T 1163/19 () of 24.11.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T116319.20221124
Datum der Entscheidung: 24 November 2022
Aktenzeichen: T 1163/19
Anmeldenummer: 13779529.0
IPC-Klasse: B42D 25/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SICHERHEITSMERKMAL FÜR EIN WERT- UND/ODER SICHERHEITSPRODUKT MIT FARBVERLAUFSSTRUKTUR UND DAS SICHERHEITSMERKMAL AUFWEISENDES WERT- UND/ODER SICHERHEITSDOKUMENT
Name des Anmelders: Bundesdruckerei GmbH
Name des Einsprechenden: De La Rue International Limited
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(3)
European Patent Convention Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
T 1221/19
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) betrifft die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 2 906 430 in geänderter Form nach dem damals vorliegenden Hilfsantrag 2 auf­rechtzuerhalten.

In Bezug auf Anspruch 1 des damaligen Hauptantrags kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass sein Gegenstand gegenüber jedem der Dokumente D3, D5 und D7 nicht neu sei. In Bezug auf Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrags 1 brachte die Einspruchsabteilung einen Einwand gemäß Artikel 123(2) vor und machte eine Bemerkung hinsichtlich Klarheit.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin, nachdem sie die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge (Hauptantrag, gerichtet auf die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, sowie Hilfsanträge 1 und 2) bis auf Hilfsantrag 3 zurückgenommen und Hilfsantrag 3 zum neuen Hauptantrag gemacht hatte, die angefochtene Entscheidung aufzu­heben und das Patent in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung als Hilfs­an­trag 3 eingereichten Hauptantrags aufrechtzuerhalten.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurück­zuweisen und den als Hilfsantrag 3 eingereichten neuen Hauptantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.

IV. Anspruch 1 des neuen Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (Merkmalskennzeichnungen A), B), C) von der Kammer eingeführt):

A) Sicherheitsmerkmal (100) für ein Wert- und/oder Sicherheitsprodukt (400), gebildet durch ein auf mindestens einer Trägeroberfläche (210) gebildetes Muster (300), das eine aus in einem Raster angeordneten Musterelementen (310), mit einem digitalen Druckverfahren gebildete Farbverlaufsstruktur aufweist, wobei die Farbverlaufsstruktur mit mindestens zwei spektral unterschiedlich lumineszierenden Lumineszenzmitteln erzeugt ist, wobei die Musterelemente wegen ihrer Abmessungen mit dem menschlichen Auge ohne technische Hilfsmittel nicht direkt wahrnehmbar sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

B) die Farbverlaufsstruktur durch eine zweidimensionale Anordnung der Musterelemente (310) gebildet ist,

C) wobei die Farbverlaufsstruktur durch mindestens zwei in einer Farbverlaufsrichtung (320) kammartig ineinander greifende Farbflächen (371, 372) gebildet ist.

V. Anspruch 2 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

Sicherheitsmerkmal (100) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Farbverlaufsstruktur durch eine sich entlang eines Farbverlaufes im Wesentlichen kontinuierlich verändernde Menge des jeweiligen Lumineszenzmittels pro Flächeneinheit der mindestens einen Trägeroberfläche (210) gebildet ist.

VI. Anspruch 3 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

Sicherheitsmerkmal (100) nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die jeweilige Menge des Lumineszenzmittels pro Flächeneinheit der mindestens einen Trägeroberfläche (210) durch mindestens einen der folgenden Parameter eingestellt ist: die Größe der Musterelemente (310), die Menge des Lumineszenzmittels pro Musterelement (310) und den Abstand (a) der Musterelemente (310) voneinander.

VII. Wesentliche Argumente der Beschwerdegegnerin

Als Grund für die beantragte Nichtzulassung des neuen Hauptantrags brachte die Einsprechende vor, dass die Beschwerdeführerin nicht darauf eingegangen sei, dass der Antrag, im Gegensatz zur aufrechterhaltenen Fassung, den Absatz [34] der Beschreibung des erteilten Patents enthalte. Der Antrag sei daher nach Artikel 12(2) VOBK 2007 als nicht hinreichend substantiiert nicht zu berücksichtigen.

