European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T095119.20221206 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Dezember 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0951/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12753476.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07D 7/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VORRICHTUNG ZUM MOBILEN ERKENNEN EINES DOKUMENTES | ||||||||
Name des Anmelders: | Bundesdruckerei GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hilfsantrag 1 (nein) Änderung des Beschwerdevorbringens - Hilfsanträge 2, 3, 4, 5, 6 Änderung des Beschwerdevorbringens - Änderung der Verfahrensökonomie abträglich (ja) Änderung des Beschwerdevorbringens - Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B, 6B Änderung des Beschwerdevorbringens - rechtfertigende Gründe des Beteiligten (nein) Änderung des Beschwerdevorbringens - Änderung gibt Anlass zu neuen Einwänden (ja) Wesentlicher Verfahrensmangel - Verletzung des rechtlichen Gehörs (nein) Wesentlicher Verfahrensmangel - Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents EP 2 754 137 B1 (im Folgenden Streitpatent) in geändertem Umfang.
II. Die Einsprechende legte Einspruch gegen das Streitpatent ein und reichte u.a. folgende Beweismittel während des Einspruchsverfahrens ein:
E1 US 5 719 948 A
E3 WO 02/01512 A1
Die Einsprechende beantragte, das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen und stützte ihren Einspruch auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ und in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ sowie auf Artikel 100 b) EPÜ.
III. Die Patentinhaberin beantragte, den Einspruch gegen das Streitpatent zurückzuweisen oder das Streitpatent in geänderter Fassung nach Maßgabe einer der Hilfsanträge 1 bis 6 aufrechtzuerhalten; die Hilfsanträge 1 und 2 wurden in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht, die Hilfsanträge 3 bis 6 wurden mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 (als Hilfsanträge 1 bis 4) eingereicht.
IV. Die Einspruchabteilung kam zum Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu gegenüber E1 sei (siehe die angefochtene Entscheidung, Punkt 3).
Die Einspruchsabteilung ließ den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 1 zu, entschied, dass er den Erfordernissen des EPÜ genüge, und erließ die angefochtene Zwischenentscheidung gemäß
Artikel 101 (3) a) EPÜ.
V. Die Einsprechende reichte mit der Beschwerdebegründung u.a. folgendes weitere Beweismittel ein:
E10 WO 2007/057641 A1
Die Einsprechende beantragt, die auf den Einspruch ergangene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen.
Weiterhin rügt die Einsprechende eine Verletzung ihres rechtlichen Gehöhrs bei der Zulassung des Hilfsantrags 1 durch die Einspruchsabteilung, beantragt den Hilfsantrag 1 nicht zuzulassen und die Rückzahlung ihrer Beschwerdegebühr.
Die Einsprechende beantragt weiterhin, die Hilfsanträge 2 bis 6 sowie 2B bis 6B nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
VI. Die Patentinhaberin beantragt, die auf den Einspruch ergangene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise, die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen (d.h. das Patent auf Grundlage des Hilfsantrags 1 aufrechtzuerhalten), weiter hilfsweise, die Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen oder das Streitpatent in geänderter Fassung nach Maßgabe einer der Hilfsanträge 2, 2B, 3, 3B, 4, 4B, 5, 5B, 6 oder 6B aufrechtzuerhalten. Die Hilfsanträge 1 und 2 wurden in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht, die Hilfsanträge 3 bis 6 wurden mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 als Hilfsanträge 1 bis 4 eingereicht und die Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B, und 6B wurden mit Schreiben vom 29. September 2022 eingereicht.
Ferner beantragt die Patentinhaberin, das Dokument E10 im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.
VII. Anspruch 1 wie erteilt hat folgenden Wortlaut (Merkmalsgliederung gemäß Punkt 3.1 der angefochtenen Entscheidung):
(A) Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes, (A1) das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften aufweist, mit:
(B) einer Lichterzeugungseinrichtung (101), welche ausgebildet ist, (B1) das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten;
(C) einer Bildaufnahmeeinrichtung (103), welche ausgebildet ist, (C1) ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme zu erhalten, (C2) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht
aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten; und
(D) einem Prozessor (105), welcher ausgebildet ist, (D1) das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen.
Anspruch 1 des im geänderten Umfang aufrechterhaltenen Patents hat folgenden Wortlaut, wobei die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch durch die Kammer hervorgehoben sind:
(A) Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes, (A1) das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften aufweist, mit:
(B) einer Lichterzeugungseinrichtung (101), welche ausgebildet ist, (B1) das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten;
(C) einer Bildaufnahmeeinrichtung (103), welche ausgebildet ist, (C1**(1)) ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme zu erhalten, wobei die Emissionsaufnahme eine Information über ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Wellenlängenspektrum enthält, (C2**(1)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht
aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten, wobei die Referenzaufnahme eine Information über ein Referenzwellenspektrum [sic] enthält, das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist; und
(D) einem Prozessor (105), welcher ausgebildet ist, (D1) das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen,
(D2) wobei der Prozessor ausgebildet ist, die Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme zu vergleichen,
(D3) wobei der Prozessor ausgebildet ist, zum Vergleich der Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme zumindest einen Wellenlängenunterschied oder ein zeitliches oder spektrales Abklingverhalten des jeweiligen Wellenlängenspektrums heranzuziehen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat folgenden Wortlaut:
(A) Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes, (A1) das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften aufweist, mit:
(B) einer Lichterzeugungseinrichtung (101), welche ausgebildet ist, (B1) das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten;
(C) einer Bildaufnahmeeinrichtung (103), welche ausgebildet ist, (C1) ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme zu erhalten, (C2**(2)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, wobei das Referenzlicht eine vorbestimmte Wellenlänge aufweist, um eine Referenzaufnahme zu erhalten; und
(D) einem Prozessor (105), welcher ausgebildet ist, (D1) das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen,
(D2) wobei der Prozessor (105) ausgebildet ist, die Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme zu vergleichen, (D4) um ein Vergleichsergebnis zu erhalten, und um das Dokument auf der Basis des Vergleichsergebnisses zu erkennen,
(D5) und wobei der Prozessor (105) ausgebildet ist, eine Wellenlängendifferenz zwischen der vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Emissionslichts, oder einen zeitlichen Wellenlängenverlauf des Emissionslichts bezüglich der vorbestimmten Wellenlänge, oder einen zeitlichen Verlauf einer Wellenlängenamplitude oder Wellenlängendifferenzen zu bestimmen, um das Vergleichsergebnis zu erhalten.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2B enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1**(1)), (C2**(3)), (D), (D1), (D2), (D4) und (D6), wobei die Merkmale (C2**(3)) und (D6) wie folgt lauten:
(C2**(3)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, wobei das Referenzlicht eine vorbestimmte Wellenlänge aufweist, um eine Referenzaufnahme zu erhalten, wobei die Referenzaufnahme eine Information über ein Referenzwellenspektrum [sic] enthält, das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist; und
(D6) und wobei der Prozessor (105) ausgebildet ist, eine Wellenlängendifferenz zwischen einer vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Anregungslichts zu bestimmen, um das Vergleichsergebnis zu erhalten.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1), (C2), (D), (D1), (E), wobei das Merkmal (E) wie folgt lautet:
(E) wobei die Vorrichtung ein mobiles Kommunikationsgerät ist, wobei die Lichterzeugungseinrichtung (101) eine LED-Blitzeinheit des mobilen Kommunikationsgerätes ist, und wobei die Bildaufnahmeeinrichtung (103) eine Digitalkamera des mobilen Kommunikationsgerätes ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3B enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1**(1)), (C2**(3)), (D), (D1), (D2), (D4), (D6) und (E).
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1), (C2), (D), (D1), (D2) (D4), (F) und (E), wobei das Merkmal (F) wie folgt lautet:
(F) einer Sende-Empfangseinheit, welche ausgebildet ist, das Vergleichsergebnis des Vergleichs der Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme über ein Kommunikationsnetzwerk an einen entfernten Server zwecks Dokumentenerkennung auszusenden, und ansprechend hierauf ein Ergebnis der Dokumentenerkennung zu empfangen;
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4B enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1**(1)), (C2**(3)), (D), (D1), (D2), (D4), (D6), (F) und (E).
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1**(1)), (C), (C1), (C2'), (D), (D1), (G) und (E), wobei die Merkmale (B1**(1)), (C2') und (G) wie folgt lauten:
(B1**(1)) das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht und mit Referenzlicht zu beleuchten;
(C2') wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittiertes Licht
aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten; und
(G) wobei die Lichterzeugungseinrichtung (101) ausgebildet ist, das Dokument mit einer vorbestimmten Anzahl von Lichtpulsen zu beleuchten, um das Sicherheitsmerkmal mit dem Anregungslicht zu beleuchten, und wobei die Lichterzeugungseinrichtung (101) ausgebildet ist, das Referenzlicht als ein Dauerlicht während der Referenzaufnahme zu erzeugen;
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5B enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1**(1)), (C), (C1**(1)), (C2**(4)), (D), (D1), (D2), (D4), (D6), (G), (F) und (E), wobei Merkmal (C2**(4)) wie folgt lautet:
(C2**(4)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, wobei das Referenzlicht eine vorbestimmte Wellenlänge aufweist, um eine Referenzaufnahme zu erhalten, wobei die Referenzaufnahme eine Information über ein Referenzwellenspektrum [sic] enthält, das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist; und
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1), (C), (C1), (C2**(5)), (D), (D1), (D2), (D4), (D7) und (E), wobei die Merkmale (C2**(5)) und (D7) wie folgt lauten:
(C2**(5)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten, wobei das Referenzlicht eine vorbestimmte Wellenlänge aufweist; und
(D7) und wobei der Prozessor (105) ausgebildet ist, eine Wellenlängendifferenz zwischen der vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Emissionslichts zu bestimmen, um das Vergleichsergebnis zu erhalten;
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6B enthält die Merkmale (A), (A1), (B), (B1**(1)), (C), (C1**(1)), (C2**(6)), (D), (D1), (D2), (D4), (D8), (G), (F) und (E), wobei die Merkmale (C2**(6)) und (D8) wie folgt lauten:
(C2**(6)) wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten, wobei das Referenzlicht eine vorbestimmte Wellenlänge aufweist, wobei die Referenzaufnahme eine Information über ein Referenzwellenspektrum [sic] enthält, das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist; und
(D8) und wobei der Prozessor (105) ausgebildet ist, eine Wellenlängendifferenz zwischen der vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Anregungslichts zu bestimmen, um das Vergleichsergebnis zu erhalten;
VIII. Die Argumente der Parteien werden unter den Entscheidungsgründen detailliert behandelt:
a) Zur Zulassung des Hilfsantrags 1:
siehe Abschnitte 2.1 und 2.2
b) Zur Zulassung des Dokuments E10:
siehe Abschnitte 3.1 und 3.2
c) Zur Auslegung des erteilten Anspruchs 1:
siehe Abschnitte 4.1 und 4.2
d) Zur Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1: siehe Abschnitte 5.1.1, 5.1.2 und 5.2.2
e) Zur Klarheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1:
siehe Abschnitte 6.1 und 6.2
f) Zum Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung: siehe Abschnitt 7.1
g) Zur Zulassung der weiteren Hilfsanträge:
siehe Abschnitte 8.1, 8.2 und 10.1
Entscheidungsgründe
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Dokumentenerkennung.
