European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T211919.20221110 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 November 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2119/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11718740.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09K 11/00 B42D 15/00 G06K 7/10 G06K 19/14 H04W 12/00 G06K 19/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | KOMBINATION VON LUMINESZENZSTOFFEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Swiss Authentication Research and Development AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Neuheit - Hilfsantrag (ja) Neuheit - Auswahl aus einem Bereich Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Alternative Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise Ausreichende Offenbarung - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, ihren Einspruch unter Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
Die Einspruchsabteilung sah die unter Artikel 100(a)(b) EPÜ vorgebrachten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit, mangelnden erfinderischen Tätigkeit und mangelnden Ausführbarkeit nicht als Hindernis zur Aufrechterhaltung des Patents an.
II. Auf folgende Dokumente wird in der vorliegenden Entscheidung Bezug genommen:
D1: |AU 34903/84 A |
D1':|EP 0 147 252 |
D4: |GB 2 258 659 |
D16:|WO 2008/000461 |
D20: |Anlage eingereicht im Einspruchsverfahren am 4. Februar 2019, schwarz-weiß|
D20': |Anlage eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, farbig |
D21: |Erklärung von Dieter Ebert, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung |
D22:|DE 10 2009 029 395 A1 |
III. In ihrer Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vor:
Die beanspruchten lumineszierenden Zusammensetzungen, insbesondere die Komponente (a), seien im Patent nicht ausreichend offenbart (Artikel 83 EPÜ).
Neuheit gegenüber D4 und D1 sei nicht gegeben (Artikel 54 EPÜ).
Die beanspruchten lumineszierenden Zusammensetzungen seien für den Fachmann nahegelegt, und zwar wahlweise ausgehend von D1, D4 oder D16.
Sie beantragte den Widerruf des Patents.
IV. In ihrer Beschwerdeerwiderung brachte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) im wesentlichen folgendes vor:
D1 und D1' hätten von der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen werden dürfen. Das Veröffentlichungsdatum der D1 sei unklar und D1' sei zu spät eingereicht worden.
Die beanspruchten Zusammensetzungen seien ausreichend offenbart. Insbesondere sei die Komponente (a) bereits im Stand der Technik beschrieben.
Neuheit gegenüber D1 und D4 sei gegeben.
Ausgehend von D1 oder D4 seien die beanspruchten Zusammensetzungen nicht nahegelegt. Zum Beleg verbesserter Eigenschaften wurden die Dokumente D20' und D21 eingereicht. Der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D16 sei neu und sollte nicht ins Verfahren zugelassen werden.
Sie beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 101(3)(a) EPÜ basierend auf zwei bereits im Einspruchsverfahren eingereichten Anspruchssätzen.
V. In einer weiteren Eingabe vom 17. August 2020 beantragte die Beschwerdeführerin, die neu eingereichten Dokumente D20' und D21 nicht mehr ins Verfahren zuzulassen. Gleichzeitig reichte sie Dokument D22 ein, um ihre Argumente bezüglich mangelnder Ausführbarkeit zu untermauern.
VI. Die Kammer erließ am 18. Juli 2022 einen Bescheid unter Artikel 15(1) VOBK 2020, in dem sie eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage vornahm.
Die Kammer war der vorläufigen Ansicht, D1 und D1' befänden sich im Verfahren.
Die beanspruchten Zusammensetzungen seien in ausführbarer Weise beschrieben.
Neuheit gegenüber D4 müsse in der Verhandlung diskutiert werden. D1 sei nicht neuheitsschädlich. Das in Anspruch 14 des Patents beanspruchte Auslesesystem enthalte die beanspruchte Zusammensetzung nicht und sei daher nicht neu.
Erfinderische Tätigkeit müsse ausgehend von D1 als nächstem Stand der Technik diskutiert werden.
VII. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2022 reichte die Beschwerdegegnerin drei weitere Hilfsanträge zur Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form ein.
VIII. Zur Entscheidung stehende Anspruchssätze
Anspruch 1 des erteilten Patents, sowie des Hilfsantrags III lautet:
"Lumineszierende Zusammensetzung, enthaltend
(a) eine durch IR-Strahlung anregbare Komponente, umfassend zumindest ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Lanthanoidionen, und
(b) eine durch UV-Strahlung anregbare Komponente,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Komponente (a) ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Yttrium und ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von mindestens einem weiteren Element ausgewählt aus Lanthan, Cer, Praseodym, Neodym, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium, Ytterbium und Lutetium sowie gegebenenfalls mindestens einen Dotierstoff, ausgewählt aus Oxiden und/oder Fluoriden von Haupt- oder Nebengruppenelementen, enthält, wobei das Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Yttrium in einem Anteil von >= 85 mol-% bezogen auf die gesamte Komponente (a) vorliegt."
