T 2601/19 () of 11.11.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T260119.20221111
Datum der Entscheidung: 11 November 2022
Aktenzeichen: T 2601/19
Anmeldenummer: 07703196.1
IPC-Klasse: G01D 5/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: MESSANORDNUNG MIT MAGNET
Name des Anmelders: Sensor-Technik Wiedemann GmbH
Name des Einsprechenden: ASM Automation Sensorik Messtechnik GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung des Anmeldungsgegenstandes (nein)
Unzureichende Offenbarung (nein)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtete ihre Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der unter Berücksichtigung der von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 1979716 in geänderter Form gemäß dem Hilfsantrag 2 aufrechterhalten worden ist.

Mit dem Einspruch war das Streitpatent in vollem Umfang und gestützt auf die Einspruchsgründe unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ), unzureichender Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) sowie mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikeln 52 (1), 54 (1) und 56 EPÜ) angegriffen worden.

II. Folgende Dokumente wurden u.a. im erstinstanzlichen Verfahren herangezogen und von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren wieder aufgegriffen:

D1: DE 197 26 084 A1

D5: DE 101 60 904 A1

D6: JP 11 336714 A und englischsprachige Übersetzung (im Folgenden Dokument D6').

III. In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung u.a. die Auffassung, dass das geänderte Patent gemäß Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des EPÜ, insbesondere der Artikel 123 (2), 123 (3), 84, 100 b) und 100 a) EPÜ, genügte.

IV. Am 11. November 2022 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, also die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß angefochtener Zwischenentscheidung.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer von dem Vorsitzenden verkündet.

V. Anspruch 1 des Patents in geändertem Umfang gemäß angefochtener Zwischenentscheidung lautet wie folgt:

"Arbeitszylinder, der als Hubzylinder vorgesehen ist, mit einer Messanordnung

wobei sich ein Magnet aufgrund der Bewegung oder Stellung eines Gegenstandes (2) in einem druckbeaufschlagten Raum bewegt oder positioniert und diese Bewegung beziehungsweise Positionierung des Magneten von einem Sensor erfasst wird,

wobei zwischen dem Gegenstand (2) und dem Magnet ein mechanischer Wandler angeordnet ist

dadurch gekennzeichnet, dass

der mechanische Wandler als Seilzuganordnung mit einer Spannvorrichtung für ein Seil ausgebildet ist

und zwischen Magnet und Sensor eine nichtmagnetische druckdichte Trennwand vorgesehen ist

und die Messanordnung (1), mit Ausnahme des Sensors im Inneren des druckbeaufschlagten Raumes (30) des Arbeitszylinders (3) angeordnet ist

und die Trennwand (33) Teil des Zylinders des Arbeitszylinders (3) ist."

Das Patent in geändertem Umfang gemäß angefochtener Zwischenentscheidung beinhaltet auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 14, die sich auf bevorzugte Ausführungsformen des Arbeitszylinders nach Anspruch 1 richten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123 (2) EPÜ

2.1 Die Beschwerdeführerin hat der Auffassung der Einspruchsabteilung, wonach der geltende Anspruch 1 nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe, widersprochen und geltend gemacht, dass Anspruch 1 "eine nichtmagnetische druckdichte Trennwand" fordere, ohne dabei anzugeben, dass die Trennwand aus einem nicht-magnetisierbaren Material bestehe. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die einzige diesbezüglich relevante Offenbarungsstelle der ursprünglich eingereichten Anmeldung, d.h. die Passage auf Seite 7, Zeilen 17 bis 24, ein dünnes, aber druckdichtes Wandstück der Trennwand "aus nicht-magnetisierbarem Material" fordere (Artikel 123 (2) EPÜ).

2.1.1 Die Kammer weist zuerst darauf hin, dass die im Anspruch 1 angegebene nichtmagnetische druckdichte Trennwand aus einem nicht-magnetisierbaren Material bestehen kann. Die Trendwand kann zwar auch aus einem magnetisierbaren Material bestehen, aber nur insofern, als der beanspruchte Arbeitszylinder derart ausgestaltet ist, dass das Material der Trennwand nichtmagnetisch bleibt, insbesondere solange das Material durch den benachbarten Magnet nicht magnetisiert wird. Es ist in dieser Hinsicht anzumerken, dass ein Arbeitszylinder mit einer Trennwand aus einem magnetisierbaren Material, das magnetisiert wurde bzw. magnetisch geworden ist, nicht vom Anspruch 1 umfasst ist und für die Frage, ob der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt, ohne Belang ist. Die Beschwerdeführerin hat diese Auffassung insofern bestritten, als sie der Ansicht war, dass bei der Verwendung eines Magneten mit einem so geringen Magnetfeld, dass es zum Magnetisieren des magnetisierbaren Materials nicht vollständig ausreicht, das Magnetfeld von dem Material quasi absorbiert und nicht bis zur vollständigen Magnetisierung des Materials durchgelassen wird. Für die Kammer ist es aber nicht ohne Weiteres ersichtlich, wie ein magnetisierbares Material mit einer gering ausgeprägten Magnetisierbarkeit, insbesondere ein Material, das sich nur unter einem starken bzw. sehr starken Magnetfeld magnetisieren lässt, im Allgemeinen in der Lage wäre, ein relativ schwaches Magnetfeld vollständig abzuschirmen. Weitere Argumente der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht - insbesondere das Argument, wonach das Merkmal "nicht-magnetisierbare Trennwand" ein wesentliches technisches Merkmal der Erfindung darstelle - werden ihrer Natur nach unten unter Nr. 4.3 bei der Frage der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung in Betracht bezogen.

