European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2023:T173120.20230413 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 April 2023 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1731/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10192860.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A22C 11/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Skalierbare Maschine und Verfahren zu ihrem Betrieb | ||||||||
Name des Anmelders: | Albert Handtmann Maschinenfabrik GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | VEMAG Maschinenbau GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - zulässig (ja) Ausreichende Offenbarung - (ja) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass keiner der erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D4 US 2005/024 7026 A1
E1 US 5,398,597 A
E2 EP 1 621 944 A2
E3 DE 10 2008 026481 A1
E4 DE 42 29 731 A1
E5 EP 1 829 451 B1
E6 US 2007/0093921 A1
E8 DE 10 2004 049297 A1
E9 DE 10 2006 052048 A1
E14 EP 0 878 975 A2
E15 EP 1 196 838 B1
E25 US 7,666,071 B2
E37 Kai Borgeest, "Elektronik in der Fahrzeugtechnik", ATZ/MTZ-Fachbuch, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, 1. Auflage 2008, Seite 304 (Teil)
Die folgenden weiteren, mit der Beschwerdebegründung eingereichten Beweismittel werden in der vorliegenden Entscheidung behandelt:
E37a gesamtes Buch E37, Seiten 1-346
E38 DIN EN 60034-1 (VDE 0530-1)
III. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
IV. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung auf Basis eines der mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Hilfsanträge 1, 2a, 2b oder 3-10.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 13. April 2023 in Anwesenheit der beiden Parteien statt.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags (erteilte Fassung) hat den folgenden Wortlaut:
"Nahrungsmittelmaschine, insbesondere Füllmaschine (10) und/oder Abdrehlinie, zum Herstellen von Lebensmitteln, insbesondere von Wurst, mit einem oder mehreren Funktionsmodulen (1, 2, 3, 4, n) und einem oder mehreren Steuerabschnitten (11, 12, 13, 14, n) zum Ansteuern der entsprechenden Funktionsmodule (1, 2, 3, 4, n) gekennzeichnet durch mindestens eine Freischalteinrichtung (7) in Form eines durch einen Code aktivierbaren Freischaltmoduls, über die nach Eingabe einer Zugriffsberechtigung ein Leistungsbereich (a, b, c, d) aus mehreren möglichen Leistungsbereichen mindestens eines Funktionsmoduls freischaltbar ist."
VII. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Dokumente E37a und E38 seien zum Beschwerde-verfahren zuzulassen. Anspruch 1 enthalte eine unzulässige Änderung. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu gegenüber jedem der Dokumente D4, E1, E2, E3 und E4, und beruhe ausgehend von E5 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die in den Ansprüchen 3, 5, 8 und 9 definierte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
VIII. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Dokumente E37a und E38 seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. Anspruch 1 enthalte eine zulässige Änderung. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu und beruhe gegenüber dem angezogenen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit. Auch sei die Erfindung über alle Ansprüche hinweg ausführbar.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft eine Nahrungsmittelmaschine, z.B. eine Füllmaschine für Würste. Diese Maschine besitzt mindestens ein Funktionsmodul, mindestens einen Steuerabschnitt zum Ansteuern des entsprechenden Funktionsmoduls, und mindestens eine Freischalt-einrichtung. Die Freischalteinrichtung ist als Freischaltmodul ausgebildet, das durch einen Code aktivierbar ist. Nach Eingabe einer Zugriffs-berechtigung ist über die Freischalteinrichtung ein Leistungsbereich aus mehreren möglichen Leistungsbereichen des Funktionsmoduls freischaltbar. Auf diese Weise lässt sich z.B. die Leistung eines Förderwerks auf 25%, 50% oder 75% der maximal möglichen Leistung begrenzen. Dadurch wird eine skalierbare - also in ihrer Leistung expandierbare - Maschine geschaffen, siehe Absatz 0010 der Patentschrift.
Ein Verfahren zum Betreiben einer Nahrungsmittel-maschine wird ebenfalls beansprucht.
3. Änderungen
Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet den von der Patentinhaberin unterstützten Befund der angefochtenen Entscheidung, siehe deren Absatz 4, zur Zulässigkeit von Änderungen in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 8.
3.1 Anspruch 1 basiert auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 und enthält das zusätzliche Merkmal "[Freischalteinrichtung] in Form eines durch einen Code aktivierbaren Freischaltmoduls". Gegen dieses Merkmal erhebt die Beschwerdeführerin den Einwand, dass es nicht dem allgemeinen Teil der Beschreibung, sondern dem spezifischen Ausführungsbeispiel in Absatz 0026 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen entnommen sei. Das Merkmal sei untrennbar mit dem weiteren Merkmal "das Freischaltmodul weist eine Eingabeeinrichtung auf, über die ein Code eingegeben werden kann" verbunden, so dass es gegenüber diesem Ausführungsbeispiel auf unzulässige Weise zwischen-verallgemeinert sei.
