European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T048620.20221207 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Dezember 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0486/20 | ||||||||
Anmeldenummer: | 14004268.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F25D 3/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Wärmegedämmter Behälter | ||||||||
Name des Anmelders: | va-Q-tec AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Pelican BioThermal LLC | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Teilanmeldung - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (ja) Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP 2 876 389 B1 (im Folgenden: das Patent) betrifft einen wärmegedämmten Behälter für Transportzwecke.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ und unzulässiger Erweiterung gemäß Artikel 100 c) EPÜ.
Die Einspruchsabteilung war zu dem Schluss gelangt, dass der während der mündlichen Verhandlung eingereichte Hauptantrag der Patentinhaberin die Erfordernisse des EPÜ erfülle.
Die Einsprechende hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent in geändertem Umfang gemäß dem damaligen Hauptantrag aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
III. Der Fall wurde angesichts des von der Einsprechenden mit Schreiben vom 16. März 2022 eingereichten Beschleunigungsantrags vorgezogen. In der Mitteilung vom 17. Juni 2022 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit.
Eine mündliche Verhandlung fand am 7. Dezember 2022 statt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
IV. Die Einsprechende (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 876 389.
Die Patentinhaberin (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis eines der mit der Beschwerdeerwiderung vom 2. November 2020 eingereichten Anspruchssätze 1 bis 11.
V. In der vorliegenden Entscheidung werden die folgenden Dokumente aus dem Einspruchsverfahren genannt:
VPA: EP 2 876 389 A1, Veröffentlichung der
ursprünglich eingereichten Anmeldung des
Patents; und
VPB: WO 2004/104498 A2, Veröffentlichung der
ursprünglich eingereichten Stammanmeldung des
Patents.
VI. Ansprüche
Anspruch 1 des Hauptantrags lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Patents wie erteilt sind durch Durchstreichen bzw. Fettdruck hervorgehoben; siehe auch Punkt 1.12 der angefochtenen Entscheidung):
1 |"Wärmegedämmter Behälter für Transportzwecke, mit |
1.1 |einer Behälterwandung (02), |
1.1.1 |die einen Innenraum (07) vollständig umschließt und |
1.1.2 |von drei Seitenwandelementen (03), einem Deckenelement (05), einem Bodenelement (04) und mindestens einem Türelement (06) gebildet ist, |
1.1.3 |wobei das Türelement (06) um eine Vertikalachse schwenkbar an einem der Seitenwandelemente (03) gelagert ist, |
1.2 |wobei der Innenraum (07) mit mehreren als Wärmedämmplatten ausgebildeten Vakuumisolationselementen (24) gegen Wärmeaustausch isoliert ist, |
|dadurch gekennzeichnet, |
1.3 |dass der Behälter als Transportcontainer (01) ausgebildet ist und an der Unterseite des Bodenelements (04) Funktionselemente (09) aufweist, die das Einschieben der Zinken eines Transportstaplers erlauben,|
1.1.4 |dass die Behälterwandung (02) in allen Wandelementen (03, 04, 05, 06), doppelwandig ausgebildet ist mit einer formstabilen Außenwandung (22) und einer formstabilen Innenwandung (23), |
1.1.5*|dass die Außenwandung (22) und/oder die Innenwandung (23) aus einem Leichtbaumaterial, nämlich einem Sandwichmaterial mit mehreren Materialschichten (26, 27, 28) besteht, |
1.2.1 |dass die Vakuumisolationselemente (24) in allen Wandelementen (02, 03, 04, 05, 06), zwischen der Außenwandung (22) und der Innenwandung (23) angeordnet sind, |
1.4* |dass im Transportcontainer (01) mehrere passive Schmelzspeicherelemente (16, 17) vorgesehen sind, die mit einem Schmelzspeichermaterial gefüllt sind und auf der Innenseite (21) der Innenwandung (23) [deleted: mehrere Schmelzspeicherelemente (16, 17)] anordenbar sind,|
1.4.1 |dass die Schmelzspeicherelemente (16, 17) ohne Werkzeug lösbar im Behälter befestigbar sind und |
1.4.2 |dass zur Befestigung der Schmelzspeicherelemente (16,17) im Behälter an den Innenseiten (21) der Seitenwandelemente (03) Befestigungsschienen (18) angebracht sind, |
1.4.3 |die die Schmelzspeicherelemente (16,17) jeweils am oberen bzw. unteren Rand formschlüssig umgreifen und |
1.4.4 |in die die Schmelzspeicherelemente (16, 17) von der Türseite her einschiebbar sind." |
Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 11 enthalten sämtlich die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3, die unten in der Begründung erörtert werden. Der weitere Wortlaut der Hilfsanträge ist für diese Entscheidung nicht von Bedeutung.
