T 2914/19 () of 23.3.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T291419.20220323
Datum der Entscheidung: 23 März 2022
Aktenzeichen: T 2914/19
Anmeldenummer: 15193771.1
IPC-Klasse: B60S 1/34
B60S 1/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WISCHARMVORRICHTUNG
Name des Anmelders: Robert Bosch GmbH
Name des Einsprechenden: Valeo Systèmes d'Essuyage
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
RPBA2020 Art 013(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neue Argumentationslinie nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein) - stichhaltige Gründe (nein)
Ausführungen einer Begleitperson während der mündlichen Verhandlung - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent EP 3 031 677 B1 widerrufen wurde, Beschwerde eingelegt.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu sei gegenüber, unter anderem, den folgenden Dokumenten:

E1: GB 2 326 083 A;

E3: US 3,940,068.

Allerdings sah sie den Gegenstand des Anspruchs 2 als nicht erfinderisch an gegenüber der Kombination der E1 mit der Lehre eines der folgenden Dokumente:

D1: US 6,094,772; oder

D4: US 6,286,174 B1.

II. Am 23. März 2022 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruches (d.h. Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt), hilfsweise die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels und Rückerstattung der Beschwerdegebühr, weiter hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge I bis V.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Während der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdegegnerin die Zulassung von mündlichen Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit durch eine Begleitperson, Mme Estelle VIN, was die Beschwerdeführerin ablehnte.

III. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Wischarmvorrichtung mit einer Wischstange (10d) und mit einer Waschwasserdüsenhalteeinheit (12d), die zu einer Befestigung zumindest einer Waschwasserdüse (14d) an der Wischstange (10d) vorgesehen ist, wobei die Waschwasserdüsenhalteeinheit (12d) zumindest ein Halteblechelement (16d) umfasst,

dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Halteblechelement (16d) ein Formschlusselement (20d) umfasst, das zu einer formschlüssigen Fixierung in eine Wischstangenlängsrichtung (22d) vorgesehen ist."

IV. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Verspätetes Vorbringen

Der von der Beschwerdegegnerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand mangelnder Neuheit gegenüber D1 sei ein komplett neuer und somit verspätet vorgebrachter Angriff, dessen Zulassung unter dem Vorbehalt der neuen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern stehe. Damit aber dürfe dieser Einwand nicht zugelassen werden.

Erfinderische Tätigkeit

Im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit sei die angefochtene Entscheidung denklogisch widersprüchlich. Es gebe keinen Erfahrungssatz, der den Fachmann (vor das Problem gestellt, den Erhalt eines Halteelements zur Befestigung der Düse an der Wischstange mit Hilfe einer einfachen, kostengünstigen Technologie zu bewerkstelligen) lehre, von einem Kunststoffteil zu einem Metallteil zu greifen. Vielmehr sei das Ersetzen eines Metallteils durch ein Kunststoffformteil einfacher und kostengünstiger. Die angefochtene Entscheidung setze sich auch nicht damit auseinander, dass der Fachmann keine Veranlassung habe, ein korrosionsbeständiges, haltbares, kostengünstiges und langlebiges Kunststoffteil durch ein im Außenbereich korrosionsanfälliges und in der Regel (da lackiert) teureres Metallteil zu ersetzen. Dies werde er somit zuallerletzt tun, wenn er vor der Aufgabe stehe, eine Alternative zu dem in E1 gezeigten Kunststoffteil als Waschwasserdüsenhalteeinheit bereitzustellen. Das beanspruchte Halteblechelement sei eine Alternative, die eine bessere Festigkeit aufweise. Sei der Fachmann daher vor die Aufgabe gestellt, die Haltbarkeit oder die Festigkeit des Teils zu erhöhen, werde er zu einem anderen Kunststoff, oder aber zu Keramik oder einem Karbonmaterial greifen, das weniger korrosionsanfällig als ein Blechbiegeteil sei.

Der Wortlaut von Anspruch 1 sei eindeutig und verlange eine Waschwasserdüsenhalteeinheit zur Befestigung einer Waschwasserdüse an der Wischstange.

