T 2024/19 (Steuerungsabbild/SIEMENS) of 1.12.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T202419.20231201
Datum der Entscheidung: 01 Dezember 2023
Aktenzeichen: T 2024/19
Anmeldenummer: 12186404.5
IPC-Klasse: G06F 21/56
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und System zur Anbindung einer Steuerung für eine Maschine an ein übergeordnetes IT-System
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/19
T 0115/85
T 0362/90
T 0641/00
T 1439/20
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Europäische Patentanmeldung 12186404.5 mangels Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit gegenüber einem als D3 bezeichneten Dokument zurückzuweisen.

II. In der vorliegenden Entscheidung wird auf das folgende, von der Kammer eingeführte Dokument verwiesen, Artikel 114(1) EPÜ:

D4: Wikipedia Artikel "SCADA", Fassung vom 26.09.2012 14:14, URL: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=SCADA&oldid=514649764.

III. Beschwerde gegen die Entscheidung wurde am 1. April 2019 eingelegt und die Beschwerdegebühr wurde am gleichen Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 29. Mai 2019 ein. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage von Ansprüchen eines Hauptantrags oder eines von sechs Hilfsanträgen.

IV. Mit einer Ladung vom 31. März 2023 zur mündlichen Verhandlung am 23. November 2023 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags zwar gegenüber Dokument D3 neu sei, die angefochtene Entscheidung im Ergebnis aber aufrechtzuerhalten wäre.

V. Am 10. November 2023 ging ein Antwortschreiben der Beschwerdeführerin auf die Ladung ein. Mit dem Antwortschreiben wurden vier zusätzliche Hilfsanträge eingereicht.

VI. Auf begründeten Antrag der Beschwerdeführerin wurde der Termin für die mündliche Verhandlung auf den 1. Dezember 2023 verschoben. Sie fand an diesem Tag statt.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent gemäß dem Hauptantrag zu erteilen, hilfsweise gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder der Hilfsanträge 7 bis 10, eingereicht mit Schreiben vom 10. November 2023, zu erteilen.

VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"Verfahren zur Anbindung wenigstens einer Steuerung (A bis D) für eine Maschine oder Anlage im Bereich der Automatisierungs- und/oder Produktionstechnik an ein übergeordnetes IT-System (IT) mit folgenden Schritten:

- Bereitstellen einer Integrationsebene (IL) zwischen der Steuerung (A bis D) und dem IT-System (IT),

- Erzeugen eines Steuerungsabbildes (IDA bis IDD; IDGA bis IDGD) der Steuerung (A bis D) auf der Integrationsebene (IL), wobei die den aktuellen Zustand der Steuerung beschreibende Daten sowie korrespondierende Daten des Steuerungsabbildes (IDA bis IDD; IDGA bis IDGD) auf der Integrationsebene (IL) auf Parametern beruhen,

- Zugriff des IT-Systems (IT) auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD),

- wobei die Steuerung (A bis D) selbsttätig die notwendigen Daten sammelt und diese zu der Integrationsebene (IL) überträgt und so auf der Integrationsebene (IL) ein Abbild der Steuerung (A bis D) auf Basis der gesammelten Daten generiert und

- wobei dieses Abbild dann die Quelle für den Zugriff des übergeordneten IT-Systems (IT) ist und ein direkter Zugriff auf die Steuerung (A bis D) nicht stattfindet."

IX. Verglichen mit dem Hauptantrag legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 fest, dass die Parameter "steuerungsrelevante Variable, charakterisierende Eigenschaften oder Kenngrößen sind und in die Steuerung eingehende Sensorsignale oder von der Steuerung ausgehende Aktorsignale umfassen".

X. Verglichen mit dem Hilfsantrag 1 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 fest, dass als Steuerung "eine speicherprogrammierbare Steuerung, eine Werkzeugmaschinensteuerung und/oder eine Produktionsmaschinensteuerung vorgesehen ist".

XI. Verglichen mit dem Hauptantrag legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 fest, dass "Zugriffe von dem übergeordneten IT-System (IT) auf das jeweilige Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D) über zwei getrennte Interfaces erfolgen, eine Daten-Zugriffssteuerung für den Zugriff auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und eine Daten-Konfigurations-Steuerung für den Zugriff auf die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D)".

