T 0753/19 (Wachspulver enthaltend Polyole/SASOL WAX) of 6.4.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T075319.20220406
Datum der Entscheidung: 06 April 2022
Aktenzeichen: T 0753/19
Anmeldenummer: 11822818.8
IPC-Klasse: C10G 73/40
B01J 2/00
C08L 91/06
B01J 2/30
B01J 2/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Mahlen von Wachsen unter Verwendung von Mahlhilfsmitteln in einer Strahlmühle, Verwendung von Polyolen als Mahlhilfsmittel und Wachspulver enthaltend Polyole
Name des Anmelders: Sasol Wax GmbH
Name des Einsprechenden: Clariant International Ltd (Clariant International AG)
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 114(2)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Zulässigkeit des Hauptantrags eingereicht in der mündlichen Verhandlung - (ja) - neuer Einwand vorgebracht während der mündlichen Verhandlung
Zulassung eines Dokuments der Beschwerdeführerin II - (nein) - verspätetes Dokument auf Name der Einsprechenden - neue Einwände vorgebracht
Zulassung von Dokumenten eingereicht in Reaktion auf Argumente der angefochtenen Entscheidung - (ja)
Zulassung eines zusätzlichen Einwands gegen die Ausführbarkeit - (nein) - verspätet vorgebracht
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Erweiterung des Schutzbereichs - (nein)
Ausführbarkeit - (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2643434 in geändertem Umfang aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten.

II. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Patentinhaberin Anspruchssätze gemäß Haupt- und Hilfsantrag 1 bis 10 und mit ihrer Erwiderung vom 30. September 2019 neue Dokumente (E32 bis E35) sowie einen geänderten Hauptantrag und geänderte Hilfsanträge 1 bis 5, 8 und 9 eingereicht.

III. Die Einsprechende hat mit ihrer Beschwerdebegründung bzw. mit Schriftsatz vom 10. September 2019 neue Dokumente E24 bis E29 bzw. E30 und E31 eingereicht.

IV. In Erwiderung auf die vorläufige Meinung der Kammer hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 04. März 2022 unter anderem neue Hilfsanträge 0, 4, 5 und 6a eingereicht.

V. In der am 6. April 2022 abgehaltenen mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin den geltenden Hilfsantrag 1 durch einen neuen Hilfsantrag 1 ersetzt. Anschließend hat sie den Hauptantrag und den Hilfsantrag 0 zurückgezogen und den neuen Hilfsantrag 1 zum Hauptantrag erklärt.

VI. Die Schlussanträge der Parteien waren die folgenden:

Die Beschwerdeführerin I und Patentinhaberin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2022 eingereichten Hilfsantrags 1 (nunmehr Hauptantrag), hilfsweise aufgrund eines der mit Schriftsatz vom 30. September 2019 eingereichten Hilfsanträge 2 oder 3, hilfsweise aufgrund eines der mit Schreiben vom 4. März 2022 eingereichten Hilfsanträge 4 oder 5 aufrechtzuerhalten, oder weiter hilfsweise, die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen (Hilfsantrag 6), weiter hilfsweise, das Patent aufgrund des mit Schriftsatz vom 4. März 2022 eingereichten Hilfsantrags 6a, weiter hilfsweise, aufgrund des mit der Beschwerdebegründung vom 14. Mai 2019 eingereichten Hilfsantrags 7 oder eines der mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019 eingereichten Hilfsanträge 8 oder 9 oder des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 10 aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdeführerin II und Einsprechende beantragte, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Weiterhin beantragte sie, die von der Patentinhaberin eingereichten Dokumente E32 bis E35 nicht in das Verfahren zuzulassen.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 8 des nunmehr Hauptantrags weisen den folgenden Wortlaut auf:

"1. Verfahren zum Mahlen von Wachsen zur Herstellung von Wachspulvern

- mit einer mittleren Partikelgröße d50 von kleiner 10 mym oder

- mit einer mittleren Partikelgrößen d90 von kleiner 15 mym oder

- beides

umfassend den Schritt des in Kontaktbringens eines Wachses als Mahlgut mit zumindest einem Polyol als Mahlhilfsmittel und das Mahlen in einer Strahlmühle,

a) wobei das Polyol zu 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Summe an Mahlgut und Mahlhilfsmittel, während des Mahlvorgangs zugesetzt ist,

b) wobei das Wachspulver zu größer 97,5 Gew.% ausschließlich aus Wachs(en) und Polyol(en) besteht,

c) wobei das Wachspulver 0,01 bis zu 5,0 Gew.-% zumindest des Polyols bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol umfasst, und

d) wobei das Polyol 3 bis 7 Kohlenstoffatome, gegebenenfalls 1 bis 4 Ether-Gruppen pro Molekül und zumindest 2 freie Hydroxy-Gruppen pro Molekül aufweist."

