T 1066/19 () of 8.3.2023

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2023:T106619.20230308
Datum der Entscheidung: 08 März 2023
Aktenzeichen: T 1066/19
Anmeldenummer: 07785814.0
IPC-Klasse: B41M 3/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Aufbringen einer Mikrostruktur, Werkzeugform und Gegenstand mit Mikrostruktur
Name des Anmelders: Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH
Name des Einsprechenden: De La Rue International Limited
Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG
Bundesdruckerei GmbH
CCL Secure Pty Ltd
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention Art 116(1)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (nein)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Entscheidung im schriftlichen Verfahren (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/21
T 0494/92
T 3002/19
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende 3 hat Beschwerde eingelegt gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass das euro­päische Patent Nr. 2 038 124 ("das Patent") in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann.

II. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Entgegenhaltungen sind die folgenden für das Beschwer­de­verfahren relevant:

D4 EP 0 816 112 A2 D14 WO 94/18609

D12 US 2002/0051866 A1 D28 US 5,085,514

Zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin folgende Dokumente eingereicht:

MM2 Auszug aus dem Wikipedia-Artikel "Klebstoff",

Zugriffsdatum: 6. Mai 2019, 17:01

MM3 Seite 1 einer Google-Recherche zum Begriff

"Lack klebt", durchgeführt am 6. Mai 2019, 17:07

MM4 Auszug aus dem Wikipedia-Artikel "UV-härtende

Druckfarbe", Zugriffsdatum: 6. Mai 2019, 17:19

MM5 Auszug aus der Broschüre "UV-härtende Farben und

Lacke für den Offsetdruck", veröffentlicht von

hubergroup Deutschland GmbH, nicht datiert

III. Mit Schreiben vom 24. Januar 2022 lud die Kammer die Beteiligten zur einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die auf den 31. Januar 2023 angesetzt war.

IV. Die Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 erging am 4. November 2022.

V. Nachdem die Beschwerdeführerin (Einsprechende 3) und zwei der weiteren Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 1 und 2) mit den jeweiligen Schreiben vom 17. Januar 2023, vom 11. Januar 2023 und vom 24. November 2022 angekündigt hatten, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen würden, und in Anbetracht der in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 geäußerten vorläufigen Meinung der Kammer, hob die Kammer am 20. Januar 2023 den Termin zur mündlichen Verhandlung auf und beschloss, die Entscheidung schriftlich ergehen zu lassen.

VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 3) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 9. Oktober 2019, aufrechtzuerhalten. Ferner beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die weiteren Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 1, 2 und 4) haben keine Anträge gestellt.

VII. Der unabhängige Anspruch 1 des Antrags, von dem die Einspruchsabteilung der Auffassung war, dass er den Erfordernissen des EPÜ genüge (Hauptantrag), lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung wurde in eckigen Klammern eingefügt):

"1. [1] Verfahren zum Herstellen eines Datenträgers oder Sicherheitselements, [2] bei dem auf einen Träger des Datenträgers oder Sicherheitselements, der eine transparente Kunststofffolie oder eine Papierschicht umfasst, [3a] eine farbige [3b] oder farblose Mikrostruktur aufgebracht wird indem

a) [4] eine Werk­zeugform bereitgestellt wird, deren Oberfläche eine Anordnung von Erhebungen und Vertiefungen in Gestalt der gewünschten Mikrostruktur aufweist, wobei [5] die Mikrostruktur der Werkzeugform durch Mikrostrukturelemente mit einer Strukturtiefe zwischen etwa 1 mym und etwa 20 mym gebildet wird,

b) [6a] die Vertiefungen der Werkzeugform mit einem härtbaren farbigen [6b] oder farblosen Lack befüllt werden,

c) [7a] der Träger für eine gute Verankerung des farbigen [7b] oder farblosen Lacks vorbehandelt wird, [8] indem eine härtbare Lackschicht als Stützschicht auf den Träger aufgebracht wird,

d) [9] jeweils der befüllte Abschnitt der Werkzeugform an den vorbehandelten Träger herangeführt und mit dem Träger in Kontakt gebracht wird,

e) [10] der in Kontakt mit dem Träger stehende Lack in den Vertiefungen der Werkzeugform gehärtet und dabei mit dem Träger verbunden wird, wobei [11] die Stützschicht zusammen mit dem Lack in den Vertiefungen der Werkzeugform gehärtet wird, und

f) [12] die Oberfläche der Werkzeugform wieder von dem Träger entfernt wird, [13] so dass der mit dem Träger verbundene, gehärtete Lack aus den Vertiefungen der Werkzeugform gezogen wird und [14a] farbiger [14b] oder farbloser Lack nur aus den Vertiefungen der Werkzeugform auf den Träger übertragen wird."

VIII. Der Vortrag der Beteiligten zu den entscheidungswesent­lichen Fragen lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Auslegung der Ansprüche

i) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Die Beschwerdeführerin habe die Begriffe "Datenträger"

und "Sicherheitselement" losgelöst von der Beschreibung des Patents zu breit ausgelegt und jeden Daten enthaltenden Gegenstand als Datenträger, und auch Sicherungselemente für den Straßenverkehr als Sicherheitselemente im Sinne von Anspruch 1 ausgelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung müsse der Fachmann aber versuchen zu einer Auslegung des Anspruchs zu gelangen, die technisch sinnvoll sei und bei der die gesamte Offenbarung des Patents berücksichtigt werde. Die Beschreibung des Patents stelle bereits in Absatz [0002] klar, dass die angesprochenen Sicherheits­elemente der Absicherung von Datenträgern, wie Wert- oder Ausweisdokumenten oder Wertgegenständen dienen, und spezifiziere, dass sie damit eine Überprüfung der Echtheit derartiger Datenträgers gestatten und als Schutz vor unerlaubter Reproduktion dienen sollen. Der Begriff "Datenträger" bezeichne im Patent vor allem Wert- oder Ausweisdokumente, aber auch andere Wertgegenstände, wie etwa Markenartikel (Absatz [0002]), insbesondere Banknoten, Wertdokumente, Pässe, Ausweiskarten und Urkunden (Absatz [0041]).

b) Hauptantrag: unzulässige Erweiterung

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende 3)

Das Merkmal 9 des Anspruchs 1 sei unzulässig erweitert. Dieses Merkmal erlaube einen Kontakt der Werkzeugform mit der unbehandelten Seite des Trägers, wofür es in den ursprünglichen Unterlagen keine Offen­barung gebe. Auf Seite 18, Zeilen 22 bis 24, der ursprünglichen Beschreibung sei offenbart, dass der befüllte Abschnitt des Werkzeugs 40 an die vorbehan­delte Seite der Trägerfolie 20 herangeführt und in direkten Kontakt gebracht werde. Aus dem Merkmal, dass die Stützschicht auf den Träger aufge­bracht wird, um die Verankerung des Lacks zu verbes­sern, habe die Einspruchsabteilung hergelei­tet, dass der Lack in Stufe d) des Anspruchs 1 auf der vorbehandelten Seite der Träger aufgetragen werden solle. Dies sei jedoch nicht zwingend: Anspruch 1 verlange nur, dass die Stützschicht auf den Träger aufgebracht wird, egal auf welcher Seite des Trägers. Ein Träger mit einer Papierschicht könne dadurch vorbehandelt werden, dass er auf einer Seite mit dem Lack getränkt werde. Da sich eine Papierschicht vollsaugen könne, könne die Vorbe­handlung auch auf der Seite erfolgen, auf der der befüllte Abschnitt der Werkzeugform nicht an den Träger herangeführt worden sei. Anspruch 1 umfasse auch diese nicht ursprünglich offenbarte Alternative.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Bereits im ursprünglichen Anspruch 1 sei verlangt gewesen, dass die Oberfläche der Werkzeugform mit dem Träger in Kontakt gebracht werde. Durch die Änderung sei lediglich klargestellt wor­den, dass nicht die gesamte Oberfläche der Werkzeugform mit dem Träger in Kontakt gebracht werde, sondern dass nur der jeweils befüllte Abschnitt der Werkzeugform an den vorbehan­del­ten Träger herangeführt und mit diesem in Kontakt gebracht werde. Da bereits im ursprünglichen Anspruch 1 nicht eine bestimmte Seite des Trägers erwähnt sei, könne die Änderung nicht zu einer unzulässigen Erweiterung führen. Zudem ergebe sich aus Anspruch 1 insgesamt bei verständigem Lesen ohnehin, dass der befüllte Abschnittes des Werkzeugs gerade an die vorbehandelte Seite des Träger hergeführt werden solle. Eine unzulässige Erweiterung liege somit nicht vor.

c) Hauptantrag: fehlende Neuheit gegenüber der Druckschrift D12

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende 3)

Die Druckschrift D12 offenbare ein Verfahren gemäß Anspruch 1 und somit insbesondere auch die Merkmale 1, 5, 7a und 7b, 8, 9 und 11.