Moderne Dokumente, beispielsweise Identifikationsdokumente, Führerscheine, Kraftfahrzeugbriefe, Banknoten oder andere Urkunden, sind üblicherweise mit optisch erfassbaren Sicherheitsmerkmalen versehen, welche im Rahmen einer Dokumentenerkennung eine Überprüfung eines Dokumentes auf Echtheit ermöglichen, siehe Abschnitt [0002] des Streitpatents.
Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass Sicherheitsmerkmale, welche Wellenlängen- Konversionseigenschaften aufweisen, unter Verwendung eines Lichts zum Zwecke der Dokumentenerkennung angeregt werden können. Ansprechend auf diese Anregung emittiert ein derartiges Sicherheitsmerkmal Licht mit einem Wellenlängenspektrum, das sich von einem Wellenlängenspektrum des anregenden Lichts unterscheidet, siehe Abschnitt [0010] des Streitpatents.
Anspruchsgemäß enthält die Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes, das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften aufweist, eine Lichterzeugungseinrichtung, eine Bildaufnahmeeinrichtung und einen Prozessor.
Die Lichterzeugungseinrichtung (z.B. ein LED-Blitzlicht) ist ausgebildet, das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten.
Die Bildaufnahmeeinrichtung (z.B ein Farbbildsensor wie ein CCD-Sensor oder ein CMOS-Sensor) ist ausgebildet, ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme zu erhalten. Sie ist weiterhin ausgebildet, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten.
Der Prozessor ist ausgebildet, das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen.
2. Angeblicher Verfahrensfehler - Zulassung des Hilfsantrags 1 durch die Einspruchsabteilung
2.1 Die Einsprechende hatte in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung beantragt, den eingereichten Hilfsantrag 1 wegen verspäteten Vorbringens nicht zuzulassen, da die vorgenommenen Änderungen aus der Beschreibung entnommen seien und deren Gegenstand überraschend sei.
Die Einspruchsabteilung ließ jedoch den während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 1 in das Einspruchsverfahren zu. Die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ und des Artikel 123 EPÜ seien erfüllt und die Änderungen seien angesichts des bisherigen, am
22. Dezember 2017 fristgerecht eingereichten Hilfsantrags 4 für die Einsprechende nicht überraschend.
Laut Einsprechender beruhe die vorstehend genannte Begründung der Einspruchsabteilung auf einer fehlerhaften Beurteilung des am 22. Dezember 2017 eingereichten 4. Hilfsantrags, dessen Gegenstand sich vom Gegenstand des in der Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 1 wesentlich unterscheide. Während gemäß dem genannten damaligen Hilfsantrag 4 eine Wellenlängendifferenz zwischen der "vorbestimmten Wellenlänge" des anregenden Referenzlichts und einer Wellenlänge des durch das Anregungslicht angeregten emittierten Lichts ("Emissionslicht") herangezogen werde, werde gemäß Hilfsantrag 1 das durch das Referenzlicht und Anregungslicht jeweils angeregte emittierte Licht herangezogen. Auch die Abschnitte [0010] bis [0012] des Streitpatents, der erteilte Anspruch 6 oder der während der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 2 würden sich nicht auf ein Verfahren gemäß Hilfsantrag 1 beziehen.
Weiterhin sei in keinem der am 22. Dezember 2017 eingereichten Hilfsanträge ein Anspruch enthalten, wonach "ein zeitliches oder spektrales Abklingverhalten des jeweiligen Wellenlängenspektrums" des durch das Referenzlicht angeregten emittierten Lichts und des durch das Anregungslicht angeregten emittierten Lichts zum Vergleich herangezogen werde.
Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 sei eine "völlig verschiedene konkrete Ausführungsform", welche bisher nie Gegenstand eines Anspruchsbegehrens gewesen sei und auch in der Patentschrift nicht als wesentlicher Aspekt der Erfindung beschrieben sei. Sie hätte eine umfangreiche Prüfung und Neubewertung des gesamten, im Verfahren befindlichen Standes der Technik sowie eine ergänzende Recherche erfordert, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr zu bewerkstelligen gewesen sei. Die Einsprechende sei durch die Zulassung des Hilfsantrags 1 ihrer Möglichkeiten beschnitten worden, in angemessener Weise zu reagieren. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehöhr sei somit verletzt worden (siehe z.B. T 783/89).
Der Hilfsantrag 1 hätte bei korrekter Würdigung der vorstehend genannten Umstände durch die Einspruchsabteilung nicht zugelassen werden dürfen.
Auch für den Fall, dass die Zulassung des Hilfsantrags 1 von der Kammer nicht infrage gestellt werde, erscheine eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr schon aus Gründen der Billigkeit geboten, da Hilfsantrag 1 keine Kombination erteilter Ansprüche darstelle, sondern vielmehr bis dato nicht-recherchierte Merkmale aus der Beschreibung enthalte. Um in angemessener Weise auf den Hilfsantrag 1 reagieren und diesen insbesondere nach einer ergänzenden Recherche hinsichtlich Patentfähigkeit umfassend prüfen zu können, sei die Einsprechende dazu gezwungen gewesen, Beschwerde einzulegen, obwohl solche neuen Tatsachenfragen in der Vorinstanz hätten geklärt werden müssen.
2.2 Die Patentinhaberin argumentiert, dass keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliege.
In den erteilten Ansprüchen 1 und 6, in den Ansprüchen gemäß den Hilfsanträgen 2 und 4 vom 22. Dezember 2017 sowie in der Beschreibung werde der Aspekt eines Vergleichs zwischen den Emissions- und Referenzaufnahmen bereits beschrieben. Beiden Aufnahmen seien jeweils ein Wellenlängenspektrum bzw. Referenzwellenlängenspektrum des jeweils emittierten Lichts zugeordnet (siehe Absätze [0010] bis [0012], [0018] und [0019] des Streitpatents). Die Änderungen des Hilfsantrags 1 seien daher für die Einsprechenden nicht "überraschend". Sie erfüllten auch die Erfordernisse von Regel 80 EPÜ und seien im Hinblick auf den Neuheitseinwand gegenüber E1 vorgenommen worden.
Die Zulässigkeit des Hilfsantrags 1 sei während der mündlichen Verhandlung diskutiert worden und die Einsprechende habe sich dazu geäußert, siehe Punkte 43 und 45 der Niederschrift. Eine Verletzung ihres rechtlichen Gehöhrs liege nicht vor. Die von der Einsprechenden zitierte Entscheidung T 783/89 sei anders gelagert. Zudem könne die Beschwerdekammer nicht die Zulässigkeitsprüfung der Einspruchsabteilung neu eröffnen, sondern lediglich prüfen, ob die Einspruchsabteilung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Die von der Einsprechenden angeführten materiellrechtlichen Gründe seien daher irrelevant.
2.3 Die Kammer stellt zunächst fest, dass sich generell eine Beschwerdekammer nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz bei einer Entscheidung in einer bestimmten Sache ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen sollte, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat und damit ihr eingeräumtes Ermessen überschritten hat, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Ausgabe, 2022, V.A.3.4.1 b).
Im vorliegenden Fall vertrat die Einspruchsabteilung in ihrer Ladung die vorläufige Meinung, dass der erteilte Anspruch 1 neu gegenüber E1 sei und änderte diese Auffassung in der mündlichen Verhandlung nach ausführlicher Diskussion darüber mit den Parteien. Die Zulässigkeit des dann eingereichten Hilfsantrags 1 wurde während der mündlichen Verhandlung diskutiert und beide Parteien wurden dazu gehört, siehe Punkte 41 bis 48 der Niederschrift. Die Einsprechende bestreitet auch nicht, zur Zulässigkeit von der Einspruchsabteilung gehört worden zu sein. Sie hat nicht geltend gemacht, dass ihr die Einspruchsabeilung nicht genügend Zeit eingeräumt hätte und hat auch nicht beantragt, die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung zu unterbrechen oder zu vertagen. Insofern ist der vorliegende Fall anders gelagert als T 789/83.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass keine Verletzung des rechtlichen Gehör vorliegt und dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen korrekt ausgeübt, und auch in der angefochtenen Entscheidung begründet hat, siehe Punkt 4.1 der Gründe.
Eine eventuelle Fehlbeurteilung des Gegenstands des Hilfsantrags 4 vom 22. Dezember 2017 und des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 1 stellt keinen Verfahrensmangel und schon gar keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Die Kammer ist auch nicht der Meinung, dass eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr "schon aus Gründen der Billigkeit" geboten sei.
Daher gibt die Kammer dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Einsprechenden nicht statt und und stellt die Zulassung des Hilfsantrags 1 nicht infrage (Regel 103(1) a) EPÜ).
3. Zulassung des Dokuments E10
3.1 Die Einsprechende begründet die Einreichung des Dokuments E10 (und zwei weiterer Druckschriften) mit den erst während der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen, welche eine ergänzende Recherche erforderlich gemacht hätten.
Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Druckschriften seien zudem sowohl für die erteilten Ansprüche wie auch für die Hilfsanträge "prima facie hoch relevant" und damit auch bei der Prüfung der Ansprüche in der erteilten Fassung zuzulassen. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen bei der Frage der prima-facie-Relevanz eines neuen Dokuments nur auf den Gegenstand eines Hilfsantrags abgestellt werden dürfe, wenn dieses Dokument in offensichtlicher Weise auch der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag entgegenstehe. Würde diese Auffassung in der Rechtspraxis tatsächlich Anwendung finden, müssten offensichtlich nichtige europäische Patente sehenden Auges aufrechterhalten werden. Dies könne nicht im Interesse der Öffentlichkeit sein.
Die Einsprechende habe dargelegt, warum die Druckschrift E10 nicht schon bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können. Sie sei daher gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 zu berücksichtigen.
