European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T092919.20211028 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 October 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0929/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11787882.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | E04H 15/64 E04H 15/20 E04D 5/14 E04D 5/10 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | GEBÄUDEUMHÜLLUNGSELEMENT MIT THERMISCHEM ISOLIERELEMENT | ||||||||
Name des Anmelders: | Vector Foiltec GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | se cover GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderung des Vorbringens - Eignung der Änderung zur Behandlung der Fragestellungen (ja) Patentansprüche - Deutlichkeit (ja) Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Neuheit - Hauptantrag (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 643 534 (im Folgenden "das Patent") betrifft ein Gebäudeumhüllungselement mit einer Halteeinrichtung und einem thermischen Isolierelement sowie dessen Verwendung.
II. Die Einspruchsabteilung hatte das Patent mit der angefochtenen Entscheidung auf Grund mangelnder Neuheit und unzulässiger Erweiterung widerrufen. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Patentinhaberin (im Folgenden "Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde.
III. Am 28. Oktober 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Verhandlung wurde im Einverständnis mit den Beteiligten als Videokonferenz unter Verwendung der Zoom-Plattform durchgeführt.
IV. Die Schlussanträge lauteten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, oder eines der Hilfsanträge 1, 1a, 2, 2a, 3, 3a eingereicht mit der Beschwerdebegründung (Hilfsanträge 1, 2 und 3) bzw. mit Schreiben vom 15. März 2021 (Hilfsanträge 1a, 2a und 3a).
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Die folgenden Dokumente, die bereits Bestandteil des Einspruchsverfahrens waren, sind für die Entscheidung relevant:
E4: DE 202 17 990 U1;
E5: EP 1 752 600 A1.
VI. Anspruchssatz gemäß Hauptantrag
a) Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 1 in der mit der Beschwerdebegründung eingereichten, geänderten Fassung lautet folgendermaßen (die Nummerierung der Merkmale in "[]" wurde von der Kammer hinzugefügt; Einfügungen gegenüber Anspruch 1 in der erteilten Fassung sind fett hervorgehoben, Auslassungen durchgestrichen):
"[a] Gebäudeumhüllungselement
[b] mit mindestens einer, vorzugsweiser stationär anzuordnenden, Halteeinrichtung (4),
[c] die einen äußeren Abschnitt (4b) aufweist, der mit seiner Außenseite zur Außenseite eines mit dem Gebäudeumhüllungselement zu versehenden Gebäudes gerichtet ist,
[d] mit mindestens einem [deleted: Folienelement] Folienkissen (6), das eine an der Außenseite des Gebäudes anzuordnende äußere Folienlage (8) [deleted: aufweist] und zusätzlich zur äußeren Folienlage (8) mindestens eine zum Innenraum des Gebäudes gerichtete innere Folienlage (9) aufweist, wobei zwischen diesen beiden Folienlagen (8, 9) mindestens ein gasdicht geschlossener Hohlraum (10) gebildet ist, in dem Gas, insbesondere Luft, enthalten ist, und
[e] mit einem Randabschnitt (6a) an der Halteeinrichtung (4) verankert ist,
[e2] und mit mindestens einem thermischen Isolierelement (20),
dadurch gekennzeichnet, dass
[f] das thermische Isolierelement (20) mit einem ersten Abschnitt (22a) [deleted: am] auf der Außenseite des äußeren Abschnittes (4b) der Halteeinrichtung (4) angeordnet ist [deleted: und] ,
[g] mit mindestens einem zweiten Abschnitt (22b) auf [deleted: dem] der Außenseite des Randabschnittes (6a) der äußeren Folienlage (8) [deleted: mindestens eines ][deleted: Folienelements] des Folienkissens (6) aufliegt,
[h] somit als das äußere Element vorgesehen ist."