"8. Wachspulver mit

- einer mittleren Partikelgröße d50 von kleiner 10 mym oder

- einer mittleren Partikelgrößen d90 von kleiner 15 mym oder

- beides

umfassend weiterhin 0,01 bis zu 5,0 Gew.-%, insbesondere 0,1 bis zu 3,0 Gew.-% und besonders bevorzugt 0,2 bis 2,5 Gew.-%, zumindest eines Polyols, bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol, wobei das Wachspulver zu größer 97,5 Gew.% ausschließlich aus Wachs(en) und Polyol(en) besteht und wobei das Polyol 3 bis 7 Kohlenstoffatome, gegebenenfalls 1 bis 4 Ether-Gruppen pro Molekül und zumindest 2 freie Hydroxy-Gruppen pro Molekül aufweist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 bzw. 9 bis 12 gemäß Hauptantrag betreffen besondere Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens bzw. des beanspruchten Wachspulvers.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung des nunmehrigen Hauptantrags

1.1 In der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2022 wurde ein neuer Einwand unter Artikel 123(2) und (3) EPÜ gegen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 vom 30. September 2019 von der Beschwerdeführerin II und der Kammer erhoben, sodass außergewöhnliche Umstände vorlagen, die eine Änderung des Beschwerdevorbringens unter Artikel 13(2) VOBK 2020 rechtfertigten.

1.2 Die Beschwerdeführerin I reichte infolgedessen einen geänderten Hilfsantrag 1 in dessen Anspruch 1 der Wortlaut "eines Polyols" durch "des Polyols" ersetzt wurde. Da diese Änderung prima facie die von der Beschwerdeführerin II und der Kammer aufgeworfenen Fragen ausräumte und keinen Anlass zu neuen Einwänden gab, bestand für die Kammer kein Grund die Zulässigkeit des neuen Antrags unter Artikel 13(1) VOBK 2020 in Frage zu stellen.

Daher hat die Kammer den neuen Hilfsantrag 1 (nunmehr Hauptantrag) gemäß Artikel 13(1) und (2) VOBK 2020 in das Verfahren zugelassen.

2. Zulassung der neu eingereichten Dokumente

2.1 E24 (Römpp Online Chemielexikon, Version 3.12 von Dezember 2007, Stichwort "Propandiole") und der Testbericht II "Mahlversuche" vom 14. Mai 2019 (E27), zusammen mit dem Produktdatenblatt Sasolwax**(®) H1, September 2006 (E28) und die Produktbeschreibung Polyethylenglykol 35000 von Sigma-Aldrich (E29), wurden mit der Beschwerdebegründung der Einsprechende als Reaktion auf Argumente der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Nacharbeitbarkeit der beanspruchten Lehre bzw. der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes ausgehend aus dem Dokument

E2 (EP 2 006 322 A1) als nächstliegendem Stand der Technik eingereicht.

Angesichts der Voraussetzungen von Artikel 12(4) VOBK 2007 befand die Kammer die Einreichung dieser Dokumente gerechtfertigt. Die Kammer hat daher entschieden, sie in das Verfahren zuzulassen.

2.2 Die Beschwerdeführerin II hat mit ihrer Beschwerdebegründung auch die Dokumente E25 (Römpp Chemielexikon, 1995, Stichwort "Mikronisieren", Seite 2781) und E26 (WO 03/087242 A1) eingereicht.

2.2.1 E26, eine im Namen der Einsprechenden veröffentlichte Anmeldung, wurde eingereicht, um neue Einwände gegen die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes vorzubringen. E25 wurde zusätzlich zitiert um die Offenbarung der E26 weiter zu erläutern. Wie aus der vorläufigen Meinung der Kammer zu entnehmen ist, kann E26 jedoch nicht prima facie neuheitsschädlich oder relevanter für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als die bereits im Verfahren befindlichen Dokumenten angesehen werden. Außerdem ist es nicht ersichtlich, warum diese Entgegenhaltung und die dadurch erhobenen Einwände nicht bereits vor der Einspruchsabteilung vorgebracht werden konnten.

