T 0522/19 (Katalytisch beschichteter Partikelfilter/Umicore) of 3.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T052219.20190303
Datum der Entscheidung: 03 März 2019
Aktenzeichen: T 0522/19
Anmeldenummer: 05774993.9
IPC-Klasse: B01D 53/94
B01D 46/24
F01N 3/035
B01J 37/02
B01J 23/40
B01J 23/42
B01J 23/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: KATALYTISCH BESCHICHTETES PARTIKELFILTER UND VERFAHREN ZU SEINER HERSTELLUNG SOWIE SEINE VERWENDUNG
Name des Anmelders: Umicore AG & Co. KG
Name des Einsprechenden: Johnson Matthey Public Limited Company
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Änderung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das geänderte Europäische Patent EP 1 789 161 B auf der Basis des damaligen ersten Hilfsantrages aufrechtzuerhalten.

II. In der angefochtenen Entscheidung wurde die Neuheit und erfinderische Tätigkeit ausgehend von folgendem Dokument diskutiert:

D1|EP 1 398 069 A2|

III. Die Einspruchsabteilung hatte erachtet, dass der damalige (und jetzige) Hauptantrag (Patent wie erteilt) die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ nicht erfüllt, da der Gegenstand von Anspruch 1 angesichts der Ausführungsform von Figur 1 der D1 nicht neu sei.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 der erteilten Version des Streitpatents lautet wie folgt:

"1. Katalytisch beschichtetes Partikelfilter mit einer ersten und einer zweiten Stirnfläche und einer axialen Länge L, dadurch gekennzeichnet, daß das Partikelfilter beginnend von der ersten Stirnfläche auf einem Bruchteil seiner Länge L mit einem ersten und im Anschluß daran mit einem zweiten Katalysator beschichtet ist und der erste Katalysator Platin und Palladium auf ersten Trägermaterialien und der zweite Katalysator Platin und gegebenenfalls Palladium auf zweiten Trägermaterialien enthält, wobei das Gewichtsverhältnis von Palladium zu Platin im ersten Katalysator zwischen 10 : 1 und 1 : 50 liegt und das Gewichtsverhältnis von Palladium zu Platin im zweiten Katalysator kleiner ist als das entsprechende Gewichtsverhältnis im ersten Katalysator."

Die Ansprüche 2-9 beschreiben bevorzugte Ausführungsformen des Partikelfilters nach Anspruch 1, die Ansprüche 10 bis 14 beziehen sich auf Verfahren zur Herstellung des Partikelfilters und Anspruch 15 auf dessen Verwendung.

V. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden.

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Patentes wie erteilt sei neu gegenüber der Ausführungsform von Figur 1 der D1, insbesondere da in dieser Ausführungsform nicht offenbart sei, dass der Partikelfilter:

- "beginnend von der ersten Stirnfläche auf einem Bruchteil seiner Länge L mit einem ersten" und

- "im Anschluß daran mit einem zweiten Katalysator beschichtet ist".

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Patentes wie erteilt sei zudem erfinderisch. Die Aufgabe des Bereitstellens eines Partikelfilters mit hoher Frischaktivität, guter Alterungsstabilität und Schwefelresistenz sei erfolgreich gelöst. Ausgehend von der D1 würde der Fachmann nicht in naheliegender Weise zur Erfindung gelangen, da die D1 einen anderen technischen Sachverhalt betreffe, nämlich die Integration eines katalytisch aktivierten Partikelfilters und eines NOx-Adsorbers.

VI. Im Beschwerdeverfahren hat sich die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) nicht geäußert.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung.