E1 zeige eine Wischarmvorrichtung mit integriertem Kunststoffspritzgussteil als Waschwasser­düsenhalte­einheit. Auch E3 zeige lediglich ein Kunststoffteil. Das Ersetzen dieses Teils durch ein Halteblechelement mit Formschlusselement sei dem Stand der Technik nicht zu entnehmen, der keine Waschwasserdüsenhalteeinheit, umfassend ein Halteblechelement mit Formschlusselement, zur Befestigung an der Wischstange zeige. Somit bestehe auch keine Veranlassung, zu einer solchen Ausbildung zu greifen. Hinweise diesbezüglich seien dem Absatz [0004] des Streitpatents nicht zu entnehmen, da dieser kein Stand der Technik sei. Dieser Absatz lasse auch offen, im Vergleich zu welchem Ausgangspunkt eine einfache und kostengünstige Montage erreicht werde.

D1 zeige kein Halteblechelement, das ein Formschluss­element umfasse und zudem an der Wischstange befestigt sei. Auch D4 zeige kein Halteblechelement im Sinne von Anspruch 1, da keine Wischstange gezeigt sei sondern nur ein Wischarm, der anderen Belastungen ausgesetzt sei als ein Teil zur Aufnahme der Waschwasserdüse und daher natürlich aus Metall sei. Es sei aber nicht naheliegend, die immer aus Kunststoff bestehende Waschwasserdüsenhalteeinheit durch ein Blechteil zu ersetzen und mit einem Formschlusselement auszubilden. Auch wenn einzelne Merkmale von Anspruch 1 für sich bekannt seien, sei nicht zu erkennen, warum der Fachmann die definierte Merkmalskombination vorsehen sollte/würde.

V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) entgegnete dem wie folgt:

Verspätetes Vorbringen - Neuheit gegenüber D1

Es sei erst in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erkannt worden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber D1 sei. Dieser Einwand sei im Einspruchsverfahren zwar nicht vorgetragen worden, allerdings sei Dokument D1 immer schon im Verfahren gewesen und der Patentinhaberin wohlbekannt.

D1 zeige eine Wischarmvorrichtung mit einer Wischstange (16) und einer Waschwasserdüsenhalteeinheit (14), die ein Halteblechelement umfasse, das eine zur formschlüssigen Fixierung in Wischstangenlängsrichtung vorgesehenes Formschlusselement umfasse (siehe die komplementäre Ausführung der in Fig. 8 gezeigten Waschwasserdüse zu dem in Fig. 3 gezeigten Schlitz 72). Anspruch 1 sei dabei nicht auf eine formschlüssige Fixierung des Halteblechelements an der Wischstange eingeschränkt.

Erfinderische Tätigkeit

Es werde nicht bestritten, dass die erstinstanzlich als neuheitsschädlich angeführten Dokumente E1, E3 kein Halteblechelement zeigten. Ausgehend von E1 oder E3 gehe es nur um den Werkstoff als einzigem Unterschied zum Gegenstand von Anspruch 1. Ein Formschlusselement sei bereits in E1 oder E3 gezeigt.

Ausgehend von E1 suche der Fachmann nach einer einfachen und kostengünstigen Lösung. Er würde ein Halteblechelement statt eines Kunststoffteils vorsehen, da auch im Streitpatent wirtschaftliche Vorteile bei Verwendung eines Blechteils genannt würden, das gebogen und gestanzt werden könne (siehe dazu Absatz [0004]: "einfache und kostengünstige Herstellung und Montage"). Diese Vorteile seien in D1 (Sp. 2, Z. 29-34) und auch in D4 (Sp. 3, Z. 24-25) angesprochen, die auch ein Halteblechelement zeigten. Es gehe nur um das Material, unabhängig davon, ob in D4 Blech vorteilhaft nur für einen Wischarm verwendet werde. D1 offenbare sogar ein Halteelement aus Blech. In E1 gehe es nicht einmal um den Werkstoff oder um Kunststoff. Ein Halteelement aus Blech sei auch nach Aussage der Beschwerdeführerin widerstandsfähiger und somit ein weiterer Grund für die Verwendung von Blech statt Plastik.

