European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T197218.20201201 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 01 Dezember 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1972/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11176844.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01V8/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Optoelektronischer Sensor | ||||||||
Name des Anmelders: | SICK AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Leuze electronic GmbH + Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Spät eingereichtes Dokument - zugelassen (nein) Spät eingereichte Tatsachen - zugelassen (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP-B-2 461 188 zurückzuweisen (Artikel 101 (2) EPÜ).
II. Es wird auf folgende, im Beschwerdeverfahren angeführte Dokumente Bezug genommen:
D3: EP 1 148 352 B1,
D5: DE 42 09 546 A1,
D10: EP 2 071 363 A2,
D11: EP 2 144 091 A1,
D13: DE 25 26 001 A.
III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Wortlaut der Ansprüche 1 und 5 in der erteilten Fassung lautet wie folgt (Merkmalskennzeichnung "1.1", ..., "1.8" durch die Kammer):
Anspruch 1:
1.1 |Lichtgitter (10) |
1.2 |mit einer Vielzahl von zyklisch nacheinander aktivierten Lichtsendern (14) und Lichtempfängern (26), |
1.3 |die zwischen sich ein Feld (20) zueinander paralleler Überwachungsstrahlen (18) aufspannen, |
1.4 |wobei den Lichtsendern (14) und den Lichtempfängern (26) strahlformende Optiken (16, 24) zugeordnet sind, und |
1.5 |mit einer Auswertungseinheit (28) zur |
1.5a|differentiellen |
1.5b|Auswertung der Empfangspegel der Lichtempfänger (26), dadurch gekennzeichnet, dass |
1.6 |die Optiken (16, 24) sendeseitig wie empfangsseitig eine Geometrie und Anordnung aufweisen, die in einer Richtung senkrecht zu dem Feld (20) zu einer gegenseitigen Überlappung der Optiken (16, 24) führt, so dass jede gedachte Linie (32) senkrecht zu dem Feld (20), die einen nicht am Rand des Feldes (20) angeordneten Überwachungsstrahl (18) schneidet, mindestens einen weiteren Überwachungsstrahl (18) schneidet, und dass|
1.7 |die Auswertungseinheit (28) zur differentiellen Auswertung der Empfangspegel der Lichtempfänger (26) dafür ausgebildet ist, |
1.7a|anhand der Empfangspegel (36) zueinander benachbarter Lichtempfänger (26) eine Höhe und/oder Dicke von Objekten in dem Feld (20) |
1.7b|mit Subpixelauflösung zu bestimmen, |
1.8 |wobei eine bessere Auflösung als der Abstand zweier benachbarter Überwachungsstrahlen (18) erreicht wird. |
Anspruch 5:
Lichtgitter (10) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei die Auswertungseinheit (28) dafür ausgebildet ist, die Höhe und/oder Dicke unter Einbeziehung eines Verhältnisses und/oder einer Differenz der Empfangspegel (36) zueinander benachbarter Lichtempfänger (26) und/oder aus dem Empfangspegel (36) eines Lichtempfängers (26) im Vergleich zu einem maximalen Empfangspegel des Lichtempfängers (26) zu bestimmen.
V. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
a) Verfahrensfragen - Zulassung des Dokuments D13 und des Einwands fehlender Neuheit gegenüber Dokument D5
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass das Dokument D13 prima facie relevant und daher in das Verfahren zuzulassen sei. Außerdem sei das Dokument D5 besser als ursprünglich gedacht und der Neuheitsangriff auf Basis dieses Dokuments in das Verfahren zuzulassen.
Nach Meinung der Beschwerdegegnerin sei das Dokument D13 nicht in das Verfahren zuzulassen, da es deutlich verspätet und ohne Entschuldigungsgrund in das Verfahren eingeführt worden sei. Das Dokument D5 sei nicht neuheitsrelevant und der Neuheitsangriff auf Basis dieses Dokuments solle nicht in das Verfahren zugelassen werden.
b) Erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber Dokument D3 im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen des Fachmanns, wie es aus den Dokumenten D10 und D11 hervorgehe, und auf die Lehre des Dokuments D5 keine erfinderische Tätigkeit aufweise.
Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin sei der beanspruchte Gegenstand gegenüber Dokument D3 in Kombination mit Dokument D5 und dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns erfinderisch.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensfragen
1.1 Zulassung des Dokuments D13
1.1.1 Die Beschwerdeführerin reichte Dokument D13 erstmals mit der Beschwerdebegründung in das Verfahren ein.
Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass dieses Dokument nicht in das Verfahren zuzulassen sei, da es deutlich verspätet und ohne Entschuldigungsgrund in das Verfahren eingeführt worden sei.
1.1.2 Gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007, welcher im vorliegenden Fall anzuwenden ist (Artikel 24 (1) und 25 (2) VOBK 2020), hat die Kammer die Befugnis Tatsachen und Beweismittel (z. B. Dokumente) nicht in das Verfahren zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Somit stellt sich die Frage, ob Dokument D13 bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können.
1.1.3 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei das Dokument D13 prima facie relevant, nämlich neuheitsschädlich, und daher in das Verfahren zuzulassen. Es handele sich um ein mehr als 40 Jahre altes Dokument, welches weder auf die Beschwerdeführerin noch auf die Beschwerdegegnerin zurückgehe und somit der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen sei.
Die Kammer merkt zunächst an, dass der beanspruchte Gegenstand gegenüber dem Einspruchsverfahren nicht geändert wurde und unverändert durch die Ansprüche in der erteilten Fassung angegeben wird. Somit kann der beanspruchte Gegenstand keinen Rechtfertigungsgrund für den Umstand darstellen, dass das Dokument D13 erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurde.
Es scheint auch kein anderer stichhaltiger Grund vorzuliegen, welcher rechtfertigen könnte, dass das Dokument D13 nicht bereits früher eingereicht wurde. Insbesondere kann der Sachverhalt, dass dieses Dokument der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen sei, nicht als solcher angesehen werden. Im Interesse der Verfahrensökonomie und Billigkeit war die Beschwerdeführerin und damalige Einsprechende nämlich dazu verpflichtet, alle Entgegenhaltungen in der neunmonatigen Einspruchsfrist oder zumindest in einem möglichst frühen Stadium des Einspruchsverfahrens einzureichen. Dabei spielt die Herkunft und das Alter der Entgegenhaltungen keine Rolle, da die damalige Einsprechende dazu angehalten war, tatsächlich alle ihre Entgegenhaltungen unabhängig von deren Alter und Herkunft in dem genannten frühen Zeitraum einzureichen und nicht nur eine nach subjektiven Kriterien getroffene Auswahl.
Überdies scheint Dokument D13 prima facie nicht neuheitsschädlich zu sein, da weder eine differentielle Auswertung der Empfangspegel (Merkmal 1.7) noch eine Subpixelauflösung (Merkmal 1.7b) offenbart zu sein scheint, da im Lichtgitter nach D13 anscheinend Strahl für Strahl ausgewertet wird und der Abstand der Strahlen den relevanten Pixelabstand bestimmt.
In Ausübung ihres Ermessens unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 lässt die Kammer daher das Dokument D13 nicht in das Verfahren zu.
1.2 Zulassung des Einwands fehlender Neuheit gegenüber Dokument D5
1.2.1 Die Beschwerdeführerin brachte den Einwand fehlender Neuheit gegenüber Dokument D5 erstmals in der Beschwerdebegründung vor. In der Einspruchsschrift war fehlende Neuheit nur in Bezug auf die Dokumente D1 und D3 geltend gemacht worden (siehe Punkte II und IV der Einspruchsschrift). Dokument D5 war hingegen nur im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit angeführt worden (ibid., Punkte IV.2 und V). Dementsprechend wurde Dokument D5 in der angefochtenen Entscheidung lediglich in Bezug auf erfinderische Tätigkeit behandelt (siehe Punkte 14.5 und 14.6 der Entscheidungsgründe).
