T 1242/18 () of 5.10.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T124218.20221005
Datum der Entscheidung: 05 October 2022
Aktenzeichen: T 1242/18
Anmeldenummer: 06022243.7
IPC-Klasse: F16L 53/00
H05B 3/58
B60S 1/48
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Beheizbarer Steckverbinder
Name des Anmelders: DBK David + Baader GmbH
Name des Einsprechenden: (1) Voss Automotive GmbH
(2) Eichenauer Heizelemente GmbH & Co.KG
(3) REHAU AG+Co
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 111(2)
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention R 103(4)(a)
European Patent Convention R 115(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - nach Rücknahme der Beschwerde in der mündlichen Verhandlung
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - anteilig (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1226/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende 01 sowie die Einsprechenden 02 legten form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit welcher festgestellt wurde, dass unter Berücksichtung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 1 777 452 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.

II. Die Einsprüche der Einsprechenden 01 und der Einsprechenden 02 richteten sich gegen das erteilte Patent im gesamten Umfang und stütze sich auf die Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ. Die Einsprechende 01 machte zudem den Einspruchgrund der mangelnden Offenbarung nach Artikel 100 b) EPÜ geltend.

III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom 14. Februar 2022 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, wonach die Beschwerden voraussichtlich erfolglos sein sein dürften.

IV. Die Patentinhaberin reagierte auf diese Mitteilung inhaltlich mit Schriftsatz vom 8. Juni 2022 und die Einsprechende 01 mit Schriftsatz vom 13. September 2022, worauf die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 28. September 2022 erwiderte.

V. Am 5. Oktober 2022 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung nahm die Einsprechende 02 ihre Beschwerde zurück. Zu den Einzelheiten des Verlaufs wird auf das Protokoll verwiesen.

VI. Die Einsprechende 01 beantragte zuletzt

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents

Nr. 1 777 452.

VII. Die Patentinhaberin beantragte zuletzt

die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung als den Erfordernissen des EPÜ genügend erachteten, geänderten Fassung (Hauptantrag),

hilfsweise, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 3, 5, 6, 11, 12 und 14, erneut eingereicht mit Schriftsatz vom 8. Juni 2022.

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Steckverbinder

zum Verbinden einer ersten Fluidleitung mit einer zweiten Fluidleitung im Zusammenwirken mindestens einem Gegensteckverbinder (200),

wobei ein zu erwärmendes Medium zwischen der ersten Fluidleitung und der zweiten Fluidleitung durch den Steckverbinder (100) strömt, und

der Steckverbinder (100) mindestens ein Heizelement (1) zum Beheizen des zu erwärmenden Mediums umfasst,

weiterhin umfassend ein Gehäuse (2) aus elektrisch isolierendem Material, vorzugsweise einem Kunststoff,

wobei das mindestens eine Heizelement (1) in einem Gehäuseteil (3) des Steckverbinders (100) eingeschlossen ist, der gegenüber dem zu erwärmenden Medium abgedichtet ist."

IX. In dieser Entscheidung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D4: EP 1 513 227 A1,

D14: EP 0 284 669 A1,

D19: WO 2007/032 034 A1,

D20: DE 198 46 282 A1,

D21: EP 0 616 166 A1,

D24: DE 33 24 268 A1

D27: DE 103 25 965 A1.

X. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Parteien wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensrechtliche Fragen

1.1 Aufgrund der Rücknahme der Beschwerde durch die Einsprechende 02 verbleibt die Einsprechende 01 als einzige Beschwerdeführerin in dieser Sache. Die Einsprechende 02 hat nicht mehr die Stellung einer Beschwerdeführerin, ist jedoch gemäß Artikel 107 (2) EPÜ weiter Verfahrensbeteiligte.

1.2 Daraus folgt, dass diejenigen Einwände und das Vorbringen, die vom Einsprechenden 02 im Rahmen seiner Beschwerde vorgebracht wurden, auf die sich die Einsprechende 01 aber nicht berufen hat, in dieser Entscheidung nicht weiter erörtert werden, als es die Kammer bereits in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 zum Ausdruck gebracht hat. Dies gilt insbesondere für den Einwand mangelnder Neuheit gegenüber der Lehre des Dokuments D21 und für die Frage der Zulassung des Einwands mangelnder Neuheit nach Artikel 54 EPÜ gegenüber der Lehre des erstmalig mit Schriftsatz vom 31. August 2022 vorgelegten Dokument D27 und des Einwands mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von dem Dokument D24.

