European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T060220.20220519 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Mai 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0602/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 15704293.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F21V 5/00 F21V 5/04 F21V 7/00 F21V 13/02 F21V 13/04 G02B 19/00 F21Y 103/10 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | LÄNGLICHE MEHRTEILIGE LINSENANORDNUNG SOWIE LEUCHTE MIT EINER SOLCHEN LINSENANORDNUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | Zumtobel Lighting GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1.TRILUX GmbH & Co. KG 2.Hußnätter, Wolfgang |
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Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (Hauptantrag, Hilfsantrag 1 bis 3: nein) Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 4 : ja) Zulässigkeit von Hilfsanträgen 1 bis 4 ( ja ) Verfahrensmissbrauch (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 3 105 499 wurde mit der am 7. Januar 2020 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung in geänderter Form aufrechterhalten. Dagegen wurde von der Patentinhaberin und von den Einsprechenden 1 und 2 form- und fristgerecht gemäß Artikel 108 EPÜ Beschwerde eingelegt.
II. Folgende Dokumente werden in dieser Entscheidung zitiert:
EP-A (hiermit wird im Folgenden die veröffentlichte Patentanmeldung WO-A-2015/121243 bezeichnet);
EP-B (hiermit wird im Folgenden das veröffentlichte Streitpatent EP 3 105 499 B1 bezeichnet);
LS4 (DE 20 2011 051 669 U1);
LS8/D1 (EP 2 629 001 A1);
D8 (US 2003/0223235 A1);
LS9 (JP 2009-21203 A; LS9-1 bezeichnet die englische Übersetzung);
LS12 (DE 10 2011 102 645 A1);
LS13 (WO 2013/161185 A1);
D2 (US 2007/0139913 A1);
LS6 (US 8 029 157 B2);
LS1 (DE 10 2012 202 148 A1);
LS2 (DE 10 2012 102 652 B4);
LS3 (US 2011/0292651 A1);
LS7 (2011/0114977 A1);
D3 (US 2012/0320587 A1).
III. Es fand am 19. Mai 2022 eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechenden 2 und 1) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdeführerin III (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Zurückweisung der Einsprüche und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 bis 4, 4a, 4b, 5 bis 9 eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 5. Mai 2020 aufrechtzuerhalten.
Während der mündlichen Verhandlung reichte die Patentinhaberin auch einen Hilfsantrag 3' ein.
Die Hilfsanträge 1 bis 4 und 5 bis 9 entsprechen den bereits im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsanträge 1 bis 9. Die Hilfsanträge 1 bis 4 liegen der angefochtenen Entscheidung zugrunde;
diese hat das Patent in geändertem Umfang auf der Basis des geltenden Hilfsantrags 4 aufrechterhalten.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Längliche mehrteilige Linsenanordnung (1) für Leuchten (l) zur Beeinflussung eines von einem Leuchtmittel (2) abgestrahlten Lichts, aufweisend ein erstes längliches optisches Element (10) mit einer ersten Längsachse (L2) und wenigstens ein dem ersten optischen Element (10) in Lichtlenkrichtung nachgeschaltetes und vom ersten optischen Element (10) separat bereitgestelltes zweites längliches optisches Element (20) mit einer zweiten Längsachse (L3),
wobei wenigstens das erste optische Element (10) wenigstens einen entlang der ersten Längsachse (L2) vorgesehenen, definierten Lichteintrittsbereich (11) zum Einleiten von Licht des Leuchtmittels (2) in die Linsenanordnung (1) aufweist,
wobei das zweite optische Element (20) zur Lichtlenkung der Linsenanordnung (1) optisch mit dem ersten optischen Element (10) zusammenwirkt, um die Lichtlenkung des ersten optischen Elements (10) fortzusetzen,
dadurch gekennzeichnet, dass der Lichteintrittsbereich (11, 23, 33, 43) als Ausnehmung zur Aufnahme der Leuchtmittel (2) ausgebildet ist, und
wobei das erste optische Element (10) ein die Lichteintrittsbereiche (11) bildendes Raster oder Gitter (12) aufweist, und jedem Lichteintrittsbereich (11) wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist."
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist" durch den Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist, wobei die Lichteintrittsbereiche (11) als Linsen ausgebildet sind" ersetzt wird.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist" durch den Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist, wobei die optischen Elemente (10, 20 , 30, 40) wenigstens teilweise in Kontakt mit anderen optischen Elementen (10, 20 30, 40) sind, um die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) zueinander zu positionieren und miteinander festzulegen" ersetzt wird.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist" durch den Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist, wobei die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) als lineare Linsenelemente ausgebildet sind" ersetzt wird.
Der Hilfsantrag 3' unterscheidet sich vom Hilfsantrag 3 lediglich darin, dass der abhängige Anspruch 9 gestrichen wurde.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "dadurch gekennzeichnet, dass" durch den Wortlaut "wobei", und der Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist" durch den Wortlaut "wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist, wobei die optischen Elemente als lineare Linsenelemente ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist" ersetzt wird.
V. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin III) führte aus, dass der Gegenstand des (erteilten) Anspruchs 1 des Hauptantrags im Hinblick auf das Dokument LS4 neu sei.
Insbesondere seien aus LS4 die Merkmale M1.1 ("längliche mehrteilige Linsenanordnung (1) für Leuchten (l) zur Beeinflussung eines von einem Leuchtmittel (2) abgestrahlten Lichts, aufweisend"), M1.4 (wobei wenigstens das erste optische Element (10) wenigstens einen entlang der ersten Längsachse (L2) vorgesehenen, definierten Lichteintrittsbereich (11) zum Einleiten von Licht des Leuchtmittels (2) in die Linsenanordnung (1) aufweist"), M1.5 ("wobei das zweite optische Element (20) zur Lichtlenkung der Linsenanordnung (1) optisch mit dem ersten optischen Element (10) zusammenwirkt, um die Lichtlenkung des ersten optischen Elements (10) fortzusetzen"), M1.6 ("der Lichteintrittsbereich (11, 23, 33, 43) als Ausnehmung zur Aufnahme der Leuchtmittel (2) ausgebildet ist, und") und M1.7 ("wobei das erste optische Element (10) ein die Lichteintrittsbereiche (11) bildendes Raster oder Gitter (12) aufweist, und jedem Lichteintrittsbereich (11) wenigstens ein Leuchtmittel (2) zuordenbar ist").
