European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T075919.20211117 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 November 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0759/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13177420.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F24C 15/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Teleskopschiene mit einer Abdeckung | ||||||||
Name des Anmelders: | Accuride International GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Paul Hettich GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) Spät eingereichte Beweismittel - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein) Spät eingereichte Beweismittel - im erstinstanzlichen Verfahren zugelassen (nein) Änderung nach Ladung - stichhaltige Gründe (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 690 367 (im Folgenden "das Patent") betrifft eine Teleskopschiene für ein Haushaltsgerät, mit einer Lasche in Auszugrichtung, die eine Abdeckung aufweist bestehend aus einem Material mit schlechterer Wärmeleitfähigkeit als das Material, aus dem die Lasche besteht.
II. Die Einspruchsabteilung hatte das Patent mit der angefochtenen Entscheidung in geändertem Umfang aufrecht erhalten. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Patentinhaberin (im Folgenden "Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde.
III. Am 17. November 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Verhandlung wurde im Einverständnis mit den Beteiligten als Videokonferenz unter Verwendung der Zoom-Plattform durchgeführt.
IV. Die Schlussanträge lauteten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt, hilfsweise in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende (im Folgenden "Beschwerdegegnerin") beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Die folgenden Dokumente sind für die Entscheidung relevant:
D1: DE 20 2008 014 790 U1;
D3: DE 10 2010 016 315 A1;
D9: GB 2 434 202 A.
D10: "Einführung in die Verarbeitung von PTFE
Kunststoffen", Technisches Merkblatt 02,
Fachverband Halbzeuge und Konsumprodukte
aus Kunststoff e.V., Stand Juli 2010.
D11: DE 10 2008 009 175 A1;
D11a: DE 10 2008 009 175 B4.
VI. Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 1 des Hauptantrags lautet folgendermaßen (Merkmalsgliederung hinzugefügt in "[]" in Anlehnung an die Beschwerdebegründung):
"[M1] Teleskopschiene mit einem ersten (1) und wenigstens einem weiteren Schienenelement,
[M2] wobei das erste Schienenelement (1) in einem in einem Haushaltsgerät befestigten Zustand der Teleskopschiene aus dem Haushaltsgerät herausziehbar ist
[M3] und an seinem zur Öffnung des Haushaltsgerätes weisenden Ende eine Lasche (2) aufweist, die sich senk- recht zur Auszugsrichtung der Teleskopschiene erstreckt,
dadurch gekennzeichnet, dass
[M4] die Lasche (2) wenigstens an einer zur Öffnung des Haushaltsgerätes weisenden Fläche (3) eine Abdeckung (10) aufweist,
[M5] die aus einem Material besteht, das schlechter wärmeleitend ist als das Material, aus dem die Lasche (2) besteht."
VII. Der Wortlaut der Vorrichtungsansprüche 1, 2 und 3 des Hilfsantrags 1 entspricht dem des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag mit den folgenden fett und durchgestrichen hervorgehobenen Änderungen:
in Anspruch 1:
"1. ... erstreckt, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass] die Lasche (2) wenigstens an einer zur Öffnung des Haushaltsgerätes weisenden Fläche (3) eine Abdeckung (10) 10 aufweist, die aus einem Material besteht, das schlechter wärmeleitend ist als das Material, aus dem die Lasche (2) besteht,"dadurch gekennzeichnet, dass die Abdeckung (10) einen oder mehrere Befestigungsabschnitte (14) aufweist, der/die sich zumindest abschnittsweise über eine von der Öffnung des Haushaltsgerätes abgewandte Fläche (4) der Lasche (2) erstreckt/ erstrecken."
in Anspruch 2:
" ... erstreckt, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass] die Lasche (2) wenigstens an einer zur Öffnung des Haushaltsgerätes weisenden Fläche (3) eine Abdeckung (10) 10 aufweist, die aus einem Material besteht, das schlechter wärmeleitend ist als das Material, aus dem die Lasche (2) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass die Abdeckung (10) aus einem Silikon besteht oder ein Silikon umfasst."
in Anspruch 3:
" ... erstreckt, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass] die Lasche (2) wenigstens an einer zur Öffnung des Haushaltsgerätes weisenden Fläche (3) eine Abdeckung (10) 10 aufweist, die aus einem Material besteht, das schlechter wärmeleitend ist als das Material, aus dem die Lasche (2) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass die Abdeckung (10) eine Materialstärke von ungefähr 1 mm bis ungefähr 3 mm aufweist."
