T 1749/19 () of 8.3.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T174919.20230308
Datum der Entscheidung: 08 März 2023
Aktenzeichen: T 1749/19
Anmeldenummer: 14163328.9
IPC-Klasse: A61K 31/198
A61Q 17/00
A61K 8/44
A61Q 19/08
A61K 8/73
A61Q 19/00
A61K 8/81
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kosmetische Zubereitungen mit einem Gehalt Kreatin und/oder Kreatininderivaten und organischen Verdickern
Name des Anmelders: Beiersdorf AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0003/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde der Anmelderin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2018 verkündete und am 8. Januar 2019 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 14 163 328.9 zurückzuweisen.

II. Im Verlauf des Verfahrens vor der Prüfungsabteilung wurden unter anderen die folgenden Entgegenhaltungen genannt:

D3: WO 02/02075 A1

D'3: WO 03/011241 A1

III. Grundlage der angefochtenen Entscheidung waren die während der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereichten Anspruchssätze gemäß einem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2.

In der Sache kam die Prüfungsabteilung unter anderem zu dem Ergebnis, dass der in Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchte Gegenstand ausgehend von der technischen Lehre der Entgegenhaltung D'3 nicht erfinderisch sei (Artikel 52(1) und 56 EPÜ):

Der Anspruchsgegenstand unterscheide sich von dem in D'3 offenbarten Gegenstand (kosmetische und dermatologische Emulsionszubereitungen mit Kreatin und/oder Kreatinin) durch die Angabe, dass der pH-Wert im Bereich von 6,2 bis 7,8 liege. Die objektive technische Aufgabe bestehe in der Bereitstellung einer alternativen Zubereitung. Die Festlegung eines pH-Bereichs in einem für Hautpflegeprodukte üblichen Bereich erfordere kein erfinderisches Zutun.

Der Gegenstand von Anspruch 1 beider Hilfsanträge unterscheide sich von der Offenbarung in D'3 zusätzlich durch die Wahl der enthaltenen Hydrokolloide. Diese sei aber als willkürlich und damit ebenfalls als nicht erfinderisch anzusehen.

IV. Mit ihrer Beschwerdebegründung legte die Beschwerde-führerin zwei geänderte Anspruchssätze als Hauptantrag und Hilfsantrag 1 vor. Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des in der angefochtenen Entscheidung behandelten Hauptantrags dadurch, dass für die Auswahl der Hydrokolloide (b) eine Option hinzugefügt und mehrere andere Optionen gestrichen wurden, und hat den folgenden Wortlaut:

"1. Kosmetische oder dermatologische Zubereitung in Form einer Emulsion, umfassend eine Ölphase, eine Wasserphase und mindestens einen Emulgator, gekennzeichnet durch einen wirksamen Gehalt an

(a) Kreatin und/oder Kreatinin

(b) einem oder mehreren Hydrokolloiden gewählt aus der Gruppe der

ba) organischen, vollsynthetischen Verbindungen der Polyacrylsäuren, bevorzugt ein oder mehrere Polyacrylate aus der Gruppe der Carbomere der Typen 980, 981, 1382, 2984, 5984 sowie besonders bevorzugt Carbomer ULTREZ

bb) der Co- und Crosspolymere der Polyacrylsäure-derivate gewählt aus der Gruppe Polymethacrylate, Acrylat Copolymere, Alkylacrylatcopolymere, Acrylamide, Alkylacrylatcrosspolymere, Acrylo-nitrogen Copolymere, Polyacryloyldimethyltauramid

umfassend mindestens eine wässrige Phase, die Kreatin und/oder Kreatinin enthält, einen pH-Wert zwischen 6,2 und 7,8, bevorzugt zwischen 6,5 und 7,5 hat."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

"1. Kosmetische oder dermatologische Zubereitung in Form einer Emulsion, umfassend eine Ölphase, eine Wasserphase und mindestens einen Emulgator, gekennzeichnet durch einen wirksamen Gehalt an

