T 0039/19 (Zerkleinerung/BÜHLER) of 22.6.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T003919.20210622
Datum der Entscheidung: 22 Juni 2021
Aktenzeichen: T 0039/19
Anmeldenummer: 09784018.5
IPC-Klasse: B01F 7/04
B01F 15/00
B01F 15/06
B01F 3/20
B01F 3/22
A23G 1/00
A23G 1/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN UND -VERWENDUNG ZUR ZERKLEINERUNG
Name des Anmelders: Bühler AG
Name des Einsprechenden: Gebr. Lödige Maschinenbau-Gesellschaft mit beschänkter Haftung
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0743/89
T 0862/11
T 0146/13
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent EP 2 488 290 B zurückzuweisen.

II. Unter anderem die folgenden Dokumente waren Gegenstand des Einspruchsverfahrens:

D1 |"Your partner for cross branch food processing, Mixing systems for the Food Industry", Gebr. Lödige Maschinenbau GmbH, Broschüre, 04/2006|

D1e1|Eidesstattliche Erklärung von Hr. Köhler vom 28. Dezember 2016 |

D1e2|Eidesstattliche Erklärung von Hr. Lemperle vom 28. Dezember 2016 |

D1f |Eidesstattliche Erklärung von Hr. Lemperle vom 3. Januar 2017 |

D2 |"Hochleistungs-Ringschichtmischer CoriMix® CM", Gebr. Lödige Maschinenbau GmbH, Broschüre 04/2006 |

D3 |"Lecithinierung von Kakaopulver", Unterlagen zum Angebot 00/8980, Gebr. Lödige Maschinenbau GmbH, 10. April 2000 |

D3e1|Eidesstattliche Erklärung von Hr. Lemperle vom 3. Januar 2017 |

D3e2|Eidesstattliche Erklärung von Hr. Köhler vom 29. Dezember 2016 |

D4 |Auftragsbestätigung zur Auftragsnummer 14710, Gebr. Lödige Maschinenbau GmbH, 21. Juli 2004 |

D5 |DE 100 24 122 A1 |

D6 |GB 235,642 A |

D7 |DE 43 44 995 A1 |

D8 |DE 699 17 498 T2 |

D9 |GB 677,507 A |

D10 |WO 00/72695 A1 |

III. Mit ihrer Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) einen Hilfsantrag ein.

IV. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrages lautet wie folgt (Hervorhebung der Änderungen im Vergleich zu den Ansprüchen 1 und 10 des Hauptantrages durch die Kammer):

"1. Verfahren zur Bearbeitung einer Fettmasse (m), nämlich einer Kakao- oder Schokoladenmasse, wobei die Komponenten (k) der Fettmasse (m) in einem offenen Zentrifugalmischer (1; 21; 31; 41), der einen freien Austrag erlaubt, sodass es zu keinem Rückstau der Fettmasse kommt, zerkleinert oder zerkleinert und vermischt werden, wobei der Durchmesser von in der Fettmasse suspendierten Partikeln reduziert wird und wobei die Fettmasse in einer im Wesentlichen horizontal angeordneten Trommel geführt wird, in der sich eine rotierende Welle befindet, die mindestens teilweise mit Stiften versehen ist, die derart angeordnet sind, dass die Drehgeschwindigkeit der Stifte von der Welle her zu den Spitzen hin zunimmt, wobei das Ende der Trommel offen, [deleted: und] nicht oder nur geringfügig verjüngt ist und die Öffnung in Richtung der Wellenachse weist, und wobei die Geschwindigkeit, welche die auf der Welle des Zentrifugalmischers angeordneten Stifte (7; 37) an ihrer Spitze aufweisen, zwischen 5 bis 600 km/h beträgt und die gesamte im Zentrifugalmischer (1; 21; 31; 41) vorhandene Masse (m) mit im Wesentlichen dieser Geschwindigkeit bearbeitet wird."