VII. Das für diese Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 seien weder alleine noch in Kombination in VPA bzw. VPB offenbart, so dass der Hauptantrag gegen Artikel 76 (1) bzw. 123 (2) EPÜ verstoße.
Bezüglich Merkmal 1.1.2 sei eine Behälterwandung mit mehr als einem Türelement nicht der ursprünglich eingereichten Stammanmeldung (VPB) des Patents zu entnehmen, insbesondere seien dort keine Ausführungsformen mit mehr als einem Türelement offenbart. Alle in VPB offenbarten Ausführungsformen wiesen nur ein einzelnes Türelement auf. Im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung, Punkt 4.3, "zu (1)", Seite 8, könne der Fachmann Anspruch 19 von VPB nicht entnehmen, dass auch mehrere Türelemente benutzt werden könnten. Anspruch 19 von VPB beanspruche drei Seitenwandelemente, ein Deckelelement, ein Bodenelement und ein Türelement, und offenbare nicht, dass mehr als ein Türelement vorhanden sein könnte.
Das verwendete Wort "ein" vor dem Türelement in Anspruch 19 von VPB sei nämlich ein Zahlwort, genau wie das Zahlwort "drei" vor den Seitenwandelementen. Die Auslegung des Anspruchs 19 von VPB, dass der Begriff "ein Türelement" mehr als ein Türelement umfassen könnte bzw. damit gleichzusetzen wäre, betreffe die Festlegung des Schutzbereichs in einem eventuellen Verletzungsverfahren, nicht jedoch die zu erfüllenden Erfordernisse des Artikels 76 (1) EPÜ.
Das in der angefochtenen Entscheidung, Punkt 4.3, "zu (1)", Seite 8, zusätzlich angegebene Argument, wonach in Anspruch 19 von VPB das Vorhandensein mehrerer Türelemente nicht im Widerspruch zu den anderen Merkmalen des beanspruchten Behälters stehe, sei kein relevantes Kriterium zur Beurteilung des Vorliegens einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung gemäß Artikel 76(1) EPÜ.
Somit verstoße Anspruch 1 gegen Artikel 76 (1) EPÜ.
Bezüglich Merkmal 1.1.3 werde nicht bestritten, dass VPB sowie VPA ein Türelement offenbarten, welches um eine Vertikalachse schwenkbar gelagert ist.
Es sei jedoch weder in VPB noch in VPA offenbart, dass das Türelement schwenkbar an einem der Seitenwandelemente gelagert ist wie in Merkmal 1.1.3 definiert. Dadurch werde der Verankerungspunkt für die schwenkbare Befestigung des Türelements definiert. Den Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA sei ein bestimmtes Lager oder ein bestimmter Verankerungspunkt jedoch nicht zu entnehmen. Die Figuren seien schematisch und eine bestimmte Verbindung des Türelements mit einem anderen Wandelement des Behälters, sei sie direkt oder indirekt, werde in VPB bzw. VPA nirgends beschrieben bzw. gezeigt.
Das Türelement könne z. B. mit Scharnieren am Deckelement und am Bodenelement befestigt werden. Diese Lösung sei praktikabel, insbesondere weil in Anspruch 1 keine Einschränkungen hinsichtlich des Gewichts des Türelements enthalten seien. Eine praktikable Alternative sei auch, das Türelement an dem Rahmen (15) anzuschlagen. Andere Alternativen für die Lagerung des Türelements an dem Behälter vom VPB bzw. VPA als die jetzt beanspruchte Lösung seien somit für die Fachperson vorhanden.