Außerdem offenbart die von der Beschwerdeführerin zitierte Passage auf Seite 7, erster Absatz (insbesondere Zeilen 17 bis 24), der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zwar einen Arbeitszylinder mit "ein[em] entsprechend dünne[n], aber druckdichte[n] Wandstück der Trennwand aus nicht-magnetisierbarem Material". Diese Passage betrifft aber nur eine "bevorzugte Variante" (Seite 7, erster Satz), und die Argumente der Beschwerdeführerin, wonach eine technische Zusammenwirkung zwischen einerseits der Dicke des druckdichten Wandstücks und andererseits der notwendigen magnetischen Durchdringung des Magnetfelds des Magneten durch das Wandstück bzw. den magnetischen Eigenschaften des Wandstücks bestehe, die die Verwendung eines nicht-magnetisierbaren Materials voraussetzte, beziehen sich auch nur auf diese bevorzugte Variante. Außerdem wird in Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung angegeben, dass die Trennwand "eine nicht magnetische Trennwand" ist, und die Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung enthält Ausführungsformen (Seite 13, letzter Absatz, bis Seite 15, dritter Absatz) mit einer druckdichten Trennwand, die als "bevorzugt nicht magnetisierbare" [Hervorhebung durch die Kammer] Trennwand beschrieben wird (Seite 15, dritter Absatz, erster Satz).

2.1.2 Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Tatsache, dass der geltende Anspruch 1 "eine nichtmagnetische druckdichte Trennwand" erfordert, ohne dabei anzugeben, dass die Trennwand aus einem nicht-magnetisierbaren Material besteht, nach der Auffassung der Kammer keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des Inhalts der ursprünglich eingereichten Anmeldung darstellt (Artikel 123 (2) EPÜ).

2.2 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass in der zitierten Passage auf Seite 7, erster Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldung der Magnet "auf der Signalachse des Seilzugsensors, die normalerweise direkt den mechanisch-elektronischen Signalwandler betätigt", befestigt sei. Somit bestehe eine funktionale Zusammenwirkung zwischen diesem Merkmal und dem nicht-magnetisierbaren Material dergestalt, dass das Wandstück nicht nur das Magnetfeld an sich hindurchtreten lassen müsse, sondern auch dessen Richtung nicht beeinflussen dürfe, denn die Befestigung des Magneten auf der Achse des Seilzugsensors führe dazu, dass sich das Magnetfeld hinsichtlich seiner Stärke bei Drehung des Seilzugsensors nicht ändere, sondern nur hinsichtlich seiner Richtung. Daher müsste zusammen mit dem Merkmal "nicht-magnetisierbares Material" auch die erwähnte Anordnung des Magneten in den Anspruch 1 übernommen werden.

Dieses Argument vermag die Kammer auch nicht zu überzeugen, weil es sich ebenfalls nur auf die oben bereits erwähnte bevorzugte Variante auf Seite 7, erster Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldung bezieht. Außerdem bezieht sich dieses Argument auch auf die nicht-magnetisierbare Eigenschaft des Materials des Wandstücks, und die Auslassung dieses Merkmals im geltenden Anspruch 1 - wie oben unter Nr. 2.1 bereits ausgeführt - geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus. Jedenfalls betrifft Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung eine Messanordnung mit zwei unterschiedlichen Teilanordnungen, d.h. einerseits eine mechanische Kupplung mit einem mechanischen Wandler zur Bewegung oder Positionierung eines Magneten aufgrund der Bewegung oder Stellung eines Gegenstandes, und andererseits eine Magnet-Sensor-Kupplung zur Erfassung der Bewegung oder Positionierung des Magneten von einem Sensor durch eine nicht magnetische Trennwand. In diesem technischen Kontext wird der Fachmann - wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen - die zwei entsprechenden Teilanordnungen gemäß der bevorzugten Variante auf Seite 7, erster Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht so untrennbar miteinander verknüpft betrachten, dass die Anordnung des Magneten auf der Signalachse des Seilzugsensors nicht durch andere in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarten Anordnungen ersetzbar wäre.

2.3 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass die Variante auf Seite 7, erster Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldung zwar als bevorzugt offenbart wurde, dass aber der Ausdruck "bevorzugten" in dem entsprechenden Absatz [0024] der erteilten Fassung der Beschreibung gestrichen wurde, sodass die dortigen Ausführungen nunmehr zwingende Merkmale aufgrund der Zäsurwirkung, die die Patenterteilung bewirke, seien.