Insbesondere offenbare LS4 keine mehrteilige Linsenanordnung (weil die Anordnung gemäß LS4 nicht mehrere Linsen enthalte), keinen entlang der ersten Längsachse definierten Lichteintrittsbereich (weil dieser nicht zum Einleiten von außerhalb des Lichteintrittsbereichs herrührendes Licht in die Linsenanordnung diene), kein die Lichtlenkung des ersten optischen Elements fortsetzendes zweites optisches Element (weil das zweite optische Element nicht zur Lichtlenkung beitrage), keinen als Ausnehmung zur Aufnahme der Leuchtmittel ausgebildeten Lichteintrittsbereich (weil die Leuchtmittel nicht in einer Ausnehmung angeordnet seien, die den Lichteintrittsbereich definierten), und kein erstes optisches Element, welches ein die Lichteintrittsbereiche bildendes Raster oder Gitter aufweise (weil das erste optische Element nicht selbst die Struktur eines Gitters oder eines Rasters habe).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sei neu im Hinblick auf LS4, da auch das Merkmal M1.82 ("wobei die Lichteintrittsbereiche (11) als Linsen ausgebildet sind") nicht aus LS4 bekannt sei. Die in LS4 offenbarte Ausnehmung des ersten optischen Elements 15 (Figuren 1, 3, 4) stelle nämlich keine Linse dar, weil darin keine Lichtlenkung stattfinde die auf eine Linsenfunktion hindeute.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 sei neu im Hinblick auf LS4, da auch das Merkmal M1.84 ("wobei die optischen Elemente (10, 20 , 30, 40) wenigstens teilweise in Kontakt mit anderen optischen Elementen (10, 20 30, 40) sind, um die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) zueinander zu positionieren und miteinander festzulegen") aus LS4 nicht bekannt sei. Insbesondere seien gemäß LS4 die optischen Elemente nicht allein durch den Kontakt positioniert und festgelegt, da dazu auch das Gehäuse notwendig sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 sei neu im Hinblick auf LS4, weil auch das Merkmal M1.83 ("wobei die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) als lineare Linsenelemente ausgebildet sind") aus LS4 nicht entnehmbar sei. LS4 offenbare nämlich als zweites optisches Element eine Diffusorplatte 33, welche kein "lineares Linsenelement" darstelle. Der abhängige Anspruch 9 (und die dazu korrespondierenden Beschreibungsstellen in EP-B) dieses Hilfsantrags dürfe nicht so ausgelegt werden, dass auch eine Diffusorplatte als "lineares Linsenelement" anzusehen sei.
Der Hilfsantrag 3' sei zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil in ihrer Mitteilung die Beschwerdekammer keine vorläufige Meinung betreffend die Frage der Neuheit des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 geäußert habe und damit die Patentinhaberin erst in der mündlichen Verhandlung davon erfahren habe. Dieser Hilfsantrag sei auch deswegen zulässig, weil durch die Streichung des abhängigen Anspruchs 9 nun eindeutig klar werde, dass die in LS4 offenbarte Diffusorplatte nicht als lineares Linsenelement gelten könne und damit der Einwand mangelnder Neuheit im Hinblick auf LS4 überwunden sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei neu im Hinblick auf LS8/D1, weil dieses Dokument insbesondere das Merkmal M1.9 ("das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist") nicht offenbare.
Die Argumentationslinien betreffend mangelnde Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 im Hinblick aus LS1, LS2, LS3, LS7, D3 seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, da sie verspätet vorgebracht seien.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei im Hinblick auf LS8/D1 und das fachmännische Können bzw. im Hinblick auf LS8/D1 und D8, oder im Hinblick auf LS9 und LS13 nicht naheliegend. Insbesondere liege im Lichte der Lehre von D1 für den Fachmann eine Verrastung mit Verrastelemente fern, weil diese Lehre eine Verschiebbarkeit der optischen Elemente relativ zueinander und relativ zum Leuchtengehäuse erfordere, um die Wärmeausdehnung bei Temperaturschwankungen zu kompensieren (LS8/D1, Absatz [0043]). Zusätzlich offenbare D8 keine Verrastelemente gemäß Merkmal M1.9.
Die Argumentationslinien zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ausgehend von LS4 (z.B. in Verbindung mit LS12), LS6 der D2 (z.B. in Verbindung mit LS12) seien verspätet vorgebracht und nicht zum Verfahren zuzulassen.
VI. Die Einsprechenden 1 und 2 führten aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Hinblick auf LS4 nicht neu sei. Insbesondere impliziere eine "mehrteilige Linsenanordnung" gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 lediglich eine Anordnung mit mindestens zwei optischen Elementen (Merkmal M1.1), die gemäß einem der in Absatz [0017] der Beschreibung von EP-B angegebenen Beispiele ausgebildet seien. Zudem sei auch im Hinblick auf Absatz [0010] (siehe EP-B) der Begriff "Raster oder Gitter" (Merkmal M1.7) lediglich so auszulegen, dass das erste optische Element ein die Lichteintrittsbereiche bildendes Raster oder Gitter aufweise und somit die Lichteintrittsbereiche regelmäßig angeordnet seien und eine diskrete Zuordnung von jeweils einem Lichteintrittsbereich, d.h. Raster oder Gitterelement, zu jeweils mindestens einem Leuchtmittel vorliege.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sei nicht neu im Hinblick auf LS4, da insbesondere die Lichteintrittsbereiche gemäß LS4 als "Linsen" ausgebildet seien (Merkmal M1.82). Das erste optische Element 15 stelle eine Linse dar (LS4, Absatz [0051]), die als Lichteintrittsbereich eine Ausnehmung zur Aufnahme der Leuchtmittel aufweise.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 sei im Hinblick auf LS4 nicht neu, da insbesondere auch das Merkmal M1.84 ("wobei die optischen Elemente (10, 20 , 30, 40) wenigstens teilweise in Kontakt mit anderen optischen Elementen (10, 20 30, 40) sind, um die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) zueinander zu positionieren und miteinander festzulegen") aus LS4 bekannt sei. Tatsächlich seien gemäß LS4 die optischen Elemente 15 und 33 durch ihren Kontakt positioniert und festgelegt, zumindest in vertikaler Richtung. Zudem erfordere der Anspruchswortlaut weder ein vollständiges Festlegen welches jede Bewegungsfreiheit unterbinde, noch sei ausgeschlossen dass weitere Bauteile zum Positionieren und Festlegen der optischen Elemente beitragen könnten.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 sei nicht neu im Hinblick auf LS4, weil gemäß LS4 insbesondere die optischen Elemente als "lineare Linsenelemente" ausgebildet seien (Merkmal M1.84). Das erste und zweite optische Element 15 bzw. 33 seien "lineare Linsenelemente" im Sinne des Anspruchs 1 in Verbindung mit dem abhängigen Anspruch 9, welcher eine Liste von als "lineare Linsenelemente" aufzufassenden optischen Elementen enthalte, darunter z.B. auch Raster und Gitter sowie Diffusorplatten.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei nicht neu im Hinblick auf LS8/D1, weil dieses Dokument insbesondere auch das Merkmal M1.9 ("das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist") offenbare. Das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element 6 mit seinen Abschnitten 62, 61 (LS8, Figuren 2 und 3) stelle einen Schutz bereit, so dass es integral auch als Schutzelement ausgebildet sei. Ferner weise das optische Element 6 Verrastelemente auf, da die Abschnitte 61 sowie die Führungselemente 9, 9' auch als Verrastelemente dienten, nämlich zum mechanischen Verbinden der Linsenanordnung, wobei die Abschnitte 61 zum Verrasten mit korrespondierenden Rastelementen des Gehäuses 7 geeignet seien, und die Abschnitte 9, 9' zum Verrasten mit korrespondierenden Rastelementen des ersten optischen Elements 5,8 geeignet seien.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 sei im Hinblick auf LS8/D1 und das fachmännische Können bzw. im Hinblick auf LS8/D1 und D8, oder im Hinblick auf LS9 und LS13 naheliegend.
