T 0318/21 () of 25.5.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T031821.20230525
Datum der Entscheidung: 25 Mai 2023
Aktenzeichen: T 0318/21
Anmeldenummer: 16163497.7
IPC-Klasse: A61B 5/06
A61B 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR BESTIMMUNG EINER POSITION UND EINER ORIENTIERUNG EINES ENDOSKOPS IN EINEM HOHLRAUM
Name des Anmelders: Karl Storz SE & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 53(c)
European Patent Convention Art 112(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Ausnahmen von der Patentierbarkeit - Verfahren zur chirurgischen Behandlung
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/07
T 0992/03
T 0836/08
T 2136/19
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 3. November 2020 die europäische Patentanmeldung zurückzuweisen. In der Entscheidung hat die Prüfungsabteilung festgestellt, dass die Ansprüche ein chirurgisches Verfahren am menschlichen oder tierischen Körper im Sinne von Artikel 53 c) EPÜ definieren.

II. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer nach Artikel 15 (1) VOBK hat die Kammer unter anderem die obige Feststellung der Einspruchsabteilung vorläufig bestätigt.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 25. Mai 2023 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Basis eines der folgenden Anträge zu erteilen (siehe Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. Mai 2023, Seiten 4-5):

- Hauptantrag, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 2. März 2021

- Neu geänderter Hilfsantrag 1, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 10, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 2, eingereicht als Hilfsantrag 1 am 23. Februar 2021

- Neu geänderter Hilfsantrag 3, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 11, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 4, eingereicht als Hilfsantrag 2 am 23. Februar 2021

- Hilfsantrag 5, eingereicht als Hilfsantrag 3 am 23. Februar 2021

- Hilfsantrag 12, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 6, eingereicht als Hilfsantrag 4 am 23. Februar 2021

- Hilfsantrag 13, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 7, eingereicht als Hilfsantrag 5 am 23. Februar 2021

- Hilfsanträge 14-19, eingereicht am 8. Mai 2023

- Hilfsantrag 8, eingereicht als Hilfsantrag 6 am 23. Februar 2021

- Hilfsantrag 9, eingereicht als Hilfsantrag 7 am 23. Februar 2021.

Die Beschwerdeführerin beantragte ferner, der Großen Beschwerdekammer folgende Fragen vorzulegen:

"Ist ein beanspruchtes Verfahren, das auf die Ermittlung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops in einem Hohlraum gerichtet ist, schon deshalb als "Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers" nach Artikel 53 (c) EPÜ vom Patentschutz auszuschließen, wenn der Hohlraum ein körperinnerer Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers sein kann und es für die Bestimmung der Position und Orientierung unerlässlich ist, dass eine Datenerfassung an mehreren Zeitpunkten und an mehreren Positionen und/oder Orientierungen des Endoskops erfolgt, auch wenn kein Verfahrenschritt der Bewegung des Endoskops in dem Hohlraum beansprucht wird und das Verfahren keinen funktionellen Zusammenhang mit den Wirkungen des Endoskops auf den Körper vorsieht (s. G 1/07)?

Falls die Frage mit 'ja' beantwortet wird, worin ist ein Unterschied zu dem Sachverhalt zu sehen, der der Entscheidung T 836/08 zugrunde lag?"

IV. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), wobei das Endoskop (1, 15) einen langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst, der durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Beschleunigungssensor eine auf das Endoskop (1, 15) einwirkende Beschleunigung und mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Drehratensensor eine Drehbewegung des Endoskops (1, 15) erfasst werden, wobei mit mindestens einem der Einführvorrichtung zugeordneten Einführsensor eine Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst wird und wobei eine Position und eine Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung, Drehbewegung und Einführbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"Schaft (2, 17) umfasst, der zur Einführung in einen Hohlraum (4) durch eine Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) ausgebildet ist und dem eine endoskopische Einführvorrichtung (8), die mit der Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbindbar ist, zugeordnet ist [deleted: durch eine mit einer Zugangsöffnung (17) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht], wobei"

und

"... einem der Einführvorrichtung (8) zugeordneten Einführsensor eine Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfasst wird" [diese Änderung wird im Folgenden als "Hinzufügung der Bezugszeichen für die Einführvorrichtung" bezeichnet]

Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die Hinzufügung der Bezugszeichen für die Einführvorrichtung und folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"Schaft (2, 17) umfasst, wobei der Schaft (2, 17) durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung (8) in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2, 17) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, mit folgenden Schritten: wobei"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"aufgrund der erfassten Beschleunigung und[deleted: ,] Drehbewegung unter[deleted: d] Berücksichtigung der Einführbewegung ermittelt werden, wobei der Einführsensor als optischer Sensor (10, O) ausgebildet ist, der die Bewegung einer Oberfläche des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst, und wobei mit dem mindestens einen Einführsensor eine Längsbewegung und eine Drehbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst werden und die Position und Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Längsbewegung und Drehbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"Schaft (2, 17) umfasst, der zur Einführung in einen Hohlraum (4) durch eine Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) ausgebildet ist und dem eine endoskopische Einführvorrichtung, die mit der Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbindbar ist, [deleted: aufweist]zugeordnet ist [deleted: durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht], wobei"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"eingeführt worden ist, [deleted: mit folgenden Schritten:] wobei"

und

"aufgrund der erfassten Beschleunigung und[deleted: ,] Drehbewegung unter[deleted: d] Berücksichtigung der Einführbewegung ermittelt werden, wobei der Einführsensor als optischer Sensor (10, O) ausgebildet ist, der die Bewegung einer Oberfläche des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfasst, und wobei mit dem mindestens einen Einführsensor eine Längsbewegung und eine Drehbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfasst werden und die Position und Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Längsbewegung und Drehbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 lautet wie folgt:

"Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines starren Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), wobei das Endoskop (1, 15) einen langerstreckten Schaft (2) und einen an einem proximalen Ende des Schafts (2) angeordneten Endoskopkopf (6) umfasst, wobei der Schaft (2) durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten, im Endoskopkopf (6) angeordneten, Beschleunigungssensor eine auf das Endoskop (1, 15) einwirkende Beschleunigung und mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten, im Endoskopkopf (6) angeordneten, Drehratensensor eine Drehbewegung des Endoskops (1, 15) erfasst werden, wobei mit mindestens einem der Einführvorrichtung zugeordneten Einführsensor eine Einführbewegung des Schafts (2) relativ zur Einführvorrichtung erfasst wird und wobei eine Position und eine Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung, Drehbewegung und Einführbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"aufgrund der erfassten Beschleunigung und[deleted: ,] Drehbewegung unter[deleted: d] Berücksichtigung der Einführbewegung ermittelt werden, wobei der Einführsensor als optischer Sensor (10, O) ausgebildet ist, der die Bewegung einer Oberfläche des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfasst, und wobei mit dem mindestens einen Einführsensor eine Längsbewegung und eine Drehbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfasst werden und die Position und Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Längsbewegung und Drehbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 12 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"hineinreicht, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, wobei"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 lautet wie folgt:

"Verfahren zum Betreiben eines Endoskopsystems zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), welches Endoskopsystem das Endoskop (1, 15), das einen durch eine Zugangsöffnung (13) in den Hohlraum (4) einführbaren langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst und das mindestens einen Beschleunigungssensor zur Erfassung einer auf das Endoskop (1, 15) einwirkenden Beschleunigung und mindestens einen Drehratensensor zur Erfassung einer Drehbewegung des Endoskops (1, 15) aufweist, eine endoskopische Einführvorrichtung, die in einer festen Beziehung zur Zugangsöffnung (13) haltbar ist und die mindestens einen Einführsensor zur Erfassung einer Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung aufweist, und eine Steuerungseinrichtung, die zur Ermittlung einer Position und einer Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung und Drehbewegung unter Berücksichtigung der Einführbewegung eingerichtet ist, umfasst, wobei der Schaft (2, 17) durch die mit der Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei mit dem mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Beschleunigungssensor eine auf das Endoskop (1, 15) einwirkende Beschleunigung und mit dem mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Drehratensensor eine Drehbewegung des Endoskops (1, 15) erfasst werden, wobei mit dem mindestens einen der Einführvorrichtung zugeordneten Einführsensor eine Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst wird und wobei eine Position und eine Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung und Drehbewegung unter Berücksichtigung der Einführbewegung ermittelt werden, wobei der Einführsensor als optischer Sensor (10, O) ausgebildet ist, der die Bewegung einer Oberfläche des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst, und wobei mit dem mindestens einen Einführsensor eine Längsbewegung und eine Drehbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung erfasst werden und die Position und Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Längsbewegung und Drehbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 13 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 die Hinzufügung der Bezugszeichen für die Einführvorrichtung und folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"in einem Hohlraum (4), wobei das [deleted: welches] Endoskopsystem das Endoskop (1, 15), welches [deleted: das] einen durch eine Zugangsöffnung (13) in den Hohlraum (4) einführbaren langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst und welches [deleted: das] mindestens"