"10. Verwendung mindestens eines offenen Zentrifugalmischers (1; 21; 31; 41) mit einer im Wesentlichen horizontal angeordneten Trommel, in der sich eine rotierende Welle befindet, die mindestens teilweise mit Stiften versehen ist, die derart angeordnet sind, dass die Drehgeschwindigkeit der Stifte von der Welle her zu den Spitzen hin zunimmt, der einen freien Austrag erlaubt, sodass es zu keinem Rückstau der Fettmasse kommt, wobei das Ende der Trommel offen, [deleted: und] nicht oder nur geringfügig verjüngt ist und die Öffnung in Richtung der Wellenachse weist, zur Bearbeitung einer Fettmasse (m), nämlich einer Kakao- oder Schokoladenmasse, insbesondere mit stückigen Bestandteilen, wobei die Komponenten (k) der Fettmasse zerkleinert oder vermischt und zerkleinert werden und wobei der Durchmesser von in der Fettmasse suspendierten Partikeln reduziert wird und wobei die Geschwindigkeit, welche die auf der Welle des Zentrifugalmischers angeordneten Stifte (7; 37) an ihrer Spitze aufweisen, zwischen 5 bis 600 km/h beträgt und die gesamte im Zentrifugalmischer (1; 21; 31; 41) vorhandene Masse (m) mit im Wesentlichen dieser Geschwindigkeit bearbeitet wird."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 und 11 bis 17 betreffen bevorzugte Ausführungsformen.

V. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien unter anderem mit, dass die Beschriftung auf den letzten Seiten von D1 und D2 das jeweilige Publikationsdatum darzustellen schien.

Der Hauptantrag würde möglicherweise die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ angesichts einer Kombination der Dokumente D2 mit D6 nicht erfüllen.

Andererseits schien der Hilfsantrag den Erfordernissen des EPÜ zu genügen.

VI. Unter der Bedingung, dass die Kammer bei dieser Meinung bliebe, zogen daraufhin beide Parteien ihre Anträge auf mündliche Verhandlung zurück. Weitere Argumente wurden nicht vorgebracht.

VII. Daraufhin hob die Kammer die angesetzte mündliche Verhandlung auf.

VIII. Die für diese Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Der Hauptantrag erfülle nicht die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ:

Die Streichung einer Alternative im Abschnitt [0064] des Streitpatents würde zu einer Verbreiterung des beanspruchten Gegenstandes im Vergleich zur Anmeldung wie ursprünglich eingereicht führen.

Es gehe auch über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, dass nach Anspruch 1 des Hauptantrages der Durchmesser von in der Fettmasse suspendierten Partikeln reduziert wird, während nach der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nur der Durchmesser der suspendierten Partikel der Komponenten reduziert wird. Daher seien nun auch Fremdstoffe umfasst, wie etwa durch Metallabrieb verursachte Partikel.

Der Hauptantrag erfülle auch nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.

Anspruch 1 umfasse auch solche Verfahren, die im Gegensatz zu Abschnitt [0009] des Streitpatents eine Neujustierung eines Walzwerks sehr wohl erfordern würden.

Der Fachmann wisse auch nicht, wie die Komponenten der Masse zerkleinert werden, ohne dabei vermischt zu werden, wie es eine Alternative von Anspruch 1 des Hauptantrages erfordern würde.

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 sei des weiteren nicht erfinderisch gegenüber einer Kombination von D2 und D6. In diesem Zusammenhang sei die in D1 und D2 angegebene Zeichenfolge "04.2006" das Datum der Veröffentlichung. Das Vorhandensein einer Stirnwand in einem Mischer stünde der Vermeidung eines Rückstaus nicht entgegen.

Zum Hilfsantrag hat sich die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

IX. Die für diese Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag erfüllten die Erfordernisse des EPÜ.

Das Streichen der Alternative eines radialen Austrags aus der Trommel stelle keine Erweiterung des beanspruchten Gegenstands im Hinblick auf das offene Ende der Trommel dar.

Als "Komponenten" würden alle Stoffe, Substanzen oder Ingredienzien in Frage kommen.

Die Beschwerdeführerin hätte keine Belege für die behauptete fehlende Ausführbarkeit geliefert.

Aus D1 und D2 lasse sich kein Publikationsdatum ablesen.