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung D10, D11 und D11a
Das von ihr während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichte Dokument D10 sei prima facie relevant für den Ausgang des Verfahrens, da es zeige, dass die in D1 offenbarten PTFE-haltigen Beschichtungen bezüglich der Wärmeleitfähigkeit unbestimmt seien. Die Nichtzulassung seitens der Einspruchsabteilung sei daher ermessensfehlerhaft gewesen, was auch durch die betreffenden Erwägungen in den Entscheidungen T 1652/08 und T 544/12 bestätigt werde. D10 sei daher im Beschwerdeverfahren zuzulassen.
D11 und D11a seien mit der Beschwerdeerwiderung verspätet im Verfahren vorgebracht worden und seien nicht zuzulassen. Zudem stelle die in D11 offenbarte, an der Lasche befestigte Silikonrolle keine Abdeckung der Lasche im Sinne von Anspruch 1 dar. Außerdem sei auch das Material der Lasche nicht spezifiziert. D11 sei daher prima facie auch nicht relevant zur Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit der Ansprüche des Hauptantrags oder des Hilfsantrags 1.
b) Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zunächst seien weder D1 noch D3 geeignete Ausgangspunkte zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, da die Dokumente den Verbrennungsschutz nicht thematisierten. Ausgehend von D1 liege das Unterscheidungsmerkmal [M5] nicht nahe. D1 offenbare keine Abdeckung im Sinne des Patents, sondern lediglich eine aufgesprühte Beschichtung. Die in Absatz [0013] des Patents genannten Tauch- und Spritzgussverfahren führten nicht zu einer haftenden Beschichtung, sondern zu einem zur Lasche separaten Formteil, welches einstückig abnehmbar sei und eine Mindestmaterialstärke aufweise. Dies treffe auf eine nicht zerstörungsfrei ablösbare Beschichtung nicht zu. Zudem würden sich erfindungsgemäß auch Luftpolster unter der Abdeckung ergeben, die zusätzlich den unerwünschten Wärmetransport hemmten.
Somit ergebe sich die objektive technische Aufgabe, eine Teleskopschiene bereitzustellen, bei deren Handhabung keine Verbrennungsgefahr bestehe, bzw. die Gefahr einer Verbrennung reduziert sei. Aus D1 in Verbindung mit dem Fachwissen ergebe sich kein Hinweis, die Lasche und die Abdeckung jeweils so aus einem Material zu wählen, dass Merkmal [M5] des Anspruchs 1 erfüllt sei.
Die in D3 offenbarten Polymerbeschichtungen seien ebenfalls keine Abdeckung im Sinne des Patents. Entsprechend ergäben sich in Bezug auf D3 die gleichen Überlegungen wie ausgehend von D1.
c) Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
Der erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobene Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sei gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 nicht in das Verfahren zuzulassen. Es lägen keine stichhaltigen Gründe vor, warum der Einwand nicht schon mit der Beschwerdeerwiderung vorgebracht wurde. Zudem sei die prima facie Relevanz nicht gegeben, da die in Anspruch 1 definierten Befestigungsabschnitte nicht auf eine Beschichtung lesbar seien. Dementsprechend sei auch der Einwand zur erfinderischen Tätigkeit in Bezug auf Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 ausgehend von D3 gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 nicht in das Verfahren zuzulassen.
Ausgehend von D1 beruhe der Gegenstand von Anspruch 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Fachperson würde die Lehre der D9 zur Lösung der objektiven Aufgabe nicht berücksichtigen, da hier eine andere Aufgabenstellung verfolgt werde. Zudem offenbare D9 keine beschichteten Metallschienen, sondern mehrschichtig beschichtete Glasfasersubstrate. Es ergebe sich somit kein Hinweis, dass die PTFE- Beschichtung in D1, die gegen Verschmutzungen schütze und mechanisch fest sei, durch eine Silikonbeschichtung ersetzt werden könne.