und

"in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2, 17) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, wobei"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"einer Orientierung eines starren Endoskops in einem Hohlraum (4), welches Endoskopsystem das Endoskop (1, 15), das einen [deleted: durch eine Zugangsöffnung (13) in den Hohlraum (4) einführbaren ]langerstreckten Schaft (2[deleted: , 17]) und einen an einem proximalen Ende des Schafts (2) angeordneten Endoskopkopf (6) umfasst und das mindestens einen, im Endoskopkopf (6) angeordneten, Beschleunigungssensor zur Erfassung einer auf das Endoskop (1, 15) einwirkenden Beschleunigung und mindestens einen, im Endoskopkopf (6) angeordneten, Drehratensensor zur Erfassung einer Drehbewegung des Endoskops (1, 15) aufweist, eine endoskopische Einführvorrichtung, die in einer festen Beziehung zur Zugangsöffnung (13) haltbar ist, wobei die Einführvorrichtung [deleted: und die] mindestens"

und

"mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten, im Endoskopkopf (6) angeordneten Beschleunigungssensor eine auf das Endoskop (1, 15) einwirkende Beschleunigung und mit dem mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten, im Endoskopkopf (6) angeordneten, Drehratensensor"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 14 lautet wie folgt:

"Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), wobei das Endoskop (1, 15) einen langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst, wobei der Schaft (2, 17) durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung (8) in den Hohlraum (4) hineinreicht und in dem eine Beobachtungsoptik zur Erzeugung eines endoskopischen Bildes eines Objektfelds in dem Hohlraum (4) aufgenommen ist, wobei das Endoskop (1, 15) mindestens einen Beschleunigungssensor und mindestens einen Drehratensensor aufweist, die zur Erfassung einer auf das Endoskop (1, 15) einwirkenden Beschleunigung und/oder Schwerkraftwirkung bzw. einer Drehbewegung des Endoskops (1, 15) ausgebildet und angeordnet sind, wobei die Einführvorrichtung (8) mindestens einen Einführsensor aufweist, der zum Erfassen einer Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) in dem Hohlraum (4) ausgebildet und angeordnet ist, wobei von einer Steuerungseinrichtung, die zur Erfassung der Signale des mindestens einen Beschleunigungssensors, des mindestens einen Drehratensensors und des mindestens einen Einführsensors mit den betreffenden Sensoren verbunden ist und Prozessormittel zur Ermittlung der Position und der Orientierung des Endoskops (1, 15) aus den erfassten Signalen umfasst, die Position und die Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung, Drehbewegung und Einführbewegung ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 15 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 14 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"aufgenommen ist, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2, 17) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, wobei das Endoskop"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 16 lautet wie folgt:

"Verfahren zum Betreiben eines Endoskopsystems zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), wobei das Endoskopsystem das Endoskop (1, 15), das einen durch eine Zugangsöffnung (13) in den Hohlraum (4) einführbaren langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst und das mindestens einen Beschleunigungssensor zur Erfassung einer auf das Endoskop (1, 15) einwirkenden Beschleunigung und mindestens einen Drehratensensor zur Erfassung einer Drehbewegung des Endoskops (1, 15) aufweist, eine endoskopische Einführvorrichtung (8), wobei die Einführvorrichtung (8) in einer festen Beziehung zur Zugangsöffnung (13) haltbar ist und die mindestens einen Einführsensor zur Erfassung einer Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) aufweist, wobei der Einführsensor als optischer Sensor (10, O) zur Erfassung einer Bewegung einer Oberfläche des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) zur Erfassung einer Längsbewegung und einer Drehbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) ausgebildet ist, und eine Steuerungseinrichtung umfasst, die zur Erfassung der Signale des mindestens einen Beschleunigungssensors, des mindestens einen Drehratensensors und des mindestens einen Einführsensors mit den betreffenden Sensoren verbunden ist und Prozessormittel zur Ermittlung einer Position und einer Orientierung des Endoskops (1, 15) aus den erfassten Signalen umfasst, wobei der Schaft (2, 17) durch die mit der Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung (8) in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei von der Steuerungseinrichtung das Signal des mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Beschleunigungssensors, das Signal des mindestens einen dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Drehratensensors und das Signal des mindestens einen der Einführvorrichtung (8) zugeordneten Einführsensors erfasst werden und wobei durch die Prozessormittel eine Position und eine Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Signale des mindestens einen Beschleunigungssensors, des mindestens einen Drehratensensors und des mindestens einen Einführsensors ermittelt werden."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 17 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 16 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2, 17) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, wobei von der Steuerungseinrichtung"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 18 lautet wie folgt:

"Verfahren zur Bestimmung eines Ruhezustandes eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4), wobei das Endoskop (1, 15) einen langerstreckten Schaft (2, 17) umfasst, wobei der Schaft (2, 17) durch eine mit einer Zugangsöffnung (13) des Hohlraums (4) verbundene endoskopische Einführvorrichtung in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Beschleunigungssensor eine auf das Endoskop (1, 15) einwirkende Beschleunigung und mit mindestens einem dem Endoskop (1, 15) zugeordneten Drehratensensor eine Drehbewegung des Endoskops (1, 15) erfassbar sind, wobei mit mindestens einem der Einführvorrichtung (8) zugeordneten Einführsensor eine Einführbewegung des Schafts (2, 17) relativ zur Einführvorrichtung (8) erfassbar ist und wobei eine Position und eine Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der erfassten Beschleunigung, Drehbewegung und Einführbewegung ermittelbar sind, wobei mit einem elektronischen Bildaufnehmer ein endoskopisches Bild eines Objektfelds innerhalb des Hohlraums (4) aufgenommen wird, in dem aufgenommenen endoskopischen Bild eine bildbasierte Bewegungserkennung durchgeführt wird und die Position und Orientierung des Endoskops (1, 15) aufgrund der bildbasierten Bewegungserkennung ermittelbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund der bildbasierten Bewegungserkennung ein Ruhezustand des Endoskops (1, 15) detektiert wird."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 19 weist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 18 folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"in den Hohlraum (4) hineinreicht, wobei die Einführvorrichtung (8) eine Einführöffnung (9) aufweist und in die Zugangsöffnung (13) eingesetzt worden ist, und der Schaft (2, 17) zuvor durch die Einführöffnung (9) der Einführvorrichtung (8) von außerhalb eines Körpers in den Hohlraum (4) eingeführt worden ist, wobei mit mindestens"

Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags folgende Änderungen auf (Hervorhebungen seitens der Kammer):

"Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops (1, 15) in einem Hohlraum (4) in einem technischen Objekt, wobei das Endoskop (1, 15)"

V. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Hauptantrag - Artikel 53 c) EPÜ

Das Verfahren bestimme eine Betriebseigenschaft des Endoskops, um den Arzt zu unterstützen. Ob der Arzt die Informationen nutze oder nicht, sei seine Entscheidung, es gebe also keinerlei Notwendigkeit, die ermittelten Daten während des Durchführens einer Endoskopie zu nutzen. Es sei somit ein passives Messverfahren. Das Verfahren betreffe das Betreiben eines Geräts im Sinne von G 1/07, Gründe 4.3.2, ohne einen funktionellen Zusammenhang zwischen dem Verfahren und der Wirkung auf den Körper.

Das Verfahren führe keine Behandlung durch, sondern der Arzt. Das Risiko einer Verletzung hänge nur von der Erfahrung des Arztes ab. Die Freiheit des Arztes, einem Patienten die beste verfügbare Behandlung angedeihen zu lassen, sei durch das beanspruchte Verfahren nicht eingeschränkt.

Die Endoskopie sei gemäß G 1/07 nicht generell als chirurgischer Angriff anzusehen. Die Bewegung des Endoskops im Hohlraum sei ebenfalls nicht chirurgisch.

Außerdem umfasse das beanspruchte Verfahren die Möglichkeit, dass sich das Endoskop innerhalb des Hohlraums nicht bewegt und einen Ruhestand des Endoskops detektiert werde (siehe Anspruch 5). Die Bewegung des Endoskops sei somit weder beansprucht noch werde sie vom Verfahren vorausgesetzt. Ferner sei die Endoskopbewegung ein konventioneller Schritt der Endoskopie, der nicht zur Erfindung beitrage, ähnlich wie in der Entscheidung T 992/03, Gründe 5.2.2. Die Bewegung des Schafts des Endoskops sei vergleichbar zur Bewegung des Führungsdrahts in der Entscheidung T 836/08.

Zudem betreffe das Verfahren keine zeitliche Bestimmung der Position des Endoskops sondern nur die Bestimmung einer Position und einer Orientierung.

Hilfsanträge 1, 3 und 10 bis 19 - Zulassung

Die Hilfsanträge 1 und 3 seien zuzulassen, da sie eine mögliche unzulässige Erweiterung ausräumen würden.