1.3 Da die Einsprechende 02 ihre Beschwerde vor Verkündung der Entscheidung zurückgenommen hat, ist die von der Einsprechenden 02 entrichtete Beschwerdegebühr gemäß Regel 103 (4) (a) EPÜ zu 25% zurückzuerstatten.

1.4 Obwohl die Einsprechende 03, die im übrigen im gesamten Beschwerdeverfahren weder Anträge stellte noch inhaltlich vortrug, nicht an der mündlichen Verhandlung teilnahm, wurde das Prinzip des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ nicht verletzt, da es ausreicht, dass sie die Gelegenheit dazu hatte, gehört zu werden. Durch das von ihr vorab angekündigte Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung verzichtete die fernbleibende Beteiligte auf diese Möglichkeit (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage 2022, Abschnitt V.A.5.5.4)).

1.5 Das Verfahren konnte daher gemäß Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK 2020 ohne die Einsprechende 03 fortgesetzt werden.

2. Neuheit (Einspruchsgrund nach Artikeln 100 a) und 54 EPÜ)

2.1 Dokument D4

2.1.1 Die Einsprechende 01 wendete sich gegen die begründete Feststellung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber der technischen Lehre des Dokuments D4 ist (vgl. Punkte 20 bis 22 der Entscheidungsgründe). Sie trug vor, dass die Einspruchabteilung bei ihrer Feststellung, dass das Heizelement in Dokument D4 nicht zum Steckverbinder, sondern zur Leitung gehöre, den Umfang des Anspruchs 1 enger - also fehlerhaft -auslege, als dies der Wortlaut des Anspruchs 1 bestimme. Anspruch 1 schließe vielmehr an keiner Stelle eine mit dem Steckverbinder und insbesondere mit dem dem Gehäuse fest verbundene Fluidleitung aus (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 2, Absatz 4 bis Seite 3, Absatz 5).

2.1.2 Dieser Einwand ist nicht überzeugend. Der nunmehr angefochtenen Entscheidung ging das unter dem Aktenzeichen T 1226/12 geführte Beschwerdeverfahren voraus, in dem eine andere Kammer bereits eine Beurteilung der Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hautantrag (dem damaligen Hilfsantrag 2) getroffen hatte.

2.1.3 In Punkt 3.2. der Entscheidungsgründe der T 1226/12 kam die damalige Kammer zur Frage der Auslegung der Merkmalen 1.1., 1.2. und 1.3:

"Steckverbinder zum Verbinden einer ersten Fluidleitung mit einer zweiten Fluidleitung im Zusammenwirken mit mindestens einem Gegensteckverbinder, wobei ein zu erwärmendes Medium zwischen der ersten Fluidleitung und der zweiten Fluidleitung durch den Steckverbinder strömt",

zur folgenden Überzeugung: "Aus dieser Merkmalsformulierung geht hervor, dass weder die erste und zweite Fluidleitung noch der Gegensteckverbinder oder das durchströmende Medium als Vorrichtungsmerkmale des Steckverbinders anzusehen sind. Vielmehr muss der beanspruchte Steckverbinder geeignet sein, eine erste Fluidleitung mit einer zweiten Fluidleitung im Zusammenwirken mit mindestens einem Gegensteckverbinder zu verbinden sowie ein Medium zwischen der ersten Fluidleitung und der zweiten Fluidleitung durch ihn strömen zu lassen"

2.1.4 Die nunmehr zuständige Kammer teilt diese rechtliche Beurteilung der Merkmalsauslegung und damit des Umfangs von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag. Diese Beurteilung blieb auch, wie die damaligen Kammer in der gleichen Passage der Entscheidungsgründe der T 1226/12 feststellte, unbestritten.

2.1.5 Die in der Entscheidung T 1226/12 getroffene Beurteilung der Anspruchsauslegung ist durch Artikel 111 (2) EPÜ für die weitere Entscheidung der Einspruchsabteilung verbindlich (res judicata). Die Einspruchsabteilung war bei der angefochtenen Entscheidung also daran gehalten, die Merkmale des Anspruchs 1 in dem Sinne auslegen, dass weder die erste noch die zweite Fluidleitung - also keine im Anspruch genannten Leitung - als Vorrichtungsmerkmal der beanspruchten Steckverbindung anzusehen sind.

