T 0182/21 (Übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle/SPORT MANAGEMENT … of 21.2.2024

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2024:T018221.20240221
Datum der Entscheidung: 21 Februar 2024
Aktenzeichen: T 0182/21
Anmeldenummer: 16151485.6
IPC-Klasse: G06Q 30/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: DATENVERARBEITUNGSSYSTEM UND VERFAHREN ZUR INTEGRATION VON DATEN MIT EINER ÜBERGEORDNETEN ANWENDUNGSPROGRAMMIERSCHNITTSTELLE UND AUSGABE DER DATEN IN EINEM EINHEITLICHEN FORMAT
Name des Anmelders: Sport Management & Services GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Bereitstellung von Anwendungsprogrammierungsschnittstellen für Systemintegration und Datenaustausch (nein
Erfinderische Tätigkeit - allgemeines Fachwissen)
Erfinderische Tätigkeit - Senden von Daten von einem Benutzergerät an eine Anzeigeeinheit eines Veranstaltungsortes (nein
Erfinderische Tätigkeit - nicht-technische Anforderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0641/00
T 0796/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 16151485.6 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) sowie mangelnder Klarheit (Artikel 84 EPÜ) und unzulässiger Erweiterung des Anmeldungsinhalts (Artikel 123(2) EPÜ) zurückzuweisen.

II. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage des von der Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Hauptantrags oder eines der zurückgewiesenen Hilfsanträge 1 bis 5 zu erteilen. Alle Anträge wurden mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht.

III. Die Kammer lud die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung und legte ihre vorläufige Meinung dar. Danach beruhte Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, u. a. im Hinblick auf D2 (US 2009/017749 A1). Die Kammer war auch der Ansicht, dass Anspruch 1 der Hilfsanträge ebenfalls nicht erfinderisch war und dass es Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 5 zudem an Klarheit mangelte und er über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausging.

IV. Die Beschwerdeführerin erwiderte daraufhin u. a. mit weiteren Argumenten zur erfinderischen Tätigkeit.

V. In der mündlichen Verhandlung, die am 21. Februar 2024 per Videokonferenz stattfand, bestätigte die Beschwerdeführerin die schriftlich eingereichten Anträge.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

Datenverarbeitungssystem (100) zum Verbinden wenigstens eines Telekommunikationsendgeräts (8) mit Infrastruktursystemen (1), insbesondere Veranstaltungsinfrastruktursystemen, aufweisend ein Server (4), auf dem eine übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) implementiert ist,

wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, einen Zugang für einen Zugriff ausgehend von dem wenigstens einen, insbesondere mobilen, Telekommunikationsendgerät (8) zu wenigstens einem Teil der Infrastruktursysteme (1), die innerhalb eines definierten Bereichs (6) vorgesehen sind, und zu softwaretechnischen Diensten (40), die mittels verschiedener Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B) bereitgestellt sind, bereitzustellen,

wobei die Infrastruktursysteme (1) Anzeigegeräte, Sensoren, und Ausgabegeräte umfassen, und

wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, Daten zur Ausgabe an die verschiedenen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B), die Infrastruktursysteme und/oder das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) zu konvertieren, wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle dazu eingerichtet ist, an das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) auszugebende Daten in ein einheitliches Format zu konvertieren und wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, die konvertierten Daten an das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) in dem einheitlichen Format auszugeben; und

wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, den Zugang zu den softwaretechnischen Diensten (40) und den Infrastruktursystemen (1) selektiv bereitzustellen und insbesondere abhängig davon, ob das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) von innerhalb oder außerhalb des definierten Bereichs (6) zugreift; und

wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, Daten von den verschiedenen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B), den Infrastruktursystemen (1) und dem wenigstens einen Telekommunikationsendgerät (8) zu empfangen und Daten an die verschiedenen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B), die Infrastruktursysteme (1), insbesondere an eine Anzeigeeinheit (1) und das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) zu senden, um eine bidirektionale Kommunikation der Benutzer mit dem Datenverarbeitungssystem, der übergeordneten Anwendungsprogrammierungsschnittstelle, den softwaretechnischen Diensten und den Infrastruktursystemen zu ermöglichen.