b) Der unabhängige Verwendungsanspruch 8 gemäß Hauptantrag lautet folgendermaßen (Einfügungen gegenüber Anspruch 2 in der erteilten Fassung sind fett gedruckt, Auslassungen durchgestrichen):
"Verwendung eines thermische[deleted: s]n Isolierelementes für ein Gebäudeumhüllungselement, das mindestens eine, vorzugsweise stationär anzuordnende, Halteeinrichtung (4), die einen äußeren Abschnitt (4b) aufweist, der zur Außenseite eines mit dem Gebäudeumhüllungselement zu versehenden Gebäudes gerichtet ist, und mindestens ein [deleted: Folienelement] Folienkissen (6) aufweist, das eine an der Außenseite des Gebäudes anzuordnende äußere Folienlage (8) und zusätzlich zur äußeren Folienlage (8) mindestens eine zum Innenraum des Gebäudes gerichtete innere Folienlage (9) aufweist, wobei zwischen diesen beiden Folienlagen (8, 9) mindestens ein gasdicht geschlossener Hohlraum (10) gebildet ist, in dem Gas, insbesondere Luft, enthalten ist, und mit einem Randabschnitt (6a) an der Halteeinrichtung (4) verankert ist,
dadurch gekennzeichnet, [deleted: durch einen] dass
das thermische Isolierelement (20) mit einem ersten Abschnitt (22a) [deleted: der zu Anordnung am], auf der Außenseite des äußeren Abschnittes (4b) der Halteeinrichtung (4) [deleted: ausgebildet ist] und mit mindestens [deleted: einen] einem zweiten Abschnitt (22b) [deleted: , der zur Auflage] auf [deleted: dem] der Außenseite des Randabschnittes (6a) der äußeren Folienlage (8) [deleted: mindestens eines Folienelements] des Folienkissens (6) [deleted: ausgebildet ist] und somit als das äußere Element angeordnet wird."
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Hauptantrag - Zulassung
Der Hauptantrag sei unter Artikel 12(4) VOBK 2007 als sachdienliche Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung zuzulassen. Zudem entspreche der Hauptantrag im Wesentlichen dem bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Hilfsantrag 1 in Kombination mit abhängigen Ansprüchen der erteilten Fassung. Schließlich treffe auch die prima facie Bewertung einer angeblich mangelnden Deutlichkeit und einer unzulässigen Erweiterung des Hauptantrages seitens der Beschwerdegegnerin nicht zu.
b) Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ
Die Metallprofile seien in der ursprünglich eingereichten Fassung, Seite 4, Zeilen 5 bis 14, lediglich als optionale Weiterbildung offenbart, die auch nicht als erfindungswesentlich dargestellt würde. Als Teil des Isolierelements seien sie auch keine unabhängigen Bauteile, sondern Teil desselben, weshalb kein Widerspruch zu Merkmal [f] auftrete.
Sowohl aus Figur 1 als auch aus den Abschnitten Seite 3, Zeilen 8 bis 24, und Seite 7, Zeilen 17 bis 22, gehe eindeutig hervor, dass bezüglich der Halteeinrichtung und der Folienkissen das Isolierelement das äußere Element darstelle. Dies sei auch durch den beschriebenen Aspekt der Nachrüstbarkeit hinreichend deutlich offenbart.
c) Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags sei neu über die Offenbarung von E4. Zum einen sei für die Ausführungsform der Figur 4 nicht eindeutig ein Folienkissen offenbart. Der diesbezüglich zitierte Absatz [0002] beziehe sich lediglich auf den Ausgangspunkt der Erfindung. Auch läge das Halteprofil nicht auf den Folienkissen auf, sondern umschließe diese in einem Spalt. Zudem sei das Halteprofil H der E4 essenzieller Teil der Wirkkette der Haltevorrichtung und könne somit nicht gleichzeitig das in den Ansprüchen zusätzlich definierte Isolierelement sein. Beide Teile seien als körperlich voneinander getrennt und unabhängig definiert. Auch sei das Halteprofil in der Figur 8 nicht wie beansprucht das äußere Element; dieses werde vielmehr durch die Umweltschutzmembran M' gebildet.