3.2 Die Patentinhaberin beantragt, die Druckschrift E10 (und die beiden weiteren Druckschriften) nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen. Es sei ihr nicht zuzumuten, neuen Stand der Technik zu berücksichtigen und ihre Verteidigungsstrategie gegebenenfalls neu auszurichten.
Es überrasche und sei unzulässig, dass die neuen Entgegenhaltungen auch gegen den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vorgebracht würden. Wenn die drei Druckschriften lediglich als Reaktion auf das Einreichen des Hilfsantrags 1 eingereicht worden seien, dann könnten sie auch nur für Einwände in Bezug auf den Hilfsantrag 1 und nicht für Einwände in Bezug auf den Hauptantrag berücksichtigt werden. Wenn die Druckschriften jedoch für Einwände in Bezug auf den Hauptantrag herangezogen werden könnten, dann hätte die Einsprechende sie zur Stützung ihrer Einwände gegen den Hauptantrag bereits mit der Einspruchsbegründung einreichen können und hätte dies auch tun müssen. Ein Zulassen führe zu einem Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung.
Die Einsprechende hätte E10 bereits mit der Einspruchsbegründung einreichen können und müssen. Merkmale des erteilten Anspruchs 5 seien im Hilfsantrag 1 aufgenommen worden; somit sei Hilfsantrag 1 nicht "überraschend".
E10 sei weder "prima facie relevant" noch "relevanter" als die übrigen Druckschriften im Verfahren.
3.3 Gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007, welcher nach Artikel 25(2) VOBK 2020 anzuwenden ist, hat die Kammer die Befugnis Beweismittel nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Das Dokument E10 ist aus Sicht der Kammer als Reaktion auf den während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung geänderten Hilfsantrag 1 eingereicht worden sein.
Anspruch 1 gemäß Hilfseintrag 1 ist keine Kombination erteilter Ansprüche, da zumindest die ergänzenden Änderungen in den Merkmalen (C1**(1)) und (C2**(1)) sowie das Merkmal (D3) aus der Beschreibung stammen. Das Merkmal (D2) entspricht auch nicht dem erteilten Anspruch 5.
Daher hat die Einsprechende das Dokument E10 zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht, und daher nicht verspätet. E10 wird daher ins Beschwerdeverfahren zugelassen und berücksichtigt.
Dass Dokument E10 erst mit der Beschwerdebegründung der Einsprechenden eingereicht wurde und die Patentinhaberin als Konsequenz neuen Stand der Technik berücksichtigen und ihre Verteidigungsstrategie gegebenenfalls neu auszurichten muss, ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Patentinhaberin den Hilfsantrag 1 erst sehr spät, nämlich während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht hat. Eine Ungleichbehandlung der Parteien kann die Kammer darin nicht erkennen.
Die Kammer teilt überdies die Auffassung der Einsprechenden, dass E10 auch für die erteilten Ansprüche herangezogen werden und deren Patentierbarkeit in Frage stellen kann.
Das mit der Beschwerdebegründung der Einsprechenden als Ergebnis einer ergänzenden Recherche als Reaktion auf einen sehr spät eingereichten Hilfsantrag einreichten und von der Kammer zugelassene Dokument kann generell auch im Hinblick auf andere Anträge verwendet werden und deren Patentierbarkeit in Frage stellen. Dies liegt im Übrigen auch im Interesse der Patentinhaberin an einem rechtsbeständigen Patent.
4. Auslegung einiger Begriffe
4.1 Laut Patentinhaberin handle es sich bei dem Anregungslicht und dem Referenzlicht um "zwei verschiedene Lichter", siehe auch Abschnitte [0017] und [0024] des Streitpatents. Die Emissionsaufnahme und die Referenzaufnahme werden jeweils durch emittiertes Licht erhalten, welche jeweils ansprechend auf die Beleuchtung mit dem Anregungslicht bzw. dem Referenzlicht entstünden (Merkmale C1 und C2), siehe auch Abschnitt [0018] des Streitpatents. Es handle sich um zwei verschiedene Aufnahmevorgänge. Zur Aufnahme der Emissions- und Referenzstrahlung komme eine Bildaufnahmeeinrichtung zum Einsatz. Eine Aufnahme sei daher ein Bild. Da sich Emissions- und Referenzaufnahme unterschieden, müssten sich auch Anregungslicht und Referenzlicht unterscheiden.
Würden sich Referenzlicht und Anregungslicht nicht unterscheiden, hätte dies als Konsequenz, dass die Emissionsaufnahme und die Referenzaufnahme identisch seien, was mit dem Gegenstand des Streitpatents nicht in Einklang zu bringen sei. Dann sei einer der beiden Aufnahmen überflüssig. Merkmale (C1), (C2), (D) und (D1) verlangen jedoch, dass der Prozessor das Dokument auf Basis zweier Aufnahmen erkennt, indem er beide z.B. "vergleiche", siehe Abschnitt [0019] des Streitpatents. Bei identischen Referenz- und Anregungsaufnahmen gäbe es keinen Unterschied, so dass das Vergleichsergebnis "Null" sei, so dass eine Überprüfung der Echtheit des Dokuments durch den Prozessor nicht möglich wäre.
Es müsse daher ein Unterschied zwischen den beiden Aufnahmen und daher auch zwischen Referenzlicht und Anregungslicht geben. In den Beispielen des Streitpatents, in welchen dieselbe Lichterzeugungseinrichtung verwendet werde, seien entweder Pulsfrequenz oder Wellenlängenspektrum unterschiedlich, siehe Abschnitte [0050] und [0053] des Streitpatents. Als Anregungslicht sei z.B. blaues Licht (in einem Wellenlängenbereich von 390 bis 470 nm, siehe Abschnitt [0017]) und als Referenzlicht sei z.B. Tageslicht als spezielle Form von Weißlicht (siehe Abschnitt [0024]) im Streitpatent offenbart.
Eine Emission von Licht schließe eine reine Reflektion aus; dies ergebe sich auch aus der Wellenlängen-Konversionseigenschaft gemäß Merkmal (A1), siehe auch Abschnitt [0011] des Streitpatents.
Das Merkmal (C2) wirke sich "limitierend" auf die beanspruchte Vorrichtung aus, da es eine spezielle Ausgestaltung der Vorrichtung definiere. Die Bildaufnahmevorrichtung sei dahingehend ausgebildet (d.h. spezifisch eingerichtet), dass sie das emittierte Licht ansprechend auf die Beleuchtung mit Referenzlicht aufnehmen könne, um die Referenzaufnahme zu erhalten. Die Emissionsaufnahme und die Referenzaufnahme würden dem Prozessor gemäß Merkmal (D) zugeführt, um das Dokument zu erkennen. Absatz [0019] des Streitpatents führe aus, dass ein Vergleich vorgenommen werde, und zwar zwischen einer Emissionsaufnahme und einer Referenzaufnahme, d.h. zwei unterschiedlichen Aufnahmen oder Bildern, siehe auch die Abschnitte [0052] und [0053] des Streitpatents.
4.2 Laut Einsprechender sei die "Bildaufnahmeeinrichtung" zur Aufnahme von Bildern lediglich geeignet. Der unabhängige Verfahrensanspruch enthalte nicht den Ausdruck "Bild". Der Begriff "Aufnahme" sei nicht auf ein Bild beschränkt, sondern enthalte lediglich "Information über ein emittiertes Wellenlängenspektrum" bzw. "Information über ein Referenzwellenlängen-spektrum", siehe Hilfsantrag 1. So sei auch im Hilfsantrag 1 der Ausdruck "Vergleich der Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme" in den unabhängigen Ansprüchen so auszulegen, dass nicht zwingend ein Vergleich von zwei Bildern gefordert sei.
Anspruch 1 definiere nicht inwiefern oder durch welche Eigenschaften (z.B. spektrale Zusammensetzung, Intensität, zeitlichen Verlauf, Pulsfrequenzen) sich Anregungslicht und Referenzlicht unterschieden. Allein die Verwendung unterschiedlicher Begriffe impliziere noch nicht, dass sich Anregungslicht und Referenzlicht unterschieden. Auch mit demselben Licht (z.B. UV-Licht) sei es möglich, zwei Aufnahmen von z.B. einem Sicherheitselement mit zwei fluoreszierenden Substanzen zwecks Vergleich zu erhalten. Auch könnten mit derselben UV-Lampe zwei Aufnahmen zeitverzögert gemacht werden, siehe dazu Abschnitt [0053] des Streitpatents. Da im Anspruch 1 die Begriffe "Referenzlicht" und "Anregungslicht" nicht näher spezifiziert würden, sei es weder gefordert, dass es sich bei beiden um unterschiedliches Licht handeln müsse, noch ausgeschlossen, dass es sich bei "Referenzlicht" und "Anregungslicht" um dasselbe Licht handeln könne.
Merkmal (C2) besage lediglich, dass die Bilderfassungseinrichtung geeignet sei, vom Sicherheitselement ansprechend auf ein Referenzlicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten. Das Sicherheitselement selbst und das Referenzlicht seien jedoch nicht Teil der Vorrichtung. Jede beliebige Bilderfassungseinrichtung falle daher unter das Merkmal (C2).
4.3 Es scheint unbestritten, dass sich der erteilte Anspruch 1 auf eine Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes bezieht, das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften aufweist. Weder das Dokument noch das Sicherheitsmerkmal sind jedoch Teil der beanspruchten Vorrichtung.
Aus Sicht der Kammer dient die Bildaufnahmeeinrichtung dazu, vom Sicherheitsmerkmal emittiertes Licht aufzunehmen, d.h. ein Bild (oder eine Aufnahme) des Sicherheitsmerkmals zu erstellen und dies an den Prozessor zu leiten. Die Begriffe "Bild" oder "Aufnahme" sind daher nicht mit "Information über ein emittiertes Wellenlängenspektrum" gleichzusetzen. Gemäß Abschnitt [0051] des Streitpatents kann die Bildaufnahmeeinrichtung beispielsweise einen Farbbildsensor wie einen CMOS-Sensor aufweisen.
Die Lichterzeugniseinrichtung der Vorrichtung erzeugt Anregungslicht und muss ausgebildet sein, um das Sicherheitsmerkmal durch Anregungslicht zu beleuchten. Die Bildaufnahmeeinrichtung der Vorrichtung muss ausgebildet sein, um das vom Sicherheitsmerkmal ansprechend auf besagtes Anregungslicht emittierte Licht aufzunehmen.
Die Kammer teilt die Auffassung der Patentinhaberin, dass "emittiertes" Licht ein lediglich reflektiertes Licht ausschließt. Dies ist für die Vorrichtung bzw. die Bildaufnahmevorrichtung jedoch nicht relevant. Die Bildaufnahmevorrichtung (z.B. ein Farbbildsensor) unterscheidet nicht zwischen reflektiertem und emittiertem Licht.