VII. In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sind die letzten beiden Merkmale des Anspruchs durch Folgendes ersetzt (Streichungen sind durchgestrichen, Ergänzungen unterstrichen):

die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, den Zugang zu den softwaretechnischen Diensten (40) und den Infrastruktursystemen (1) [deleted: selektiv bereitzustellen und insbesondere] abhängig davon bereitzustellen, ob das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) von innerhalb oder außerhalb des definierten Bereichs (6) zugreift; und

wobei die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, Daten von den verschiedenen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B), den Infrastruktursystemen (1) und dem wenigstens einen Telekommunikationsendgerät (8) zu empfangen und Daten an die verschiedenen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen (5P, 5T, 5B), die Infrastruktursysteme (1), [deleted: insbesondere] an eine Anzeigeeinheit (1) und das wenigstens eine Telekommunikationsendgerät (8) zu senden, um eine bidirektionale Kommunikation der Benutzer mit dem Datenverarbeitungssystem, der übergeordneten Anwendungsprogrammierungsschnittstelle, den softwaretechnischen Diensten, [deleted: und] den Infrastruktursystemen und der Anzeigeeinheit zu ermöglichen.

VIII. In Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist das Merkmal "wobei die Infrastruktursysteme (1) Anzeigegeräte, Sensoren, und Ausgabegeräte umfassen" im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch das Merkmal "wobei die Infrastruktursysteme (1) wenigstens eine Anzeigeeinheit zur Anzeige von Textnachrichten, Standbildern und/oder Filmen umfassen" ersetzt. Außerdem ist im letzten Merkmal des Anspruchs der Verweis auf eine Anzeigeeinheit gestrichen.

IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 basiert auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 und legt weiter fest, dass die Infrastruktursysteme Infrastruktursysteme eines Stadions sind.

X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 fügt am Ende von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 Folgendes hinzu:

"dadurch gekennzeichnet, dass die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) dazu eingerichtet ist, Daten von dem wenigstens einen Telekommunikationsendgerät (8) zu empfangen und Daten an die Anzeigeeinheit (1) zu senden, um einen Benutzer über die Anwendungsprogrammierungsschnittstelle (5) datentechnisch mit der Anzeigeeinheit zu verbinden und so eine bidirektionale Kommunikation des Benutzers mit der Anzeigeeinheit zu ermöglichen."

XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 basiert auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 und legt weiter fest, dass die Infrastruktursysteme Infrastruktursysteme eines Stadions sind und dass die Anzeigeeinheit eine Anzeigeeinheit des Stadions ist.

Entscheidungsgründe

1. Hintergrund

Die Erfindung betrifft ein zentralisiertes Datenverarbeitungssystem, das Telekommunikationsendgeräte von Benutzern (z.B. Mobiltelefone) mit Veranstaltungs-Infrastruktursystemen (z.B. Kameras und Anzeigeeinheiten innerhalb eines definierten Bereichs, z.B. eines (Fußball-) Stadions) sowie mit softwaretechnischen Diensten (z.B. Bezahl- und Ticketing-Diensten) verbindet (Absatz [0001] der veröffentlichten Anmeldung).