Die Ausführungsform der Figur 64 der E5 sei ebenfalls nicht neuheitsschädlich. Das Dichtungselement 7 sei zwischen der unteren und oberen Klemmvorrichtung angeordnet und stelle somit nicht das äußere Element dar.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Hauptantrag - Zulassung
Der Hauptantrag sei nicht in das Verfahren zuzulassen, da er erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sei und somit nicht den Erfordernissen von Artikel 12(2) VOBK 2020 entspreche. Der Antrag sei zudem prima facie nicht gewährbar, da er Mängel unter Artikel 123(2) und 84 EPÜ aufweise.
b) Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ
Die ursprünglich eingereichte Fassung offenbare nicht, dass das thermische Isolierelement als das äußere Element vorzusehen sei, da gemäß der Figur 1 kein einzelnes Element allein an die äußere Umgebung angrenze. Diese Tatsache führe auch zu einer Unklarheit des Merkmals.
Zudem verstoße die Spezifizierung der Anordnung des Isolierelementes auf der Außenseite der Halteeinrichtung gemäß Merkmal [f] in Anspruch 1 gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Es liege eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiels vor, da das thermische Isolierelement hier stets ein oberes und ein unteres Metallprofil aufweise, welche den isolierenden Feststoffkörper einrahmten. Diese Profile seien unzulässiger Weise in den Ansprüchen weggelassen worden. Zudem stünde gemäß Figur 1 das untere Metallprofil mit der Außenseite des äußeren Abschnitts der Halteeinrichtung in Kontakt und nicht, wie Merkmal [f] fordere, das Isolierelement. Auch verstoße das Weglassen der für die Ausführung der Erfindung als wesentlich dargestellten Metallprofile gegen die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
Weiterhin lasse sich die Änderung des Merkmals [f] nur in Anspruch 1 finden und nicht in Anspruch 8. Anspruch 8 nehme somit nicht Bezug auf das in Anspruch 1 beanspruchte Gebäudeumhüllungselement, sondern auf ein anderes Gebäudeumhüllungselement. Auch dies erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
c) Hauptantrag - Artikel 54 EPÜ
Die Offenbarung von D4, insbesondere der Figur 8, sei neuheitsschädlich für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 8. Das Halteprofil H weise Isoliereigenschaften auf und sei somit als Isolierelement anzusehen, während Halteprofil H und Deckel gemeinsam die Halteeinrichtung darstellten. Da das Halteprofil H teilweise an die Grenzfläche der Gebäudeaußenseite/Umgebung angrenze, sei es als äußeres Element im Sinne von Merkmal [h] anzusehen. Zudem offenbarten die in Figur 8 dargestellten Membranen M eindeutig ein Folienkissen, was auch aus den Abschnitten [0002] und [0007] hervorgehe.
Auch die Offenbarung von E5, insbesondere Figur 64, sowie die zugehörigen Beschreibungsstellen, nähmen den Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 vorweg.
d) Hauptantrag - Artikel 56 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin erklärte in der mündlichen Verhandlung, keine Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu erheben (siehe Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
Entscheidungsgründe
Hauptantrag - Zulassung in das Verfahren
1. Der Hauptantrag wird im Verfahren berücksichtigt.
1.1 Der von der Beschwerdegegnerin angeführte Artikel 12(2) VOBK 2020 legt fest, dass in Hinblick auf die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung als vorrangiges Ziel des Beschwerdeverfahrens das Vorbringen der Beteiligten auf die Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel zu richten ist, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegen.
Vorbringen, welches diese Erfordernisse nicht erfüllt, kann gemäß Artikel 12(4) VOBK 2020 grundsätzlich von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens nicht zugelassen werden. Allerdings findet Artikel 12(4) VOBK 2020 gemäß den Übergangsbestimmungen (Artikel 25(2) VOBK 2020) in der vorliegenden Sache keine Anwendung, da die Beschwerdebegründung vor Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung (VOBK 2020) eingereicht wurde. Stattdessen ist Artikel 12(4) VOBK 2007 anzuwenden.