Nach den Merkmalen (D) und (D1) muss der Prozessor so ausgebildet sein, dass er das Dokument auf Basis von zwei Aufnahmen, nämlich einer "Emissionsaufnahme" und einer "Referenzaufnahme", erkennt, siehe z.B. Abschnitt [0053] des Streitpatents. Es werden zwei Bilder oder Aufnahmen erstellt, welche beide in einer nicht weiter bestimmten Art und Weise verwendet werden, um ein Dokument zu erkennen. Dementsprechend gibt es also zwei Aufnahmevorgänge.
Daraus, dass zwei Aufnahmen verglichen werden, kann jedoch aus Sicht der Kammer nicht ableitet werden, dass diese Aufnahmen auch unterschiedlich sein müssen um ein Dokument zu erkennen. Unter den Wortlaut des Anspruchs fällt auch eine Vorrichtung welche sukzessive zwei Bildaufnahmen unter gleichen Bedingungen bei identischem Anregungs- und Referenzlicht erstellt und vergleicht. In diesem Fall könnte ein Dokument durch den Prozessor erkannt werden, wenn die beiden Aufnahmen beispielsweise identisch bzw. sehr ähnlich sind. Weder der Wortlaut der Ansprüche noch die Beschreibung des Streitpatents schließen eine solche Vorrichtung und ein entsprechendes Verfahren aus.
Anspruch 1 lässt offen, ob das Anregungslicht und das Referenzlicht verschiedene Wellenlängenspektren aufweisen oder nicht (wie beispielsweise in den Abschnitten [0017] und [0024] des Streitpatents beschrieben, blaues Licht und Weißlicht/Tageslicht).
Es geht aus dem Wortlaut des Anspruchs nicht hervor, dass sich Anregungslicht und Referenzlicht zwangläufig in irgendeiner Form unterscheiden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass beide von derselben Lichterzeugungseinrichtung erzeugt werden. Dies steht im Übrigen auch im Einklang mit den Abschnitten [0050], [0052] und [0053] des Streitpatents. Hier wird beschrieben, dass das Anregungslicht und das Referenzlicht beide durch dieselbe LED-Blitzeinheit eines Smartphones erzeugt werden und eine Dauer von z.B. 30 ms haben können. Aus den Abschnitten [0050] oder [0052] kann nicht abgeleitet werden, dass die Impulsdauer des Anregungslichts sich von der Impulsdauer des Referenzlichts unterscheidet. Laut Abschnitt [0053] werden die Emissionsaufnahme und die Referenzaufnahme zeitversetzt erstellt ("zwei aufeinanderfolgende Aufnahmen").
5. Hauptantrag der Pateninhaberin (Zurückweisung des Einspruchs)
5.1 Dokument E1
5.1.1 Laut Patentinhaberin offenbare E1 die Erfassung eines konventionellem Bildes ("conventional image"), welches bei Beleuchtung mit sichtbarem Licht ("visible light illumination") durch den Detektor 40 detektierbar sei, und dass ein Fluoreszenzbild ("fluorescent image") nach UV-Beleuchtung ("UV illumination") detektierbar sei, siehe Spalte 7, Zeilen 59 bis 62.
E1 offenbare nicht, dass emittiertes Licht von der Markierung 26 ansprechend auf die Beleuchtung mit sichtbarem Licht aufgenommen werde, um das konventionelle Bild zu erhalten. Dieses Bild entspreche weder einer Emissionsaufnahme noch einer Referenzaufnahme. Bei Beleuchtung mit sichtbarem Licht finde keine Wellenlängenkonversion durch die Markierung 26 ("indicia") auf dem Artikel 25 ("article") statt. Es handle sich um reflektiertes Licht. Eine Dokumentenerkennung ohne Wellenlängenkonversion könne nicht durchgeführt werden.
Sichtbares Licht sei auch kein Weißlicht, sondern könne auch z.B. monochromatisches Licht sein.
Die Textpassagen in Spalte 4, Zeilen 30 bis 43 sowie Spalte 4, Zeilen 43 bis 48 der E1 befänden sich in der allgemeinen Zusammenfassung der Erfindung. Die Passagen in Spalte 6, Zeilen 30 bis 41 sowie Spalte 7, Zeilen 62 bis 64 befänden sich in der Beschreibung der Ausführungsform der Zeichnung 1, welche eine UV-Quelle sowie eine sichtbare/IR Quelle umfasse, wobei lediglich die UV-Quelle eine Lichtemission durch Fluoreszenz anrege. E1 offenbare nicht, dass zwei unterschiedliche fluoreszierende Substanzen mit unterschiedlichen Anregungszeiten jeweils mit UV-Licht unterschiedlicher Modulationsfrequenzen beleuchtet würden.
Aus Spalte 7, Zeilen 55ff. könne nur geschlossen werden, dass bei einer UV-Bestrahlung mit einer einzigen UV-Wellenlänge der UV-Quelle zwei unterschiedliche Fluoreszenz-Bilder erhalten würden, wobei jedes Fluoreszenz-Bild auf jeweils einer Fluoreszenz-Wellenlänge basiere. Die UV-Quelle der E1 sei die Quecksilber-Dampflampe der US 4 642 526 A, siehe Spalte 5, Zeilen 37 bis 43 der E1 sowie Spalte 2, Zeilen 55ff. der US 4 642 526 A. Der Emissionswellenlängenbereich der Quecksilberdampflampe sei immer identisch und nicht veränderbar. Die durch die Einsprechende erwähnte Modulation der UV-Quelle 10 diene lediglich der Anpassung an die Fluoreszenzanregung der Markierung 26. Die UV-Quelle 10 erzeuge somit kein Anregungslicht und ein dazu unterschiedliches Referenzlicht und könne folglich auch nicht zu unterschiedlichen Emissions- und Referenzaufnahmen führen.
Ein Dokument mit zwei fluoreszierenden Substanzen enthalte weiterhin nicht ein, sondern vielmehr zwei Sicherheitselemente. Aus Sicht der Patentinhaberin offenbare Spalte 4, Zeilen 35 bis 45 ("fluorescent substances with different characteristic fluorescent wavelength"), dass unterschiedliche "Substrate" mit UV-Licht bestrahlt würden, welche darauf ansprechend unterschiedliche Fluoreszenzwellenlängen emittierten. Anspruch 1 fordere jedoch das Erkennen eines einzigen Substrats (d.h. eines einzigen Dokuments). Auch erfasse der in Spalte 6, Zeilen 42 bis 44 der E1 offenbarte Detektor 40 Fluoreszenzlicht, wobei es keinen Beleg dafür gebe, dass das genannte Fluoreszenzlicht auf einer Wellenlängenkonversion beruhe.
E1 offenbare daher nicht Merkmal (C2).
5.1.2 Die Einsprechende stimmt der Einspruchsabteilung in Bezug auf die Offenbarung von Merkmal (C2) im Dokument E1 in Abschnitt 3.4 der angefochtenen Entscheidung zu. Bei Merkmal (C2) käme es nicht drauf an, ob tatsächlich eine Emission von Licht durch die Markierung bei Beleuchtung mit sichtbarem Licht offenbart sei. Das Sicherheitsmerkmal sei nicht Bestand der beanspruchten Vorrichtung. Vielmehr käme es darauf an, ob E1 eine Bildaufnahmeeinrichtung offenbare, welche solches Licht erfasse um eine Referenzaufnahme zu erhalten. Dies sei in Spalte 6, Zeilen 42 bis 44 offenbart. Das "konventionelle" Bild sei eine Referenzaufnahme, welche zur Dokumentenerkennung verwendet werde.
Unabhängig davon sei Merkmal (C2) auch in Spalte 4, Zeilen 30 bis 43 und Spalte 7, Zeilen 62 bis 64 oder in Spalte 4, Zeilen 43 bis 48 und Spalte 6, Zeilen 40 bis 41 offenbart. Diese Textpassagen würden sich auf den Kerngedanken der Erfindung beziehen, unsichtbare fluoreszierende Substanzen mittels UV-Licht einer UV-Lichtquelle erkennbar zu machen (Spalte 4, Zeilen 7 bis 17, Spalte 5, Zeilen 11 bis 17). Die sichtbare/IR Quelle ("visible/IR source 20") sei optional (siehe Spalte 5, Zeilen 47 bis 49 und Spalte 4, Zeilen 24 bis 39). Die Textpassagen zu Zeichnung 1 beträfen somit konkrete Ausführungsformen des in Spalte 4, Zeilen 30 bis 48 offenbarten Erfindungsgedankens.
Die in E1 verwendete Quecksilber-Dampflampe weise ein Linienspektrum auf und emittiere daher nicht "Licht einer einzigen Wellenlänge" oder monochromatisches Licht. Anspruch 1 schließe auch nicht aus, dass das Referenzlicht und das Anregungslicht identisch seien. Spalte 7, Zeilen 50 bis 64 der E1 offenbare, dass die beiden miteinander verglichenen Fluoreszenzaufnahmen mittels einer Multiplex-Bildaufnahme erhalten würden, bei welcher eine Anregung mittels UV-Strahlung zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinde. Die beiden unterschiedlichen Fluoreszenzaufnahmen beträfen eine Wellenlängenkonversion, auch im Hinblick auf die in Spalte 10, Zeilen 32 bis 46 genannten Substanzen, und seien daher als "Emissionsaufnahme" und "Referenzaufnahme" anzusehen.
Spalte 4, Zeilen 35 bis 45 der E1 offenbare dass unterschiedliche fluoreszierende Substanzen mit UV-Licht bestrahlt würden, und nicht unterschiedliche "Subtrate". E1 lehre, dass die Markierung eines einzigen Artikels bzw. Dokuments beinhalte, dass fluoreszierende grafische Bilder oder Zeichen in Übereinstimmung (oder in vorbestimmter Fehlübereinstimmung) mit im Wesentlichen identisch geformten Bildern oder Zeichen gedruckt würden, die zuvor mit sichtbaren Stoffen und/oder mit fluoreszierenden Stoffen mit unterschiedlicher charakteristischer Fluoreszenzwellenlänge gedruckt worden seien.
Merkmal (C2) sei daher in E1, Spalte 7, Zeilen 45 bis 66 offenbart.
