European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T058219.20220519 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Mai 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0582/19 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07786393.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C12M 1/107 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | BIOGASANLAGE UND VERFAHREN ZUR ERZEUGUNG VON BIOGAS AUS LIGNINHALTIGEN NACHWACHSENDEN ROHSTOFFEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Meissner, Jan A. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | VERBIO Vereinigte BioEnergie AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Fortsetzung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens nach Erlöschen des Patents in allen Vertragsstaaten - (ja) Neuheit - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 167 631 betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Biogas aus Stroh mit Vorbehandlung des Strohs, um einen mechanischen und thermischen Aufschluss desselben zu bewirken, und das Einbringen des vorbehandelten Strohs in einen Fermenter zur anaeroben bakteriellen Vergärung.
II. Gegen das Patent wurde Einspruch basierend auf den Gründen gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ erhoben. Die Einspruchsgründe nach Artikel 100 b) und c) waren unstreitig nicht substantiiert (angefochtene Entscheidung, Punkt II.10). Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang auf Basis des damaligen Hilfsantrags 3 aufrecht zu erhalten.
III. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Einsprechende ("Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde. Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.
IV. Auch der Patentinhaber wendete sich gegen diese Entscheidung mit der Beschwerde. Er beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten, hilfsweise auf Basis eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung.
V. Am 24. Januar 2022 erließ die Kammer eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 in der sie die Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des Falls mitteilte.
VI. Mit Schreiben vom 10. Mai 2022 nahm der Patentinhaber seine Beschwerde zurück. Der Patentinhaber ("Beschwerdegegner") hatte zudem mit Schreiben vom 21. April 2022 mitgeteilt, nicht an der für den 20. Mai 2022 angesetzten Beschwerdeverhandlung teilzunehmen. Das Patent sei in allen validierten Vertragsstaaten fallengelassen worden und somit erloschen.
VII. Die Beschwerdeführerin hatte mit Schreiben vom 6. Mai 2022 in Reaktion auf die Mitteilung der Kammer vom 27. April 2022 jedoch die Fortsetzung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens gemäß Regel 84 (1) und 100 (1) EPÜ beantragt.
VIII. Mit Mitteilung vom 18. Mai 2022 wurden die Beteiligten darüber informiert, dass die Ladung zur mündlichen Verhandlung aufgehoben wird und das Verfahren schriftlich fortgesetzt wird.
IX. Die folgenden bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente sind für die Entscheidung relevant.
E4: US 2002/0192774 A1
E12 Radke, D.: "Untersuchungen zur Verbesserung der
biochemischen Umsatzrate lignocellulosehaltiger
organischer Abfälle" (2000), Abfall - Recycling-
Altlasten 20, ISBN 3-932590-64-3
X. Anspruchsfassungen
Nach der Rücknahme der Beschwerde seitens des Patentinhabers sind der Hauptantrag (Patent wie erteilt) und der Hilfsantrag 1 auf Grund des Verbots der reformatio in peius nicht mehr Gegenstand des Verfahrens (vgl. Punkt 2 der Entscheidungsgründe).
a) Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, welcher dem Hilfsantrag 3 gemäß der aufrechterhalten Fassung entspricht, lautet (eine Nummerierung der Merkmale wurde in "[]" hinzugefügt):
"[1.1] Verfahren zur Erzeugung von Biogas aus Stroh, mit den folgenden Schritten:
[1.2] Vorbehandlung des Strohs, um einen mechanischen und thermischen Aufschluss desselben zu bewirken, wobei
[1.3] der mechanische Aufschluss des Strohs durch dessen Vermahlung erfolgt, vorzugsweise Vermahlung mittels einer Hammermühle, und
[1.4] der thermische Aufschluss durch eine Sattdampfbehandlung oder
[1.5] Thermodruckhydrolyse erfolgt,
[1.6] Einbringen des vorbehandelten Strohs in einen Fermenter (16) und
[1.7] Erzeugen von Bedingungen im Fermenter (16), die eine anaerobe bakterielle Vergärung erlauben."
b) Hilfsantrag 3
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 mit folgender Einfügung zwischen den Merkmalen [1.5] und [1.6]:
"..., wobei die Sattdampfbehandlung bei einer Temperatur zwischen 160°C und 240°C und einem Druck zwischen 20 und 30 bar für weniger als 20 Minuten durchgeführt wird und die Thermodruckhydrolyse bei einer Temperatur zwischen 160°C und 240°C und einem Druck zwischen 20 und 30 bar für 60 bis 120 Minuten durchgeführt wird, ..."
