T 1508/20 () of 14.11.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T150820.20231114
Datum der Entscheidung: 14 November 2023
Aktenzeichen: T 1508/20
Anmeldenummer: 14176002.5
IPC-Klasse: C11B 9/00
A61Q 13/00
A61L 9/01
C11D 3/50
A61L 2/00
A61L 9/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Isomerenmischungen von ungesättigten makrocyclischen Moschusverbindungen
Name des Anmelders: Symrise AG
Name des Einsprechenden: FIRMENICH SA
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 54
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsantrag 1 - Neuheit - (nein)
Hilfsanträge 2 bis 5 - Änderungen - zulässig (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. EP 2 966 158 unter Artikel 101(3) a) EPÜ in geänderter Form aufrechtzuerhalten.

II. Im Einspruchsverfahren wurde das Patent auf der Grundlage von Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), von Artikel 100 b) wegen mangelnder Ausführbarkeit sowie von Artikel 100 c) wegen unzulässiger Änderungen angegriffen.

III. Die Einspruchsabteilung kam in ihrer Entscheidung zu folgendem Ergebnis:

a) Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Hauptantrags (erteiltes Patent) entgegen, da die Ansprüche 6 und 7 unzulässig geändert wurden.

b) Die ihr vorliegenden Hilfsanträge 1, 3 bis 8, 10 sowie 13 bis 17 erfüllen nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

c) Anspruch 1 des ihr vorliegenden Hilfsantrags 2 ist nicht neu gegenüber der Offenbarung de Dokuments D2 (Artikel 54 EPÜ).

d) Der ihr vorliegende Hilfsantrag 9 erfüllt die Erfordernisse der Artikel 83, 123(2) und (3), sowie 54 und 56 EPÜ.

Außerdem hat die Einspruchsabteilung die ihr vorliegenden Hilfsanträge 3 bis 7 sowie 13 bis 17, sowie Dokumente D18 und D19 ins Verfahren zugelassen.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) begründet ihre Beschwerde damit, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung dahingehend fehlerhaft sei, den Hauptantrag (das erteilte Patent) als unzulässig geändert anzusehen. Dies gelte auch für die Hilfsanträge 1, 3, 4 sowie 6 und 7 des Einspruchsverfahrens. Auch sei der Gegenstand der genannten Anträge neu gegenüber der Offenbarung der Dokumente D1 und D2 und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK informierte die Kammer die Parteien über ihre vorläufige Auffassung der Rechts- und Sachlage.

VI. Am 14. November 2023 fand eine mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

VII. Im Verfahren wurde unter anderem auf die folgenden Dokumente verwiesen:

D1: A. Fürstner et al., J. Org. Chem. 1996,

61, 3942-3943

D18: ALFA Chemistry, Produktinformation "Globalide"

eingereicht am 2. Juli 2019

D19: TGSC Information System, "Fragrance Demo

Formulas", eingereicht am 2. Juli 2019

D20: ventos, Specification sheet, "Globalide Symrise"

Version 7,00, Version Date 24. Juli 2007

D21: ECHA Registrierungsinformation "A mixture of:

(E)-oxacyclohexadec-12-en-2-one; (E)-

oxacyclohexadec-13-en-2-one; a) (Z)-

oxacyclohexadec-12-en-2-one and b) (Z)-

oxacyclohexadec-13-en-2-one",

zuletzt geändert am 26. Mai 2020

VIII. Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags (Patent in der erteilten Form) hat den folgenden Wortlaut:

"1. Mischung, enthaltend oder bestehend aus einer ersten Verbindung (E) und einer zweiten Verbindung (Z), wobei die Verbindungen (E) und (Z) Verbindungen der Formel (I) mit identischer Konstitutionsformel sind

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei gilt, dass eine der vier gewellten Linien eine Doppelbindung bedeutet und die übrigen gewellten Linien jeweils eine Einfachbindung bedeuten und X ausgewählt ist aus -O-, -CH2- und -O-CH2-,

und die erste Verbindung (E) trans-konfiguriert und die zweite Verbindung (Z) cis-konfiguriert ist, wobei das Gewichtsverhältnis von der Verbindung (E) zu der Verbindung (Z) in der Mischung im Bereich von 10 : 90 bis 65 : 30, vorzugsweise bis 65 : 35, besonders bevorzugt bis 60 : 40, liegt,

wobei die Mischung eine oder mehrere Verbindungen ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Oxacyclohexadecen-2-on und 17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on, insbesondere (9Z)-17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on, umfasst."

