T 0084/20 () of 3.5.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T008420.20230503
Datum der Entscheidung: 03 Mai 2023
Aktenzeichen: T 0084/20
Anmeldenummer: 13802338.7
IPC-Klasse: A41D 27/28
A41D 3/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SPORTJACKE MIT VORRICHTUNG ZUR WÄRMEREGULIERUNG
Name des Anmelders: KJUS North America, Inc.
Name des Einsprechenden: Goldwin Inc.
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 104(1)
Schlagwörter: Kostenverteilung - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0210/98
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der diese das europäische Patent Nr. 2 934 208 widerrufen hatte.

II. Zusammen mit der Beschwerdebegründung sowie als Addendum am Tag darauf reichte die Beschwerdeführerin zahlreiche Hilfsanträge ein.

III. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung geladen.

IV. Am 16. März 2023 erließ die Kammer eine Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung. Darin informierte die Kammer die Parteien über ihre vorläufige Meinung zu Fragen der Patentierbarkeit sowie der Zulässigkeit der anhängigen Hilfsanträge.

V. Am 14. April 2023 reichte die Beschwerdeführerin weitere acht Hilfsanträge IV.OP.1 bis IV.OP.8 ein.

VI. Die mündliche Verhandlung fand am 3. Mai 2023 statt, während welcher die Beschwerdeführerin inter alia die Hilfsanträge IV.OP.1 bis IV.OP.8 sowie alle weiteren anhängigen Hilfsanträge, mit Ausnahme des Hilfsantrags IV.10, zurückzog. Im Anschluss daran reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hilfsantrag IV.OP.10.1 ein. Kurz vor dem Ende der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurück.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) stellte einen Antrag auf Kostenverteilung.

VIII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) können wie folgt zusammengefasst werden:

Das Verhalten der Beschwerdeführerin, zuerst die Zulassung ihrer erst zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge diskutieren zu lassen und diese dann vor einer Entscheidung darüber wieder zurückzunehmen, stelle einen Verfahrensmissbrauch dar. Die Zeit zur Vorbereitung auf diese Hilfsanträge und die Diskussion über deren Zulassung sei unnötig gewesen. Die aufgewendete Zeit stelle daher Kosten für die Beschwerdegegnerin dar, die der Beschwerdeführerin auferlegt werden sollten.

Entscheidungsgründe

1. Entscheidungspunkte

Da die einzig beschwerdeführende Partei in diesem Verfahren ihre Beschwerde zurückgenommen hat, ist das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache beendet. Die Kammer hat jedoch über den Antrag der Beschwerdegegnerin auf Kostenverteilung zu entscheiden.

Dieser Punkt ist daher der einzige der gegenständlichen Entscheidung.

2. Kostenverteilung

2.1 Artikel 104 (1) EPÜ sieht vor, dass im Einspruchsverfahren und im Einspruchs-Beschwerdeverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hat. Die Einspruchsabteilung bzw. die Beschwerdekammer kann allerdings eine anderweitige Verteilung der Kosten anordnen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Gemäß der Rechtsprechung ist dies normalerweise dann der Fall, wenn Kosten ganz oder teilweise durch ein Verhalten eines Beteiligten verursacht werden, das nicht mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt in Einklang steht, d.h. wenn Kosten schuldhaft durch leichtfertiges oder gar böswilliges Handeln verursacht werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, III.R.2).

Im vorliegenden Fall sieht die Kammer keinerlei Anhaltspunkte für ein derartiges Handeln der Patentinhaberin.

2.2 Die betreffenden Hilfsanträge wurden am 14. April 2023 und damit innerhalb eines Monats nach Erhalt der verfahrensleitenden Mitteilung der Kammer eingereicht. Auch wenn die Beschwerdeführerin damit ihr Beschwerdevorbringen spät im Verfahren geändert hat, hat sie die Vorlage dieser Hilfsanträge nicht mutwillig hinausgezögert. Die Patentinhaberin hatte weiterhin in der mündlichen Verhandlung eingehend erklärt, warum gerade diese Hilfsanträge eingereicht wurden. Insbesondere hielt sie diese Hilfsanträge für notwendig, um auf eine - geltend gemachte - unerwartete Entwicklung im Beschwerdeverfahren zu reagieren. Unabhängig davon, ob diese Anträge tatsächlich alle von der Kammer als überzeugend angesehenen Einwände hätten ausräumen können, stellen sie doch einen zeitnahen, erkennbaren und in gutem Glauben durchgeführten Versuch dar, EPÜ-konforme Ansprüche zu formulieren. Die späte Vorlage dieser Anträge kann daher nicht als Verfahrensmissbrauch angesehen werden und damit die Billigkeit einer Kostenverteilung nicht begründen.

2.3 Die Rücknahme dieser Hilfsanträge während der mündlichen Verhandlung stellt ebenfalls kein schuldhaftes, leichtfertiges oder gar böswilliges Handeln dar. Grundsätzlich steht es einer Partei jederzeit frei, gestellte Anträge wieder zurückzunehmen. Im vorliegenden Fall tat die Patentinhaberin dies, bevor die Kammer über die Zulässigkeit dieser Anträge entschieden hat. Die Einsprechende sah darin einen Missbrauch des Verfahrens, weil damit unnötigerweise über die Zulassung verspätet eingereichter Anträge diskutiert werden musste, die von der Patentinhaberin ohnehin nicht weiterverfolgt wurden.

Die Kammer erkennt im vorliegenden Fall in dem Vorgehen der Patentinhaberin jedoch kein missbräuchliches Verhalten. Die Patentinhaberin zog die Hilfsanträge IV.OP.1 bis IV.OP.8 zurück, offensichtlich nachdem sie aufgrund der vorangegangenen Diskussion in der mündlichen Verhandlung erkannt hatte, dass deren Weiterverfolgung nicht in ihrem Interesse liegt. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte, aus denen geschlossen werden könnte, dass ihr Vorgehen von vornherein geplant oder sonst verfahrensmissbräuchlich gewesen sein könnte. Der Vertreter einer Partei muss damit rechnen, dass sich die Einschätzung der jeweils anderen Partei im Laufe der mündlichen Verhandlung ändert (siehe in diesem Sinn auch T 210/98, Rz. 15.1). Angemerkt sei auch, dass sich durch die anschließende Rücknahme aller anderen Hilfsanträge mit Ausnahme der Hilfsanträge IV.10 und IV.10.1 der weitere Zeitaufwand für die Diskussion der Hilfsanträge in der mündlichen Verhandlung sogar noch verringert hat.

Auch die Zurücknahme der Hilfsanträge IV.OP.1 bis IV.OP.8 kann daher die Billigkeit einer Kosten­verteilung nicht begründen.

2.4 Die Kammer erkennt daher keinen Grund für eine Anordnung einer abweichenden Kostenaufteilung.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Antrag auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.

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