Abbildung 1 zeigt ein Stadion 6, das mit Infrastruktursystemen 1-3 ausgestattet ist. Dargestellt sind eine Anzeigeeinheit 1, eine Kamera 2 und eine Ausgabeeinheit 3, z. B. ein Lautsprechersystem. Der Benutzer 7 kann mit Hilfe seines Mobiltelefons 8 Daten mit den Infrastruktursystemen 1-3 sowie mit den Softwarediensten P, T, B austauschen. Dies erfolgt über eine auf dem Server 4 implementierte übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle 5, die den Empfang und das Senden von Daten von/zu dem Mobiltelefon 8, den Infrastruktursystemen 1, 2, 3 und den Softwarediensten (über ihre jeweiligen Anwendungsprogrammierungsschnittstellen 5P, 5T, 5B) ermöglicht. Auf diese Weise ist der Benutzer in der Lage, bidirektional mit dem Datenverarbeitungssystem, den Infrastruktursystemen und den Softwarediensten zu kommunizieren. Dabei werden die an das Mobiltelefon 8 gesendeten Daten in ein einheitliches Format konvertiert. Die Übermittlung der Daten kann davon abhängen, ob sich das Mobiltelefon 8 innerhalb oder außerhalb des Stadions 6 befindet ([0047], [0050] bis [0057]).

2. Hauptantrag, Artikel 56 EPÜ

2.1 Die Kammer teilt die Auffassung der Prüfungsabteilung, dass D2 ein geeigneter Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit darstellt. D2 offenbart ein System, das einen Server umfasst, der Ereignisdaten ("event feeds") von Erfassungssystemen wie Kameras und Mikrofonen an einem Veranstaltungsort (beispielweise einem Stadion) erhält. Der Server ermittelt, ob sich eine mobile Station eines Nutzers physisch am Veranstaltungsort befindet, etwa mittels GPS (z. B. [0021], [0040]). Falls dies der Fall ist, identifiziert der Server die gewünschten Arten von Ereignisdaten und übermittelt sie an die mobile Station (siehe Abbildungen 3 bis 5 und [0033] bis [0037]).

2.2 Die Prüfungsabteilung war der Ansicht, dass D2 (entweder explizit oder implizit) alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbarte, mit Ausnahme des Merkmals dass die Daten, die an das Telekommunikationsendgerät ausgegeben werden, in ein einheitliches Format konvertiert werden. Die Prüfungsabteilung betrachtete dieses Merkmal lediglich als eine abstrakte, administrative Maßnahme ohne technische Wirkung. Daher gelangte sie zu dem Schluss, dass Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte.

2.3 Die Kammer stimmt jedoch mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass D2 nicht zwingend die Bereitstellung und Verwendung von Anwendungsprogrammierungsschnittstellen impliziert. Solche Schnittstellen sind zwar ein gängiger - jedoch nicht der einzige - Weg, um ein Endgerät mit einem Server zu verbinden. So können das Endgerät und der Server beispielsweise über ein gemeinsames Protokoll kommunizieren.

2.4 Während die Kammer der Prüfungsabteilung darin zustimmt, dass der Server in D2 den Zugang zu Softwarediensten wie Zahlungssystemen ermöglicht (siehe z. B. [0025], wonach der Server es dem Benutzer ermöglicht, Zahlungsvereinbarungen für ausgewählte Feeds zu treffen), stimmt sie der Beschwerdeführerin zu, dass dies bei den Infrastruktursystemen nicht der Fall ist. Die Ereignissysteme liefern zwar Daten an den Server und von dort an das Benutzergerät, scheinen jedoch weder vom Benutzergerät noch vom Server Daten zu erhalten.

Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin auch darin zu, dass die Infrastruktursysteme der D2 nicht zwingend Anzeigegeräte umfassen. Obwohl die Ereignissysteme der D2 Wiedergabesysteme ("replay systems", z.B. [0033]) umfassen, werden diese Systeme lediglich als Datenquelle verwendet. Im Kontext der D2 ist es nicht erforderlich, dass sie Daten anzeigen.

2.5 Zusammenfassend unterscheidet sich Anspruch 1 vom System der D2 im Wesentlichen dadurch, dass:

(a) Anwendungen auf dem Telekommunikationsendgerät, dem Server und den Softwarediensten miteinander über Anwendungsprogrammierungsschnittstellen kommunizieren;

(b) Der Server Daten, die an das Telekommunikationsendgerät ausgegeben werden, in ein einheitliches Format konvertiert;

(c) Die Infrastruktursysteme Anzeigegeräte umfassen und Daten vom Telekommunikationsendgerät über den Server empfangen können.