Anspruch 14 des erteilten Patents lautet:
"Auslesesystem zum Nachweis einer Lumineszenzmarkierung umfassend eine Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1-8 in einem Stoff oder Stoffgemisch, enthaltend:
(i) eine erste Strahlenquelle im IR-Bereich,
(ii) eine zweite Strahlenquelle im UV-Bereich,
(iii) gegebenenfalls einen Kontaktsensor zur Aktivierung der ersten und zweiten Strahlenquelle bei Kontakt des Auslesesystems mit einem Stoff oder Stoffgemisch und
(iv) mindestens ein optisches Detektionselement für den selektiven Nachweis von spezifischen Emissionslinien oder Lumineszenzmarkierung, wobei das Detektionselement insbesondere ein CCD-Modul gekoppelt mit einem Spektrometer umfasst."
In Anspruch 1 der Hilfsanträge I und IV ist im Vergleich zu Anspruch 1 des erteilten Patents bzw. Hilfsantrag III in der Definition der Komponente (a) das Wort "gegebenenfalls" gestrichen, so dass dieser Anspruch zwingend ein Dotiermaterial vorschreibt:
"Lumineszierende Zusammensetzung, enthaltend
(a) eine durch IR-Strahlung anregbare Komponente, umfassend zumindest ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Lanthanoidionen, und
(b) eine durch UV-Strahlung anregbare Komponente,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Komponente (a) ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Yttrium und ein Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von mindestens einem weiteren Element ausgewählt aus Lanthan, Cer, Praseodym, Neodym, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium, Ytterbium und Lutetium sowie [deleted: gegebenenfalls] mindestens einen Dotierstoff, ausgewählt aus Oxiden und/oder Fluoriden von Haupt- oder Nebengruppenelementen, enthält, wobei das Oxid, Oxidsulfid oder Oxidfluorid von Yttrium in einem Anteil von >= 85 mol-% bezogen auf die gesamte Komponente (a) vorliegt."
In Hilfsantrag IV ist zudem Anspruch 14 gestrichen.
Der Wortlaut der Ansprüche der Hilfsanträge II und V ist nicht entscheidungsrelevant.
IX. Am 10. November 2022 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Parteien trugen zu allen strittigen Punkten vor. Die Argumentation der Parteien zu den entscheidungswesentlichen Punkten ist unten in den Entscheidungsgründen wiedergegeben.
Die Schlussanträge der Parteien waren die folgenden:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Grundlage eines der folgenden Hilfsanträge:
im Einspruchsverfahren gestellte Hilfsanträge I und II, die mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht wurden;
Hilfsanträge III bis V, eingereicht mit Schreiben vom 31. Oktober 2022.
Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung der Dokumente D1 und D1' im Einspruchsverfahren
D1 wurde innerhalb der in Artikel 99(1) EPÜ definierten Einspruchsfrist mit der Einspruchsschrift eingereicht und bedurfte daher keiner gesonderten Zulassung durch die Einspruchsabteilung. Die Beschwerdegegnerin hat angezweifelt, ob und in welcher Form diese Australische Anmeldung veröffentlicht wurde. Dies ist eine Frage der Beweiswürdigung und nicht der Zulässigkeit. Zweifel an der Veröffentlichung der D1 vor dem beanspruchten Prioritätstag sind jedoch unbegründet. Die Einspruchsabteilung hat eine beglaubigte Kopie des Dokuments geprüft. In den einschlägigen Datenbanken ist es ebenfalls verfügbar, wie von der Beschwerdeführerin richtigerweise vorgebracht. Es ist beispielweise als AU198434903 in der vom Europäischen Patentamt unterhaltenen Datenbank Espacenet auffindbar. Die Berücksichtigung der D1 durch die Einspruchsabteilung ist daher nicht zu beanstanden.
D1 befindet sich im Verfahren. D1' enthält eine im wesentlichen identische Offenbarung und braucht deshalb nicht berücksichtigt zu werden.
Patent wie erteilt
3. Neuheit (Artikel 100(a) und 54 EPÜ)
3.1 D4
3.1.1 D4 betrifft Lumineszenzmaterialien mit Anti-Stokes-Verhalten (siehe Anspruch 1). Diese Materialien entsprechen der vorliegend definierten Komponente (a), da sie mit IR-Licht angeregt werden können, siehe etwa Seite 1 Zeilen 14ff. Gemäß Seite 6, Zeilen 18-24 können diese Materialien mit "normalen" UV-anregbaren Lumineszenzmaterialien gemischt werden, um den Effekt der IR-anregbaren Materialien zu verschleiern. Diese UV-anregbaren Materialien entsprechen der vorliegend definierten Komponente (b).