Deshalb seien die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 nicht eindeutig und unmittelbar für die Fachperson der Offenbarung von VPB bzw. VPA zu entnehmen, so dass die Erfordernisse der Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ nicht erfüllt seien.
VIII. Das für diese Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Bezüglich Merkmal 1.1.2 werde in Anspruch 19 von VPB nicht vorgeschrieben, dass genau ein oder höchstens ein Türelement vorgesehen ist. Gemäß üblicher Auslegung von Patentansprüchen verstehe der fachkundige Leser somit den unbestimmten Artikel "ein" im Sinne von "ein oder mehr" bzw. "mindestens ein". Somit offenbare Anspruch 19 von VPB für die Fachperson unmittelbar und eindeutig auch Behälter mit mehreren Türelementen.
Dass das Zahlwort "drei" für die Seitenelemente in Anspruch 19 von VPB verwendet werde, heiße nicht, dass das danach verwendete Wort "ein" ebenfalls ein Zahlwort darstellen müsse. Anspruch 19 von VPB könne auch so ausgelegt werden, dass insbesondere drei Seitenwandelemente vorgesehen sind, und weiterhin eine unbestimmte Zahl von Deckenelementen, Bodenelementen und Türelementen. Das in Anspruch 19 von VPB verwendete Wort "ein" vor dem Türelement sei somit für die Fachperson kein Zahlwort, sondern ein unbestimmter Artikel, der die Zahl der vorzusehenden Türelemente in keiner Weise beschränke.
Bezüglich Merkmal 1.1.3 offenbarten VPB (siehe Anspruch 35 und Figuren 1 und 2) sowie VPA (siehe Anspruch 1 und Figuren 1 und 2) unstreitig ein Türelement, das um eine Vertikalachse schwenkbar gelagert ist.
Dass das Türelement schwenkbar an einem der Seitenwandelemente gelagert ist, ergebe sich unmittelbar und eindeutig aus Figur 1 und Figur 2 von VPB bzw. VPA.
Figur 1 von VPB bzw. VPA zeige den Behälter in perspektivischer Ansicht von außen und Figur 2 von VPB bzw. VPA zeige den Behälter gemäß Figur 1 mit geöffneter Tür ebenfalls in perspektivischer Ansicht.
Es sei eindeutig in Figur 2 eine Verbindung des Türelements mit einem der Seitenwandelement (03) gezeigt, so dass eine Lagerung des Türelements zwingend an dem Seitenwandelement (03) erfolgen müsse. Es seien keine praktikablen, mit dem Offenbarungsgehalt der Figuren vereinbaren Alternativen zur Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente denkbar.
In Figur 1 seien sowohl das Bodenelement (04) als auch das Deckenelement (05) ohne Verbindungsmittel, wie z.B. ein Scharnier, dargestellt. Auch in Figur 2 seien keine Verbindungsmittel am Bodenelement (04) oder am Deckenelement (05) dargestellt. Vielmehr sei das Türelement (06) zu dem Bodenelement (04) und dem Deckenelement (05) beabstandet, so dass eine unmittelbare Lagerung des Türelements (06) am Bodenelement (04) oder am Deckenelement (05) ausgeschlossen sei. Zudem sei eine alleinige Lagerung des Türelements am Decken- und Bodenelement für den beanspruchten Transportbehälter nicht praktikabel.
Das Verbindungsmittel zwischen dem Seitenwandelement und dem Türelement sei in den Figuren lediglich aufgrund der Perspektive schräg von vorne nicht zu erkennen. Eine Lagerung des Türelements am Seitenwandelement ergebe sich aber zwingend als einzige vernünftige Verbindungsmöglichkeit des Türelements mit einem der Seitenwandelemente.