Merkmal 1: Die Druckschrift D12 betreffe Träger mit Mikrostrukturen und stelle sich die Aufgabe einer besseren Markierung und des Schutzes gegen minder­wertige Nachahmungen (siehe Absatz [0002]). Markierte Produkte seinen Daten­träger. Die aufge­brachten Muster könnten u.a. Logos oder alphanumerische Zeichen etc. sein (siehe Absätze [0044] und [0046]). Da die Muster gemäß Absatz [0009] ähnlich wie Wasser­zeichen wirkten und das Produkt identifizier­bar machten, handle es sich um Sicherheits­elemente. Reflektierende Folien könnten als Sicherheits­elemente im Straßenverkehr dienen.

Merkmal 5: Die Mikrostruktur der Werkzeugform 102 werde durch Mikrostrukturelemente mit einer Strukturtiefe zwischen etwa 1 und 20 mym gebildet (Absatz [0042]). Die Prismen hätten eine Höhe zwischen 20 und 100 mym.

Merkmale 7a/b: Der Träger werde für eine gute Verankerung des farbigen oder farblosen Lacks mit einer Klebstoffschicht vorbehandelt, siehe Absatz [0046].

Merkmal 8: Im Ausführungsbeispiel der Figuren 7 und 8 der Druckschrift D12, das in den Absätzen [0042] bis [0048] beschrieben ist, sei eine Klebstoffschicht 208 auf beiden Seiten des Basisfilms 202 vorge­sehen. Der Film werde mit dieser Schicht beschichtet, dann werde das Harz auf die Klebstoffschicht aufge­tragen und gehärtet (Absatz [0046]). Ein Klebstoff sei ein nicht­metal­li­scher Stoff, der in der Lage ist, Werkstoffe durch Oberflächenhaftung und seine innere Festig­keit zu verbinden, siehe Anlage MM2. Die innere Verfestigung, sei das Härten. Ein Klebstoff sei also härtbar. Somit seien gemäß dem Patent sowohl Lack- als auch Kleberschichten "Stützschichten". Damit sei aus der Druckschrift D12 auch bekannt, dass eine härtbare Schicht als Stütz­schicht auf den Träger aufgebracht werde. Gemäß Absatz [0046] werde der nichtgehärtete Lack auf die Klebstoff­schicht aufge­tragen und mit UV-Licht bestrahlt, wobei das UV-härtbare Harz aushärte. Es sei für den Fachmann selbst­ver­ständlich, dass er als Klebeschicht auch einen Lack ein­setzen könne. Damit sei ausgehend von der Klebeschicht der Druckschrift D12 auch eine klebende Lackschicht nahegelegt.

Merkmal 9: Dieses Merkmal sei in Absatz [0039] und

Fig. 6 der Druckschrift D12 offenbart.

Merkmal 11: Ohne Aushärtung der Stützschicht könnte der in den Figuren 7 und 8 der Druckschrift D12 darge­stellte Film mit den Prismen und Mustern nicht her­ge­stellt werden, denn die Prismen würden in den Ver­tie­fungen der Werkzeugform bleiben. Nachdem der befüllte Abschnitt der Werkzeug­form (mit dem nichtausgehärteten Lack) an den vorbehandelten Träger mit der Klebstoff­schicht herangeführt werde und - nach der Bestrahlung - die ausgehärtete, mit den Prismen etc. beschichtete Folie aus der Form entnommen werde, müsse in der Form auch der Kleber ausgehärtet sein.

Der Fachmann hätte die Lehre der Druckschrift D12 bezüglich der Ausführungsformen der Figuren 6 und 7 kombiniert. Die Fig. 6 betreffe ein Herstellungs­ver­fahren und die Figuren 7 bis 9 eine Lichtlenkfolie mit einer Prismen­struktur. Deren Herstellung erfolge ebenfalls ausgehend von einer Basisfolie. Das unaus­gehärtete Material werde auf die Basisfolie aufgebracht und gehärtet. So werde eine Basisfolie mit Mustern bzw. mit Mustern auf der einen und Prismen auf der anderen Seite erhalten (Absatz [0046]). Die Verfahrensschritte in Absatz [0046] würden sich mit der Beschreibung der Fig. 6 decken. Der Fachmann hätte im Zusammenhang mit der Beschreibung der Herstellung der Prismen auf der mit dem Maskierungsfilm bedeckten Seite die Herstellung der Prismen gemäß Fig. 6 berücksichtigt. Er hätte der Fig. 7 und dem Absatz [0046] entnommen, dass eine zusätzliche Trä­gerschicht vorgesehen werden könne.

Die Neuheitsschädlichkeit ergebe sich auch ausgehend von den Figuren 7 bis 9 und den Absätzen [0041] bis [0046]: Die dort gezeigte Lichtlenkfolie weise mehrere transpa­ren­te Prismen 204 auf einem Basisfilm 202 aus Polymermaterial auf. Absatz [0046] beschreibe die Herstellung der Musterstruktur auf dem mit Klebstoff beschichteten Basisfilm, auf den das Harz aufgebracht und dann gehärtet werde. Dies sei ein erster Hinweis, das Basismaterial vor dem Aufbringen des Harzes mit einer klebenden Schicht vorzu­be­han­deln. Danach werde auf der anderen Seite die Prismenstruktur erzeugt, indem die Masse gegossen und anschließend gehärtet werde (vgl. auch Absatz [0007]). Fig. 7, die dieses Ausführungsbeispiel betreffe, zeige zwei Klebeschichten 214 und 208. Die Schicht 208 sei in Absatz [0042] als optionale Klebeschicht beschrieben. Somit bezögen sich die Figuren 7 bis 9 auf dieselbe Ausführungsform. Die Prismen seien mit dem Muster "markiert", d.h. sie würden ein Sicherheitsmerkmal aufweisen. Die Höhe der Prismen betrage gemäß Absatz [0042] 20 bis 100 mym. Es sei dem Fachmann klar, dass sowohl Lacke als auch Klebstoffe aushärten und eine Stützschicht bilden würden. Insofern sei das Merkmal 8 ebenfalls offenbart.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Die Druckschrift D12 offenbare die Merkmale 1, 5, 7 bis 9 und 11 nicht.

Merkmal 1: Die retroreflektierenden Folien der Druckschrift D12 seien weder Datenträger noch Sicherheits­ele­men­te. Es sei in der Recht­sprechung der Beschwerdekammern anerkannt, dass bei einem Verfahren, das auf die Herstellung eines Erzeugnisses gerichtet ist, die Tatsache, dass das Verfahren zu dem Erzeugnis führt, als ein eigentlicher Verfahrensschritt zu behandeln ist (T 268/13). Somit könnten nur Verfahren zum Herstellen eines Datenträgers oder Sicherheits­elements den Anspruch neuheitsschädlich treffen.

Merkmal 5: Die Mikrostrukturelemente der Werkzeugform der Fig. 6 seien nicht zwischen 1 mym und 20 mym tief. Absatz [0042] beziehe sich auf die Höhe der Prismen der Fig. 7 und nicht auf die Strukturtiefe der Werkzeugform der Fig. 6. Die Gestaltung der Fig. 7 werde aber nicht mit dem Verfahren der Fig. 6 herge­stellt. Aus dem Abstand der Rillen 120 der Form 102 (0.002 bis 0.008 Zoll) und jenem der Prismen 204 der Fig. 7 (0.001 bis 0.004 Zoll) ergebe sich, dass die Rillen 120 der Fig. 6 doppelt so groß seien wie die Prismen der Fig. 7 (Höhe: 0.0008 bis 0.004 Zoll), also zwischen 40,6 und 203,2 mym, weit außerhalb des Bereichs von Merkmal 5.