XI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Fortführung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens
Die Beschwerdeführerin habe ein berechtigtes Interesse an der Fortführung des Verfahrens, da dieses zu einem vollständigen Widerruf führen könne.
b) Hilfsantrag 2 - Neuheit
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu über die Offenbarung von E4. Offenbart sei ein Verfahren zur Erzeugung von Biogas, in dem mindestens ein Fermenter zur anaeroben Vergärung von Biomasse eingesetzt werde. Als Biomasse werde Stroh verwendet, welches mechanisch mittels eines Vermahlungsschrittes und anschließend thermisch mit einem "steam explosion"-Verfahren, also einer Sattdampfbehandlung, aufgeschlossen werde. Dabei lägen Temperatur und Druck der thermischen Behandlung im im Patent vorgeschlagen Bereich. Weder sei vom Anspruch verlangt, dass das Stroh in den Fermenter eingebracht werde, in dem Biogas entstehe, noch schließe das Patent aus, dass das in den Biogas erzeugenden Fermenter eingebrachte Stroh nicht schon in einer ersten biologischen Stufe vorbehandelt sei, wie dies auch in den Absätzen [0049] und [0087] des Patents ("sirupartige Suspension") offenbart sei.
c) Hilfsantrag 3 - Neuheit
Auch Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sei nicht neu über die Offenbarung von E4. Die zusätzlich aufgenommenen Parameterbereiche für Temperatur und Zeitdauer der Behandlung seien in E4 in Absatz [0029] für eine Sattdampfbehandlung offenbart. Zwar seien die entsprechenden Druckwerte nicht explizit offenbart, durch die eindeutige Festlegung mittels der Temperatur gemäß der Dampfdruckkurve ergebe sich jedoch eine implizite Offenbarung mit weitreichender Bereichsüberlappung.
XII. Das Vorbringen des Beschwerdegegners lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Hilfsantrag 2 - Neuheit
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu über die Offenbarung von E4. E4 offenbare kein Verfahren zur Biogaserzeugung, sondern eines zur fermentativen Herstellung von Bioethanol. Damit erreiche man keine direkte Fermentation von Stroh zu Biogas, wie erfindungsgemäß erforderlich. Biogas sei in E4 lediglich in der Abwasserbehandlung erzeugbar und auch nicht Hauptziel dieser Behandlung. Im eigentlichen Fermenter werde nur Ethanol hergestellt. Die einzelnen Merkmale von Anspruch 1 seinen zudem aus der Offenbarung von E4 allenfalls mosaikartig zusammengestellt, was nach ständiger Rechtsprechung nicht als Neuheitseinwand durchgreife.
b) Hilfsantrag 3 - Neuheit
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sei aus den gleichen Gründen neu über das in E4 offenbarte Verfahren wie bereits für Hilfsantrag 2 argumentiert.
Entscheidungsgründe
Verfahrensrechtliche Aspekte
1. Bezüglich des fristgerecht eingereichten Antrags auf Fortführung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens gemäß Regel 84 (1) und Regel 100 (1) EPÜ übt die Kammer ihr Ermessen so aus, dass sie diesem Antrag stattgibt. Das seitens der Beschwerdeführerin geltend gemachte berechtigte Interesse, das Patent im Rahmen dieses Verfahrens vollständig zu widerrufen, besteht für die beschwerdeführende Einsprechende hier inhärent, da das Erlöschen des Patents in den Vertragsstrafen lediglich ex nunc, der Widerruf jedoch ex tunc wirksam ist.
2. Der Beschwerdegegner hat mit Schreiben vom 10. Mai 2022 seine Beschwerde zurückgezogen und ist demzufolge lediglich Beteiligter im Sinne von Artikel 107, Satz 2, EPÜ. Im Hinblick hierauf, sowie auf den Grundsatz des Verbots der reformatio in peius (vgl. G 9/92, ABl. 1994, 875 und G 1/99, ABl. 2001, 381) ist der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf beschränkt, das Patent in der aufrechterhaltenen Fassung (im vorliegenden Fall Hilfsantrag 2) und den diesbezüglich enger gefassten nachrangigen Anspruchssätzen (Hilfsantrag 3) zu verteidigen. Der Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents auf Basis von Hilfsantrag 2 entspricht hierbei dem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde.
3. Die Kammer behandelt die Ankündigung des Beschwerdegegners, nicht an der Beschwerdeverhandlung teilnehmen zu wollen, als gleichzeitige Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage 2019, III.C.4.3.2). Daher kann eine Entscheidung zu Lasten des Beschwerdegegners im schriftlichen Verfahren ergehen, ohne dass hierdurch das rechtliche Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ verletzt ist.