Ausgehend von LS8/D1 stelle sich dem Fachmann als objektive Aufgabe, den Zusammenbau und die Montage der Linsenanordnung zu vereinfachen. Es gehe z.B. gerade aus der Offenbarung von LS8/D1 hervor (LS8/D1, Absatz [37]), dass die Montage und der Zusammenbau der Linsenanordnung, z.B. etwaige sich aus der spezifischen Ausgestaltung der optischen Elementen bei der Montage ergebenden Vorteile, ein relevanter und zu berücksichtigender Aspekt dieser Anordnung sei. Die Figur 3 von LS8/D1 zeige insbesondere, dass ein seitliches Einschieben des ersten optischen Elements 5,8 in die durch die Führungselemente 9, 9' definierte, am zweiten optischen Elements 6 geformte Führungsbahn nachteilig sei. Zudem impliziere gerade das Ausführungsbeispiel der Figur 3 eine Fixierung der relativen Lage der beiden optischen Elemente, in einer seitlichen Richtung senkrecht zur Längsachse dieser optischen Elemente.
Folglich werde der Fachmann in naheliegender Weise die Führungselemente 9, 9' als Rastverbindung (die generell als mögliche Verbindungsart in LS8/D1, Absatz [0016] genannt sei) ausbilden, nämlich weil bereits eine relative Fixierung der optischen Elemente zueinander vorhanden sei, weil LS8/D1 (Absatz [0027]) eine Anregung enthalte einen flexiblen Kunststoff für die optischen Elemente 5,6 einzusetzen, und weil sich dadurch schließlich die Montage vereinfache.
Alternativ oder zusätzlich würde der Fachmann in naheliegender Weise auch die Abschnitte 61 des optischen Elements 6 (siehe Ausführungsform der Figur 2) als Verrastelemente ausbilden, da sich dadurch ebenfalls die Montage des in Lichtlenkrichtung letzten optischen Elements 6 am Gehäuse 7 vereinfache.
Insgesamt sei also der beanspruchte Gegenstand im Hinblick auf LS8/D1 und das fachmännische Können naheliegend.
Aus den vorangehenden Ausführungen zu LS8/D1 ergebe sich, dass der von diesem Dokument ausgehende Fachmann (in seinem Bestreben den Zusammenbau zu vereinfachen) im Hinblick auf D8 in analog naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 gelange, da D8 zusätzlich konkrete Ausgestaltungen der Verrastelemente offenbare, die an einem optischen Element geformt seien und mit korrespondierenden Elementen am Gehäuse eine Rastverbindung bildeten (siehe D8, Figur 1a, Bezugszeichen 74, 14, Absatz [0029]).
Alternativ könne auch als objektive Aufgabe angesehen werden (laut der Einsprechenden 2), eine geeignete Sicherung der Linsenanordnung in der Leuchte zu finden, um eine unbeabsichtigte Verschiebung des optischen Elements 6 zu verhindern. Die Lösung entnehme der Fachmann, wie vorangehend dargelegt, in naheliegender Weise dem Dokument D8.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag 4) ergebe sich in naheliegender Weise für den von LS9 ausgehenden Fachmann im Hinblick auf das Fachwissen oder auf LS13. LS9 offenbare sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 mit der einzigen Ausnahme des Merkmals M1.9. LS9 enthalte den Hinweis (Absatz [0012]), dass ein möglichst einfacher Zusammenbau der Linsenanordnung zu gewährleisten sei. Damit sei es für den Fachmann naheliegend, das in Lichtlenkrichtung integral als Schutzelemente ausgebildete letzte optische Element 11 (LS9, Figuren 1 bis 4) mit aus dem Fachwissen bekannten Verrastelementen zu versehen, um es mit dem Gehäuse 10 zu verbinden.
Diese technische Maßnahme entnehme der Fachmann in naheliegender Weise auch aus LS13 (Figure 3, 4, 5, 6, Absätze [0065]-[0071]) welches ein mit Verrastelementen 92 versehenes optisches Abschlusselement 90 offenbare, mit denen dieses optische Element an dem Gehäuse 50 verrastet sei.
Die Argumentationslinien zur mangelnden Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 im Hinblick auf LS1, LS2, LS3, LS7, D3, sowie zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von LS4, LS6 oder D2 seien zum Beschwerdeverfahren zuzulassen weil die Einsprechende 1 (Beschwerdeführerin II) sie mit der Beschwerdebegründung und der Beschwerdeerwiderung eingereicht habe.
Die Gründe für das erstmalige Vorbringen dieser Argumentationslinien im Beschwerdeverfahren seien teilweise in der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden 1 dargelegt (siehe Seite 28, Ausführungen zu den Gründen für die Einreichung der weiteren Dokumente LS12 und LS13 im Beschwerdeverfahren), ergäben sich aber teilweise auch eindeutig und deutlich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung.