Merkmale 7a/b: Absatz [0046] betreffe die Herstellung der Musterstrukturen 212 auf der den Prismen gegenüber­liegenden Seite der Basisschicht. Dazu werde eine Seite der Basisschicht zeitweise mit einer Maske bedeckt, die andere Seite mit der Klebe­schicht und einem Harz versehen, und die Struktur durch die Maske und die Basisschicht hindurch mit UV-Strahlung beaufschlagt, um das Harz unterschiedlich zu härten. Dann werde die Maske entfernt und die Prismen würden auf der Seite aufgebracht, auf der zuvor die Maskenschicht vorlag. Die in Absatz [0046] genannte Klebstoffschicht sei also auf der den Prismen gegen­überliegenden Seite der Basisschicht aufgebracht und habe nichts mit der Verankerung des Lacks zu tun. Bei dem Verfahren der Fig. 6 werde keine Klebstoffschicht verwendet.

Merkmal 11: Mangels einer Stützschicht sei auch Merkmal 11 nicht offenbart. Aus einem Haften der Prismen an der Basisschicht folge dieses Merkmal ohnehin nicht.

Die Beschwerde­führerin kombiniere unzulässig Merkmale unterschiedlicher Ausführungsformen. Fig. 6 beschreibe in den Absätzen [0037] bis [0040] ein Verfahren zur Herstellung einer Prismenschicht 126 auf einer Basisschicht 104 unter Verwendung einer rotierenden, mit Rillen versehenen Form 102. Die Figuren 7 bis 9 beschrieben eine Licht­lenkfolie 200 mit einer Serie von linearen Prismen 204 auf einer Basisschicht 204. Aus der Beschreibung ergebe sich allerdings eindeutig, dass die Lichtlenkfolie 200 der Figuren 7 bis 9 nicht mit dem in Zusammenhang mit Fig. 6 beschriebenen Verfahren, sondern auf andere Weise hergestellt wurde. Es sei nicht zulässig, die verschiedenen, im Zusammenhang mit den Figuren 6 bis 9 erwähnten Merkmale und Verfahrensschritte zu einem Neuheitsangriff zu kombinieren. Relevant sei nur das Ausführungsbeispiel der Fig. 6, da nur dort eine Werkzeugform gemäß Merkmal 4 verwendet werde.

Die Lichtlenkfolie der Fig. 7 sei kein Datenträger. Bei der Herstellung der Lichtlenkfolie der Figuren 7 und 8 käme keine Werkzeug­form zum Einsatz - vielmehr würden die Prismen 204 der Figuren 7 und 8 über eine optionale Kleberschicht 208 auf der Basisschicht 202 aufgebracht (Absatz [0042]). Absatz [0007] beziehe sich nicht auf die Figuren 7 und 8, sondern auf die Figuren 5 und 6, bei der die Prismen mit Hilfe einer Gießform 102 herge­stellt würden. Auch die Vorbehandlung und Härtung sei bei der Beschrei­bung der Ausgestaltung der Figuren 7 und 8 nicht offenbart. Die in Absatz [0046] genannte klebende Schicht sei die Musterklebeschicht 214 der Fig. 7, mit der die Musterstruktur 212 auf die Basisschicht 202 geklebt sei. Sie befinde sich auf der den Prismen 204 gegenüberliegenden Seite und stelle daher keine "Vorbehandlung" des Trägers für die Verankerung des Lacks der Mikrostrukturen dar. Zudem stelle die Kleberschicht 208 keine härtbare Lackschicht dar.

d) Mangelnde erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D12

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende 3)

Wie aus den Absätzen [0055] und [0060] des Patents hervorgehe, sei die "Lackschicht" nichts anderes als eine Kleb­stoffschicht. Ein Klebstoff sei ein nicht­me­tal­­lischer Stoff, der in der Lage sei, Werk­stof­fe durch Ober­flächen­haftung und seine innere Festigkeit zu verbinden (vgl. Dokument MM2). Alle nichtausgehärteten Lacke würden kleben, denn sonst würden sie nicht an der Oberfläche haften. Selbst bei ausgehärtetem Lack sei das Kleben teils ein Problem. Dies sei dem Fachmann hinlänglich bekannt (vgl. Dokument MM3). Es sei für den Fachmann daher selbstverständlich, dass er als Klebeschicht auch einen nichtausgehärteten Lack einsetzen könne. Damit sei ausgehend von der Klebe­schicht der Druck­schrift D12 auch eine klebende Lack­schicht nahegelegt. Selbst wenn der Fachmann bei der aushärtenden Klebstoffschicht nicht automatisch auch eine aushärtbare Lackschicht mitgelesen hätte, wäre der Gegenstand von Anspruch 1 nicht erfinderisch.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Selbst eine Kombination der Ausführungsform der Fig. 6 mit jener der Figuren 7 bis 9 (wofür der Fachmann keine Veranlassung habe) zeige nicht alle Merkmale von Anspruch 1. Es gebe in der Druckschrift D12 keinen Hinweis, dass die Kleberschicht 208 der Figuren 7 und 8 eine Stützschicht bilden solle, die nach Merkmal 11 zusammen mit dem die Prismen bil­den­den Lack in den Vertiefungen einer Werkzeugform gehärtet werden könnte. Dies sei erstmals im Patent vorgeschlagen worden. Der da­durch erreichte Vorteil bestehe darin, dass das Herausziehen der farblosen oder farbigen Lackanteile aus dem Werkzeug bei der Entformung unterstützt werde, da der Verbund aus der Stützschicht und dem gehärtetem Lack in den Vertiefungen des Werkzeugs mechanisch wie eine vollflächige Beschichtung wirke (Absatz [0060] des Patents). Dieser Vorteil und die zu seiner Verwirk­lichung erforderlichen Maßnahmen würden in der Druckschrift D12 weder angesprochen noch angeregt.

e) Mangelnde erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D14

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende 3)

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheide sich nur durch die Merkmale 14a bzw. 14b von der Offenbarung der Druckschrift D14.

Merkmal 8: Die Vorlackschicht stelle eine Stützschicht auf dem Träger dar.

Merkmal 11: Die Stützschicht sei mit dem Träger verbun­den, allerdings sei die Aushärtung der Stütz­schicht bereits (weitgehend) erfolgt, bevor die Härtung des Lacks in den Vertiefungen erfolge. Der aus der Druck­schrift D14 bekannte Vorlack werde gemäß Fig. 6 und Seite 21, Absatz 5 bis 7, auf das Trägermaterial aufgetragen, um es zu glätten. Da der härtbare Lack auf den Vorlack aufgetragen wird, werde der Vorlack selbst­verständlich so ausgewählt, dass der härtbare Lack auf ihm hafte, denn sonst würden sich die Schichten ab­lösen. Der Vorlack könne ebenfalls mittels UV-Strahlung ausgehärtet werden, vgl. Seite 21, 5. Absatz. Gemäß der Druckschrift D14 sei der Vorlack (wenigstens weit­ge­hend) ausgehärtet. Das vollständige Aushärten dauere allerdings eine gewisse Zeit (vgl. Dokument MM4). Laut Dokument MM5 härte 95% der Druckfarbe bei radikalischer UV-Härtung in Sekundenbruchteilen aus, der Rest inner­halb von 24 Stunden. Deshalb sei auch der UV-bestrahlte Vorlack der Druckschrift D14, wenn er auf dem Träger an den befüllten Abschnitt der Werkzeugform herangeführt werde, nicht vollständig ausgehärtet. Er härte bei der zweiten Bestrahlung zusammen mit dem Lack in den Vertiefungen noch weiter aus. Damit sei die Vorlackschicht der Druckschrift D14 nichts anderes als die in Absatz [0015] des Patents beschriebene Variante, bei der die Stützschicht vorgehärtet wird.

