T 1058/18 () of 6.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T105818.20190206
Datum der Entscheidung: 06 Februar 2019
Aktenzeichen: T 1058/18
Anmeldenummer: 05026298.9
IPC-Klasse: G07F 7/08
G07B 15/02
G07F 7/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Kontrolle von auf Nutzerendgeräten gespeicherten elektronischen Fahrkarten
Name des Anmelders: mcity GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - nach Änderung
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung mit der Nummer 05026298 zurückzuweisen.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Anmelderin die Aufhebung der Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis eines während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags, umfassend die Seiten 1 bis 7 der Beschreibung und Ansprüche 1 bis 3.

III. Es wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D1: WO01/69540 A1

D2: EP1304670 A1

D3: WO01/03075 A1

D4: EP1333406 A1

D5: WO02/056237 A2

IV. Der unabhängige Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:

Verfahren zur Kontrolle von Nutzerendgeräten zugeordneten elektronischen Fahrkarten, die innerhalb eines Systems zur automatischen Erfassung der Benutzung kostenpflichtiger Transportmittel zur Personenbeförderung und/oder zur Abrechnung des Fahrpreises verwendet werden,

wobei eingeschaltete, sich innerhalb der Senderreichweite eines in einem Transportmittel angeordneten Senders befindende Nutzerendgeräte von dem Sender ausgesendete abrechnungsrelevante Daten empfangen, auf denen basierend der Fahrpreis ermittelt und abgerechnet wird,

wobei die Nutzerendgeräte aufgrund des Empfanges eines Kontrolldatentelegrammes die Gültigkeit der elektronischen Fahrkarte repräsentierende Signale optisch ausgeben,

wobei das Kontrolldatentelegramm von einer Vorrichtung, die innerhalb des Fahrzeugs angeordnet ist, an alle Nutzerendgeräte ausgesendet wird,

und wobei zusammen mit dem Kontrolldatentelegramm ein Gültigkeitscode übermittelt wird, der nur dann automatisch über ein Display der jeweiligen Nutzerendgeräte ausgegeben wird, wenn das Nutzerendgerät bereits zuvor abrechnungsrelevante Daten von dem innerhalb des Transportmittels angeordneten Sender empfangen hat.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123(2) EPÜ

Der unabhängige Anspruch 1 beruht auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 5 sowie den Absätzen 25 bis 27 der ursprünglichen Beschreibung (A1-Schrift).

Anspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 3 und Anspruch 3 entspricht dem ursprünglichem Anspruch 7. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Bedingungen des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt sind.

3. Stand der Technik, D1

Das Dokument D1 betrifft ein System zur Erfassung und Abrechnung der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Zu diesem Zweck werden bei Beginn und Ende des Transports Identifikationsdaten eines drahtlosen Kommunikationsgerätes von im Transportmittel angeordneten Einrichtungen automatisch erfasst beziehungsweise registriert, an ein zentrales System weiter geleitet und dort zur Berechnung eines Fahrpreises genutzt. Eine Kontrolle, ob ein Passagier ordnungsgemäß registriert ist oder nicht erfolgt dabei durch die optische oder akustische Wiedergabe eines Kontrollcodes durch die Kommunikationsgeräte, der nur den registrierten Kommunikationsgeräten mithilfe der in den Transportmitteln angeordneten Einrichtungen übermittelt wird.

4. Neuheit

4.1 Anspruch 1, D1

In den Worten des Anspruchs 1 offenbart D1 ein Verfahren zur Kontrolle von Nutzerendgeräten (communication devices 7, 8) zugeordneten elektronischen Fahrkarten, die innerhalb eines Systems zur automatischen Erfassung der Benutzung kostenpflichtiger Transportmittel zur Personenbeförderung und/oder zur Abrechnung des Fahrpreises verwendet werden (siehe Zusammenfassung),

wobei eingeschaltete, sich innerhalb der Senderreichweite eines in einem Transportmittel angeordneten Senders (local communication infrastructure) befindende Nutzerendgeräte (communication devices 7, 8) von dem Sender ausgesendete abrechnungsrelevante Daten empfangen, auf denen basierend der Fahrpreis ermittelt und abgerechnet wird (Seite 13, Zeilen 5 bis 9 und Seite 22, Zeilen 16 bis 22),

wobei die Nutzerendgeräte aufgrund des Empfanges eines Kontrolldatentelegrammes die Gültigkeit der elektronischen Fahrkarte repräsentierende Signale (verification code) optisch ausgeben (siehe Seite 12, Zeilen 9 bis 16 und Seite 21, Zeilen 12 bis 18; presenting the verification code on a communication device 7, 8 for example via display means thereof),

wobei das Kontrolldatentelegramm von einer Vorrichtung 2, 16, die innerhalb des Fahrzeugs angeordnet ist (local communication infrastructure 2, verification device 16), an registrierte Nutzerendgeräte ausgesendet wird (siehe Seite 7, Zeile 9 bis 17 und Seite 21, Zeilen 9 bis 12: verification code is only exchanged with communication devices 7, 8 that are registered with the local comunnication infrastructure),

und wobei zusammen mit dem Kontrolldatentelegramm ein Gültigkeitscode (verification code) übermittelt wird (siehe Seite 21, Zeilen 5 bis 12).