Hilfsantrag 2 - Mangelnde Neuheit
4. Die Beschwerdeführerin hatte einen Einwand mangelnder Neuheit gegen das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beanspruchte Verfahren unter anderem im Hinblick auf die Offenbarung von E4 erhoben. E4 nimmt das beanspruchte Verfahren in neuheitsschädlicher Weise vorweg.
4.1 E4 offenbart ein Verfahren zur Erzeugung von Biogas im Sinne von Merkmal [1.1]. Zwar ist es richtig, dass gemäß des in E4 offenbarten Verfahren als Hauptprodukt Ethanol produziert wird, jedoch ist auch der Ertrag des Nebenproduktes Biogas ein Optimierungsziel (vgl. Tabelle 1.5 "methane production"). Die Gestaltung des Methanisierungsreaktors ("UASB"-Reaktor, dargestellt in Figur 1, vgl. Absätze [0102] bis [0108]) ist zudem ein wesentlicher Aspekt der Offenbarung von E4.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 verlangt nicht, dass Biogas das Hauptprodukt oder gar das einzige Produkt ist. Die Herstellung möglicher weiterer Produkte im Verfahren sowie der Anteil, den die Biogasproduktion in der anaeroben Umsetzung der Ausgangsstoffe ausmacht, ist somit unbeachtlich. Stroh ist zudem unstreitig einer der bevorzugten Einsatzstoffe im Verfahren von E4 (vgl. Absatz [0004] und die Ausführungsbeispiele; "wheat straw").
4.2 Das in E4 offenbarte zweistufige biologische Anaerobverfahren (vgl. auch Ansprüche 1 bis 3) besteht aus:
- einer ersten anaeroben Stufe zur Produktion von Ethanol als Hauptprodukt (vgl. Absätze [0086] bis [0092]; in dieser Fermentationsstufe herrschen Bedingungen im Fermenter zur anaeroben bakteriellen Vergärung, wie durch das Merkmal [1.7] definiert)
- einer zweiten, Biogas als Nebenprodukt erzeugenden anaeroben Stufe (Methanisierungsstufe, vgl. Absätze [0093] bis [0100]), in dem die die Ethanol-Fermentation inhibierenden Substanzen biologisch aufgeschlossen werden (vgl. Absatz [0099])
- sowie einer Rückführung der in der zweiten Stufe behandelten Flüssigfraktion ("wastewater") zurück in die erste anaerobe Stufe (vgl. Absätze [0100] und [0104]).
Beide Stufen sind Bioreaktoren, also jeweils als "Fermenter" zu betrachten. Durch die Rückführung (vgl. E4, Anspruch 3 und Absatz [0104]) ergibt sich zudem eine intern verkoppelte biologische Prozessstufe. Durch die Verkopplung mit der Rückführung ist die Methanisierungsstufe gerade nicht als nachgeschaltete Abwasserbehandlung des Fermentationsprozesses zu betrachten, anders als vom Beschwerdegegner ausgeführt. Die zweistufige Vorrichtung kann daher auch insgesamt als "Fermenter" betrachten werden, in dem ein Verfahren bzw. eine Anlage zur anaeroben Erzeugung von Ethanol und Biogas aus Stroh durchgeführt wird. Nichts anderes wird in Merkmal [1.1] definiert.
4.3 Selbst wenn man die beiden Anaerobstufen als zwei getrennte Fermenter betrachtet, sind die Merkmale [1.6] und [1.7] in E4 offenbart. Da es unstreitig ist, dass das vorbehandelte Stroh in E4 in die erste anaerobe Stufe eingebracht wird, ist das Merkmal "Einbringen des vorbehandelten Strohs in einen Fermenter" (Hervorhebung zugefügt) erfüllt. Ob die Abwässer der ersten Anaerobstufe dabei noch als "vorbehandeltes Stroh" ausgelegt werden können, kann daher dahingestellt bleiben. Der bei der Ethanolfermentierung ablaufende biologische Prozess ist zudem eine (alkoholische) "Vergärung", also eine enzymatische Umwandlung unter Abwesenheit von Sauerstoff. Der Anspruch erfordert gerade nicht, dass die Biogaserzeugung ebenfalls in diesem Fermenter erfolgt. Der Anspruchswortlaut ist für sich gesehen eindeutig und eine engere Auslegung auf Basis der Ausführungsbeispiele des Patents, wie sie der Beschwerdegegner argumentiert, ist nicht gerechtfertigt. Anspruch 1 verlangt keine "direkte Fermentation/Konversion des Strohs zu Biogas" im ersten Behälter des Anaerobverfahrens. Der Schlussfolgerung in der angefochtenen Entscheidung, der beanspruchte Fermenter müsse ein und derselbe Behälter sein, in den das Stroh eingebracht und in dem auch das Biogas erzeugt wird, ist daher nicht zuzustimmen.