5.1.3 Nach Auffassung der Kammer offenbart Dokument E1 (im Wortlaut von Anspruch 1) eine Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes ("authentication system", Spalte 3, Zeilen 59 bis 62; Spalte 5, Zeilen 10 bis 24 und Zeilen 37 bis 38, "articles to be tested for authenticity"), das ein Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften (Spalte 3, Zeilen 32 bis 59; Spalte 4, Zeilen 35 bis 40; Spalte 5, Zeilen 53 bis 55, "fluorescent indicia 26") aufweist, mit:
einer Lichterzeugungseinrichtung (Spalte 4, Zeilen 18 bis 22; Spalte 5, Zeilen 37 bis 40 und 47 bis 49, "UV source 10", "visible/IR source"), welche ausgebildet ist, das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten (Spalte 5, Zeilen 49 bis 60);
einer Bildaufnahmeeinrichtung (Spalte 5, Zeilen 49 bis 53, "detector 40"; Spalte 6, Zeilen 42 bis 64), welche ausgebildet ist, ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht ("UV illumination") emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme ("fluorescent image") zu erhalten (Spalte 7, Zeilen 59 bis 63), wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht ("UV illumination") emittiertes Licht
aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme ("fluorescent image") zu erhalten (Spalte 7, Zeilen 59 bis 63); und
einem Prozessor ("digital signal processor 95", "microcomputer 100", Spalte 5, Zeilen 25 bis 36; Spalte 7, Zeilen 46 bis 50), welcher ausgebildet ist, das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen (abstract, "image comparison", "The recognition logic of the authentication system can include comparison of flurescent and visible images or two different fluorescent images with each other", Spalte 4, Zeilen 40 bis 43; Spalte 7, Zeilen 21 bis 64).
Die Kammer stimmt der Einsprechende zu, dass die Passagen in den Spalten 6 und 7 Ausführungsformen der im allgemeinen Teil der E1 (z. B. Spalte 4, Zeilen 30 bis 48) offenbarten Erfindung näher beschreiben.
Die Kammer hat keine Zweifel, dass die fluoreszierenden Substanzen (E1, Spalte 4, Zeilen 35 bis 40; Spalte 6, Zeilen 26 bis 32; Spalte 10, Zeilen 32 bis 46) ein einziges Sicherheitsmerkmal mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften gemäß Merkmal (A1) bilden, welches mehrere fluoreszierende Substanzen enthält (siehe Spalte 4, Zeilen 35 bis 45, "That process can include printing fluorescent graphic images or characters in registration (or in predetermined misregistration) with substantially identically-formed images or characters previously printed with visible substances and/or with fluorescent substances of different characteristic fluorescent wavelength"). Aus dem Wortlaut "fluorescent substances" kann nicht abgeleitet werden, dass mehrere Substrate oder zu erkennende Dokumente gemeint sind. Der englische Begriff "substances" ist mit "Substanzen" ins Deutsche zu übersetzen, und nicht mit "Substrate".
E1 offenbart somit ein Verfahren, wobei zwei Fluoreszenzaufnahmen ("fluorescent images") zur Erkennung eines Dokumentes verglichen werden, siehe Spalte 4, Zeilen 30 bis 48 und Spalte 7, Zeilen 21 bis 64. Beide entstehen durch Beleuchtung und Anregung mit derselben UV-Quelle. Die fluoreszierenden Substanzen werden beide durch diese UV-Quelle angeregt, siehe z.B. Spalte 7, Zeilen 59 bis 63 ("two distinct fluorescent images having different fluorescent wavelengths, both made detectable by UV illumination"). Dies ist jedoch nicht vom Wortlaut von Anspruch 1 ausgeschlossen, siehe Punkt 4.3 oben. Die beiden Aufnahmen sind somit Emissions- und Referenzaufnahmen gemäß Anspruch 1. Der Begriff "Lichterzeugungseinrichtung" im Anspruch 1 umfasst auch die UV-Quelle aus E1, selbst wenn diese eine Quecksilber-Dampflampe ist.
Eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 ist demnach bereits aus E1 bekannt und somit nicht neu (Artikel 52 (1), 54 (1) und (2) EPÜ). Gleiches gilt für den Verfahrensanspruch 10 mutatis mutandis.
5.2 Druckschrift E10
5.2.1 Auch unter der von der Patentinhaberin vertretenen Annahme, dass Anregungslicht und Referenzlicht ein unterschiedliches Wellenlängenspektrum besitzen, ist der beanspruchte Gegenstand nicht neu, da er bereits aus E10 bekannt ist.
5.2.2 Die Patentinhaberin argumentiert im Wesentlichen, dass die Druckschrift E10 keine Aufnahme zweier Bilder offenbare, welche von einem Prozessor verarbeitet würden. E10 offenbare lediglich, dass der Detektor 28 die "Lumineszenz" detektiere, wobei es sich beim Detektor um einen bildgebenden Sensor in Form eines CMOS Sensors handeln könne (Seite 9, Zeilen 24 bis 28). Seite 2, Zeilen 25 bis 28 offenbare, dass Lumineszenz-Antworten verglichen würden. Seite 10, Zeilen 11 bis 14 beschreibe, dass der CMOS Sensor 28 Intensitätsdaten ("intensity data") und keine Bilder dem Prozessor 30 bereitstelle.
Die Patentinhaberin argumentiert ferner, dass der Detektor 28 aus E10 lediglich eine Aufnahme erstelle.
Auf Seite 13, Zeilen 3 bis 7 sei ein gepulster Betrieb der LEDs 14 offenbart, welcher zu identischen Bildern führen würde, welche für eine Dokumentenerkennung ungeeignet seien.
Im letzten Absatz der Seite 13 sei eine Beleuchtung eines Sicherheitsmerkmals 24 mit unterschiedlichen Lichtquellen 14, 16 offenbart. Die zweiten LEDs 16 würden erst aktiviert, wenn die Verifikation bei Beleuchtung mit den ersten LEDs 14 abgeschlossen sei ("peak verification step 106 is successful"), so dass die Emissionsdaten der unterschiedlichen Beleuchtungsvorgänge gemäß der ersten LEDs 14 und der zweiten LEDs 16 nicht gemeinsam zur Dokumentenerkennung verwendet würden, wie durch die Merkmale (D) und (D1) des Anspruchs 1 des Streitpatents gefordert sei, siehe auch Seite 2 der E10.
5.2.3 Nach Auffassung der Kammer offenbart das Dokument E10 den Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 10, siehe insbesondere Zeichnungen 1 und 8, Seite 9, Zeile 12 bis Seite 14, Zeile 19; Seite 2, Zeile 14 bis Seite 4, Zeile 20, und zwar (im Wortlaut des erteilten Anspruchs 1) eine Vorrichtung zum Erkennen eines Dokumentes (Seite 6, Zeile 19 bis Seite 7, Zeile 6, "authenticating a secure tag"; Seite 9, Zeilen 9 bis 11, "secure tag reader"), das ein Sicherheitsmerkmal ("secure tag") mit Wellenlängen-Konversionseigenschaften (Seite 9, Zeilen 24 bis 28, "[l]uminescence emitted from the secure tags 24") aufweist, mit:
einer Lichterzeugungseinrichtung (Seite 9, Zeilen 21 bis 23, "first excitation source 14"), welche ausgebildet ist, das Sicherheitsmerkmal zur Emission von Licht mit Anregungslicht zu beleuchten (Seite 2, Zeilen 14 bis 20);
einer Bildaufnahmeeinrichtung (Seite 9, Zeilen 24 bis 28, "detector 28, which is an imaging sensor in the form of a CMOS sensor"), welche ausgebildet ist, ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Emissionsaufnahme zu erhalten (Seite 2, Zeilen 18 bis 24; Seite 13, Zeilen 3 bis 7), wobei die Bildaufnahmeeinrichtung ferner ausgebildet ist, durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf ein Referenzlicht (Seite 2, Zeilen 14 bis 18) emittiertes Licht aufzunehmen, um eine Referenzaufnahme zu erhalten (Seite 2, Zeilen 18 bis 24; Seite 13, Zeilen 21 bis 27); und
einem Prozessor (Seite 4, Zeilen 10 bis 12; Seite 10, Zeilen 11 bis 14), welcher ausgebildet ist, das Dokument auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen (Seite 2, Zeilen 25 bis 28, "and the luminescence response resulting from each compared").
E10 offenbart das Erstellen von zwei Aufnahmen. Seite 2, Zeilen 14 bis 28 beschreibt wie Lumineszenzaufnahmen als Bild von einer Bildaufnahmeeinrichtung ("detector 28", "imaging sensor", "CMOS sensor", Seite 9, Zeilen 24 bis 28) erfasst werden und durch den Prozessor (30) verglichen werden ("the luminescence response resulting from each compared"), siehe Seite 10, Zeilen 11 bis 14. Seite 13, Zeilen 3 bis 7 und Zeilen 21 bis 27 beschreiben explizit das Erstellen von Aufnahmen mittels des "CMOS sensors 28", welche beide zur Authentifizierung des Dokuments verwendet werden, siehe Zeichnung 8. Im Beispiel von Seite 15, Zeile 17 bis Seite 16, Zeile 4 werden zwei Aufnahmen miteinander verglichen, siehe Abbildung 9.
In anderen Worten erstellt der Bildsensor 28 Bildaufnahmen und nicht lediglich Lumineszenz-Antworten. Jede "luminescence reponse" auf Seite 2, Zeilen 25 bis 28 ist demnach eine Emissions- und Referenzaufnahme im Sinn von Anspruch 1. Entsprechend bezieht sich der Ausdruck "intensity data" auf Seite 10, Zeilen 11 bis 14 auf Bilddaten, welche dem Prozessor 30 zur Auswertung ("process this data") vom CMOS Bildsensor 28 zur Verfügung gestellt werden.
Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 schließt auch nicht aus, dass die Emissionsaufnahme und Referenzaufnahme sukzessive, d.h. zu unterschiedlichen Zeitpunkten, erfasst werden können, siehe auch Abschnitt [0053] des Streitpatents, oder dass der Prozessor die Auswertung erst nach Abschluss jeglicher Beleuchtung des Sicherheitselements durchführt. Anspruch 1 schließt nicht aus, dass die Auswertung in mehreren Schritten durchgeführt wird. Das auf Seite 13, Zeile 3 bis Seite 14, Zeile 9 der E10 offenbarte mehrstufige Authentifizierungsverfahren, entspricht daher einem Verfahren gemäß der Merkmale (D) und (D1). Der dort beschriebene Prozessor 30 ist ausgebildet, das Sicherheitselement 24 auf der Basis der Emissionsaufnahme und der Referenzaufnahme zu erkennen.
Eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 ist demnach auch bereits aus E10 bekannt und somit nicht neu (Artikel 52 (1), 54 (1) und (2) EPÜ). Gleiches gilt für den Verfahrensanspruch 10 mutatis mutandis.