IX. Hilfsantrag 1 ist identisch mit Hilfsantrag 1 der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags wurden sind durch Unterstreichen und [deleted: Durchstreichen] hervorgehoben):

"1. Mischung, enthaltend oder bestehend aus einer ersten Verbindung (E) und einer zweiten Verbindung (Z), wobei die Verbindungen (E) und (Z) Verbindungen der Formel (I) mit identischer Konstitutionsformel sind

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei gilt, dass eine der vier gewellten Linien eine Doppelbindung bedeutet und die übrigen gewellten Linien jeweils eine Einfachbindung bedeuten und X ausgewählt ist aus -O-, -CH2- und -O-CH2-,

und die erste Verbindung (E) trans-konfiguriert und die zweite Verbindung (Z) cis-konfiguriert ist, wobei das Gewichtsverhältnis von der Verbindung (E) zu der Verbindung (Z) in der Mischung im Bereich von 10 : 90 bis 65 : 30, vorzugsweise bis 65 : 35, besonders bevorzugt bis 60 : 40, liegt,

wobei die in der Mischung enthaltenen [deleted: eine oder mehrere ]Verbindungen der Formel (I) bzw. zumindest eine Verbindung der Formel (I) ausgewählt sind bzw. ist aus der Gruppe bestehend aus Oxacyclohexadecen-2-on und 17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on[deleted: , insbesondere (9Z)-17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on, umfasst]."

X. Hilfsantrag 2 ist identisch mit Hilfsantrag 3 der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben):

"1. Mischung, enthaltend oder bestehend aus einer ersten Verbindung (E) und einer zweiten Verbindung (Z), wobei die Verbindungen (E) und (Z) Verbindungen der Formel (I) mit identischer Konstitutionsformel sind

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei gilt, dass eine der vier gewellten Linien eine Doppelbindung bedeutet und die übrigen gewellten Linien jeweils eine Einfachbindung bedeuten und X ausgewählt ist aus -O-, -CH2- und -O-CH2-,

und die erste Verbindung (E) trans-konfiguriert und die zweite Verbindung (Z) cis-konfiguriert ist, wobei das Gewichtsverhältnis von der Verbindung (E) zu der Verbindung (Z) in der Mischung im Bereich von 10 : 90 bis 65 : 30, vorzugsweise bis 65 : 35, besonders bevorzugt bis 60 : 40, liegt,

wobei die in der Mischung enthaltene Verbindung der Formel (I) [deleted: eine oder mehrere Verbindungen ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Oxacyclohexadecen-2-on und] 17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on[deleted: , insbesondere (9Z)-17-Oxacycloheptadec-9-en-1-on, umfasst]ist oder wobei die in der Mischung enthaltenen Verbindungen der Formel (I) Oxacyclohexadec-12-en-2-on oder Oxacyclohexadec-13-en-2-on sind."

XI. Hilfsantrag 3 ist identisch mit Hilfsantrag 4 der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.

XII. Hilfsantrag 4 ist identisch mit Hilfsantrag 6 der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 1 wurde gegenüber Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 3 zusätzlich dadurch geändert, dass die Bereichsgrenzen "65 : 30, vorzugsweise bis 65 : 35, besonders bevorzugt bis" gestrichen wurden.

XIII. Hilfsantrag 5 ist identisch mit Hilfsantrag 7 der angefochtenen Entscheidung. Anspruch 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 durch das zusätzliche (geänderte) Merkmal des Anspruchs 2 der erteilten Fassung:

"... wobei die Mischung eine Riechstoffmischung ist, vorzugsweise ein Parfümöl, und zudem [deleted: vorzugsweise ]einen oder mehrere zusätzliche Riechstoffe enthält.

XIV. In ihrer Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vor:

Die Mischung gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags sowie des Hilfsantrags 1 sei neu, insbesondere gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 (Verbindung 4 im Schema 2). Der Anspruch sei nämlich im Sinne von Absatz [0008] der Beschreibung des Streitpatents auszulegen. Dort entnehme der Fachmann, dass die Substanzklasse Oxycyclohexadecen-2-on gemäß Anspruch 1 lediglich die im Absatz [0008] in Klammern hinter dem Begriff angeführten Bedeutungen "Globalide, CAS No. 34902-57-3 und 111879-80-2" umfasse. Daher werde die im Dokument D1 offenbarte Verbindung 4 nicht vom Anspruch umfasst.

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 bis 5 seien nicht unzulässig geändert worden. Der Ersatz des Merkmals "Oxycyclohexadecen-2-on" durch das Merkmal "Oxacyclohexadec-12-en-2-on oder Oxacyclohexadec-13-en-2-on" sei insbesondere durch die Referenz "CAS No. 34902-57-3" im Absatz [0015] der veröffentlichten Anmeldung gestützt, wie auch durch Dokument D21 belegt.