2.6 Dennoch stimmt die Kammer der Schlussfolgerung der Prüfungsabteilung zu, dass Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2.7 Die Kammer ist der Ansicht, dass die Merkmale (a) bis (c) nicht synergetisch zur Lösung eines einzigen technischen Problems zusammenwirken, sondern sich auf separate Teilprobleme beziehen. Während Merkmal (a) die Art und Weise der Kommunikation zwischen Anwendungen betrifft, definieren die Merkmale (b) und (c) jeweilige spezifische Funktionen, die ausgeführt werden. Diese Funktionen sind voneinander und von der Art der Kommunikation unabhängig. Daher kann der Beitrag der Merkmale (a), (b) und (c) zur erfinderischen Tätigkeit unabhängig voneinander bewertet werden.

2.7.1 Merkmal (a) kann als Lösung des Teilproblems angesehen werden, die Entwicklung von Softwareanwendungen und deren Kommunikation zu ermöglichen. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Bereitstellung von Anwendungsprogrammierungsschnittstellen, über die Daten- und/oder Dienstanbieter (wie der Server 4 und die Softwaredienste P, T, B) ihre Daten und Funktionen externen Anwendungen zugänglich machen, eine gängige Programmierpraxis zur Lösung dieses technischen Problems darstellt (vergleiche z.B. T 0796/14 - Mobile device gateway/JOHNSON, Nummer 2.9 der Entscheidungsgründe).

Da die Anmeldung keine konkreten technischen Angaben zu den Anwendungsprogrammierungsschnittstellen macht, sondern diese auf einer abstrakten Meta-Ebene beschreibt, ist davon auszugehen, dass diese dem Fachmann ohne weiteres geläufig sind. Die Kammer erachtet die Verwendung solcher Schnittstellen im Rahmen des Systems von D2 deshalb als naheliegend.

2.7.2 Die Kammer stimmt mit der Prüfungsabteilung darin überein, dass das Merkmal (b) nicht unbedingt eine technische Wirkung hat. Die Ausgabe von Daten in einem einheitlichen Format könnte lediglich dazu dienen, dem Benutzer ein einheitliches visuelles Erscheinungsbild der Daten zu bieten. Dies ist aber kein technischer, sondern ein kognitiver Effekt.

Da nicht-technische Merkmale in die Formulierung des zu lösenden technischen Problems aufgenommen werden können (T 641/00 - Two identities/COMVIK), besteht das durch das Merkmal (b) zu lösende technische Problem darin, das System der D2 anzupassen, um die Ausgabe von Daten in einem einheitlichen Format zu gewährleisten. Das einzige in Anspruch 1 angegebene Implementierungsdetail ist, dass die Konvertierung auf dem Server erfolgt. Die Kammer hält dies für naheliegend, da die mobile Station 12 in D2 alle Daten vom Server (z. B. dem Server 32 in Figur 3) erhält.

Selbst wenn die Datenkonvertierung - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - aus technischen Gründen erfolgte, wäre sie offensichtlich. Der Fachmann ist mit Standarddatenformaten, wie JSON und XML, vertraut und weiß, dass ein einheitliches Datenformat eine standardisierte Datenverarbeitung ermöglicht, was die Entwicklung von Anwendungen erleichtern kann. Die Verwendung bekannter Merkmale für ihren etablierten Zweck kann nicht als erfinderisch angesehen werden.

2.7.3 Auch Merkmal (c) ist nicht von technischen Überlegungen motiviert. Die Übermittlung von Daten an Veranstaltungsinfrastruktursysteme, wie z. B. eine Anzeigeeinheit, durch den Benutzer dient dazu, das Publikum über interessante Fakten zu informieren, wie etwa das Durchschnittsalter der Besucher (siehe z. B. [0061] der Anmeldung). Hierbei handelt es sich um eine administrative Anforderung, die keine technische Wirkung hat.