XII. Verglichen mit dem Hilfsantrag 2 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 fest, dass

"- auf der Integrationsebene (IL) eine Konfigurationsdatei (Config A bis Config D) bereitgestellt wird, mit der Eigenschaften des Steuerungsabbildes (IA bis ID; IDGA bis IDGD) definiert werden; und

- Zugriffe von dem übergeordneten IT-System (IT) auf das jeweilige Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D) über zwei getrennte Interfaces erfolgen, eine Daten-Zugriffs-Steuerung für den Zugriff auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und eine Daten-Konfigurations-Steuerung für den Zugriff auf die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D)".

XIII. Verglichen mit dem Hilfsantrag 4 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 fest, dass "die Integrationsebene auf einer Standard Hard- und/oder Software-Plattform bereitgestellt ist".

XIV. Verglichen mit dem Hilfsantrag 5 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 fest, dass die den aktuellen Zustand der Steuerung beschreibenden Daten sowie die korrespon­die­renden Daten des Steuerungsabbildes auf der Integra­tions­ebene "im Wesentlichen" auf Parametern beruhen, und dass die von der Steuerung auf die Integrations­ebene übertragenen Daten in der Integrationsebene in ein herstellerspezifisches Datenmodell rücktransfor­miert werden.

XV. Verglichen mit dem Hauptantrag ist im Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 der Begriff "selbsttätig" gestrichen, und der letzte Verfahrensschritt durch den folgenden ersetzt worden:

"wobei das übergeordnete IT-System (IT) nicht direkt auf die Steuerungen (A bis D) zugreifen kann, sondern auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) zugreift".

XVI. Verglichen mit dem Hilfsantrag 7 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 zusätzlich fest, dass "auf der Integrationsebene (IL) eine Konfigurationsdatei (Config A bis Config D) bereitgestellt wird, mittels derer festgelegt wird, für welche Parameter der Steuerung, wobei die Parameter das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) definieren, Werte auf die Integrationsebene übertragen werden sollen".

XVII. Verglichen mit dem Hilfsantrag 8 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 9 zusätzlich fest, dass "Zugriffe von dem übergeordneten IT-System (IT) auf das jeweilige Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D) über zwei getrennte Interfaces erfolgen, eine Daten-Zugriffs-Steuerung für den Zugriff auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD) und eine Daten-Konfigurations-Steuerung für den Zugriff auf die Konfigurationsdatei (Config A bis Config D)".

XVIII. Verglichen mit dem Hilfsantrag 9 legt Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 fest, dass "die Parameter steuerungs­relevante variable, charakterisierende Eigenschaften oder Kenngrößen sind und von der Steuerung ausgehende Aktor-Signale umfassen".

XIX. Anspruch 9 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 3 und 7, Anspruch 7 der Hilfsanträge 1 und 9, Anspruch 6 der Hilfsanträge 2 und 10, Anspruch 5 der Hilfsan­träge 4 und 5, Anspruch 3 des Hilfsantrags 6, und Anspruch 8 des Hilfsantrags 8 betreffen Vorrichtungen mit Vorrichtungsmerkmalen, die mit den Verfahrensmerk­malen des jeweiligen Anspruchs 1 übereinstimmen.

XX. Die übrigen Anmeldungsunterlagen sind:

Beschreibung, Seiten

1, 4-16, ursprüngliche Fassung,

3, eingereicht am 2. Oktober 2014,

2, 2a, eingereicht am 5. Juni 2018;

Zeichnungen, Blätter

1-3, ursprüngliche Fassung.

XXI. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

Entscheidungsgründe

1. Die Erfindung

Die Anmeldung betrifft die Anbindung einer Steuerung für eine Maschine an ein übergeordnetes IT-System, z.B ein SCADA-System (Seite 1, erster Absatz).

Üblicherweise habe das übergeordnete IT-System Schnitt­stellen IntA, IntB, usw., zu den angebundenen Steue­rungen und greife über Standard-Netzwerkprotokolle auf die Netzwerkschnittstelle NI der jeweiligen Steuerungen zu (Seite 1, letzter Absatz).

Nachteile dieser üblichen Anordnung seien (1) dass alle Steuerungen für das übergeordnete IT-System sichtbar und adressierbar bzw. zugreifbar sein müssten, was die Sicherheit beeinträchtige, und (2) dass steuerungsspe­zi­fische Implementierungen von Komponenten auf der IT-System-Ebene notwendig seien, und dass dementsprechend eine große Vielfalt an potentiellen Software-Komponenten entstehe (Seite 2).