3.2 Die Anmeldung betrifft die Freischaltung eines vorher nicht verfügbaren Leistungsbereichs durch eine Freischalteinrichtung nach Eingabe eines entsprechenden Codes. Dazu ist laut Absatz 0026 der Anmeldung die Freischalteinrichtung als durch einen Code aktivierbares Freischaltmodul ausgebildet, und die Eingabe des Codes erfolgt über eine Eingabetastatur oder über eine einsteckbare Chipkarte, über ein einführbares Speichermedium, über eine Online-Fernaktivierung oder über einen optischen Sensor (Spalte 7, Zeilen 14 bis 22 der Anmeldung). Nach fester Überzeugung der Kammer bedingt die in Absatz 0026 genannte Aktivierung des Freischaltmoduls durch einen Code, dass der Code in das Freischaltmodul gelangt und dort auf seine Richtigkeit hin überprüft wird, z.B. durch Abgleich mit einem im Freischaltmodul hinterlegten Schlüssel. Dazu muss der Code dem Freischaltmodul auf irgendeine Weise von außen zugeführt, ihm also eingegeben werden können. Mithin ist eine Eingabeeinrichtung implizit im Merkmal "[Freischalteinrichtung] in Form eines durch einen Code aktivierbaren Freischaltmoduls" enthalten, so dass trotz der nicht im geänderten Anspruch genannten Eingabeeinrichtung keine unzulässige Zwischen-verallgemeinerung der in Absatz 0026 der Anmeldung enthaltenen Lehre geschaffen wird.
3.3 Das Gegenargument der Beschwerdeführerin, wonach bei der Fernaktivierung keine Eingabeeinrichtung verwendet werde, da z.B. eine USB-Schnittstelle den Code nur übermittle, überzeugt die Kammer nicht. Die Funktion einer Eingabeeinrichtung für den Code liegt darin, dem Freischaltmodul den Code zuzuführen. Bei diesem Begriffsverständnis bewirkt auch eine solche USB-Schnittstelle, dass der Code von außen in das Freischaltmodul gelangt, dem Freischaltmodul also zugeführt wird. Die Schnittstelle fungiert daher implizit als Eingabeeinrichtung für die Zufuhr des Codes in das Freischaltmodul.
3.4 Die Beschwerdeführerin erhebt auch gegen den unabhängigen Verfahrensanspruch 8 den Einwand einer unzulässigen Änderung. Dieser Anspruch betrifft wegen seines Rückbezugs unter anderem auf Anspruch 1 ("zum Betreiben einer Nahrungsmittelmaschine nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7") zwingend ein Verfahren zum Betreiben einer solchen Nahrungsmittelmaschine. Anspruch 8 beruht auf dem ursprünglich eingereichten Verfahrensanspruch 8, der von einem der ursprünglich eingereichten Vorrichtungsansprüche 1-7 abhängig war. Da die Kammer bereits zum Ergebnis gelangt ist, dass das Merkmal "[Freischalteinrichtung] in Form eines durch einen Code aktivierbaren Freischaltmoduls" auf zulässige Weise in Anspruch 1 aufgenommen wurde, gilt dieser Befund wegen des Rückbezugs auch für den unabhängigen Verfahrensanspruch 8.
3.5 Aus diesen Gründen stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, Artikel 100(b) i.V.m. 123 (2) EPÜ.
4. Ausreichende Offenbarung
Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet den von der Patentinhaberin unterstützten Befund der angefochtenen Entscheidung, siehe deren Absatz 3.2, zur ausreichenden Offenbarung der Erfindung.
4.1 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist die in den Ansprüchen 3, 5, 8 und 9 definierte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Dabei vertritt die Beschwerde-führerin insbesondere in ihrer Erwiderung vom 13. März 2023 die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Beweislast für die ausreichende Offenbarung der Erfindung bei der Patentinhaberin oder gar der Beschwerdekammer liege. Das ist falsch. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern setzt ein erfolgreicher Einwand unzureichender Offenbarung ernsthafte und durch nachprüfbare Tatsachen erhärtete Zweifel voraus. Zudem liegt die Beweislast für die Feststellung einer unzureichenden Offenbarung zunächst beim Einsprechenden, der nachweisen muss, dass nach Abwägen der Wahrscheinlichkeit ein fachkundiger Leser des Patents anhand seines allgemeinen Fachwissens nicht in der Lage wäre, die Erfindung auszuführen. Hat der Einsprechende seiner Beweislast genügt, so trägt der Patentinhaber, der die so überzeugend belegten Tatsachen durch Gegenargumente zu entkräften versucht, für diese die Beweislast (RdBK, 10. Auflage 2022, II.C.9).