IX. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung D10, D11 und D11a
D10 sei unter korrekter Ausübung des Ermessens von der Einspruchsabteilung nicht zugelassen worden. D10 belege lediglich die unstreitige Tatsache, dass Füllstoffe die Wärmeleitfähigkeit von PTFE-Compounds verändern könnten, gebe hierzu jedoch keine konkreten Werte an. D1 mache allerdings keinerlei Angaben zu möglichen Füllstoffen. D10 sei daher prima facie nicht relevant. Es gebe daher keinen Grund dafür, D10 ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
D11 sei prima facie relevant für die Beurteilung der Neuheit und gegebenenfalls erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags sowie für die Beurteilung der Neuheit von Anspruch 1 und 2 des Hilfsantrags 1. D11a belege, dass die Beschwerdegegnerin erst kurzfristig im Rahmen der Patentüberwachung von D11/D11a Kenntnis gelangen konnte. Damit sei das späte Vorbringen gerechtfertigt. Die in D11 offenbarte Rolle stelle eine Abdeckung der Lasche im Sinne von Anspruch 1 des Hauptantrags dar und sei zudem mit einer Außenfläche aus Silikon ausgeführt. Da die Lasche in D11 durch Schweißen befestigt werde, sei diese aus einem Metall gefertigt.
b) Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
Der Begriff der Abdeckung in Anspruch 1 schließe eine Beschichtung gemäß der Dokumente D1 und D3 mit ein, insbesondere da das Patent auch Spritzguss- und Tauchverfahren zur Herstellung der Abdeckung benenne.
Der Gegenstand des Anspruch 1 unterscheide sich von D1 und D3 lediglich dadurch, dass das Material der Lasche eine höhere Wärmeleitfähigkeit aufweisen müsse als das Material der Abdeckung. Die technische Aufgabe sei darin zu sehen, ein geeignetes Material für die Lasche auszuwählen. Die Wahl eines Metalls hierfür sei jedoch jeweils aus den Dokumenten D1 und D3 unter Anwendung des Fachwissens für die Fachperson offensichtlich, da auch die Laufschienen (D1, Absatz [0018] und D3, Absatz [0043]) aus Metall gefertigt seien. Ausgehend von jedem dieser Dokumente und unter Berücksichtigung des Fachwissens sei der Gegenstand von Anspruch 1 daher offensichtlich.
c) Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ausgehend von D1 und im Lichte der Offenbarung von D9 nicht erfinderisch. Der Einwand sei gemäß der Erfordernisse von Artikel 113(1) EPÜ zuzulassen. Die in D1 offenbarte beidseitige Beschichtung der Lasche forme eine Umgreifung, die als Befestigungsabschnitt wirke und deshalb so auszulegen sei. Somit ergebe sich im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrages und gegenüber D1 kein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal.
Der Gegenstand von Anspruch 2 sei nicht erfinderisch ausgehend von D1 oder D3 in Verbindung mit D9. D9 offenbare PTFE und Silikone als gleichwertige Alternativen mit gleichwertigen Eigenschaften für den Einsatz in Backöfen. Somit sei es für die Fachperson offensichtlich, Silikonbeschichtungen als Alternative für die PTFE-Beschichtung in D1 oder eine Polyimidbeschichtung in D3 zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Zulassung der Dokumente D10 und D11/D11a
1. Zulassung D10
Gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 hat die Kammer die Befugnis, Beweismittel nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen wurden. Dabei unterliegt das dort ausgeübte Ermessen der Überprüfung eingeschränkt auf die Anwendung der zutreffenden Kriterien bzw. auf Ermessensfehler.
1.1 Ein Indiz für die prima facie Relevanz eines spät eingereichten Dokumentes, die im Falle ihres Vorliegens ein vaildes Kriterium für die Zulassung ist, ist dabei nicht, ob, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, das Dokument entscheidend für den Ausgang des Verfahrens ist, sondern ob prima facie erkennbar ist, dass dieses relevant für den Ausgang des Verfahren ist. Der Verweis auf die Entscheidung T 1652/08 ist diesbezüglich nicht überzeugend, da die Einspruchsabteilung dort die fraglichen Dokumente zugelassen hatte und somit deren Relevanz bezüglich des Ausgangs des Verfahrens nun nicht mehr lediglich prima facie zu beurteilen war.
1.2 Die Einspruchsabteilung hat die mangelnde Relevanz von D10 in der angefochtenen Entscheidung mit der Feststellung, D10 beschreibe "keine relevanten Einsatzbereiche", begründet. Somit ist kein Fehler in der Ausübung des Ermessens erkennbar. Dass die Beschwerdeführerin die prima facie Relevanz anders beurteilt, ist kein Hinweis auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung. Es liegt daher kein Grund vor, der Zweifel an der Richtigkeit der Ermessensausübung seitens der Einspruchsabteilung streuen kann.
