T 1042/18 () of 11.5.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T104218.20220511
Datum der Entscheidung: 11 Mai 2022
Aktenzeichen: T 1042/18
Anmeldenummer: 13167902.9
IPC-Klasse: A61B 5/00
A61M 1/36
A61B 5/1455
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Medizinisches Gerät zur extrakorporalen Blutbehandlung mit mehreren Sensoreinheiten
Name des Anmelders: B. Braun Avitum AG
Name des Einsprechenden: Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 112(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - eingereicht mit der
Beschwerdebegründung - zugelassen (nein)
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
stichhaltige Gründe (nein) - berücksichtigt (nein)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer - (nein)
Orientierungssatz:

1.) Im Beschwerdeverfahren bestehen Beschränkungen neuen Vorbringens sowohl durch die Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer in G 10/91, G 1/95 und G 7/95 zur Berücksichtigung neuer Einspruchsgründe, als auch durch die den Kammern in Artikel 114 (2) EPÜ und der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern eingeräumte Möglichkeit, verspätetes Vorbringen nicht zuzulassen. Diese Beschränkungen bestehen unabhängig voneinander und wirken kumulativ (Nr. 4.5 der Gründe).

2.) Vorbringen, das nicht auf die in der Beschwerdebegründung oder Erwiderung enthaltenen Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel gerichtet ist, bewirkt eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK (J 14/19, Nr. 1.4 der Gründe). In diesem Zusammenhang stellt sowohl eine neue Kombination von Tatsachenelementen (z.B. die Wahl einer anderen Entgegenhaltung oder einer anderen Textstelle einer Entgegenhaltung als Ausgangspunkt für einen Einwand erfinderischer Tätigkeit) als auch eine neue Kombination von Tatsachen- und Rechtselementen (z.B. die Bezugnahme auf ein Dokument oder eine Textstelle in einem anderen rechtlichen Zusammenhang) eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar. Ein in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erstmals vorgetragener Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von einer Entgegenhaltung, die zuvor lediglich Gegenstand eines Neuheitseinwandes war, stellt somit regelmäßig eine Änderung des Beschwerdevorbringens gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 dar (Nr. 4.9 der Gründe).

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/91
G 0001/95
G 0007/95
J 0014/19
T 0131/01
T 0448/03
T 0635/06
T 0597/07
T 1029/14
T 0184/17
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1816/17
T 1776/18
T 2161/18
T 2866/18
T 0151/19
T 1501/19
T 1851/21
T 0662/22
T 1773/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende hat gegen die am 23. Februar 2018 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 666 492 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

Der Einspruch wurde auf mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit gestützt.

II. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2021 lud die Kammer die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung ein und teilte ihre vorläufige Meinung mit.

III. Mit Brief vom 8. April 2022 reichte die Beschwerdeführerin folgendes Dokument ein:

D33: "NIKKISO Hämodialysegerät DBB-02", Nikkiso Co.

Ltd., Katalog-Nr. 533, 6.'94

IV. Am 11. Mai 2022 fand eine mündliche Verhandlung statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der folgenden Rechtsfragen an die Große Beschwerdekammer:

1. "Ist der Einspruchs-Beschwerdeführer im späteren Verlauf des Verfahrens daran gehindert, Dokumente, die bislang nur für Angriffe wegen mangelnder Neuheit herangezogen wurden, nach Zuerkennen von Neuheit im Verlauf erstmals wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit anzuführen?"

2. "Falls die Antwort auf Frage 1 'nein' ist, gibt es im Einspruchs-Beschwerdeverfahren einen Zeitpunkt, bis zu dem ein solcher Angriff, nun gegen erfinderische Tätigkeit gerichtet, vorgebracht werden muss, und falls ja, welchen?"

3. "Falls die Antwort auf Frage 1 'ja' ist, macht es einen Unterschied, sollte das in Frage stehende Dokument zumindest bereits als kombiniertes Dokument (d. h. nicht als Startpunkt) gegen erfinderische Tätigkeit genutzt worden sein?"