(a) Kreatin und/oder Kreatinin

(b) einem oder mehreren Hydrokolloiden gewählt aus der Gruppe der der [sic] Co- und Crosspolymere der Polyacrylsäurederivate gewählt aus der Gruppe Polymethacrylate, Acrylat Copolymere, Alkylacrylat-copolymere, Acrylamide, Alkylacrylatcrosspolymere, Acrylonitrogen Copolymere, Polyacryloyldimethyl-tauramid

umfassend mindestens eine wässrige Phase, die Kreatin und/oder Kreatinin enthält, einen pH-Wert zwischen 6,2 und 7,8, bevorzugt zwischen 6,5 und 7,5 hat."

V. Die Argumentation der Beschwerdeführerin zur Frage der erfinderischen Tätigkeit lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Den Ausführungen auf Seite 6 der Anmeldung seien die folgenden Punkte zu entnehmen:

- Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es, Wege zu finden, die die Nachteile des Standes der Technik vermieden. Insbesondere solle die durch die beanspruchten Zubereitungen bewirkte Behebung der mit der endogenen, chronologischen und exogenen Hautalterung verbundenen Schäden bzw. die entsprechende Prophylaxe dauerhaft, nachhaltig und ohne das Risiko von Nebenwirkungen sein.

- Kreatin kristallisiere in wasserhaltigen Produkten leicht aus, wobei Kristalle mit unkosmetischer Anmutung entstünden und die Wirksamkeit des Produktes vermindert würde.

- Eine weitere Aufgabe bestehe deshalb darin, Darreichungsformen für Kreatin zu finden, die sich durch verminderte Neigung zur Bildung von Kreatinkristallen auszeichneten.

- Diese Aufgabe werde durch die vorliegenden Zubereitungen gelöst.

In Absatz 1 auf Seite 16 ([sic], gemeint ist offenbar Seite 15) der Beschreibung sei zudem dargelegt, dass es erfindungsgemäß vorteilhaft sei, die Zubereitungen abzupuffern.

Im Ergebnis werde mit diesen Ausführungen ein erfinderischer Vorteil glaubhaft gemacht, der sich nicht aus der D'3 herleiten lasse und der im vorliegenden Stand der Technik nicht widerlegt werde.

Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 unterscheide sich von dem des Hauptantrags darin, dass anspruchsgemäß vorhandene Hydrokolloide aus einer noch enger gefassten Gruppe zu wählen seien. In den Ausführungsbeispielen 2 und 3 der Entgegenhaltung D'3 sei jedoch lediglich von "Polyacrylsäure" die Rede, so dass der Fachmann einen weiteren Abstraktionsschritt hätte leisten müssen, um zum Gegenstand von Hilfsantrag 1 zu gelangen.

VI. Für den Fall, dass die Kammer diesen Ausführungen nicht ohne weiteres sollte folgen können, beantragte die Beschwerdeführerin hilfsweise die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (Artikel 116(1) EPÜ).

VII. Diesem Antrag entsprechend lud die Kammer die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erläuterte die Kammer unter anderem ihre vorläufige Auffassung, wonach der mit Haupt- und Hilfsantrag beanspruchte Gegenstand ausgehend von der technischen Lehre gemäß D3' oder D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Kammer wies auf die Bestimmungen von Artikel 114(2) EPÜ sowie Artikel 13(1) und (2) VOBK hin.

VIII. Mit Schreiben vom 28. Februar 2023 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie nicht an der für den 31. März 2023 anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen werde und die vormals gestellten Anträge aufrechterhalte. Außerdem reichte sie zwei weitere Anspruchssätze als Hilfsantrag 2 und 3 ein.

