European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T189420.20220628 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 Juni 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1894/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 17188461.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04M 1/04 B60R 11/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Haltersystem für ein elektronisches Gerät | ||||||||
Name des Anmelders: | BURY Sp. z o.o. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit - Hauptantrag (ja): wesentliche Merkmale beansprucht Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung (ja): Neuheit und erfinderische Tätigkeit noch nicht vollumfänglich geprüft |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der vorliegenden europäischen Patentanmeldung aufgrund mangelnder Klarheit bzw. des Fehlens wesentlicher Merkmale (Artikel 84 EPÜ).
II. In ihrer Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin, die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und unter Zugrundelegung der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Patentansprüche gemäß Hauptantrag bzw. ersten bis fünftem Hilfsantrag ein Patent zu erteilen. Zudem wurde die Erstattung der Beschwerdegebühr beantragt.
III. Die Kammer teilte in einer Mitteilung nach Regel 100(2) EPÜ mit, dass sie der Auffassung ist, dass der vorliegende Anspruchssatz gemäß Hauptantrag alle wesentlichen Merkmale der Erfindung enthält und klar ist (Artikel 84 EPÜ). Zudem sei keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt, da kein wesentlicher Verfahrensfehler der Prüfungsabteilung erkennbar sei.
IV. Daraufhin nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurück.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags enthält die folgenden Merkmale (mit einer Merkmalsnummerierung von der Kammer):
"1.1 Haltersystem für ein elektronisches Gerät (46)
1.2 mit einem zur ortsfesten Befestigung vorgesehenen
Haltestück (20) und
1.3 mit einer mit dem Haltestück (20) verbindbaren
Halterung (40),
1.3.1 an der das elektronische Gerät (46) lösbar
befestigbar ist, und
1.4 wobei das Haltestück (20) an einer
Befestigungsplatte (29) und die Halterung (40) an
einer Rückwand (41) Befestigungselemente (52, 53)
aufweisen
1.5 in die Befestigungsplatte (29) einerseits und in
die Rückwand (41) andererseits Magnete (50, 51)
oder ferromagnetische Stücke eingesetzt sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
1.6 die Befestigungselemente durch Ansätze (52) und
Rampenführungen (53) nach Art eines
Bajonettverschlusses gebildet sind,
1.6.1 in dem sie mittels einer Drehbewegung um weniger
als 180° zueinander aus einer Ausgangsstellung in
eine mechanische Raststellung bringbar sind
1.7 und dass die Magnete (50, 51) die mechanische
Befestigung der Halterung (40) an dem
Haltestock (20) mittels der Drehbewegung durch
eine zunehmende magnetische Anziehung aus der
Ausgangsstellung in die Raststellung hinein
unterstützen."
Entscheidungsgründe
1. Die Anmeldung
Die vorliegende Anmeldung betrifft eine Halterung mit der beispielsweise ein Telefon in einem Fahrzeug befestigbar ist und über die das Telefon mit Strom versorgt werden kann (siehe Seite 1, Zeilen 4 bis 15; Figur 11 der Anmeldung wie eingereicht und unten dargestellt). Die Halterung der vorliegenden Anmeldung soll eine verbesserte Handhabung im Vergleich zu Halterungen nach dem Stand der Technik ermöglichen. Das Telekommunikationsgerät wird danach an der Halterung 40 befestigt, die ihrerseits mit ihrer Rückwand 41 an einer Befestigungsplatte 29 eines Haltestücks 20 fixiert werden kann. Dazu sind mechanische und magnetische Befestigungselemente vorgesehen.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die mechanische Befestigung wird über einen Bajonettverschluss realisiert, wozu L-förmige Ansätze 52 in der Halterung 40 und Rampenführungen in dem Haltestück 20 vorgesehen sind. Durch eine Drehbewegung um weniger als 180° ist die Halterung 40 von einer Ausgangsstellung in eine Raststellung bringbar. Zudem sind in die Befestigungsplatte 29 und in die Rückwand 41 Magnet- oder ferromagnetische Stücke so eingesetzt, dass eine zunehmende magnetische Anziehung aus der Ausgangsstellung in die Raststellung hinein vorhanden ist. Durch die zunehmende magnetische Anziehung aus der Ausgangsstellung in die Raststellung hinein wird schon bei Annäherung des Halters an das Haltestück der Halter relativ zu dem Haltestück durch die Magnetwirkung ausgerichtet und korrekt in die Raststellung geführt (siehe Anmeldung, Seite 3, Zeile 18 bis Seite 4, Zeile 17; Seite 4, Zeile 32 bis Seite 5, Zeile 5; Seite 16, Zeile 30 bis Seite 17, Zeile 14 und Figur 11).