Als Lösung sieht die Anmeldung eine Integrationsebene zwischen der Steuerung und dem IT-System vor, wobei die den aktuellen Zustand der Steuerung beschreibenden Daten sowie die korrespondierenden Daten des Steue­rungs­abbildes auf der Integrationsebene auf Parametern beruhen (Seite 3).

2. Klarheit; Artikel 84 EPÜ

2.1 In Anspruch 1 des Hauptantrags ist die beanspruchte Steuerung undefiniert. Zudem ist nicht klar, welche Daten die Steuerung "selbsttätig" (oder "automatisch"; vgl. Antwort auf die Ladung, Seite 3, letzter Absatz) sammelt, da nicht definiert ist, welche Daten im Sinne des Anspruchs "notwendig" sind.

2.2 Die verwendete negative Formulierung am Ende des Anspruchs 1 des Hauptantrags, dergemäß ein direkter Zugriff nicht stattfände, lässt offen, ob ein direkter Zugriff unmöglich sein soll, oder ob die übrigen Anspruchsmerkmale ihn nur unnötig machen sollen.

Während der mündlichen Verhandlung führte die Beschwer­de­führerin aus, dass ein direkter Zugriff vom überge­ord­neten IT-System auf die Steuerung insbesondere nicht nötig ist, weil statt dessen ein direkter Zugriff über das Steuerungsabbild ermöglicht wird. Der Fachmann verstehe den Anspruch auch so, da ja alle notwendigen Daten aus Sicht des IT-Systems im Steuerungsabbild enthalten sind. Ob darüber hinaus ein weiterer Zugriff auf die Steuerung stattfindet oder nicht, und ob ein solcher weiterer Zugriff überhaupt möglich ist, könne dann dahingestellt sein.

Die Kammer hält die Frage, ob ein weiterer Zugriff möglich ist, hingegen für relevant, da die Anmeldung insbesondere den Sicherheitsvorteil der Erfindung betont (siehe Beschreibung Seite 1, Zeilen 13-17, Seite 2, Zeilen 9-15, und Seite 2, Zeile 36 - Seite 3, Zeile 2), und dass eine erhöhte Sicherheit genau dadurch erreicht werde, dass das IT-System nicht direkt auf die Steuerung zugreifen kann (siehe Beschreibung Seite 7, Zeilen 4-6; auch impliziert durch die Aussage in der Beschreibung, Seite 2, Zeilen 9-15: eine dramatische Schwachstelle im Stand der Technik ist, dass die Steuerungen für das übergeordnete IT-System zugreifbar sind).

2.3 Im Hinblick auf die mangelnde erfinderische Tätigkeit (siehe unten) kann die Frage der Klarheit (Artikel 84 EPÜ) aber tatsächlich unbeantwortet bleiben.

2.4 Während der mündlichen Verhandlung merkte die Kammer an, dass laut Anspruch 1 aller Anträge das IT-System zwar nur auf das Abbild der Steuerung und nicht direkt auf die Steuerung zugreift, aber auch ein indirekter (insbesondere regelnder) Zugriff auf die eigentliche Steuerung nicht Teil des Anspruchs ist. Die Beschwerde­führerin bestätigte, dass dies tatsächlich die beabsich­tigte Auslegung sei.

3. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit; Artikel 56 EPÜ

3.1 Angesichts der oben (Punkt 2.4) erläuterten weiten Anspruchsauslegung ist die Kammer der Ansicht, dass sich eine Analyse der erfinderischen Tätigkeit auf den Stand der Technik beschränken kann, der auf den Sei­ten 1 und 2 der Beschreibung genannt wird. Ein solches Verfahren (vgl. insbesondere die Erwähnung von SCADA auf Seite 1, Zeilen 9 und 10) wird - unbestritten durch die Beschwerdeführerin - zum Beispiel in D4 offenbart.

3.2 In den Worten von Anspruch 1 des Hauptantrags offenbart D4 ein Verfahren zur Anbindung wenigstens einer Steue­rung ("Remote terminal units" (RTUs) oder "Programmable logic controllers" (PLCs)) für eine Maschine oder Anlage im Bereich der Automatisierungs- und/oder Produktions­technik ("industrial, infrastructure, and facility-based processes") an ein übergeordnetes IT-System (das SCADA-System; vgl. Einleitung, sowie Ab­schnitt "Common system components").