4.2 Die Kammer muss daher nun prüfen, ob im Hinblick auf die Beweislast der Einsprechenden die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände glaubhaft machen, dass das allgemeine Fachwissen es der Fachperson nicht ermöglichen würde, die angegriffenen Merkmale in die Praxis umzusetzen.
4.2.1 Die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach die technische Bedeutung der Begriffe ,,Leistung" und ,,Leistungsbereich" im Streitpatent unklar und nicht ausreichend offenbart sei, wird von der Kammer nicht geteilt. Absatz 0012 der Patentschrift stellt einen Zusammenhang zwischen einer Leistungserhöhung und einem Großauftrag bzw. einer Erhöhung der Produktions-kapazität her. Absatz 0018 definiert die maximal mögliche Leistung als maximal mögliche Auslastung, und Absatz 0028 gibt die Leistung als Volumenstrom an. Im Lichte dieser Passagen der Patentschrift versteht die Fachperson nach Auffassung der Kammer unter Leistung eine die Produktionskapazität oder -auslastung bestimmende Eigenschaft der Nahrungsmittelmaschine, also die Menge pro Zeiteinheit oder den Volumenstrom der hergestellten Nahrungsmittel. Folglich betrifft der in Anspruch 5 genannte erhöhte Leistungsbereich eine größere Menge bzw. einen größeren Volumenstrom.
4.2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die Ansprüche 3 und 5 der Fachperson eine technische Lehre vermitteln, wie eine Nahrungsmittelmaschine strukturell auszugestalten ist, um für die beschriebenen Aufgaben bzw. Verfahrensschritte geeignet zu sein, bzw. wie die Steuerabschnitte oder die Freischalteinrichtung zur Erfüllung der formulierten Aufgabe ausgelegt sein müssen. Da die Beschwerdeführerin keine Gründe genannt hat, warum diese Ansprüche keine technische Lehre vermitteln würden, ist die Kammer bereits im Hinblick auf die Beweislast der Einsprechenden nicht von diesem Argument überzeugt.Dessen ungeachtet geht aus den beiden Ansprüchen die technische Lehre hervor, dass die Maschine Speichermittel aufweist, dass Einstellmittel zum Einstellen von Leistungsbereichen vorhanden sind, dass die Maschine Übermittlungsmittel zum Auslesen der Leistungsbereich aus dem Speicher und zum Übermitteln an den oder die Steuerabschnitte aufweist, und dass Mittel zum Verringern der gespeicherten Werte im Falle einer Begrenzung der Leistung vorhanden sind. Mangels Gegenbeweis durch die Beschwerdeführerin ist die Kammer davon überzeugt, dass die Fachperson anhand ihres Fachwissens die Nahrungsmittelmaschine mit derartigen Mitteln ausstatten kann. Den Speicher laut Anspruch 3 wird sie dabei durch eine Datenverbindung mit der Nahrungsmittelmaschine verbinden, und die stufenlose Ausgestaltung der Leistungsbereiche bzw. die Übermittlung während des Freischaltprozesses laut Anspruch 3 oder die Anpassung eines anderen Funktionsmoduls laut Anspruch 5 durch geeignete hard- oder softwareseitige Anpassungen des/der Steuerabschnitte der Nahrungsmittelmaschine erreichen.
4.2.3 Auch die Einwände gegen die Ansprüche 8 und 9 überzeugen die Kammer nicht. So sei in Anspruch 8 unklar, was unter "Prozessparameter" zu verstehen ist. Zudem seien die Merkmale des Anspruchs 9, wonach genutzte Funktionsmodule und/oder Leistungsbereiche erfassbar und abrechenbar sein sollen, nicht in ausführbarer Weise in der Patentschrift erläutert. Nach Auffassung der Kammer sind Prozessparameter im Sinne von Anspruch 8 jegliche an der Nahrungsmittelmaschine einstellbaren Werte, die den Prozess der Nahrungsmittelherstellung beeinflussen. Zur Erfassung und Abrechnung laut Anspruch 9 wird der Fachmann eine auslesbare Datenschnittstelle in der Nahrungsmittel-maschine vorsehen, über die zumindest die produzierte Nahrungsmittelmenge und die dazu nötige Betriebszeit der Maschine ausgegeben werden können, so dass diese dann entsprechend geläufigen Verrechnungsgrundsätzen abgerechnet werden können.