1.3 Zudem kommt die Kammer unter Ausübung ihres eigenen Ermessens nach Artikel 12(4) VOBK 2007 ebenfalls zu dem Schluss, dass D10 aufgrund mangelnder prima facie Relevanz für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Verfahren unberücksichtigt bleiben kann. D10 beschäftigt sich mit Eigenschaften und Verarbeitungsmethoden für PTFE im Allgemeinen. Die Beschwerdeführerin verweist auf Seite 10, Figur 6, um zu zeigen, dass bei Verwendung bestimmter anorganischer Zuschlagstoffe zur Erzeugung sogenannter "PTFE-Compounds" die Wärmeleitfähigkeit dieser Compounds im Vergleich zu reinem PTFE in der Regel zunimmt. Dies ist weder streitig noch ist es relevant in Hinblick auf die Offenbarung in D1. D1 schließt zwar Zuschlagstoffe nicht aus, erwähnt jedoch auch keine, insbesondere nicht die in D10 offenbarten und von der Beschwerdeführerin spezifisch genannten "weiteren Bestandteile wie Kohle, Grafit und Stahl". Weiterhin sind keine der in D10, Punkt 3.3.3 genannten Anwendungsbereiche relevant für eine Beschichtung der Teleskopschienen in D1.
1.3.1 Da die Überprüfung der Ermessensausübung seitens der Einspruchsabteilung, der prima facie Relevanz und der Zulassung gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 jeweils aus den fallspezifischen Umständen zu beurteilen ist, bleibt auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 544/12, in der die Kammer diesbezüglich zu einem anderen Schluss kommt, unbeachtlich.
2. Zulassung D11/D11a
2.1 Mit der Beschwerdeerwiderung legte die Beschwerdegegnerin das Patentdokument D11 vor und argumentierte, dieses Dokument sei prima facie relevant zur Beurteilung der Neuheit sowie erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags, sowie neuheitsschädlich für die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1. Zudem reichte sie mit Dokument D11a die erteilte, jedoch nachveröffentlichte Patentschrift der Anmeldung D11 ein.
2.2 Die Begründung der Beschwerdegegnerin, D11 sei ihr erst mit Veröffentlichung der erteilten Fassung D11a im Jahre 2019 aus der Patentüberwachung bekannt geworden, überzeugt jedoch nicht, da D11 bereits am 20. August 2009 veröffentlicht wurde. Die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin nicht aktiv den gesamten Stand der Technik überwacht, ist keine ausreichende Begründung für ein verspätetes Vorbringen.
2.3 Jedenfalls ist D11 auch prima facie nicht relevant, und zwar weder zur Beurteilung der Patentierbarkeit des Hauptantrags noch zur Beurteilung der Neuheit von Anspruch 1 oder 2 des Hilfsantrags 1.
D11 offenbart zwar eine Teleskopschiene mit Lasche ("Deckel" 10), diese Lasche weist jedoch keine Abdeckung auf. An der Unterseite der Lasche ist lediglich zusätzlich eine Rolle befestigt, die eine Beschichtung aus Silikon aufweisen kann. Die Rolle ist in Türöffnungsrichtung der Lasche zwar vorgelagert, deckt dabei jedoch allenfalls den Bolzen 56 ab. Ferner offenbart D11 weder das Material der Lasche noch der Teleskopschienen. Auch stellt der Verweis auf "Schweißen" (D11, Absatz [0031]) zur Verbindung der Rolle mit der Lasche keine eindeutige Beschränkung auf Metall als Material für die Lasche dar, da sich auch Kunststoffe verschweißen lassen.
Somit offenbart D11 weder eine Abdeckung der Lasche im Sinne von Merkmal [M4] noch eine Materialkombination im Sinne von Merkmal [M5].
2.4 Daher berücksichtigt die Kammer die erst mit der Beschwerdeerwiderung vorgebrachten Dokumente D11 und D11a in Ausübung ihres Ermessens unter Artikel 12(4) VOBK 2007 nicht im Beschwerdeverfahren.