Anspruch 1 fordere auch nicht eine Verbindung des Türelements direkt mit einem der Seitenwandelemente. Anspruch 1 umfasse somit auch eine indirekte bzw. mittelbare Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente. Zumindest eine solche indirekte bzw. mittelbare Lagerung des Türelements sei in den Figuren 1 bzw. 2 von VPB bzw. VPA offenbart. Auch die Anbringung des Türelements an den Rahmen (15) stelle eine indirekte Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente dar.
Die Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente werde nur für ein einziges Türelement beansprucht. Anspruch 1 fordere somit nicht, dass jedes Türelement an einem der Seitenwandelemente gelagert sei, falls denn mehrere Türelemente vorhanden wären.
Folglich gingen die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 des Anspruchs 1 oder deren Kombination nicht über den Inhalt von VPB bzw. VPA hinaus. Die Erfordernisse der Artikels 76 (1) und 123 (2) EPÜ seien somit erfüllt.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Das Streitpatent betrifft eine Teilanmeldung (VPA), die auf der früheren Anmeldung (Stammanmeldung) Nummer 04 738 481.3, gemäß Artikel 158 EPÜ veröffentlicht durch die Weltorganisation für geistiges Eigentum unter der Nummer WO 2004/104498 A2 (VPB) beruht.
Die Beschwerdegegnerin bezieht sich ausschließlich auf Anspruch 19 von VPB und Figuren 1 bzw. 2 von VPB bzw. VPA, um zu argumentieren, dass eine Basis in VPB bzw. VPA für die in Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltenen Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 vorhanden sei. In dieser Hinsicht wird nicht bestritten, dass die anderen Teile von VPB bzw. VPA alleine keine ausreichende Basis für die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 darstellen.
1.1 Anspruch 19 von VPB lautet:
"19. Behälter nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass die Behälterwandung (02) von mehreren, insbesondere rechteckigen und flächigen, Wandelementen (03, 04, 05, 06) gebildet wird, insbesondere dass drei Seitenwandelemente (03), ein Deckenelement (05), ein Bodenelement (04) und ein Türelement (06) vorgesehen sind." (hervorgehoben von der Kammer)
Ungeachtet dessen, wie das Wort "ein" vor dem Türelement in Anspruch 19 von VPB ausgelegt wird, d. h. ob es sich um einen unbestimmten Artikel oder ein Zahlwort handelt, ist festzustellen, dass in Anspruch 19 von VPB die spezifische Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente nicht thematisiert wird. Anspruch 19 von VPB allein kann somit keine Basis für Merkmal 1.1.3 sowie für die Kombination der Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 bilden.
1.2 Unstreitig offenbaren VPB (siehe Anspruch 35 und Figuren 1 und 2) sowie VPA (siehe Anspruch 1 und Figuren 1 und 2) ein Türelement, das um eine Vertikalachse schwenkbar gelagert ist, wie von Merkmal 1.1.3 gefordert.
Gemäß Merkmal 1.1.3 ist das Türelement weiter schwenkbar an einem der Seitenwandelemente gelagert. Dadurch ist der Verankerungspunkt für die klappbare Befestigung des Türelements definiert.
Die Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA sind jedoch schematisch, insbesondere in Bezug auf die Lagerung des Türelements, so dass daraus keine Verbindung des Türelements direkt oder indirekt mit irgendeinem Wandelement des gezeichneten Behälters ersichtlich ist bzw. diesen Figuren entnommen werden kann. Auch der entsprechende Text von VPB bzw. VPA enthält weder explizit noch implizit eine weiterführende technische Information zu diesem Thema.
Dass in Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA keine Verbindungsmittel am Bodenelement (04) oder am Deckenelement (05) dargestellt sind, führt entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht a contrario dazu, dass die besagten Figuren das Merkmal 1.1.3 offenbaren würden. Dort wird nämlich genauso wenig ein Verbindungsmittel zwischen dem Türelement (06) und einem der Seitenwandelemente (03) dargestellt bzw. ist ein Solches nicht zu erkennen.