In Bezug auf Artikel 84 EPÜ brachte die Einsprechende vor, dass Ansprüche 2 und 3 zwar bereits Teil der erteilten Ansprüche gewesen seien. Jedoch führten die Änderungen im Hauptantrag zu einem Widerspruch zwischen der Beschreibung und den Ansprüchen, weswegen letztere durch die Änderung nicht deutlich seien und keine Stütze in der Beschreibung mehr hätten. Einwände unter Artikel 84 EPÜ seien daher nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 3/14 zulässig.

Im Einzelnen werde nach Absatz [34] wie erteilt die Farb­verlaufsstruktur durch die Helligkeit der Lumineszenz der mindestens zwei ineinander übergehenden Farben eingestellt. Dies stehe im Widerspruch zu Anspruch 1, nach dem die Farbverlaufsstruktur durch mindestens zwei kammartig ineinander greifende Farbflächen gebildet werde, insbesondere, wenn man Anspruch 1 im Lichte des geänderten Absatzes [36] interpretiere.

Entsprechend stehe Absatz [34] auch im Widerspruch zu Absatz [36].

Absatz [36] der Beschreibung wie aufrechterhalten erfordere, dass die Farbverlaufsstruktur nunmehr "erfindungsgemäß" durch eine kontinuierliche Änderung der Menge des Lumineszenz­mittels in zwei Dimensionen gebildet werde "und nicht wie im Falle des vorstehend beschriebenen eindimensionalen Überganges über eine Strecke entlang der Farbverlaufsrichtung".

Dies sei im Widerspruch zu Anspruch 2, nach welchem aus­drücklich "die Farbverlaufs­struktur durch eine sich entlang eines Farbverlaufes im Wesentlichen kontinuierlich verändernde Menge des jeweiligen Lumineszenz­mittels pro Flächeneinheit der mindestens einen Träger­oberfläche gebildet ist".

Entsprechend stehe Absatz [36] auch im Widerspruch zu dem von Anspruch 2 abhängigen Anspruch 3.

Die in Absatz [38] erwähnte Kombination der Ausführungsformen zur Bildung einer Farbverlaufsstruktur, bei der die Mengen der Lumineszenzmittel pro Flächeneinheit innerhalb der kammartig ineinander verschränkten Farbfelder zusätzlich variierten, stehe darüber hinaus im Widerspruch zu Anspruch 2, nach welchem die Menge des jeweiligen Lumineszenzmittels entlang eines Farbverlaufs kontinuierlich variiere.

Absatz [40] definiere nach seinem Wortlaut eine Weiterbildung der Erfindung. Es gebe aber keinen Hinweis, dass er mit den Merkmalen des Anspruchs 1 kombiniert werden könne.

VIII. Wesentliche Argumente der Beschwerdeführerin

In Bezug auf Artikel 84 EPÜ brachte die Beschwerdeführerin vor, dass, falls in den Unterlagen nach dem als Hilfsantrag 3 eingereichten Hauptantrag Unklarheiten vorhanden wären, sie in jedem Fall auch im erteilten Patent bereits vorhanden gewesen seien. Ein Klarheitseinwand könne daher nach der Entscheidung G 3/14 in keinem Fall erhoben werden.

Dabei betreffe Absatz [34] wie erteilt nur die Einstellung der Helligkeit allgemein. Dies sei unabhängig vom Farbverlauf.

Anspruch 1 bestehe aus den erteilten Ansprüchen 1, 5 und 6. Ein Klarheitseinwand gegen ihn könne daher in Anbetracht der Entscheidung G 3/14 nicht erhoben werden. Die Änderungen in den Absätzen [36] und [38] änderten nichts daran.