Auslegung des Begriffs "Abdeckung"
3. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit beruht auf der Auslegung des Begriffs "Abdeckung" in Anspruch 1, wonach dieser eine Beschichtung gemäß den in D1 und D3 beschriebenen Ausführungsformen einschließt. In D1 wird eine Lasche ("Stopfen 10") mit einer PTFE-haltigen Beschichtung offenbart (Absatz [0018]), die mit einem Sprühverfahren aufgebracht wird (Absatz [0020]). D3 offenbart einen Auszug mit einer Lasche ("Anschlag 10"), welche mit einer Polymerbeschichtung ausgestattet ist. Diese umfasst vorzugsweise Polyimid, das ein- oder mehrschichtig aus der Lösung aufgetragen wird. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auslegung gemäß der angefochtenen Entscheidung und argumentiert, dass eine Beschichtung kein formstabiles, abnehmbares Bauteil sei und damit keine Abdeckung darstelle. Dieses Argument überzeugt unter Einbeziehung der gesamten Offenbarung des Patents jedoch nicht.
3.1 Der Begriff "Abdeckung" hat zunächst den funktionellen Charakter der Eignung zum gänzlichen oder teilweisen Abdecken der Lasche (vergleiche Absatz [0011] des Patents). Im Hinblick auf diesen funktionellen Charakter ist eine Differenzierung zwischen einem separaten, von der Lasche einstückig trennbaren Formteil (gegebenenfalls bei Formschluss mit Beschädigungen) und einer Beschichtung gemäß D1 oder D3 aus dem Anspruch allein heraus nicht möglich. Dass es sich bei dem Begriff "Abdeckung" im Fachgebiet um einen feststehenden Fachbegriff handele, der eine Beschichtung ausschließe, wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht belegt. Zwar ist es richtig, dass in der Beschreibung des Standes der Technik in Absatz [0002] des Patentes der Begriff "Beschichtung" gesondert verwendet wird. Hieraus folgt jedoch nicht, dass eine Beschichtung nicht eine Unterklasse der Abdeckungen sein kann.
3.2 Zur Klärung der Auslegungsfrage eines streitigen Begriffs, hier des Begriffs "Abdeckung", ist gemäß ständiger Rechtsprechung die Beschreibung heranzuziehen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, I.A.6.3.3). Die Ausführungsformen der Abdeckung werden in den Absätzen [0012] bis [0036] des Patents beschrieben. Hiernach sind Abdeckungen einsetzbar:
a) die mittels hintergreifenden Befestigungsabschnitten lösbar an der Lasche befestigt werden (Absatz [0024]),
b) die mit der Lasche verklebt sind und
c) die aus der "flüssigen Form", beispielsweise mittels Spritzguss oder Tauchverfahren, mit der Lasche verbunden werden (Absatz [0013]).
Augenscheinlich fallen Beschichtungen, wie in D1 und D3 offenbart, nicht unter Abdeckungen des Types a) und b). Das Argument der Beschwerdeführerin, die Abdeckungen des Typs c) ließen sich ebenfalls von Beschichtungen eindeutig abgrenzen, überzeugt jedoch nicht.
3.3 Zunächst ist die zu erzielende Materialstärke weder durch Anspruch 1 limitiert noch allgemein für die in der Beschreibung genannten Spritzguss- oder Tauchverfahren festgelegt oder funktionell durch eine quantitativ definierte Reduktion des Wärmetransports bestimmt. Folglich kann die Materialstärke nicht zur Unterscheidung herangezogen werden. Vielmehr wird diesbezüglich der Beschwerdegegnerin zugestimmt, dass die Materialstärke beispielsweise mittels Einstellung der Viskosität des Beschichtungsmaterials für diese Verfahren einstellbar ist, was in gleicher Weise auch für die in D1 offenbarte Sprühbeschichtung gilt. Das Argument der Beschwerdeführerin, es könne beispielsweise mit dem in D1 einzigen offenbarten Sprühverfahren eine die Wärmeübertragung reduzierende Abdeckung nicht effektiv aufgetragen werden, greift somit nicht durch.
3.4 Unter einer "Abdeckung" ist daher im Lichte der Offenbarung in Absatz [0013] des Patents nicht lediglich ein Formteil zu verstehen, das eine Materialstärke aufweist, die eine einstückige Trennung von der Lasche ermöglicht. Der Begriff "Abdeckung" umfasst vielmehr auch dünner ausgebildete Abdeckungen, die nicht einstückig und zerstörungsfrei von der Lasche entfernbar sind und damit von einer Beschichtung nicht hinreichend abgrenzbar sind.
