European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T281118.20190603 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 Juni 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2811/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11713984.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 19/00 B65D 71/70 B65D 21/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | FORMTEIL ZUR AUFNAHME UND FIXIERUNG VON IM UMRISS RECHTECKIGEN LAGERBEHÄLTERN | ||||||||
Name des Anmelders: | Georg Utz Holding AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ansprüche - Klarheit (ja) - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 11 713 984.0 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, weil dieser durch die Lehre des Dokuments D2 (US 2006/0144743 A1) in Kombination mit der Lehre des Dokuments D1 (DE 38 04 275 A1) nahegelegt ist.
III. Mit der Beschwerdebegründung begehrte die Beschwerdeführerin zunächst die Erteilung des Patents auf der Basis eines mit diesem Schriftsatz eingereichten Anspruchssatzes.
Mit Bescheid nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer der Anmelderin ihre vorläufige negative Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit zu beruhen schien. Ferner wies die Kammer vorsorglich darauf hin, dass im Fall der Einreichung und Zulassung eines geänderten Anspruchssatzes die Frage zu erörtern und zu entscheiden wäre, ob dieser die Erfordernisse des EPÜ, insbesondere hinsichtlich Klarheit, unzulässige Erweiterung, Neuheit und erfinderische Tätigkeit, erfüllte.
In Reaktion darauf reichte die Anmelderin erstmals drei Hilfsanträge ein.
IV. Während der mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2019, reichte die Anmelderin einen neuen Hauptantrag ein und beantragte unter Rücknahme aller Anträge im Übrigen
die angefochtene Entscheidung aufzuheben
und
ein Patent auf der Basis des während der mündlichen Verhandlung eingereichten neuen Hauptantrages gemäß Anlage E und einer anzupassenden Beschreibung zu erteilen.
Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Die Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.
V. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruch 1 sind bei Hinzufügungen in Fettschrift hervorgehoben bzw. bei Streichungen durchgestrichen dargestellt; Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 sind kursiv gedruckt):
"Kombination bestehend aus [deleted: mindestens zwei] einer Mehrzahl von im Umriss rechteckigen nach oben offenen Lagerbehältern (2) und einem rechteckigen Formteil (1) zur Aufnahme und Fixierung der Lagerbehälter (2), wobei die Aufnahmefläche des Formteils (1) ein [deleted: geradliniges] geradzahliges Vielfaches der Behälterfläche ist und jeweils zwei Lagerbehälter (2) derart benachbart zueinander angeordnet sind, dass ihre aufeinander zuweisenden Seitenwände symmetrisch zur kürzeren Mittellängsachse des Formteils (1) liegen, wobei an der der Aufnahmefläche abgewandten Unterseite des Formteils (1) im Verlauf der Mittellängsachse ein Steg (6) angeformt ist, in dessen Oberfläche eine die aufeinander zuweisenden Seitenwände von jeweils zwei benachbarten, unterhalb des Formteils (1) angeordneten Lagerbehältern (2) zusammenführende und umschließende Nut (7) vorgesehen ist, deren Seitenränder in den jeweiligen Lagerbehälter (2) hineinreichen, [deleted: während der Boden der Nut (7) auf den Seitenrandkanten aufliegt,] wobei der die Nut (7) bildende Kanal an seinen Enden (8) trichterartig verbreitert ist, derart, dass die Seitenwände der trichterartigen Verbreiterung (8) bei zunächst schrägem Aufsetzen des Formteils (1) parallel zu den kürzeren Seitenwänden der Behälter die Führung für die in die Nut eintauchenden, einander benachbarten Seitenwände der Lagerbehälter (2) bilden, und wobei das Formteil (1)
- palettenförmig ausgebildet ist oder
- deckelartig ausgebildet ist und einen umlaufenden Rand (10) aufweist, der die Behälterränder von oben umgibt."
VI. Die Anmelderin argumentiert, dass der Anspruchssatz die Erfordernisse von Artikel 123 (2), 84 und 56 EPÜ erfüllt. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Anmelderin wird in den Entscheidungsgründen diskutiert.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
1.1 Die Anmelderin bringt vor, dass gemäß dem Vorschlag der Prüfungsabteilung unter Punkt I.5.1 der angefochtenen Entscheidung das schräge Aufsetzten des Formteils konkretisiert wurde durch die Aufnahme des Merkmals "parallel zu den kürzeren Seitenwänden der Behälter" in den Anspruch 1, wodurch der Einwand der Prüfungsabteilung im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ ausgeräumt sei. Die weiteren Änderungen im Anspruch 1 gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung des Anspruchs 1 seien geeignet, die Einwände der Kammer im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ zu beheben, die diese im Rahmen der Überprüfung der geänderten Ansprüche des Hauptantrags nach Artikel 114 (1) EPÜ während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhoben hat.