4.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein biologisches Verfahren gemäß der Merkmale [1.1], [1.6] und [1.7] in E4 offenbart ist. Der Anspruch definiert kein spezifisches Anaerobverfahren, dass das Verfahren von E4 ausschließen würde. Insbesondere ist Anspruch 1 nicht auf eine "direkte Konversion des Strohs zu Biogas" beschränkt.
4.5 Die in E4 offenbarte Prozesskette umfasst zudem ein dem Anaerobverfahren vorgeschaltetes Aufschlussverfahren. Ein thermisches Aufschlussverfahren ist dabei als gleichwertige Alternative zu einem ebenfalls offenbarten chemischen Aufschlussverfahren offenbart, der Nassoxidation, beschrieben (vgl. E4, Absätze [0022] und [0196] und Tabelle 1.5). Die (teilweise) Hydrolyse erfolgt dabei mittels Sattdampfbehandlung ("WSSE" = "steam exploded wheat straw", siehe Tabelle 1.5.; zur Äquivalenz der Begriffe "steam explosion" und "Sattdampfbehandlung" siehe auch E12, Kapitel 2.2.2.3). Diese Sattdampfbehandlung wird zudem in den gemäß des Patents vorgesehenen Temperaturbereichen durchgeführt (E4, Absatz [0029]). Somit ist in E4 ein thermischer Aufschluss von Stroh im Sinne der Merkmale [1.2] und [1.4] offenbart.
Merkmal [1.5] ist in Anspruch 1 lediglich als Alternative zu Merkmal [1.4] offenbart und daher für die Neuheitsprüfung gegenüber E4 unbeachtlich.
4.6 In Absatz [0042] von E4 wird generell offenbart, dass bei der Verwendung von u. a. Stroh als Einsatzstoff vor dem Hydrolyseschritt ein mechanischer Aufschluss in der Regel wünschenswert ist, beispielsweise ein Vermahlungsschritt ("milling"/ "grinding"). Weitere Anforderungen an den Vermahlungsschritt (wie eine zu erreichende Partikelgröße) definiert Anspruch 1 nicht. Daher ist eine mechanische Vorbehandlung durch Aufschluss mittels einer Vorrichtung zum mechanischen Zerkleinern von Stroh durch Vermahlen in E4 offenbart (Merkmale [1.2] und [1.3]).
4.7 Somit sind alle nicht optionalen Merkmale des Anspruchs 1 durch die Offenbarung von E4 vorweggenommen. Eine vom Beschwerdegegner gerügte lediglich "mosaikartige Zusammenführung" der einzelnen Prozessschritte ergibt sich zudem aus E4 nicht. Das zuvor diskutierte zweistufige anaerobe Verfahren ist gemäß der Ansprüche 1 bis 5 von E4 die Hauptausführungsform. Zudem sind die Vorbehandlungsschritte jeweils als Ergänzung dieses biologischen Verfahrens offenbart und alle Prozessschritte werden anhand von Stroh als Einsatzstoff beschrieben.
Hilfsantrag 3 - Mangelnde Neuheit
5. E4 offenbart, wie zuvor ausgeführt, eine Sattdampfbehandlung. Diese erfolgt gemäß Absatz [0029] für etwa 2 bis 20 Minuten. Der im gleichen Absatz für die Sattdampfbehandlung offenbarte Temperaturbereich (170 bis 220 °C) nimmt auch den Temperaturbereich von 160 bis 240°C neuheitsschädlich vorweg. Für Sattdampf ergibt sich zudem aus der Sattdampfkurve mittels des Temperaturbereichs direkt und eindeutig auch ein Druckbereich. Sattdampfdaten für Wasser sind unstreitig tabelliert und allgemeines Fachwissen. Für 215°C ist der Sattdampfdruck beispielsweise etwa 21 bar, für 235°C liegt er bei etwa 30 bar. Somit überlappt auch der in E4 offenbarte Druckbereich in großen Bereichen mit dem gemäß Anspruch 1. Daher offenbart E4 auch alle zusätzlichen Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3, der somit ebenfalls nicht neu über die Offenbarung von E4 ist.
6. Der Gegenstand der Hilfsanträge 2 und 3 genügt zumindest nicht den Erfordernissen von Artikel 54 EPÜ. Somit können die Einwände mangelnder Ausführbarkeit seitens der Beschwerdeführerin unbeachtlich bleiben. Auch kann dahingestellt bleiben, ob der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit von der Einspruchsabteilung zu Recht in das Verfahren zugelassen worden ist oder nicht.
Da keiner der Anspruchssätze des Beschwerdegegners gewährbar ist, ist die Beschwerde begründet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.