IX. Daraufhin veranlasste die Kammer die Absage der mündlichen Verhandlung.

X. Grundlage für die vorliegende Entscheidung sind die folgenden Anträge der Beschwerdeführerin:

Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Erteilung eines Patents auf der Grundlage eines der erstmals mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Anspruchssätze gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 oder eines der mit Schreiben vom 28. Februar 2023 vorgelegten Anspruchs-sätze gemäß Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 3.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse unter Artikel 106 bis 108 EPÜ und Regel 99 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Entscheidung im schriftlichen Verfahren

Da die Ankündigung des Nichterscheinens zur mündlichen Verhandlung (s. Punkt VIII.) als Rücknahme des Antrags der Beschwerdeführerin auf eine mündliche Verhandlung zu behandeln ist (T3/90, ABl. EPA 1992, 737, Punkt 1 der Entscheidungsgründe, s. auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, zehnte Auflage 2022, III.C.4.3.2), war die Kammer in der Lage, im schriftlichen Verfahren nach Aktenlage zu entscheiden.

3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

Gegenstand der Anmeldung

3.1 Die vorliegende Anmeldung betrifft kosmetische oder dermatologische Zubereitungen mit Kreatin und/oder Kreatinin. Ziel der Pflege mit diesen Zubereitungen ist die Behandlung und Prophylaxe von UV- und/oder Ozon-induzierten Hautschäden sowie von entzündlichen und degenerativen Hautzuständen (vgl. Seite 1, Absatz 1 der Anmeldung).

3.2 Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags legt fest, dass es sich bei der beanspruchten Zubereitung um eine Emulsion handelt, die Kreatin und/oder Kreatinin in Kombination mit speziellen Hydrokolloiden vom Polyacryl-Typ enthält, wobei mindestens ein Emulgator enthalten ist und mindestens eine wässrige Phase vorliegt, die Kreatin und/oder Kreatinin enthält [und die ?] einen pH-Wert zwischen 6,2 und 7,8 aufweist.

D'3 als Ausgangspunkt im Stand der Technik

3.3 D'3 offenbart kosmetische und dermatologische Zubereitungen mit einer Wirkstoffkombination aus Kreatin und/oder Kreatinin (D'3: Ansprüche und Beispielformulierungen). Diese dienen demselben generellen Verwendungszweck wie die vorliegend beanspruchten Zubereitungen (D'3: Seite 1, Absatz 1).

3.4 Bei den Zubereitungen gemäß D'3 kann es sich vorteilhaft um Emulsionen handeln (Seite 10, zweiter und dritter Absatz; Beispiele).

3.5 Die wäßrige Phase kann vorteilhaft Verdickungsmittel enthalten, bevorzugt aus der Gruppe der Polyacrylate, z.B. Carbopole (D'3: Seite 16, erster Absatz).

3.6 Die Beispiele 2 und 3 in D'3 beschreiben jeweils mehrere O/W-Cremes, also Emulsionsformulierungen mit einer Öl- und einer Wasserphase, enthaltend Kreatin und Kreatinin (meist in Konzentrationen zwischen 0,1 und 1 Gew.-%) in Kombination mit Polyacrylsäure und Emulgatoren. Ein pH-Wert ist nicht angegeben.

3.7 Polyacrylsäure fällt nach Auffassung der Kammer unter die Definition in Anspruch 1(b)ba), da der Wortlaut "gewählt aus der Gruppe der organischen vollsynthetischen Verbindungen der Polyacrylsäuren" auch Polyacrylsäuren selbst meinen kann und diese daher nicht ausschließt. Dies wurde seitens der Beschwerde-führerin auch nicht bestritten. Zudem sieht die Entgegenhaltung D'3 (Seite 16, Absatz 1) alternativ auch die Verwendung von Polyacrylaten, beispielsweise Carbopolen der Typen 980, 981, 1382, 2984 und/oder 5984 vor, die ebenfalls unter die Definition in Punkt (b)ba) fallen.