2.1.6 Auch das Dokument D4 zeigt den Heizleiter 8 als Teil des Leiters 1 und nicht als Teil des Steckkupplungselements 4. Das Leitungsende 2 des Leiters 1 ist zwar das Steckkupplungselements 4 geschoben, wie von der Einsprechenden 01 in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, es wird damit jedoch nicht das Merkmal 1.6 realisiert, das lautet:

"wobei das mindestens eine Heizelement (1) in einem Gehäuseteil (3) des Steckverbinders (100) eingeschlossen ist, der gegenüber dem zu erwärmenden Medium abgedichtet ist".

In der Lehre des Dokuments D4 mag das Leitungsende 2 und damit ein Teil des Heizelements 8 von dem Steckkupplungselement 4 umgriffen sein, jedenfalls aber ist es aber nicht in einem Gehäuseteil des Steckkupplungselements 4 eingeschlossen.

2.1.7 Die Kammer ist daher nicht davon überzeugt, dass die Feststellung der Einspruchsabteilung fehlerhaft gewesen wäre, dass das in Dokument D4 offenbarte Heizelement nicht zum Steckverbinder gehört.

2.1.8 Die Einsprechenden 01 trug weiter vor, dass die Einspruchsabteilung übersehen habe, dass sich aus Absatz [0022] des Dokuments D4 ergebe, dass die Leiterenden 9 in der Umhüllung 11 mit einem elektrischen Einrichtung verbunden sein können, und diese elektrische Einrichtung beispielsweise ein Widerstand sei, der für die Fachperson implizit ein weiteres von der Leitung und den Leiterenden 9 unabhängiges Heizelement bilde (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 3, letzter Absatz).

2.1.9 Unabhängig von der Frage, ob dieser erstmals im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 im Beschwerdeverfahren zuzulassen wäre, ist er jedenfalls nicht überzeugend.

2.1.10 Wie die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdeerwiderung auf Seite 5 in Absatz 3 zutreffend anmerkte, bleibt nämlich offen, ob die in Absatz [0022] offenbarte elektrische Einrichtung als Heizelement angesehen werden kann. Die Funktion und Ausgestaltung der elektrischen Einrichtung, insbesondere in der Ausgestaltung als elektrischer Verbraucher, beispielsweise als Widerstand, wird in Absatz [0022] nicht genauer beschrieben und bleibt daher unklar. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Fachperson aus der Offenbarung des Absatzes [0022] unmittelbar und eindeutig entnähme, dass die elektrische Einrichtung ein Heizelement darstelle.

2.1.11 Zusammenfassend legt keiner der von der Einsprechenden 01 vorgetragenen Einwände die Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zur Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der Offenbarung des Dokuments D4 überzeugend dar.

2.2 Dokument D14

2.2.1 Die Einsprechende 01 wendete sich weiter gegen die begründete Feststellung der Einspruchsabteilung aus den Punkten 26 bis 28 der Entscheidungsgründe, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber der technischen Lehre des Ausführungsbeispiels der Figur 2 des Dokuments D14 ist.

2.2.2 Dabei schloss sich die Einsprechende 01 der Feststellung aus Punkt 26 der Entscheidungsgründe an, dass das Dokument D14 in der Figur 2 einen Steckverbinder (Merkmal 1.1) zum Verbinden einer ersten Fluidleitung mit einer zweiten Fluidleitung in Zusammenwirken mit mindestens einem Gegenstecker (Merkmal 1.2) offenbare.

2.2.3 In Punkt 27 der Entscheidungsgründe führte die Einspruchsabteilung aus, dass das Düsenoberteil (7) abnehmbar sei und ein Gegenstecker mit einer zweiten Leitung mit einer entsprechenden Form konfiguriert werden könne, damit er auf das Gehäuse (6) aufgesteckt werden könne, um somit die erste Leitung (1) mit einer zweiten Leitung zu verbinden (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 4, Absatz 3).

2.2.4 Die Patentinhaberin verwies indes ihrerseits auf Seite 7, Absätze 1 und 2, der Beschwerdeerwiderung - aus Sicht der Kammer richtigerweise - darauf, dass das in Figur 2 des Dokuments D14 dargestellte Ausführungsbeispiel eine Scheibenwaschanordnung darstellt, wobei eine Scheibenwaschdüse auf einen Leitungsendabschnitt aufgebracht ist.