4.3 Aus diesen Gründen offenbart die Patentschrift die in den Ansprüchen 3, 5, 8 und 9 des Hauptantrags definierte Erfindung so deutlich und vollständig, dass eine Fachperson sie ausführen kann, Artikel 100(b) i.V.m. Artikel 83 EPÜ.
4.3.1 Der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, wonach die Bedeutung der Begriffe ,,Leistung", ,,Leistungsbereich", "erhöhter Leistungsbereich" und "Prozessparameter" unklar sei, betrifft die Klarheit der Ansprüche. Diese ist jedoch im vorliegenden Fall nach G3/14 für die erteilten Ansprüche nicht zu prüfen.
5. Neuheit
Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet den Befund der angegriffenen Entscheidung, wonach der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente D4 und E1-E4 ist.
5.1 Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Patent mit der Bereitschaft auszulegen, es zu verstehen, und nicht mit dem Willen, es misszuverstehen, siehe RdBK, II.A.6.1. Die Kammer ist der festen Überzeugung, dass bei einer am Verständnis orientierten Auslegung von Anspruch 1, also anders als die Beschwerdeführerin den Anspruch auslegt, die kennzeichnenden Merkmale 1.4.1 ("mindestens eine Freischalteinrichtung in Form eines durch einen Code aktivierbaren Freischaltmoduls") und 1.4.2 ("über die nach Eingabe einer Zugriffs-berechtigung ein Leistungsbereich aus mehreren möglichen Leistungsbereichen mindestens eines Funktionsmoduls freischaltbar ist") strukturelle Beschränkungen der Nahrungsmittelmaschine betreffen. Demnach muss die Steuerung - in der Diktion der Ansprüche ein "Steuerabschnitt" - im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin, siehe den letzten Absatz auf Seite 3 ihres Schreibens vom 13. März 2023, hard- oder softwareseitig dazu ausgestaltet sein, die Eingabe der Zugriffsberechtigung in Form eines Codes über das Freischaltmodul zu erlauben. Zudem muss sie dazu ausgestaltet sein, abhängig von der korrekten Eingabe des Codes die Freischaltung von Leistungs-bereichen durchzuführen.
5.2 Die Kammer muss darum nun untersuchen, was unter einem anspruchsgemäßen Leistungsbereich bzw. unter der Freischaltung von Leistungsbereichen zu verstehen ist.
5.2.1 In Absatz 4.2.1 dieser Entscheidung ist die Kammer bereits zu dem Ergebnis gelangt, dass Leistung eine die Produktionskapazität oder -auslastung bestimmende Eigenschaft der Nahrungsmittelmaschine betrifft, also die Menge pro Zeiteinheit oder den Volumenstrom der hergestellten Nahrungsmittel. Einen Leistungsbereich versteht die Kammer im üblichen Sinne als begrenzten Wertebereich für die Stückzahl oder den Volumenstrom.
5.2.2 Freischalten bedeutet laut Duden "(eine vom Betreiber eingerichtete Sperre aufheben und einen Dienst o. Ä.) zur Nutzung freigeben". Im Lichte dieser Definition bewirkt eine Freischaltung, dass eine bestehende Nutzungsmöglichkeit (hier ein Funktionsmodul der Nahrungsmittelmaschine in einem bestimmten Leistungsbereich zu betreiben, der zuerst nicht verfügbar war) durch die Freischaltung zur Verfügung gestellt wird. Dies muss laut Merkmal 1.4.1 durch die Eingabe des Code erlaubt werden. Zudem verlangt das Merkmal 1.4.2, dass die Steuerung hard- oder softwareseitig dazu ausgestaltet sein muss, mindestens zwei unterschiedliche Leistungsbereiche des Funktionsmoduls bzw. der Module anzusteuern, von denen ein vorher nicht verfügbarer durch die Freischaltung verfügbar wird.
Die Kammer muss darum im Lichte dieser Auslegung untersuchen, ob eines der Dokumente D4 oder E1-E4 bei dieser Auslegung alle Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags offenbart.