Aus diesem Protokoll (Seite 5) gehe hervor, dass die Einsprechenden Einwände gegen die Zulassung des während der mündlichen Verhandlung neu eingereichten Hilfsantrags 4 erhoben hatten, weil dieser auf die erteilten Ansprüche 8 und 9 basiere, die aufgrund der Vielzahl der möglichen Kombinationen von Merkmalen bzw. alternativen Merkmalen es den Einsprechenden unmöglich machten, sich während der kurzen in der mündlichen Verhandlung dafür zur Verfügung stehenden Zeit mit diesem Hilfsantrag ausreichend vertraut zu machen und zu befassen. Auch sei es grundsätzlich nicht möglich, dass eine Einsprechende mit ihrem Einspruchsschriftsatz einen Angriff auf sämtliche mögliche Kombinationen aller vierzehn erteilter Patentansprüche abstellen könne. Insbesondere sei die mündliche Verhandlung auch lediglich für 30 Min unterbrochen worden (siehe Protokoll), wodurch die Aufgabe der Einsprechenden zusätzlich erschwert worden sei, weil eine relativ hohe Anzahl von relevanten Dokumenten zu berücksichtigen gewesen seien.
Darüber hinaus habe die Einsprechende 1 auch deswegen die besagten Argumentationslinien zur mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht vorgebracht, weil aufgrund der sehr eingeschränkten Auslegung des Begriffs "lineare Linsenelemente" (siehe Merkmal M1.83 in Anspruch 1 des Hilfsantrag 3 und 4) durch die Einspruchsabteilung zu erwarten gewesen sei, dass diese Argumentationslinien nicht zum Erfolg geführt hätten.
Die Hilfsanträge 1-9, 4a, 4b seien (laut der Einsprechenden 2) nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, da es nicht möglich sei, insgesamt 12 Anträge (einschließlich Hauptantrag) im Rahmen einer mündlichen Verhandlung abschließend zu diskutieren, und insbesondere auch durch die Divergenz dieser Anträge (siehe z.B. Hilfsanträge 1 bis 4) sei es damit der Einspruchsabteilung, der Beschwerdekammer und den Einsprechenden überlassen, eine mit den Erfordernissen des EPÜ konforme Fassung des Patents herauszuarbeiten. Dies sei nicht Ziel und Wesen des Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahrens und sei eindeutig ein Verfahrensmissbrauch.
Zudem könne sich die Zulässigkeit der Hilfsanträge nicht dadurch ergeben, dass diese im erstinstanzlichen Verfahren zugelassen wurden. Die Einspruchsabteilung habe zu Unrecht das Konvergenzkriterium als irrelevant für die Hilfsanträge 1 bis 4 erachtet. Es liege also im Ermessen der Beschwerdekammer, ob diese Hilfsanträge, die schon aufgrund der schieren Anzahl einen Verfahrensmissbrauch darstellten und obendrein keine konsistente Verteidigungslinie erkennen ließen, im Beschwerdeverfahren zuzulassen seien.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist im Hinblick auf LS4 nicht neu (Artikel 54 EPÜ).
Insbesondere offenbart LS4:
- "eine mehrteilige Linsenanordnung" (Merkmal M1.1), weil dieser Wortlaut lediglich eine mehrteilige Anordnung mit mindestens einer Linse definiert, und LS4 zeigt eine mehrteilige Anordnung mit einem mehrere Linsen enthaltenden ersten optischen Element 15 (LS4, Figuren 1 bis 4, Absatz [0050], [0051]);
- einen entlang der ersten Längsachse definierten "Lichteintrittsbereich" (Merkmal M1.4), da die besagten Linsen des länglich ausgebildeten ersten optischen Elements 15 jeweils eine Ausnehmung (LS4, Absatz [0051]: "Ausnehmung, die als Lichteintrittsfläche für Licht der LED-Lichtquelle 10 bzw. LED-Lichtquellen 10 in die Linse angeordnet ist") zur Aufnahme jeweils einer LED-Lichtquelle 10 aufweisen (Merkmal M1.4 spezifiziert zudem nicht woher die eingeleiteten, einfallenden Lichtstrahlen relativ zur Linsenanordnung herrühren);
- ein die Lichtlenkung des ersten optischen Elements fortsetzendes zweites optisches Element 33 (Merkmal M1.5), weil das zweite optische Element 33 als Diffusor ausgebildet ist (LS4, Absatz [76]) und damit zur Lichtstreuung beiträgt;
- einen als Ausnehmung zur Aufnahme der Leuchtmittel ausgebildeten Lichteintrittsbereich (Merkmal M1.6), wobei die Ausnehmung als "Lichteintrittsfläche" (siehe vorangehende Ausführungen) in LS4 definiert ist;
- ein erstes optisches Element 15, welches ein die Lichteintrittsbereiche bildendes Raster oder Gitter aufweist (Figuren 1 bis 4) (Merkmal M1.7), weil das erste optische Element 15 mehrere Linsen mit den besagten die LED-Lichtquellen 10 enthaltenden Ausnehmungen (Lichteintrittsbereichen) aufweist, wobei diese Lichteintrittsbereiche ihrer Anordnung entsprechend ein Raster oder Gitter bilden. Dasselbe wird auch im Streitpatent (EP-B) definiert, wonach die "Lichteintrittsbereiche.. also ein oder mehrreihig entlang der Längsachse angeordnet bzw. ausgebildet" sind (EP-B, Absatz [0010]).
Aus diesen Gründen sind auch sämtliche strittige Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags aus LS4 bekannt.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist nicht neu (Artikel 54 EPÜ) im Hinblick auf LS4, da insbesondere die Lichteintrittsbereiche gemäß LS4 als "Linsen" ausgebildet sind (Merkmal M1.82). Das erste optische Element 15 ist wörtlich als "mehrere Linsen" umfassend in LS4 definiert (LS4, Absatz [0050],[0051]), wobei jede Linse im Wesentlichen konisch geformt ist, "mit einer Ausnehmung, die als Lichteintrittsfläche für Licht der LED-Lichtquelle bzw. LED-Lichtquellen 10 in die Linse angeordnet ist, und darüber hinaus einer der Lichtquellen 10 zugewandt ist, bzw. in die eine der Lichtquellen 10 ragt".
Dabei, ist auch irrelevant ob die Linsen 15 auf der Basis von Lichtreflexion (z.B. totale interne Reflexion) oder Lichtbrechung (oder beides) funktionieren, da die von Anspruch 1 geforderte Funktion der "Lichtlenkung" (entgegen der Auffassung der Patentinhaberin) eindeutig gegeben ist und weil weder Anspruch 1 noch das Streitpatent eine Definition einer "Linse" offenbaren: so fasst gemäß Dokument LS4 der Fachmann die optischen Elemente 15 als "Linsen" auf.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ist nicht neu (Artikel 54 EPÜ) im Hinblick auf LS4, weil das Merkmal M1.84 ("wobei die optischen Elemente (10, 20 , 30, 40) wenigstens teilweise in Kontakt mit anderen optischen Elementen (10, 20 30, 40) sind, um die optischen Elemente (10, 20, 30, 40) zueinander zu positionieren und miteinander festzulegen") aus LS4 bekannt ist.