2.2.2 Da die Beschwerdeführerin II in der mündlichen Verhandlung auf ihr schriftliches Vorbringen verwies, hat die Kammer keinen Grund, von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen und entschieden, unter Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(4) VOBK 2007 die Dokumente E26 und E25 in das Verfahren nicht zuzulassen.

2.3 Alle anderen eingereichten Dokumente, einschließlich die von der Beschwerdeführerin I eingereichten E32 bis E35, sind für die Entscheidung belanglos. Daher braucht ihre Zulässigkeit nicht abgehandelt zu werden.

3. Hauptantrag - Unzulässige Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ)

3.1 Anspruch 1 gemäß diesem Antrag betrifft ein

(A) Verfahren zum Mahlen von Wachsen zur Herstellung von Wachspulvern,

(B) die eine mittlere Partikelgröße d50 von kleiner 10 mym und/oder eine mittlere Partikelgrößen d90 von kleiner 15 mym aufweisen,

(C) umfassend den Schritt des in Kontaktbringens eines Wachses als Mahlgut mit zumindest einem Polyol als Mahlhilfsmittel und das Mahlen in einer Strahlmühle,

(D) wobei das Polyol zu 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Summe an Mahlgut und Mahlhilfsmittel, während des Mahlvorgangs zugesetzt ist,

(E) wobei das Wachspulver zu größer 97,5 Gew.% ausschließlich aus Wachs(en) und Polyol(en) besteht,

(F) und 0,01 bis zu 5,0 Gew.-% zumindest des Polyols bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol umfasst, und

(G) das Polyol 3 bis 7 Kohlenstoffatome, gegebenenfalls 1 bis 4 Ether-Gruppen pro Molekül und zumindest 2 freie Hydroxy-Gruppen pro Molekül aufweist.

3.1.1 Ein Verfahren zum Mahlen von Wachsen umfassend das in Kontaktbringen eines Wachses als Mahlgut mit zumindest einem Polyol als Mahlhilfsmittel und das Mahlen in einer Strahlmühle (Merkmal C), wobei das Polyol zu 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Summe an Mahlgut und Mahlhilfsmittel, während des Mahlvorgangs zugesetzt ist (Merkmal D), ist in den Ansprüchen 1 und 7 der ursprünglichen Offenbarung (auch im Folgenden wird auf die WO 2012/069041 A1 Bezug genommen) eindeutig offenbart. Bei Berücksichtigung der gesamten Beschreibung (insbesondere Seite 1, Zeilen 5 bis 8) ist auch eindeutig, dass dieses Verfahren zur Herstellung von Wachspulvern (Merkmal A) eingesetzt wird.

Aus der ursprünglichen Offenbarung ist somit zu entnehmen, dass das im ursprünglichen Anspruch 8 dargestellte Wachspulver durch das offenbarte Verfahren erhältlich ist. Ein Wachspulver mit den erforderten Merkmalen B, E und F ist zudem von der Kombination des Anspruchs 8 mit dem abhängigen Anspruch 10 offenbart.

Obwohl die abhängigen Ansprüche 6 oder 9 der ursprünglichen Offenbarung eine breitere Klasse von Polyolen als Mahlhilfsmittel als der vorliegende Anspruch 1 offenbaren, ist aus der Beschreibung (Seite 2, Zeilen 32-35) eindeutig zu entnehmen, dass die im vorliegenden Anspruch 1 definierte Polyolklasse (Merkmal G) die bevorzugte darstellt.

3.1.2 Daher ist ein Verfahren mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 eindeutig und unmittelbar aus der gesamten Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung zu entnehmen. Somit entspricht Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.

3.2 Anspruch 8 betrifft ein Wachspulver, das die oben aufgelisteten Merkmale B (mit zusätzlich aufgelisteten bevorzugten Bereichen), E, F und G aufweist.

3.2.1 Ein Wachspulver mit diesen Merkmalen ist bereits aus der Kombination der ursprünglichen Ansprüchen 8 und 10 mit der in der Beschreibung (Seite 2, Zeilen 32-35) als bevorzugtem Mahlhilfsmittel offenbarten Polyolklasse zu entnehmen.

3.2.2 Daher ist auch der Gegenstand des Anspruchs 8 eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Offenbarung zu entnehmen. Anspruch 8 entspricht daher den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.