Objektive technische Aufgabe und Lösung

3.8 Der Anspruchsgegenstand unterscheidet sich von den in D'3 offenbarten Zubereitungen durch die Wahl des pH-Bereichs von 6,2 bis 7,8.

3.9 Es liegt kein Beleg dafür vor, dass aufgrund der Wahl dieses pH-Bereichs eine besondere technische Wirkung der anspruchsgemäßen Zubereitungen im Vergleich mit den in D'3 offenbarten Zubereitungen erzielt würde.

3.10 Damit ist die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer alternativen Zubereitung mit Kreatin und/oder Kreatinin zu sehen.

Vermeidung von Kristallbildung als behauptete technische Wirkung

3.11 In einer Passage der Anmeldung (Seite 6, Zeilen 5 bis 21) wird erwähnt, dass Kreatin in wasserhaltigen Produkten leicht auskristallisiert. Eine weitere Aufgabe sei es daher, für Kreatin eine Darreichungsform mit verminderter Neigung zur Bildung von Kreatin-kristallen zu finden. Diese Aufgabe werde gelöst durch Zubereitungen enthaltend Kreatin und/oder Kreatinin und ein oder mehrere Hydrokolloide.

3.12 Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass damit, in Zusammenschau mit der an anderer Stelle (nämlich Seite 15, erster Absatz) zu findenden Bemerkung, es sei erfindungsgemäß vorteilhaft, die Zubereitungen abzupuffern, ein erfinderischer Vorteil glaubhaft gemacht sei.

3.13 Die Kammer kann diese Überlegung aus den folgenden Gründen nicht nachvollziehen:

3.13.1 Laut den Angaben auf Seite 6 (Zeilen 14 bis 21) wird die "weitere Aufgabe" durch die Kombination von Kreatin und/oder Kreatinin mit Hydrokolloiden gelöst. Vom pH-Wert ist dort nicht die Rede.

3.13.2 Die Passage auf Seite 15 legt wiederum nicht dar, in welchem konkreten Zusammenhang es "vorteilhaft" sein soll, die Zubereitungen abzupuffern, und erwähnt insbesondere nicht die Vermeidung einer unerwünschten Kristallbildung als Vorteil. Zudem werden in der betreffenden Textpassage die pH-Bereiche zwischen 3,5 und 8,0 oder aber zwischen 6,5 und 7,5 genannt, aber nicht der anspruchsgemäße Bereich von 6,2 bis 7,8.

3.13.3 Der von der Beschwerdeführerin behauptete Zusammenhang lässt sich mithin aus dem Text der Anmeldung gar nicht erst ableiten und ist durch die zitierten Textpassagen daher auch nicht glaubhaft gemacht.

3.13.4 Weiterhin ist Anspruch 1 nicht auf abgepufferte Zubereitungen beschränkt, und es liegt auch kein Beleg dafür vor, dass das Kreatin (bzw. Kreatinin) in den Zubereitungen gemäß D'3 Kristalle bildet, wenn der pH-Wert außerhalb des Bereichs von 6,2 bis 7,8 liegt.

3.13.5 Somit kann die behauptete technische Wirkung der Vermeidung von unerwünschter Kristallbildung nicht bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe berücksichtigt werden, da es keine Belege für diese technische Wirkung im Zusammenhang mit dem gegenüber D'3 relevanten Unterscheidungsmerkmal (pH-Bereich von 6,2 bis 7,8) gibt.

Naheliegen der Lösung

3.14 Der anspruchsgemäße pH-Bereich von 6,2 bis 7,8 liegt in dem bekanntermaßen für Produkte zur Behandlung der Haut üblichen Bereich. Die Kammer stimmt mit der Auffassung der Prüfungsabteilung überein, dass die Wahl des pH-Werts in einem produkttypischen Bereich zur Bereitstellung einer alternativen Zubereitung keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.

D3 als Ausgangspunkt im Stand der Technik

3.15 Weiter kommt als alternativer Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auch die Entgegenhaltung D3 in Frage.