Die in LS4 offenbarten optischen Elemente 15 und 33 sind durch ihren Kontakt (LS4, Figur 4) positioniert und festgelegt, zumindest in vertikaler Richtung. Zudem erfordert der Anspruchswortlaut kein vollständiges Festlegen, welches jede Bewegungsfreiheit verhindert, und es schließt nicht aus, dass ein vollständiges endgültiges Festlegen (d.h. Fixieren) sich auch erst durch die Mitwirkung anderer Bauteile (z.B. Gehäuse, siehe LS4, Absatz [0064]) ergeben kann. Folglich ist Merkmal M1.84 aus LS4 bekannt, da dieses Merkmal nicht fordert, dass das Festlegen und Positionieren allein und ausschließlich aus dem gegenseitigen Kontakt der optischen Elemente entsteht.
5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 ist nicht neu (Artikel 54 EPÜ) im Hinblick auf LS4, weil gemäß LS4 insbesondere die optischen Elemente als "lineare Linsenelemente" ausgebildet sind (Merkmal M1.83).
Das erste und zweite optische Element 15 bzw. 33 stellen nämlich "lineare Linsenelemente" im Sinne des Anspruchs 1 in Verbindung mit dem abhängigen Anspruch 9 dar. Anspruch 9 enthält eine Liste von alternativen möglichen Ausgestaltungen eines "linearen Linsenelementes", darunter eindeutig z.B. auch Raster und Gitter sowie Diffusorplatten.
Damit ist auch die Diffusorplatte 33 gemäß der Definition der Patentschrift (EP-B) selbst (siehe auch EP-B, Absatz [0017]) als "lineares Linsenelement" zu bezeichnen, womit Merkmal M1.83 ebenfalls aus LS4 hervorgeht.
6. Hilfsantrag 3' wurde entsprechend den Voraussetzungen von Artikel 13(2) VOBK 2020 (Verfahrensordnung der Beschwerdekammern) nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen, weil dieser verspätet, erst während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht wurde.
Die Patentinhaberin begründete das verspätete Vorbringen damit, dass sie nun erstmals eine Begründung der Kammer zu dem Hilfsantrag 3 gehört habe.
Dies aber sieht die Kammer nicht als einen stichhaltigen Grund an, der einen außerordentlichen
Umstand begründet, der die Zulassung dieses Hilfsantrags hätte rechtfertigen können. Der Patentinhaberin waren sowohl aus der Beschwerdebegründung (Seite 5) als auch aus der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden 1 (eingereicht am 6. Oktober 2020, Seite 23: hier wird explizit LS4 als neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 zitiert), die Argumente der Einsprechenden 1 bekannt, die letztlich die Kammer hinsichtlich der Auslegung des Begriffs "lineares Linsenelement" überzeugt haben.
Folglich konnte die auf dieser Auslegung basierende Meinung der Beschwerdekammer zur Neuheit des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 gegenüber LS4 nicht als überraschend angesehen werden.
Schließlich wird noch festgestellt, dass die rechtzeitige Stellung von Hilfsanträgen als Rückfallposition in der Verantwortung der Parteien liegt, siehe dazu insbesondere T2843/19.
7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ist neu im Hinblick auf LS8/D1, weil das Merkmal M1.9 ("das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist") nicht aus LS8/D1 hervorgeht.
Zunächst wird festgestellt, dass das besagte Merkmal (entgegen der Auffassung der Einsprechenden) eindeutig das Vorhandensein von Verrastelementen 26 verlangt, da sie eine mechanische Verbindung mit einem korrespondierenden Teil der Linsenanordnung oder der Leuchte herstellen sollen. Diese ist notwendig auch eine Rastverbindung.
Weiterhin stellen die Abschnitte 61 bzw. die Führungselemente 9, 9' des linearen Linsenelements 6 (welches das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element darstellt) (LS8/D1, Figuren 1 bis 4) eindeutig keine Verrastelemente dar, denn sie besitzen eindeutig auch nicht die Eignung als solche zu fungieren. Insbesondere wäre hierfür eine geeignete Dimensionierung, Form und Ausgestaltung dieser Bauteile relativ zu den korrespondierenden Verbindungselementen des Gehäuses oder der Linsenanordnung notwendig, sowie eine passende Materialwahl (z.B. flexibler Kunststoff) mit ausreichender und geeigneter Flexibilität.
Dies ist aber in LS8/D1 nicht offenbart, d.h. weder aus der Beschreibung noch aus den Figuren ableitbar. Auch bestehen die optischen Elemente 5,6 zwar aus Kunststoff, aber eine Flexibilität des Kunststoffs ist nicht offenbart (LS8/D1, Absatz [0027]), geschweige denn eine für eine Rastverbindung geeignete Flexibilität.
Zudem ist eine Rastverbindung in LS8/D1 in einem anderen Kontext und für andere Zwecke offenbart, nämlich als alternative mögliche Ausgestaltung einer mechanischen Verbindung zwischen den Lichtlenkelementen 8 (des ersten optischen Elements 5) und der LED-Platine 2.
Dies ist auch kein Zufall, da entsprechend der technischen Lehre von LS8/D1 sollen die optischen Elemente 5 und 6 so angeordnet sein, dass sich eine thermische Ausdehnung des optischen Elements 6 nicht auf das erste optische Element überträgt (LS8/D1, Absatz [0005], [0006]). Deswegen sollen die optischen Elemente 6 relativ zum Leuchtengehäuse 7 verschiebbar sein (LS8/D1, [0043]), und eine Verschiebbarkeit in Richtung der Längsachse zwischen den optischen Elementen 5 und 6 ist eindeutig auch gegeben (LS8/D1, Absatz [0029], [0050], [0052]), dies gilt insbesondere auch für die Ausführungsform der Figur 3 (Absatz [0052]). Folglich ist eine Rastverbindung zwischen den optischen Elementen 5 und 6 nicht mit der technischen Lehre von LS8/D1 kompatibel, weil eine Rastverbindung in fachüblicher Art und Weise einen Formschluss und eine Fixierung der beiden optischen Elemente bedeutet, die die relative Verschiebbarkeit der genannten Bauteile verhindert.
8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ist für den von LS8/D1 ausgehenden Fachmann im Hinblick auf das Fachwissen bzw. auf D8 nicht naheliegend (Artikel 56 EPÜ).