1.2 Unabhängiger Anspruch 1
Anspruch 1 basiert auf der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2 und 5 sowie der Offenbarung auf Seite 3, dritter und vierter Absatz, Seite 6, Zeilen 5 bis 27, Seite 7, erster, zweiter und sechster Absatz, Seite 8, erster, fünfter und sechster Absatz, sowie in den Figuren 1 bis 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen.
Das Ersetzen des Merkmals "mindestens zwei" im Anspruch 1 durch "einer Mehrzahl von" im Umriss rechteckigen Lagerbehältern ist auf Seite 1, erster Absatz, sowie im Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1, entsprechend der ursprünglichen Offenbarung der Anmeldungsunterlagen, auf den Einsatz von im Umriss rechteckigen Lagerbehältern beschränkt.
Dass die Aufnahmefläche des Formteils ein "geradzahliges" Vielfaches der Behälterfläche ist, ist im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 offenbart.
Dass jeweils zwei Lagerbehälter derart benachbart zueinander angeordnet sind, dass ihre aufeinander zuweisenden Seitenwände symmetrisch zur "kürzeren" Mittellängsachse des Formteils liegen, ist auf Seite 1, erster Absatz, sowie in Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart.
Die Streichung des Merkmals "während der Boden der Nut (7) auf den Seitenwänden aufliegt" aus dem Anspruch 1 erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, da dieses Merkmal für den Fachmann aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht unmittelbar und eindeutig hervorgeht. Dabei ergibt sich dieses Merkmal für den Fachmann auch nicht aus der von der Anmelderin genannten Offenbarung auf Seite 7, erster Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen.
Dass der die Nut bildende Kanal an seinen Enden trichterartig verbreitert ist, ist im ursprünglich eingereichten Anspruch 2 offenbart.
Dass der die Nut bildende Kanal an seinen Enden trichterartig verbreitert ist, derart, dass die Seitenwände der trichterartigen Verbreiterung bei zunächst schrägem Aufsetzen des Formteils parallel zu den kürzeren Seitenwänden der Behälter die Führung für die in die Nut eintauchenden, einander benachbarten Seitenwände der Lagerbehälter bilden, ist auf Seite 3, dritter und vierter Absatz, der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart.
Dass das Formteil palettenförmig ausgebildet ist, ist auf Seite 6, Zeilen 5 bis 18, Seite 6, letzter Absatz, Seite 7, zweiter Absatz, Seite 8, fünfter und sechster Absatz, sowie in den Figuren 1 bis 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart.
Dass das Formteil deckelartig ausgebildet ist und einen umlaufenden Rand aufweist, der die Behälterränder von oben umgibt, ist im ursprünglich eingereichten Anspruch 5 offenbart.
Dass im Verlauf der Mittellängsachse ein Steg angeformt ist, in dessen Oberfläche eine die aufeinander zuweisenden Seitenwände von jeweils zwei benachbarten, unterhalb des Formteils angeordneten Lagerbehältern zusammenführende und umschließende Nut vorgesehen ist, ist hinsichtlich der palettenförmigen Ausbildung des Formteils auf Seite 6, vorletzter Absatz, erster Satz, und in der Figur 1, sowie hinsichtlich der deckelartigen Ausbildung des Formteils auf den die Seiten 7 und 8 überspannenden Absatz, und in der Figur 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart.
1.3 Abhängige Ansprüche 2 bis 4
Ansprüche 2 bis 4 basieren auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3, 4 und 6.
1.4 Der Anspruchssatz genügt somit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
2. Klarheit - Artikel 84 EPÜ
Der ursprünglich im Anspruch 1 offenbarte Ausdruck "symmetrisch zur kurzen Mittellängsachse des Formteils" ist durch die Konkretisierung "symmetrisch zur kürzeren Mittellängsachse des Formteils" klargestellt. Hierdurch ist im Anspruch 1 deutlich definiert, welche Mittellängsachse des rechteckigen Formteils gemeint ist.
Durch das Ersetzen des Merkmals "mindestens zwei" im Anspruch 1 der angefochtenen Entscheidung durch "einer Mehrzahl von" im Umriss rechteckigen Lagerbehältern ist klargestellt, dass keine beliebig geformten Lagerbehälter, sondern lediglich rechteckige Lagerbehälter nach Anspruch 1 verwendet werden können.