3.5 Auch wird aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht deutlich, warum mittels Spritzguss oder Tauchverfahren aufgetragene Abdeckungen nicht an der Lasche haften sollten. Eine solche Haftung ergibt sich inhärent in Folge bestimmter Materialkombinationen. Zumindest für PTFE oder Polyimid auf Metall, insbesondere Stahl, wird gemäß D1 oder D3 eine entsprechende Haftung unmittelbar erzielt. Diese Materialkombinationen werden von Anspruch 1 ebenfalls umfasst. Zudem ist Anspruch 1 hinsichtlich der Haftungseigenschaften der Abdeckung auf der Lasche unbestimmt.
3.6 Bei diesem Verständnis einer "Abdeckung" ist ebenfalls nicht überzeugend und im Übrigen auch im Patent nicht beschrieben, dass durch die erfindungsgemäße Abdeckung inhärent ein Luftpolster zwischen Abdeckung und Lasche erzielbar ist, welches zusätzlich den Wärmetransport hemmt. Ein solcher Effekt ist im Patent lediglich für Ausführungsformen der Abdeckung beschrieben, in denen hierzu spezifisch Vertiefungen auf der der Lasche zugewandten Seite ausgeformt werden (Absätze [0019]/[0020]).
3.7 Der Begriff "Abdeckung" in Anspruch 1 schließt somit eine Beschichtung, wie sie in D1 und D3 offenbart ist, nicht von vorneherein aus, da sich dieser Begriff hinsichtlich der Unbestimmtheit seiner Funktion, des Materials und der Materialstärke und unter Berücksichtigung der verschiedenen Herstellungsverfahren gemäß Absatz [0013] des Patents hiervon nicht abgrenzen lässt.
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
4. Ausgehend von D1 und unter Heranziehung des Fachwissens beruht der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.1 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das Dokument D1 ein geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. D1 ist, wie auch das Patent, auf einen Backofen gerichtet, der jeweils Teleskopschienen umfasst ("Auszugsführung 1"). Die Teleskopschienen weisen jeweils eine Lasche auf ("Stopfen 10"), welche sich senkrecht zu der Auszugrichtung der Schiene erstrecken. Die in D1 offenbarten Teleskopschienen dienen daher dem gleichen Zweck wie im Patent und weisen die wichtigsten Merkmale der in Anspruch 1 beanspruchten Vorrichtung auf. Zwar wird die Gefahr der Verletzung durch Hautverbrennungen, wie sie der Aufgabenformulierung des Patents (Absatz [0008]) zugrunde liegt, in D1 nicht explizit erwähnt. Der Beschwerdegegnerin kann jedoch zugestimmt werden, dass sich die Fachperson dieser Problematik für Backöfen inhärent bewusst ist.
4.2 D1 offenbart eine PTFE-haltige Beschichtung der Lasche (Absatz [0018]), die, wie zuvor festgestellt (vergleiche Punkt 3.), eine Abdeckung im Sinne von Anspruch 1 darstellt. Das Material PTFE weist unstreitig eine niedrige Wärmeleitleitfähigkeit auf (siehe Patent, Absatz [0015]). Selbst wenn das in D1 als "PTFE-haltig" breit gefasste Beschichtungsmaterial einen bestimmten Anteil weiterer Komponenten aufweisen kann, insbesondere Partikel mit höherer Wärmeleitfähigkeit, so ist unstreitig selbst dann noch die Wärmeleitfähigkeit der gesamten PTFE-Schicht substantiell geringer als die eines metallischen Materials. Da jedoch das Material der Lasche in D1 nicht offenbart ist, bleibt der relative Vergleich der Wärmeleitfähigkeiten zwischen den Materialien der Lasche und der Abdeckung unbestimmt. Das Merkmal [M5] ist somit in D1 nicht offenbart und stellt das einzige Unterscheidungsmerkmal dar.
4.3 Die Auswahl des nicht spezifizierten Materials der Lasche im Sinne von Merkmal [M5] kann jedoch nicht auf die im im Patent genannte Aufgabe, "eine Teleskopschiene bereitzustellen, bei deren Handhabung keine Verbrennungsgefahr besteht, bzw. die Gefahr einer Verbrennung reduziert ist" gerichtet sein. Die relativ höhere Leitfähigkeit des Materials der Lasche leistet nämlich keinen Beitrag zum Verbrennungsschutz. Wesentlich für den Verbrennungsschutz sind einzig die Merkmale der Abdeckung, da nur die Abdeckung selbst eine Verringerung des Wärmetransports bei Kontakt mit der Haut bewirken kann. Hierzu sind insbesondere wesentlich:
- das Material der Abdeckung, insbesondere seine Wärmeleitfähigkeit sowie
- die Dicke der Abdeckung.