3.1.2 Beispiele 7 und 8 offenbaren ein solches Gemisch, wobei ein Zinksulfid als UV-anregbare Komponente und das Material aus Beispiel 1 als IR-anregbare Komponente verwendet werden. Dass das Zinksulfid bei Anregung mit UV-Licht im sichtbaren Bereich fluoresziert, ist in Beispiel 7 explizit angegeben.
In Beispiel 1 wird das IR-anregbare Material hergestellt, indem 20g einer Mischung aus Yttriumoxid, Ytterbiumoxid und Erbiumoxid mit einer Mischung aus Kaliumfluorid, Natriumcarbonat und Schwefel bei 1100°C geglüht und nach Abkühlung mit Wasser ausgelaugt, getrocknet und gesiebt werden. Dadurch werden aus den Oxiden Oxysulfide hergestellt, wie am Ende des Beispiels ausgeführt ist.
3.1.3 Die zunächst hergestellte Oxidmischung enthält 86,5 mol-% Yttriumoxid. 20g dieser Mischung werden als Ausgangsmaterial für die Reaktion mit der schwefelhaltigen Mischung verwendet. Dieses Ausgangsmaterial enthält daher ebenfalls 86,5 mol-% Yttriumoxid. Dies war unstrittig.
Wie von der Beschwerdeführerin richtigerweise vorgebracht, ändert sich das Molverhältnis der Metalle untereinander beim (teilweisen) Ersatz von Sauerstoff durch Schwefel nicht.
Das entstehende Oxysulfid von Yttrium liegt daher ebenfalls in einem molaren Anteil von 86,5% in der Komponente (a) vor, wie von Anspruch 1 verlangt.
Die in Beispielen 7 und 8 beschriebenen Zusammensetzungen, die neben der in Beispiel 1 beschriebenen IR-anregbaren Komponente (a) auch noch eine UV-anregbare Komponente enthalten, sind daher neuheitsschädlich für Anspruch 1 des Streitpatents.
3.1.4 Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, das in Beispiel 1 beschriebene Molverhältnis von 86,5% Yttriumoxid bezöge sich nur auf das Ausgangmaterial der Reaktion. Ob dieses Verhältnis auch noch in den entstehenden Oxysulfiden bestehe, sei dort nicht angegeben. Es sei ja durchaus denkbar, dass in der beschriebenen Reaktion ein Teil des Yttriumoxids zu anderen, nicht von Anspruch 1 erfassten Produkten wie etwa Fluoriden, reagiere und daher das anspruchsgemäße Verhältnis in den Produkten nicht mehr eingehalten werde. Es sei auch möglich, dass sich teilweise lösliche Produkte, bildeten, die beim anschließenden Auslaugen entfernt würden.
Die Beweislast dafür, dass D4 neuheitsschädlich sei, liege bei der Beschwerdeführerin. Es liege keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung des Anspruchsgegenstands vor.
3.1.5 Dieses Vorbringen der Beschwerdegegnerin überzeugt nicht.
Dass die in Beispiel 1 der D4 beschriebene Umsetzung der Herstellung von Oxysulfiden dient, ist in D4 eindeutig beschrieben, siehe Seite 3 Zeilen 1-25 oder Seite 4, Zeilen 7-14. Auch in Beispiel 1 selbst ist dies am Ende erwähnt. Nebenreaktionen werden in D4 nicht beschrieben. Auf Seite 4, Zeilen 15-18 ist vielmehr angegeben, das das Verhältnis der Metalle untereinander "vor dem Glühen" variiert werden kann. Ein möglicher Einfluss des Glühens oder nachfolgender Verfahrensschritte auf dieses Verhältnis wird dagegen nicht erwähnt.
Die Beschwerdegegnerin ist jeden Beleg für das Auftreten solcher im Stand der Technik nicht erwähnter Nebenreaktionen schuldig geblieben. In derartigen Nebenreaktionen müsste überdies Yttrium in einem höheren Maße reagieren, als Ytterbium und Erbium, um das Verhältnis der Metalle untereinander zu beeinflussen. Nichts dergleichen wurde konkret vorgetragen, geschweige denn belegt.
Die Beschwerdeführerin ist aus den oben angeführten Gründen ihrer Beweispflicht nachgekommen. Sie hat die Neuheitsschädlichkeit der in D4 beschriebenen Zusammensetzungen überzeugend dargelegt. Insofern wäre es an der Beschwerdegegnerin, ihrerseits nachzuweisen, dass der beanspruchte Gegenstand doch neu ist. Eine Umkehr der Beweislast ist insofern gerechtfertigt. Es handelt sich hier nicht, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, um eine Situation, in der sie sich als Patentinhaberin mittels von ihr zu erbringender Beweise gegen unbelegte Behauptungen der Einsprechenden zur Wehr setzen müsste.