Die Einsprechenden sind der Auffassung, dass selbst in der Annahme, dass das Merkmal M1.9 ("das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist") aus LS8/D1 nicht bekannt sei, dieses Merkmal jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit begründen könne. Diese Auffassung wird von der Beschwerdekammer aus den folgenden Gründen nicht geteilt.
Der Fachmann würde keine Veranlassung haben, die Abschnitte 61 oder die Führungsschienen 9, 9' des optischen Elements 6 als Verrastelemente auszubilden, weil dies nicht mit der technischen Lehre von LS8/D1 zu vereinbaren wäre, wie vorangehend bereits dargelegt wurde.
Insbesondere umfasst die "Lichtbeeinflussungsanordnung zur optischen Beeinflussung des von den LEDs abgestrahlten Lichts" (LS8/D1, Absatz [0005]) zwei "Teilbereiche", und "auf diese Weise lässt sich der zweite Teilbereich relativ zu dem ersten Teilbereich so anordnen, dass sich eine thermische Ausdehnung des zweiten Teilbereichs nicht auf den ersten Teilbereich überträgt" (LS8/D1, [0006]). Dies impliziert "eine entsprechende zweigeteilte Ausführung der Lichtbeeinflussungsanordnung" (LS8/D1, [0007]), bei der der erste Teilbereich Elementen 5 und der zweite Teilbereich 6 ..insbesondre getrennt voneinander bzw. unzusammenhängend gestaltet" sind (LS8/D1, [0029]), wobei "sich der zweite Teilbereich 6 bei temperaturschwankungsbedingten Materialausdehnungen relativ zu dem Leuchtengehäuse 7 verschieben kann" (LS8/D1, [0043]), und der erste Teilbereich 5 auf dem planen Oberflächenbereich 65 (des zweiten Teilbereichs 6) (LS8/D1, [0048]) mit einem dazwischen liegenden Luftspalt aufliegt und insbesondere auch darauf "gleiten" kann (LS8/D1, [0050]) (siehe Figuren 1, 2).
Betreffend die Ausführungsform der Figur 3, umfassend das die Führungselemente 9, 9' aufweisende zweite optische Element 6, wird in LS8/D1 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Führungselemente lediglich zur Sicherstellung der Lage des optischen Elements 5 in einer Richtung senkrecht zur Längsrichtung der Leuchte vorgesehen sind (LS8, [0051]) und dass "natürlich .. dabei eine Verschiebbarkeit des ersten Teilbereichs 5 gegenüber dem zweiten Teilbereich 6 in Richtung der Längsachse L im Sinn der obigen Ausführungen gegeben bzw. ermöglicht" ist (LS8/D1, [0052]). Damit ist (entgegen der Auffassung der Einsprechenden) offensichtlich keine Fixierung der optischen Elemente 5 und 6 relativ zueinander gegeben, zumindest nicht in longitudinaler Richtung.
Insgesamt folgt aus den obigen Ausführungen, dass der Fachmann ausgehend von der Linsenanordnung gemäß LS8/D1 nicht in naheliegender Weise Verrastelemente gemäß Merkmal M1.9 vorsehen würde, weil eine Rastverbindung einen Formschluss und eine Fixierung, insbesondere auch in länglicher Richtung, nach sich ziehen würde. Damit würde sich nämlich eine Fixierung des optischen Elements 6 am Gehäuse 7 oder eine Fixierung relativ zum optischen Element 5 ergeben, die beide der technischen Lehre von LS8/D1 zuwiderlaufen.
Aus denselben Gründen ist für den von LS8/D1 ausgehenden Fachmann eine Kombination mit D8 nicht naheliegend, weil das Übertragen der in D8 offenbarten mechanischen Verbindung (D8, siehe Figur 1a, Absatz [0029], Bezugszeichen 86, 90) in die Linsenanordnung gemäß LS8/D1 (in der Annahme, dass die mechanische Verbindung der Bauelemente 86 und 90 klar und eindeutig eine Rastverbindung darstellt) dem Sinn und Zweck der in LS8/D1 offenbarten technischen Maßnahmen widerspricht.
9. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag 4) ergibt sich nicht in naheliegender Weise für den von LS9 ausgehenden Fachmann im Hinblick auf das Fachwissen oder auf LS13, weil sich zumindest das Merkmal M1.9 ("das in Lichtlenkrichtung letzte optische Element (10, 20, 30, 40) ein mit dem optischen Element integral ausgebildetes Schutzelement (25) zum Schutz der Leuchtmittel (2) aufweist, wobei das Schutzelement (25) Verrastelemente (26) zum mechanischen Verbinden oder Zusammenhalten der Linsenanordnung (1) oder einer die Linsenanordnung (1) aufweisenden Leuchte (L) aufweist") nicht in naheliegender Weise ergibt.
LS9 enthält lediglich die Aussage, dass der offenbarte Aufbau und die Struktur der aus den Elementen 6 (siehe Figuren 1 bis 4) bestehenden Linse 4, sowie die Konfiguration der Leuchtdioden 3, einen besonders einfachen Aufbau und Herstellungsvorgang ermöglichen (LS9-1, Absatz [0012]).
Somit gibt es keinen Hinweis in E9, das in Lichtlenkrichtung integral als Schutzelemente ausgebildete letzte Lichtdurchtrittselement 11 (LS9, Figuren 1 bis 4) (aus Glas oder Plastik bestehend; LS9, Absatz [0010]), zum Zweck der Vereinfachung des Zusammenbaus, mit aus dem Fachwissen bekannten Verrastelementen zu versehen, um es mit dem Gehäuse 10 zu verbinden, oder das Gehäuse 10 mit Verrastelementen zu versehen, um es mit dem Basisteil 2 zu verbinden.
Eine solche technische Maßnahme würde (entgegen der Auffassung der Einsprechenden) auch zur Erhöhung der Herstellungskosten führen, wobei hingegen die Reduzierung der Herstellungskosten die primäre Aufgabe der Leuchte gemäß LS9 ist (siehe LS9, Absatz [0001]). Dies spiegelt sich auch in der extrem schlichten, kompakten und "linearen" Struktur und Form der Leuchte gemäß Figuren 1 bis 4 wider, so dass das Vorsehen von Verrastelementen aus dieser Sicht für den Fachmann nicht zu einer Vereinfachung der Baustruktur der Leuchte und zu einer Kostenreduzierung führen würde.
Zudem würde auch das Vorsehen von einfachen Verrastelementen (wie z.B. aus LS13 bekannt; siehe Figuren 3 bis 6, Bezugszeichen 90, 92, Absätze [0065]- [0071]) nicht die erforderliche Dichtigkeit garantieren, die für die Anwendung der Leuchte gemäß LS9 im Außenbereich (z.B. in der Fischerei) (siehe LS9-1, [0001], [0019]) notwendig und unabdingbar ist.