2.2.5 Die Kammer stimmt mit der Patentinhaberin ebenfalls überein, dass eine Düse nicht als Fluidleitung angesehen werden könne.

2.2.6 Auch trug die Patentinhaberin zutreffend vor, dass eine mögliche Konfiguration der Scheibenwaschanordnung mittels eines Ersetzens des Düsenoberteils durch einen Gegenstecker mit einer zweiten Leitung der technischen Lehre des Ausführungsbeispiels der Figur 2 nicht zu entnehmen ist. Die Kammer ist zudem nicht davon überzeugt, dass der Fachperson zum Prioritätstag des Streitpatents vor dem Hintergrund der Offenbarung des Ausführungsbeispiels der Figur 2 und seines allgemeinen Fachwissens eine Eignung der Scheibenwaschanordnung für die genannte Konfiguration unmittelbar und eindeutig erkennbar gewesen wäre. Die Erwägung der Möglichkeit dieser Konfiguration ohne weitere Behandlung der Frage, weshalb die Fachperson eine solche auch in der Praxis zweifelsfrei als umsetzbar erkannt oder erwogen hätte, ist jedenfalls nicht geeignet, die Eignung der Scheibenwaschanordnung als Steckverbinder zum Verbinden einer ersten Fluidleitung (1) mit einer zweiten Fluidleitung in Zusammenwirken mit mindestens einem Gegenstecker darzulegen.

2.2.7 Der Offenbarung des Ausführungsbeispiels der Figur 2 des Dokuments D14 ist daher jedenfalls nicht das Merkmal 1.2 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zu entnehmen, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag insoweit neu ist.

2.3 Dokument D19

2.3.1 Die Einsprechende 01 rügte weiter die begründete Feststellung in den Punkten 31 bis 34 der Entscheidungsgründe, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber der Offenbarung des Ausführungsbeispiels der Figur 1 des Dokuments D19 ist. Die Einspruchsabteilung stellte dazu fest, dass das Merkmal 1.5, nämlich dass der Steckverbinder

"ein Gehäuse (2) aus elektrisch isolierenden Material, vorzugsweise aus Kunststoff,"

umfasst, nicht in Dokument D19 offenbart ist.

2.3.2 Dabei wendete die Einsprechende 01 zunächst ein, dass die Einspruchsabteilung nicht berücksichtigt habe, dass der in der Figur 1 gezeigte Steckverbinder nur eine beispielhafte Ausführungsform von vielen möglichen Steckverbindern gemäß der Offenbarung des Dokuments D19 darstelle. Bereits in der allgemeinen Ausführungsform auf Seite 3 und 4 sowie in Anspruch 1 des Dokuments D19 finde sich eine allgemeinere Offenbarung eines Steckverbinders ohne Zusatz von elektrischen Füllstoffen in dem Material des Gehäuses (vgl. Beschwerdebegründung, Seiten 6 und 7, übergreifender Absatz).

2.3.3 Gemäß der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss die technische Offenbarung eines zum Stand der Technik gehörenden Dokumentes als Ganzes betrachtet werden. Die einzelnen Abschnitte eines Dokumentes dürfen nicht losgelöst von den anderen Teilen, sondern müssen in deren Gesamtzusammenhang betrachtet werden. (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2019, Kapitel I.C.4.1).

2.3.4 Die in von der Einsprechenden 01 zitierte Passage auf den Seiten 3 und 4 des Dokuments D19, sowie auch der Anspruch 1 geben beide an, dass das Gehäuse aus einem Polymermaterial gemacht ist ("a body made of a polymeric base material", wobei jeweils ausdrücklich weiter spezifiziert ist, dass das Polymermaterial wärmeleitend ist (siehe D19, Seite 3, Zeilen 22 und 23 und, Seite 12, Zeilen 7 und 8). Zu der Wärmeleitfähigkeit des Polymermaterials entnimmt die Fachperson dem Dokument D19 allein die Angaben aus dem bevorzugten (und einzigen) Ausführungsbeispiel auf Seite 6, Zeilen 24 und 25, auf die auch die Einspruchsabteilung in Punkt 33 der Entscheidungsgründe hinweist. Demnach wird wonach das Polymermaterial (konkret in Form von Polyamid) durch das Hinzufügen von elektrisch leitenden Stoffen wärmeleitfähig gemacht. Die Fachperson entnimmt somit die technische Lehre eines wärmeleitfähigen Polymermaterials nur in Zusammenhang mit einem Hinzufügen von elektrisch leitenden Stoffen.