In der Mitteilung der Kammer seien die drei jeweils als chirurgischer Schritt angesehenen Verfahrensschritte erstmals explizit benannt worden. Es lägen daher außergewöhnliche Umstände vor, die die Einreichung der Hilfsanträge 10 bis 19 rechtfertigten. Diese Hilfsanträge basierten auf zuvor eingereichten Anträge und gäben keinen Anlass zu neuen Einwänden. Weitere außergewöhnliche Umstände lägen vor, da erstmalig in der Mitteilung der Kammer auf die Datenerfassung während der Bewegung des Endoskops detailliert eingegangen worden sei und weil die Entscheidung T 2136/19, die einen vergleichbaren Fall betreffe, erst am 27. September 2022 veröffentlicht worden sei und erst jetzt berücksichtigt werden konnte.

Hilfsanträge 2 und 4 bis 7 - Artikel 53 c) EPÜ

Gemäß den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 4, 5 und 7 befänden sich alle Sensoren außerhalb des Körpers. Somit sei das Verfahren ein passives, nicht-invasives Mess- und Auswerteverfahren im Sinne der T 836/08.

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 6 und 7 seien explizit dahingehend klargestellt, dass es sich um ein Verfahren zum Betreiben eines Endoskops handele.

Hilfsantrag 8

Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 sei auf ein Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops in einem Hohlraum in einem technischen Objekt beschränkt. Der Patentierungsausschluss gemäß Artikel 53 c) EPÜ sei auf ein solches Verfahren nicht anwendbar.

Antrag auf Vorlage auf die Große Beschwerdekammer

Der Sachverhalt, der der Entscheidung T 836/08 zugrunde lag, sei mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar, da es sich in beiden Fällen um ein passives Messverfahren handele. Dies führe zu einer widersprüchlichen Rechtsprechung. Die Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung, da alle Verfahren, in denen Daten erfasst werden, betroffen seien.

Entscheidungsgründe

1. Die Anmeldung

1.1 Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung einer Position und einer Orientierung eines Endoskops in einem Hohlraum. Das Verfahren kann sowohl zur Unterstützung bei einer medizinischen endoskopischen Navigation in einem körperinneren Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers wie auch bei nicht-medizinischen Anwendungen eingesetzt werden, etwa bei der Untersuchung von Hohlräumen in technischen Objekten.

1.2 Die Orientierung des Operateurs ist während der Endoskopie durch das eingeschränkte Blickfeld des Endoskops erschwert. Es sind deshalb Navigationssysteme entwickelt worden, die zur Unterstützung des Anwenders bei der Navigation in dem Hohlraum dienen. Mit einem Navigationssystem kann die Position und/oder die Orientierung des Endoskops bestimmt werden. So sind elektromagnetische und optische Tracking-Systeme bekannt. Diese Systeme sind jedoch störanfällig und mit einem hohen Kostenaufwand verbunden.

1.3 Navigationssysteme, die auf dem Einsatz von Inertialsensoren (wie Accelerometern und Gyroskopen) beruhen, haben diese Nachteile nicht. Allerdings ist hiermit die Erfassung der Position und der Orientierung nur mit eingeschränkter Genauigkeit möglich, da durch die zeitliche Integration der gemessenen Werte die Messabweichungen mit der Zeit zunehmen (sogenanntes "Drift").

1.4 Das beanspruchte Verfahren verwendet mindestens einen Beschleunigungssensor und einen Drehratensensor, die jeweils dem Endoskop zugeordnet sind, und mindestens einen Einführsensor, der einer Einführvorrichtung (z.B einem Trokartubus) zugeordnet ist. Aufgrund der von den Sensoren erfassten Daten werden eine Position und eine Orientierung des Endoskops ermittelt.

2. Hauptantrag - Artikel 53 c) EPÜ

2.1 Relevant für Artikel 53 c) EPÜ ist die Anwendung bei der medizinischen Endoskopie, wobei der Hohlraum ein Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers ist. Das Verfahren kann beispielsweise bei einer Blasenspiegelung verwendet werden, um dem Anwender anzuzeigen, wo das Endoskop aktuell im Raum steht und in welche Raumrichtung das Endoskop schaut (siehe Absatz zwischen Seite 21 und Seite 22 der Beschreibung).