Alle vorgelegten Anträge erfüllten auch die verbleibenden Anforderungen des Übereinkommens, insbesondere der Artikel 83, 84, 123(2), 54 und 56 EPÜ.

XV. In ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vor:

Der Hauptantrag sowie der Hilfsantrag 1 erfüllten zumindest nicht die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ, weil im Dokument D1 eine Mischung offenbart werde, die auch ein anspruchsgemäßes Isomerengemisch von Oxycyclohexadecen-2-on enthalte.

Die vorliegenden Hilfsanträge 2 bis 5 erfüllten nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, weil deren Ansprüche 1 gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassun unzulässig geändert worden seien. Insbesondere finde sich in der ursprünglichen Anmeldung keine Basis für das Merkmal "Oxacyclohexadec-12-en-2-on oder Oxacyclohexadec-13-en-2-on". Der herangezogene Absatz [0015] biete keine Grundlage für die durchgeführte Änderung. Der Verweis auf die CAS-Registriernummer sei keine klare und eindeutige Offenbarung.

XVI. Die Schlussanträge der Parteien sind wir folgt:

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6, erstmalig eingereicht im Einspruchsverfahren am 10. Januar 2020 als Hilfsanträge 1, 3, 4, 6, 7 und 9.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag - Patent in der erteilten Form

Neuheit (Artikel 100(a) und 54 EPÜ)

2. Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags ist gerichtet auf eine Mischung enthaltend oder bestehend aus einer ersten Verbindung (E) und einer zweiten Verbindung (Z) der Formel (I) mit identischer Konstitutionsformel. Das Gewichtsverhältnis von der Verbindung (E) zu der Verbindung (Z) in der Mischung liegt im Bereich von 10 : 90 bis 65 : 30. Die Mischung umfasst dabei eine oder mehrere Verbindungen der Formel (I) ausgewählt aus einer abgeschlossenen Gruppe. Diese Gruppe umfasst Oxacyclohexadecen-2-on.

3. Im Dokument D1 wird im Schema 2 der Seite 3942 ein Reaktionsschema offenbart, bei dem im ersten Schritt [a] eine Verbindung 4 gebildet wird. Bei dieser Verbindung 4 handelt es sich um ein 16-gliedriges Lacton, das an Ringposition 11 eine Doppelbindung aufweist. Es handelt sich also um ein Oxacyclohexadecen-2-on. Gemäß zweitem Absatz der Spalte 2 derselben Seite des Dokuments liegen die beiden Isomeren dieser Verbindung im Verhältnis Z:E = 54:46 vor. Dies war unstrittig.

4. Von der Beschwerdeführerin wurde jedoch bestritten, dass im Dokument D1 eine Mischung gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags offenbart wird. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass sich Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf Mischungen beziehe, die beliebige Oxacyclohexadecen-2-one enthielten. Ihrer Ansicht nach seien nämlich nur diejenigen dieser Lactone anspruchsgemäß umfasst, die im Absatz [0008] des Streitpatents in Klammern hinter dem Namen "Oxacyclohexadecen-2-on" angegeben seien. Dabei handle es sich um "Globalide, CAS No. 34902-57-3, 111879-80-2". Somit offenbare Dokument D1 zwar Mischungen von Oxacyclohexadecen-2-on, die auch das anspruchsgemäße Isomerenverhältnis aufwiesen, allerdings keine Mischungen, die Verbindungen umfassten, welche gemäß Absatz [0008] des Streitpatents als Oxacyclohexadecen-2-on anzusehen seien.

5. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Der vorliegende Anspruch 1 ist nicht auf Mischungen beschränkt, die zwingend nur bestimmte Vertreter der Verbindungen Oxacyclohexadecen-2-on enthalten. Dies wird weder anspruchsgemäß gefordert, noch lässt es sich aus der Beschreibung des Streitpatents entnehmen. Im von der Beschwerdeführerin herangezogene Absatz [0008] werden zwar hinter dem chemischen Namen Oxacyclohexadecen-2-on drei Einträge in Klammern genannt, allerdings ist dies so zu verstehen, dass diese Einträge beispielhaft sind für Verbindungen oder Mischungen von Oxacyclohexadecen-2-on. Dies ergibt sich beispielsweise daraus, dass die beiden angegebenen CAS-Nummern nicht für dieselbe Verbindung stehen, was von den Parteien nicht bestritten wurde.

6. Somit ist die beanspruchte Mischung nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1. Da der vorliegende Hauptantrag deshalb die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ nicht erfüllt, ist er nicht gewährbar.