Da in Anspruch 1 keine Einschränkungen hinsichtlich des Gewichts des Türelements definiert werden, würde die Fachperson es nicht als unpraktikabel betrachten, das Türelement z.B. mit Scharnieren am Deckenelement und am Bodenelement zu befestigen. Bei einer derartigen Anbringung des Türelements handelt es sich nicht um eine direkte Lagerung an einem der Seitenwandelemente. Sie kann auch nicht als eine indirekte Lagerung an einem der Seitenwandelemente betrachtet werden, weil die Fachperson weder das Deckenelement noch das Bodenelement als Verbindungselement betrachten würde.
Eine für die Fachperson weitere praktikable Alternative wäre auch, das Türelement an dem Rahmen (15) anzuschlagen. Diese Lösung stellt ebenfalls keine direkte Lagerung an einem der Seitenwandelemente dar, sowie auch keine indirekte Lagerung, weil die Fachperson den Rahmen (15) nicht als Verbindungselement ansehen würde. Ferner ist die Anbringung des Rahmens (15) an den Behälter weder in VPB noch in VPA beschrieben, so dass eine Verbindung des Rahmens (15) mit dem Seitenwandelement - die nötig wäre, damit der Rahmen die Funktion eines Verbindungsmittels zwischen dem Türelement und einem Seitenwandelement erfüllt -, ebenfalls nicht offenbart ist.
Die in Anspruch 1 gemäß Merkmal 1.1.3 definierte Lösung besteht also in einer Auswahl aus möglichen, der Fachperson zur Verfügung stehenden Lösungen, die weder in VPB noch in VPA direkt und unmittelbar offenbart ist. Die Einführung einer spezifischen, ursprünglich nicht offenbarten Lösung, stellt eine neue technische Lehre im Sinne des Goldstandards (siehe G 2/10, Entscheidungsgründe 4.5.1) dar. Die Lagerung des Türelements an einem der Seitenwandelemente, wie in Anspruch 1 gemäß Merkmal 1.1.3 definiert, ist daher nicht direkt und unmittelbar in VPB bzw. VPA offenbart.
Im Lichte der o. a. Gründe offenbaren die Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA nicht Merkmal 1.1.3 sowie auch nicht die Kombination der Merkmale 1.1.2 und 1.1.3.
1.3 Selbst wenn man Anspruch 19 von VPB als Basis für mehr als ein Türelement ansehen würde (wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert), so kann aus den o. a. Gründen in Bezug auf Merkmal 1.1.3 nicht den Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA entnommen werden, dass mindestens ein Türelement, d. h. ein oder mehrere Türelemente, um eine Vertikalachse schwenkbar an einem der Seitenwandelemente gelagert ist.
Die Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA (auf die seitens der Beschwerdegegnerin bezüglich der Offenbarung des Merkmals 1.1.3 zurückgegriffen wird) offenbaren nur ein einziges Türelement, und weder VPB noch VPA enthält eine Lehre, wo und in welcher Weise eine beliebige Anzahl weiterer Türelemente zusätzlich zu dem in den Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA gezeichneten einzelnen Türelement (06) an dem Behälter vorgesehen werden könnte.
Die Figuren 1 und 2 von VPB bzw. VPA können somit keine Basis für die Kombination der Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 darstellen.
1.3.1 Aus den o.a. Gründen gibt es weder in VPB noch in VPA eine Basis für Merkmal 1.1.3 oder für die Kombination der Merkmale 1.1.2 und 1.1.3.
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 (c) EPÜ steht somit der Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hauptantrag entgegen.
2. Hilfsanträge 1 bis 11
Alle Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 11 enthalten die Merkmale 1.1.2 und 1.1.3 des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Deshalb gelten die oben für den Hauptantrag angegebenen Gründe und Schlussfolgerungen bezüglich der Erfordernisse der Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ auch für die Hilfsanträge 1 bis 11. Dies war während der mündlichen Verhandlung unstreitig.
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 (c) EPÜ steht somit auch der Aufrechterhaltung des Patents gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 11 entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.