Die Beschwerdegegnerin stellte während des Beschwerdeverfahrens keine Anträge.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 100(a) EPÜ zusammen mit Artikel 54(1) und (2) EPÜ)

1.1 In der angefochtenen Entscheidung (siehe insbesondere Abschnitt 4.3) sah die Einspruchsabteilung die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 im Hinblick auf die D1 als nicht gegeben an und interpretierte insbesondere deren Figur 1 wie folgt (Hervorhebung durch die Kammer):

"Das Partikelfilter (10) ist beginnend von einer ersten Stirnfläche (die Stirnfläche, die die Auslassenden der Filterelemente (12) umfasst) auf einem Bruchteil seiner Länge L, die einem Teil der Länge der Filterelemente entlang der Seite der Auslasskanäle (18) entspricht, nur mit dem ersten Katalysator (NOx-Adsorberzusammensetzung (24)) beschichtet. Im Anschluss daran ist das Partikelfilter (10) mit einem zweiten Katalysator beschichtet. Der zweite Katalysator ist an einer beträchtlichen Länge des Partikelfilters angeordnet oder darin imprägniert und besteht aus der Kombination des ersten Katalysators (24), der entlang den Auslasskanäle (18) angeordnet ist, und der Rußoxidationskatalysatorzusammensetzung (22), die entlang den Einlasskanäle (16) auf der Gegenseite der jeweiligen Filterelemente angeordnet ist."

Die Kammer stimmt dieser Interpretation aus den folgenden Gründen nicht zu:

Anspruch 1 des Streitpatents definiert im ersten Teil des Anspruchs die Stirnflächen und die axiale Länge L des Filters. Anschließend soll der Filter "beginnend von der ersten Stirnfläche auf einem Bruchteil seiner Länge L mit einem ersten Katalysator und im Anschluss daran", also in Richtung der zweiten Stirnfläche, "mit einem zweiten Katalysator beschichtet" sein.

Angewandt auf den Filter in Figur 1 der D1 bedeutet dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wegen des höheren Palladiumgehalts (Paragraph [0030]) die ausgangsseitige NOx-Adsorberzusammensetzung (24) dem "ersten Katalysator" und wegen des fehlenden Palladiums (Paragraph [0039]) die eingangsseitige Rußoxidationskatalysatorzusammensetzung (22) dem "zweiten Katalysator" aus Anspruch 1 gleichgesetzt wird, folgendes:

Die erste Stirnseite entspricht dem Ende des Filters an den Ausgangsöffnungen der Ausgangskanäle 18 (d.h. der rechten Seite des Filters in Figur 1) und die zweite Stirnseite dem Ende des Filters an den Eingangsöffnungen der Eingangskanäle 16 (d.h. der linken Seite des Filters in Figur 1). Demzufolge entspricht die axiale Länge L dem Abstand zwischen den beiden Stirnflächen.

Im Partikelfilter (10) in Figur 1 der D1 ist der Filter jedoch nicht auf einem Bruchteil der axialen Länge L mit dem ersten Katalysator (also mit der NOx Adsorberzusammensetzung (24)), und im Anschluss daran mit dem zweiten Katalysator (also mit der Rußoxidationskatalysatorzusammensetzung (22)) beschichtet, sondern jeweils über seine gesamte axiale Länge L mit den beiden Katalysatoren. Der erste und der zweite Katalysator sind also nicht "axial benachbart (oder teilweise überlappend)", wie es auch die Beschwerdegegnerin anspruchsgemäß für notwendig erachtet (siehe die Einspruchsschrift, Seite 6, achter vollständiger Abschnitt).

Auch in den im Einspruchsverfahren genannten Paragraphen [0007, 0013, 0016] der D1 wird nicht offenbart, dass der erste Katalysator auf einem Bruchteil seiner Länge L mit dem ersten und im Anschluss daran mit dem zweiten Katalysator beschichtet ist.

Daher ist der Gegenstand von Produktanspruch 1 der erteilten Fassung des Streitpatents neu angesichts der Ausführungsform der Figur 1 der D1.

1.2 Aus den genannten Gründen und aufgrund des direkten oder indirekten Rückbezuges auf Anspruch 1 ist auch der Gegenstand der unabhängigen Verfahrens- und Verwendungsansprüche 10 und 15 sowie der Gegenstand der abhängigen Ansprüche neu angesichts der D1.

2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 100(a) EPÜ zusammen mit Artikel 56 EPÜ)

Im Einspruchsverfahren erhob die jetzige Beschwerdegegnerin einen Einwand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 und der anderen Ansprüche ausgehend von der D1 als nächstliegendem Stand der Technik. Die Thematik wurde auch in der angefochtenen Entscheidung und der Beschwerdebegründung abgehandelt.

