemäßen unteren Kasten gemäß den Merkmalen M7 und M8 gleich. Die Beteiligten waren sich einig, dass bei dieser Betrachtungsweise in D8b ein "weiterer", "mittlerer" Kasten gemäß den Merkmalen M9a bis M9d fehlt, die beiden Kästen der Merkmale M5 bis M8, also die TB-Box und die CSB-Box, aber auch die Merkmale M10 (für sich vollständig geschlossen) und M11 (flächiges Aufeinanderliegen) erfüllen und zudem eine Verbindung gemäß den Merkmalen M12 und M13 aufweisen ("durch Verrastung fest miteinander verbunden", Seite "3 von 9", vorletzter Absatz, sowie Bild 2.3).

4.2 Unterscheidungsmerkmale

Somit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von dem Bauelement der D8b insgesamt durch die folgenden Merkmale:

a) einen weiteren, mittleren, dämmstoffgefüllten Kasten (gemäß den Merkmale M9a bis M9d) zwischen der CSB-Box und der TB-Box sowie

b) die auf diesen Kasten bzw. seine Verbindung mit der CSB-Box und der TB-Box bezogenen Merkmale M10 bis M13.

4.3 Aufgabenstellung

Für diese Unterscheidungsmerkmale trug die Beschwerdeführerin die Aufgabe vor, das Bauelement in einfacher Art und Weise flexibel an die Einsatzbedingungen "vor Ort" (im Fertigteilwerk) anpassen zu können.

Das Vorhandensein eines separaten, "weiteren", mittleren Elements gemäß dem Unterscheidungsmerkmal a) ermögliche es nämlich, ein Bauelement mit einer vorgegebenen angepassten Gesamthöhe jederzeit modular "vor Ort" herzustellen, statt es erst passend bestellen und anliefern lassen zu müssen oder fertige CSB-Boxen in verschiedenen Höhen vorhalten zu müssen. Es gehe somit nicht um die Höhenanpassung an sich, für die in D8b bereits eine Lösung vorliege, sondern darum, dies flexibel, in einfacher Weise und unter geringen Anforderungen an die Lagerhaltung "vor Ort" vornehmen zu können. Dieses Unterscheidungsmerkmal löse daher die Aufgabe der Flexibilität und Anpassbarkeit vor Ort.

Die Ausgestaltung des mittleren Elements und seiner Verbindung mit den benachbarten Kästen gemäß den Merkmalen M10 bis M13 ermögliche es, dies im System der Bauweise der D8b mit deren Vorteilen zu erreichen: Das mittlere Element als vollständig geschlossenen Kasten gemäß den Merkmalen M9a, M10 und M11 auszubilden erhöhe die Formstabilität, erlaube den geschützten Einsatz von Mineralwolle als Dämmmaterial und verhindere das Eindringen von Beton. Zudem ermögliche erst die Ausgestaltung als Kasten, die einfache, schnelle, positionsgenaue und lagestabile Verbindung über Längskanten und Clipse oder Rastverbindungen gemäß den Merkmalen M12 und M13 zu realisieren.

Diesen Streitgegenstand zu entscheiden ist nicht erforderlich. Denn selbst die Richtigkeit der Auffassung der Beschwerdeführerin zu den Wirkungen und der oben genannten Aufgabenstellung unterstellt, führt dies nicht zum Verneinen der erfinderischen Tätigkeit, wie im Folgenden dargelegt wird.

4.4 Naheliegen

4.4.1 Dokument D7 betrifft unstreitig ein Bauelement gemäß den Merkmalen M1 bis M4 von Anspruch 1. Es ist für im Fertigteilwerk vorgefertigte Elementdecken vorgesehen.

D7 offenbart zum Zwecke des Höhenausgleichs Zwischenelemente ("Zwischenteil I+"), die zwischen dem "Unterteil I" (mit Drucklagern und Querkraftstäben) und dem "Oberteil II" (mit Zugstäben) eingefügt werden können, um das thermische Bauelement an die gewünschte Höhe des fertigen Bauwerksteils anzupassen (Zeichnungen und Tabellenzeile "Aufbau" auf Seite 54; Tabelle zu Punkt 2 auf Seite 56). D7 offenbart somit einen Aufbau mit mindestens drei separaten, im Fertigteilwerk (vgl. Seite 56) modular zusammenfügbaren Teilen.