5.3 Das Dokument D4 offenbart eine Verpackungsmaschine für Schinken, Fleischkäse oder Geflügel. Laut den Absätzen 0018 und 0130 der D4 kann ein Bediener mittels eines Computerprogramms die linke oder rechte Verschluß-einheit der Maschine anwählen ("computer readable program code that allows a set-up operator to select left hand or right hand clipping mechanism"). Darin vermag die Kammer weder die Eingabe einer Zugriffsberechtigung noch ein Freischalten von Leistungsbereichen dieser Einheiten, und somit auch keine dazu ausgebildete Freischalteinrichtung zu erkennen. Das Computerprogramm, das die Auswahl durch den Bediener ermöglicht, wird der Fachmann nicht als Zugriffsberechtigung im üblichen Sinne, auch nicht in Form eines Aktivierungscodes (Merkmal 1.4.1) betrachten. Diesen muss er auch nicht zielgerichtet für die Freischaltung eingeben. Zudem werden die linke bzw. rechte Verschlußeinheit durch ihre Auswahl zwar ein- oder ausgeschaltet, nicht aber freigeschaltet in obigem Sinne, siehe die Auslegung in Absatz 5.2 dieser Entscheidung.
5.4 Das Dokument E1 offenbart ein Kochgerät in Form einer Friteuse mit unterschiedlichen Bedienebenen, die nach Eingabe eines Tastencodes zugänglich sind, siehe Spalte 6, Zeilen 1-4 des Dokuments. Auf diese Weise kann eine Bedienperson unbestritten eine schnellere Aufheizzeit der Friteuse wählen, siehe Spalte 2, Zeile 28, oder die Frittierzeit einstellen, siehe Spalte 14, Zeilen 18-38. Das Dokument lässt jedoch offen, welchen Zweck diese Einstellung hat. Die Kammer sieht daher die Eingabe der Aufheiz- oder Frittierzeit bloß als Eingabe von Prozessparametern an. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin führt eine schnellere Aufheizzeit oder eine kürzere Frittierzeit auch nicht automatisch zu einem höheren Produktdurchsatz, da das zu frittierende Produkt lediglich schneller zubereitet wird. Ob tatsächlich mehr Produkte pro Zeiteinheit hergestellt werden, hängt beispielsweise von der Nachfrage ab; bei einem leeren Restaurant wird wohl die Friteuse auch bei Wahl einer kürzeren Frittierzeit nicht kontinuierlich betrieben werden. Ein Betrieb der Friteuse in einem von mehreren Leistungsbereichen wird daher durch die Eingabe der Aufheiz- oder der Frittierzeit nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
5.5 Das Dokument E2 offenbart ein industrielles Automatisierungssystem mit einem angesteuerten Motor (Absatz 0022) als Teil eines nicht weiter definierten Industrieprozesses. Das System umfasst ein Authentifizierungsgerät, das den Benutzer berechtigt z.B. durch Eingabe eines Codes, auf Daten zu- und in den Betrieb des Industrieprozesses einzugreifen, Absatz 0025, Figur 3. Das System sieht verschiedene Nutzergruppen mit unterschiedlichen Zugriffsrechten vor, darunter für Betriebsmodi des Gerätes, z.B einen Motorantrieb, Absätze 0041 und 0062, Anspruch 2. Die Kammer kann dem Dokument nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass damit unterschiedliche Leistungsbereich gemeint sind. Hieran vermag das zusätzlich herangezogene Dokument E38 - ungeachtet dessen bestrittener Zulassung zum Beschwerdeverfahren - nichts zu ändern, da diese DIN-Norm nicht die Betriebsmodi des System der E2 beschreibt. Zudem umfassen von den zehn in der DIN-Norm genannten Betriebsarten S1-S10 zumindest der Dauerbetrieb S1, der Kurzzeitbetrieb S2, der periodische Aussetzbetrieb S3 und der ununterbrochene periodische Betrieb S6 nur einen einzigen Leistungsbereich (E38, Absätze 3.10 und 4.2).
5.6 Das Dokument E3 offenbart einen Heißluftdämpfer mit einstellbaren Garparametern wie Vorheizzeit, Vorheiztemperatur, Mindestgartemperatur und Kerntemperatur (Absätze 0028 und 0031), wobei eine individualisierte Bedienung durch eine Benutzer-erkennung ermöglicht wird. Der Benutzer wird zwar durch Eingabe eines Codes berechtigt (Zusammenfassung, Absätze 0015, 0031), auf die Garparameter oder Garprogramme zuzugreifen und diese zu ändern. Die Kammer sieht das jedoch - wie bereits beim Dokument E1 - als bloße Eingabe von Prozessparametern an. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin führt eine höhere Mindestgartemperatur nicht automatisch zu einem höheren Produktdurchsatz, da das aufzuwärmende Produkt lediglich heißer zubereitet wird. Ob tatsächlich mehr Produkte pro Zeiteinheit hergestellt werden, hängt erneut beispielsweise davon ab, ob der Heißluftdämpfer kontinuierlich betrieben wird. Ein Betrieb des Heißluftdämpfers in einem von mehreren Leistungsbereichen wird daher durch die Eingabe der oben genannten Garparameter nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
5.7 Das Dokument E4 offenbart einen Herd oder Ofen mit einer kindergesicherten Bedieneinheit, wobei nach Code-eingabe die Bedienung freigegeben wird, und z.B. die Leistungsstufe der Mikrowelle mit einem Drehregler verändert werden kann (Spalte 2, Zeilen 37-39 i.V.m. Spalte 3, Zeilen 23-32). Jedoch ist vor der Eingabe des Codes überhaupt keine Einstellung möglich - das ist das Grundprinzip einer Kindersicherung -, während nach der Eingabe des Codes eine beliebige Leistung einstellbar ist. Somit wird in E4 durch die Eingabe des Codes überhaupt erst die Bedienung freigegeben, und nicht einer aus mehreren Leistungsbereichen, die jeweils nur eine - auf die Leistung bezogen - begrenzte Bedienung erlauben.