Insbesondere könnten nach Absatz [38] des Streitpatents wie erteilt die beiden Ausführungsformen zur Bildung der Farbverlaufsstruktur (das heißt, einerseits zweidimensional mit Farbsprung und andererseits eindimensional mit kontinuierlichem Farbübergang) auch kombiniert werden. Der Inhalt des nun vorliegenden Absatzes [38] sei auf diese Kombination eingeschränkt. Daher liege kein neu entstandener Widerspruch vor. Darüber hinaus werde in beiden Ausführungsformen die Menge des jeweiligen Lumineszenzmittels pro Flächeneinheit kontinuierlich in Richtung der Farbverlaufsstruktur verändert, womit kein Widerspruch zu Anspruch 2 vorliege.

Absatz [40] betreffe weitere Lumineszenzmittel in unterschiedlichen Musterebenen und stelle keinen Widerspruch zu Anspruch 1 dar.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Das Streitpatent

2.1 Das Streitpatent betrifft ein Sicherheitsmerkmal für ein Wert- und/oder Sicherheitsprodukt mit einer Farbverlaufsstruktur, welche aus Musterelementen gebildet wird, die so klein sind, dass sie wegen ihrer Abmessungen mit dem menschlichen Auge ohne technische Hilfsmittel nicht direkt wahrnehmbar sind.

2.2 Das Patent wie erteilt umfasst im Wesentlichen zwei unterschiedliche Ausführungsformen. Bei der ersten Ausführungsform ergibt sich die Farbverlaufsstruktur bereits mit einer eindimensionalen Anordnung der Musterelemente. Diese Ausführungsform wird im erteilten Patent in Absatz [35] beschrieben, in Anspruch 4 beansprucht und in den Figuren 2 und 3 dargestellt.

Bei der zweiten Ausführungsform wird die Farbverlaufsstruktur durch eine zweidimensionale Anordnung der Musterelemente gebildet, wobei die Farbverlaufsstruktur durch mindestens zwei in einer Farbverlaufsrichtung kammartig ineinander greifende Farbflächen gebildet ist. Diese Ausführungsform wird im erteilten Patent in den Absätzen [36] und [37] beschrieben, in Anspruch 6 (welcher von Anspruch 5 abhängt) beansprucht und in Figur 4 dargestellt.

Nach Absatz [38] des erteilten Patents können diese beiden Ausführungsformen alternativ verwendet oder kombiniert werden.

2.3 Anspruch 1 wie erteilt umfasst dabei beide Ausführungsformen.

3. Unterlagen des mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag 3 eingereichten Hauptantrags

Anspruch 1 des neuen Hauptantrags entspricht Anspruch 1 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen damaligen Hilfsantrags 2. Dieser Anspruch besteht aus der Kombination der Ansprüche 1, 5 und 6 wie erteilt.

Insgesamt unterscheiden sich die Unterlagen des neuen Hauptantrags von dem von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen damaligen Hilfsantrag 2 lediglich dadurch, dass die während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung gestrichenen abhängigen Ansprüche 2 und 3 sowie die ebenfalls während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung gestrichenen Absätze [34] und [40] der Beschreibung wie erteilt wieder enthalten sind.

4. Berücksichtigung des Hauptantrags

Die Beschwerdeführerin ist in der Beschwerdebegründung nicht darauf eingegangen, warum sie den während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung gestrichenen Absatz [34] wieder eingeführt hat, wie von der Beschwerdegegnerin gerügt.

In der Beschwerdebegründung begründet die Beschwerdeführerin in Abschnitt D. jedoch auf den Seiten 8 bis 10, warum Hilfsantrag 3 patentfähig sei. Auch wenn sie dabei nicht auf Absatz [34] wie erteilt eingeht, der in den eingereichten Unterlagen nach Hilfsantrag 3 nicht gestrichen ist, kann daher nicht der gesamte Hilfsantrag 3 als nach Artikel 12(2) VOBK 2007 bzw. Artikel 12(3) VOBK 2020 unsubstantiiert angesehen werden, anders als die Beschwerdegegnerin meint.