Hilfsantrag 1

7. Die Mischungen gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 enthalten ebenfalls Verbindungen der Formel (I) ausgewählt aus einer abgeschlossenen Gruppe. Diese Gruppe umfasst, wie bei Anspruch 1 des Hauptantrags, Oxacyclohexadecen-2-on. Eine Mischung, die ein Oxacyclohexadecen-2-on mit anspruchsgemäßem Verhältnis von E- zu Z-Isomer enthalten, ist dem Fachmann aus Dokument D1 bekannt.

8. Hilfsantrag 1 erfüllt deshalb aus denselben Gründen wie der Hauptantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ. Er ist nicht gewährbar.

Hilfsantrag 2

Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

9. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung unter anderem dadurch, dass die generische Angabe "Oxacyclohexadecen-2-on" durch die spezifischere Bezeichnung "Oxacyclohexadec-12-en-2-on und Oxacyclohexadec-13-en-2-on" ersetzt wurde.

10. Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu der Auffassung gelangt, dass diese Änderung nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle.

11. Die Parteien vertraten hierzu unterschiedliche Auffassungen. Einigkeit zwischen den Parteien herrschte dahingehend, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung keine wörtliche Grundlage für den geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 enthält. Die Beschwerdeführerin sah jedoch im Absatz [0015] der veröffentlichten Fassung der ursprünglichen Anmeldung eine Grundlage für die durchgeführte Änderung. Insbesondere werde darin "CAS No. 34902-57-3" offenbart. Durch diese Nummer sei eindeutig ein Gemisch aus den E- und Z-Isomeren von Oxacyclohexadec-12-en-2-on und Oxacyclohexadec-13-en-2-on definiert. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin bestritten. Die Parteien bezogen sich zur Stütze ihres jeweiligen Vorbringens insbesondere auf die Dokumente D18 bis D21.

12. Die Kammer gelangt zu folgender Auffassung:

12.1 In der ursprünglich eingereichten Anmeldung gibt es, wie von beiden Parteien gleichermaßen vorgebracht, keine wörtliche Stütze für eine Mischung, die ein Gemisch aus den E- und Z-Isomeren von Oxacyclohexadec-12-en-2-on und Oxacyclohexadec-13-en-2-on enthält.

12.2 Im Absatz [0015] der veröffentlichten Anmeldung wird die CAS-Registriernummer, auf die sich die Beschwerdeführerin stützt, folgendermaßen offenbart: "... bestehend aus Ocacyclohexadecen-2-on (Globalide, CAS No. 34902-57-3, 111879-80-2), ...". Die ursprüngliche Anmeldung bietet deshalb eine Grundlage für die herangezogene CAS-Registriernummer als solche. Auch bietet die Offenbarung der genannten CAS-Registriernummer eine eindeutige Referenz zu dem entsprechenden Eintrag für die genannte Nummer in der CAS-Datenbank und damit zu dem damit eindeutig verbundenen Stoff oder Stoffgemisch. Bei einer CAS-Registriernummer kann es sich beispielsweise auch um einen Eintrag eines Isomerengemisches handeln, auch wenn deren Einzelkomponenten unter anderen CAS-Nummern referenziert sein können.

12.3 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Referenz "CAS No. 34902-57-3" eindeutig mit den in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmalen, also dem Gemisch aus E- und Z-Isomeren von Oxacyclohexadec-12-en-2-on und Oxacyclohexadec-13-en-2-on, verbunden.

12.4 Dieser Zusammenhang wurde jedoch nicht nachgewiesen. Insbesondere wurde kein der Referenznummer entsprechender Eintrag in der CAS-Registry-Datenbank vorgelegt. Vielmehr verließen die Parteien sich auf die Dokumente D19 bis D21. Da es sich bei diesen Dokumenten jedoch nicht um einen Auszug aus der CAS-Datenbank handelt, könnten sie die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Behauptung allenfalls stützen, jedoch nicht beweisen. Zudem offenbaren die Dokumente, wie nachfolgend gezeigt, unzureichende oder widersprüchliche Angaben hinsichtlich der herangezogenen CAS-Nummer.

12.5 Bei den Dokumenten D18 und D19, vorgelegt von der Beschwerdegegnerin, handelt es sich um Produktinformationen von Firmen, die augenscheinlich verschiedene Produkte zum Verkauf anbieten. Die Informationen enthalten die genannte CAS-Referenznummer, verschiedene damit verknüpfte Namen chemischer Substanzen (beispielsweise Globalide und Oxacyclohexadecen-2-on), sowie jeweils eine Struktur, die der Verbindung (3E)-Oxacyclohexadec-3-en-2-on entspricht. Hierbei handelt es sich offenkundig nicht um die vorstehend genannte Isomerenmischung.