4.2 Unterschied

Im Gegensatz zur Einschätzung der Prüfungsabteilung (siehe Punkt 18 der angefochtenen Entscheidung) ist die Kammer der Ansicht, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von D1 dadurch unterscheidet, dass

a das Kontrolldatentelegramm mit dem Gültigkeitscode an alle Nutzerendgeräte ausgesendet wird,

und dadurch dass

b der Gültigkeitscode nur dann automatisch über ein Display der jeweiligen Nutzerendgeräte ausgegeben wird, wenn das Nutzerendgerät bereits zuvor abrechnungsrelevante Daten von dem innerhalb des Transportmittels angeordneten Sender empfangen hat.

Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 ist daher neu nach Artikel 54 EPÜ 1973.

Dabei teilt die Kammer durchaus die Einschätzung der Prüfungsabteilung in Bezug auf die unabhängigen Ansprüche 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen (siehe insbesondere Punkte 16 und 27). Durch die im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen wurde Anspruch 1 jedoch auf das zweite in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen genannte Ausführungsbeispiel beschränkt, wodurch diese Einschätzung nicht mehr zutrifft.

5. Erfinderische Tätigkeit

Ein technischer Effekt des unterscheidenden Merkmals b ist, dass Nutzerendgeräte den Gültigkeitscode nicht anzeigen, wenn sie erst kurz vor der Aussendung des Kontrolldatentelegramms eingeschaltet und registriert werden (beispielsweise, weil der Benutzer den Zustieg eines Kontrolleurs beobachtet).

Ein technischer Effekt der beiden unterscheidenden Merkmale a und b ist, dass die in D1 offenbarte einfache Sichtkontrolle der elektronischen Fahrkarten auch in einem System möglich wird, in welchem sich die Nutzerendgeräte gar nicht registrieren (und damit abbuchungsrelevante Daten senden), sondern abbuchungsrelevante Daten nur empfangen.

Auf Basis dieser Effekte kann das zu lösende objektive technische Problem so formuliert werden, dass das aus D1 bekannte Kontrollverfahren robuster gegen Betrugsversuche gemacht und in seinem Anwendungsbereich erweitert werden soll.

Das Dokument D2 offenbart wie D1 ein System, in dem das Nutzerendgerät 14 (Handy) registriert wird (Absätze 9 und 12). Die Kontrolle der Fahrkarten erfolgt darüber hinaus nicht über eine Anzeige auf dem Nutzerendgerät, sondern mithilfe eines Kontrollgeräts 100, 120 (Absätze 38 und 43).

Auch D3 offenbart ein System, bei dem die Nutzerendgeräte 4 (Endgerät) registriert werden und die Kontrolle der Fahrkarten durch Anzeige von Daten auf einem Berechtigungsprüfgerät 90 durchgeführt wird.

Das Dokument D4 betrifft die Überprüfung von Eintrittskarten mithilfe akustischer Sequenzen. Vorrichtungen in Transportmitteln sind in D4 nicht offenbart.

D5 offenbart ebenfalls ein System, bei dem die Nutzerendgeräte registriert werden. Eine Kontrolle erfolgt entweder durch einen Bordrechner oder durch Übermittlung, im Rahmen des normalen Datenaustausches zwischen der Einrichtung im Transportmittel und den Nutzerendgeräten, eines minimal erforderlichen Betrages an die Nutzendgeräte, wobei anschließend eine Information, ob ausreichendes Guthaben vorhanden ist, auf allen Nutzerendgeräten angezeigt wird (Seite 12, Zeilen 12 bis 36).

Keines der Dokumente des verfügbaren Standes der Technik offenbart also die unterscheidenden Merkmale a und b.

Selbst durch Kombination aller dieser Dokumente würde der Fachmann daher nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

Die Kammer ist auch nicht der Ansicht, dass der Fachmann, ausgehend von D1, D2, D3 oder D5 durch sein allgemeines Wissen dazu angeregt würde, jeweils die Merkmale a und b zu implementieren, da in all diesen Dokumenten eine Registrierung des Nutzerendgerätes gefordert wird und der Fachmann daher keinen Anlass hätte, eine Kontrollmöglichkeit für ein System zu schaffen, das ohne Registrierung auskommt.

D4 betrifft keine Transportmittel beziehungsweise Fahrkarten und ist daher nicht als nächstliegender Stand der Technik im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes geeignet.

Aus dem obigen folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in Bezug auf den verfügbaren Stand der Technik als auf einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ 1973 beruhend angesehen werden muss.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung:

Seiten 1 bis 7 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2019

Ansprüche:

Nr. 1 bis 3 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2019

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