2.1.1 Die Bewegung eines Endoskops in einem Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers erfolgt invasiv (im Körperinneren) und stellt einen erheblichen physischen Eingriff dar. Dieser Eingriff erfordert medizinische Fachkenntnisse und ist mit einem wesentlichen Gesundheitsrisiko verbunden (Risiko von inneren Verletzungen und inneren Blutungen), selbst wenn er mit der erforderlichen professionellen Sorgfalt und Kompetenz ausgeführt wird. Bei einem Verfahren, das die Bewegung des Endoskops im Körperinneren umfasst, ist die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit des Körpers von Bedeutung.

2.1.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass das Verfahren keine therapeutische Wirkung habe und somit keine Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers durchführe. Der Begriff "chirurgische Behandlung" ist jedoch nicht auf Verfahren zu beschränken, die einem therapeutischen Zweck dienen (G 1/07, Gründe 3.3.10).

2.1.3 Ob das Verletzungsrisiko nur von der Erfahrung des Arztes abhängt und inwieweit die Freiheit des Arztes durch das Verfahren eingeschränkt wird, wie die Beschwerdeführerin argumentiert, sind nicht die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung des Ausschlusses nach Artikel 53 c) EPÜ. Die Entscheidung G 1/07 erwähnt die Freiheit des Arztes im Rahmen der allgemeinen Diskussion über den Umfang von Eingriffen, die eine "chirurgische Behandlung" darstellen (siehe Seite 62, erster Absatz und Überschriften der Gründe 3.4 bis 3.4.2.4). Die Große Beschwerdekammer führte im Anschluss an diese Diskussion aus, dass die Antwort der Großen Beschwerdekammer auf eine bestimmte Art von physischen Eingriffen gerichtet ist (siehe Gründe 3.4.2.7). Wie oben dargelegt, stellt die Bewegung des Endoskops im Körperinneren einen solchen physischen Eingriff dar. Maßgeblich sind daher die in der Entscheidungsformel der Entscheidung G 1/07 genannten Kriterien, hier insbesondere die Punkte 1 und 2a der Entscheidungsformel, wie oben angewandt.

2.1.4 Die Bewegung eines Endoskops in einem Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers stellt daher eine chirurgische Behandlung im Sinne des Artikels 53 c) EPÜ dar.

2.2 Die Beschwerdegegnerin macht allerdings geltend, dass die Bewegung des Endoskops nicht beansprucht sei.

2.2.1 Das Verfahren gemäß Anspruch 1 weist die Datenerfassung durch die Sensoren (Erfassung der Beschleunigung, Dreh- und Einführbewegungen) und die Ermittlung einer Position und einer Orientierung des Endoskops aufgrund der erfassten Daten auf. Die Position und die Orientierung des Endoskops können jedoch aus den erfassten Daten nur indirekt ermitteln werden, indem aufeinanderfolgende Messwerte zeitlich integriert werden (siehe Absatz zwischen den Seiten 19 und 20 der Beschreibung). Es ist daher unerlässlich für die Bestimmung einer Position und einer Orientierung des Endoskops, dass die in Anspruch 1 definierte Datenerfassung an mehreren Zeitpunkten und an mehreren Positionen/Orientierungen des Endoskops erfolgt. Angesichts der angestrebten Anwendungen (siehe Beschreibung, komplette Seite 7 und Seite 21, letzter Absatz bis Seite 22, 2. Absatz) wäre das Verfahren sinnlos, wenn es nur die Bestimmung einer Position und einer Orientierung des Endoskops umfassen würde, wenn zuvor keine Endoskopbewegung stattgefunden hat. Dies trifft ebenfalls zu, wenn das Verfahren "aufgrund der bildbasierten Bewegungserkennung ein Ruhezustand des Endoskops" detektiert (Anspruch 5), da dies lediglich die zusätzliche Feststellung von einem momentanen Ruhestand betrifft. Folglich ist die Bewegung des Endoskops nicht nur durch die Daten über Position und Orientierung unterstützt, sondern auch für die Ermittlung dieser Daten notwendig. Die Ermittlung der Daten und die Bewegung des Endoskops sind sowohl zeitlich als auch funktionell untrennbar miteinander verbunden. Daher ist die Bewegung des Endoskops als Teil der Datenerfassung anzusehen und (implizit) ein Bestandteil des beanspruchten Verfahrens.

2.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verfahren bestimme lediglich eine Betriebseigenschaft des Endoskops und entspreche einem "Verfahren zum Betreiben eines Geräts" im Sinne von G 1/07, Gründe 4.3.2. Außerdem bestehe kein funktioneller Zusammenhang zwischen dem beanspruchten Verfahren und den Wirkungen des Endoskops auf den Körper, so dass das Verfahren nicht als Behandlungsverfahren im Sinne von Artikel 53 c) EPÜ anzusehen sei.