12.6 Ebenso handelt es sich bei Dokument D20, vorgelegt von der Beschwerdeführerin, um eine Produktinformation, nämlich zu GLOBALIDE SYMRISE. Ausweislich des Dokumentes handelt es sich dabei um eine Verbindung mit der IUPAC Bezeichnung "Oxacyclohexadecen-2-one", für die die Synonyme "Globalide" und "Habanolide" angegeben werden. Im Dokument wird jedoch im Zusammenhang mit dieser Verbindung auf zwei CAS-Registriernummern verwiesen, und zwar auf beide der im Absatz [0015] der veröffentlichten Anmeldung angeführten (34902-57-3 und 111879-80-2). Bei der mittels Strukturformel angegebenen Verbindung handelt es sich um ein Oxacyclohexadecen-2-on, welches in Ringposition 12 oder 13 eine Doppelbindung aufweist (durch gestrichelte Bindungen angedeutet), und welches E- oder Z-konfiguriert ist. Die in diesem Dokument angegebene Information steht im Widerspruch zur Information der Dokumente D18 und D19.

12.7 Bei Dokument D21 schließlich handelt es sich um eine Information der ECHA-Website, auf die von der Beschwerdegegnerin und damaligen Einsprechenden zu Beginn des Einspruchsverfahrens im Rahmen ihres Einwandes basierend auf Artikel 100(b) EPÜ mittels Link verwiesen wurde (siehe die Einspruchsschrift vom 21.08.218, Seite 12). In diesem Dokument wird im Abschnitt "Identification" auf den EC Namen "A mixture of: (E)-oxacyclohexadec-12-en-2-one; (E)-oxacyclohexadec-13-en-2-one; a) (Z)-oxacyclohexadec-12-en-2-one and b) (Z)-oxacyclohexadec-13-en-2-one", als auch als CAS Number "34902-57-3" verwiesen. Allerdings wurde das Dokument erstmalig am 7. November 2014, also nach dem Anmeldetag des Streitpatents vom 7. Juli 2014 veröffentlicht, und später noch geändert, letztmals 2020. Schon deshalb kann D21 keinen Nachweis darüber erbringen, was der Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents unter der in Absatz [0015] genannten CA-Nummer verstanden hätte. Zudem handelt es sich auch hier lediglich um ein Dokument, welches die CAS-Registriernummer enthält, und damit auf den entsprechenden Eintrag der CAS-Datenbank verweist. Ein eindeutiger Zusammenhang der darin genannten Verbindungen und der CAS-Registriernummer im Absatz [0015] der veröffentlichten Anmeldung des Streitpatents zum Anmeldetag kann dadurch ebenfalls nicht hergestellt werden. Diese Folgerung wird auch nicht dadurch entkräftet, dass beide Parteien ausweislich D21 mehrere Registrierungen von Produkten unter der besagten CAS-Registriernummer bei der Europäischen Chemikalienagentur vorgenommen hatten, die teilweise vor dem Anmeldetag lagen (siehe Punkt "Registrants / Suppliers Details" der Seite 3 des Dokuments).

12.8 Somit werden die in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale nicht in der ursprünglichen Anmeldung, insbesondere nicht im Absatz [0015] der veröffentlichten Fassung, offenbart, und zwar weder direkt noch durch Verweis auf die genannte CAS-Registriernummer.

13. Da Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 somit unzulässig geändert wurde, und der Antrag die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt, ist der Antrag nicht gewährbar.

Hilfsanträge 3 bis 5

14. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2. Der Antrag ist somit ebenfalls nicht gewährbar (Artikel 123(2) EPÜ).

15. In den Hilfsanträgen 3 bis 5 wurde der jeweilige Anspruch 1 ebenfalls unter anderem durch Aufnahme der Merkmale "Oxacyclohexadec-12-en-2-on und Oxacyclohexadec-13-en-2-on" geändert. Die Anträge erfüllen daher aus denselben Gründen wie Hilfsantrag 2 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Die Hilfsanträge 3 bis 5 sind nicht gewährbar.

Hilfsantrag 6

16. Die Einspruchsabteilung hat das Streitpatent auf der Grundlage des Hilfsantrags 6 (Hilfsantrag 9 im Einspruchsverfahren) aufrechterhalten. Da die Patentinhaberin alleinige Beschwerdeführerin ist, ist dieser Antrag nicht Teil der Beschwerde (G 9/92).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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