3.1.6 Anspruch 1 des erteilten Patents ist daher nicht neu gegenüber D4.
3.2 D1
3.2.1 D1 offenbart (siehe Anspruch 1) eine Zusammensetzung zur Kennzeichnung von Dokumenten, die eine Substanz (A) und eine Substanz (B) enthält. Dabei lässt sich Substanz (A) im UV-Bereich ("shorter than 400 nm") anregen, während sich Substanz (B) im IR-Bereich ("longer than 800 nm") anregen lässt. Substanz (B) entspricht daher vorliegender Komponente (a).
3.2.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass die in Anspruch 20 bzw. auf Seite 12 Zeilen 28ff definierten Verbindungen unter die Definition der Komponente (a) in Anspruch 1 fallen und dieser daher von D1 neuheitsschädlich vorweggenommen werde.
Bei dieser Stofffamilie handelt es sich um Verbindungen mit der allgemeinen Formel (X):
Ln'1-x'-y'Ybx'L'y'F3-alpha'Oalpha'/2
Die für die einzelnen Variablen angegebenen Werte sind die folgenden:
Ln' ist Yttrium, Lanthan, Lutetium oder Gadolinium
x' liegt zwischen 0,004 und 0,4
y' liegt zwischen 0,001 und 0,10
alpha' liegt zwischen 0 und 3.
Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass bei der Wahl eines konkreten Parametersatzes für x', y' und alpha eine neuheitsschädliche Offenbarung entstehe. Dies treffe etwa bei der Wahl der ausdrücklich offenbarten Grenzwerten x'=0,04, y'=0,001 und alpha'=3 zu.
Dies ist nicht überzeugend. Ein solches Vorgehen führt zu keiner der D1 direkt und eindeutig zu entnehmenden Offenbarung. Auch wenn die gewählten Werte als Endpunkte von Bereichen in D1 offenbart sind, ist eine derartige Kombination in D1 nicht beschrieben.
3.2.3 Des weiteren hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass in D1 eine Stofffamilie offenbart ist, die mit der im Streitpatent beanspruchten Stofffamilie einen gewissen Überlapp aufweist. Der Überlapp entstehe bei Auswahl von Yttrium aus den vier für Ln' angegebenen Möglichkeiten, einer Wahl von alpha ungleich 0 und bei allen Werten des Parameterpaares x' und y', die die Relation x'+y' <= 0,15 erfüllten, wobei durch die Summenformel (X) bereits ein Bereich 0,041 <= x'+y' <= 0,50 vorgegeben sei. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei ein solcher Überlapp neuheitsschädlich. Sie verweist dabei auf T 12/90.
Die von der Beschwerdeführerin zitierte Rechtsprechung bezieht sich auf Fälle mit überlappenden organischen Markush-Formeln. Es spricht allerdings nichts dagegen, die dort entwickelten Kriterien allgemein auf überlappende Stofffamilien anzuwenden. In T 12/90 wird in Punkt 2.6 der Entscheidungsgründe insbesondere ausgeführt, dass eine Neuheit begründende Auswahl aus einem bekannten Kollektiv dem Bekannten ein neues Element hinzufügen muss. Anderenfalls würde ja nur bereits bekannter Stand der Technik erneut patentiert.
Im vorliegenden Fall enthält die in Anspruch 1 beanspruchte Stofffamilie jedoch zumindest ein neues strukturelles Element, das für die im Überlappungsbereich getroffene Auswahl neuheitsbegründend ist. Es wird vorliegend nämlich verlangt, dass es sich um Oxide oder oxidische Verbindungen des Yttriums handelt. Die Kombination von Yttrium und Sauerstoff ist in D1 nicht offenbart. Um ausgehend von der oben angeführten Formel (X) zu diesem Gegenstand zu gelangen, sind zumindest zwei konkrete Auswahlschritte erforderlich, nämlich die Auswahl von Yttrium aus der Definition von Ln' und die Wahl von alpha ungleich 0, die das Vorhandensein von Sauerstoff bedingt. Keine der beispielhaft genannten Verbindungen (X) enthält Yttrium oder Sauerstoff, geschweige denn in Kombination. Bei den auf Seite 13, Zeilen 1-4 beschriebenen Verbindungen handelt es sich um Lanthan- oder Gadoliniumfluoride. Die weiterhin beschriebenen Verbindungen (XI) und (XII) auf Seiten 13 und 16 enthalten auch keinen Sauerstoff.