Auch diesem Argument vermag die Kammer nicht zu folgen, weil sich die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ auf den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung und nicht auf den Inhalt der erteilten Fassung des Patents beziehen. Außerdem wäre die Frage der Zäsurwirkung durch die Erteilung eines Patents im Sinne der Rechtsprechung (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage 2022, II.E.2.3.2) nicht unter Artikel 123 (2) EPÜ, sondern unter Artikel 123 (3) EPÜ zu betrachten, und - wenn überhaupt - nur dann, wenn z.B. die Beschreibung der Patentschrift durch Wiederaufnahme des gestrichenen Ausdrucks "bevorzugten" in der erwähnten Passage in Absatz [0024] geändert worden wäre, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Es ist auch anzumerken, dass eine Beanstandung in dem Sinne, dass der geltende Anspruch 1 von Absatz [0024] der Patentschrift nicht gestützt wäre, einen Einwand unter Artikel 84 EPÜ darstellen würde, und dass eine solche Beanstandung nicht zu berücksichtigen wäre, weil das beanspruchte Merkmal "zwischen Magnet und Sensor eine nichtmagnetische druckdichte Trennwand vorgesehen ist" bereits im erteilten Anspruch 1 angegeben wurde und Artikel 84 EPÜ keinen Einspruchsgrund darstellt (vgl. Entscheidung G 3/14 (ABl. EPA 2015, A102)).

2.4 Somit ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, wie von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung bereits festgestellt, nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123 (2) EPÜ).

3. Artikel 123 (3) EPÜ

Die Überschrift des Abschnitts "1." auf Seiten 1 bis 5 der Beschwerdebegründung bezog sich nicht nur auf Artikel 123 (2) EPÜ, sondern auch auf Artikel 123 (3) EPÜ. Die Kammer kann aber in dem entsprechenden Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Argument identifizieren, das sich auf einen konkreten Einwand unter Artikel 123 (3) EPÜ bezieht bzw. einen solchen Einwand begründen könnte (siehe Nr. 2.3 oben, zweiter Absatz). Außerdem sieht die Kammer in der geänderten Fassung des Patents gemäß dem geltenden Antrag keine Verletzung der Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ.

4. Artikel 83 EPÜ

4.1 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung der Einspruchsabteilung entgegengetreten, wonach die beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart sei, und hat u.a. geltend gemacht, dass das Merkmal "sich ein Magnet aufgrund der Bewegung oder Stellung eines Gegenstandes (2) [...] bewegt oder positioniert" des geltenden Anspruchs 1 sowie die entsprechende Beschreibung in Absatz [0048] der Patentschrift bzw. in der Passage auf Seite 15, letzter Absatz, bis Seite 16, erster Absatz, der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung bestimmte Kreuz-Kombinationen - insbesondere die Kombination der Stellung des Gegenstandes mit der Bewegung bzw. mit der Positionierung des Magneten - enthalte, die nicht ausführbar seien.

Die Kammer weist darauf hin, dass die Begriffe "positioniert" und "Positionierung" in dem Ausdruck "sich ein Magnet [...] bewegt oder positioniert und diese Bewegung beziehungsweise Positionierung [...]" sich auf einen Prozess bezieht, bei dem der Magnet sich bewegt und zu einer bestimmten Position gebracht wird. Die Bewegung oder Positionierung des Magneten erfolgt in Anspruch 1 "aufgrund der Bewegung oder Stellung eines Gegenstandes" und mittels eines mechanischen Wandlers, der zwischen dem Gegenstand und dem Magnet angeordnet ist. In diesem technischen Kontext wie auch im Kontext der entsprechenden Beschreibung in Absatz [0048] der Patentschrift wird der Fachmann den Ausdruck "aufgrund der Bewegung oder Stellung [des] Gegenstandes" [Hervorhebung durch die Kammer] nicht wörtlich in dem Sinne verstehen, dass der Magnet sich entweder aufgrund der Bewegung oder lediglich aufgrund der statischen Position des Gegenstands bewegt, sondern in dem Sinne, dass die Bewegung bzw. Positionierung des Magneten von der Bewegung des Gegenstands bzw. von einer Änderung der Stellung des Gegenstands abhängt. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der hier einschlägige Fachmann erkennen würde, dass eine wörtliche bzw. rein formale Auslegung des Anspruchs in dem Sinne, dass die statische bzw. momentane Stellung des Gegenstands in eine Bewegung oder Positionierung des Magneten durch den mechanischen Wandler zwischen dem Gegenstand und dem Magnet gewandelt wird, keine technisch sinnvolle Auslegung des beanspruchten Arbeitszylinders darstellt.

Es ist in dieser Hinsicht auch anzumerken, dass die Formulierung des geltenden Anspruchs 1 "sich ein Magnet aufgrund der Bewegung oder Stellung eines Gegenstandes (2) [...] bewegt oder positioniert" in dem erteilten Anspruch 1 bereits enthalten ist und Artikel 84 EPÜ keinen Einspruchsgrund darstellt.

4.2 Die Beschwerdeführerin hat auch vorgetragen, dass bei einem rotierenden Magneten dieser nach jeder Umdrehung die gleiche Positionierung bzw. Drehlage trotz unterschiedlicher Stellung des Gegenstands einnehme, sodass diese Variante nicht ausführbar sei.

Dieses Argument ist aus Sicht der Kammer auch nicht überzeugend, weil bei einer solchen konkreten Ausführungsform des beanspruchten Arbeitszylinders dem Fachmann anhand des allgemeinen Fachwissens bzw. der Offenbarung der beanspruchten Erfindung - z.B. Zählung der Umdrehungen des Magneten (vgl. Patentschrift, Absatz [0026], erster Satz, und Absatz [0048], vorletzter Satz), Reduzierung des Wandlungsverhältnisses des mechanischen Wandlers (vgl. Patentschrift, Absatz [0013], zweiter Satz; Seite 4, Zeilen 9 und 10; Seite 4, Zeilen 33 bis 36; Absatz [0028]; Absatz [0034], erster und zweiter Satz; und Absatz [0058]) usw. - verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die eine solche Problematik lösen würden.