6. Hilfsantrag 1 der Patentinhaberin (Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden) - Artikel 84 EPÜ
6.1 Die Einsprechende bemängelt, dass Merkmal (D3) in Anspruch 1 (sowie das entsprechende Merkmal in Anspruch 9) nicht den Erfordernissen von Artikel 84 EPÜ genüge und zwar aus folgenden Gründen:
a) Es sei nicht klar, ob sich der Ausdruck "des jeweiligen Wellenlängenspektrums" auch auf "zumindest einen Wellenlängenunterschied" beziehe. Daraus würden sich zwei Lesarten (D3a und D3b) ergeben.
b) In der Lesart (D3a), sei Merkmal (D3) nicht klar, da daraus nicht deutlich werde, worauf (z.B. welches Licht und/oder Spektrum) sich der Wellenlängenunterschied, welcher zum Vergleich der Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme herangezogen wird, beziehe.
c) Der Begriff "Wellenlängenunterschied" selbst sei mehrdeutig und beziehe sich:
(D3a1) in einem engeren Sinn auf einen quantifizierbaren spektralen Abstand zwischen
einzelnen Wellenlängen, also z.B. eine in Nanometer angegebene Wellenlängendifferenz zwischen einzelnen Wellenlängen innerhalb eines Spektrums oder zwischen Spektren
oder
(D3a2) in einem weiteren Sinn z.B. auf einen rein qualitativen Farbunterschied bzw. unterschiedlichen Farbeindruck aufgrund unterschiedlicher Spektralverläufe bei unterschiedlichen Spektren.
d) In der Lesart (D3b) sei Merkmal (D3) nicht klar, weil der Fachmann im Unklaren gelassen werde, wodurch der "zumindest eine Wellenlängenunterschied des jeweiligen Wellenlängenspektrums" überhaupt definiert sein solle. So wird aus der Formulierung nicht deutlich, ob:
(D3b1) ein Wellenlängenunterschied innerhalb des jeweiligen Wellenlängenspektrums, also z.B. innerhalb des "ansprechend auf das Anregungslicht emittierte[n] Wellenlängenspektrum[s]" und/oder innerhalb des "Referenzwellenspektrum[s] ..., das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist", oder
(D3b2) ein Wellenlängenunterschied zwischen den Wellenlängenspektren, also z.B. zwischen dem "ansprechend auf das Anregungslicht emittierte[n] Wellenlängenspektrum" und dem "Referenzwellenspektrum ..., das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist".
e) Der Prozessor gemäß Merkmal (D3) sei ferner ausgebildet, "zum Vergleich der Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme ... ein zeitliches oder spektrales Abklingverhalten des jeweiligen Wellenlängenspektrums heranzuziehen". Daraus folge, dass diesem Vergleich:
(D3c) ein zeitliches Abklingverhalten des jeweiligen Wellenlängenspektrums oder
(D3d) ein spektrales Abklingverhalten des jeweiligen Wellenlängenspektrums
herangezogen werde.
Die Variante (D3d) werde in der Beschreibung nicht weiter erläutert. Die Einsprechende bezweifelt ob es überhaupt einen Unterschied zwischen beiden Alternativen gebe. Merkmal (D3d) sei nicht durch die Beschreibung gestützt. Ein Abklingverhalten sei immer zeitlich, so dass der Begriff "zeitlich" redundant sei. Der Ausdruck "spektrales" sei ebenfalls überflüssig, da sich der Ausdruck ja schon auf ein Abklingverhalten eines Wellenlängenspektrums beziehe. Aus beiden Gründen fehle es Merkmal (D3) an Knappheit.
f) Ferner sei keine der möglichen Lesarten durch die Beschreibung gestützt. Merkmal (D3) fände sich lediglich in der wortwörtlichen Wiedergabe in Absatz [0019] der Beschreibung des Streitpatents.
Zu Punkt VI.2.2 des Schreibens der Patentinhaberin vom 13. August 2021 bezüglich der Klarheit des beanspruchten Gegenstands meint die Einsprechende, dass die Lesart der Patentinhaberin nicht dem Wortlaut von Merkmal (D3) entspreche. Zudem sei es unzutreffend, dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 auf den abhängigen Ansprüchen beruhe. Vielmehr seien Merkmale aus Seite 3, Zeilen 19 bis 23 der Beschreibung entnommen worden. Eine Prüfung auf die Vorraussetzungen des Artikel 84 EPÜ sei demnach nicht ausgeschlossen.
Die in Abschnitt [0048] des Streitpatents genannte Wellenlängenverschiebung habe nichts mit dem Wellenlängenunterschied gemäß Merkmal (D3) zu tun, da sie sich weder auf eine Emissionsaufnahme noch auf eine Referenzaufnahme beziehe. Merkmal (D3) könne auch so ausgelegt werden, dass ein der Wellenlängenunterschied sich auf ein weiteres Spektrum beziehe.
Die Abschnitte [0019], [0026], [0027] des Streitpatents seien auch nicht geeignet, Merkmal (D3) klarzustellen. So sei nicht klar welches Licht in Abschnitt [0027] mit Emissionslicht gemeint sei.
Durch die Mehrdeutigkeit von Merkmal (D3) sei der Anspruch 1 somit unklar.
6.2 Für die Patentinhaberin erfüllten die Ansprüche 1 und 9 die Erfordernisse des Artikel 84 EPÜ. Sie müssten so gelesen werden, dass sie technisch Sinn ergäben. Technisch widersprüchliche bzw. unsinnige Auslegungen würde der Fachmann nicht berücksichtigen. Ansprüche 1 und 9 seien dementsprechend breit auszulegen. Zum Beispiel seien beide Auslegungen (D3a1) und (D3a2) möglich.
Unter Punkt IV.2.2 auf Seite 21 des Schreibens vom 13. August 2021 bringt die Patentinhaberin vor, dass der beanspruchte Wellenlängenunterschied, welcher nach dem Vergleich der Referenzaufnahme mit der Emissionsaufnahme erhalten werde, offensichtlich einen Unterschied zwischen "dem Wellenspektrum der Emissionsaufnahme und dem Referenzwellenlängenspektrum" umfasse. Der geänderte Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 basiere auf den abhängigen Ansprüchen und sei daher nach G3/14 von einer Prüfung der Vorraussetzungen des Artikel 84 EPÜ ausgeschlossen. Eine Prüfung der Vorraussetzungen des Artikel 84 EPÜ sei jedenfalls nur für aus der Beschreibung aufgenommene Gegenstände möglich, jedoch nicht für Merkmale, deren Basis auf den erteilten Ansprüchen 1 und 6 des Streitpatents beruhe.
Die Patentinhaberin verweist auch auf Abschnitt [0048] des Patents, wonach eine "Wellenlängenverschiebung bezüglich einer Wellenlänge des Anregungslichts" im Sinne von (D3a1) gemeint sei. Die Variante (D3a2) werde nicht im Streitpatent verwendet. Es sei klar, dass ein "Wellenlängenunterschied" das Referenzwellenlängenspektrum oder das ansprechend auf das Anregungslicht emittierte Wellenlängenspektrum betreffe; ein anderes Spektrum werde in Anspruch 1 nicht genannt. Nach der Lesart (D3b), wonach sich "des jeweiligen Wellenlängenspektrums" auf den "Wellenlängenunterschied" beziehe, sei klar, dass damit die beiden in Anspruch 1 genannten Spektren gemeint seien.
Während der mündlichen Verhandlung argumentierte die Patentinhaberin ferner, dass gemäß der Abschnitte [0026] und [0027] des Streitpatents, der Wellenlängenunterschied gemäß Merkmal (D3) zum Vergleich (Merkmal (D2)) der Emissionsaufnahme (Merkmal (C1**(1))) und der Referenzaufnahme (Merkmal C2**(1))) heranzuziehen sei. Damit sei der Unterschied zwischen einer ersten Wellenlänge des "ansprechend auf das Anregungslicht emittierte[n] Wellenlängenspektrum[s]" und einer zweiten Wellenlänge gemeint; die zweite Wellenlänge sei entweder eine Wellenlänge des Referenzlichts oder des Referenzwellenspektrums. Andernfalls würde die Anregungsaufnahme gar nicht gebraucht.
6.3 Zunächst stellt die Kammer fest, dass der Anspruch 1 keiner Kombination von erteilten abhängigen Ansprüchen entspricht. Vielmehr haben die Änderungen in den Merkmalen (C1**(1)) und (C2**(1)) wie auch die Merkmale (D2) und (D3) ihren Ursprung im Text der Beschreibung, nämlich auf Seite 3, Zeilen 8 bis 23. Dadurch steht der Anspruch 1 einer Prüfung offen, ob die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt sind, und zwar wenn und insoweit die Änderungen zu einem Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ führen. Insbesondere entspricht das Merkmal (D3) nicht den Merkmalen des erteilten Anspruchs 6 und ist somit einer Klarheitsprüfung zugänglich.
Die Kammer versteht, dass mit dem Begriff "Referenzwellenspektrum" in Merkmal (C2**(1)) ein Referenzwellenlängenspektrum gemeint ist und wird im Folgenden diesen Begriff verwenden.
Merkmal (D3) ist mehrdeutig, wie von der Einsprechenden vorgebracht.
Die Kammer ist der Meinung, dass sich der Begriff "Wellenlängenunterschied" auf einen "quantifizierbaren spektralen Abstand", d.h. die messbare Differenz zwischen zwei Wellenlängen, jedoch auch auf einen allgemeinen Unterschied zwischen zwei Spektren (z.B. dem Wellenlängenspektrum und dem Referenzwellenlängenspektrum) beziehen könnte. Zwei sehr ähnliche Spektren könnten sich z.B. durch weitere Maxima ("peaks") für bestimme Wellenlängen in einem der beiden Spektren unterscheiden. Insofern definiert Anspruch 1 nicht deutlich, was mit "Wellenlängenunterschied" gemeint ist.
Weiterhin scheint nicht klar zu sein, auf welches Wellenlängenspektrum oder -spektra sich der Ausdruck "Wellenlängenunterschied" bezieht, siehe z.B. die Lesarten (D3b1), (D3b2). Je nach Lesart könnte auch ein Wellenlängenunterschied eines Spektrums gemeint sein, welches weder dem "ansprechend auf das Anregungslicht" emittierten noch dem "Referenzwellenspektrum ..., das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist", entspricht. Insofern stimmt Kammer der Einsprechenden zu. Beispielsweise könnte der Wellenlängenunterschied zwischen einer Wellenlänge des Referenzwellenlängenspektrums (oder des Wellenlängenspektrums) und einer Wellenlänge eines abgespeicherten Spektrums zu erstellen sein.