Die hier beanspruchte Stofffamilie stellt daher im Überlappungsbereich mit Formel (X) aus D1 eine neue Auswahl aus dieser dar.
3.2.4 Aus diesen Gründen ist Anspruch 1 des erteilten Patents neu gegenüber D1.
3.3 Anspruch 14
Anspruch 1 bezieht sich auf ein Auslesesystem zum Nachweis einer Lumineszenzmarkierung, die die in Anspruch 1 definierte Zusammensetzung umfasst. Das Auslesesystem enthält eine erste Strahlenquelle im IR-Bereich, eine zweite Strahlenquelle im UV-Bereich und ein optisches Detektionselement für den selektiven Nachweis spezifischer Emissionslinien.
Dem Wortlaut des Anspruchs nach ist die in Anspruch 1 definierte Zusammensetzung selbst nicht Bestandteil des Auslesesystems.
Auslesesysteme, die eine IR- und eine UV-Strahlenquelle sowie einen Photodetektor enthalten, sind im Stand der Technik bekannt. Solche Apparaturen sind beispielsweise in D1 zum Nachweis der dortigen Zusammensetzungen beschrieben, siehe Seite 25 Zeile 15-36.
Die Beschwerdegegnerin hat hierzu inhaltlich nicht vorgetragen.
Anspruch 14 des erteilten Patents ist daher nicht neu gegenüber D1.
3.4 Das Patent kann daher wegen mangelnder Neuheit gegenüber D4 (Anspruch 1) und D1 (Anspruch 14) nicht in der erteilten Fassung aufrechterhalten werden.
Hilfsanträge I, II und III
4. Hilfsanträge I und II enthalten Anspruch 14 des erteilten Patents unverändert. Das Patent kann daher wegen mangelnder Neuheit gegenüber D1 nicht auf Basis dieser Hilfsanträge in geänderter Form aufrechterhalten werden. Für Hilfsantrag III gilt dies analog wegen mangelnder Neuheit gegenüber D4, da dieser Antrag Anspruch 1 des Patents in unveränderter Form enthält.
Hilfsantrag IV
5. Zulassung ins Verfahren
Hilfsantrag IV wurde mit Schreiben vom 31. Oktober 2022, d. h. kurz vor der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht.
Hilfsantrag IV unterscheidet sich von dem zu diesem Zeitpunkt bereits im Verfahren befindlichen Hilfsantrag I dadurch, dass Anspruch 14 gestrichen wurde.
Das Streichen von Anspruch 14 wurde durch einen Neuheitseinwand der Kammer veranlasst, der erstmals im unter Artikel 15(1) VOBK 2020 erlassenen Bescheid zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung von der Kammer erhoben wurde. Ein solcher Neuheitseinwand stellt eine außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikels 13(2) VOBK 2020 dar, der eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdegegnerin rechtfertigt.
Die Zulässigkeit von Hilfsantrag IV ins Verfahren wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
6. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
Der Inhalt der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags IV ist neu.
Anspruch 1 wurde gegenüber Anspruch 1 des erteilten Patents dahingehend eingeschränkt, dass nun mindestens ein Dotierstoff, ausgewählt aus Oxiden und/oder Fluoriden von Haupt- oder Nebengruppenelementen, verlangt wird. Dies ist in D4 nicht beschrieben; die Beschwerdeführerin hat auch keinen dahingehenden Einwand erhoben. Neuheit gegenüber D1 ist aus den Gründen gegeben, die oben für Anspruch 1 des erteilten Patents ausgeführt sind.
Anspruch 14 des erteilten Patents ist gestrichen.
Die gegenüber den Ansprüchen des erteilten Patents durchgreifenden Neuheitseinwände sind daher ausgeräumt.
7. Erfinderische Tätigkeit
7.1 Nächstliegender Stand der Technik
7.1.1 Das Patent beschäftigt sich mit lumineszierenden Zusammensetzungen umfassend eine Kombination von IR- und UV-anregbaren Substanzen. Diese Zusammensetzungen werden als Sicherheitsmerkmale verwendet. Der Nachweis des Vorhandenseins beider Substanzen erfolgt durch Bestrahlung mit Licht zweier Wellenlängen und Detektion der Lumineszenz im sichtbaren Bereich, siehe Absätze [0024]-[0026] des Patents.
Als Dokumente, die den nächsten Stand der Technik repräsentieren, wurden von der Beschwerdeführerin D1, D4 und D16 vorgeschlagen.