Die Druckschrift D14 weise auf Seite 15, sechster Absatz, darauf hin, dass eine hohe Oberflächenglätte des Trägers wünschenswert sei. Die verbleibende Rauheit der Oberfläche des Trägers aus Papier oder Karton könne durch einen Vorlack reduziert werden (Seite 16, vier­ter Absatz). Alle verbliebenen Oberflächen­uneben­heiten würden mit der Dicke der strahlen­härtenden Lack­schicht ausgeglichen (Seite 16, letzter Absatz). Auf Seite 17, siebter Absatz, werde darauf hingewiesen, dass Kunst­stofffolien spiegelglatte Oberflächen des Bedruckstoffs seien. Es gebe keine Uneben­heiten, die mit der Dicke der Abform­lackschicht ausge­glichen werden müssten. Der Ausgleich der Uneben­heiten mit der Lack­schicht könne also ent­fallen. Somit könne die abge­formte Relief­struk­tur bis in den Träger durch­schla­gen und der Lack würde nur aus den Vertiefungen der Werk­zeug­form auf den Träger über­tragen. Somit seien die Merkmale 14a und 14b von der Druckschrift D14 nahe­ge­legt.

In Bezug auf das Ausführungsbeispiel auf Seite 18 sei offenbart, dass die Reliefstruktur nicht bis in den Träger durchschlagen solle. Die Druckschrift D14 lehre jedoch auch die Herstellung anderer lichtbeugender Strukturen, vgl. Seite 19, Zeilen 4 ff. Der Fachmann wisse, dass er - sofern er keine Reliefstrukturen, sondern andere, bis auf die spiegelglatte Oberfläche des Trägers herabreichende Mikrostrukturen herstellen möchte - nur die Vertiefungen der Werkzeugform mit dem Abformlack befüllen müsse.

Wäre der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D14 vor der Aufgabe gestanden, mikrooptische Strukturen auf einfache Weise auf einem Träger herzustellen, so hätte er die Druckschrift D12 herangezogen, die ebenfalls die Herstellung von mikrooptischen Strukturen auf Trägern wie Kunststofffolien betreffe. Die Druckschrift D12 lehre, dass die Haftung der mikrooptischen Strukturen auf dem Träger durch Aufbringen von Klebeschichten verbessert werden könne und dass die mikrooptischen Strukturen als solche auch ohne "Relief" auf den Träger aufgebracht werden könnten. Somit sei der Gegenstand von Anspruch 1 durch die Kombination der Druckschriften D14 und D12 nahegelegt. Dem Fachmann sei hinlänglich bekannt, dass er solche mikrooptischen Strukturen als Sicherheitselement einsetzen könne.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

Die Druckschrift D14 betreffe die direkte Applikation von Hologrammen und anderen Beugungsgittern auf verschiedenen Bedruckstoffen. Die erzeugten Lackschichten 7 seien durchgehende, strukturierte Schichten (siehe Fig. 3 und Seite 18).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Der Lack werde großflächig sowohl aus den Erhebungen als auch den Vertiefungen der Form und nicht nur aus den Vertiefungen eines Druckzylinders übertragen. Für die korrekte Funktion eines Reliefhologramms sei uner­lässlich, dass das vollständige Relief mit seinen Erhebungen und Vertiefungen zum Interferenzmuster bei­trage und dadurch die gewünschte holografische Dar­stel­lung erzeugen könne. Somit lehre die Druck­schrift D14 grundsätzlich davon weg, nur die Erhebungen einer Hologrammstruktur auf einen Träger zu übertragen. Der Hinweis der Seite 18, letzter Absatz, dass die Lack­schicht in einer Stärke zu wählen sei, dass die abge­formte Reliefstruktur nicht bis in den Träger durch­schlage, gelte auch für eine perfekt glatte Trägerober­fläche, da auch dort das Relief­holo­gramm korrekt funktionieren müsse. Zudem sei, wenn der strahlungshärtende Vorlack der Druckschrift D14 als Stützschicht nach Merkmal 8 angesehen werde, auch Merkmal 11 nicht verwirklicht. Der Vorlack bei der Druckschrift D14 werde nämlich zur Erzielung einer spiegel­artigen ebenen Oberfläche bereits vor dem Auf­bringen des Hologramms ausgehärtet (Seite 17, Zeilen 5 und 6). Selbst wenn eine UV-Druckfarbe nach der UV-Bestrahlung von selbst innerhalb einiger Zeit nachhärte, sei die radikalische UV-Härtung bereits vorgenommen worden. Eine erneute UV-Bestrahlung führe nicht zu einer erneuten radikali­schen Härtung. Die Druckschrift D14 lehre klar, dass es wegen der extremen Feinheit der zu prägenden Strukturen absolut notwendig sei, mit der Dicke der strahlungs­härtenden Abformlack­schicht alle verbliebenen Oberflächenunebenheiten auszugleichen (Seite 16, letzter Absatz). Der Abform­lack werde also jedenfalls so weit ausgehärtet, dass er die gewünschte spiegelglatte, ebene Oberfläche bereit­stelle. Dies gehe auch der Offenbarung der Seite 16, Zeilen 19 bis 22, und der Seite 21, Zeilen 21 bis 23, hervor. Jedenfalls sei das Merkmal 11 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. In der Druck­schrift D14 gebe es keinerlei Hinweis darauf, dass bei anderen lichtbeugende Struk­turen und Beugungsgittern für die tiefste Stelle der Abformung etwas anderes gelten sollte als bei Hologrammen und dass diese bis zum Träger durchlagen sollten. Auch bei solchen Strukturen würden neben den Erhebungen auch die Vertiefungen zur Beugung und damit zur Beugungseffizienz beitragen, so dass auch die geprägten Vertiefungen innerhalb der Lackschicht enden müssten. Darüber hinaus bestünde die Gefahr einer Beschädigung des Prägewerkzeugs, wenn dieses bis zu einem härteren Trägermaterial durchschlage.

Die Druck­schrift D14 beschäftige sich mit der Abscheidung einer kontinuierlichen Schicht (vgl. Seite 18, Zeilen 29 bis 34), sodass sie vom Gegenstand des Anspruchs 1, der die Ablagerung einer Beschich­tungs­zusammensetzung an diskreten Stellen verlange, wegführe. Der Fachmann hätte die Lehre der Druckschrift D14 nicht mit der Lehre eines anderen Dokuments, in dem eine diskontinu­ierliche Schicht abgelagert werde (Druckschriften D4, D11 oder D12), kombiniert. Darüber hinaus seien in der Druckschrift D14 weder das Merkmal 8 noch das Merkmal 11 offenbart. Da diese Merkmale auch in der Druckschrift D12 nicht offenbart seien, könne auch eine Kombination der Druckschriften D14 und D12 diese Merkmale nicht aufweisen.

f) Mangelnde erfinderische Tätigkeit, ausgehend von der Druckschrift D28

i) Beschwerdeführerin (Einsprechende 3)

Nur die Merkmale 5, 8, 11 und 14a bzw. 14b seien nicht aus der Druckschrift D28 bekannt. Hiervon ausgehend bestehe die Aufgabe darin, das aus der Druckschrift D28 bekannte Verfahren zur Herstellung der Hologramme zu verbessern und die Dicke der Sicherheitselemente und Datenträger zu reduzieren. Die beanspruchte Lösung werde dem Fachmann durch die Kombination der Druck­schrift D28 mit den Druckschriften D14, D4 oder D12 nahegelegt.

D28+D14: Die Druckschrift D14 betreffe die Herstellung von Hologrammen nach einem ähnlichen Verfahren, so dass der Fachmann die Druckschrift D14 berücksichtigt hätte.

Die Merkmale 5, 8, 11 und 14a bzw. 14b seien aus der Druckschrift D14 bekannt, so dass die Merkmale des Anspruchs 1 ausgehend von der Druckschrift D28 in Kombination mit der Druckschrift D14 naheliegend seien.