Die Argumente der Patentinhaberin zur Klarheit haben die Kammer nicht überzeugt.
Einerseits sei Anspruch 1 laut Patentinhaberin "möglicherweise breit" und gemäß aller möglichen und technisch sinnvollen Auslegungen zu interpretieren. Andererseits sei laut Patentinhaberin Merkmal (D3) jedoch spezifisch so auszulegen, dass der Wellenunterschied zwischen einer ersten Wellenlänge des "ansprechend auf das Anregungslicht emittierte[n] Wellenlängenspektrum[s]" und einer zweiten Wellenlänge zu berechnen sei; die zweite Wellenlänge sei entweder eine Wellenlänge des Referenzlichts oder des Referenzwellenlängenspektrums. Laut Punkt IV.2.2 auf Seite 21 des Schreibens vom 13. August 2021 sei Merkmal (D3) noch enger auszulegen, nämlich dahingehend, dass die genannten zweite Wellenlänge dem Referenzwellenlängenspektrum zugeordnet sei.
Die Abschnitte [0019], [0026] bis [0028] und [0048] des Streitpatents stützen die Sichtweise der Patentinhaberin nicht und führen nicht zu einer Klarstellung des Merkmals (D3) in Anspruch 1.
Abschnitt [0019] enthält sinngemäß den Wortlaut des Merkmals (D3) ohne jedoch zu definieren welcher Wellenlängenunterschied gemeint ist.
Abschnitt [0026] enthält sinngemäß den Wortlaut der Merkmale (D1) und (D2) und offenbart ferner, dass durch den Vergleich zwischen Emissionsaufnahme und Referenzaufnahme "beispielsweise Wellenlängen-unterschiede festgestellt werden" können. Gemäß Abschnitt [0026] können Wellenlängenunterschiede ein Resultat des Vergleichs sein. Dies entspricht jedoch nicht Merkmal (D3), wonach ein "Wellenlängenunterschied" für den Vergleich herangezogen wird. Abschnitt [0026] definiert demnach nicht die Bedeutung von "Wellenlängenunterschied" gemäß Merkmal (D3).
Abschnitt [0027] entspricht dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 6. Die Kammer stimmt der Einsprechenden zu, dass Abschnitt [0027] offen lässt, auf welches Licht sich der Begriff "Emissionslicht" bezieht. Zum einen könnte die Emissionsaufnahme bzw. das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittierte Wellenlängenspektrum (Merkmal C1**(1)) gemeint sein. Andererseits könnte auch das Referenzwellenlängenspektrum gemäß Merkmal (C2**(1)) gemeint sein. Abschnitt [0027] gibt damit dem Begriff "Wellenlängenunterschied" gemäß Merkmal (D3) nicht die Bedeutung, welche ihm die Patentinhaberin zusprechen will.
Abschnitt [0028] beschreibt ein zeitliches/spektrales Abklingverhalten und einen "zeitlichen Verlauf von Wellenlängendifferenzen", ohne jedoch zu definieren wie "Wellenlängenunterschied" in Merkmal (D3) auszulegen ist.
Abschnitt [0048] offenbart, dass Konversionsleuchtstoffe ein Wellenlängenspektrum, das sich von einem Anregungsspektrum unterscheidet, emittieren. Diese Farb- oder Wellenlängenverschiebung kann zur Dokumentenerkennung, herangezogen werden, siehe auch Abschnitt [0010] des Streitpatents. Somit werden zur Authentifizierung lediglich das Anregungslicht selbst und das Wellenlängenspektrum gemäß Merkmal (C1**(1)) herangezogen. Diese Variante verwendet demnach keinen Vergleich zwischen einer Emissionsaufnahme und einer Referenzaufnahme und entspricht auch nicht der Auslegung der Patentinhaberin.
Die Kammer stimmt daher der Einsprechenden zu, dass Merkmal (D3) insbesondere durch den Begriff "Wellenlängenunterschied" unklar ist und ist nicht davon überzeugt, dass Merkmal (D3) wie von der Patentinhaberin behauptet auszulegen ist.
Die Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 erfüllt daher nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
7. Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
7.1 Während der mündlichen Verhandlung beantragte die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung (vor Hilfsantrag 2). Sie begründet ihren Antrag damit, dass die Hilfsanträge 2 und folgende noch nicht von der Einspruchsabteilung geprüft wurden. Die Patentinhaberin brachte keine stichhaltigen Gründen vor, warum sie diesen Antrag erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellte.
7.2 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern besteht kein grundsätzliches Recht der Parteien auf die Prüfung eines Sachverhalts in zwei Instanzen, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage, 2022, V.A.9.2.1.
Die Kammer sieht keine besonderen Gründe, welche dafür sprechen die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen (Artikel 11 VOBK 2020 i. V. mit Artikel 25(1) VOBK 2020).
Der Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung wird daher nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen (Artikel 13(2) VOBK 2020 i. V. mit Artikel 25(1) VOBK 2020).
8. Zulassung der Hilfsanträge 2, 3, 4, 5 und 6
8.1 Erstmals mit ihrer Beschwerdeerwiderung hat die Patentinhaberin vorgebracht, dass die Hilfsanträge 2 bis 6 vollumfänglich aufrechterhalten werden, d.h. dass sie hilfsweise beantragt, das Patent auf Basis dieser Hilfsanträge in geänderter Form aufrechtzuerhalten. Sie bemängelt, dass die Einsprechende sich in ihrer Beschwerdebegründung nicht schon zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 geäußert habe und beantragt, Einspruchsgründe gegen diese Hilfsanträge als verspätet nicht zuzulassen. Weitere Ausführungen zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 macht die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdeerwiderung jedoch nicht.
Im Schreiben vom 4. Februar 2020 hat sich die Patentinhaberin nicht zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 geäußert.
Erstmals in ihrem Schreiben vom 13. August 2021 trägt die Patentinhaberin detailliert zu diesen Hilfsanträgen vor. Sie beantragt, die Einwände der Einsprechenden zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 nicht nach Artikel 12(2) und (4) VOBK 2007 zu berücksichtigen, da diese schon in deren Beschwerdebegründung hätten erhoben werden können und sollen. Die Einsprechende hätte auch in ihrer Beschwerdeerwiderung zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 Stellung nehmen können, tat dies jedoch erst in dem Schreiben vom 6. Oktober 2020.
Im Übrigen sei unter Punkt III ihrer Beschwerdeerwiderung in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Artikels 12 (2) und (4) VOBK 2007 die hilfsweise Aufrechterhaltung gemäß einem der Hilfsanträge 2 bis 6 beantragt und auch substantiiert worden. Aus den Ausführungen auf Seite 11 der Beschwerdeerwiderung gehe unmissverständlich hervor, dass es sich die Patentinhaberin vorbehalte zu reagieren, falls die Einsprechende während des weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens Einspruchsgründe gegen die Hilfsanträge 2 bis 6 vorbringen sollte.
Die mangelnde Konvergenz sei der Tatsache geschuldet, dass die Hilfsanträge 1 und 2 erst am Tag der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht wurden und die bisherigen Hilfsanträge ihnen nachgestellt wurden. Zudem sei Hilfsantrag 2 zu Hilfsantrag 1 konvergent.
Bezüglich einer Substantiierung verweist die Patentinhaberin auch auf das Einspruchsverfahren.
Selbst unter der Annahme, dass eine ausreichende Substantiierung der Hilfsanträge 2 bis 6 erst mit der Eingabe vom 13. August 2021 vorgetragen worden sei, so sei es nicht ersichtlich, warum es der Einsprechenden bzw. der Beschwerdekammer nicht zugemutet werden könne, sich bis zur mündlichen Verhandlung mit den Gegenständen der Hilfsanträge 2 bis 6 auseinanderzusetzen.
Die Zulassung der Druckschrift E10 einerseits und eine Nichtberücksichtigung der Hilfsanträge 2 bis 6 andererseits widerspreche einer Gleichbehandlung der Parteien.
Die Hilfsanträge 2 bis 6 seien auch prima facie gewährbar.
8.2 In ihrer Beschwerdebegründung bemerkt die Einsprechende, dass die Hilfsanträge 2 bis 6 nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen seien und dass es für die Einsprechende nicht erkennbar sei, ob und durch welche Hilfsanträge die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigen wolle.
In ihrem Schreiben vom 6. Oktober 2020 nimmt die Einsprechende erstmals Stellung zu den Hilfsanträgen 2 bis 6, siehe Seiten 26 bis 39.
Hilfsantrag 2 sei nie Gegenstand von Diskussionen während der mündlichen Verhandlung noch Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen. Seine Zulässigkeit sei weder beraten noch von der Einspruchsabteilung festgestellt worden. Es sei auch nicht von der Patentinhaberin in ihrer Beschwerdewiderung substantiiert worden, weshalb der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags 2 geeignet sein solle, die gegen die erteilten Ansprüche erhobenen Einwände zu beheben und inwieweit durch den Hilfsantrag 2 den in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwänden Rechnung getragen werde. Hilfsantrag 2 sei daher nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Er beziehe sich auch auf einen anderen Gegenstand als Hilfsantrag 1 und konvergiere daher nicht mit Hilfsantrag 1.
Zu den Hilfsanträge 3 bis 6 habe die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdeerwiderung auch nicht substantiiert vorgetragen. Die Einsprechende beantragt daher auch die Hilfsanträge 3 bis 6 nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Die erst rund zwei Jahre nach der Beschwerdeerwiderung vorgelegte Substantiierung der Hilfsanträge 2 bis 6 stelle demnach eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar. Die Patentinhaberin habe jedoch keine überzeugenden Gründe gemäß Artikel 13(1) VOBK vorgetragen, die die verspätete Substantiierung der Hilfsanträge 2 bis 6 rechtfertigten.
Da die Patentinhaberin keinen der Hilfsanträge 2 bis 6 in ihrer Beschwerdebegründung substantiiert habe und sie auch nicht konvergent zum Hilfsantrag 1 seien, seien diese Hilfsanträge im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Sie seien auch prima facie nicht gewährbar.
8.3 Die Kammer lässt die Hilfsanträge 2 bis 6 nicht zum Beschwerdeverfahren zu (Artikel 13(1) VOBK 2020 i. V. mit Artikel 25(1) VOBK 2020), und zwar aus folgenden Gründen:
8.3.1 Gemäß Artikel 12(3) VOBK 2020 i. V. mit Artikel 25(1) VOBK 2020 müssen die Beschwerdebegründung und die Erwiderung das vollständige Beschwerdevorbringen eines Beteiligten enthalten. Dementsprechend müssen sie deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen; sie sollen ausdrücklich alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel im Einzelnen anführen. Artikel 12(3) VOBK entspricht im Wesentlichen Artikel 12(2) VOBK 2007.