Das einzige Dokument, das das gleiche Prinzip verfolgt, nämlich eine Anregung mit sowohl IR- als auch UV-Strahlung und eine Detektion zweier Wellenlängen, ist D1. Dort wird ebenfalls eine Mischung von IR- und UV-anregbaren Substanzen als Sicherheitsmerkmal verwendet, siehe Seite 3 Zeilen 12-18.
In D4 wird in den Beispielen 7 und 8 zwar eine Kombination von IR- und UV-anregbaren Stoffen verwendet. Allerdings wird für die Verifikation des Sicherheitsmerkmals ausschließlich die IR-anregbare Komponente verwendet, siehe Anspruch 12 oder Seite 5, Zeilen 18-27. Die UV-Komponente dient hier nur dazu, das Vorhandensein einer IR-anregbaren Komponente zu verschleiern.
D16 enthält gar keine UV-anregbare Substanz und ist daher von den drei vorgeschlagenen Dokumenten vom vorliegenden Patent am weitesten entfernt.
Ein Fachmann, der sich mit der Entwicklung von Sicherheitsmerkmalen beschäftigt, die mittels Lumineszenzdetektion von IR- und UV-anregbaren Komponenten nachgewiesen werden können, wäre daher von D1 als nächstem Stand der Technik ausgegangen.
7.1.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags IV unterscheidet sich von der Offenbarung der D1 durch die Wahl der IR-anregbaren Komponente (a). Zwar besteht, wie oben ausgeführt, ein gewisser Überlapp mit der generischen Offenbarung der D1, allerdings offenbart D1 nicht sauerstoffhaltige Yttriumderivate. Dies war unstrittig.
Strittig war, ob das im Vergleich zum erteilten Patent hinzugefügte Anspruchsmerkmal, dass die Zusammensetzung mindestens einen Dotierstoff, ausgewählt aus Oxiden und/oder Fluoriden von Haupt- oder Nebengruppenelementen enthält, in D1 offenbart ist. Die Beschwerdeführerin verwies hierzu auf die Definition von L' in Formel (X) als Erbium, Holmium und Thulium, die als Fluoride vorlägen. Die Beschwerdegegnerin bestritt dies mit dem Argument, dies seien Lanthanide und daher keine Nebengruppenelemente im Sinne des Anspruchs. Da, wie unten ausgeführt, erfinderische Tätigkeit bereits aufgrund des unstrittigen Unterscheidungsmerkmals gegeben ist, braucht hierauf nicht weiter eingegangen zu werden.
7.2 Aufgabe und Lösung
7.2.1 Verbesserte Eigenschaften der beanspruchten Zusammensetzungen gegenüber D1 wurden nicht belegt. Zwar wurden mit D20, D20' und D21 Dokumente eingereicht, die Vergleichsdaten verschiedener Zusammensetzungen enthalten. Allerdings können diese Daten keine Verbesserung gegenüber D1 zeigen. Sie betreffen keinen Vergleich mit D1, sondern den Effekt des Zusatzes einer UV-anregbaren zu einer IR-anregbaren Substanz. Überdies enthalten die verwendeten Verbindungen keinen Dotierstoff, so dass sie nicht anspruchsgemäß sind. Auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen der Zulässigkeit dieser Dokumente ins Verfahren braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
7.2.2 Für den Fachmann bestand daher ausgehend von D1 die objektive technische Aufgabe darin, alternative Zusammensetzungen zur Verwendung als Sicherheitsmerkmale aufzufinden, die sich mittels IR- und UV-Licht anregen lassen.
7.2.3 Diese Aufgabe wird durch die anspruchsgemäßen Zusammensetzungen gelöst, die sich gegenüber D1 insbesondere dadurch auszeichnen, dass sie als UV-anregbare Komponente oxidische Yttriumverbindungen enthalten.
Dass die Aufgabe durch die anspruchsgemäßen Materialien gelöst wird, war unstrittig.
7.3 Naheliegen der beanspruchten Lösung der Aufgabe
7.3.1 Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Schluss gekommen, aufgrund der Vielzahl der ausgehend von D1 zu treffenden Auswahlschritte wäre der Fachmann nicht auf naheliegende Weise zu den beanspruchten Zusammensetzungen gekommen, siehe Punkt 15.1.1 der angefochtenen Entscheidung.
7.3.2 Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen diese Beurteilung und argumentierte, dass die getroffene Auswahl zu keinem besonderen Effekt führe. Es sei daher überhaupt keine zielgerichtete Auswahl aus der Formel (X) nötig; ein Fachmann würde alle in D1 generisch beschriebenen Materialien für den dort offenbarten Zweck als geeignet ansehen.
Die Beschwerdegegnerin argumentierte dagegen, es gebe in D1 keinen Hinweis, anspruchsgemäß zu arbeiten.