Die Beschwerdegegnerin ist der Meinung, dass dieser neue Einwand nicht in das Verfahren zugelassen werden solle.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei Dokument D5 besser als ursprünglich gedacht und der Neuheitsangriff auf Basis dieses Dokuments in das Verfahren zuzulassen.
1.2.2 Die Kammer stellt zunächst fest, dass der neue Einwand einen neuen faktischen Rahmen darstellt, der bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können. Somit hat die Kammer gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 die Befugnis den neuen Einwand nicht in das Verfahren zuzulassen (siehe T 0234/16, Punkte 3.1 bis 3.3 der Entscheidungsgründe).
Die angeführte Rechtfertigung der Beschwerdeführerin kann nicht überzeugen. Sie war nämlich dazu verpflichtet, bei der Würdigung des Standes der Technik im erstinstanzlichen Verfahren die notwendige Sorgfalt walten zu lassen. Da die Beschwerdeführerin Dokument D5 bereits in der Einspruchsschrift angeführt hatte, hätte sie den Neuheitseinwand auf Basis dieses Dokuments schon in dieser Schrift ausführen sollen. Dieser Einwand hätte dann in der angefochtenen Entscheidung behandelt werden können, die Parteien hätten sich dazu äußern können und die Kammer hätte die Entscheidung in dieser Hinsicht überprüfen können.
In Ausübung ihres Ermessens unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 lässt die Kammer daher den Einwand fehlender Neuheit gegenüber Dokument D5 nicht in das Verfahren zu.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Nächstliegender Stand der Technik
In der angefochtenen Entscheidung ging die Einspruchsabteilung von Dokument D3 als dem nächstliegenden Stand der Technik aus (siehe Punkte 14.2, 14.3 und 14.5 der Entscheidungsgründe). Beide Parteien gehen in ihrer Argumentation bezüglich erfinderischer Tätigkeit ebenfalls von diesem Dokument des Standes der Technik aus.
In der Tat offenbart Dokument D3 einen Gegenstand, der zum gleichen Zweck entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung, nämlich zur Bereitstellung eines Lichtgitters mit einer Vielzahl von Lichtsendern und Lichtempfängern, die zwischen sich ein Feld zueinander paralleler Überwachungsstrahlen aufspannen, und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat. Dokument D3 wird daher als ein möglicher Ausgangspunkt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen.
2.2 Unterschiedsmerkmale
2.2.1 Die Einspruchsabteilung war in der Entscheidung der Meinung, dass die Merkmale 1.2, 1.5a, 1.6, 1.7, 1.7b und 1.8 im Dokument D3 nicht offenbart seien (siehe Punkt 13.2.3 der Entscheidungsgründe).
2.2.2 Beide Parteien sind sich darin einig, dass die Merkmale 1.1, 1.3, 1.4, 1.5 und 1.5b des Anspruchs 1 im Dokument D3 offenbart sind und dass die Merkmale 1.2 und 1.6 in diesem Dokument nicht offenbart sind. Strittig zwischen den Parteien ist, ob das im Dokument D3 beschriebene Lichtgitter die restlichen Merkmale 1.5a, 1.7, 1.7a, 1.7b und 1.8 aufweist.
2.2.3 Die Kammer sieht keinen Grund von der übereinstimmenden Ansicht der Parteien abzuweichen, dass die Merkmale 1.1, 1.3, 1.4, 1.5 und 1.5b des Anspruchs 1 im Dokument D3 offenbart sind.
Dokument D3 offenbart nämlich (siehe Absätze [0001] und [0055]-[0064]; Anspruch 1; Figuren 5a und 5b) einen optischen Sensor mit wenigstens einem Sender und einem in Abstand zu diesem angeordneten Empfänger, wobei die vom Sender emittierten Sendelichtstrahlen bei freiem Strahlengang auf den Empfänger geführt sind und bei einem Objekteingriff zumindest teilweise abgeschwächt sind.