4.4.2 Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin hätte die Fachperson zur Lösung der Aufgabe, die Flexibilität und Anpassbarkeit des Bauelement vor Ort zu verbessern, die Anregung aus D7 übernommen, einen modularen Aufbau aus einem CSB-Grundprofil und Abstandselementen zu verwenden, die zwischen CSB-Grundprofil und TB-Box verbaut werden. Um dabei das System der D8b mit seinen Vorteilen beizubehalten, hätte sie die Abstandselemente nach dem Vorbild der Bauweise der D8b mit den Merkmalen M9a bis M13 ausgestaltet.

4.4.3 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin insoweit zu, dass D7 eine zur genannten Aufgabe der Flexibilität und Anpassbarkeit im Fertigteilwerk passende modulare Lösung offenbart.

Die Kammer ist jedoch nicht überzeugt, dass die Fachperson eine solche Anregung aus der D7 zur Lösung der genannten technischen Aufgabe in Betracht gezogen hätte.

Zum einen schlägt das Ausgangsdokument D8b gerade eine entgegengesetzte Lösung für die Höhenanpassung vor, bei der die CSB-Box bereits höhenangepasst gefertigt und als Ganzes ausgeliefert wird. Ein separates Zwischenelement ergibt im Rahmen der D8b nur dann Sinn, wenn statt einer höhenangepassten CSB-Box nur eine flache Grundversion (entsprechend dem "Grundprofil" der D8b) angeboten wird, und das Zwischenelement die Höhenanpassung übernimmt (entsprechend dem "Verlängerungsprofil" der D8b). Dies entspräche im Wesentlichen einer separaten Auslieferung der beiden Teilkästen der CSB-Box in D8b. Es handelt sich bei den Maßnahmen der D7 daher nicht um eine einfache Weiterentwicklung, sondern um eine Abkehr vom Grundgedanken der D8b.

Zum anderen hätte dies, aus denselben Gründen wie ausgehend von D10 dargelegt (Punkt 3.4.2, vorletzter und vorvorletzter Absatz), die Problematik des Schutzes der Mineralwolledämmung aufgeworfen und dennoch nicht zwingend dazu geführt, die Teilkästen für sich vollständig geschlossen auszubilden (Merkmal M10).

Letzteres wird auch durch D7 nicht nahegelegt, da dort nicht offenbart wird, woraus die Teile I, I+ und II aufgebaut sind und insbesondere keine mit Mineralwolle gefüllten Kästen offenbart werden.

Somit war es wegen der fehlenden Kompatibilität zwischen den Systemen der D7 und der D8b schon nicht naheliegend, eine einzelne Anregung wie die eines separaten Zwischenelementes isoliert aus D7 in das Bauelement der D8b zu übernehmen. Aber selbst wenn die Fachperson dies getan hätte, wäre sie jedenfalls nicht auf naheliegende Weise zu Merkmal M10 gelangt.

4.5 Daher beruht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auch ausgehend von D8b in Verbindung mit D7 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ob es für die Fachperson ausgehend von D8b naheliegend gewesen wäre, eine Verbindung gemäß der Merkmale M12 und M13 vorzusehen, kann somit dahingestellt bleiben.

5. Zusammenfassung

Aus den oben dargelegten Gründen steht keiner der von der Beschwerdeführerin unter dem Einspruchsgrund von Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ vorgetragenen und von der Kammer zugelassenen Einwände der Aufrechterhaltung des Patents entgegen. Daher ist die angefochtene Entscheidung, mit der gemäß Artikel 101 (2) zweiter Satz EPÜ der Einspruch zurückgewiesen wurde, zu bestätigen. Die Beschwerde bleibt mithin ohne Erfolg.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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