D28+D4: Dem Fachmann sei aus der Druckschrift D28 bekannt, dass Mikrostrukturen wie Hologramme, die in Sicherheitselementen und Datenträgern eingesetzt werden können, häufig auch in mikrooptischen Elementen eingesetzt würden. Deshalb hätte sich der Fachmann auch auf dem Gebiet der Herstellung von Materialien mit mikrooptischen Strukturen umgesehen und wäre so auf die Druckschrift D4 aufmerksam gewor­den. Letztere lehre ein Verfahren zur Herstellung von vielfarbigen Hochpräzi­sions­mustern auf einem Sub­strat, das insbesondere in Bezug auf die Fig. 2, insbesondere Spalte 6, Zeilen 28 bis 30, Zeilen 42 bis 44, und Spalte 7, Zeilen 23 bis 27 und Zeile 30 bis 38, beschrieben sei. Somit wäre der Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

D28+D12: Der Anspruch 1 sei auch ausgehend von der Druckschrift D28 in Kombination mit der Druckschrift D12 nahegelegt. Letztere betreffe ebenfalls mikro­opti­sche Strukturen und offenbare die fehlenden Merkmale.

ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)

D28+D14: Die Argumentation der Beschwerdeführerin scheitere bereits daran, dass die Merkmale 11 und 14a bzw. 14b in der Druckschrift D14 nicht offenbart seien. Die Druckschrift D14 lehre sogar davon weg.

D28+D4, D28+D12: Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass auch eine Kombination der Druckschrift D28 mit einer der Druckschriften D4 oder D12 den Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 geführt hätte, entbehre aller Belege oder Argumente. Beide Druckschriften beträfen ganz andere technische Gebiete, nämlich die Herstellung von Farbfiltern für Flachbildschirme (Druckschrift D4) bzw. die Herstellung von retroreflektierenden Folien und Kollimationsfilmen (Druckschrift D12). Der Fachmann hätte die Druckschrift D28 bereits aus diesem Grund nicht mit einer der Druckschriften D4 oder D12 kombiniert.

Entscheidungsgründe

1. Auslegung der Ansprüche

1.1 "Datenträger"

Das Patent enthält keine Definition des Begriffs "Datenträger". In Absatz [0002] des Patents werden "Wert- oder Aus­weis­dokumente" als Beispiele für Daten­träger genannt. Absatz [0041] nennt "eine Banknote, ein Wertdokument, ein Pass, eine Ausweiskarte oder eine Ur­kunde" als Beispiele für erfindungsgemäße Daten­trä­ger.

1.2 "Sicherheitselement"

Das Patent enthält auch keine Definition des Worts

"Sicherheitselement", aber dieser Begriff ist dem Fachmann geläufig. In der Regel wird darunter ein Element verstanden, das es erlaubt, einen Gegenstand (insbesondere Datenträger der oben genannten Art, also z.B. eine Banknote oder eine Ausweiskarte) gegen Fälschungen zu schützen, also seine Fälschungs­sicherheit zu erhöhen bzw. die Überprüfung seiner Echtheit zu ermöglichen.

2. Unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der Einwand der Beschwerdeführerin betrifft das Merk­­-mal 9, dem zufolge jeweils der befüllte Abschnitt der Werkzeugform an den vorbehandelten Träger heran­geführt und mit dem Träger in Kontakt gebracht wird, nachdem - gemäß Merkmal 8 - eine Stützschicht aus Lack auf den Träger aufgebracht wurde. Auf Seite 18, Zeilen 22 bis 24, der ursprünglichen Beschreibung ist dazu offenbart:

"Anschließend wird der befüllte Abschnitt des Werkzeugs 40 an die vorbehandelte Seite der Trägerfolie 20 herangeführt (Bereich 50) und in direkten Kontakt gebracht." (Unterstreichung durch die Kammer)

Die Beschwerdeführerin sieht eine Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ darin, dass das Merkmal 9 nicht verlangt, dass das Werkzeug an die vorbehandelte Seite herangeführt werden muss. Die Möglichkeit eines Kontakts der Werkzeugform mit der unbehandelten Seite des Trägers sei nicht ausgeschlossen, habe aber keine Grundlage in der Beschreibung.

Die Kammer kann sich diesem Vortrag nicht anschließen. Das Merkmal 8 verlangt, dass die Stütz­schicht in der Form einer härtbaren Lackschicht aufge­bracht wird. Die Werkzeugform wird anschließend an den Träger heran­geführt und mit ihm in Kontakt gebracht (Merkmal 9). Gemäß Merkmal 11 wird die Stützschicht gemeinsam mit dem Lack in der Werkzeugform ausgehärtet. In der Zusammenschau bedeutet dies, dass das Werkzeug an die Trägerschicht - und somit an die vorbehandelte Seite der Trägerfolie - herangeführt wird.

Das Gedankenexperiment der Beschwerdeführerin, in dem ein Träger aus Papier von einer Seite mit Lack imprägniert wird, und dann das Werkzeug an die andere Seite des Trägers herangeführt wird, entspricht nicht einem Verfahren gemäß Anspruch 1, da in diesem Falle keine Lackschicht als Stützschicht auf den Träger aufgebracht wird.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags entspricht somit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D12 (Artikel 54 (1) EPÜ)

Die Druckschrift D12 offenbart unter anderem ein Ver­fahren zur Bildung eines Musters in einem strah­lungs­­härtbaren Material. Dabei wird ein Blockierungs­muster (blocking pattern), das einen Teil der Strahlung der Strahlungsquelle blockieren kann, zwischen der Quelle und dem härtbaren Material eingebracht (Anspruch 15). Die Fig. 6 zeigt eine entsprechende Ausführungsform.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Hier wird strahlungshärtbares Material 116 in die

Nuten 120 einer drehbar gelagerten Form 102 einge­bracht. Darüber werden eine Grundfolie 104 sowie eine Maskenfolie 108 mit einem nichttransparenten Motiv gelegt und in engem Kontakt mit der Form 102 gehalten. Das Material 116 wird dadurch, dass die UV-Strahlung der Ultraviolettlampen 122 und 124 durch die Masken­folie 108 teilweise blockiert wird, unterschiedlich gehärtet. Der unterschiedlich gehärtete Film 126 und die Maskenfolie 108 werden auf den Rollen 128 und 130 aufgewickelt.

Die Figuren 7 und 8 zeigen eine andere Ausführungsform.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Wie aus den Absätzen [0041] bis [0043] hervorgeht, umfasst die in Fig. 7 dargestellte lichtlenkende

Folie 200, deren Dicke b zwischen 0.1 und 0.15 mm liegt, eine Basisfolie 202 mit einer Dicke zwischen 50 und 250 mym. Über der Basisfolie befindet sich eine Reihe von transparenten linearen Prismen 204 mit Seitenflächen 206. Der Abstand p der Prismen liegt zwischen 25 und 100 mym, ihre Höhe h zwischen 20 und 100 mym. Die dargestellte Ausführungs­form umfasst eine Prismenklebeschicht 208 mit einer Dicke zwischen 2.5 und 12 mym. Auf der gegenüber­lie­gen­den Seite der Basis­folie 202 wird über einer Muster­klebeschicht 214, die in Material und Dicke der Pris­men­klebeschicht 208 ähnelt, eine Musterstruktur 212 gebildet. Diese Struk­tur 212 hat eine Dicke zwischen 2.5 und 12 mym. Fig. 8 zeigt eine perspektivische Ansicht derselben Folie 200.

Die Einspruchsabteilung hat die Frage der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 in Abschnitt 24.3 der angefoch­tenen Entscheidung untersucht. Sie hat festgestellt, dass die Druckschrift D12 das Merkmal 9 nicht direkt und eindeutig offenbart, und ausgeführt:

"Selbst wenn man zugeben würde, dass die an Punkte [sic] 116/118 der Abbildung 6 des Dokuments 12 geschehende Aktivität eine Vorbehandlung ist (die Einspruchsabteilung ist damit auch nicht einver­stan­den), dann bleibt eine Stützschicht als Vorbe­handlung unerwähnt. Ferner offenbart Dokument D12 ein Verfahren zum Herstellen retro­reflek­tie­rende [sic] Folien und Kollimationsfilme ("retro­reflective sheeting, collimating films"), bei dem ein Sicherheitselement durch eine Maske eingebracht wird, wohingegen das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags ein Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements zeigt, bei dem Mikrostruktur durch eine Werkzeugform eingebracht wird. ..."