2.1 Die Erfindung betrifft einen katalytisch beschichteten Partikelfilter, ein Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung.

2.2 In der angefochtenen Entscheidung, als auch in der Einspruchsbegründung wurde jeweils nur D1 als nächstliegender Stand der Technik herangezogen. D1 betrifft dasselbe technische Gebiet wie die vorliegende Erfindung, versucht ebenfalls, Partikelfilter zu verbessern, und weist viele übereinstimmende Merkmale auf. Die Kammer sieht daher keinen Grund für die Wahl eines anderen nächstliegenden Standes der Technik.

Die Ausführungsform der Figur 1 der D1 betrifft einen katalytisch beschichteten Partikelfilter (10) integriert mit einem NOx-Adsorptionskatalysator. Dabei enthält der erste Katalysator, definiert als die NOx-Adsorptionszusammensetzung 24, bevorzugt Platin und Palladium (Paragraph [0030]) und der zweite Katalysator, interpretiert als der Rußoxidationskatalysator 22, bevorzugt Platin, d.h. kein Palladium (Paragraph [0039]). Daher ist das Verhältnis von Pd zu Pt des zweiten Katalysators kleiner als das des ersten Katalysators.

Allerdings ist das Filtersubstrat der Ausführungsform der Figur 1 der D1, wie zuvor erwähnt, jeweils über die gesamte Länge mit dem ersten und zweiten Katalysator beschichtet, während Anspruch 1 des Streitpatentes eine Beschichtung nur über einen Bruchteil der Länge mit dem ersten und im Anschluss daran mit dem zweiten Katalysator erfordert.

Auch in den von der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren angeführten Paragraphen [0007, 0013, 0016] der D1 werden die geforderten Teilbeschichtungen nicht offenbart.

2.3 Laut Streitpatent ist die zu lösende Aufgabe das Bereitstellen eines katalytisch aktiven Dieselpartikelfilters mit hoher Frischaktivität, guter Alterungsstabilität und Schwefelresistenz bezüglich der Umsetzung von Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen (Paragraph [0006]).

2.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Partikelfilter nach Anspruch 1 vorgeschlagen, in dem der Filter über einen Bruchteil der Länge mit dem ersten und im Anschluss daran mit dem zweiten Katalysator beschichtet ist, wobei das Gewichtsverhältnis von Palladium zu Platin bestimmte Erfordernisse erfüllen muss.

2.5 Im Beschwerdeverfahren hat sich die Beschwerdegegnerin nicht geäußert. Im Einspruchsverfahren hatte sie zwar bestritten, dass diese Aufgabe erfolgreich gelöst wird (Schreiben vom 9. Mai 2018, Seite 2, erster Absatz), dies aber nicht belegt.

Somit wurden die im Streitpatent (Abschnitte [0010-0012]) gegebenen Argumente bezüglich:

- einer durch die Zugabe von Pd erhöhten Alterungsstabilität von Pt und einer trotzdem hohen Schwefelresistenz im ersten, motornahen Teil des Filters

- einer durch den geringeren Pd-Anteil hohen Aktivität des motorferneren Teils des Filters

nicht entkräftet und werden weiterhin als plausibel angesehen.

Daher wird auch die gestellte Aufgabe als erfolgreich gelöst angesehen.

2.6 In der D1 gibt es keinen Hinweis, die gestellte Aufgabe in der beanspruchten Weise zu lösen, d.h., den Filter nur auf einem Bruchteil seiner Länge mit dem ersten und im Anschluss daran mit dem zweiten Katalysator zu beschichten.

Zudem gibt es keinen Anlass, die Offenbarung der D1 zu modifizieren und mit einem der in der angefochtenen Entscheidung zitierten, weiteren Entgegenhaltungen zu kombinieren, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.

Daher ist der Gegenstand von Produktanspruch 1 erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

2.7 Die unabhängigen Verfahrens- bzw. Verwendungsansprüche sowie die abhängigen Ansprüche beinhalten einen direkten oder indirekten Rückverweis auf Produktanspruch 1. Daher erfüllen auch sie das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.

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