1.2 Gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 hat die Kammer die Befugnis, Anträge nicht zuzulassen, die bereits erstinstanzlich hätten vorgebracht werden können und sollen. Im vorliegenden Fall sieht die Kammer keinen Grund, den Hauptantrag nicht zuzulassen.
1.3 Die mit der Beschwerdebegründung vorgenommenen Änderungen gemäß Hauptantrag werden als sachdienliche Reaktion auf die angefochtene Entscheidung angesehen, insbesondere auf den Neuheitseinwand basierend auf E4. Zum einen wird die im Einspruchsverfahren in der Neuheitsdiskussion relevante äußere Lage des Isolierelementes mit Bezug zu den weiteren Merkmalen näher spezifiziert (Änderungen in den Merkmalen [c] und [f] bis [h]). Zum anderen wird mittels der Folienkissen ein weiterer Versuch der Abgrenzung zur Ausführungsform der Figur 8 in E4 unternommen (Merkmal [d]). Zudem entsprechen zumindest die Änderungen in den Merkmalen [c] und [f] bis [h] in Anspruch 1 und den korrespondierenden Merkmalen von Anspruch 8 jenen, die bereits mit Hilfsantrag 1 im Einspruchsverfahren vorgelegt wurden und Teil der angefochtenen Entscheidung sind.
1.4 Auch das Argument der Beschwerdegegnerin, der Hauptantrag erfülle prima facie nicht die Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ, greift nicht. Wie im folgenden ausgeführt wird, weisen die Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrages bezüglich dieser Erfordernisse keine Mängel auf.
Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ und Deutlichkeit der Änderungen
2. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags ist deutlich gefasst und geht nicht über die ursprünglich eingereichte Fassung hinaus (im folgenden wird auf die veröffentlichte Fassung WO 2012/069589 A1 Bezug genommen).
2.1 Weglassung der Metallprofile
2.1.1 Gemäß der ursprünglich eingereichten Fassung kann das Isolierelement Metallprofile umfassen, die somit als Teil des thermischen Isolierelements offenbart sind und den eigentlichen Isolierkörper "einrahmen" (Seite 8, Zeilen 3 bis 7). Es besteht daher für den Fall, dass das untere Metallprofil des Isolierelements auf der Halteeinrichtung angeordnet ist und nicht der Isolierkörper selbst, kein Widerspruch zu Merkmal [f].
2.1.2 Die Metallprofile sind zudem lediglich optionaler Bestandteil der Isolierelemente (Seite 4, Zeilen 5 bis 14). Es besteht auch kein untrennbarer funktioneller Zusammenhang der Metallprofile mit der Isolierfunktion des Elements. Die Metallprofile dienen zur Verbesserung der Stabilität und als Versteifung, um die Handhabung der Isolierelemente zu erleichtern. Die Fachperson versteht unmittelbar, dass ihr Weglassen selbst in der Ausführungsform der Figur 1 die eigentliche Isolierfunktion des Elements nicht beeinträchtigt. Daher führt das Weglassen der Metallprofile in den Ansprüchen 1 und 8 weder zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung, noch zu einem Klarheitsmangel aufgrund fehlender wesentlicher Merkmale.