In den Ansprüchen 3 und 4 ist klargestellt, dass die ursprünglich in Klammern gesetzten Merkmale vom Gegenstand dieser Ansprüche mit umfasst sind.
Der Anspruchssatz genügt somit den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.
3. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 52 (1) und 56 EPÜ
3.1 Die Anmelderin argumentiert insbesondere, dass das Formteil im Anspruch 1 ein Hilfsmittel zur Ausrichtung zweier relativ willkürlich angeordneter bzw. relativ unsortierter Lagerbehälter und zur Aufnahme und zum Zusammenhalt der Lagerbehälter beim Rücktransport betreffe. Im Gegensatz dazu beschreibe sowohl Dokument D1 als auch Dokument D2 ein Behältersystem, bei dem mehrere Behälter übereinander gestapelt seien. Hierzu müssten die Behälter vor dem Aufeinanderstapeln exakt zueinander ausgerichtet werden, damit ein Zusammensetzen bzw. Übereinanderstapeln überhaupt durchführbar sei. Nach Dokument D1 oder Dokument D2 könne kein automatisches Zusammenfügen zweier Behälter erfolgen, da die Ausnehmungen im Boden eines oberen Behälters nicht geeignet seien, ein Zusammenführen der Behälter und einen Selbstzentrierungseffekt auszuführen. Insofern handele es sich bei dem Formteil im Anspruch 1 nicht um einen Behälter, der zu einem Behältersystem gehöre, sondern vielmehr um ein eigenständiges "Werkzeug" bzw. Hilfsmittel zur Manipulation von Lagerbehältern.
Dadurch, dass auf der Unterseite des Formteils ein Steg mit einer eingelassenen Nut vorgesehen sei, werde zudem betont, dass das Formteil einen speziell ausgeformten Steg vorsehe, der so beschaffen sei, dass durch Aufsetzen auf entsprechende Behälter quasi automatisch eine Zentrierung und Fixierung der Behälter erfolge. Im Gegensatz dazu wiesen die Systeme aus der D1 und der D2 keine hierfür vorgesehenen, speziell ausgeformten Stege auf.
3.2 Nächstliegender Stand der Technik
Als nächstliegender Stand der Technik ist in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung D2 anzusehen, da dieses Dokument eine Kombination bestehend aus einer Mehrzahl von im Umriss rechteckigen nach oben offenen Lagerbehältern und einem rechteckigen Formteil zur Aufnahme und Fixierung der Lagerbehälter offenbart (siehe Absätze [0034] und [0038] sowie Figur 6) und somit zumindest demselben technischen Gebiet wie der Gegenstand des Anspruchs 1 zuzuordnen ist.
3.3 Offenbarungsgehalt von D2
Der in Figur 6 von D2 gezeigte obere Behälter (10) ist als ein rechteckiges Formteil (siehe Anspruch 1: "stackable container, comprising ... an integrally-formed bottom wall ...") zur Aufnahme und Fixierung der Lagerbehälter (21) ausgebildet (siehe Absatz [0038]: "The recesses 16A-16D project into the openings of the containers 21, securing the containers 21 in a stacked position relative to the container 10."). Zwischen den Vertiefungen ("recesses 16A-16D") an der der Aufnahmefläche abgewandten Unterseite des Formteils (10) ist eine die aufeinander zuweisenden Seitenwände von jeweils zwei benachbarten, unterhalb des Formteils (10) angeordneten Lagerbehältern (21) umschließende Nut (Zwischenraum zwischen "recesses 16A-16D) vorgesehen, deren Seitenränder in den jeweiligen Behälter (21) hineinreichen (Absatz[0034]: "The recesses 16A-16D extend exteriorly of the container 10 beyond a plane of the bottom wall 11 in a spaced-apart arrangement and are individually sized to fit snugly within respective openings of smaller containers, ...").
Eine trichterförmige Verbreiterung des Kanals an seinen Enden ist durch die abgeschrägten Ecken der Vertiefungen (16A-16D) vorgesehen (siehe Absatz [0038]: "these recesses may have differing shapes ... and may be provided with chamfered ... corners"). Hierbei ist die Form des Kanals durch die Form und Größe der Vertiefungen vorgegeben.
Nach Dokument D2 ist der zwischen den Vertiefungen (16A-16D) ausgebildete Kanal auch derart durch die abgeschrägten Ecken der Vertiefungen trichterförmig verbreitert, dass die Seitenwände der trichterförmigen Verbreiterung bei zunächst schrägem Aufsetzen des Formteils parallel zu den kürzeren Seitenwänden der Behälter die Führung für die in die Nut eintauchenden, einander benachbarten Seitenwände der Lagerbehälter bilden. Dieser Effekt ergibt sich aus Dokument D2 zwangsläufig bei einem schrägen Aufsetzen des Formteils (10) und einem Einführen der Vertiefungen in die Öffnungen der Behälter (21)(siehe Absatz [0034]).