Darüber hinaus stellt die Kammer fest, dass die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchs­abteilung die Ansprüche 2 bis 4 auf einen Hinweis der Einspruchsabteilung hin gestrichen hat (Punkte 13.5 und 13.6 der Niederschrift). Absatz [40] wurde von der Beschwerdeführerin sogar ausdrücklich nur unter Protest gestrichen (Punkte 17.4 und 17.5 der Niederschrift).

Auch wenn der Niederschrift im Detail nicht zu entnehmen ist, warum Absatz [34] gestrichen wurde (siehe Punkt 16), stellt der vorliegende, mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag 3 eingereichte Hauptantrag daher eine Reaktion auf das Geschehen in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung dar. Die Kammer kann daher auch nicht erkennen, dass der vorliegende Hauptantrag bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte eingereicht werden können beziehungsweise sollen.

Aus den obigen Gründen sieht die Kammer keinen Grund, den neuen Hauptantrag nicht zu berücksichtigen (Artikel 12(4) VOBK 2007).

5. Artikel 84 EPÜ

5.1 Entscheidung G 3/14

In der Entscheidung G 3/14 (OJ EPO 2015, A102) führte die Große Beschwerdekammer aus, dass bei der Prüfung nach Artikel 101(3) EPÜ, ob das Patent in der geänderten Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt, die Ansprüche des Patents nur auf die Erforder­nisse des Artikels 84 EPÜ geprüft werden könnten, sofern - und dann auch nur soweit - diese Änderung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführt (Leitsatz).

Entsprechend ist die Kammer der Ansicht, dass auch die Be­schrei­bung des Patents nur auf die Erforder­nisse des Artikels 84 EPÜ geprüft werden kann, sofern - und dann auch nur soweit - diese Änderung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführt. Im Fall T 1221/19 kam die entsprechende Kammer zu derselben Ansicht (Entscheidungsgründe, Punkte 20 und 21).

5.2 Unterschiede zur erteilten Fassung

Im vorliegenden Fall unterscheidet sich der Anspruchssatz des Patents gemäß Hauptantrag von der erteilten Fassung dadurch, dass Anspruch 1 aus den Merkmalen der erteilten Ansprüche 1, 5 und 6 besteht.

Die Kombination der Merkmale dieses Anspruchs 1 war dabei im erteilten Anspruchssatz bereits in Kombination mit den zusätzlichen Merkmalen der erteilten Ansprüche 2 und 3, die den Ansprüchen 2 und 3 des Hauptantrags entsprechen, enthalten. Anspruch 5 wie erteilt ist nämlich auf ein Sicherheitsmerkmal "nach einem der vorstehenden Ansprüche" gerichtet und Anspruch 6 wie erteilt hängt von Anspruch 5 wie erteilt ab.

Darüber hinaus ist der erteilte Anspruch 4 gestrichen und im Hauptantrag nicht mehr enthalten.

Die Beschreibung des Patents gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass Absatz [35] gestrichen ist, dass ein zusätzlicher Absatz [13a] eingefügt ist, und dass die Absätze [6], [18], [22], [36], [37], [38], [43], [46] und [53] geändert sind.

5.3 Gegenstand der Einwände der Beschwerdegegnerin

Wie oben ausgeführt wurden von der Beschwerdegegnerin Einwände in Bezug auf mangelnde Deutlichkeit und Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung nach Artikel 84 EPÜ erhoben. Dies geschah mit Hinblick auf die nach dem Hauptantrag im Vergleich zu der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung nicht gestrichenen Absätze [34] und [40] sowie auf die nach dem Hauptantrag im Vergleich zur erteilten Fassung geänderten Absätze [36] und [38] erhoben (siehe oben Punkt VII.).