In Bezug auf das in den Figuren 5a und 5b gezeigte Ausführungsbeispiel wird insbesondere beschrieben, dass mittels des Sensors 1 eine Bohrerbruchkontrolle an einer Werkzeugmaschine ausgeführt wird. Dabei wird der Bohrer 21 der Werkzeugmaschine mittels des Sensors 1 über die gesamte Bohrerlänge lückenlos erfasst. Hierzu besteht der Sensor 1 aus einer Mehrfachanordnung von Sendern 3 und einer Mehrfachanordnung von Empfängern 4. Dabei ist jedem Sender 3 ein Empfänger 4 zugeordnet, wobei die jeweiligen Sender-Empfängerpaare 3, 4 beidseits des Bohrers 21 gegenüberliegend angeordnet sind. Die Sender 3 befinden sich in einem ersten Gehäuseelement 7. Die Empfänger 4 sind in einem zweiten Gehäuseelement 8 angeordnet. Jedem Sender 3 des Sensors 1 ist eine Sendeoptik in Form einer asphärischen Linse 10 und einer Zylinderlinse 11 nachgeordnet. Den Empfängern 4 ist jeweils eine Blende 15 in Form eines Spalts in der Gehäusewand des zweiten Gehäuseelements 8 vorgeordnet. Jeder Spalt ist mit einem Eintrittsfenster 16 verschlossen. Zwischen jeder Blende 15 und dem jeweils zugeordneten Empfänger 4 befindet sich ein optischer Filter 17. Die Sendelichtstrahlen 2 der Sender 3 werden auf den jeweils zugeordneten Empfänger 4 fokussiert.
Um eine lückenlose Erfassung des Bohrers 21 zu erhalten, sind die Empfänger 4 und dementsprechend auch die Sender 3 in Längsrichtung des Bohrers 21 hintereinander angeordnet. Dabei sind die Längsachsen der Empfänger 4 parallel zu einer in Richtung der Längsachse des Bohrers 21 verlaufenden Empfängerachse orientiert. Wie insbesondere aus Figur 5b ersichtlich liegen die Empfänger 4 alternierend seitlich versetzt zu dieser Empfängerachse, so dass jeweils die Längsachsen der geradzahligen Empfänger 4 längs einer ersten parallel zur Empfängerachse verlaufenden Geraden und die Längsachsen ungeradzahliger Empfänger 4 längs einer zweiten parallel zur Empfängerachse verlaufenden Geraden angeordnet sind. Dabei liegen die einander zugewandten längsseitigen Enden zweier aufeinander folgenden Empfänger 4 dicht nebeneinander. Durch diese Teilüberlappung benachbarter Empfänger 4 wird eine lückenlose Erfassung des gesamten Bohrers 21 erhalten. Vorteilhafterweise werden die den geradzahligen Empfängern 4 zugeordneten Sender 3 einerseits und die den ungeradzahligen Empfängern 4 zugeordneten Sender 3 andererseits über die Auswerteeinheit 9 alternierend aktiviert. Bei einer Transversalbewegung des Bohrers 21 quer zum Überwachungsbereich erfolgt in der Auswerteeinheit 9 eine Synchronisation der Senderaktivierung derart, dass entsprechend der Bewegung des Bohrers 21 jeweils die Sender 3 aktiviert werden, deren Sendelichtstrahlen 2 gerade auf den Bohrer 21 gerichtet sind. Durch die Anzahl der vom Bohrer 21 abgeschalteten Empfangselemente 14 wird in der Auswerteeinheit 9 die aktuelle Länge des Bohrers 21 ermittelt.
Dokument D3 offenbart somit, unter Verwendung des Wortlauts von Anspruch 1, ein Lichtgitter mit einer Vielzahl von Lichtsendern und Lichtempfängern, die zwischen sich ein Feld zueinander paralleler Überwachungsstrahlen (Sendelichtstrahlen 2) aufspannen, wobei den Lichtsendern (Sendern 3) und den Lichtempfängern (Empfängern 4) strahlformende Optiken (asphärische Linsen, Zylinderlinsen 11; Blenden 15, optische Filter 17) zugeordnet sind, und mit einer Auswertungseinheit (Auswerteeinheit 9) zur Auswertung der Empfangspegel der Lichtempfänger (durch die Anzahl der vom Bohrer 21 abgeschalteten Empfangselemente 4 wird die aktuelle Länge des Bohrers 21 ermittelt).