2.2.3 Die Kammer stellt diesbezüglich fest, dass weder die Entscheidung G 1/07 noch die darin unter Punkt 4.3.2 der Gründe zitierten Entscheidungen definieren, was unter funktionellem Zusammenhang ("functional link") im Falle eines chirurgischen Eingriffs zu verstehen ist. Darüber hinaus ist das Fehlen oder Vorhandensein eines funktionellen Zusammenhangs nur insoweit relevant, als das beanspruchte Verfahren nur den Betrieb einer Vorrichtung betrifft (G 1/07, Gründe 4.3.2 erster Absatz). Die Entscheidung G 1/07 stellt nämlich fest, dass ein Verfahren - auch wenn das Verfahren als Verfahren zum Betreiben eines Geräts angesehen werden sollte - als ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung vom Patentschutz auszuschließen ist, wenn es einen chirurgischen Schritt aufweist oder umfasst (G 1/07, Entscheidungsformel 1 und 2a sowie Gründe 4.3.2, 2. Absatz). Im vorliegenden Fall ist der chirurgische Schritt - die Bewegung des Endoskops im Körperinneren - nicht lediglich ein vorbereitender Schritt, der vorgelagert und nicht Bestandteil des Verfahrens ist. Vielmehr ist - wie oben erklärt - die Bewegung des Endoskops Teil der beanspruchten Datenerfassung.

2.2.4 Die Beschwerdeführerin bezieht sich auch auf die Entscheidung T 992/03, in der die zuständige Kammer feststellte, dass die Verabreichung von polarisiertem **(129)Xe-Gas ein vorbereitender Schritt sei, der nicht Teil des beanspruchten Verfahrens war (siehe Gründe 5.1.2). Im vorliegenden Fall ist jedoch der strittige Schritt der Endoskopbewegung kein vorbereitender Schritt, der vorgelagert ist, sondern Teil des beanspruchten Verfahrens (siehe Punkt 2.2.1 oben).

2.2.5 In der ebenfalls von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidung T 836/08 befand die zuständige Kammer, dass ein Verfahren zum Ermitteln der Position des distalen Endes eines Knochenführungsdrahts mit einem optischen Tracking- und Navigationssystem nicht invasiv sondern ein passives Mess- und Auswerteverfahren war, das nicht unter die Ausschlussbestimmung von Artikel 53 c) EPÜ fiel (siehe Punkt 3 der Begründung). Die Beschwerdeführerin vergleicht die Bewegung des Endoskops mit der Bewegung des Führungsdrahts in der Entscheidung T 836/08. Allerdings scheint die T 836/08 keine allgemein etablierte Rechtssprechung darzustellen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage, Juli 2022 I.B.4.4.4 d), erster und zweiter Absatz). Auf jeden Fall umfasste - nach der Ansicht der zuständigen Kammer - das Verfahren zum Ermitteln der Position keine Bewegung des Knochenführungsdrahts. Folglich ist der Vergleich mit der Bewegung des Endoskops im vorliegenden Fall nicht überzeugend.

2.3 Da in einer Ausführungsform die Bewegung des Endoskops in einem Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers stattfindet, umfasst das Verfahren des Anspruchs 1 eine derartige Bewegung.

2.4 Somit stellt das beanspruchte Verfahren ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers im Sinne des Artikels 53 c) EPÜ dar.

3. Hilfsanträge 1, 3 und 10 bis 19 - Zulassung

3.1 Die Hilfsanträge 1, 3 und 10 bis 19 stellen eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung dar. Nach Artikel 13 (2) VOBK können diese Anträge deshalb nur zugelassen werden, wenn die Beschwerdeführerin stichhaltige Gründe für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände aufgezeigt hat.

3.2 Die Hilfsanträge 1 und 3 räumen eine mögliche unzulässige Erweiterung aus, die zu keinem Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren diskutiert worden ist. Es ist daher nicht ersichtlich, warum diese Anträge erst zu diesem Zeitpunkt eingereicht wurden und nicht spätestens mit der Beschwerdebegründung. Somit sind im Bezug auf diese Anträge keine außergewöhnliche Umstände zu erkennen.