D2 würde die folgenden Anspruchsmerkmale nicht offenbaren:

- Bearbeitung einer Kakao- oder Schokoladenmasse

- Zerkleinerung der Komponenten

- einen rückstaufreien Transport

X. Die Beschwerdeführerin beantragt, dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Streitpatent widerrufen wird.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Basis des mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsantrages.

Entscheidungsgründe

1. Status der Dokumente D1 und D2

1.1 Es ist kein überzeugender Beleg dafür geliefert worden, dass die Bezeichnung "04.2006" auf der letzten Seite von D1 (siehe den vertikalen Schriftzug unten rechts) nicht dem Druckdatum entspricht.

Im Gegenteil, die eidesstattlichen Erklärungen D1e1, D1e2, D1f, D3e1 und D3e2 bestätigen, dass dies der Fall ist.

Da dieses Druckdatum deutlich vor dem Anmeldetag des Streitpatentes (15. Oktober 2009) liegt, gehört D1 nach ständiger Rechtsprechung zum Stand der Technik nach Artikel 54(2) EPÜ (siehe beispielsweise T 743/89 und T 146/13).

1.2 Die gleichen Überlegungen gelten auch für D2.

1.3 Dies ist den Parteien bereits in einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 mitgeteilt worden (siehe Punkt 10.1.1 der Mitteilung vom 23. März 2021), wobei ebenfalls darauf hingewiesen wurde, dass in diesem Zusammenhang ein Angebot der Beschwerdeführerin vorlag, Zeugen zu vernehmen, sowie ein Antrag der Beschwerdegegnerin, dies unter Umständen auch zu tun.

Daher machte die Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 bereits deutlich, dass diese Zeugeneinvernahmen nach der damaligen Meinung der Kammer nicht nötig seien.

In Antwort auf diese Mitteilung haben beide Parteien ihre Anträge auf mündliche Verhandlung zurückgezogen, insofern die Kammer bei ihrer vorläufigen Meinung bleiben sollte. Insbesondere ist keine der Parteien erneut auf die Frage der Einvernahme der Zeugen eingegangen.

Da die Kammer in der Tat ihre damalige Meinung nicht geändert hat, erübrigt sich unter diesen Umständen eine Beweiserhebung in Form einer Zeugeneinvernahme.

Hauptantrag

Beim Hauptantrag handelt es sich um das Patent in der erteilten Fassung.

2. Offenbarung der Dokumente D1 und D2

D1 und D2 betreffen beide Mischer des CoriMix® CM Typs der Firma Gebrüder Lödige. Somit sind beide Dokumente, zumindest im Hinblick auf den genannten Mischertyp, als einander komplementierende Entgegenhaltungen des selben beschriebenen Gegenstands anzusehen.

Die in D1 beschriebenen Mischer sind, gemäß Seite 3 für "Schokoladenbestandteile" ("chocolate ingredients"), also für eine "Kakao- oder Schokoladenmasse" im Sinne von Anspruch 1, geeignet.

In einem anderen Abschnitt dieses Dokuments (Seite 9) wird zudem der Mixertyp CoriMix® CM (insbesondere der Mixertyp CoriMix® CM 50) mit einer offenen horizontalen Trommel offenbart.

In der Vorrichtung von D1 kommt es zu keinem Rückstau, da das Produkt die Trommel in Form einer ringförmigen Kolbenströmung durchströmt ("annular layer of product", "plug-like flow") (Seite 9). Der Begriff Kolbenströmung schließt definitionsgemäß einen Rückstau aus. Die Abwesenheit eines Rückstaus ist auch kohärent mit der hohen Drehgeschwindigkeit (Seite 9: "40 m/s"), in deren Folge das Produkt radial aus der Trommel gedrängt wird, bevor sich ein Rückstau bilden kann. Die Beschwerdeführerin hat zudem keinen Beleg für das Vorliegen eines Rückstaus geliefert.

Unter diesen Umständen ist die Abwesenheit einer ausgangsseitigen Stirnwand für die Vermeidung eines Rückstaus im Gegensatz zur Auffassung der Einspruchsabteilung nicht unabdingbar.