Aus denselben Gründen würde der Fachmann aus LS13 (Figuren 3, 4, 5, 6, Absätze [0065]-[0071]), welches ein mit Verrastelementen 92 versehenes optisches Abschlusselement 90 offenbart, ebenfalls keine Hinweise entnehmen können, die ihn in naheliegender Weise zum Merkmal M1.9 und damit zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen würden.
10. Die Argumentationslinien zur mangelnden Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 im Hinblick auf LS1, LS2, LS3, LS7, D3, sowie zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von LS4, LS6 oder D2 wurden von der Beschwerdekammer nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.
10.1 Diese Argumentationslinien sind unstreitig gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2020 (Verfahrensordnung der Beschwerdekammern) als Änderungen des Vorbringens der Parteien anzusehen, weil sie erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden (Artikel 12 (2) in Verbindung mit Artikel 12 (4) VOBK 2020). Artikel 12(4) VOBK 2020 sieht weiter vor, dass "jede Änderung klar zu kennzeichnen und zu begründen" ist, insbesondere "warum sie im Beschwerdeverfahren erfolgt".
Diesem Erfordernis wurde aber seitens der Einsprechenden 1 (Beschwerdeführerin 2) nicht entsprochen, da die besagte Begründung des späten Zeitpunkts des Vorbringens der Änderungen nicht gemäß Artikel 12(3) und (4) VOBK 2020 mit der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdeerwiderung vorgelegt, sondern erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dargetan wurde.
10.2 Insbesondere wurden (entgegen der Auffassung der Einsprechenden 1) die Gründe für das erstmalige Vorbringen dieser Argumentationslinien im Beschwerdeverfahren nicht in der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden 1 angegeben, da in der Beschwerdeerwiderung (siehe Seite 28) lediglich Ausführungen zu den Gründen für die Einreichung der weiteren Dokumente LS12 und LS13 erstmalig im Beschwerdeverfahren zu finden sind. Dies erklärt aber nicht, wieso die hier zur Diskussion stehenden Angriffslinien (Neuheit im Hinblick auf LS1, LS2, LS3, LS7, D3, sowie erfinderische Tätigkeit ausgehend von LS4, LS6 oder D2) neu vorgebracht wurden.
10.3 Auch dem Argument der Einsprechenden 1, die Begründung für das verspätete Vorbringen ergäbe sich aus dem Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung kann nicht gefolgt werden:
So geht zwar aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (Seite 5) hervor, dass die Einsprechenden Einwände gegen die Zulassung des während der mündlichen Verhandlung neu eingereichten Hilfsantrags 4 erhoben hatten, weil es generell so viele Kombinationen von erteilten Ansprüchen und Anspruchsmerkmalen gebe, insbesondere auch "so viele unerwartete Kombinationen und Ausführungsformen auftreten können, dass es unmöglich scheint, diese Permutationen der Merkmale im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in einer zumutbaren Zeitfrist zu diskutieren".
Weiter steht im Protokoll, dass die Einsprechende 1 eine Pause von 30 Minuten beantragt hat, "um den Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 im Hinblick auf die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit zu untersuchen". Diese Unterbrechung der Verhandlung wurde von der Einspruchsabteilung auch gewährt.
Die Behauptung der Einsprechenden 1 aber - erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgebracht - , dass sich die Einsprechenden während der kurzen in der mündlichen Verhandlung dafür zur Verfügung stehenden Zeit speziell mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 nicht ausreichend vertraut machen und befassen konnten, insbesondere wegen der hohen Anzahl der zu berücksichtigenden Dokumente aus dem Stande der Technik, geht jedoch unstrittig nicht aus der Niederschrift hervor.
Auch geht aus der Niederschrift - ebenfalls unstrittig - nicht hervor, dass die Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung kundgetan haben, dass ihnen die Zeit nicht ausreiche, dass beanspruchte Merkmale der Ansprüche des Hilfsantrags 4 nicht in ausreichendem Umfangen haben diskutiert werden können oder dass sie ihr rechtliches Gehör verletzt sähen.
10.4 Insgesamt ergibt sich als Schlussfolgerung, dass die Einsprechende 1 eine Begründung für das verspätete Einreichen der neuen Argumentationslinien erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegt hat.
Folglich stand es im Ermessen der Beschwerdekammer (Artikel 12(5) und (3) VOBK 2020), über die Zulassung ins Beschwerdeverfahren der genannten neuen Angriffslinien zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Begründung warum die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten Angriffslinien in das Verfahren zuzulassen seien erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer geschah. Dafür gilt Artikel 13 (2) VOBK 2020.
10.5 In Verbindung mit Artikel 13 (2) VOBK 2020 wurden die besagte Begründung und die genannten Argumentationslinien nicht zugelassen. Das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände - wie es Artikel 13 (2) VOBK 2020 fordert - wurde von der betreffenden Beteiligten (Einsprechende 1) nicht behauptet.
10.6 Auch die Kammer kann keine aussergewöhnlichen Umstände erkennen. Insbesondere kann der behauptete Verfahrensfehler aufgrund der Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs in Bezug auf die nicht ausreichende Zeit zum Studium des Hilfsantrags 4 während der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall keinen aussergewöhnlichen Umstand begründen.
Dieser ist, wie oben ausgeführt, weder vor der Einspruchsabteilung angesprochen bzw. gerügt worden, noch hat dieser seinen Einzug in das schriftliche Verfahren vor der Beschwerdekammer gefunden, so dass erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer dieser Punkt vorgebracht wurde.
Dies hat die Einsprechende 1 auch so zugestanden.
Entscheidend aber ist, dass die Einsprechende 1 nichts hatte anführen können, etwa aus der Niederschrift oder der Entscheidung der Einspruchsabteilung, was einen Hinweis auf eine mögliche Verletzung verfahrensrechtlicher Grundsätze hätte geben können. Somit stellt das diesbezügliche Vorbringen lediglich eine Behauptung dar, die nicht belegt werden kann und schon von daher keinen aussergewöhnlichen Umstand zu rechtfertigen in der Lage ist.
10.7 Schließlich wird hinsichtlich der Argumente der Einsprechenden 1 dahingehend, dass die besagten Argumentationslinien aufgrund der Auslegung des Begriffs "lineare Linsenelemente" durch die Einspruchsabteilung nicht erfolgsversprechend gewesen seien und folglich auf das Vorlegen dieser und Argumentationslinien verzichtet wurde, noch Folgendes festgestellt:
Das Vortragen von Argumentationslinien und Stellen von entsprechenden Anträgen liegt ausschließlich in der Verantwortung des jeweiligen Beteiligten, der eine Entscheidung darüber zu treffen hat, ob dies in prozeduraler und sachlicher Hinsicht legitim und begründet ist.