In Bezug auf den Anspruchssatz des Hauptantrags sowie, im Vergleich zur erteilten Fassung, die Streichung des Absatzes [35], die Hinzufügung des neuen Absatzes [13a] sowie die Änderung der Absätze [6], [18], [22], [37], [43], [46] und [53] brachte die Beschwerdegegnerin keine Einwände vor.

5.4 Absätze [34] und [40]

Die Absätze [34] und [40] entsprechen der erteilten Fassung der Beschreibung. Die Erforder­nisse des Artikels 84 EPÜ in Bezug auf diese Absätze der Beschreibung können daher nur dann geprüft werden, sofern - und dann auch nur soweit - eine andere Änderung im Vergleich zur erteilten Fassung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführt. Im vorliegenden Fall könnte dies allenfalls die Änderung des Anspruchs 1 sein, der die zusätzlichen Merkmale B) und C) der erteilten Ansprüche 5 und 6 enthält. Diese beiden Merkmale betreffen die Bildung des Farbübergangs der Farbverlaufs­struktur.

Im Gegensatz dazu befasst sich Absatz [34] jedoch allgemein mit der Einstellung der Helligkeit der Lumineszenz der mindestens zwei Farben, während Absatz [40] eine mögliche Bildung der Musterelemente auf unterschiedlichen Oberflächen eines oder mehrerer Produktträger in unterschiedlichen Musterebenen betrifft.

Sowohl Absatz [34] als auch Absatz [40] betreffen daher Aspekte, die von den Merkmalen B) und C) unabhängig sind, wie auch von der Beschwerdeführerin vorgebracht. Darüber hinaus wird weder im Absatz [34] noch im Absatz [40] direkt auf Anspruch 1 wie erteilt Bezug genommen. Die Aufnahme der zusätzlichen Merkmale B) und C) in Anspruch 1 wie erteilt kann daher nach Ansicht der Kammer keinen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ in den Absätzen [34] und [40] der Beschreibung wie erteilt herbeiführen.

5.5 Absatz [36]

Wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht führt die Änderung des Absatzes [36] der Beschreibung zwar dazu, dass die dort beschriebene Bildung der Farbverlaufs­struk­tur durch eine sich in zwei Dimensionen kontinuierlich verändernde Menge des Lumineszenzmittels nunmehr "erfindungsgemäß" ist und damit unter den Wortlaut der Ansprüche fallen muss.

Darüber hinaus verlangt Absatz [36] auch, dass sich diese Änderung der Menge des Lumineszenzmittels pro Fläche durch eine Mittelung der Menge der beiden den Farbübergang bildenden Lumineszenzmittel über eine Fläche von mehreren Musterelementen ergibt. In Einklang damit kann sich die Menge des jeweiligen Lumineszenzmittels gemittelt über mehrere Zeilen von Musterele­menten pro Flächeneinheit kontinuierlich entlang eines Farbverlaufs verändern.

Dies ist in Übereinstimmung mit den Merkmalen des Anspruchs 2, die ja nicht erfordern, dass sich die Menge des Lumineszenzmittels nur über eine Strecke entlang der Farbverlaufsrichtung kontinuierlich ändert. Dabei kann gegebenenfalls innerhalb jeder einzelnen Reihe von Musterelementen ein Farbsprung stattfinden, wie im Absatz [37] beschrieben und in Figur 4 dargestellt. Dies wird jedoch in keinem der Ansprüche gefordert.

Die Kammer kann daher keinen Widerspruch zwischen Absatz [36] und Anspruch 2 erkennen.