4. Hauptantrag - Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel 123(3) EPÜ)

4.1 Anspruch 1 wie erteilt betrifft

(A) Ein Verfahren zum Mahlen von Wachsen zur Herstellung von Wachspulvern

(B) die eine mittlere Partikelgröße d50 von kleiner 10 mym und/oder eine mittlere Partikelgrößen d90 von kleiner 15 mym aufweisen

(C) umfassend den Schritt des in Kontaktbringens eines Wachses als Mahlgut mit zumindest einem Polyol als Mahlhilfsmittel und das Mahlen in einer Strahlmühle,

(E) wobei das Wachspulver zu größer 97,5 Gew.% ausschließlich aus Wachs(en) und Polyol(en) besteht, und

(D1) wobei das Polyol zu 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol während des Mahlvorgangs zugesetzt ist.

4.2 Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (siehe oben) enthält die Merkmale A, B, C und E sowie zusätzlich die Merkmale

(D) wobei das Polyol zu 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Summe an Mahlgut und Mahlhilfsmittel, während des Mahlvorgangs zugesetzt ist,

(F) das Wachspulver 0,01 bis zu 5,0 Gew.-% zumindest des Polyols bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol umfasst, und

(G) das Polyol 3 bis 7 Kohlenstoffatome, gegebenenfalls 1 bis 4 Ether-Gruppen pro Molekül und zumindest 2 freie Hydroxy-Gruppen pro Molekül aufweist.

4.2.1 Eindeutig ist, dass das Merkmal (G) die Klasse der verwendeten Polyolen einschränkt und somit keine Erweiterung des Schutzbereiches mit sich bringen kann.

4.2.2 Merkmal F schränkt auch zwingend den Schutzbereich ein, da das Endprodukt Wachspulver dadurch enger definiert wird als im erteilten Anspruch 1, in dem es nur durch Merkmal E gekennzeichnet war.

4.2.3 Es bleibt zu entscheiden, ob der Austausch des Verfahrenschritts D1 des erteilten Anspruchs 1 durch den Schritt D des Hauptantrags eine Erweiterung des Schutzbereichs darstellt.

Gemäß Merkmal D1 des erteilten Patents ist die Menge des während des Mahlvorgangs zugesetzten Polyols (0,01 bis zu 5,0 Gew.%) auf die Summe an Wachspulver plus Polyol bezogen, eine Menge die sich eindeutig auf das Wachs, Polyol und bis weniger als 2,5 Gew.% weiterer Komponente (siehe Merkmal E) enthaltende Endprodukt, bezieht.

Da jedoch während des Verfahrens Polyol verloren gehen kann und das Endprodukt des Mahlverfahrens aus mehr als 97,5% bis 100% Wachs und Polyolen besteht, schließt das beanspruchte Verfahren unter anderem auch eine Ausführungsform ein, in der die während des Mahlvorgangs zugesetzte Menge an Polyol zwingend mindestens 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Ausgangskomponente Mahlhilfsmittel (Polyol) und Mahlgut (Wachs), beträgt, um die erforderliche Menge, bezogen auf das Endprodukt, zu erzielen.

Im Gegensatz dazu ist die gemäß Merkmal D zugesetzte Menge an Polyol auf genau 0,01 bis zu 5,0 Gew.%, bezogen auf die Ausgangsmenge von Wachs (Mahlgut) und Polyol (Mahlhilfsmittel), und somit auch der geänderte Anspruch 1 nur auf diese Ausführungsform eingeschränkt.

4.2.4 Daher ist der Schutzbereich des vorliegenden Anspruchs 1 eindeutig enger als im erteilten Anspruch 1. Somit entspricht Anspruch 1 gemäß Hauptantrag den Erfordernissen des Artikels 123(3) EPÜ.

4.3 Die Beschwerdeführerin II hat in ihrer Beschwerdebegründung einen zusätzlichen Einwand aufgrund der im Einspruchsverfahren an den Hilfsantrag 2 (Hilfsantrag 6 im Beschwerdeverfahren) eingereichten und angepassten Beschreibung vorgebracht. Da jedoch diese Beschreibung für den geänderten Hauptantrag keine Relevanz hat (siehe unten), ist dieser Einwand prima facie gegenstandlos.

5. Hauptantrag - Klarheit und Stützung durch die Beschreibung (Artikel 84 EPÜ)

5.1 Die Beschwerdeführerin II hat in ihrer Beschwerdebegründung beanstandet, dass der auf ein Wachspulver gerichtete Anspruch 1 des vor der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Hilfsantrags 2, jetzt Hilfsantrag 6, welcher Anspruch mit dem Anspruch 8 gemäß Hauptantrag identisch ist, die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle.