Im vorliegenden Fall hat die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 27. September 2019 zwar festgestellt, dass die Hilfsanträge 2 bis 6 aufrechterhalten würden. Sie hat jedoch nicht substantiiert vorgetragen, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und gemäß einem dieser Anträge abzuändern. Sie hat in ihrer Erwiderung keinerlei Ausführungen gemacht, weshalb die Hilfsanträge 2 bis 6 die von der Einsprechenden erhobenen Einwände gegen die erteilten Ansprüche sowie gegen den Hilfsantrag 1 entkräften.
Eine bloße Ankündigung, die Hilfsanträge gegebenenfalls später zu substantiieren oder ein Verweis auf das Einspruchsverfahren ersetzt nicht die Substantiierung der Hilfsanträge 2 bis 6, siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage, 2022, V.A.2.6.5.
Die Patentinhaberin hat erst nahezu zwei Jahre später in ihrem Schreiben vom 13. August 2021 substantiiert zu den Hilfsanträgen vorgetragen, obwohl sie dies schon in der Beschwerdebeerwiderung oder in ihrem Schreiben vom 4. Februar 2020 hätte tun können und sollen. Somit werden sie erst am dem Tag wirksam, an dem sie begründet wurden, nämlich am 13. August 2021, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage, 2022, V.A.5.12.6.
Die Hilfsanträge 2 bis 6 sind demnach eine Änderung des Beschwerdevorbringens gemäß Artikel 13(1) VOBK 2020, welcher gemäß Artikel 25(1) VOBK anzuwenden ist.
8.3.2 Gemäß Artikel 13(1) VOBK 2020 bedürfen Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung rechtfertigender Gründe seitens des Beteiligten und ihre Zulassung steht im Ermessen der Kammer.
Die Patentinhaberin argumentiert, dass die Einsprechende ihrerseits schon in ihrer Beschwerdebegründung hätte Einwände gegen die Hilfsanträge 2 bis 6 erheben müssen und nicht erst im Schreiben vom 6. Oktober 2020. Sie habe demnach erst mit Schreiben vom 13. August 2021 auf die von der Einsprechenden im Schreiben vom 6. Oktober 2020 gegen die Hilfsanträge 2 bis 6 erhobenen Einwände reagieren müssen.
Die Kammer teilt diese Ansicht nicht, da die Einsprechende mit Einreichen ihrer Beschwerdebegründung nicht wissen konnte, welche Hilfsanträge von der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren weiterverfolgt werden. Dazu hat sich die Patentinhaberin ja erst in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 27. September 2019 knapp geäußert. Es war der Einsprechenden nicht zuzumuten, nur fünf Tage später in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 2. Oktober 2019 Einwände gegen die Hilfsanträge 2 bis 6 geltend zu machen. Die Einsprechende hat sich demnach zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu den Hilfsanträgen 2 bis 6 geäußert, und zwar im Schreiben vom 6. Oktober 2020.
Nichtsdestotrotz oblag es der Patentinhaberin, spätestens mit ihrer Beschwerdeerwiderung darzulegen, aus welchen Gründen die Hilfsanträge 2 bis 6 die von der Einsprechenden in ihrer Beschwerdebegründung erhobenen Einwände gegen den Hilfsantrag 1 ausräumen.
Auch der Verweis der Patentinhaberin auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Einsprechende das Dokument E10 und die beiden weiteren Dokumente mit ihrer Beschwerdebegründung und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt (siehe Abschnitt 3.3 oben) eingereicht hat, wohingegen die Patentinhaberin die Hilfsanträge 2 bis 6 erst rund zwei Jahre nach ihrer Beschwerdeerwiderung substantiiert hat, obwohl sie dies bereits mit der Beschwerdeerwiderung hätte tun können und müssen.
Aus Sicht der Kammer fehlt des daher schon an rechfertigender Gründe gemäß Artikel 13(1) VOBK 2020 für das späte Vorbringen der Hilfsanträge 2 bis 6.
8.3.3 Weiterhin stimmt die Kammer der Einsprechenden zu, dass die Hilfsanträge 2 bis 6 divergierende Weiterentwicklungen des Hilfsantrags 1 sind und somit der Verfahrensökonomie abträglich:
a) Zum Einen spezifiziert Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht, dass die Emissionsaufnahme eine Information über ein durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Anregungslicht emittiertes Wellenlängenspektrum enthält und dass die Referenzaufnahme eine Information über ein Referenzwellenlängenspektrum enthält, das durch das Sicherheitsmerkmal ansprechend auf das Referenzlicht emittierbar ist (Merkmale (C1**(1)) und (C2**(1))).
Zum anderen sind die Merkmale (D4) und (D5) keine konvergierende Weiterentwicklung des Merkmals (D3).
Gemäß Hilfsantrag 1 vergleicht der Prozessor die Emissionsaufnahme mit der Referenzaufnahme, wobei für diesen Vergleich ein nicht weiter spezifizierter Wellenlängenunterschied herangezogen wird. Obwohl nicht explizit beansprucht, ist es für den Fachmann offensichtlich, dass das Dokument durch diesen Vergleich beider Aufnahmen erkannt wird. Gemäß Hilfsantrag 2 wird das Dokument jedoch mittels eines Vergleichsergebnisses (Merkmal (D4)) erkannt, wobei der Prozessor dieses Vergleichsergebnis erhält, indem vom Prozessor eine Wellenlängendifferenz zwischen der vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Emissionslichts, oder ein zeitlicher Wellenlängenverlauf des Emissionslichts bezüglich der vorbestimmten Wellenlänge, oder ein zeitlicher Verlauf einer Wellenlängenamplitude oder Wellenlängendifferenzen bestimmt werden (Merkmal (D5)).
Wie von der Einsprechenden vorgebracht, entspricht eine "Wellenlängendifferenz zwischen der vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Emissionslichts" nicht notwendigerweise einem Vergleich zwischen Emissionsaufnahme und Referenzaufnahme. Die vorbestimmte Wellenlänge ist ja durch die Vorrichtung vorgegeben und hängt nicht von Eigenschaften des Sicherheitselements (d.h. der Referenzaufnahme) ab.
Insofern stimmt die Kammer, den Ausführungen der Einsprechenden auf den Seiten 27 und 28 des Schreibens vom 6. Oktober 2020 zu.
b) Gleiches gilt bezüglich des Merkmals (D7) in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6.
c) Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 bis 5 enthält nicht das Merkmal (D3) und konvergiert daher nicht mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
9. Der Antrag der Patentinhaberin, alle durch die Einsprechende in der Beschwerdebegründung vom 7. Juni 2019 gegen die Hilfsanträge 2 bis 6 nicht erhobenen Einwände gemäß Art. 12 (2) und (4) VOBK 2007 in dem vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen, läuft demnach ins Leere.
10. Zulassung der Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B
10.1 Die Patentinhaberin begründet das Erstellen der Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B mit durch die Beschwerdekammer in der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 neu erhobenen Einwände nach Artikel 84 EPÜ und nach Artikel 54 EPÜ. Insbesondere sei die Kammer unter dem Punkt 12.3 der Mitteilung bei der Beurteilung des Artikels 84 EPÜ hinsichtlich des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 über die durch die Einsprechende in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände hinausgegangen.
In der Beschwerdebegründung der Einsprechenden auf der Seite 11 werde in Bezug auf den Wellenunterschied offensichtlich nicht auf ein Spektrum verwiesen, welches weder dem Wellenlängenspektrum noch dem Referenzwellenlängenspektrum entspreche.
Die Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B seien auch prima facie klar (Artikel 84 EPÜ), gewährbar und damit zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. Insbesondere seien sie eine konvergierende Weiterentwicklung von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1.
10.2 Die Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B wurden nach nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereicht.
Gemäß Artikel 13(2) VOBK i. V. mit Artikel 25(1) VOBK bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
Auf Seite 10, letzter Absatz der Beschwerdebegründung der Einsprechenden wird mit Bezug auf die Interpretation (D3a) ausdrücklich erläutert, dass
"daraus nicht deutlich wird, worauf (z.B. auf welches Licht und/oder Spektrum?) sich der 'Wellenlängenunterschied' ... bezieht. Es könnte sich daher um irgendeinen 'Wellenlängenunterschied' handeln". Mit der in Abschnitt 12.3.3 dargelegten Auffassung in der Mitteilung der Kammer, wonach somit je nach Lesart auch ein Wellenlängenunterschied eines Spektrums gemeint sein könne, welches weder dem Wellenlängenspektrum noch dem Referenzwellenlängenspektrum entspricht, wird das bereits in der Beschwerdebegründung erwähnte Beispiel einer möglichen Lesart ("welches ... Spektrum?") lediglich weiter veranschaulicht. Insofern stimmt die Kammer den Ausführungen der Einsprechenden zu.
Die Kammer hat in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 daher keinen neuen Klarheitseinwand erhoben, sondern in ihren Worten ausgedrückt, wie sie einen Einwand der Einsprechenden verstanden hat.
Daher sieht die Kammer keine außergewöhnlichen Umstände, die das sehr späte Einreichen der Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B rechtfertigen.
Weiterhin stimmt die Kammer der Einsprechenden zu, dass Merkmal (D6) prima facie nicht in der ursprünglichen Anmeldung offenbart ist. Weder Abschnitt [0027] noch Anspruch 6 offenbaren eine Wellenlängendifferenz zwischen einer vorbestimmten Wellenlänge und zumindest einer Wellenlänge des Anregungslichts. Da Anspruch 1 gemäß aller Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B das Merkmal (D6) bzw. das entsprechende Merkmal (D8) enthalten, verstoßen alle prima facie gegen Artikel 123(2) EPÜ.
Die Hilfsanträge 2B, 3B, 4B, 5B und 6B geben daher auch prima facie Anlass zu neuen Einwänden. Auch aus diesem Grund sind diese Hilfsanträge nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen (Artikel 13(1) und (2) VOBK 2020 i. V. mit Artikel 25(1) VOBK 2020).
11. Schlussfolgerung
Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 a) EPÜ i. V. mit Artikel 54 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegen. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist daher erfolglos.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 genügt nicht den Erfordernissen von Artikel 84 EPÜ. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben.
Der Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung und die weiteren Hilfsanträge 2 bis 6 und 2B bis 6B wurden nicht zum Beschwerdeverfahren zugelassen.
Da keine gewährbaren Anträge vorliegen, ist das Streitpatent zu widerrufen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1) Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2) Das Patent wird widerrufen.
3) Der Antrag der Einsprechenden auf Rückerstattung der
Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.