Folglich sind Erwägungen, ob eine Argumentationslinie von der Einsprechenden 1 vor der Einspruchsabteilung noch hätte vorgelegt werden müssen nicht entscheidungserheblich, weil sie zur Beantwortung der Frage, wieso die Begründung für das verspätete Vorbringen dieser Argumentationslinien nicht mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, nicht von Bedeutung sind.
11. Im Hinblick auf die vorangehenden Ausführungen erübrigt es sich die Frage der Zulassung der Dokumente LS12 und LS13 zum Beschwerdeverfahren zu entscheiden.
12. Die von der Beschwerdeführerin I (Einsprechenden 2) vertretene Auffassung, dass das Stellen von 11 Hilfsanträgen (Hilfsanträge 1-9, 4a, 4b) einen Verfahrensmissbrauch darstelle und dass die Entscheidung über die Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 4 auf einem Ermessensfehler basiere, und folglich diese Hilfsanträge nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen seien, wird von der Beschwerdekammer nicht geteilt.
12.1 Zunächst stellt sich die Frage, ob hinsichtlich der Hilfsanträge 1 bis 4 im Verfahren vor der Einspruchsabteilung ein Verfahrensmissbrauch oder ein Ermessensfehler der Einspruchsabteilung stattgefunden hat.
zum behaupteten Verfahrensmissbrauch
12.2 Hierzu ist festzustellen, dass ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren weder ein Verfahrensmissbrauch gerügt wurde, noch dass die Einspruchsabteilung einen Ermessensfehler in der Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 4 begangen haben soll.
12.2.1 Im vorliegenden Fall lassen Art und Umfang der vorgenommenen Änderungen für die Hilfsanträge 1 bis 4 keinen Verfahrensmissbrauch erkennen: die Änderungen sind nachvollziehbar, inhaltlich leicht verständlich und stammen vorwiegend aus Merkmalen der abhängigen Ansprüche.
12.2.2 Auch kann die Kammer nicht erkennen, dass die behauptete mangelnde Konvergenz in den unabhängigen Ansprüchen der Hilfsanträge zu einer Mißachtung verfahrensrechtlicher Grundsätze geführt haben soll. Die Frage, ob und in welchem Umfang neu vorgelegte Anträge zu einem bestimmten Zeitpunkt im Verfahren der Einspruchsabteilung und den Parteien zumutbar sind, entscheidet die Einspruchsabteilung im Rahmen ihres Ermessens (siehe unten 12.3.1).
12.2.3 Darüber hinaus hat Beschwerdeführerin I zugestanden, dass weder aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung noch aus der angefochtenen Entscheidung entnehmbar ist, dass wegen der Anzahl der gestellten Hilfsanträge die für die Diskussion zur Verfügung stehende Zeit in der mündlichen Verhandlung nicht gereicht hat. Für diese erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgebrachte Behauptung gibt es keinen Anhaltspunkt, und somit auch nicht für einen Verfahrensmissbrauch im Sinne einer Verletzung allgemeiner Verfahrensrechtlicher Grundsätze bzw. des rechtlichen Gehörs.
zum behaupteten Ermessensfehler
12.3 Gemäß gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern setzt sich bei der Überprüfung erstinstanzlicher Ermessensentscheidungen die Beschwerdekammer nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz bei einer Entscheidung in einer bestimmten Sache ihr Ermessen ausgeübt hat, hinweg, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher oder unangemessener Weise ausgeübt hat, vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, V.A.3.5.1.b).
12.3.1 Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende 2) moniert nun im Beschwerdeverfahren, dass die Einspruchsabteilung zu Unrecht das Konvergenzkriterium als irrelevant erachtet habe. Hierzu ist auszuführen, dass das Konvergenzkriterium eine Rolle spielen kann, die Entscheidung aber dem Konvergenzkriterium eine untergeordnete Rolle zuzumessen keine "Nichtbeachtung der richtigen Kriterien" darstellt. Dies kann dann gelten, wenn die Änderungen vornehmlich auf der Grundlage von erteilten abhängigen Ansprüchen geschieht, oder wenn die gestellten Hilfsanträge ein ernsthafter und fairer Versuch sind, in effizienter, erfolgsversprechender und verfahrensökonomischer Weise die vorgebrachten Einwände zu überwinden, und weiter die Diskussion dieser Hilfsanträge den Parteien und der Einspruchsabteilung ohne Auftreten von komplexen Fragen zugemutet werden kann.
12.3.2 Dies aber hat die Einspruchsabteilung insbesondere für den Hilfsantrag 4 explizit bestätigt; dieser ist der Gegenstand der im geänderten Umfang aufrechterhaltenen Fassung gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung.
12.4 Weiterhin wurden im Verfahren vor der Einspruchsabteilung die vielen Ausführungsformen und Kombinationen der Ansprüche im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag 4 diskutiert, siehe auch oben, Punkt 10.
Diese Diskussion findet auch ihren Niederschlag in der Entscheidung der Einspruchsabteilung, Punkt 2.8.1. Gegen diesen Aspekt hat sich allerdings die Beschwerdeführerin I (Einsprechende 2) im Beschwerdeverfahren in Bezug auf die Zulassung von Hilfsantrag 4 nicht gerichtet.
Abschließend stellt die Kammer fest, dass die bloße Vorlage von elf Hilfsanträgen (1 bis 9, 4a und 4b) an sich keinen Verfahrensmissbrauch darstellt. Insbesondere ist von der Beschwerdeführerin I (Einsprechende 2) nicht dargelegt worden, inwieweit verfahrensrechtliche Grundsätze durch die Vorlage von 11 Hilfsanträgen verletzt wurden. Dass womöglich 11 Hilfsanträge nicht in einer einzigen mündlichen Verhandlung abschließend diskutiert werden können stellt für sich alleine genommen, keine Verletzung verfahrensrechtlicher Grundsätze dar, ebenso wenig wie die mangelnde Konvergenz der Gegenstände der jeweiligen Hilfsanträge, wie oben bereits dargelegt.
Letztlich kann die Frage der Zulassung der Hilfsanträge 5 bis 9 in das Beschwerdeverfahren dahinstehen, da Hilfsantrag 4 als gewährbar angesehen wird.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Alle Beschwerden werden zurückgewiesen.