2.2 Merkmal [h] - das "äußere" Element
2.2.1 Das Merkmal [h] wird so ausgelegt, dass mit relativem Bezug auf die weiteren Anspruchsmerkmale, insbesondere die Haltevorrichtung und das Folienkissen, das Isolierelement (jeweils mit oder ohne Metallprofile) im Hinblick auf das zu umhüllende Gebäude das äußere, also weiter außen liegende Element darstellt. Dies wird nicht nur durch die Figur 1, sondern auch durch den allgemeinen Teil der Beschreibung gestützt. Auf Seite 3, Zeilen 13 bis 18, wird ausgeführt, dass das Isolierelement auf eine bestehende Gebäudeumhüllung nachgerüstet, d.h. aufgesetzt werden kann: "Dadurch wird nicht nur die Montage vereinfacht - denn das thermische Isolierelement ist lediglich an der Außenseite der Halteeinrichtung und des benachbarten Randabschnittes des Folienelementes anzuordnen -, sondern eröffnet sich auch die Möglichkeit, vorhandene und bereits installierte Gebäudeumhüllungselemente mit thermischen Isolierelementen nachzurüsten"). Auch wenn die Folienkissen an die unmittelbare Außenseite des Gebäudes angrenzen, so ist durch das zusätzliche Merkmal [g] sichergestellt, dass das Isolierelement auch das äußere Element bezüglich des Folienkissens darstellt. Ein Klarheitsmangel ergibt sich daher nicht.
2.2.2 Merkmal [h] schließt zudem nicht aus, dass weitere, in der Ansprüchen 1 und 8 nicht definierte Elemente außen auf dem Isolierelement angeordnet sind, also als "äußerstes" Element der Gebäudeumhüllung. Als Beispiel hierfür werden in den ursprünglichen Unterlagen Befestigungselemente für das Isolierelement (wie Schrauben und Klammern) genannt, vergleiche Seite 8, Zeilen 23 bis 27. Lediglich in Bezug auf die in den Ansprüchen definierten Merkmale ist das Isolierelement 20 das äußere Element, wie auch in der Ausführungsform der Figur 1 deutlich wird. Eine unzulässige Erweiterung des Gegenstandes ergibt sich durch das Merkmal [h] somit ebenfalls nicht.
2.3 Angebliche Unterschiede in der Definition des Gebäudeelementes zwischen Anspruch 1 und 8
Der Einwand, Anspruch 8 sei nicht auf ein Gebäudeumhüllungselement gemäß Anspruch 1 gerichtet, betrifft nur einen im Einspruchsbeschwerdeverfahren rechtlich unbeachtlichen Mangel an Einheitlichkeit (siehe G 1/91, ABl. 1992, 253). Zudem hat im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdegegnerin das Merkmal [f] in Anspruch 8 seine Entsprechung ("... dass das thermische Isolierelement (20) mit einem ersten Abschnitt (22a), auf der Außenseite des äußeren Abschnittes (4b) der Halteeinrichtung (4)... angeordnet wird"). Der Wortlaut "angeordnet auf" entspricht dabei dem Wortlaut "aufliegen auf" gemäß Merkmal [g] von Anspruch 1 und ist diesbezüglich somit nicht breiter gefasst.
Hauptantrag - Neuheit
3. Neuheit über die Offenbarung von E4
3.1 Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 ist neu im Hinblick auf die Ausführungsform der Figur 8 in E4.
3.2 Gemäß Merkmal [b] von Anspruch 1 ist eine "Halteeinrichtung" offenbart, an der laut Merkmal [e] ein Folienkissen "verankert" ist. Die Fachperson versteht die Eignungsbezeichnung (geeignet zum Halten) so, dass diese eine kraftschlüssige Verankerung des Folienkissens an der Halteeinrichtung zur sicheren Festlegung an einem Gebäude umfasst.
3.3 In der Ausführungsform der Figur 8 von E4 sind mehrere Membranlagen M in einem Randbereich durch einen Spalt eines Halteprofils H geführt. Das Halteprofil H kann zwar nicht als eigenständige Halteeinrichtung im Sinne der Merkmale [b] und [e] angesehen werden, da es gemäß Absatz [0019] aus einem weichelastischen Material besteht. Es ist jedoch unstreitig, dass das Halteprofil Teil einer Wirkkette ist, die zur Verankerung der Folien M an ihrem Randbereich R dient. Zu dieser Wirkkette gehören in der Ausführungsform der Figur 8 von E4 insbesondere die Halteschiene 18 und der Deckel 1 sowie das dazwischen liegende Halteprofil H, welches den Randbereich der Membranen umfasst. Mittels Schrauben 2 und Klammern 3 wird zwischen diesen Komponenten eine kraftschlüssige Verbindung hergestellt, die den Randbereich der Folien einklemmt und somit verankert (siehe Figur 8). Sie bilden somit gemeinsam die Halteeinrichtung gemäß Anspruch 1. Eine entsprechende kraftschlüssige Zusammenwirkung ist im Patent für die Einzelteile 4a und 4b der Halteeinrichtung 4 für die Ausführungsform beschrieben (Absatz [0018]). Das Halteprofil H ist daher - soweit auch die übereinstimmenden Ausführungen der Parteien - Teil des beanspruchten Halteelements. Dass dieses Halteprofil thermisch isolierende Eigenschaften aufweisen kann, ist nicht streitig.