3.4 Unterscheidungsmerkmale
Mindestens folgende Merkmale des Anspruchs 1 sind aus D2 nicht bekannt:
An der der Aufnahmefläche abgewandten Unterseite des Formteils ist im Verlauf der Mittellängsachse ein Steg angeformt, in dessen Oberfläche eine die aufeinander zuweisenden Seitenwände von jeweils zwei benachbarten, unterhalb des Formteils angeordneten Lagerbehältern zusammenführende und umschließende Nut vorgesehen ist.
3.5 Technische Wirkung
Durch den angeformten Steg, in den eine die Seitenwände der Lagerbehälter zusammenführende und umschließende Nut vorgesehen ist, wird bei der Kombination von Formteil und Lagerbehältern ein zusätzlicher Freiraum an der der Aufnahmefläche abgewandten Unterseite des Formteils zu den nach oben offenen Lagerbehältern geschaffen, so dass die Stapelung auch von ganz oder teilweise gefüllten Lagerbehältern ermöglicht ist.
3.6 Aufgabe
Die durch die oben genannten Unterscheidungsmerkmale zu lösende Aufgabe ist darin zu sehen, eine einfache und stabile Stapelbarkeit auch von mehreren übereinander gestapelten und ganz oder teilweise gefüllten Lagerbehältern bereitzustellen.
3.7 Erfinderische Tätigkeit
3.7.1 Die Anmelderin argumentiert, dass sowohl D2 als auch D1 Systeme betreffen, bei denen mehrere Behälter übereinander gestapelt werden, jedoch keine Systeme, bei denen ein gesondertes Formteil zur Zentrierung und Fixierung von Behältern eingesetzt werde, das seinerseits wiederum die Funktion einer Palette oder eines Deckels übernehmen könne. Sowohl D2 als auch D1 lehrten, Behälter mit sockelartigen Ansätzen (siehe D1 in Spalte 1, Zeilen 22-37; Spalte 2, Zeilen 22-25) beziehungsweise mit "recesses" (siehe D2 Absätze [0034] und [0038]) auszubilden, die im Wesentlichen ebenfalls, wenn auch anders geformte, sockelartige Ansätze darstellen. Von einer Nut könne im Falle der D1 und D2 allenfalls dann gesprochen werden, wenn man die sich automatisch ergebenden Zwischenräume zwischen den sockelartigen Ansätzen als Nut identifiziere. Dabei gäben weder D2 noch D1 eine Anregung dahingehend, das Formteil derart zu gestalten, dass auch ganz oder teilweise gefüllte Behälter sicher gestapelt werden können.
3.7.2 Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. D1 wie auch D2 lehren ein System, bei dem die sich zwischen sockelartigen Ansätzen ergebenden Zwischenräume als Nut ausgebildet sind. Die Ausbildung eines an der Unterseite des Formteils angeformten Stegs mit einer in dessen Oberfläche vorgesehenen Nut geht weder aus D2 noch aus D1 hervor. Da D2 und D1 keinen Hinweis auf die oben genannten Unterscheidungsmerkmale geben, können diese dem Fachmann weder allein noch in Zusammenschau den Gegenstand von Anspruch 1 nahelegen. Der Fachmann hat somit keine Veranlassung, bei einer Kombination der Lehren von D2 und D1 die Unterseite eines Formteils zu modifizieren, um auch ganz oder teilweise gefüllte Lagerbehälter sicher zu zentrieren und stapeln zu können.
3.8 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 ist somit auf Basis der vorliegenden Dokumente D2 und D1 anzuerkennen. Im Ergebnis hat die Anmelderin in überzeugender Weise dargetan, dass die Zurückweisungsgründe jedenfalls hinsichtlich des Gegenstandes gemäß des unabhängigen Anspruchs 1 nicht durchgreifen.
4. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 erfüllen ebenfalls die Erfordernisse des EPÜ.
5. Mithin kann ein Patent auf der Basis des von der Anmelderin während der mündlichen Verhandlung als Anlage E des Sitzungsprotokolls einreichten Anspruchssatzes erteilt werden.
6. Da die Beschreibung zur Anpassung an den für gewährbar erachteten Anspruchssatz einer umfassenden Überarbeitung bedarf, folgt die Kammer dem diesbezüglichen Antrag der Anmelderin, die Angelegenheit insoweit an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Ansprüchen und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2019 als Anlage E.