5.8 Aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente D4 und E1 bis E4, Artikel 100(a) i.V.m. 54 EPÜ. Dieser Befund gilt für den unabhängigen Verfahrensanspruch 8 wegen des darin enthaltenen Rückbezugs auf die Nahrungsmaschine nach Anspruch 1 mutatis mutandis.
6. Erfinderische Tätigkeit
Die angefochtene Entscheidung bejahte die erfinderische Tätigkeit des Hauptantrags ausgehend vom Dokument E5, siehe Absatz 5.5.2 der Entscheidung. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet diesen von der Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin unterstützten Befund der Entscheidung.
6.1 Auch die Kammer hält das Dokument E5 für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt, da es eine Füllmaschine zum Abfüllen von Wurstbrät mit einem Förderwerk 14 offenbart, dessen Drehzahl oder Förderleistung über eine Steuereinrichtung 18 gesteuert wird. Wegen der Wahl unterschiedlicher Parameter, siehe Absatz 0021 des Dokuments, weist die Füllmaschine implizit eine Tastatur auf.
6.2 Aus den in Abschnitt 5.1 dieser Entscheidung genannten Gründen sieht die Kammer die kennzeichnenden Merkmale von Anspruch 1 als strukturelle Beschränkungen der Nahrungsmittelmaschine an. Die E5 enthält unbestritten keinen Hinweis auf eine Aktivierung der Steuerung mittels Eingabe eines Codes oder auf die Freischaltung von Leistungsbereichen. Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung formulierte Aufgabe "eine Nahrungsmittelmaschine mit erhöhter Sicherheit gegen unbefugten Zugriff zur Freischaltung von Steuerungs-funktionen, wie der Freigabe von Leistungsbereichen schaffen" (Seite 41 der Beschwerdebegründung) enthält wegen des Verweises auf Leistungsbereiche bereits Lösungsbestandteile. Stattdessen sieht die Kammer die objektive technische Aufgabe darin, eine skalierbare - also in ihrer Leistung expandierbare - Maschine bereitzustellen, vergleiche Absatz 0010 der Patentschrift.
6.3 Für das mit E5 kombinierte vermeintlich allgemeine Fachwissen beruft sich die Beschwerdeführerin auf das Dokument E37. Dieses Dokument betrifft unbestritten das Tuning von Kraftfahrzeugmotoren, siehe die Titelzeile "Selbstbau und Tuning" auf Seite 304 des Dokuments. Laut E37 wird ein Motor in verschiedenen Leistungs-klassen angeboten, und "im Extremfall handelt es sich um exakt gleiche Motoren, für die lediglich in der Software unterschiedliche Datensätze hinterlegt wird (sic). Gegen Aufpreis bekommt der Käufer dann den ,,besseren" Datensatz", siehe den ersten Absatz auf Seite 304.
6.4 Die von E5 ausgehende Fachperson auf dem Gebiet der Nahrungsmittelmaschinen könnte theoretisch anhand der in E37 genannten softwareseitigen Leistungssteigerung den Antriebsmotor der Maschine derart dimensionieren, dass er in unterschiedlichen Leistungsklassen angeboten werden kann. Die Kammer ist jedoch aus den folgenden Gründen nicht davon überzeugt, dass die Fachperson so verfahren würde:
6.4.1 Vom Fachmann kann nach ständiger Rechtsprechung erwartet werden, dass er sich auf Nachbargebieten nach Anregungen umsieht, wenn sich dort die gleichen oder ähnliche Probleme stellen. Vom Fachmann kann zudem erwartet werden, dass er sich auf einem allgemeinen technischen Gebiet nach Anregungen umsieht, wenn ihm solche Gebiete geläufig sind, siehe RdBK, I.D.8.1.1.
Keiner dieser Umstände trifft nach Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall zu.