Das durch Merkmal (c) gelöste technische Problem besteht somit darin, das System der D2 so anzupassen, dass der Benutzer Daten an Veranstaltungsinfrastruktursysteme, wie z. B. eine Anzeigeeinheit, senden kann. Da die mobile Station 12 des Benutzers in D2 ausschließlich mit dem Server (z.B. dem Server 32 in Abbildung 3) kommuniziert, ist es naheliegend, Daten von der mobilen Station über den Server an die Infrastruktursysteme zu senden. Die vorgeschlagene Lösung beschreibt lediglich auf einer Meta-Ebene ohne konkrete technische Implementierungsdetails, dass dieses Problem gelöst wird. Konkrete technische Details dazu sind weder im Anspruch, noch aus den Anmeldungsunterlagen ersichtlich.

Selbst wenn man annimmt, dass D2 mit dem genannten Hinweis auf "replay systems" keine entsprechenden Anzeigemittel offenbart, so sind solche dadurch doch zumindest nahegelegt, weil dies genau dem Zweck eines "replay" entspricht. Für diese Funktionalität ist auch nicht erkennbar, dass der Fachmann bei der Umsetzung irgendwelche technischen Hürden überwinden müsste. Auch sind solche nicht in den Anmeldungsunterlagen beschrieben. Die Maßnahme des Merkmals (c) ist daher nahegelegt.

2.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Unterschiede (a) bis (c) technisch aufeinander aufbauten, um einen Synergieeffekt zu erzielen, das heißt eine einfache, effiziente und flexible Verbindung zwischen den Telekommunikationsendgeräten der Veranstaltungsbesucher und den Infrastruktursystemen des Veranstaltungsorts, insbesondere einer Anzeigeeinheit zur Verfügung zu stellen.

Merkmal (a) trage zu diesem Effekt bei, indem es die Kommunikation mit allen Infrastruktursystemen vereinheitliche. So könne das Endgerät mit allen Systemen auf die gleiche Weise kommunizieren, auch wenn diese von verschiedenen Herstellern stammten und unterschiedliche Schnittstellen aufwiesen. Gleichzeitig kontrolliere die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle den selektiven Zugriff auf alle Infrastruktursysteme. Diese zentrale Kontrolle vereinfache den Zugriff, da nicht jedes System für sich diese Kontrollen einzeln durchführen müsse.

Des Weiteren erleichtere die Ausgabe der Daten in einem standardisierten Format (Merkmal (b)) die einheitliche Verarbeitung der Daten durch das Telekommunikationsgerät. Dieses Merkmal wirke somit synergetisch mit der übergeordneten Schnittstelle (Merkmal (a)) und der zentralen Zugangskontrolle, um eine flexible und effiziente Anbindung an die Infrastruktursysteme, insbesondere die Anzeigeeinheit (Merkmal (c)), zu ermöglichen.

2.9 Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt.

Erstens führt der Server in D2 bereits eine selektive Zugangskontrolle durch, indem er nur Daten an mobile Stationen liefert, die sich am Veranstaltungsort befinden (vgl. Feeds in D2 mit unterschiedlichen Berechtigungen). Die Tatsache, dass diese Funktionalität über die Anwendungs-programmierungsschnittstelle des Servers bereitgestellt wird, ist in Merkmal (a) berücksichtigt worden.

Zweitens impliziert "übergeordnet" keine Funktionalität der Anwendungsprogrammierungsschnittstelle, sondern bedeutet lediglich, dass es sich um eine Schnittstelle zur Funktionalität des Servers handelt. Daher ist das Problem, wie der Zugang zur Funktionalität des Servers ermöglicht werden kann (hier über eine Anwendungsprogrammierungsschnittstelle), unabhängig von der konkreten Funktionalität, die der Server bereitstellt (hier selektive Zugangskontrolle, Datenkonvertierung und Datentransfer vom Endgerät zu den Infrastruktursystemen).