3.3 Demgegenüber enthält Anspruch 1 zusätzliche Schritte, die sich auf die Integrationsebene beziehen, nämlich:

- Bereitstellen einer Integrationsebene (IL) zwischen der Steuerung (A bis D) und dem IT-System (IT),

- Erzeugen eines Steuerungsabbildes (IDA bis IDD; IDGA bis IDGD) der Steuerung (A bis D) auf der Integrationsebene (IL), wobei die den aktuellen Zustand der Steuerung beschreibende Daten sowie korrespondierende Daten des Steuerungsabbildes (IDA bis IDD; IDGA bis IDGD) auf der Integrationsebene (IL) auf Parametern beruhen,

- Zugriff des IT-Systems (IT) auf das Steuerungsabbild (IA bis ID; IDGA bis IDGD),

- wobei die Steuerung (A bis D) selbsttätig die notwendigen Daten sammelt und diese zu der Integrationsebene (IL) überträgt und so auf der Integrationsebene (IL) ein Abbild der Steuerung (A bis D) auf Basis der gesammelten Daten generiert und

- wobei dieses Abbild dann die Quelle für den Zugriff des übergeordneten IT-Systems (IT) ist und ein direkter Zugriff auf die Steuerung (A bis D) nicht stattfindet.

3.4 Weil ein Zugriff auf die eigentliche Steuerung über die Integrationsebene nicht stattfindet (siehe Punkt 2.4 oben), wird durch diese Merkmale kein technischer Effekt erzielt. Das in der Integrationsebene erzeugte Steuerungsabbild ist auf die Bereitstellung von Infor­ma­tionen über die Steuerungen an das übergeordnete IT-System beschränkt.

Die Beschwerdeführerin spricht in diesem Zusammenhang richtig als von einem "Spiegelabbild" (vgl. etwa Schreiben vom 10. November 2023, Seite 3, Absatz 4). Ein Eingriff in die eigentliche Steuerung, der als technische Wirkung gelten könnte, findet anspruchsgemäß nicht statt. Damit kann das Steuerungsabbild auch nicht als ein vollwertiger "Digitaler Zwilling" gelten, wie die Beschwerdeführerin vorschlägt (ibid., Seite 3, Absatz 5; allenfalls könnte man sie als "Digitalen Schatten" bezeichnen). Der Darstellung von Daten allein "zur Information" allerdings kann in der Regel keine technische Wirkung zugeschrieben werden (siehe G 1/19, Entscheidungsgründe 98 and 137).

Insbesondere auf die Rechtsprechung, dergemäß die Darstellung eines internen Maschinenzustands schon als technische Wirkung gelten kann (vgl. T 115/85 und T 362/90) kann sich die Beschwerdeführerin nicht berufen: Mangels jeglicher, geschweige denn präziser De­tails über die Steuerung oder die Art der bereit­gestellten Informationen lässt sich nicht feststellen, dass eine solche Darstellung eine technische Wirkung hätte (vgl. i.d.H. etwa T 1439/20, Entscheidungs­gründe 2.10).

3.5 Man kann die Bereitstellung von Informationen über eine Steuerung damit als eine nicht-technische Aufgabe ansehen (vgl. T 641/00, Leitsatz 2), die dem Fachmann als Inhalt eines Pflichtenhefts gestellt wird. Dass die gewünschten Informationen durch "Parameter" definiert sind, ist wenigstens naheliegend.

3.6 Eine getreue Abbildung der Steuerung verlangt, dass die abgebildeten Daten denen entsprechen, die den aktuellen Zustand der Steuerung beschreiben.

3.7 Die Kammer hält es für naheliegend, dass das Abbild der Steuerung auf Basis von Daten, die selbsttätig von der Steuerung gesammelt werden, generiert wird. Unter anderem ist ein "selbsttätiges" Sammeln neben der passiven Bereitstellung der gewünschten Daten nur eine von zwei gleichermaßen naheliegenden Optionen.

