T 1494/18 () of 22.10.2019

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 15 189 148 zurückgewiesen wurde.

Die Prüfungsabteilung hatte die Anmeldung wegen mangelnder Neuheit im Hinblick auf EP 0 359 903 A2 (D1) zurückgewiesen.

II. In ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) ein Patent auf der Basis des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags zu erteilen, hilfsweise in der Fassung eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.

III. Nach einer Mitteilung der Beschwerdekammer vom 13. August 2019 und einer telefonischen Rücksprache am 24. September 2019 mit dem Berichterstatter der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. September 2019 einen neuen Anspruchssatz ein. Sie beantragte nunmehr (Hauptantrag) die Erteilung eines Patents auf der Grundlage dieses Anspruchssatzes, der mit Schreiben vom 18. September 2019 eingereichten Beschreibung und der Figuren wie ursprünglich eingereicht.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Schalenkoffer (1), insbesondere Hartschalenkoffer, wobei der Schalenkoffer (1) eine erste und eine zweite Breitseite (7) aufweist, wobei zum Stapeln von Schalenkoffern auf ihren Breitseiten (7), jeder Schalenkoffer (1) auf mindestens einer Breitseite (7) eine Einrichtung zur arretierenden Aufnahme des benachbarten Schalenkoffers (1) in der Ebene der Breitseite (7) aufweist,

wobei die Einrichtung mindestens einen auf der Breitseite (7) des Schalenkoffers (1) angeordneten über die Breitseite (7) in der Höhe überstehenden Bund (20) aufweist,

wobei der Bund (20) auf der Breitseite (7) des Schalenkoffers (1) umlaufend ausgebildet ist,

wobei der Bund (20) mindestens eine äußere und mindestens eine innere Kante (26, 28) aufweist,

wobei zur arretierenden, stapelbaren Aufnahme des benachbarte[sic] Schalenkoffers die äußere und die innere Kante (26, 28) der diagonal einander gegenüberliegenden Eckbereiche (22, 24) des Bundes (20) eine unterschiedliche Höhe aufweisen,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Kanten (26, 28) bei einem umlaufend auf der Breitseite (7) des Schalenkoffers (1) angeordneten Bund (20) in der Verbindung von einem Eckbereich (22) zum benachbarten Eckbereich (24) kontinuierlich ihre Höhe relativ zueinander verändern, wobei im Mittelbereich (34) zwischen zwei benachbarten Eckbereichen (22, 24) die äußere und die innere Kante (26, 28) eine gleiche Höhe aufweisen."

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

Die Änderungen erfüllen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nämlich durch die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2, 3, 5, 6 und 12, und den Absatz 4 auf Seite 2 und den Absatz 2 auf Seite 4 der ursprünglich eingereichten Beschreibung gestützt.

2. Neuheit

Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem Stand der Technik nach D1 durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1. In D1 (siehe insbesondere Fig. 1) weisen die Kanten bei einem umlaufend auf der Breitseite des Schalenkoffers angeordneten Bund in der Verbindung von einem Eckbereich zum benachbarten Eckbereich eine gleiche Höhe auf.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß D1. Auch der übrige im Recherchenbericht ermittelte Stand der Technik offenbart keinen Schalenkoffer mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 (Artikel 54 EPÜ).

3. Erfinderische Tätigkeit

Dokument D1 stellt nach Ansicht der Kammer den nächstliegenden Stand der Technik dar.

Gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 verändern die Kanten bei einem umlaufend auf der Breitseite des Schalenkoffers angeordneten Bund in der Verbindung von einem Eckbereich zum benachbarten Eckbereich kontinuierlich ihre Höhe relativ zueinander, wobei im Mittelbereich zwischen zwei benachbarten Eckbereichen die äußere und die innere Kante eine gleiche Höhe aufweisen.

Dadurch wird eine Verrastung zwischen den beiden einander zugeordneten Bünden der Koffer auch über die gesamte Länge des umlaufenden Bundes erreicht (siehe Absatz [0011] der A-Schrift).

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe kann somit wie folgt formuliert werden: einen Koffer zur Verfügung zu stellen, bei dem die Gefahr des Verrutschens zweier aufeinandergestapelter Koffer weiter vermindert wird.

Keine der im Prüfungsverfahren zitierten Entgegenhaltungen zeigt dieses unterscheidende Merkmal, sodass der Fachmann keine Anregung im Stand der Technik findet, den Koffer gemäß D1 zusätzlich mit diesem Merkmal zu versehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4. Die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 bis 9 beinhalten vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Gegenstands und können daher ebenfalls bestehen bleiben.

5. Der vorliegende Anspruch 1 und die davon abhängigen Ansprüche 2 bis 9 zusammen mit der am 18. September 2019 eingereichten Beschreibung und den Figuren wie ursprünglich eingereicht können deshalb als Grundlage für die Patenterteilung dienen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein europäisches Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

- Seiten 1 bis 8 der Beschreibung eingereicht am 19. September 2019;

- Ansprüche 1 bis 9 des Hauptantrags eingereicht am 25. September 2019;

- Zeichnungsblatt 1/1 in der ursprünglich eingereichten Fassung.