3.4 Merkmal [e2] erfordert jedoch zusätzlich zu der Halteeinrichtung (Merkmal [b]) und dem Folienkissen (Merkmal [d]) ein "Isolierelement". Das Halteprofil H in E4 ist dabei, wie zuvor ausgeführt, ein wesentlicher Teil der Halteeinrichtung selbst und nicht lediglich, wie in der angefochtenen Entscheidung argumentiert, ein auf der Oberseite der Halteeinrichtung in Form des Deckels 1 angeordnetes zusätzliches Element mit Isolierfunktion. Es entspricht nicht dem technischen Verständnis der Fachperson, Teile der Halteeinrichtung wie das Halteprofil nicht als zu dieser zugehörig zu betrachten. Somit kann das Halteprofil H nicht zugleich als das in Merkmal [e2] definierte Isolierelement betrachtet werden. Dies gilt trotz der unstreitigen Tatsache, dass das Halteprofil gemäß E4, Absatz [0007] selbst thermische Isoliereigenschaften aufweisen kann und ebenfalls auf der äußeren Membran M anliegt ("thermische Trennfunktion"). Ein weiteres Element, dass als eigenständiges Isolierelement zusätzlich zur Halteeinrichtung betrachtet werden könnte, ist in der Figur 8 nicht offenbart.
3.5 Daher sind zumindest die Merkmale [e2], [f], [g] und [h] des Anspruchs 1 und die entsprechenden Merkmale von Anspruch 8 nicht in E4 offenbart. Es kann somit für die Neuheitsüberprüfung dahingestellt bleiben, ob die mit "M" bezeichneten Folienlagen in Figur 8 von E4 ein Folienkissen im Sinne von Merkmal [d] zumindest implizit offenbaren.
4. Neuheit über die Offenbarung von E5
4.1 Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 ist neu im Hinblick auf die Ausführungsform der Figur 64 in E5.
4.2 Wie E5, Figur 64, unstreitig zu entnehmen ist, umfasst die Halteeinrichtung die Teile 3f und 11, die zur Verankerung der Membranen 1 und 5 verschraubt werden. Ein thermisches Isolier- und Dichtprofil (7), d.h ein Isolierelement im Sinne des Anspruchs, liegt zwischen diesen Teilen der Halteeinrichtung. Das Isolierelement liegt jedoch nicht an der Außenseite des äußeren Abschnitts der Halteeinrichtung und ist daher nicht als äußeres Element vorgesehen.
4.3 Daher sind zumindest die Merkmale [f] und [h] des Anspruchs 1 und die entsprechenden Merkmale von Anspruch 8 nicht in E5 offenbart.
5. Nach alledem ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart, deutlich gefasst und neu.
6. Weitere Einwände, insbesondere unter Artikel 56 EPÜ, wurden seitens der Beschwerdegegnerin nicht erhoben (vgl. Niederschrift).
7. Die Beschwerde ist somit begründet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1-8 gemäß Hauptantrag wie eingereicht mit der Beschwerdebegründung
- Beschreibung Seiten 1-4, eingereicht mit dem Schreiben vom 12. Oktober 2021 sowie Absätze [0013]-[0025] der Patentschrift
- Figur 1 der Patentschrift.