3.8 Das so erzeugte Abbild der Steuerung ist dann Teil von etwas, was man als "Integrationsebene zwischen der Steuerung und dem IT-System" bezeichnen kann. Diese Bezeichnung impliziert an sich keine spezifischen technischen Merkmale, zumal die Integrationsebene als Software implementiert werden kann.

3.9 Es wird somit in naheliegender Weise ein Abbild generiert, welches als Quelle für (etwa nur lesende) Zugriffe des IT-Systems dienen kann, ohne dass ein steuernder Durchgriff auf die Steuerung erfolgt.

3.10 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist deshalb nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ).

4. Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 6

4.1 Im Bezug auf Hilfsantrag 1 ist die Kammer der Ansicht, dass die voranstehenden Überlegungen gültig bleiben, soweit die Parameter nur generisch, beispielsweise als "charakterisierende Eigenschaften" beschrieben sind.

Darüber hinaus erscheint es grundsätzlich naheliegend, dass Parameter, die eine Steuerung wie die aus D4 kenn­zeichnen sollen, unter anderem steuerungsrelevante Variablen, charakterisierende Eigenschaften oder Kenn­größen sein werden, welche in die Steuerung eingehende Sensor-Signale oder von der Steuerung ausgehende Aktor-Signale umfassen.

4.2 In Bezug auf Hilfsantrag 2 weist die Kammer darauf hin, dass die Steuerung in D4 eine Speicherprogrammierbare Steuerung ("programmable logic controller"), eine Werk­zeugmaschinensteuerung und/oder eine Produktionsma­schi­nen­steuerung" ist (siehe 3.2 oben).

4.3 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 wird auf "die Konfi­gurationsdatei" verwiesen, die aber vorher im Anspruch nicht definiert wurde. Es stellt sich auch die Frage, was die Art der Daten ist, die diese Konfigurations­datei enthält. Der Anspruch ist deshalb unklar (Artikel 84 EPÜ).

Die Verwendung einer Konfigurationsdatei ist im Übrigen eine übliche Programmiermaßnahme. Auch ein "getrenntes" Zugreifen auf eine solche Konfigurationsdatei über ein getrenntes Interface, mit Interfaces die softwaremäßig vorgesehen werden, ist eine übliche Programmiermaßnahme ohne technischen Effekt. Dieses Merkmal trägt deshalb nicht zur erfinderischen Tätigkeit bei (Artikel 56 EPÜ).

4.4 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 wird die Konfigura­tions­datei dadurch definiert, dass sie "Eigenschaften des Steuerungsabbildes" definiert, was aber inhärent an der genannten üblichen Programmiermaßnahme wäre.

4.5 Was den Hilfsantrag 5 betrifft, weist die Kammer darauf hin, dass eine Bereitstellung auf einer "Standard" Hard- und/oder Software-Plattform im allgemeinen auch eine "Standard"-Maßnahme wäre.

4.6 Was den Hilfsantrag 6 betrifft, ist die Bedeutung des Merkmals, laut dem die von der Steuerung auf die Integrationsebene übertragenen Daten in der Integrationsebene in ein "herstellerspezifisches" Datenmodell "rücktransformiert" werden, nicht klar (Artikel 84 EPÜ).

Es ist auch nicht klar, wie der Ausdruck "im Wesent­lichen" im Anspruch zu verstehen ist.

4.7 Keiner der Hilfsanträge 1 bis 6 ist deshalb gewährbar.

5. Hilfsanträge 7 bis 10

Die Hilfsanträge 7 bis 10 wurden sehr spät eingereicht, mehr als 7 Monate nach der Ladung zur mündlichen Ver­handlung und weniger als 2 Wochen vor dem zu diesem Zeitpunkt vorgesehenen Verhandlungstermin. Diese Hilfs­anträge sind außerdem wenigstens prima facie ungeeig­net, die von der Kammer erhobenen Einwände auszuräumen. Insbesondere ist nicht erkennbar, wie die neuen Merk­male des Anspruchs 1, die Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags geringfügig präziser definieren (insbe­sondere den Zugriff des IT-Systems, die Parameter und die Konfigurationsdatei), das grundsätzliche Ergebnis ändern könnten, dass dieser Gegenstand mit fachüblichen Maßnahmen ein nicht-technisches Problem löst.

Die Kammer lässt daher die Hilfsanträge 7 bis 10 nicht in das Verfahren zu (Artikel 13 VOBK 2020).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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