2.2.4 Außerdem stimmt die Kammer mit den Parteien darin überein, dass die Merkmale 1.2 und 1.6 des Anspruchs 1 im Dokument D3 nicht offenbart sind.
In der Tat werden im Lichtgitter des Dokuments D3 die geradzahligen bzw. ungeradzahligen Sender 3 alternierend und nicht zyklisch aktiviert (Merkmal 1.2). Überdies wird lediglich eine Teilüberlappung benachbarter Empfänger 4 und keine vollkommene Überlappung offenbart (Merkmal 1.6).
2.2.5 Bezüglich der strittigen Merkmale verweist die Beschwerdeführerin auf Anspruch 5 und Absatz [0023] des Streitpatents, wo ausgeführt werde, dass der Vergleich des Empfangspegels eines Empfängers mit einem maximalen Empfangspegel eine mögliche Ausgestaltung der beanspruchten differentiellen Auswertung bzw. eine Alternative zu dieser Auswertung darstelle. Ein solcher Vergleich werde aber im Dokument D3 offenbart. Auch würden die Signale der Empfänger durch die offenbarte Detektion von Konturen und Kanten und die Erfassung eines Signalhubs zueinander in Beziehung gesetzt.
Mit dem Lichtgitter von D3 werde außerdem eine Subpixelauflösung erreicht, da der Bohrer lückenlos erfasst werden könne, was eine bessere Auflösung als der Abstand benachbarter Strahlachsen darstelle.
2.2.6 Die Kammer merkt zunächst an, dass Anspruch 5 durch seinen Rückbezug auf den unabhängigen Anspruch 1 einen abhängigen Anspruch darstellt, in welchem zusätzliche Merkmale des im Anspruch 1 beanspruchten Lichtgitters definiert sind. Insbesondere würde der Fachmann die in Anspruch 5 definierte Bestimmung der Höhe und/oder Dicke des Objekts "unter Einbeziehung eines Verhältnisses und/oder einer Differenz der Empfangspegel (36) zueinander benachbarter Lichtempfänger" als eine nähere Bestimmung der in Anspruch 1 beanspruchten "differentiellen Auswertung" verstehen. Diese nähere Bestimmung wird im Anspruch 5 mittels der Konjunktion "und/oder" mit einer Ausbildung der Auswertungseinheit verknüpft, wonach die Höhe und/oder Dicke des Objekts "aus dem Empfangspegel (36) eines Lichtempfängers (26) im Vergleich zu einem maximalen Empfangspegel des Lichtempfängers (26)" bestimmt wird, d. h. durch eine energetische Auswertung.
Somit wird im Anspruch 5 die nähere Bestimmung der "differentiellen Auswertung" entweder allein oder in Kombination mit der Ausbildung der Auswertungseinheit zur energetischen Auswertung beansprucht (erste Alternative von "oder" bzw. "und" der Konjunktion "und/oder"). Alternativ dazu wird die Ausbildung der Auswertungseinheit zur energetischen Auswertung zusätzlich zu der in Anspruch 1 beanspruchten, nicht näher definierten "differenziellen Auswertung" beansprucht (zweite Alternative von "oder" der Konjunktion "und/oder").
Die Beschreibung des Streitpatents ist nach Ansicht der Kammer im Einklang mit der oben ausgeführten Auslegung der Ansprüche 1 und 5. Insbesondere werden in den Absätzen [0022] und [0023] der Patentschrift die ersten bzw. zweiten Teilmerkmale des Anspruchs 5 wiedergegeben. Der Ausdruck "[z]usätzlich oder alternativ", welcher die beiden Absätze verbindet, entspricht dabei dem letzten "und/oder" im Anspruch 5 und würde vom Fachmann dementsprechend verstanden werden.