Unabhängig davon entspricht die Änderung im Absatz [36] der Einschränkung des Anspruchs 1 auf die oben genannte (siehe Punkt 2.2) zweite Ausführungsform des erteilten Patents durch Aufnahme der erteilten Ansprüche 5 und 6. Die Änderung in Absatz [36] im Vergleich zur erteilten Fassung führt also zusammen mit der Streichung des Absatzes [35] wie erteilt (welcher sich ja auf die erste oben genannte Ausführungsform bezieht) zu einer Anpassung der Beschreibung an Anspruch 1 des Hauptantrags (d.h. wie aufrechterhalten). Da dessen Merkmalskombination bereits im erteilten Anspruchssatz auch in Kombination mit den Merkmalen des Anspruchs 2 enthalten war, wie oben ausgeführt (siehe Punkt 5.2), kann die korrekte Anpassung der Beschrei­bung an den vorliegenden Anspruch 1 keine Änderung sein, die im Sinne der Entscheidung G 3/14 einem Einwand unter Artikel 84 EPÜ offensteht. Stattdessen hätte jeder eventuelle Widerspruch zwischen einer so geänderten Beschreibung und einem der Ansprüche bereits in der erteilten Fassung der Ansprüche vorhanden sein müssen, wie von der Beschwerdeführerin zutreffend vorgebracht.

Eine durch die Änderung des Absatzes [36] verursachte fehlende Deutlichkeit oder Stützung durch die Beschreibung des Anspruchs 2 liegt also nicht vor. Dasselbe gilt für den von Anspruch 2 abhängenden Anspruch 3.

Da die Änderung des Absatzes [36] lediglich eine Anpassung an den neuen Anspruch 1 darstellt, sieht die Kammer auch keinen Widerspruch zu Absatz [34], dessen Inhalt unabhängig von den Merkmalen dieses Anspruchs ist, wie oben ausgeführt, im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdegegnerin.

5.6 Absatz [38]

Der vorliegende Absatz [38] wurde im Vergleich zum erteilten Patent dahingehend geändert, dass die Alter­native der Bildung einer Farbverlaufsstruktur ohne Verwendung kammartig ineinander verschränkter Farbfelder gestrichen wurde. Absatz [38] offenbart nunmehr ledig­lich, dass innerhalb der kammartig ineinander ver­schränk­ten Farbfelder die Mengen der Lumineszenzmittel pro Flächeneinheit zusätzlich variieren können. Diese Änderung betrifft also, wie die Änderung des Absatzes [36], eine Anpassung der Beschreibung an den vorlie­genden Anspruch 1.

Entsprechend kann, wie oben für Absatz [36] ausgeführt, die korrekte Anpassung des Absatzes [38] der Beschrei­bung an den vorliegenden Anspruch 1 keine Änderung sein, die im Sinne der Entscheidung G 3/14 einem Einwand unter Artikel 84 EPÜ offensteht.

Inhaltlich offenbart Absatz [38] dabei lediglich eine (im Vergleich zu Figur 4) zusätzliche Möglich­keit, die Menge des jeweiligen Lumineszenz­mittels pro Flächen­einheit in Übereinstimmung mit und nicht im Widerspruch zu den Merkmalen des Anspruchs 2 kontinuier­lich zu verändern.

5.7 Schlussfolgerung

Aus diesen Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass die in den Hauptantrag eingeführten Änderungen keine Verletzung des Artikels 84 EPÜ bewirken.

6. Zusammenfassung

Die Kammer sieht keinen Grund, den neuen Hauptantrag nicht zu berücksichtigen. Die von der Beschwerdegeg­nerin vorgebrachten Einwände hinsichtlich Artikel 84 EPÜ hält die Kammer nicht für stichhaltig.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung,

Beschreibung: Absätze 1 bis 5, 7 bis 13, 14 bis 17, 19 bis 21, 23 bis 34, 39 bis 42, 44 bis 45, 47 bis 52 und 54 bis 55 der Patentschrift, sowie Absätze 6, 13a, 18, 22, 36, 37, 38, 43, 46 und 53, eingereicht mit der Beschwerdebegründung,

Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 der Patentschrift.

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