Mit gleicher Begründung sei auch der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von E3 nahegelegt, das alle Merkmale mit Ausnahme eines Blechelements zeige (Waschwasserdüsenhalteeinheit 10 mit Düsen 13-16 an der Wischstange 21 befestigt; ebenso, Sp. 2, Z. 64 - Sp. 3, Z. 9, ein Halteelement 25 mit Formschlusselementen 36, 38 zur formschlüssigen Fixierung in Längsrichtung). Die technische Wirkung dieses Unterschieds sei, das Halteelement wirtschaftlich günstig und einfach herstellbar zu gestalten (Streitpatent, Absatz [0004]). Der Fachmann hätte eine Lösung gefunden in D1 oder D4, die aus dem gleichen technischen Bereich stammten, und zur Optimierung der E3 genutzt.

Entscheidungsgründe

1. Neuer Einwand mangelnder Neuheit gegenüber D1

1.1 Der erstmals im Beschwerdeverfahren in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand mangelnder Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1 wird nicht in das Verfahren zugelassen (Art. 13 (2) VOBK 2020 i.V.m. Übergangsbestimmungen des Art. 25 (1), (3) VOBK 2020).

1.2 Die Beschwerdegegnerin hat erstmals am 23. März 2022 in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, somit nach der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2021 (also nach Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern VOBK 2020), einen Einwand mangelnder Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1 vorgebracht.

Die Zulassung dieses geänderten Vorbringens unterliegt damit Artikel 13 (2) VOBK 2020.

1.3 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten, die nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

1.4 Wie von der Beschwerdegegnerin zugestanden, ist dieser Einwand bisher nie - auch nicht im Verfahren vor der Einspruchsabteilung - vorgebracht worden, obwohl Dokument D1 schon immer im Verfahren (sowohl im Prüfungs- wie im Einspruchsverfahren) gewesen ist. Außergewöhnliche Umstände, die ein früheres Vorbringen dieses neuen Einwandes hätte verhindern können, kann die Kammer nicht erkennen und wurden von der Beschwerdegegnerin auch nicht vorgebracht.

Auch das Argument der Beschwerdegegnerin, erst in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung sei erkannt worden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu gegenüber D1 sei, ist kein stichhaltiger Grund im Sinne des Artikels 13 (2) VOBK 2020, der zu begründen vermag, warum das geänderte Vorbringen nicht früher eingereicht werden konnte.

2. Ausführungen einer Begleitperson während der mündlichen Verhandlung

2.1 Dem Antrag der Vertreterin der Beschwerdegegnerin, mündliche Ausführungen zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit durch die Begleitperson in der mündlichen Verhandlung zuzulassen, wurde nicht stattgegeben.

2.2 Gemäß der Entscheidung G 4/95 (ABl. EPA 1996, 412) besteht kein Rechtsanspruch auf mündliche Ausführungen durch eine Begleitperson in der mündlichen Verhandlung im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren. Vielmehr dürfen solche mündliche Ausführungen nur mit Zustimmung des EPA und nach seinem Ermessen gemacht werden, wobei bei der Ausübung dieses Ermessens die von der Großen Beschwerdekammer aufgestellten Kriterien zu berücksichtigen sind. Danach muss der zugelassene Vertreter rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung beantragen, dass diese mündliche Ausführungen gemacht werden dürfen, und bei der Antragsstellung neben Namen und Qualifikation auch den Gegenstand nennen, zu dem sich die Begleitpeson äußern möchte. Ein Antrag, der erst während der mündlichen Verhandlung gestellt wird, ist zurückzuweisen, sofern nicht außerordentliche Umstände vorliegen, es sei denn, alle Gegenparteien sind damit einverstanden, dass die beantragten mündlichen Ausführungen gemacht werden (G 4/95, Nr. 10 der Entscheidungsgründe).

2.3 Mit Schreiben vom 21. Januar 2022 hatte die Vertreterin der Beschwerdegegnerin Ausführungen der Begleitperson in der mündlichen Verhandlung unter ihrer Aufsicht angekündigt, ohne zu benennen, welches Thema Gegenstand ihrer Ausführung sein würde. Erst in der mündlichen Verhandlung beantragte sie dann, Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit durch die Begleitperson zuzulassen.