Zusammenfassend würde der Fachmann Anspruch 1 auch unter Berücksichtigung des Anspruchs 5 nicht so verstehen, dass die Ausbildung der Auswertungseinheit zur energetischen Auswertung eine mögliche Ausgestaltung der beanspruchten differentiellen Auswertung bzw. eine Alternative dazu darstellen kann.
Im Dokument D3 wird in Bezug auf das relevante, in Figuren 5a und 5b gezeigte Ausführungsbeispiel beschrieben, dass durch die Anzahl der vom Bohrer 21 abgeschalteten Empfangselemente 14 in der Auswerteeinheit 9 die aktuelle Länge des Bohrers 21 ermittelt wird (siehe Punkt 2.2.3 oben). Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Empfangssignale der Empfänger "differentiell" zueinander in Beziehung gesetzt werden. Vielmehr werden die jeweiligen Empfangssignale jeweils einzeln ausgewertet, woraus geschlossen wird, ob die entsprechenden Empfangselemente "abgeschaltet" sind oder nicht. Daraus wird dann die Länge des Bohrers bestimmt.
Auch in Bezug auf die anderen Ausführungsbeispiele im Dokument D3 ist keine "differentielle Auswertung der Empfangspegel der Lichtempfänger" offenbart. In Bezug auf die Erfassung der Konturen und Kanten von Objekten ist lediglich eine "ortsauflösende Auswertung der Empfangssignale der einzelnen Empfangselemente" beschrieben (Absatz [0045]). Dies geht nicht über die in Bezug auf das Ausführungsbeispiel in Figuren 5a und 5b offenbarte Auswertung der Signale hinaus. Außerdem bedeutet der in Absatz [0048] beschriebene "Signalhub" lediglich, dass die Änderung eines einzelnen Empfangspegels in Bezug auf einen bestimmten Ausgangswert detektiert wird.
Somit wird in Dokument D3 nicht die beanspruchte differentielle Auswertung der Empfangspegel der Lichtempfänger offenbart.
2.2.7 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer waren sich beide Parteien darin einig, dass in Bezug auf das Ausführungsbeispiel der Figuren 5a und 5b des Dokuments D3 der durch das Merkmal 1.7b implizierte Pixelabstand und der im Merkmal 1.8 definierte "Abstand zweier benachbarter Überwachungsstrahlen" als der Abstand zwischen den Mittelpunkten zweier benachbarter (und teilweise überlappender) Empfänger 4 anzusehen ist. Dem stimmt auch die Kammer zu.
Dies hat jedoch zur unmittelbaren Folge, dass der so definierte Pixelabstand die Auflösung der oben beschriebenen Bestimmung der Länge des Bohrers darstellt. Diese Länge wird nämlich nur in diskreten Schritten dieses Abstands bestimmt.
Daher wird im Dokument D3 ebenfalls nicht offenbart, dass eine Höhe und/oder Dicke von Objekten mit Subpixelauflösung bestimmt wird, wobei eine bessere Auflösung als der Abstand zweier benachbarter Überwachungsstrahlen erreicht wird.
2.2.8 Folglich unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 durch die Merkmale 1.2, 1.5a, 1.6, 1.7, 1.7a, 1.7b und 1.8 von dem aus Dokument D3 bekannten Lichtgitter.
2.3 Objektive technische Aufgabe
2.3.1 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass die dem Merkmal 1.6 entsprechende technische Aufgabe darin zu sehen sei, die Auflösung zu verbessern.
2.3.2 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin sei die objektive technische Aufgabe lediglich darin zu sehen, eine bessere Messung zu ermöglichen.