Auch wenn alle Unterschiede zur Erhöhung der Flexibilität des Systems beitragen, tun sie dies auf unterschiedliche, voneinander unabhängige Weise. Für eine Kombinationserfindung ist es jedoch nicht ausreichend, dass alle Merkmale dasselbe Problem lösen oder irgendwie miteinander in Verbindung stehen. Vielmehr erfordert das Vorliegen einer Kombinationserfindung, dass Merkmale oder Merkmalsgruppen eine Kombinationswirkung aufweisen, die über die Summe ihrer Einzelwirkungen hinausgeht (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage, 2022, I.D.9.3.1). Liegt eine solche Kombinationserfindung nicht vor, sind die Merkmale lediglich eine bloße Aggregation und müssen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit getrennt betrachtet werden.

2.10 Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

3. Hilfsanträge 1 und 5, Artikel 84 und 123(2) EPÜ

3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 legt fest, dass die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle dazu eingerichtet ist, "... Daten an ... die Infrastruktursysteme, an eine Anzeigeeinheit ... zu senden, um eine bidirektionale Kommunikation der Benutzer mit ... den Infrastruktursystemen und der Anzeigeeinheit zu ermöglichen". Ähnliche Änderungen sind auch in Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 enthalten.

3.2 Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung zu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 und 5 unklar ist (Artikel 84 EPÜ). Insbesondere die uneinheitliche Terminologie (Anzeigegeräte vs. Anzeigeeinheit) macht den angestrebten Schutzumfang unklar. Außerdem lässt Anspruch 1 die Interpretation zu, dass die Anzeigeeinheit eine separate Komponente des Systems darstellt und somit nicht zu den Infrastruktursystemen gehört. Da die ursprüngliche Anmeldung diese Möglichkeit nicht offenbart, verstößt Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 5 gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

4. Hilfsantrag 2, Artikel 56 EPÜ

4.1 Anspruch 1 dieses Antrags präzisiert, dass die Infrastruktursysteme "wenigstens eine Anzeigeeinheit zur Anzeige von Textnachrichten, Standbildern und/oder Filmen umfassen". Außerdem ist das Merkmal, wonach der Zugriff auf die Infrastruktursysteme davon abhängt, ob sich das Endgerät innerhalb oder außerhalb des Veranstaltungsortes befindet, im Gegensatz zum Hauptantrag nicht optional.

4.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 verdeutlicht damit lediglich Merkmale, die bereits im Hauptantrag implizit enthalten sind. Er beruht daher aus denselben Gründen wie dieser nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

5. Hilfsantrag 3, Artikel 56 EPÜ

5.1 Im Vergleich zum Hilfsantrag 2 wird in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 festgelegt, dass es sich bei den Infrastruktursystemen um Infrastruktursysteme eines Stadions handelt.

5.2 Da dies aus D2 bekannt ist (z. B. [0027]), mangelt es Anspruch 1 aus denselben Gründen wie dem Hauptantrag an erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

6. Hilfsantrag 4, Artikel 56 EPÜ

6.1 Das zusätzliche Merkmal in diesem Antrag legt fest, dass die übergeordnete Anwendungsprogrammierungsschnittstelle dazu eingerichtet ist, Daten vom Endgerät zu empfangen und an die Anzeigeeinheit zu senden, so dass eine bidirektionale Kommunikation zwischen Benutzer und Anzeigeeinheit ermöglicht wird.

6.2 Die Kammer hält dieses Merkmal für redundant, da das vorangehende Merkmal bereits besagt, dass die übergeordnete Schnittstelle eine solche bidirektionale Kommunikation ermöglicht. Daher beruht Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 aus denselben Gründen, die für die höherrangigen Anträge genannt wurden, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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