2. Hauptantrag - Artikel 84 EPÜ
2.1 Die Prüfungsabteilung argumentierte in der angefochtenen Entscheidung, dass die Anordnung der Magnete auf der Befestigungsplatte und dem Haltestück im Hinblick auf das Merkmal 1.7 von Anspruch 1 wesentlich sei (siehe Punkt V. oben). Zum einen müssten die Pole der Magnete so angeordnet sein, dass diese sich anziehen und nicht abstoßen. Des Weiteren müssten die Magnete so angeordnet sein, dass die Magnete beim Einlegen in die Halterung einen ausreichenden Abstand hätten, so dass eine magnetische Anziehung in die entgegengerichtete Drehrichtung geringer sei als in die beabsichtigte Richtung. Die Magnete müssten sich daher auch in der finalen Raststellung am nächsten sein, so dass eine zunehmende magnetische Anziehung erreicht werden könne. Anderenfalls würde der technische Effekt der Anziehung aus der Ausgangsstellung in die Raststellung hinein nicht erreicht.
2.2 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern im Zusammenhang mit Artikel 84 EPÜ sind als "wesentliche Merkmale" alle Merkmale der Erfindung anzusehen, die zur Erzielung der gewünschten Wirkung bzw. zur Lösung der technischen Aufgabe, um die es in der Anmeldung geht, erforderlich sind (siehe z.B. T 32/82, Gründe 15; T 1180/14, Gründe 2.1.1).
2.3 Im vorliegenden Fall geht es primär um die zu lösende Aufgabe der Bereitstellung einer stabilen Raststellung bezüglich der Halterung und des Haltestücks. Die Kammer ist der Auffassung, dass durch den Anspruchswortlaut (siehe Merkmale 1.5 und 1.7) klar ausgedrückt wird, dass die Anziehungskraft der Magnete in der Raststellung höher sein muss als in der Position, in der die Halterung auf die Befestigungsplatte des Haltestücks gesetzt wird (Ansatz- oder Ausgangs-stellung). Daraus ergibt sich, dass die Polarität von Magneten, die nahe zueinander sind, in der Raststellung entgegengesetzt sein muss bzw. dass die Magnete mit ferromagnetischen Stücken auf der gegenüberliegenden Seite zusammenwirken. Ob sich die Magnete in der Raststellung genau gegenüberliegen oder sich nur nahe sind, ist dabei unerheblich. Eine höhere Anziehung in die entgegengerichtete Drehrichtung als in die beabsichtigte Richtung wird ebenfalls durch den Wortlaut von Merkmal 1.7 ausgeschlossen, nach dem die Magnete die Drehbewegung durch eine zunehmende magnetische Anziehung aus der Ausgangsstellung in die Raststellung hinein unterstützen. Merkmal 1.7 ist somit als funktionelles Merkmal anzusehen, welches beispielsweise in der in den Figuren 11 bis 13 der Anmeldung gezeigten Form realisiert werden kann, für welches sich jedoch der Fachperson auch weitere Ausführungsformen unmittelbar erschließen lassen. Auch im Hinblick auf die in der zugrunde liegenden Beschreibung angegebenen Vorgabe, dass sich die entsprechenden Magnete "auf demselben Radius um die Drehachse der Drehbewegung" befinden sollen, mit der die Halterung an dem Haltestück festlegbar ist (vgl. Seite 17, Zeilen 8-10), ist es nach Ansicht der Kammer nur erforderlich, dass die Magnete jeweils paarweise auf demselben Radius befestigt sind.
2.4 Auch hinsichtlich des Klarheitseinwands zu Anspruch 2 (siehe Punkt 18.3 der Entscheidung) schließt sich die Kammer der Argumentation der Beschwerdeführerin an. Das Merkmal dass, "sowohl in die Rückwand der Halterung als auch in die Befestigungsplatte des Haltestücks jeweils zwei Permanentmagnete, so eingesetzt sind, dass sie in der Raststellung jeweils einander gegenüberliegen" definiert eine konstruktive Gegebenheit und kein "zu erreichendes Ergebnis".
2.5 Anspruch 1 gemäß Hauptantrag enthält daher alle wesentlichen Merkmale der Erfindung. Der vorliegende Anspruchssatz erfüllt auch alle weiteren Anforderungen an die Klarheit der Ansprüche (Artikel 84 EPÜ).
2.6 Zurückverweisung - Artikel 111 (1) EPÜ
2.6.1 Die Prüfungsabteilung hat in einem als obiter dictum gekennzeichneten Absatz zusätzlich einen Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 des Hauptantrags vorgebracht. Die entsprechenden Einwände wurden jedoch weder in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung diskutiert noch wurde eine anfechtbare Entscheidung hierüber im Prüfungsverfahren getroffen.
2.6.2 Die Kammer verweist den Fall daher zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurück (Artikel 111 (1) EPÜ; Artikel 11 VOBK 2020).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.