4.3 Die Beschwerdeführerin hat auch Argumente vorgebracht, wonach die beanspruchte Erfindung nicht auf eine nichtmagnetische Trennwand aus einem nicht-magnetisierbaren Material eingeschränkt und daher nicht ausführbar sei, insbesondere weil bei einer Trennwand aus einem magnetisierbaren Material das Material unter der Wirkung des Magneten magnetisch würde bzw. es die vom Sensor zu erfassenden Signale verfälschen würde.

Die Kammer weist in dieser Hinsicht auf Folgendes hin:

- Ein Arbeitszylinder mit einer Trendwand aus einem magnetisierbaren Material, das magnetisiert wurde bzw. magnetisch geworden ist, ist - wie oben unter Nr. 2.1.1, erster Absatz, bereits ausgeführt - nicht von Anspruch 1 umfasst. Insbesondere schließt Anspruch 1 Ausführungsformen mit einer Trennwand aus einem Material mit stark ausgeprägten magnetisierbaren Eigenschaften in Bezug auf die Stärke des Magnetfeldes des Magneten und den Abstand zwischen der Trennwand und dem Magnet implizit aus, weil eine solche Trennwand durch die Wirkung des magnetischen Feldes des Magneten sofort magnetisiert würde und der resultierende Arbeitszylinder keinen Arbeitszylinder gemäß Anspruch 1 darstellen würde.

- Sollte der Fachmann nicht ein nichtmagnetisches nicht-magnetisierbares, sondern ein nichtmagnetisches Material mit nicht sehr stark ausgeprägten magnetisierbaren Eigenschaften für die Trennwand auswählen, würde er den Arbeitszylinder so ausgestalten - z.B. durch Auswahl der Materialien der Komponenten des Arbeitszylinders (vgl. Patentschrift, Absatz [0021] und [0022], Absatz [0034], letzte fünf Zeilen, und Absatz [0036], letzter Satz) bzw. des Abstands zwischen der Trennwand und dem Magnet bzw. der Stärke des magnetischen Feldes des Magneten usw. -, dass das Material der Trennwand zumindest während einer relativ längeren Betriebszeit im Wesentlichen nichtmagnetisch bleiben und keine wesentliche Schwächung des durch die Wand hindurchgehenden Magnetfelds bewirken würde, und/oder geeignete Maßnahmen (z.B. eventuelle Entmagnetisierung der Trennwand usw.) ergreifen, um mögliche Störungen, die die magnetisierbaren Eigenschaften des Materials in der Erfassung der Bewegung bzw. Positionierung des Magneten durch den Sensor verursachen könnten, zu vermeiden bzw. zu kompensieren.

4.4 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass Anspruch 1 Ausführungsformen mit einer druckdichten aber nicht druckfesten Trennwand (z.B. einer Membran) umfasse, dass bei einer sich unter Druck verformenden Trennwand der Magnet und der Sensor einen entsprechend größeren Abstand zueinander einnehmen müssten, um eine Ausdehnung bzw. Biegung der dazwischen befindlichen membranartigen Trennwand zuzulassen, und dass dabei die Signalstärke, die quadratisch mit dem Abstand zum Magneten sinke, zu einer in der Praxis nicht mehr funktionierenden Ausführungsform führen würde.

Auch diese Argumente sind aus Sicht der Kammer nicht überzeugend. Der beanspruchte Arbeitszylinder ist als Hubzylinder vorgesehen und setzt daher implizit voraus, dass die Trennwand zumindest zu einem gewissen Grad druckfest ist. Außerdem hängt die Erfassung des Signals durch den Sensor von unterschiedlichen Faktoren ab, und bei einer Verbiegung der Trennwand in den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Ausmaßen würde der Fachmann aufgrund seines Fachwissens geeignete Maßnahmen ergreifen - z.B. eine druckfestere Trennwand und/oder eine Erhöhung der Sensibilität des Sensors usw. -, um eine Absenkung der Signalstärke zu minimieren bzw. deren Wirkung zu kompensieren.

4.5 Die Beschwerdeführerin hat auch vorgebracht, dass laut Anspruch 1 der Magnet nicht an der Seilzug-Anordnung angeordnet sein müsse, sodass in Anspruch 1 das erfindungswesentliche Merkmal fehle, wonach der Magnet "auf d[er] Signalachse des Seilzugsensors, die normalerweise direkt den mechanisch-elektronischen Signalwandler betätigt" (Seite 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung, Zeilen 17 bis 24, bzw. Patentschrift, Absatz [0024], letzter Satz) befestigt sein müsse, weil erst hierdurch erreicht werde, dass das durch die Wand hindurchtretende Magnetfeld bei Bewegung des Magneten nur seine Richtung, aber nicht auch seine Stärke, ändere.