3.16 Wie auch die vorliegende Anmeldung befasst sich D3 mit der Verwendung von Kreatin in kosmetischen oder dermatologischen Zubereitungen zur Behandlung und Prophylaxe von UV- und/oder Ozon-induzierten Hautschäden sowie von entzündlichen und degenerativen Hautzuständen (D3: Anspruch 1).

3.17 Beispiel 7 in D3 beschreibt eine Sonnenschutzemulsion enthaltend u.a. 0,2 Gew.-% Kreatin, Acrylamid/Natrium-acrylat Copolymer, eine Öl- und eine Wasserphase sowie Emulgatoren. Ein pH-Wert ist nicht angegeben.

3.18 Acrylamid/Natriumacrylat Copolymer ist ein Hydrokolloid gemäß Anspruch 1(b)bb) (und, bei breiter Auslegung des Begriffs "Verbindungen der Polyacrylsäuren", ebenfalls gemäß Anspruch 1(b)ba)).

3.19 Unterscheidungsmerkmal des Gegenstands von Anspruch 1 gegenüber der Zubereitung in Beispiel 7 von D3 ist der definierte pH-Bereich von 6,2 bis 7,8.

3.20 In Analogie zu der in den Punkten 3.8 bis 3.14 dargelegten Begründung ist die Wahl eines üblichen, produkttypischen pH-Bereichs zur Herstellung einer alternativen Zubereitung nicht als erfinderisch anzusehen.

3.21 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

4. Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit

4.1 Anspruch 1 in Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Streichung der Auswahlmöglichkeiten für Hydrolkolloide gemäß Punkt (b)ba).

4.2 Da sich dadurch keine weiteren Unterscheidungsmerkmale gegenüber D3 ergeben, ändert dies nichts an der oben erörterten Analyse und Schlussfolgerung zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von Beispiel 7 in D3. Aufgrunddessen beruht auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

4.3 Mit dem alternativen Ansatz ausgehend von D'3 würde sich als weiteres Unterscheidungsmerkmal die Wahl eines anderen Verdickungsmittels ergeben. Eine besondere technische Wirkung der beanspruchten Zubereitung im Vergleich zu den Zubereitungen aus Beispiel 2 und 3 in D'3 erschließt sich nicht. Somit wäre die technische Aufgabe nach wie vor in der Bereitstellung einer alternativen Zubereitung zu sehen. Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags genannten Hydrokolloide sind bekannte Hilfsstoffe und Verdicker für kosmetische Produkte, beispielsweise wird Acrylamid/Natriumacrylat-Copolymer in den sehr ähnlichen Zubereitungen der D3 verwendet. Der Austausch des Verdickungsmittels durch bekannte Alternativen erfordert vom Fachmann keine erfinderische Tätigkeit.

5. Zulassung der Hilfsanträge 2 und 3

5.1 Mit ihrem Schreiben vom 28. Februar 2023 hat die Beschwerdeführerin zwei neue Anspruchssätze als Hilfsantrag 2 und 3 vorgelegt, ohne jedoch zu begründen, wie diese Anspruchssätze die bekannten Einwände ausräumen können und warum sie erst zu einem so späten Zeitpunkt (nämlich etwas mehr als einen Monat vor der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens anberaumten mündlichen Verhandlung) vorgelegt wurden.

5.1.1 Entsprechend Artikel 13(2) VOBK sind die Hilfsanträge 2 und 3 daher nicht zuzulassen - zumal sich bei näherer Durchsicht ergibt, dass die im jeweiligen Anspruch 1 neu aufgenommenen Merkmale keine weiteren Unterscheidungsmerkmale im Vergleich mit D3 und/oder D'3 darstellen, dass diese Anträge im Hinblick auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes also keine Änderung bewirken würden.

5.1.2 Die Kammer hat daher entschieden, die Hilfsanträge 2 und 3 nicht zuzulassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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