Insbesondere hat sie beanstandet, dass aufgrund der geänderten an den früheren Hilfsantrag 2 angepassten Beschreibung sich ein Widerspruch zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung ergebe und es sei auch nicht mehr klar, dass das Wachspulver das Produkt des beschriebenen Mahlverfahrens sei bzw. ob es sich bei dem im Wachspulver enthaltenen Polyol in jedem Fall um das Mahlhilfsmittel handelt. Zudem sei ein Wachspulver mit den Merkmalen des Anspruchs 1, umfassend 0,01 bis 5 Gew% zumindest eines Polyols, bezogen auf die Summe an Wachspulver plus Polyol, in dieser Beschreibung auf keiner Stelle offenbart.

5.2 Die besprochene Fassung der Beschreibung ist jedoch an den früheren Hilfsantrag 2, der nur Produktansprüche enthielt, angepasst, welche Fassung für den vorliegenden Hauptantrag, der sowohl Verfahrens- wie auch Produktansprüche enthält, nicht relevant ist.

Daher sind die vorgebrachten Einwände gegen den Hauptantrag gegenstandlos.

5.3 Im Bezug auf die Klarheit des Wortlauts des Anspruchs 8 ist auch zu bemerken, dass Ansprüche im Einspruchsbeschwerdeverfahren nur auf die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ geprüft werden können, sofern - und dann auch nur soweit - der vermeintliche Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ von Änderungen gegenüber der erteilten Fassung herbeigeführt wird (siehe G 3/14).

5.3.1 Im vorliegendem Fall entspricht jedoch Anspruch 8 gemäß Hauptantrag der Kombination der erteilten Ansprüche 10 und 11 mit einer einzigen Änderung, nämlich des Gehalts an Kohlenstoffatomen und Ethergruppen des verwendeten Polyols (entsprechend Seite 2, Zeilen 32-35 der Beschreibung).

Da keinen Einwand betreffend diese Änderung vorgebracht wurde, kann ein vermeintlicher Mangel unter Artikel 84 EPÜ daher nicht geprüft werden.

6. Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ)

6.1 Die Beschwerdeführerin II hat beanstandet, dass das beanspruchte Verfahren nicht mit jedem Wachs oder jedem Polyol durchführbar sei. Insbesondere hat sie darauf hingewiesen, dass Wachsen wie Lanolin oder pflanzliche Wachse in einer Strahlmühle nicht zu den erforderten Partikelgrößen gemahlen werden können und dass Propan-1,3-diol, ein Polyol gemäß der Erfindung, in Abmischung mit Luft, das üblicherweise als Mahlgas in einer Strahlmühle benutzt wird, explosiv sei (siehe E24). In dieser Hinsicht enthält die Beschreibung des Patents keine Information wie mit solchen Wachsen oder Polyol die beanspruchte Erfindung realisiert werden könnte. Zudem sei die Menge an Polyol im Endprodukt nicht bestimmbar. Daher sei die beanspruchte Erfindung im gesamten beanspruchten Bereich nicht durchführbar.

6.1.1 Die Kammer merkt an, dass die Beschreibung des Streitpatents (Absätze [0006] bis [0017]) erläutert wie das beanspruchte Verfahren durchgeführt und das beanspruchte Wachspulver hergestellt werden kann und dass sie ein Beispiel enthält, das eindeutig solch ein Herstellungsverfahren beschreibt.

6.1.2 Außerdem zeigen sogar die von der Beschwerdeführerin II eingereichten experimentellen Berichte E21 (Testbericht - Mahlversuche, 1. Oktober 2018) und E27, dass ein Wachspulver wie beansprucht durch das beanspruchte Verfahren herstellbar ist.

6.1.3 Obwohl das Mahlen einiger Wachse wie Lanolin oder pflanzliche Wachse schwieriger sein könnte, hat die Beschwerdeführerin II keinen Beweis für ihre Behauptung gebracht, dass mit solchen Wachsen das beanspruchte Verfahren durch einen Fachmann überhaupt nicht durchführbar sei.

6.1.4 Ebenfalls hat die Beschwerdeführerin II keinen Beweis für ihre Behauptung gebracht, dass die Menge an Polyolen im Endprodukt nicht bestimmbar sei oder dass mit Polyolen wie Propan-1,3-diol das Verfahren nicht durchführbar sei. Im Gegenteil offenbart das zitierte E24, dass Propan-1,3-diol in vielen technischen Gebieten und sogar als Mahlhilfsmittel problemlos eingesetzt wird.

