T 2050/18 () of 27.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T205018.20190527
Datum der Entscheidung: 27 Mai 2019
Aktenzeichen: T 2050/18
Anmeldenummer: 14151274.9
IPC-Klasse: B60W 10/20
B60W 10/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltung zur Steuerung eines Beschleunigungs-, Brems- und Lenksystems eines Fahrzeugs
Name des Anmelders: Schaeffler Paravan GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Zurückverweisung an die erste Instanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, die am 14. März 2018 zur Post gegeben wurde und mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 14151274.9 aufgrund des Artikels 97 (2) EPÜ zurückgewiesen worden ist.

II. Die Prüfungsabteilung hatte die Anmeldung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. Dabei hat sie sich auf die folgenden Dokumente bezogen:

D1: EP 0754 611 A1

D5: DE 10 2010 013349 A1.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und beantragte zunächst die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der Unterlagen, vorgelegt mit Schreiben vom 16. November 2017.

IV. Mit einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Regel 100 (2) EPÜ ist Beschwerdeführerin darüber informiert worden, dass die Kammer die Auffassung der Prüfungsabteilung in Bezug auf den festgestellten Mangel an erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf die Dokumente D1 und D5 nicht teilt. Des Weiteren wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass die Kammer beabsichtigt die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und den Fall an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen, da die Prüfungsabteilung in Bescheiden vom 11. Juli 2017 und vom 13. Mai 2014 weitere Mängel in der Anmeldung (insbesondere die mangelnde Klarheit) gerügt hat.

V. Mit einer Antwort der Beschwerdeführerin, eingegangen am 20. Februar 2019 erklärte die Beschwerdeführerin ihr Einverständnis mit einer Zurückverweisung in die erste Instanz. Der mit der Beschwerdebegründung gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung wurde zurückgenommen.

VI. Der geltende Anspruch 1 (vorgelegt am 16. November 2017) lautet wie folgt:

Schaltungseinrichtung zur Steuerung eines Beschleunigungs-, Brems- und Lenksystems eines Fahrzeugs mit mindestens zwei separaten Motoren (12, 13) zur Betätigung des Beschleunigungs- und Bremssystems und mindestens zwei separaten Motoren (14, 15) zur Betätigung des Lenksystems, und mit mindestens einer elektronischen Kontrolleinheit (10) zur Ansteuerung der mindestens zwei separaten Motoren (12, 13) zur Betätigung des Beschleunigungs- und Bremssystems sowie der mindestens zwei separaten Motoren (14, 15) zur Betätigung des Lenksystems,

dadurch gekennzeichnet, dass

die mindestens eine Kontrolleinheit (10) drei identische CPUs (CPU1, CPU2, CPU3) und einen programmierbaren Logikbaustein (11) aufweist, wobei jede der CPUs (CPU1, CPU2, CPU3) in Abhängigkeit von Eingangssteuersignalen (16, 17) sowie von Sensorsignalen der Motoren (12, 13, 14, 15) Ansteuersignale für die Motoren (12, 13, 14, 15) erzeugt und an den programmierbaren Logikbaustein (11) weiterleitet, der abhängig von seiner Programmierung die Ansteuersignale einer der CPUs (CPU1, CPU2, CPU3) an die Motoren (12, 13, 14, 15) weiterleitet, und dass jede CPU (CPU1, CPU2, CPU3) die Ansteuersignale von den beiden anderen CPUs empfängt und mit den eigenen Ansteuersignalen vergleicht und das Vergleichsergebnis an den programmierbaren Logikbaustein (11) weiterleitet, sodass der Logikbaustein (11) neben direkten Signalen von den CPUs (CPU1, CPU2, CPU3) jeweils auch Vergleichs­ergebnisse der Signale der beiden benachbarten CPUS (CPU1, CPU2, CPU3) empfängt.

Entscheidungsgründe

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D1 in Kombination mit D5.

1.1 Die Kammer teilt die Auffassung der Prüfungsabteilung insoweit, als dass D1 alle Merkmale aufweist bis auf die Merkmale des Anspruchs, die auf den Logikbaustein abstellen, nämlich die Merkmale 1.6, 1.9 und 1.10 (siehe Gliederung des Anspruchs 1 in der Beschwerdebegründung, Seiten 1 und 2).

Da aber die Kammer davon überzeugt ist, dass der Fachmann D1 und D5 nicht miteinander kombinieren würde, ist es unerheblich, ob D5 alle die Merkmale des strittigen Anspruchs 1 offenbart, die D1 nicht zeigt. Insbesondere sind nach Ansicht der Kammer die Architekturen der Systeme aus D1 und D5 derart unterschiedlich, dass der Fachmann, ausgehend von D1 keine Veranlassung hätte, sich mit D5 auseinanderzusetzen.

Die Gründe dafür sind die folgenden:

1.2 Die verschiedenen Strukturen sind durch die Anwendung der jeweiligen Schaltungsanordnung begründet. Die strittige Anmeldung beschreibt eine Schaltung für ein Fahrzeug und setzt sich mit dem Ausfall und der Redundanz eines Bauteils (insbesondere CPU) auseinander. D5 hingegen stellt ein System für sicherheitskritische Bereiche in der Luft- und Raumfahrt dar, welches zum Ziel hat, Designfehlern bei SoC Systemen (System on Chip Systemen) zu begegnen, vgl. D5, Paragraph [0011].

Es geht in D5 also vornehmlich darum, Fehler zu kompensieren, die durch ein fehlerhaftes Produktdesign entstehen (systematische Fehler) während die strittige Erfindung auf den zufälligen Fehler eines Ausfalls abhebt.

1.3 Aus diesem Grund sollen auch die drei Prozessorkerne aus D5 ,,vorzugsweise nicht baugleich" sein (Paragraph [0040]). Das erlaubt es Fehler im Prozessordesign zu erkennen, die bei bestimmten Konstellationen von Werten am Eingang des Prozessors aufgrund der internen Strukturen und Abläufe im Prozessor - quasi zufällig - zu Störungen führen.

Die strittige Anmeldung definiert hingegen explizit in Anspruch 1, dass die erfindungsgemäßen CPUs identisch sein sollen. Diese Forderung ergibt sich aus der Überlegung, dass ein defekter Prozessor in der Funktion von einem anderen, baugleichen, ersetzt werden kann.

1.4 Weiterhin definiert Anspruch 1, dass die Erfindung drei CPUs aufweist. D5 offenbart einen (einzigen) Prozessor (CPU) mit mehreren (hier drei) Prozessorkernen, Paragraph [0040].

Auch dieser Unterschied ist durch die unterschiedliche Aufgabenstellung begründet.

2. Die o.g. Ausführungen gelten folglich ebenfalls für den auf ein Verfahren abgestellten Anspruch 8.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die erstinstanzliche Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.

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