Die Kammer versteht diese Passage so, dass die Druck­schrift D12 nach Auffassung der Einspruchs­abtei­lung die Merkmale 8 und 9 nicht offenbart. Es ist für die Kammer nicht klar erkennbar, ob bzw. welche zusätzlichen Unter­schei­dungs­merkmale mit dem letzten zitierten Satz der Einspruchsabteilung geltend gemacht wurden.

Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, dass die Druckschrift D12 auch die Merkmale 1, 5, 7 und 11 nicht offenbart.

3.1 Merkmal 1

Gemäß Merkmal 1 ist das beanspruchte Verfahren ein Verfahren zum Herstellen eines Datenträgers oder Sicherheitselements. Im Dokument D12 wird die Herstel­lung von reflektierenden Folien beschrieben. Es stellt sich also die Frage, ob diese Folien als Datenträger oder Sicherheitselemente im Sinne von Anspruch 1 gelten können. Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, dass solche Folien als Sicherheitselemente im Straßenverkehr eingesetzt würden. Es handelt sich aber dabei nicht um etwas, was der Fachmann als Sicherheitselement gemäß der Erfindung angesehen hätte (zur Auslegung des Begriffs, siehe Abschnitt 1.2). Die Beschwerdeführerin hat auch darauf hingewiesen, dass die Folien ein Logo tragen können (siehe dazu z.B. den Absatz [0002] der Druckschrift D12 und die Ausführungs­form der Fig. 9) und somit Datenträger darstellen. Es scheint der Kammer nicht ausgeschlossen, dass ein Gegenstand, der ein Logo trägt, als Datenträger im weitesten Sinn aufgefasst werden kann. Allerdings ist festzu­stel­len, dass keine der für den Neuheits­angriff geltend gemachten Ausführungsformen ein Logo beinhaltet. Es ist nicht unmittelbar und eindeutig offen­bart, dass das Logo der Fig. 9 der Ausführungsform der Fig. 7 und 8 zuzuordnen ist (vgl. die Absätze [0016] bis [0018] sowie [0044]). Dasselbe gilt für das einem Wasserzeichen ähnliche Sicherheits­merkmal, von dem Absatz [0009] spricht. Das Merkmal 1 ist daher nicht in Kombination mit allen anderen Merkmalen von Anspruch 1 offenbart.

3.2 Merkmal 5

Gemäß Merkmal 5 wird die Mikrostruktur der Werkzeugform durch Mikrostrukturelemente mit einer Strukturtiefe zwischen etwa 1 mym und etwa 20 mym gebildet.

Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang auf den Absatz [0042] der Druckschrift D12 verwiesen, der offenbart, dass die Prismen eine Höhe zwischen 20

und 100 mym haben. Diese Offenbarung betrifft das Ausfüh­rungs­beispiel der Figuren 7 und 8, bei dem jedoch keine Werkzeugform offenbart ist. Was die Aus­führungs­form der Fig. 6 angeht, leitet die Beschwer­de­gegnerin aus der Tatsache, dass der Abstand der Rillen der

Fig. 6 zwischen 50 und 200 mym beträgt (siehe Absatz [0037]) und somit doppelt so groß ist wie der entspre­chende Abstand der Ausführungsform der Fig. 7, ab, dass die Rillen der Fig. 6 eine Tiefe zwischen 40 und 200 mym aufweisen müssen, also deutlich mehr als die Struktur­tiefe gemäß Merkmal 5. Allerdings ist festzustellen, dass diese Berechnung u.a. auf schematischen Zeichnun­gen beruht und somit nicht direkt und eindeutig in der Druck­schrift D12 offenbart ist.

3.3 Merkmale 7 und 8

Die Beschwerdeführerin sieht die Merkmale 7 und 8,

denen zufolge der Träger zur Verankerung des Lacks vorbehandelt wird, indem eine härtbare Lackschicht als Stützschicht auf den Träger aufgebracht wird, in der Druckschrift D12 darin offenbart, dass im Absatz [0046] beschrieben ist, dass eine Klebstoffschicht auf den Träger aufgebracht wird. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, es sei für den Fachmann selbstverständ­lich, dass er als Klebeschicht auch einen nicht ausge­härteten Lack einsetzen könne. Eine solche Überlegung betrifft allerdings die Frage der erfinde­ri­schen Tätig­keit. Darüber hinaus ist der Beschwerde­gegnerin zuzu­stimmen, dass die Offenbarung von Absatz [0046] die Fig. 8 und somit nicht die Ausfüh­rungs­form der Fig. 6 betrifft. Die Kammer gelangt somit zum Schluss, dass die Druckschrift D12 die Merkmale 7 und 8 nicht offenbart.

3.4 Merkmal 9

Gemäß Merkmal 9 wird der befüllte Abschnitt der Werkzeugform an den vorbehandelten Träger herangeführt und mit dem Träger in Kontakt gebracht. In diesem Zusammenhang hat sich die Beschwerdeführerin auf Fig. 6 und Absatz [0039] der Druckschrift D12 berufen.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Ausschnitt der Fig. 6

Hier werden tatsächlich befüllte Abschnitte der Werkzeugform an den Träger (d.h. die Folie 104) heran­geführt und mit ihr in Kontakt gebracht. Allerdings ist die Folie 104 nicht vorbehandelt. Da dieser Unterschied jedoch bereits vom Merkmal 7 erfasst wird, betrachtet die Kammer das Merkmal 9 nicht als ein zusätzliches Unter­schei­dungs­merkmal.

3.5 Merkmal 11

Nach Merkmal 11 wird die Stützschicht zusammen mit dem Lack in den Vertiefungen der Werkzeugform gehärtet.

Da im Zusammenhang mit der Fig. 6 keine Stützschicht offen­­bart ist, kann auch dieses Merkmal nicht offenbart sein. Weil dieser Unterschied jedoch bereits vom Merk­mal 8 erfasst wird, stellt das Merkmal 11 kein zusätzliches Unter­schei­dungs­merkmal dar.

3.6 Ergebnis

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D12, da letztere die Merkmale 1, 5, 7 und 8 nicht offenbart.

4. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Ausgehend von der Druckschrift D14

a) Offenbarung

Die Druckschrift D14 betrifft ein holographisches Ver­viel­fältigungsverfahren zum Abformen von Hologrammen und anderen Beugungsgittern (Seite 1, erster Absatz). Sie stellt sich die Aufgabe, ein Verfahren zur direkten Bedruckung eines Bedruckstoffes 6 (z.B. Papier, Karton oder opake Folien) mit Hologrammen oder anderen Fein­strukturen anzugeben, das eine hohe Druckgeschwin­dig­keit bei geringen Kosten ermöglicht (Seite 7, drit­ter Absatz) Dabei wird mindestens eine Lack­schicht auf den Bedruckstoff 6 aufgetragen, von denen mindestens eine UV-härtbar ist. Durch die Lackschichten bzw. durch eine optionale Vorlackschicht wird die Oberfläche des Bedruckstoffes 6 geglättet. Das Hologramm wird dann mittels einer strah­lungs­transpa­ren­ten Prägematrize in die Oberfläche der UV-härtbaren Lackschicht abgeformt. Die Aushärtung der Lackschicht 7 erfolgt von der Matrizenseite her durch die Matrize und den Form­zylinder oder den Matrizenträger 14 hindurch (siehe Anspruch 1).

b) Unterschiede

Die Einspruchsabteilung hat sich in Abschnitt 25.1 der angefochtenen Entscheidung mit der Druckschrift D14 als nächstliegendem Stand der Technik beschäftigt und in Abschnitt 25.1.5 festgestellt, dass die Druckschrift D14 die Merkmale 11 bzw. 14a und 14b nicht offenbart, da zum einen die der Stützschicht entsprechende Vorlack­­schicht vor dem Aufbringen der Mikrostruktur vollstän­dig gehärtet ist und zum anderen die Druck­schrift D14 die Abscheidung einer kontinuierlichen Schicht lehrt, wohin­gegen die Merkmale 14a und 14b die Ablagerung auf diskrete Stellen beschränken. Diese Feststellungen wurden nicht bestritten.