Sofern dieses Argument die Frage der Ausführbarkeit - und nicht andere Erfordernisse des EPÜ, insbesondere des Artikels 123 (2) EPÜ (vgl. Nr. 2.2 oben) - betrifft, weist die Kammer darauf hin, dass Anspruch 1 bereits Angaben über die Anordnung des Magneten enthält ("zwischen dem Gegenstand (2) und dem Magnet ein mechanischer Wandler angeordnet ist", "der mechanische Wandler als Seilzuganordnung [...] ausgebildet ist", und "zwischen Magnet und Sensor eine [...] Trennwand vorgesehen ist"), dass das von der Beschwerdeführerin erwähnte Merkmal nur eine (siehe Absatz [0024]) der in der Patentschrift offenbarten unterschiedlichen Ausführungsformen dieser Anordnung (vgl. Fig. 1 bis 5 und die entsprechende Beschreibung) betrifft, und dass - anders als von der Beschwerdeführerin angenommen - weder die beanspruchte Erfindung (vgl. Anspruch 1), noch - wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen - die Offenbarung der Erfindung in der Beschreibung der Patentschrift auf eine Änderung von nur der Richtung des durch die Wand hindurchtretenden Magnetfelds beschränkt ist. Nach der Auffassung der Kammer ist daher nicht ersichtlich, in welchem Sinne die Auslassung in Anspruch 1 des von der Beschwerdeführerin als wesentlich betrachteten Merkmals die Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung in Frage stellt.

4.6 Somit ist die Kammer der Auffassung, dass das Patent in der geltenden geänderten Fassung die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

5. Neuheit

5.1 Druckschrift D1

5.1.1 Die Druckschrift D1 offenbart einen Überdruck-Messseil-Wegsensor (Zusammenfassung), der u.a. zur Ermittlung der momentanen Position der Kabine eines Aufzuges einsetzbar ist (Spalte 1, erster und zweiter Absatz). Der Messseil-Wegsensor (Fig. 3 und 4) besteht aus einer innerhalb einer Haube 15 liegenden Seiltrommel 5 zum Aufwickeln des Messseils 22 und einem außerhalb der Haube liegenden Drehlagen-Sensor 19 für die Seiltrommel, wobei der Drehlagen-Sensor mit der Seiltrommel über eine Magnetkupplung 35a und 35b verbunden ist (Spalte 6, Zeilen 22 bis 34). Die Magnetkopplung besteht aus einem ersten Magnet 35a, der innerhalb der Haube liegt und mit der Seiltrommel drehfest verbunden ist, und einem zweiten Magnet 35b, der außerhalb der Haube liegt und mit dem Drehlagen-Sensor verbunden ist (Spalte 6, Zeilen 26 bis 54).

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung der Einspruchsabteilung entgegengetreten, wonach die beanspruchte Erfindung neu gegenüber der Druckschrift D1 sei. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Fachmann die Kabine eines Aufzugs als Gegenstand in einem druckbeaufschlagten Raum eines Arbeitszylinders im Sinne von Anspruch 1 ansehen würde, wobei der Aufzugschacht und die Kabine jeweils den Zylinder und den Kolben des Arbeitszylinders darstellten.

5.1.2 Die Kammer weist darauf hin, dass Anspruch 1 auf einen "Arbeitszylinder" gerichtet ist, d.h. auf einem Zylinder, der - wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen - mit einem Druck beaufschlagt wird und aufgrund dieser Druckbeaufschlagung einen Gegenstand, z.B. einen Kolben, bewegt. Außerdem ist der beanspruchte Arbeitszylinder "als Hubzylinder vorgesehen" und daher als Hubzylinder einsetzbar. Nach Auffassung der Kammer ist der Druckschrift D1 aber nicht entnehmbar, dass die Aufzugkabine und der Aufzugschacht derart ausgestaltet sind, dass sie als Arbeitszylinder bzw. als Hubzylinder einsetzbar sind. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, ist der Querschnitt eines konventionellen Aufzugschachts zwar nicht wesentlich größer als der Querschnitt der Aufzugkabine. Die erwähnten Querschnitte sind aber nicht so dicht zueinander angepasst und der Aufzugschacht ist auch nicht so dicht abgeschlossen, dass die Aufzugkabine als Kolben eines Arbeitszylinders funktionieren würde oder dass sie zusammen mit dem Aufzugschacht als Arbeitszylinder bzw. als Hubzylinder einsetzbar wäre.

Dazu ist auch anzumerken, dass, auch wenn Arbeitszylinder und Aufzüge bestimmte technische Ähnlichkeiten - insbesondere ein Zusammenspiel zwischen Druckaufbau und Bewegung eines Gegenstands - aufweisen, weder der Fachmann auf dem technischen Gebiet der Aufzüge noch der Fachmann auf dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder bzw. Hubzylinder den in der Druckschrift D1 offenbarten Aufzug - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - als Arbeitszylinder bzw. Hubzylinder betrachten würden.

Die Beschwerdeführerin hat weitere Argumente vorgetragen, die auf unterschiedliche Arten von Aufzügen, insbesondere auf Hydraulik- und Wasserdruck-Aufzügen, basieren. Diesen Argumenten kann die Kammer aber auch nicht folgen, weil der Druckschrift D1 keine von einem Hubzylinder abgestützte Aufzugkabine und insbesondere keine Hydraulik- oder Wasserdruck-Aufzüge zu entnehmen sind.