6.4.2 Von der Beschwerdeführerin wurde nicht vorgetragen, dass Kraftfahrzeugmotoren in Bezug auf Nahrungsmittelmaschinen ein benachbartes technisches Gebiet betreffen. Das ist auch aus Sicht der Kammer wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Motoren nicht der Fall, da Nahrungsmittelmaschinen unbestritten von elektrischen oder pneumatischen Motoren angetrieben werden, während es sich bei den in E37 beschriebenen Fahrzeugmotoren um Verbrennungsmotoren handelt, siehe den Begriff "Zylinder" im zweiten Absatz der Seite 304.
6.4.3 Die Kammer versteht das Argument der Beschwerde-führerin, wonach die Fachperson im Alltag mit einem Kraftfahrzeug unterwegs ist, als Verweis auf ein allgemeines, übergeordnetes technisches Gebiet. Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung die Lösungen allgemeiner technischer Aufgaben auf allgemeinen Gebieten als Teil des technischen Allgemeinwissens anzusehen, siehe RdBK, I.D.8.2. Jedoch ist nach Ansicht der Kammer ein einziges Fachbuch im engen Fachgebiet der Fahrzeugelektronik wie die E37 (siehe den Titel laut Seite 1 der E37a) nicht dazu geeignet, als Beleg dafür zu dienen, dass die Reduzierung der Variantenvielfalt von Verbrennungsmotoren durch Nutzung desselben Motors mit unterschiedlichen Datensätzen eine allgemeine Lösung einer allgemeinen technischen Aufgabe darstellen. Die Kammer fügt hinzu, dass eine Fachperson, die in ihrem Alltag ein bestimmtes Gerät wie ein Kraftfahrzeug verwendet, dadurch nicht über umfassende Kenntnisse auf diesem Bereich verfügt. Ihre Kenntnisse sind die eines Durchschnittbenutzers von Kraftfahrzeugen: sie ist somit mit der allgemeinen Wirkungsweise und dem Aufbau vertraut, nicht aber mit Herstellungs- oder Vermarktungsaspekten wie der Variantenbildung der darin verwendeten Verbrennungs-motoren. Die von E37 gelehrte Reduzierung der Variantenvielfalt von Verbrennungsmotoren durch Nutzung desselben Motors mit unterschiedlichen Datensätzen gehört aus Sicht der Kammer auch nicht zur allgemeinen Wirkungsweise oder zum Aufbau eines Kraftfahrzeugs, sonder betrifft einen solchen Sonderaspekt, von welchem der Durchschnittsbenutzer keine Kenntnis haben wird. Ein allgemeines Fachwissen auf dem Gebiet von elektrisch angetriebenen Produktionsmaschinen, beispielsweise ein Fachbuch, das den oben genannten Aspekt der Reduzierung der Variantenvielfalt von Antrieben oder Maschinen in einer Art und Weise dargestellt hätte, daß es dem Fachmann eine Übertragung auf andere technische Gebiete nahelegen würde, ist nicht vorgelegt worden.
6.4.4 Deswegen führt auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Entscheidungen T560/89, T176/84 und T195/84 zu keinem anderen Ergebnis:
Die Entscheidung T175/84 war zu dem Ergebnis gelangt, dass es einem Fachmann ohne weiteres zuzumuten ist, bei Bedarf auch auf benachbarten Fachgebieten oder in einem allgemeinen technischen Gebiet nach einer Lösung zu suchen. Die Kammer hat in den Absätzen 6.4.1 und 6.4.2 dieser Entscheidung bereits dargelegt, warum E37 weder ein benachbartes noch ein übergeordnetes allgemeines technisches Gebiet betrifft.
Die Entscheidung T195/84 war zu dem Ergebnis gelangt, dass auch der Stand der Technik heranzuziehen sei, der sich auf nichtspezifischen (allgemeinen) Gebieten mit der Lösung allgemeiner technischer Aufgaben befasst, die die Anmeldung auf ihrem speziellen Gebiet lösen will. Diese Entscheidung ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da E37 als Fachbuch zur Fahrzeugelektronik eindeutig auf ein technisches Gebiet bezogen ist, so dass es sich gerade nicht um ein Dokument auf einem nichtspezifischen Gebiet handelt.