2.3.3 Die Kammer weist darauf hin, dass ein verbessertes Auflösungsvermögen bereits in der Patentschrift als die von der Erfindung zu lösende Aufgabe angegeben wird (siehe Absatz [0013]). Es ist ständige Rechtsprechung, dass eine objektive Definition der zu lösenden Aufgabe normalerweise von der im Streitpatent definierten Aufgabe ausgehen sollte (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage, Absatz I.D.4.3.2). Außerdem sind die Merkmale 1.5a, 1.6, 1.7, 1.7a, 1.7b und 1.8 funktional zusammenhängend und haben in der Tat die Wirkung, die Auflösung zu verbessern.
Die Kammer folgt daher der Beschwerdeführerin und sieht die den Merkmalen 1.5a, 1.6, 1.7, 1.7a, 1.7b und 1.8 entsprechende objektive technische Aufgabe darin, die Auflösung zu verbessern.
2.4 Naheliegen
2.4.1 Die Einspruchsabteilung entschied, dass der beanspruchte Gegenstand insbesondere gegenüber Dokument D3 sowohl alleine als auch in Kombination mit Dokument D5 eine erfinderische Tätigkeit aufweise (siehe Punkte 14.2 und 14.5 der Entscheidungsgründe).
2.4.2 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass es einfachem fachmännischen Handeln entspräche, die Auflösung des Lichtgitters des nächstliegenden Standes der Technik durch einen höheren Überlappungsgrad zu verbessern. Dazu bestehe je nach Enge des Einbauraums auch eine Notwendigkeit. Dies könne einfach durch Zusammenschieben der in Abbildung 5b von D3 gezeigten Lichtempfänger und der entsprechenden Lichtsender erreicht werden. Außerdem werde im Dokument D5 eine Subpixelauflösung offenbart und dem Fachmann der Hinweis gegeben, dass sich die Auflösung aus der Geometrie der Anordnung ergebe. Insbesondere werde eine zickzackförmige Anordnung beschrieben. Dies führe den Fachmann zu dem beanspruchten Lichtgitter.
2.4.3 Die Kammer stellt fest, dass die in Dokument D3 beschriebene Teilüberlappung benachbarter Empfänger 4 der lückenlosen Erfassung des gesamten Bohrers 21 dient (siehe D3, Absatz [0063]). Da dieses Ziel durch die Teilüberlappung bereits erreicht ist, besteht für den Fachmann keine Veranlassung, den Grad der Überlappung weiter zu erhöhen.
Außerdem bedingt der geringe Einbauraum lediglich eine entsprechend geringe Bautiefe der Gehäuseelemente 7 und 8 (siehe D3, Absatz [0058]). Der Überlappungsgrad hat jedoch keinen Einfluss auf die Bautiefe der Gehäuseelemente, so dass für den Fachmann auch keine Notwendigkeit besteht, abhängig von der Enge des Einbauraums den Überlappungsgrad zu erhöhen.
Zur Lösung der gestellten technischen Aufgabe würde der Fachmann bei gleicher Länge der Gehäuseelemente 7 und 8 nach Ansicht der Kammer lediglich die Anzahl der verwendeten Lichtsender und entsprechend die Anzahl der Lichtempfänger erhöhen und den Überlappungsgrad zur Gewährleistung der lückenlosen Erfassung des Bohrers 21 beibehalten. Dadurch würde der Abstand zwischen den Mittelpunkten zweier benachbarter Empfänger 4 verringert und somit die Auflösung erhöht werden (siehe oben unter Punkt 2.2.7).
2.4.4 Dokument D5 offenbart (siehe Spalte 1, Zeilen 3-5; Spalte 2, Zeilen 2-34; Spalte 3, Zeilen 13-37; Spalte 4, Zeilen 3-6 und 28-33; Abbildung 3) eine Vorrichtung zum Erfassen einer Bahnkante einer Materialbahn mittels eines optischen Fühlers. Insbesondere wird in Bezug auf Figur 3 ein Ausführungsbeispiel beschrieben, das sowohl einzelne Sende- als auch Empfangselemente 2, 5 aufweist. Die Sende- bzw. Empfangselemente 2, 5 sind jeweils derart in Reihen angeordnet, dass einem Sendeelement 2 ein Empfangselement 5 genau gegenüberliegt. Durch Feststellen, ob bestimmte Empfangselemente 5 Lichtstrahlen empfangen oder nicht, kann auf die Lage der Bahnkante der Materialbahn 4 geschlossen werden, welche sich zwischen den Sendeelementen 2 und Empfangselementen 5 befindet.