5.1.3 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass die Druckschrift keinen Arbeitszylinder offenbart und dass der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber der Druckschrift D1 ist (Artikel 54 (1) EPÜ).

5.2 Druckschrift D5

Die Druckschrift D5 (Zusammenfassung und Fig. 1) offenbart einen Arbeitszylinder mit einer Messanordnung, mit der die Position des Kolbens (Kolben 21) des Arbeitszylinders detektiert und ermittelt wird. Die Messanordnung besteht aus einem Magnet (Dauermagnet 31), der an der Unterseite des Kolbens montiert ist, und einem magnetfeldempfindlichen Sensor (magnetischer Resonanzsensor 32), der außerhalb des Arbeitszylinders am Zylinderboden angeordnet ist.

Der beanspruchte Arbeitszylinder unterscheidet sich von dem Arbeitszylinder der Druckschrift D5 zumindest durch den beanspruchten mechanischen Wandler zwischen dem Kolben und dem Magnet.

5.3 Druckschrift D6

Die Druckschrift D6 (Fig. 1 und 2 und die entsprechende Beschreibung, siehe insbesondere Dokument D6', Seite 1, erster Absatz, und Absatz [0032] und [0033]) offenbart einen Arbeitszylinder mit einer Messanordnung zur Ermittlung der Position des Kolbens. Die Messanordnung besteht aus einem Magnet (Magnetanordnung von Magneten 27, siehe Fig. 2 und D6', Absatz [0032]), einem magnetischen Sensor (Sensor 28) und einer Seilzuganordnung (Seil 26 und Anordnung 19, siehe D6', Absatz [0029]). Der magnetische Sensor ist in die Zylinderwand eingeschraubt (Fig. 1 und D6', Absatz [0033]).

Der Druckschrift D6 ist nicht entnehmbar, dass die Zylinderwand aus einem nichtmagnetischen Material besteht. Der Arbeitszylinder weist zwar einen zweiten magnetischen Sensor 29, insbesondere einen Hall-Sensor, auf, der den Kolben in dessen Grundposition erfasst und außerhalb des Arbeitszylinders angeordnet ist (Fig. 1 und D6', Absatz [0034]). Diese Anordnung schließt aber nicht aus, dass die Zylinderwand aus einem magnetischen - aber, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, magnetisch-durchlässigen - Material besteht, z.B. wenn der Kolben ebenfalls aus einem magnetischen Material besteht und der Hall-Sensor Variationen in dem durch die Zylinderwand und den beweglichen Kolben induzierten magnetischen Feld erfasst.

Der beanspruchte Arbeitszylinder unterscheidet sich daher von dem Arbeitszylinder der Druckschrift D6 dadurch, dass, während der Sensor der Druckschrift D6 in die Zylinderwand eingeschraubt und der Magnetanordnung unmittelbar zugewandt montiert wird, in der beanspruchten Anordnung der Magnet und der Sensor durch einen nichtmagnetischen, als Trennwand gestalteten Teil des Zylinders getrennt sind.

5.4 Die übrigen Dokumente des Stands der Technik sind weniger relevant als die Druckschriften D1, D5 und D6.

5.5 Die Kammer ist somit der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 und daher auch der der abhängigen Ansprüche 2 bis 14 neu gegenüber dem vorhandenen Stand der Technik ist (Artikel 54 (1) EPÜ).

6. Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung der Einspruchsabteilung entgegengetreten, wonach die beanspruchte Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, und sie hat diesbezüglich unterschiedliche Argumentationslinien vorgebracht.

6.1 Allgemeines Fachwissen in dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder in Kombination mit der Druckschrift D1

Die Kammer weist zuerst darauf hin, dass die Druckschrift D1 (vgl. Nr. 5.1 oben) zum technischen Gebiet der Messseil-Wegsensoren zur Ermittlung u.a. der momentanen Position der Kabine eines Aufzuges bzw. des Ruders eines Leitwerks an einem Flugzeug (Spalte 1, erster Absatz) gehört, und dass, auch wenn solche Wegsensoren in Vorrichtungen eingesetzt werden, die unter einem Differenzdruck betrieben werden (D1, Zusammenfassung), und strukturelle Ähnlichkeiten mit einem Arbeitszylinder aufweisen, dieses technische Gebiet - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht - ein anderes technisches Gebiet als das Gebiet der Arbeitszylinder betrifft, die unter erhöhtem Druck arbeiten und eine andere Funktionsweise als die Vorrichtungen der Druckschrift D1 haben.

Bezüglich der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Kombination des allgemeinen Fachwissens in dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder mit der Druckschrift D1 stellt sich die Frage, warum der auf dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder zuständige Fachmann, ausgehend von einem aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannten allgemeinen Arbeitszylinder, statt Arbeitszylindern, die in diesem technischen Gebiet bereits bekannt sind (siehe z.B. die Druckschriften D5 und D6), das konkrete technische Gebiet, zu dem die Druckschrift D1 gehört, in Betracht ziehen würde, um einen konkreten Arbeitszylinder zu schaffen bzw. eine Weiterentwicklung eines allgemeinen Arbeitszylinders zu erzielen.

