T 1166/18 (Nasswäscher/CFT) of 20.11.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T116618.20201120
Datum der Entscheidung: 20 November 2020
Aktenzeichen: T 1166/18
Anmeldenummer: 12722276.8
IPC-Klasse: B01D47/06
E21C35/22
B01D46/52
B01D46/00
E21F5/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: NASSWÄSCHER MIT REDUZIERTEN ENERGIEBEDARF ERFORDERNDEM KOMPAKTDEMISTER
Name des Anmelders: CFT GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
European Patent Convention R 43(2) (2007)
RPBA2020 Art 011 (2020)
RPBA2020 Art 013(1) (2020)
RPBA2020 Art 013(2) (2020)
Schlagwörter: Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (ja)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Änderungen - Berichtigung von Mängeln (ja)
Zurückverweisung - besondere Gründe für Zurückverweisung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 12 722 276.8 Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass die Anmeldung nicht den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ genüge (Punkt II. der angefochtenen Entscheidung).

III. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Antrag ein.

IV. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 konstatierte die Kammer, dass die Zurückweisungsgründe angesichts der neuen Ansprüche nicht mehr relevant seien (Punkt 6.), erhob jedoch neue Beanstandungen unter Artikel 123(2) EPÜ (Punkt 8.) und Artikel 84 EPÜ (Punkt 9.).

V. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin neue Ansprüche und eine angepasste Beschreibung ein.

VI. In einem Telefongespräch vom 10. November 2020 wurde die Beschwerdeführerin vom Berichterstatter informiert, dass weiterhin Einwände unter Artikel 84 und 123(2) EPÜ bestünden.

VII. Nach neuerlichem Kontakt mit dem Berichterstatter am 16. November 2020 reichte die Beschwerdeführerin schließlich einen neuen Anspruchssatz (zweiter Anspruchssatz (14:03 Uhr)) ein.

VIII. Die für 20. November 2020 angesetzte mündliche Verhandlung wurde danach abberaumt.

IX. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs dieses zweiten Anspruchssatzes ist wie folgt:

"1. Nasswäscher für den Einsatz im untertägigen Berg- und Tunnelbau im Rahmen der Staubbekämpfung, mit einem Wäschergehäuse (2) mit zugeordnetem Lüfter (16) und einem mit Befeuchtungsdüsen (6, 7) versehenen und ein Filterpaket (25) aufweisenden Demister (5) sowie nachgeordnetem Tropfenfänger (11) und Wassertank (18) mit ventilgesteuertem Frischwasserzulauf (20) für Kreislaufwasser (19), dadurch gekennzeichnet, dass der Demister (5) einen Stützrahmen (27) und darin in Wetterrichtung (10) im Abstand angeordnete Stützgitter (28, 29) aufweist, zwischen die als Filtermaterial (30) Stahlgewebe oder Stahlgeflecht oder Stahlwolle oder Streckmetalllagen, ein kompaktes Filterpaket (25) darstellend, eingebracht ist, wobei die Stützgitter (28, 29) und damit auch das Filtermaterial (30) und das Filterpaket (25) ein wellenförmig gebogenes oder gekantetes Gesamtpaket (31) ergebend ausgebildet sind."

Die Ansprüche 2 bis 5 beziehen sich auf Anspruch 1.

X. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin seien die Erfordernisse des EPÜ nunmehr erfüllt.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Anspruchssatzes vom 16. November 2020 (zweiter Anspruchssatz (14:03 Uhr))zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 13(1) und (2) VOBK 2020

Die Zulassung von Änderungen des Beschwerdevorbringens einer Anmelderin nach Einreichung ihrer Beschwerdebegründung liegt nach Artikel 13(1) VOBK 2020 im Ermessen der Kammer.

Nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung werden nach Artikel 13(2) VOBK 2020 solche Änderungen nur unter außergewöhnlichen Umständen berücksichtigt.

Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin den neuen Anspruchssatz am 16. November 2020 eingereicht, also erst vier Tage vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren.

Allerdings stellt dieser Antrag eine angemessene Reaktion auf die in der Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 und die im Telefongespräch vom 10. November 2020 erstmalig aufgezeigten Beanstandungen dar. Wie nachstehend gezeigt, werden mit dem vorliegenden Anspruchssatz zudem all diese Mängel unter Artikel 84 und 123(2) EPÜ behoben.

Daher liegen außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 vor, womit der neue Antrag zuzulassen ist.

2. Artikel 123(2) EPÜ

Aus den folgenden Gründen erfüllen die Ansprüche nun die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ:

2.1 Anspruch 1 basiert auf Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht, sowie auf dem ursprünglichen Anspruch 4, in dem der Aufbau des Demisters, die Ausrichtung des Filterpakets in Wetterrichtung, die Stützgitter und die Natur des Filtermaterials präzisiert werden.

2.2 Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 basieren auf den Ansprüchen 5, 6, 8 und 10 wie ursprünglich eingereicht.

Die im Vergleich zu den Ansprüchen wie ursprünglich eingereicht vorgenommenen Änderungen gehen für die Person des Faches unmittelbar und eindeutig hervor, da sie folgende sprachlichen Änderungen enthalten:

- in Anspruch 2 wird der unbestimmte Artikel in "eine zu schließende Gehäusetür" verwendet, da eine solche Tür im vorangehenden Anspruch noch nicht definiert ist,

- in Anspruch 3 werden analog zu Anspruch 1 die Stützgitter im Plural genannt und

- in Anspruch 4 wird der unklare Begriff "im Bereich des Demisters" vermieden.

2.3 Da nach Anspruch 1 nun auch die Stützgitter (und nicht nur das Filterpaket) wellenförmig gebogen oder gekantet sind, ist der Zurückweisungsgrund unter Punkt II. der angefochtenen Entscheidung hinfällig.

3. Artikel 84 und Regel 43(2) EPÜ

Aus den folgenden Gründen erfüllen die Ansprüche nun die Erfordernisse von Artikel 84 und Regel 43(2) EPÜ:

3.1 Die Ansprüche enthalten nicht mehr das unklare Merkmal "Reduzierung der Paketdicke", das im Anspruchssatz vorhanden war, der der Entscheidung zu Grunde lag.

3.2 Nach den vorgenommenen Änderungen ist eindeutig nur ein unabhängiger Anspruch vorhanden. Es gibt keinen abhängigen Anspruch mehr, der wegen eines im Vergleich zum unabhängigen Anspruch unterschiedlichen und widersprüchlichen Filtermaterials den Eindruck eines weiteren, versteckten unabhängigen Anspruches erwecken könnte.

3.3 Der potentiell relative Begriff "kompaktes [Filterpaket]" in Anspruch 1 wird durch die darauffolgende Präzisierung "wellenförmig gebogen[] oder gekantet[]" klargestellt.

3.4 Schließlich rufen die Änderungen, die im Vergleich zu den Ansprüchen vorgenommen wurden, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht, keine neuen Klarheitseinwände hervor.

4. Artikel 11 VOBK 2020

Wie zuvor dargelegt, bezieht sich der Zurückweisungsgrund der angefochtenen Entscheidung (Punkt II.) ausschließlich auf Artikel 123(2) EPÜ.

Da es gemäß Artikel 12(2) VOBK 2020 das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens ist, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen und die Erfordernisse der Patentierbarkeit in der angefochtenen Entscheidung nicht behandelt wurden, liegen besondere Gründe im Sinne von Artikel 11 VOBK 2020 für eine Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung vor.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des am 16. November 2020 eingereichten Antrags (zweiter Anspruchssatz (14:03 Uhr)) an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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