2.3.5 Die Einspruchsabteilung setzte sich bereits in Punkt 33 der Entscheidungsgründe mit dem nunmehr von der Einsprechenden 01 vorgetragenen Argument auseinander, dass ein Hinzufügen von elektrisch leitenden Stoffen zur Wärmeübertragung nicht dazu führen muss, dass das Polyamidmaterial elektrisch leitend wird. Sie stellte dazu fest, dass aus der Offenbarung nicht hervorginge, dass das Gehäuse trotz des Hinzufügen von elektrisch leitenden Füllstoffen elektrisch isolierend bleibt.

2.3.6 Der jetzige Einwand der Einsprechenden 01, dass die Fachperson aus seinem allgemeinen Fachwissen wisse, dass eine Beimischung von elektrischen Füllstoffen die thermische Leitfähigkeit verbessern könne, ohne die effektive, für die Anwendung erforderliche, elektrische Isolationsfähigkeit des Gehäuses zu beeinträchtigen, und dass auch wenn die elektrische Isolierfähigkeit durch die elektrischen Füllstoffe theoretisch abnehmen könne, dies nicht bedeute, dass das Gesamtmaterial keine ausreichende elektrische isolierende Funktion aufweise (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 8, letzter Teilabsatz, bis Seite 9, Absatz 1), bleibt mangels eines Vorbringens von Tatsachen, die diese Aussage geeignet stützen könnten, letztlich eine unbewiesene Behauptung, die nicht geeignet ist, die Unrichtigkeit der anderslautenden Feststellung der Einspruchsabteilung darzulegen.

2.3.7 Der Einsprechenden 01 gelingt es im Ergebnis nicht, die Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zur Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem Dokument D19 darzulegen.

2.4 Dokument D20

2.4.1 Die Einspruchsabteilung stellte in den Punkten 35 und 36 der Entscheidungsgründe fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber der technischen Lehre des Dokuments D20 ist, weil das Dokument D2 nicht das Merkmal 1.6 offenbart.

2.4.2 Die Einspruchsabteilung ging dabei davon aus, dass das Merkmal 1.6 erfordert, dass das Heizelement von einem Teil des Gehäuses aus elektrisch isolierenden Material eingeschlossen ist.

2.4.3 Hiergegen wendete sich die Einsprechende 02 und trug vor, dass der Wortlaut des Merkmals 1.6 lediglich definiere, wo dass Heizelement eingeschlossen sei, nämlich in dem Gehäuseteil. Der Wortlaut lasse aber offen, wie dieser Einschluss erreicht werde. Auch in dem im Streitpatent gezeigten Ausführungsbeispiel der Figur 2 werde der Einschluss nicht durch das Gehäuseteil 3 alleine erreicht, sondern nur in Kombination mit einem weiteren Bauteil, nämlich dem Steckergehäuse 7 (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 02, Seite 2, Absatz 4 und letzter Teilabsatz). Die Einsprechende 01 schloss sich diesem Argument in mündlichen Verhandlung an.

2.4.4 Das Argument der Einsprechenden 01, dass das Gehäuse und das Gehäuseteil gemäß dem Anspruchswortlaut zwei voneinander gegenständlich und mechanische getrennte Teile sein (vgl. Schriftsatz vom 13. September 2022) kann dabei nicht überzeugen. Angesichts des Wortlauts des Anspruchs wird die Fachperson die Merkmale so verstehen, dass das Gehäuseteil ein Teil des Gehäuses ist, wobei das Gehäuse auch im Verständnis der Kammer ohne weiteres aus mehreren, auch gegenständlich getrennten Teilen gebildet sein kann. Das Merkmal 1.5 beschreibt jedoch eine Eigenschaft, die dem Gehäuse, d.h. sämtlichen Teilen des Gehäuses, inhärent ist.