In der mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die vom beanspruchten Arbeitszylinder gelöste technische Aufgabe darin bestehe, eine Messanordnung für den Kolben des Arbeitszylinders zu finden, ohne dass dabei die Dichtigkeit des Arbeitszylinders beeinträchtigt werde, und dass der Fachmann die beanspruchte Lösung in der Druckschrift D1 sehen würde.

Dieses Argument ist nach Auffassung der Kammer aber nicht überzeugend, weil das technische Gebiet der Arbeitszylinder dem Fachmann bereits Lösungen zu dieser technischen Aufgabe bietet - siehe z.B. die Arbeitszylinder der Druckschriften D5 und D6 - und für die Kammer nicht ersichtlich ist, warum der Fachmann Lösungen in anderen Gebieten, insbesondere in dem konkreten technischen Gebiet der Messseil-Wegsensoren zur Ermittlung u.a. der momentanen Position der Kabine eines Aufzuges, zu dem die Druckschrift D1 gehört, nicht nur in Betracht hätte ziehen können, sondern tatsächlich auch gezogen hätte.

Aus diesem Grund ist die entsprechende Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugend.

6.2 Druckschrift D1 unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens in dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin eine Argumentation vorgetragen, die auf der Druckschrift D1 als nächstkommenden Stand der Technik unter Berücksichtigung - und zwar als "Vorgabe" - des allgemeinen Fachwissens in dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder basiert. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass die meisten Merkmale des Anspruchs 1 die Messanordnung und nicht den Arbeitszylinder an sich beträfen, und dass die objektive technische Aufgabe ausgehend von der Druckschrift D1 als nächstkommendem Stand der Technik darin zu sehen sei, einen Arbeitszylinder mit der Messanordnung der Druckschrift D1 zur Verfügung zu stellen bzw. die Messanordnung der Druckschrift D1 in einen Arbeitszylinder zu integrieren. Auf Nachfrage der Kammer brachte die Beschwerdeführerin auch vor, dass dabei nicht auf den Fachmann auf dem Gebiet der Druckschrift D1, sondern auf den Fachmann auf dem Gebiet der Arbeitszylinder abzustellen sei, wobei sich dieser die Frage stelle, welche Messanordnungen im Stand der Technik bekannt seien, die in einem Arbeitszylinder verwendet werden können.

Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Argumentation auf einer ex-post-facto-Analyse beruht. Bei einer objektiven und realistischen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach dem Aufgabe-Lösung-Ansatz auf der Basis der Druckschrift D1 als nächstkommendem Stand der Technik soll prinzipiell als Fachmann der Fachmann auf dem Gebiet, zu dem die Druckschrift D1 gehört, betrachtet werden, und nicht von vornherein ein Fachmann auf einem anderen Gebiet, geschweige denn der Fachmann auf dem Gebiet, zu dem die Lösung gehört. Außerdem ist die Argumentation der Beschwerdeführerin insofern inkonsistent, als bei einer Argumentation basierend auf einem Fachmann auf dem Gebiet der Arbeitszylinder, der zwecks Bereitstellung bzw. Weiterentwicklung eines Arbeitszylinders - gegebenenfalls mit einer Messanordnung für den Kolben - von vornherein die Messanordnung der Druckschrift D1 betrachten würde, der eigentliche Ausgangspunkt bzw. der eigentliche nächstkommende Stand der Technik dann ein allgemeiner Arbeitszylinder (siehe Nr. 6.1 oben) und nicht die Messanordnung der Druckschrift D1 wäre. Des Weiteren kann die Kammer der von der Beschwerdeführerin formulierten Aufgabe, einen Arbeitszylinder mit der Messanordnung der Druckschrift D1 bereitzustellen bzw. die Messanordnung der Druckschrift D1 in einen Arbeitszylinder zu integrieren, nicht ohne Weiteres zustimmen, weil eine solche Formulierung der Aufgabe - wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen - bereits Elemente der Lösung, d.h. die Verwendung einer Messanordnung des in der Druckschrift D1 offenbarten Typs in einem Arbeitszylinder, beinhaltet.

Aus diesen Gründen kann der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden.

6.3 Druckschrift D1 in Kombination mit der Druckschrift D5 oder mit der Druckschrift D6

In Bezug auf die Druckschrift D1 als nächstliegenden Stand der Technik in Kombination mit der Druckschrift D5 oder D6 ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin keinen Grund angegeben hat, warum der Fachmann auf dem technischen Gebiet, zu dem die Druckschrift D1 gehört, d.h. dem Gebiet der Messseil-Wegsensoren zur Ermittlung u.a. der momentanen Position der Kabine eines Aufzuges, ausgehend von der Druckschrift D1 in Betracht ziehen würde, die Messanordnung der Druckschrift D1 in Vorrichtungen anderer technischer Gebiete, insbesondere in den Arbeitszylinder der Druckschrift D5 oder der Druckschrift D6, zu integrieren. Die Beschwerdeführerin sieht die objektive technische Aufgabe darin, die Bauteile der Messanordnung der Druckschrift D1 in einer Arbeitszylinder-Einheit anzuordnen, um dort die Kolbenposition zu überwachen. Diese Formulierung der objektive Aufgabe enthält aber bereits teilweise die beanspruchte Lösung, sodass eine solche Argumentation nicht geeignet ist, die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Erfindung in Frage zu stellen.

Aus diesem Grund hält die Kammer diese Argumentation der Beschwerdeführerin für nicht überzeugend.