Diese Merkmale werden in Anspruch 1 nicht definiert und stellen daher keine Unterscheidungsmerkmale dar, deren Effekt bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe zu berücksichtigen ist.
4.4 Für die Auswahl des Materials der Lasche selbst wird im Patent keine Aufgabe genannt. Es wird lediglich in Absatz [0014] darauf hingewiesen, dass diese "üblicherweise aus Metall oder einer Metalllegierung" besteht. Ausgehend von D1 ist die objektive technische Aufgabe somit lediglich darin zu sehen, ein geeignetes Material für die Lasche zu wählen.
4.5 D1 offenbart als einziges konkretes Material der Laufbahnen (8, 9) als auch der Schienen (2, 3, 4) des Teleskopauszugs "Stahlblech" (Absatz [0018]). Da die Laschen an den Schienen befestigt und zudem mit der gleichen PTFE-haltigen Beschichtung versehen sind, ist für die Fachperson die Auswahl eines entsprechend Metalls aus D1 unter Anwendung des Fachwissens heraus bereits nahegelegt, insbesondere da sich hiermit auch die gleichen Eigenschaften im Hinblick auf die Beschichtung ergeben.
Hilfsantrag 1- Zulassung verspätet vorgebrachter Einwände
5. Der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 bleibt unberücksichtigt.
5.1 In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat die Beschwerdegegnerin erstmals einen Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit bezüglich des Gegenstands des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 1 ausgehend von D1 und unter Berücksichtigung der Offenbarung von D9 erhoben. Dies stellt eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 dar. Eine solche Änderung bleibt grundsätzlich unberücksichtigt, wenn keine stichhaltigen Gründe für außergewöhnliche Umstände vorliegen.
5.2 In Reaktion auf den mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Hilfsantrag 1 wurde in der Beschwerdeerwiderung lediglich ein Neuheitseinwand basierend auf D11 geltend gemacht. Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass ihr die Berücksichtigung des neuen Einwandes im Rahmen des rechtlichen Gehörs zustehe. Den Anforderungen von Artikel 113(1) EPÜ ist jedoch mit der Diskussion der Zulassung des Einwandes in der mündlichen Verhandlung genüge getan. Seitens der Beschwerdegegnerin wurden daher keine stichhaltigen Gründe im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 geltend gemacht und auch die Kammer kann keine solchen erkennen.
5.3 Jedenfalls ist der Einwand prima facie auch nicht relevant. Das Argument der Beschwerdegegnerin, auch eine beidseitige Beschichtung einer Lasche würde umgreifende Befestigungsabschnitte ausformen, die zumindest teilweise zur Befestigung der Beschichtung beitrügen, überzeugt nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass eine Beschichtung im Wesentlichen durch Haftung auf einer Oberfläche befestigt ist, sind die Befestigungsabschnitte im Patent im Zusammenhang für Ausführungsformen mit einer lösbaren Verbindung der Abdeckung auf der Lasche offenbart (vergleiche Absatz [0024]). Sie lassen sich somit nicht auf eine Beschichtung lesen.
6. Der ebenfalls erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgebrachte Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen den Gegenstand von Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 ausgehend von D3 in Verbindung mit der Offenbarung von D9 wird unter Artikel 13(2) VOBK 2020 auch nicht in das Verfahren zugelassen.
6.1 Die Beschwerdegegnerin hat keinerlei Gründe angegeben, warum außergewöhnliche Umstände für ein derart spätes Vorbringen vorliegen. Die Kammer kann auch keine erkennen, insbesondere, da Hilfsantrag 1 bereits mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde.