Der Verweis auf die Entscheidung T 560/89 verkürzt die Argumentation in der genannten Entscheidung. Dort war dem Fachmann auf dem Spezialgebiet der Acethylengas-speicherbehälter genau wie der breiten Öffentlichkeit das Problem der gesundheitlichen Gefährdung durch Asbestfasern bekannt, so dass dieser Fachmann auch nach Lösungen auf dem entfernten Gebiet der Bauindustrie suchte. Für ein Naheliegen der Lösung verlangte die Kammer in jener Sache, dass der Fachmann durch die Verwandtschaft der verwendeten Materialien und durch eine Diskussion in der breiten Öffentlichkeit über das sich auf beiden Gebieten stellende technische Problem zu dieser Suche veranlasst werden müsse. Die Kammer ist sich keiner Diskussion in der breiten Öffentlichkeit über die Variantenvielfalt von Nahrungsmittelmaschinen bewusst, und das wurde auch nicht von der Beschwerde-führerin belegt.
Daher überzeugt auch der Verweis auf die genannten drei Entscheidung die Kammer nicht davon, dass die von E5 ausgehende Fachperson für eine Lösung das Gebiet der Fahrzeugelektronik zu Rate ziehen würde.
6.5 In einer alternativen Argumentationslinie vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die Fachperson ausgehend von E5 auch in Kombination mit dem durch eines der Dokumente E6, E8, E9, E14, E15 oder E25 belegten Fachwissen, oder direkt in Kombination mit E6 zu einer Nahrungsmittelmaschine mit allen Merkmalen von Anspruch 1 gelangen würde, siehe Absätze 6.2.2 und 6.3 der Beschwerdebegründung.Zu diesen Dokumenten-kombinationen hat die Kammer bereits in den Abschnitten 5.3.1 bis 5.3.3 ihrer Mitteilung die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"5.3.1 Das Dokument E6 offenbart zwar die Eingabe eines Codes zur Zugriffsberechtigung, siehe Absatz 0057, aber keine freischaltbaren oder vordefinierten Leistungsbereiche des Antriebs.
5.3.2 Die Dokumente E8, E9, E37 und E37a (ungeachtet dessen bestrittener Zulassung zum Beschwerdeverfahren) betreffen die Aktivierung von Funktionen eines Kraftfahrzeugs. Das Dokument E14 betrifft ein Firmenkommunikationsnetz oder ein Mobilfunksystem. Nach der vorläufigen Auffassung der Kammer betreffen Steuerungen für Kraftfahrzeuge oder Kommunikationsnetze weder dasselbe noch ein benachbartes technisches Gebiet für Wurstfüllmaschinen gemäß E5. Aufgrund der Spezialisierung auf die Steuerung von Kraftfahrzeugen bzw. Kommunikationsnetzen kann die Kammer auch nicht erkennen, dass diese Dokumente das übergeordnete technische Gebiet der (allgemeinen) Steuerungstechnik betreffen. Mithin scheint ein Fachmann diese Dokumente nur bei einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungs-weise zur Weiterbildung der E5 heranzuziehen.
5.3.3 Die angefochtene Entscheidung geht nicht auf die Dokumente E15 oder E25 ein, siehe Punkt 5.2.2 der Entscheidungsgründe. Daher betrifft dieser Teil der Beschwerdebegründung eine Änderung im Sinne von Artikel 12(4) VOBK 2020, deren Zulassung zum Beschwerde-verfahren im Ermessen der Kammer steht. Da die Beschwerdeführerin keine Passagen in diesen Dokumenten identifiziert hat, und auch nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, welchen Relevanz diese Druckschriften in diesem Zusammenhang zur Frage der erfinderischen Tätigkeit haben, ist die Kammer geneigt, diesen Vortrag aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen."
Die Beschwerdeführerin hat zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen.
6.6 Daher führt aus Sicht der Kammer eine Kombination von E5 mit dem durch eines der Dokumente E6, E8, E9, E14, oder E37 belegten Fachwissen, oder direkt in Kombination mit E6 die Fachperson nicht auf naheliegende Weise dazu, die aus E5 bekannte Steuerung mittels Eingabe eines Codes zu aktivieren, oder die Freischaltung von vordefinierten Leistungsbereichen zu ermöglichen. Mithin wird durch diese Dokumenten-kombinationen - ungeachtet der bestrittenen Zulassung der E37a zum Beschwerdeverfahren, siehe oben - der Gegenstand von Anspruch 1 nicht nahegelegt, so dass er gegenüber dem angezogenen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruht, Artikel 100(a) i.V.m. 56 EPÜ. Dieser Befund gilt für den unabhängigen Verfahrensanspruch 8 wegen des darin enthaltenen Rückbezugs auf die Nahrungsmaschine nach Anspruch 1 mutatis mutandis.
7. Die Kammer bestätigt aus den obengenannten Gründen die Befunde der angegriffenen Entscheidung zu den Änderungen, zur ausreichenden Offenbarung der Erfindung, Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.
Die Beschwerde bleibt somit ohne Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.