Die von den Empfangselementen 5 empfangenen Signale liegen zwar in analoger Form vor, können aber zur Auswertung in ein rein digitales Ja/Nein-Signal umgesetzt werden, das angibt, ob Licht vom zugehörigen Sendeelement empfangen wird oder nicht. Der analog vorliegende Pegel eines von der Bahn teilweise abgedeckten einzelnen Empfangselementes 5 kann zusätzlich in herkömmlicher Weise ausgewertet werden, wodurch eine höhere Genauigkeit des digitalen Messprinzips über die durch den Abstand zweier Empfangselemente gegebene Grenze hinaus erreicht wird. Dabei wird der durch die digitale Messung erhaltene Wert mit Hilfe der analogen Messung interpoliert.
Die erzielbare Auflösung ergibt sich nur aus der geometrischen Anordnung der Sende- und Empfangselemente und kann daher in einfacher Weise an verschiedene Aufgabenstellungen angepasst werden. Die einzelnen Sendeelemente bzw. Empfangselemente werden in einer Reihe angeordnet. Es ist aber auch möglich, diese Elemente z. B. zickzackförmig anzuordnen, so dass jeweils ein Element zwischen den benachbarten aus der Reihe versetzt zu diesen benachbarten angeordnet ist.
2.4.5 Im Dokument D5 wird somit tatsächlich die Kante der Materialbahn 4 in Subpixelauflösung bestimmt, indem der analoge Pegel des teilweise abgedeckten Empfangselements 5 an der Kante der zwei-dimensionalen Materialbahn 4 ausgewertet wird. Dies ist aber nur bedingt auf die Situation im Ausführungsbeispiel der Figuren 5a und 5b von Dokument D3 übertragbar, da dort die Länge eines dünnen Objekts, nämlich des Bohrers 21, bestimmt werden soll, welches die Empfangselemente 4 unter Umständen nicht vollständig abdeckt. Außerdem wird bei der genaueren Kantenbestimmung entsprechend der unter Punkt 2.2.6 beschriebenen energetischen Auswertung nur der Pegel eines einzelnen Empfangselements 4 ausgewertet. Die beanspruchte differentielle Auswertung wird im Dokument jedoch nicht beschrieben.
Schließlich geht die Lehre im Dokument D5, dass die Anordnung "zickzackförmig" sein kann, nicht über die im Dokument D3 offenbarte Anordnung hinaus, welche ebenfalls zickzackförmig ist, wobei die Empfänger 4 überdies teilweise überlappend angeordnet sind. Im Dokument D5 ist hingegen keine teilweise Überlappung, geschweige denn eine vollständige Überlappung der Empfangselemente 5 offenbart.
Somit würde auch die Lehre des Dokuments D5 den Fachmann nicht zum Gegenstand der Merkmale 1.5a, 1.6, 1.7, 1.7a, 1.7b und 1.8 führen.
2.4.6 Die Frage, ob der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Merkmals 1.2 gelangen würde, kann dahingestellt bleiben. Die Evaluierung der in diesem Zusammenhang zitierten Dokumente D10 und D11 ist daher ebenfalls nicht notwendig.
2.4.7 Folglich weist der Gegenstand des erteilten unabhängigen Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).
3. Schlussfolgerung
Da der von der Beschwerdeführerin angeführte Einspruchsgrund (mangelnde erfinderische Tätigkeit) der Aufrechterhaltung des europäischen Patents nicht entgegensteht, ist die angefochtene Entscheidung (Zurückweisung des Einspruchs) zu bestätigen. Somit ist die Beschwerde gegen die Entscheidung zurückzuweisen (Artikel 101 (2) EPÜ und Artikel 111 (1) EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.