Dass die Druckschrift D14 die Merkmale 14a und 14b nicht offenbart, wurde nicht bestritten. Die Beschwer­de­führerin sieht aber das Merkmal 11 als offenbart an. Die Beschwerdegegnerin sieht im Merkmal 8 ein weiteres Unterscheidungsmerkmal.

i) Merkmal 8

Gemäß Merkmal 8 wird eine härtbare Lackschicht als Stützschicht auf den Träger aufgebracht. Da auf

Seite 16, Absätze 3 bis 5, der Druckschrift D14 ein ggf. aufzubringender Vorlack offenbart wird, ist das

Merkmal 8 in der Druckschrift D14 offenbart.

ii) Merkmal 11

Merkmal 11 verlangt, dass die Stützschicht zusammen mit dem Lack in den Vertiefungen der Werkzeugform gehärtet wird. In diesem Zusammenhang hat die Einspruchs­abtei­lung auf Seite 17, Zeilen 5 und 6, der Druckschrift D14 verwiesen:

"Eine spiegelartig ebene Oberfläche einer Vorlack­schicht wird vorzugsweise an einem polierten Zylin­der während der Härtung oder Trocknung erzielt."

Dies bedeute, dass der Vorlack vollständig gehärtet sei.

Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass die Härtung nicht völlig abgeschlossen sei und somit die Stützschicht auch noch zusammen mit dem Lack gehärtet werde. Darüber hinaus offenbare der Absatz [0015] des Patents, dass die Stützschicht vorgehärtet werden könne.

Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass die radikalische UV-Härtung bereits abgeschlossen sei. Die Druckschrift D14 lehre klar, dass es wegen der extremen Feinheit der zu prägenden Strukturen absolut notwendig sei, mit der Dicke der strahlungshärtenden Abformlackschicht jegliche verbliebenen Oberflächen­uneben­heiten auszugleichen (Seite 16, letzter Absatz). Der Abformlack werde also jedenfalls so weit ausgehärtet, dass er die gewünschte spiegelglatte, ebene Oberfläche bereitstelle. Das bedeutet aber nicht, dass die Aushärtung völlig abgeschlossen ist.

Die Beschwerdeführerin hat auch auf die Passage auf Seite 16, Zeilen 19 bis 22, verwiesen:

"Die ggf. notwendige Vorglättung der Oberfläche erfolgt während der Aushärtung des Vorlacks durch Abformung von einem polierten Zylinder oder einer glatten Endlosbandschleife oder von einer glatten Deckfolie, welche nach dem Aushärten wieder abgezogen wird."

Auch diese Stelle ist nicht entschei­dend, da der Begriff "Aushärtung" nicht notwendiger­weise bedeutet, dass die Aushärtung vollständig ist. Dasselbe trifft auf die Stelle auf Seite 21, Zeilen 21 bis 23, zu.

Das Merkmal 11 ist so zu verstehen, dass die Stütz­schicht bereits vorgehärtet sein kann (vgl. Absatz [0015] des Patents bzw. Anspruch 5 des Hauptantrags). Von einer vollständigen Aushärtung der Vorlackschicht ist auch auf Seite 17, Zeilen 5 und 6, der Druckschrift D14 nicht die Rede.

Die Kammer ist der Auffassung, dass der Fachmann angenommen hätte, dass die Vorlackschicht auch noch zusammen mit dem Lack gehärtet wird. Dennoch ist der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, dass das Merkmal 11 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist.

iii) Ergebnis

Die Druckschrift D14 offenbart alle Merkmale von Anspruch 1 mit Ausnahme der Merkmale 11 und 14a bzw. 14b.

c) Objektive technische Aufgabe

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die

Druckschrift D14 den Fachmann vom Gegenstand des Anspruchs 1 wegführe, da sie sich mit der Abscheidung einer kontinuierlichen Schicht beschäftige. Sie hat aber keine objektive technische Aufgabe formuliert. Ihre Feststellung, der Fachmann hätte die Lehre der Druckschrift D14 nicht mit einer Druckschrift kombi­niert, in der eine diskontinuierliche Schicht abgela­gert wird, ist somit eine unzureichend begründete Behauptung.

Die Kammer kann sich die von der Beschwerdeführerin erwähnte Aufgabe, mikro­opti­sche Strukturen auf einfache Weise auf einem Träger herzustellen, nicht zu eigen machen, da sie nicht der tatsächlichen tech­ni­schen Wirkung der Merkmale 14a bzw. 14b entspricht.

d) Naheliegen

Im Folgenden beschränkt sich die Kammer auf das Unterscheidungsmerkmale 14a und 14b. Da diese Unter­scheidungsmerkmale für sich genommen schon eine erfinde­rische Tätigkeit begründen, kann von einer Prüfung des Unterscheidungsmerkmals 11 abgesehen werden.

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Beschwerde­gegnerin haben in ihrer Argumentation zum Naheliegen der Erfindung Plausi­bi­li­tätsüberlegungen ausgehend vom Ausführungsbeispiel der Fig. 3 der Druckschrift D14 angestellt.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Es ist unbestritten, dass die Druckschrift D14 lehrt, dass die Lackschicht 7 in einer solchen Stärke zu wählen ist, dass die abgeformte Reliefstruktur nicht bis in den Träger 6 durchschlägt (siehe Seite 18, letzter Absatz).

Die Beschwerdeführerin hat jedoch darauf hingewiesen, dass die Druckschrift D14 auch die Möglichkeit einer "bereits spiegelglatten Oberfläche des Bedruckstoffes z.B. bei Kunststofffolien" in Betracht zieht (siehe Seite 17, vorvorletzter Absatz), und hat geltend gemacht, dass in diesem Falle der Ausgleich aufgrund der Glätte der Kunststofffolie entfallen könne, sodass die abgeformte Reliefstruktur nunmehr bis in den Träger durchschlagen könne. Dies wiederum bedeute, dass der Lack gemäß der Merkmale 14a bzw. 14b nur aus den Vertiefungen der Werkzeug­form auf den Träger übertragen würde. Diese Überlegung ist allerdings nicht ziel­führend, da sie unzweifelhaft auf einer rückschauenden Betrachtungs­weise beruht.

Die Beschwerdeführerin hat zudem dargelegt, dass die Druckschrift D14 auf Seite 19, zweiter Absatz, auch die Herstellung anderer licht­beugender Strukturen lehre. Dem Fachmann sei bekannt, dass er - sofern er keine Reliefstrukturen, sondern andere, bis auf die spiegel­glatte Oberfläche des Trägers herabreichende Mikro­strukturen herstellen möchte - nur die Vertiefungen der Werkzeugform mit dem Abformlack befüllen müsse. Diese Überlegung überzeugt jedoch nicht, da sie das angeblich nahegelegte Merkmal voraussetzt.

Der auf der Kombination der Druckschriften D14 und D12 beruhende Angriff geht von einer objektiven technischen Aufgabe aus, die sich die Kammer nicht zu eigen machen kann (siehe dazu Abschnitt 4.1 c)) und kann bereits aus diesem Grunde nicht erfolgreich sein.

Zusammengefasst ist also festzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargelegt hat, dass der Gegenstand von Anspruch 1 für den Fachmann, der von der Druckschrift D14 ausging, nahelag.

4.2 Ausgehend von der Druckschrift D12

a) Offenbarung

Die Offenbarung der Druckschrift D12 wurde bereits in Abschnitt 3. erörtert.

b) Unterschiede

Wie in Abschnitt 3.6 dargelegt wurde, offenbart die Druckschrift D12 die Merkmale 1, 5, 7 und 8 nicht.

c) Naheliegen

Wie aus Abschnitt 25.2.4 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass die Druckschrift D12 keinen geeigneten Ausgangs­punkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit darstelle. Sie hat dies damit begründet, dass sich die Druckschrift D12 mit der Herstellung von retroreflek­tierenden Folien und Kollimationsfilmen beschäftige. Der Fachmann auf dem Gebiet der Beschichtungsverfahren für Datenträger und Sicherheitselemente hätte die Druckschrift D12 daher nicht berücksichtigt.