6.1.5 Die Kammer hat daher keinen Grund, von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen, dass die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass sie ein Fachmann in dem gesamten beanspruchten Bereich durchführen kann.

6.2 Bezüglich des zusätzlichen Einwands gegen die Ausführbarkeit der Erfindung in Bezug auf die Bestimmung der im Anspruch 1 (und 8) mitbeanspruchten Partikelgröße des Wachspulvers, den die Beschwerdeführerin II erst mit dem Schriftsatz vom 05.06.2020 vorgebracht hat, wurde den weder in ihrer Beschwerdebegründung (Punkt 6) noch in ihrer Erwiderung auf die Beschwerde der Patentinhaberin (Punkt 1.c) aufrechterhalten. Die Beschwerdeführerin II hat auch nicht erklärt, warum dieser Einwand nicht früher vorgebracht werden konnte und warum die Entscheidung der Einspruchsabteilung in diesen Hinsicht falsch sei.

6.2.1 Die Kammer merkt jedoch an, dass die Methoden zum Messen eines Partikeldurchmessers dem allgemeinen Fachwissen angehörten und die fehlende Angabe der Methode nur die Grenzen des mitbeanspruchten Partikeldurchmessers undeutlich definiert. Daher betrifft der Einwand der Beschwerdeführerin II eher die Klarheit des Anspruchs, die nicht geprüft werden kann jedoch nicht die Durchführbarkeit der Erfindung.

6.2.2 Aus diesen Gründen hat die Kammer entschieden diesen Einwand in das Verfahren unter Artikel 13(1) VOBK 2020 nicht zuzulassen.

6.3 Im Bezug auf die Erfindung gemäß Anspruch 1 hat die Beschwerdeführerin II schriftlich zusätzlich beanstandet, dass die Merkmale des Anspruchs 1 nicht konsistent seien, da ein Polyolverlust während des Mahlvorgangs erfolgen kann. Daher sei ein Wachspulver mit einer Polyolmenge wie beansprucht nicht über die gesamte Breite des Anspruchs herstellbar.

6.3.1 Die Kammer merkt jedoch an, dass einerseits ein Polyolverlust während des Mahlvorgangs nicht zwingend ist und andererseits das beanspruchte Verfahren weitere Verfahrensschritte, die einen weiteren Zusatz von Polyolen einschließen könnten, nicht ausschließt. Daher sei auf jeden Fall möglich, ein Wachspulver wie beansprucht herzustellen.

Daher sei das beanspruchte Verfahren ausführbar.

6.4 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Hauptantrag den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ entspricht.

7. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

7.1 Die Beschwerdeführerin II hat die Neuheit der Ansprüche 1 und/oder 8 angesichts der Offenbarung der Dokumente E1 (US 5,221,337 A), E2 und E8 (WO 03/104330 A1) beanstandet und hat in der mündlichen Verhandlung auf ihr schriftliches Vorbringen verwiesen. Daher hat die Kammer keinen Grund von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen, dass die Entgegenhaltungen E1, E2 und E8 aus den in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründen nicht neuheitsschädlich sind.

Insbesondere offenbart E1 kein Wachspulver, das zu mehr als 97,5 Gew.% ausschließlich aus Wachs(en) und Polyol(en) besteht wie vom Anspruch 1 bzw. 8 erfordert ist. Außerdem offenbaren E2 und E8 kein Wachspulver das einen Polyol mit 3 bis 7 Kohlenstoffatomen enthält.

7.2 Daher sind alle Ansprüche gemäß Hauptantrag neu gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik.

8. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

8.1 Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zum Mahlen von Wachsen unter Verwendung von Mahlhilfsmitteln in einer Strahlmühle.

Gemäß Streitpatent (Absatz [0002]) ist beim Mahlen von Wachsen mit niedrigeren Erstarrungspunkten darauf zu achten, dass die in das Mahlgut eingebrachte Menge an Energie so gering wie möglich ist, um ein Anschmelzen und damit ein Verblocken bzw. Anhaften des Mahlgutes in der Mahlkammer oder der Produktteilchen untereinander zu vermeiden. Verträgt das zu zerkleinernde Wachs den durch den Mahlvorgang bewirkten Energieeintrag nicht, ohne zu verkleben oder gar anzuschmelzen, muss die Mahltemperatur durch von außen erfolgende Kühlung der Mühle, des Gastransportstroms und/oder des Mahlgutes, ggf. auch des Recyclestroms, abgesenkt werden, um das gewünschte Mahlergebnis zu erzielen.