3.3 In der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK wurde ausgeführt, dass die Kammer der vorläufigen Meinung war, dass das Verfahren zumindest die Bewegung des Endoskops in einem Hohlraum eines menschlichen oder tierischen Körpers umfasse. Diese Auffassung entspricht im Wesentlichen der Begründung der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung (siehe insbesondere Punkt 14). Der Umstand, dass in der Mitteilung die Datenerfassung detaillierter beschrieben wird als in der angefochtenen Entscheidung oder dass in der Mitteilung zusätzlich angegeben wird, welche weiteren Schritte als chirurgisch anzusehen wären, wenn sie vom Verfahren umfasst würden, stellt keine außergewöhnliche Umstände dar.

3.4 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe erst nach Zustellung der Mitteilung der Kammer eine andere Entscheidung der Beschwerdekammern gefunden, in der Artikel 53 c) EPÜ im Zusammenhang mit der Datenerfassung erörtert worden sei. Entscheidungen der Beschwerdekammern werden regelmäßig veröffentlicht. Der Zugang zu einer bestimmten Entscheidung, die einen anderen Sachverhalt betrifft, kann daher, selbst wenn Ähnlichkeiten im Sachverhalt bestehen, keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK darstellen.

3.5 Die Kammer hat daher die Hilfsanträge 1, 3 und 10 bis 19 nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

4. Hilfsanträge 2 und 4 bis 7 - Artikel 53 c) EPÜ

Auch wenn sich die Sensoren außerhalb des Körpers befinden würden, findet die vom Verfahren umfasste Bewegung des Endoskops weiterhin innerhalb des Körpers statt. Darüber hinaus ist die Formulierung des Anspruchs als "Verfahren zum Betreiben eines Endoskopsystems" (Hilfsanträge 6 und 7) angesichts der oben dargelegten Begründung (siehe insbesondere Punkt 2.2.3) unerheblich. Die Hilfsanträge 2 und 4 bis 7 weisen daher keine Änderung auf, die zu einem anderen Ergebnis in Bezug auf Artikel 53 c) EPÜ führt. Folglich sind auch diese Anträge nicht gewährbar.

5. Hilfsantrag 8

5.1 Die von Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 umfasste Bewegung des Endoskops findet in einem Hohlraum in einem technischen Objekt statt. Somit stellt das beanspruchte Verfahren kein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers im Sinne des Artikels 53 c) EPÜ dar.

5.2 Die Prüfungsabteilung hatte keinen Einwand gegen diesen Antrag (siehe Mitteilung nach Regel 71(3) EPÜ vom 30. März 2020). Die Kammer sieht keinen Grund, dieses Ergebnis zu bezweifeln.

6. Antrag auf Vorlage auf die Große Beschwerdekammer

6.1 Nach Artikel 112 (1) a) EPÜ kann eine Beschwerdekammer auf Antrag einer am Beschwerdeverfahren Beteiligten eine Frage an die Große Beschwerdekammer verweisen, wenn sie eine Entscheidung für erforderlich hält, um die einheitliche Anwendung des Rechts zu gewährleisten, oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Es liegt im Ermessen der Kammer, ob sie die Große Beschwerdekammer nach Artikel 112 (1) a) EPÜ befasst.

6.2 Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Fragestellungen (siehe oben Punkt III im Abschnitt "Sachverhalt und Anträge") beziehen sich auf die technischen Besonderheiten des vorliegenden Falles und entsprechen daher keiner Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

6.3 Zudem ist die relevante Frage im Bezug auf Artikel 53 c) EPÜ, ob das beanspruchte Verfahren einen Schritt aufweist oder umfasst, der als ein "Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers" im Sinne dieser Rechtsvorschrift anzusehen ist. Diese Frage ist unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Falls zu beantworten. Im vorliegenden Fall kann die Kammer selbst die Frage ohne Zweifel beantworten, denn die Bewegung des Endoskops ist Bestandteil des beanspruchten Verfahrens (siehe Punkt 2.2.1 oben). Eine Vorlage der ersten Frage ist somit nicht erforderlich.

6.4 Der Unterschied zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung T 836/08 zugrunde lag, ist bereits im Punkt2.2.5 oben ausgeführt. Es gibt somit keinen Widerspruch in der Anwendung des Rechts im vorliegenden Fall und in der Entscheidung T 836/08.

6.5 Folglich gibt es keinen Grund, die von der Beschwerdeführerin gestellten Fragen der Großen Beschwerdekammer vorzulegen. Daher hat die Kammer den entsprechenden Antrag zurückgewiesen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf der Basis des Hilfsantrags 8, eingereicht als Hilfsantrag 6 am 23. Februar 2021, und einer noch anzupassenden Beschreibung, zu erteilen.

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