6.2 Jedenfalls ist auch nicht erkennbar, warum die Fachperson an Stelle der in D3 offenbarten zahlreichen Polymeralternativen (D3, Absatz [0010]) Silikon als Beschichtungsmaterial einsetzen würde. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Aufgaben in D3 und D9 gibt auch D9 dazu keinerlei Veranlassung. D9 offenbart zwar PTFE und weitere Fluoropolymere sowie Silikone als gleichwertige Alternativen für die Beschichtung von Glasfasermatten, siehe Seite 2, letzter Absatz. Daraus ergibt sich für den Fachmann allerdings kein Anhaltspunkt, diese Materialien zur Beschichtung von Beschlägen, beispielsweise eines Teleskopauszugs nach D3 einzusetzen, zumal D3 zudem explizit von der Verwendung von PTFE weglehrt (siehe Absatz [0007]).
Hilfsantrag 1- Erfinderische Tätigkeit
7. Die erfinderische Tätigkeit ist lediglich bezüglich des Gegenstandes von Anspruch 2 zu beurteilen.
Gegen Anspruch 1 liegt kein zulässiger Einwand vor (siehe Punkt 5.). Anspruch 3 des Hilfsantrags 1 entspricht dem Anspruch 1 der aufrechterhaltenen Fassung. Da die Patentinhaberin die einzige Beschwerdeführerin ist, ist die Überprüfung der Patentierbarkeit dieses Anspruchs unstreitig nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
8. Erfinderische Tätigkeit in Hinblick auf Anspruch 2 ausgehend von D1
8.1 In Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 ist im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich definiert, dass das Material der Abdeckung Silikon umfasst. Dieses Merkmal ist ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal zu D1, in dem hierfür PTFE-haltiges Material offenbart wird. Der Gegenstand von Anspruch 2 ist aus den folgenden Gründen ausgehend von D1 nicht naheliegend.
8.2 Die Spezifizierung eines alternativen Kunststoffs für die Beschichtung in D1 hängt nicht mit der Auswahl des Materials der Lasche zusammen. Wie zuvor beschrieben, wird der Verbrennungsschutz lediglich durch die Merkmale der Abdeckung realisiert. Die erfinderische Tätigkeit kann bezüglich der Unterscheidungsmerkmale anhand von Teilaufgaben betrachtet werden.
8.3 Bezüglich des Unterscheidungsmerkmals "Material der Lasche" gilt die gleiche Argumentation wie bezüglich des Hauptantrags.
8.4 Für das zusätzliche Unterscheidungsmerkmal Silikon wird im Patent kein spezieller technischer Effekt angegeben. Für die weiteren von der Beschwerdeführerin geltend gemachten angeblichen Effekte der Auswahl von Silikon gegenüber PTFE (besserer Wärmeschutz durch angeblich geringere Wärmeleitfähigkeit, bessere Dämpfungseigenschaften) wurden keine Belege vorgebracht. Die durch den Einsatz von Silikon als Abdeckungsmaterial zu lösende technische Teilaufgabe kann daher lediglich darin gesehen werden, eine geeignete Alternative bereitzustellen.
8.5 Während D1 für PTFE-Beschichtungen den Vorteil nennt, dass es sich dabei unter den extremen Bedingungen im Backofen um langlebige Beschichtungen handelt, die zudem leicht zu reinigen sind, betrifft D9 den Schutz vor Verbrennungen. Gemäß D9 wird ein temperaturbeständiges Gewebe aus beispielsweise Glasfasern mit Silikon oder PTFE beschichtet, siehe Seite 2, letzter Absatz. Zwar weist die Beschwerdegegnerin zurecht darauf hin, dass D9 auf Seite 4, Zeilen 1 bis 5 in Bezug auf das Beschichtungsmaterial unter anderem darauf hinweist, dass diese leicht zu reinigen seien ("easy to clean") und eine gute Hitzebeständigkeit aufwiesen. Jedoch offenbart D9 nicht, ob Silikon in gleicher Weise und mit langer Lebensdauer zur Beschichtung metallischer Teleskopschienen und insbesondere deren Lasche geeignet ist. In Ermangelung entsprechender Hinweise würde die Fachperson somit die Verwendung von Silikon als alternatives Beschichtungsmaterial für eine Teleskopschiene gemäß D1 aus der Offenbarung von D9 nicht in Erwägung ziehen.
9. Nach alledem ist Hilfsantrag 1 gewährbar. Die Beschwerde ist insoweit erfolgreich.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit der Beschwerdebegründung,
- Beschreibung Absätze 1 bis 6, 8 bis 15, 17 bis 22 und 25 bis 67 der Patentschrift sowie Absätze 7, 16, 23 und 24, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 17. November 2021,
- Figuren 1 bis 9 der Patentschrift.