Die Ansprüche 1 und 10 des Streitpatents geben keine Mindestgröße der stückigen Bestandteilen an, die zerkleinert werden. Des weiteren enthalten die Schokoladenbestandteile aus D1 zwingend Kakaobestandteile (d.h. Kakaopulver und/oder Kakaobutter) und damit zwangsweise auch noch feste Partikel der Kakaobohne, zumindest in einem gewissen Maße.

Somit sind auch "stückige Bestandteile" im Sinne von Anspruch 10 des Streitpatents vorhanden. Bei der hohen Drehgeschwindigkeit von D1 findet schließlich zwangsläufig auch eine gewisse Zerkleinerung dieser festen Partikel statt.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1 Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Verwendung zur Bearbeitung einer Kakao- oder Schokoladenmasse.

3.2 Wie unter Punkt 1. dargelegt, gehören D1 und D2 zum Stand der Technik nach Artikel 54(2) EPÜ.

D2 beschreibt das CoriMix**(®) CM Mischsystem u.a. für die Verwendung zur Verarbeitung von Nahrungs- und Genussmitteln (Seite 2).

Wie zuvor am Beispiel von D1 dargelegt (siehe Punkt 2.), offenbaren Mischer des CoriMix® CM Typs zahlreiche strukturelle und funktionelle Merkmale der Ansprüche 1 und 10 des Streitpatents. Die prinzipielle Gleichartigkeit des Aufbaus der Mischer D1 und D2 ist nicht bestritten worden.

Somit ist D2 ein geeigneter Startpunkt zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit.

3.3 Laut Streitpatent ist die zu lösende Aufgabe das Bereitstellen eines kontinuierlichen Verfahrens, welches ein Nachjustieren von vorhandenen Walzwerken überflüssig macht (Abschnitte [0008] bis [0010]), sowie eine entsprechende Verwendung eines Zentrifugalmischers.

3.4 Es wird vorgeschlagen, diese Aufgabe durch das Verfahren nach Anspruch 1 und die Verwendung nach Anspruch 10 zu lösen, welche charakterisiert sind durch die Bearbeitung einer Kakao- oder Schokoladenmasse.

3.5 Es ist nicht belegt worden, dass ein Nachjustieren eines Walzwerks nicht nötig ist.

Da D2 zudem ebenfalls ein kontinuierliches Verfahren offenbart, ist die zu lösende Aufgabe lediglich das Bereitstellen eines alternativen Verfahren bzw. einer alternativen Verwendung.

3.6 Da jedoch die Bearbeitung von Nahrungs- und Genussmitteln in D2 offenbart ist (Seite 2) und die Bearbeitung einer Kakao- und Schokoladenmasse in einem Mischer ebenfalls bekannt ist (siehe beispielsweise auch D6), ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 des Hauptantrages nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Hilfsantrag

Der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichte Hilfsantrag entspricht dem mit Schreiben vom 24. Juli 2018 im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsantrag.

Zum Hilfsantrag hat sich die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Aus den folgenden Gründen ist dieser Antrag gewährbar:

4. Änderungen

Aus den folgenden Gründen erfüllt der Hilfsantrag die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ:

4.1 In Abschnitt [0064] der Beschreibung des Streitpatents wurde im Vergleich zur ursprünglichen Fassung in Paragraph 1 auf Seite 14 der Satz:

"Die Öffnung kann, wie bei einer Trommel mit offenem Ende in Richtung der Wellenachse weisen. Der Austrag kann auch radial, also senkrecht

zur Wellenachse erfolgen."

durch

"Die Öffnung weist in Richtung der Wellenachse."

ersetzt.

In Bezug auf den Hauptantrag geht nach Meinung der Einsprechenden aus diesem Grund das Merkmal "Ende der Trommel offen" in Anspruch 1 des Hauptantrages über die ursprüngliche Offenbarung auf Seite 14 hinaus, da eine Trommel mit offenem Ende nun auch einen Austrag senkrecht zur Wellenachse aufweisen könnte.

Selbst unter der Annahme, dass dieser Einwand auch den Hilfsantrag betrifft, trifft er nicht zu. Das Streichen der Alternative "radialer Austrag" in Paragraph [0064] der Beschreibung führt zu keiner Erweiterung von Anspruch 1, denn eine offene Tommel, die nicht oder nur geringfügig verjüngt ist, in Verbindung mit einem nicht weiter spezifizierten freien Austrag wird auch auf Seite 4 der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht offenbart (siehe die ersten beiden vollständigen Absätze).