Die Aufgabe des Streitpatents ist daher so formuliert (Absatz [0004] und [0006]) als die Bereitstellung eines Verfahrens, das das Mahlen von Wachsen mit niedrigeren Erstarrungstemperatur zu Wachspulvern mit mittleren Partikelgrößen d50 von kleiner 10 mym oder d90 von kleiner 15 mym, insbesondere ohne Kühlung und daher ohne die oben geschilderten Nachteile, ermöglicht.

8.2 Beide Parteien haben das Dokument E2 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gewählt. E2 (Absatz [0003]) betrifft die Bereitstellung von Wachsmischungen, die bei der Herstellung zum Mahlvorgang gegeben werden können, ohne die Wirtschaftlichkeit des Prozesses oder das Endprodukt in seinen Eigenschaften negativ zu beeinflussen und gleichzeitig die Entwicklung von Stäuben bei der Herstellung und/oder Verarbeitung minimieren. Daher betrifft E2 mindestens zum Teil eine ähnliche Aufgabe wie das Streitpatent.

8.2.1 Die Kammer stimmt daher mit der angefochtenen Entscheidung zu, dass E2 und insbesondere die Beispiele 5 und 6, die ein Mahlverfahren von Wachs in einer Strahlmühle offenbaren, wobei das dadurch hergestellte Wachspulver eine mittlere Partikelgröße d50 von 5 bis 10 mym aufweist, den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.

8.2.2 Das hergestellte Wachspulver gemäß nächstliegendem Stand der Technik enthält 1% bzw. 3% Hilfsmittel PEG und 99% bzw. 97% Wachs, und unterscheidet sich somit vom Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch dass kein Polyol mit 3 bis 7 Kohlenstoffatomen, sondern einen polymeren Polyethylenglykol (PEG 35000 S) als Hilfsmittel während des Mahlens in die Strahlmühle zugesetzt wird.

8.3 Angesichts der Lehre der E2, die eindeutig die Herstellung feiner Wachspulver ermöglicht, kann nach Ansicht der Beschwerdeführerin II die zugrundeliegende technische Aufgabe nur als die Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zum Mahlen von Wachsen zu Wachspulvern mit mittleren Partikelgrößen d50 von kleiner als 10 mym oder d90 von kleiner als 15 mym angesehen werden.

Die Kammer wird im Folgenden zugunsten der Beschwerdeführerin II diese minimale Formulierung der technischen Aufgabe berücksichtigen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die von beiden Parteien vorgelegten experimentellen Berichte die Lösung einer anspruchsvolleren technischen Aufgabe gerechtfertigen.

Solch eine minimale technische Aufgabe wird durch das Verfahren des Anspruchs 1 zweifelsfrei gelöst.

8.4 Es bleibt daher zu entscheiden ob es für den Fachmann, angesichts der Lehre des Standes der Technik und unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens, naheliegend war, den in Beispielen 5 oder 6 der E2 eingesetzten makromolekularen PEG durch einen Polyol mit 3 bis 7 Kohlenstoffatomen zu ersetzen.

8.4.1 E2 lehrt (Absatz [0005]) beim Mahlen des Wachses Polyethylenglykole oder Polyethylenglykolderivate einzusetzen, vorzugsweise (Absatz [0006]) Polyethylenglykole mit einem mittleren Molekulargewicht von 2.700, somit ein Molekulargewicht, das viel höher ist als das höchste Molekulargewicht der gemäß Streitpatent verwendeten Polyolen, die maximal 7 Kohlenstoffatomen aufweisen. Insbesondere erwähnt E2 (Seite 2, Zeilen 45-56) diese Polyole nur als Grundstoffe zur Herstellung der in E2 eingesetzten PEG und nennt (Seite 2, Zeilen 56-57) als kleinstes (und nicht bevorzugtes) Mitglied der gewünschten PEG-Klasse Tetraethylenglykol, ein Polyol mit 8 Kohlenstoffatome.

Aufgrund der Lehre der E2 hätte der Fachmann erwartet, dass solche Polyole mit weniger als 8 Kohlenstoffatomen nicht geeignet sind und mindestens potentiell die Eigenschaften des Endproduktes negativ beeinflussen könnten. Daher führt die Lehre der E2 eindeutig weg von der Verwendung von Polyolen mit maximal 7 Kohlenstoffatomen.

Der Fachmann hätte daher solche Polyole nicht als Alternative für die Beispiele 5 oder 6 in Betracht gezogen, um Wachsen zu feinen Wachspulvern mit mittleren Partikelgrößen d50 von kleiner als 10 mym oder d90 von kleiner als 15 mym herzustellen.