2.4 Der Antrag auf Ausführungen durch die Begleitperson wurde damit erst während der mündlichen Verhandlung entsprechend der genannten Kriterien vollständig substantiiert. Nachdem die Beschwerdeführerin mit mündlichen Ausführungen durch die Begleitperson nicht einverstanden war und auch für die Kammer keine außergewöhnlichen Umstände zu erkennen waren, die eine Zulassung rechtfertigen könnten, konnte dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf mündliche Ausführungen der Begleitperson während der mündlichen Verhandlung gemäß G 4/95 nicht stattgegeben werden.

3. Erfinderische Tätigkeit des erteilten Patents

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt beruht ausgehend von Dokument E1 oder E3 als nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3.2 Unstrittig ist ein Halteblechelement, und zwar ein aus Blech bzw. Metall ausgebildetes Halteelement (zur Befestigung einer Waschwasserdüse), in keinem der Dokumente E1 und E3 gezeigt.

3.2.1 E1 offenbart in den Figuren 6 bis 8 eine integrierte Waschwasserdüsenhalteeinheit (Seite 9, Zeilen 23-25: "... washing liquid nozzle means 5 that is fixable to the free end region of the wiper arms 2"), welche eine Waschwasserdüse (Fig. 6: Elemente 27 bis 36) sowie ein den Wischarm ("wiper arm 2") umgreifendes Halteelement (Seite 10, Zeilen 5-9: "web section 38 joining the side parts 36, 37 with the side parts 36, 37 each having an inwardly directed lip 39, 40 to enable the nozzle means 5 to clip over a wiper arm section") umfasst. Wie in E1 ausgeführt, umfasst das Halteelement 36-40 auch ein Formschlusselement in Form einer Auswölbung 41 zur Fixierung des Wischarms in Längsrichtung (Seite 10, Zeilen 9-12: "The inner surface of the web section 38 conveniently includes a projection 41 engagebable with an aperture in the wiper arm to prevent the nozzle means 5 from sliding along the wiper arm 2.").

Die Beschreibung von E1 erwähnt nicht, aus welchem Werkstoff die Waschwasserdüsenhalteeinheit 5 gefertigt ist. Der Darstellung in den Figuren 6-8 sowie der zugehörigen Beschreibung ist zwar eine einstückige Ausbildung dieser Waschwasserdüseneinheit 5 zu entnehmen, da z. B. die Auswölbung 41 als Bestandteil des die Seitenteile 36, 37 verbindenden Verbindungsteils 38 und die Seitenteile 36, 37 mit den Düseneingängen 27, 28 als Teil der Düseneinheit 5 beschrieben werden (Seite 9, Zeile 25 bis Seite 10, Zeile 12). Angesichts der komplexen dreidimensionalen Struktur der einstückig ausgebildeten Waschwasserdüseneinheit 5 der E1, welche das Halteelement umfasst, kann aber eine Ausbildung als Blechteil ausgeschlossen werden.

3.2.2 E3 offenbart eindeutig (siehe Figuren) ein einstückig mit einer Waschwasserdüsenhalteeinheit 10 ausgebildetes und an einer Wischstange 21 befestigtes Halteelement 17, 25 mit Formschlusselementen 36, 38 zur formschlüssigen Fixierung in Wischstangenlängsrichtung (siehe auch Sp. 2, Z. 64 - Sp. 3, Z. 9). Aus den Schnittzeichnungen (z. B. Figur 3) ist ersichtlich, dass es sich bei dem Halteelement 17, 25 nicht um ein Blechteil handeln kann, was nicht bestritten wurde. Vielmehr handelt es sich um ein Teil, was einstückig z. B. in einem Spritz- oder Gussverfahren hergestellt worden zu sein scheint.

3.3 Da zum Werkstoff des Halteelements in E1 nichts gesagt ist und auch E3 kein Blechteil zeigt, kann die Aufgabe ausgehend von E1 oder E3 nicht etwaige Vorteile eines bestimmten Werkstoffes für das Halteelement aufgreifen, sondern allenfalls lauten, eine alternative Ausgestaltung zu der aus E1 oder E3 bekannten, einstückig ausgebildeten Waschwasserdüsenhalteeinheit, die auch das Halteelement umfasst, bereitzustellen.