Dies wirft die grundsätzliche Frage auf, ob die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von jedem beliebigen Stand der Technik ausgehen kann oder ob hier gewisse Ein­schrän­kungen gelten. Nach Auffassung der Kammer lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass ein Stand der Technik dem Fachmann Gegenstände z.B. aus einem benachbarten Gebiet nahelegen kann. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Die Kammer kann sich der pauschalen Fest­stel­lung der Einspruchs­abtei­lung daher nicht in aller Allgemeinheit anschließen.

Da die Druckschrift D12 explizit die Frage der Fälschungs­­sicherheit anspricht und in diesem Zusammen­hang das Anbringen eines Musters oder Logos erwähnt (siehe z.B. die Absätze [0002] oder [0009]), erscheint es der Kammer gerechtfertigt, die Druckschrift D12 als möglichen Ausgangspunkt zu betrachten. Von den beiden im Zusammenhang mit dem Neuheitseinwand erwähnten Ausführungsformen scheint jene der Fig. 8 dem Anspruchsgegenstand näher zu kommen, da durch die Verbindung mit der Variante in Fig. 9 tatsächlich die Verwendung eines Logos nahegelegt zu sein scheint (siehe Absatz [0044], der in die Offenbarung zur Ausführungsform der Fig. 8 (Absätze [0041] bis [0045]) eingefügt ist). Allerdings ist in diesem Zusammenhang nicht die Verwendung einer Werkzeugform offenbart. Damit stellt die Druckschrift D12 einen weniger erfolgsver­spre­chenden Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinde­ri­schen Tätigkeit dar als die Druckschrift D14.

4.3 Ausgehend von der Druckschrift D28

a) Offenbarung

Die Druckschrift D28 betrifft Verfahren zur Herstellung von Mikrostrukturmustern wie Oberflächenrelief­holo­gram­men oder anderen Lichtbeugungsmustern auf einem flexiblen Substrat unter Verwendung einer Form, die während des Aushärtens des Harzes flüssiges Harz auf dem Substrat hält (siehe Spalte 1, Zeilen 11 bis 17).

Besonders relevant ist das in Fig. 4 dargestellte Verfahren.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die zylindrische Rasterwalze 119' nimmt beim Durch­laufen eines Bades mit Gießharz Flüssigkeit auf. Sie ist in Kontakt mit elastischen Kissen (pads) einer zweiten Walze 123', wobei die Kissen flüssiges Harz von den Löchern der Rasterwalze aufnehmen. Eine dritte Walze 137' weist mehrere Hologrammvorlagen auf. Letzte­re sind im Wesentlichen in demselben Muster angeordnet wie die Kissen der Trommel 123'. So werden die einzel­nen Hologramm-Masterteilevorlagen auf der Außenseite der Walze 137' durch Kontakt mit den Kissen der Über­tragungswalze 123' beschichtet. Die Bahn 111' und die Hologrammvorlagen der Trommel 137' bewegen sich gemein­sam, ohne dass es zu einer Bewegung zwischen ihnen kommt. Das flüssige Harz wird zwischen den Holo­grammvorlagen und der Trägerbahn 111' gehalten und durch Aushärtung mit von der Strahlungsquelle 149' erzeugter aktinischer Strahlung (insbesondere UV-Licht) gehärtet, die durch die Bahn 111 auf das eingeschlos­sene flüssige Harz trifft. Danach wird die Bahn 111' mit den Hologrammnachbildungen von den Vorlagen auf der Walze 137' getrennt. Die Hologramme werden dann metal­li­­siert und ggf. mit einer transparenten Schutzschicht versehen (Spalte 3, Zeile 61, bis Spalte 5, Zeile 14).

b) Unterschiede

In Abschnitt 25.5.3 der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass die Druckschrift D28 die Merkmale 8, 11 und 14a bzw. 14b nicht offen­bart. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Letztere sah zudem das Merkmal 5 als nicht offenbart an.

c) Objektive technische Aufgabe

Die Einspruchsabteilung hat die Druckschriften D4, D12

und D14 als "disqualifiziert" für eine Kombination mit der Druckschrift D28 angesehen, ohne vorher eine objek­tive technische Aufgabe definiert zu haben. Dieses Vor­gehen erscheint der Kammer fragwürdig.

Die Beschwerdeführerin hat die von den Unterscheidungs­merkmalen gelöste Aufgabe darin gesehen, das Verfahren der Druckschrift D28 zu verbessern und die Dicke der Sicherheitselemente und Datenträger zu reduzieren. Obwohl die Beschwerdegegnerin diesem Vortrag nicht wider­­spro­chen hat, hat die Kammer Zweifel, dass die vorgeschlagene Definition der objektiven techni­schen Aufgabe tatsächlich der technischen Wirkung der Unterscheidungsmerkmale entspricht.

d) Naheliegen

Ungeachtet dieser Zweifel ist die Kammer zum Ergebnis

gelangt, dass die Kombination der Druckschrift D28 mit einer der Druckschriften D12, D14 oder D4 den Fachmann nicht zum Gegenstand von Anspruch führen hätte können.

In der Tat offenbaren weder die Druckschrift D28 noch die Druckschrift D12 die Merkmale 5 und 8, und die Merkmale 14a bzw. 14b liegen weder in der Druckschrift D28 noch in der Druckschrift D14 vor.

Was die Druckschrift D4 angeht, hat sich die Beschwer­deführerin darauf beschränkt, mehrere Offenbarungs­stellen anzugeben und pauschal festzustellen, dass die Lehre der Druckschrift D4 den Fachmann zum Gegenstand von Anspruch 1 geführt hätte. Ein solcher Vortrag ist ungeeignet, den Nachweis des Fehlens einer erfinde­ri­schen Tätigkeit zu erbringen.

Die Beschwerdeführerin hat also nicht überzeugend dargelegt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 für den Fachmann, der von der Druckschrift D28 ausging, nahelag.

5. Ergebnis zum Hauptantrag

Die Einwände der Beschwerdeführerin gegen den Haupt­antrag sind nicht stichhaltig. Das Patent kann daher auf der Grundlage dieses Antrags aufrechterhalten werden.

Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.

6. Entscheidung im schriftlichen Verfahren

6.1 Wie unter Punkt V. dargelegt wurde, hat die Beschwerde­führerin mit Schreiben vom 17. Januar 2023 angekündigt, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Sie hat aber ihren Hilfsantrag auf mündliche Verhand­lung, den sie mit ihrer Beschwerdeschrift vom 10. April 2019 gestellt und in ihrer Beschwerde­begründung vom 31. Mai 2019 bekräftigt hatte, nicht zurückgenommen.

Dessen ungeachtet, und obwohl dem Antrag der Beschwer­de­führerin, das Patent zu widerrufen, nicht stattge­ge­ben wird, ist es nicht erforderlich, eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

Das Recht auf eine mündliche Verhandlung, das in Artikel 116 (1) EPÜ verankert wurde, ist nämlich im Rahmen des Rechts auf rechtliches Gehör gemäß

Arti­kel 113 EPÜ zu sehen (siehe die Entscheidung

G 1/21, Abschnitte 13 und 45 der Gründe). Das Prinzip des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ wird mit der vorliegenden Entscheidung aber nicht verletzt, da es ausreicht, dass die Beschwerdeführerin die Gele­genheit hatte, gehört zu werden. Durch die Erklä­rung, nicht an der mündlichen Verhandlung teil­nehmen zu wollen, hat die Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit verzichtet, ihre Argumente mündlich in der anberaumten Verhandlung vorzutragen und zu erkennen gegeben, dass sie sich stattdessen auf die im schriftlichen Verfahren vorgetragenen Argumente stützen will (siehe beispiels­weise T 3002/19, Abschnitt 3 der Gründe).

6.2 Die Kammer sieht auch keinen Grund, dem unbedingt gestellten Antrag der Beschwerdegegnerin auf mündliche Verhandlung ("Ferner wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.", siehe Abschnitt A der Beschwerde­erwiderung vom 9. Oktober 2019) zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs nachzukommen, da ihrem Hauptantrag stattgegeben wird (siehe T 494/92, Abschnitt 2 der Gründe).

6.3 Weil die Sache auf der Grundlage des Vorbringens der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheidungs­reif und das rechtliche Gehör aller Beteiligten gewahrt war, hat die Kammer keine mündliche Verhandlung abgehalten und die Entscheidung auf schriftlichem Wege ergehen lassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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