8.4.2 Die Beschwerdeführerin II hat auch eine Kombination von E2 mit den Dokumenten E1 oder E5 (WO 2004/060979 A1) oder mit dem allgemeinen Fachwissen vorgebracht.

8.4.3 Jedoch betrifft E1 (Ansprüche 1 bis 3; Beispiele 6 und 7) die Herstellung eines SiO2-Mattierungsmittels enthaltend nur kleinere Mengen an Wachsen und Polyolen, und E5 (Seite 8, Zeile 27 bis Seite 10, Zeile 19) betrifft ein Verfahren zum Mahlen von Poly(alpha-olefin), die als Strömungswiderstand reduzierendes Mittel in Rohrleitungen für Kohlenwasserstoffen eingesetzt wird und höchstens 80 Gew.% an Paraffinwachsen und/oder Polyolen als Mahlhilfsmittel enthalten können.

Daher hätte der Fachmann, auf der Suche nach für E2 geeigneten Alternativen, nicht in Betracht gezogen, den polymeren Polyethylenglykol der E2 durch die in E1 oder E5 zur Herstellung komplett verschiedener Produkte erwähnten Polyole einzusetzen, um Wachs zu einem Wachspulver mit einer mittleren Partikelgröße d50 von kleiner als 10 mym oder d90 von kleiner als 15 mym in einer Strahlmühle erfolgreich mahlen zu können.

8.4.4 Zudem hätte der Fachmann, auch bei Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens, dass (vgl. Dokument E11: Römpp Chemielexikon, 1995, Stichwort "Trimethylolpropan", Seite 4722) Trimethylolethan zur Herstellung von Wachsen oder Trimethylolpropan zur Herstellung von Schmiermitteln und (Dokument E24) dass Propan-1,3-Diol als Mahlhilfsmittel für die Hartzerkleinerung zum Beispiel von Zement eingesetzt werden kann, keinen Hinweis daraus ziehen können, solche niedrigmolekulare Polyolen als Alternative zum PEG in den Beispielen des Dokuments E2 einzusetzen in der Erwartung Wachs zu feinen Wachspulvers mit mittleren Partikelgrößen d50 von kleiner als 10 mym oder d90 von kleiner als 15 mym herstellen zu können.

8.4.5 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 (und somit auch der dem Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 7) gemäß Hauptantrag nicht naheliegt, und somit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

8.5 Bezüglich Produktanspruch 8 kann die technische Aufgabe so formuliert werden, wie von der Beschwerdeführerin II schriftlich vorgeschlagen (Beschwerdebegründung, Seite 25 und 26 überbrückende Absatz), d.h. als die Bereitstellung eines alternatives Wachspulvers, das geeignet ist in einer Strahlmühle hergestellt zu werden, welche Aufgabe durch das Wachspulver des Anspruchs 8 auch zweifelsfrei gelöst worden ist.

Auch in diesem Fall ist der nächstliegende Stand der Technik durch die Beispielen 5 und 6 der E2 dargestellt. Das in diesen Beispielen offenbarte Wachspulver unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 8 nur dadurch, dass es keinen Polyol mit 3 bis 7 Kohlenstoffatomen, sondern einen polymeren Polyethylenglykol (PEG 35000 S) enthält.

8.5.1 Aus den gleichen im Bezug auf Anspruch 1 vorgebrachten Gründen, hätte der Fachmann, auch bei Berücksichtigung der Dokumente E1 und E5 und des allgemeinen Fachwissens, nicht in Betracht gezogen Polyolen mit 3 bis 7 Kohlenstoffatomen statt des PEG von E2 in das Mahlverfahren des nächstliegenden Standes der Technik einzusetzen mit der Erwartung feines Wachspulver mit mittleren Partikelgrößen d50 von kleiner als 10 mym oder d90 von kleiner als 15 mym bereitstellen zu können.

8.5.2 Daher ist das Produkt gemäß Anspruch 8 eine technisch sinnvolle nicht naheliegende Alternative des nächstliegenden Standes der Technik und nicht bloß eine Bereicherung der Chemie, wie von der Beschwerdeführerin II beanstandet wurde.

8.5.3 Daher beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 8 (und somit auch der dem Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 9 bis 12) auf einer erfinderischen Tätigkeit.

8.6 Somit entspricht der Hauptantrag allen Erfordernissen des EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 12 gemäß des Hilfsantrags 1 vom 6. April 2022, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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