6.4 Druckschrift D5 oder D6 in Kombination mit der Druckschrift D1

Hinsichtlich der Kombination der Druckschrift D5 oder der Druckschrift D6 mit der Druckschrift D1 ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin keinen Grund angegeben hat, warum der auf dem technischen Gebiet der Arbeitszylinder zuständige Fachmann ausgehend von dem in der Druckschrift D5 oder in der Druckschrift D6 offenbarten Arbeitszylinder das konkrete technische Gebiet, zu dem die Druckschrift D1 gehört (vgl. Nr. 6.1 oben, erster Absatz), in Betracht ziehen würde, um eine Weiterentwicklung des Arbeitszylinders der Druckschrift D5 bzw. D6 zu erzielen. Insbesondere würde weder die objektive technische Aufgabe, eine Alternative zu der Messanordnung der Druckschrift D5 bzw. D6 zu finden, noch die objektive technische Aufgabe, die Entstehung von möglichen Undichtigkeiten in dem Arbeitszylinder der Druckschrift D6 zu vermeiden, dem Fachmann eine Anregung vermitteln, das konkrete technische Gebiet der Messseil-Wegsensoren zur Ermittlung u.a. der momentanen Position der Kabine eines Aufzuges in Betracht zu ziehen.

Aus diesem Grund ist diese alternative Argumentation der Beschwerdeführerin aus Sicht der Kammer nicht überzeugend.

6.5 Druckschrift D6 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen

Hinsichtlich der Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D6 (vgl. Nr. 5.3 oben) hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass die objektive technische Aufgabe darin liege, eine Alternative zu finden bzw. die Entstehung von potenziellen Undichtigkeiten zu vermeiden bzw. den Sensor gegen den hohen Druck und gegen die Flüssigkeit im Druckraum zu schützen, und dass die beanspruchte Erfindung aufgrund des allgemeinen Fachwissens und aufgrund der Lehre der Druckschrift D6 betreffend die Verwendung eines zweiten magnetfeldempfindlichen Sensors 29, insbesondere eines Hall-Sensors, der außen zur Detektion des Kolbens liegt, naheliegend sei.

Es stellt sich die Frage, ob der Fachmann in Anbetracht der von der Beschwerdeführerin formulierten objektiven Aufgabe(n) in Betracht ziehen würde - und nicht nur könnte -, den magnetischen Sensor 28 außerhalb des Arbeitszylinders anzuordnen und zumindest den Teil der Zylinderwand zwischen dem magnetischen Sensor und der Magnetanordnung 27 aus nichtmagnetischem Material zu gestalten.

Die Kammer weist in dieser Hinsicht auf Folgendes hin:

- Einerseits könnte die Anordnung des zweiten magnetischen Sensors 29 außerhalb des Arbeitszylinders der Druckschrift D6 - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - dem Fachmann einen Hinweis darauf liefern, dass der magnetische Sensor 28 ebenfalls außerhalb des Arbeitszylinders angeordnet werden könnte.

- Andererseits ist aber die Druckschrift D6 - wie von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung ausgeführt und von der Beschwerdegegnerin betont - ausdrücklich darauf gerichtet, den magnetischen Sensor 28 nicht außerhalb des Arbeitszylinders anzuordnen, insbesondere um den Montageaufwand zu reduzieren (D6', Seite 1, erster Absatz, und Absatz [0043]), und den magnetischen Sensor 28 unmittelbar in der Nähe vor der Magnetanordnung 27 (Fig. 1 und 2) unterzubringen. Außerdem ist dem Fachmann ersichtlich, dass die Erfassung der relativ komplexen Magnetanordnung 27 (vgl. Fig. 2) durch den magnetischen Sensor 28 eine höhere Empfindlichkeit und Präzision als die bloße Erfassung des Kolbens in dessen Grundposition durch den zweiten magnetischen Sensor 29 erfordert.

Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass die konkrete Lehre der Druckschrift D6 und die Merkmale des darin offenbarten Arbeitszylinders den Fachmann davon abhalten würden, den magnetischen Sensor 28 außerhalb des Arbeitszylinders anzubringen, u.a. weil eine solche Repositionierung des Sensors zu einer Anordnung führen würde, die aufgrund der Zylinderwand zwischen dem Sensor und der Magnetanordnung 27 (siehe Nr. 5.3 oben, zweiter Absatz) und auch aufgrund des höheren Abstands zwischen dem Sensor und der Magnetanordnung eine effiziente und präzise Erfassung der Magnetanordnung 27 und damit eine genaue Messung der aktuellen Position des Kolbens beeinträchtigen würde.

Daher ist diese Argumentation der Beschwerdeführerin nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht überzeugend.

6.6 Wie aus den obigen Überlegungen ersichtlich, ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 - und somit auch der der abhängigen Ansprüche 2 bis 14 - sich nicht in naheliegender Weise aus den Druckschriften D1, D5 und D6 und aus dem allgemeinen Fachwissen in den entsprechenden technischen Gebieten ergibt (Artikel 56 EPÜ).

7. Aus den oben dargelegten Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass das Patent in der vor der Einspruchsabteilung geänderten Fassung gemäß dem Hilfsantrag 2 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin den Erfordernissen des Übereinkommens genügen (Artikel 101 (3) a) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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