2.4.5 Das Merkmal 1.6 ist daher in Zusammenschau mit dem Merkmal 1.5 so zu verstehen, dass der als das Gehäuseteil (3) zum Einschließen des Heizelement (1) identifizierte Teil des Gehäuses (2), der mit weiteren Bestandteilen, wie dem Steckergehäuse 7 verbunden sein mag, jedenfalls aber zur Abdichtung gegenüber dem zu erwärmenden Medium dient, ein elektrisch isolierenden Material umfasst. Dabei ist es aus Sicht der Kammer eindeutig, dass sich die in Merkmal 1.6 geforderte Abdichtung gegenüber dem zu erwärmenden Medium auf den das Heizelement einschließende Gehäuseteil bezieht.

2.4.6 In der in Figur 1 des Dokuments D20 gezeigten Vorrichtung ist die Wand (10), die analog zu dem obigen Verständnis der Merkmal 1.5 und 1.6 durch die Kammer dem Gehäuse im Sinne des Anspruchs 1 zuzurechnen ist, da sie wesentlich die Funktion der Abdichtung übernimmt, jedoch aus einem elektrisch leitenden Material gebildet, insbesondere Kupfer, was auch von den Beteiligten unbestritten ist. Das vor dem Hintergrund des Merkmals 1.5 zu lesende Merkmal 1.6 ist somit der technischen Lehre des Dokuments D20 nicht zu entnehmen.

2.4.7 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher neu gegenüber der Lehre des Dokuments D20.

2.5 Dokument D21

2.5.1 Die Einsprechende 01 wendete sich zudem gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung aus den Punkten 37 und 38 der Entscheidungsgründe, dass der in der Figur 3 des Dokuments D21 gezeigte Rohrbogen bzw. Eckleiterverbinder 40 ("corner connector assembly 40") kein Heizelement enthält.

2.5.2 Sie trug dazu vor, dass das Polymermaterial 54 eine Heizwirkung bezogen auf den Eckleiterverbinder 40 habe und daher eine Ausbildung eines Heizelements darstelle (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 11, Absätze 5 bis 8).

2.5.3 Die Kammer schließt sich der Feststellung der Einspruchsabteilung an, dass die Funktion des Polymermaterials nicht vollständig klar ist und erkennt im Vorsehen des Polymermaterials allenfalls die Funktion eines thermischen Leiters. Der Offenbarung des Dokuments D21 ist jedoch für die Fachperson im Vorsehen des Polymermaterials nicht unmittelbar und eindeutig die Funktion eines Heizelements zu entnehmen.

2.5.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D21.

3. Erfinderische Tätigkeit (Einspruchsgrund nach Artikeln 100 a) und 56 EPÜ) ausgehend von Dokument D4 mit dem allgemeinen Fachwissen

3.1 Die Einspruchsabteilung stellte in Punkt 51 der Entscheidungsgründe fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der technischen Lehre des Dokuments D4 und dem Fachwissen der Fachperson auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, weil sich der Fachperson aus dem Stand der Technik und dem Fachwissen keine Hinweise ergeben, eine zusätzliche Heizung im Gehäuse zu realisieren.

3.1.1 Der Einwand der Einsprechenden 01, dass die Feststellung der Einspruchsabteilung fehlerhaft seien, weil die Fachperson erkenne, dass die Heizleistung der Leiterenden 9 für den Bereich der Befestigung der Fluidleitung an dem Gehäuse, insbesondere bei besonders niedrigen Außentemperaturen, nicht ausreichen würde und ein zusätzliches Heizelement in diesem Bereich benötigt wird (vgl. Beschwerdebegründung der Einsprechenden 01, Seite 13, Absatz 3), wird durch keinerlei Tatsachen oder Beweismittel belegt und blieb während des gesamten Beschwerdeverfahrens eine reine Behauptung.

3.1.2 Es bleibt damit offen, weshalb die Fachperson angesichts der technischen Lehre des Dokuments D4 veranlasst gewesen wäre, das zu erwärmende Medium im Bereich des Steckverbinders zu erwärmen, so dass nicht dargelegt wurde, weshalb die Fachperson die Lehre des Dokuments D4 derart abändern würde, dass sie zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelangte.

3.1.3 Der Einsprechenden 01 gelingt es damit nicht, die Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgehend vom Dokument D4 darzulegen.

4. Das Vorbringen zur Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung überzeugte im Ergebnis nicht, so dass die Beschwerde der Einsprechenden 01 zurückzuweisen war.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde der Einsprechenden 01 wird zurückgewiesen.

2. Die von der Einsprechenden 02 gezahlte Beschwerdegebühr wird im Höhe von 25% zurückgezahlt.

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