7.3.3 Nach Überzeugung der Kammer ist dem Fachmann aus D1 in der Tat eine anspruchsgemäße Auswahl der IR-anregbaren Materialien nicht nahegelegt.
D1 schlägt als IR-anregbare Komponente auf Seiten 12 und 13 verschiedene literaturbekannte Materialien vor, unter anderem die Verbindungen (X). Wie oben ausgeführt, können bei passender Wahl der angeführten Variablen Substanzen erhalten werden, die unter die Komponente (a) des vorliegenden Anspruchs fallen. Allerdings verlangt der vorliegende Anspruch Materialien, die zu einem überwiegenden Anteil von mindestens 85 mol-% aus Oxiden, Oxisulfiden oder Oxifluoriden von Yttrium bestehen. Solche Materialien sind in D1 nicht konkret erwähnt. Alle für Formel (X) konkret beschriebenen Substanzen sind Lanthan- oder Gadoliniumfluoride, siehe Seite 13, und enthalten daher weder Yttrium noch Sauerstoff. Ein Fachmann hatte keinen Grund, solche zwar theoretisch von Formel (X) erfassten, aber von den dort tatsächlich verwendeten Substanzen weit entfernt liegenden Materialien auszuwählen. Er erhält aus D1 keine Anregung auf die anspruchsgemäße Lösung der gestellten technischen Aufgabe.
Die weiteren in D1 vorgeschlagenen Verbindungen, wie die Verbindungen (XI) oder (XII) sind von der vorliegend im Anspruch definierten Komponente (a) noch weiter entfernt.
Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Beschwerdebegründung bezüglich der Ansprüche des erteilten Patents zusätzlich auf D4 verwiesen, aus der ihrer Ansicht nach ein Fachmann eine Anregung zur Verwendung yttriumbasierter IR-anregbarer Komponenten erhielte. D4 offenbart jedoch keine Dotierung, wie im vorliegenden Anspruch des Hilfsantrags IV verlangt, so dass der Verweis auf D4 den Fachmann ebenfalls nicht zu anspruchsgemäßen Materialien führen kann.
7.4 Der Einwand der Beschwerdeführerin, die beanspruchten Zusammensetzungen seien dem Fachmann ausgehend von D1 nahegelegt, ist daher unberechtigt.
7.5 Weitere Argumente der Beschwerdeführerin
7.5.1 Die Beschwerdeführerin hat erfinderische Tätigkeit auch ausgehend von D4 beanstandet. D4 sei, wenn auch möglicherweise nicht der nächstliegende Stand der Technik, jedenfalls ein geeigneter Ausgangspunkt.
Dabei argumentierte sie, ausgehend von Beispielen 7 oder 8 der D4 hätte der Fachmann als alternative IR-Komponente die in D16 beschriebenen Materialien verwenden können, die der vorliegend im Anspruch definierten Komponente (a) entsprechen.
7.5.2 Dieser Einwand basiert auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Wie oben ausgeführt, beschäftigt sich das Patent mit Materialien zur Verwendung als Sicherheitsmerkmal, die im UV- und im IR-Bereich angeregt werden können und zwei auswertbare Signale im sichtbaren Spektralbereich erzeugen. In D4 hingegen wird nur im IR-Bereich angeregt, ebenso in D16.
Ein Fachmann hätte keine Veranlassung gehabt, auf der Suche nach Materialien, die im UV- und im IR-Bereich angeregt werden können, zwei Dokumente zu kombinieren, die eine solche Verwendung gar nicht beschreiben. Dies ist nur in Kenntnis der beanspruchten Erfindung möglich. Eine derartige Kombination von Dokumenten, die nur auf strukturelle Merkmale der beschriebenen Materialien abzielt, verkennt, dass ein Fachmann bei der Lösung der gestellten Aufgabe zunächst nach Materialien suchen muss, die für den gleichen Verwendungszweck beschrieben werden.
7.6 Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit greifen daher nicht durch.
8. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
8.1 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, die beanspruchte Erfindung sei im Patent für den Fachmann nicht ausreichend offenbart, um sie ohne erfinderisches Zutun nacharbeiten zu können.
Insbesondere hat sie argumentiert, der Fachmann erhalte über die Lehre der in D16 hergestellten und in der Patentschrift in Abssatz [0007] erwähnten Lumineszenzstoffe keine Anleitung, wie andere unter Komponente (a) des Anspruch fallende IR-anregbare Materialien herzustellen seien. Die gewünschte IR-Anregbarkeit sei in den meisten Fällen nicht gegeben. Auch sei die Lehre der D16 auf homogene Verbindungen beschränkt, während vorliegend auch einfache Gemische unter die Ansprüche fielen. Die Ansprüche seien jedenfalls zu breit abgefasst. Ausführungsbeispiele seien in der Patentschrift keine angegeben.