4.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin gehe es außerdem über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, dass nach Anspruch 1 des Hauptantrages der Durchmesser von jeglichen in der Fettmasse suspendierten Partikeln reduziert wird, während nach Seite 6 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht (vierter vollständiger Absatz) nur der Durchmesser der suspendierten Partikel der Komponenten reduziert wird. Daher seien nun auch Fremdstoffe umfasst, wie etwa durch Metallabrieb verursachte Partikel.

Selbst wenn angenommen würde, dass dieser Einwand auch den Hilfsantrag betrifft, so überzeugt er nicht, da die "Komponenten" nach Seite 5, erster vollständiger Absatz, "grundsätzlich alle Stoffe, Substanzen oder Ingredienzien" umfasst. Die "Komponenten" umfassen somit auch Fremdstoffe, wie etwa durch Metallabrieb verursachte Partikel.

4.3 Schließlich beruht das neu in die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrages aufgenommene Merkmal

"[wobei das Ende der Trommel offen ...ist] und die Öffnung in Richtung der Wellenachse weist"

auf Seite 14, erster Absatz, der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht.

5. Ausführbarkeit

Aus den folgenden Gründen erfüllt der Hilfsantrag die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ:

5.1 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin erfüllt der Hauptantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ, da Anspruch 1 auch solche Verfahren umfasse, die eine Neujustierung eines Walzwerks sehr wohl erfordern würden. Dies stehe aber im Gegensatz zur Zielsetzung im Abschnitt [0009] des Streitpatents.

Selbst unter der Annahme, dass dieser Einwand auch den Hilfsantrag betrifft, kann dieser nicht überzeugen. Das nicht-Justieren-müssen des Walzwerks ist kein Merkmal der Ansprüche. Dieser Einwand betrifft daher nicht die Ausführbarkeit, sondern, wenn überhaupt, die Frage der erfinderischen Tätigkeit (T 862/11, Leitsatz Punkt (ii)).

5.2 Die Beschwerdeführerin vertritt außerdem die Ansicht, dass der Fachmann nicht weiß, wie die Komponenten der Masse zerkleinert werden, ohne dabei vermischt zu werden, wie es eine Alternative von Anspruch 1 des Hauptantrages erfordern würde.

Selbst unter der Annahme, dass dieser Einwand auch den Hilfsantrag betrifft, ist er nicht überzeugend. Die Zerkleinerung einer "Kakao- oder Schokoladenmasse" ohne zumindest eine gewisse Vermischung ist zwar in der Tat schwierig, aber Anspruch 1 umfasst ebenfalls die Möglichkeit einer Zerkleinerung zusammen mit einer Vermischung. Es handelt sich daher bei dem Einwand höchstens um eine Frage der Klarheit, nicht um die Ausführbarkeit.

Die Klarheit steht im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Disposition, da es sich um ein Merkmal der erteilten Fassung handelt.

6. Erfinderische Tätigkeit

Die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ sind aus den folgenden Gründen ebenfalls erfüllt.

6.1 Aus den gleichen Gründen wie für den Hauptantrag ist D2 ein geeigneter Startpunkt für die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Hilfsantrags.

6.2 Auch mit dem neuen Merkmal ist kein überraschender Effekt verbunden, und die Aufgabe ist somit auch hier lediglich das Bereitstellen eines alternativen Verfahrens/einer alternativen Verwendung.

6.3 Allerdings wird in keinem der vorliegenden Dokumente des Standes der Technik - insbesondere nicht in D1, D2, D3, D4 oder D5, oder den Kombinationsdokumenten D6, D7, D8, D9 und D10 - ein Zentrifugalmischer mit einer am Ende in Richtung der Wellenachse offenen Trommel offenbart.

Daher kann der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 des Hilfsantrages gelangen.

6.4 Somit sind die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ erfüllt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang in der Fassung des mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsantrages und einer eventuell noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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