Ohne Kenntnis des in E1 bzw. E3 verwendeten Werkstoffs oder weiterer Details zur Fertigung oder Ausgestaltung kann die technische Wirkung des Unterschieds gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 weder in einer einfachen und kostengünstigen Ausführung gesehen werden (wie von der Beschwerdegegnerin unter Verweis auf Absatz [0004] des Streitpatents argumentiert), noch (wie von der Beschwerdeführerin argumentiert) in einer verbesserten Festigkeit. Absatz [0004] im Streitpatent bezieht sich auf die im abhängigen Anspruch 2 definierte Ausbildung des Halteblechelements als Stanzbiegeteil, geht also bereits von einem Halteelement aus Blech aus (wie im Übrigen auch klar in Absatz [0004] des Streitpatents ausgedrückt: "Dadurch kann eine besonders einfache und kostengünstige Herstellung und Montage des zumindest einen Halteblechelements erreicht werden."), was in E1 oder E3 aber gerade noch nicht offenbart ist.

3.4 Auch wenn Halteblechelemente an sich aus dem Stand der Technik bekannt sind, wie von der Beschwerdegegnerin mit Verweis auf D1 oder D4 argumentiert, können diese eine naheliegende Modifikation des in E1 oder E3 gezeigten Halteelements der Waschwasserdüse nicht nahelegen.

3.4.1 Zunächst stellt die Kammer fest, dass die Beschwerdegegnerin nicht dargelegt hat, wie eine Modifikation der Waschwasserdüsenhalteeinheit 5 bzw. 10 aus E1 bzw. E3 im Detail konkret aussehen würde. Damit stellt das Argument der Beschwerdegegnerin eine unbewiesene Behauptung dar, bei der lediglich rückschauend Merkmale aus dem Stand der Technik zusammengesucht werden, ohne eine fachmännische Kombination derselben zu berücksichtigen bzw. darzulegen. Eine naheliegende Kombination kann auch die Kammer nicht erkennen, selbst wenn Halteblechelemente an sich aus D1 oder D4 bekannt sind:

Ausgehend davon, dass die in E1 bzw. E3 gezeigte Einheit 5 bzw. 10 eine integrierte, einstückig ausgebildete Kombination aus Waschwasserdüse und Halteelement darstellt, kann die Kammer nicht erkennen, dass der Fachmann bei der gestellten Aufgabe in Betracht ziehen würde, dieses Teil - ganz oder teilweise - als Blechteil im Sinne der in Anspruch 1 definierten Merkmalskombination (also als Blechteil mit einem Formschlusselement) auszuführen.

Im Hinblick auf die Figuren 6 bis 8 in E1 könnte zwar der Fachmann daran denken, die zum Befestigen am Wischarm vorgesehene, dünnwandige Struktur 36-38 (siehe Seitenansicht in Fig. 8) als separates Blechteil auszuführen, um damit zu einem Halteblechelement zu gelangen. Allerdings ist damit die in Figur 8 gezeigte Auswölbung 41 zur formschlüssigen Fixierung in Längsrichtung der Wischstange (wie mit dem kennzeichnenden Merkmal gefordert) nicht an diesem Blechteil vorgesehen.

Ebenfalls ist die gesamte Waschwasserdüsenhalteeinheit 10 aus E1 als Ganzes nicht sinnvoll aus Blech zu fertigen.

Im Falle der E3 fehlt angesichts der Schnittdarstellung in Figur 3 bereits jede Anregung für den Fachmann, die komplexe und multifunktionell ausgeführte Waschwasserdüsenhalteeinheit 10 mit integriertem Halteelement 17, 25 ganz oder auch nur teilweise als Blechteil herzustellen.

3.4.2 Die Kammer war zudem nicht überzeugt, dass die in D1 und D4 angesprochenen wirtschaftlichen Vorteile einer kostengünstigen und einfachen Herstellung (siehe D1, Sp. 2, Z. 29-34; D4, Sp. 3, Z. 24-25) bei Verwendung eines Blechteils den Fachmann veranlassen würden, das in E1 oder E3 gezeigte Halteelement alternativ als Blechteil auszuführen. Die einstückige Ausbildung des Halteelements in E1 oder E3 lässt ohne weitere Angaben zum Material oder zum Fertigungsprozess weder auf eine teure noch auf eine aufwendige Herstellung und damit auf eine gegenüber dem angeführten Stand der Technik nachteilige Ausgestaltung des Halteelements in E1 oder E3 schließen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.

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