Des weiteren hat sie argumentiert, es sei in der Patentschrift nicht angegeben, wie aus eventuellen Ausgangsstoffen ein anspruchsgemäßes Material hergestellt werden könne. Dies werde auch aus den von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsbericht D20 und der erläuternden Erklärung D21 klar. Dort werden die Materialien bei 400°C gesintert, was aber im Patent selbst nicht beschrieben sei.
8.2 Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen vorgebracht, der Fachmann wisse, wie entsprechende Materialien herzustellen seien. Nicht IR-anregbare Materialien seien ohnehin nicht anspruchsgemäß.
8.3 Der vorgebrachten Einwände sind nicht überzeugend.
Die vorliegenden Ansprüche definieren Materialien bestehend aus im wesentlichen zwei Komponenten, nämlich (a) und (b). Dabei sind sowohl die Komponente (a) als auch die Komponente (b) für sich genommen bereits bekannt.
Für die Komponente (a) wird dabei in der Patentschrift auf D16 verwiesen, siehe Absatz [0007]. D16 offenbart auf 4 unten ein Herstellungsverfahren und auch ein Beispiel, um die dort beschriebenen Verbindungen herzustellen.
Es mag sein, dass nicht alle unter die vorliegende Komponente (a) fallenden und in D16 generisch beschriebenen Verbindungen IR-anregbar sind. Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass gewisse Ionenkombinationen keine geeigneten Energieniveaus aufweisen, so dass eine IR-Anregung nicht möglich sei. Die Beschwerdeführerin hat weiterhin auf D22 verwiesen, das ihrer Ansicht nach in Absatz [0019] eine nicht IR-anregbare Mischungen anspruchsgemäßer Zusammensetzung beschreibt; es sei daher klar, dass nicht alle unter den Anspruch fallende Kombinationen geeignet sind. Dies ist dem Fachmann allerdings grundsätzlich bekannt; derartige Kombinationen sind, wie von der Beschwerdegegnerin richtigerweise vorgebracht, ohnehin nicht vom Anspruch erfasst. In D22 wird in Absatz [0019] nur eine punktuelle Verbindung genannt, die im wesentlichen nicht luminesziert, während die allgemeine Lehre in Absätzen [0016] und [0022] beschreibt, wie entsprechende Zusammensetzungen zu erhalten und zu erkennen sind. Ungeachtet von Zulassungsfragen ist D22 daher kein Beleg dafür, dass die beanspruchte Erfindung generell nicht ausführbar wäre.
Es mag auch sein, dass die Beispiele der D16 auf homogene Verbindungen beschränkt sind. Die allgemeine Lehre der D16 ist dies jedoch nicht, die Ansprüche enthalten keine derartige Beschränkung. Es wurde kein Nachweis erbracht, dass eine Homogenisierung der im vorliegenden Anspruch definierten Zusammensetzungen unerlässlich ist.
Das Argument der mangelhaften Beschreibung der Herstellungsbedingungen und der diesbezügliche Verweis auf D20/D21 kann nicht überzeugen. D20/D21 betrifft die Herstellung eines einzigen Produkts, das zudem nicht unter Anspruch 1 des Hilfsantrags IV fällt. Weitergehende Argumente, weshalb ein Fachmann aus den Komponenten (a) und (b) kein anspruchsgemäßes Material herstellen könne, wurden nicht vorgebracht.
Im vorliegende Patent wird nicht behauptet dass die in den beanspruchten Zusammensetzungen verwendeten Komponenten (a) und (b) erstmals beschrieben werden; diese Komponenten sind für sich genommen bekannt. Die auf mangelhafte Herstellbarkeit der im Anspruch definierten Komponente (a) zielenden Einwände der Beschwerdeführerin sind daher insgesamt nicht überzeugend.
9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Patent in der erteilten Fassung sowie auf Basis der Hilfsanträge I, II und III wegen mangelnder Neuheit gegenüber D1 und/oder D4 nicht aufrechterhalten werden kann. Die Ansprüche des Hilfsantrags IV erfüllen dagegen die Erfordernisse des EPÜ. Das Patent ist daher auf dieser Basis in geänderter Form aufrechtzuerhalten. Zur unter Artikel 84 EPÜ notwendigen Anpassung der Beschreibung ist eine Zurückverweisung and die Einspruchsabteilung unter Artikel 11 VOBK 2020 statthaft.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent aufrecht zu erhalten auf der Grundlage der Patentansprüche des Hilfsantrags IV, eingereicht mit Schreiben vom 31. Oktober 2022, und einer daran anzupassenden Beschreibung.