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung. Hilfsweise beantragte die Beschwerdegegnerin die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß Hilfsanträgen 1-3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.

V. In dieser Entscheidung werden auch folgende Dokumente erwähnt:

D1: WO 2010/136962 A1

D2: US 6,144,444 A

D3: US 2011/0009800 Al

D4: US 5,685,989 A

D5: EP 0 720 013 A2

D6: WO 2008/118600 A1

D7: WO 98/37802 A1

D9: DE 102 43 069 B4

Dl0: US 2004/0064049 A1

D11: DE 10 2011 084 171 A1

D12: US 4,231,366 A

D15: DE 10 2010 047 248 A1

D28: US 5,595,182 A

D29: CA 2 976 872 A1

D30: "Konzeptentwicklung und Gestaltung technischer

Produkte - Systematisch von Anforderungen zu

Konzepten und Gestaltlösungen", Ponn J und

Lindemann U, 2. Auflage, Springer 2011

D31: "Globales Varianten Produktionssystem",

Vorstellung des Verbund-Forschungsvorhabens,

Mühlenbruch H und Große-Heitmeyer V,

Industriearbeitskreis "Produktionslogistik

für die variantenreiche Serienfertigung",

Sauer-Danfoss, Neumünster, 28. September 2005

D32: "Nikkiso - Operating lnstructions DBB-07 -

Software Version 3.0", Seiten 1-19, 1-36 und 2-6,

2012-02

D32a: "Nikkiso - Online-therapy at the focus - Dialysis

System DBB-07", 2010-06

VI. Anspruch 1 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:

"Medizinisches Gerät zur extrakorporalen Blutbehandlung, umfassend einen extrakorporalen Blutkreislauf mit wenigstens einem Schlauch (30) und wenigstens zwei auf dem Schlauch messende Sensoreinheiten (50) mit unterschiedlichen Wirkprinzipien, an denen Abschnitte des Schlauchs (30) für eine Messung an koppelbar sind,

wobei

jede Sensoreinheit (50) aus einem sensorspezifischen Bauteil (10) und einem sensorneutralen Bauteil (20) besteht,

die sensorneutralen Bauteile (20) der Sensoreinheiten (50) identisch ausgebildet sind, während sich die sensorspezifischen Bauteile (10) abhängig vom Wirkprinzip unterscheiden und jeweils eine spezifische Sensorik (11) umfassen,

für jede Sensoreinheit (50) das jeweilige sensorneutrale Bauteil (20) auf dem entsprechenden sensorspezifischen Bauteil (10) montiert ist, und

ein Abschnitt des Schlauchs (30) bei Einbringung und Fixierung in einem der sensorneutralen Bauteile (20) so an die entsprechende Sensorik ( 11) des darunter liegenden sensorspezifischen Bauteils (10) ankoppelbar ist, dass mit der entsprechenden Sensorik (11) eine Messung am Schlauch (30) durchführbar ist."

Die Ansprüche 2 bis 10 sind abhängige Ansprüche.

VII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulassung der Dokumente D28 bis D33

Die Dokumente D28 bis D32a seien erst mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden, weil sie den Patentverantwortlichen der Beschwerdeführerin früher nicht oder zumindest nicht hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Einspruch bekannt gewesen seien.

D28 und D29 seien im Lichte der Ausführungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung zu D4 neu identifiziert und bei nächster Gelegenheit eingereicht worden. In D28 und D29 seien verschiedene Sensoren eindeutig offenbart, die unter Einsatz verschiedener Wirkprinzipien verwendet seien.

Durch D30 bis D32a sei belegt, dass das Verwenden von Gleichteilen zum Handwerkszeug des Ingenieurs zählt, welches hinsichtlich Anspruch 1 eine besondere Rolle spiele.

D33 sei erst mit Schreiben vom 8. April 2022 eingereicht worden, weil es der Beschwerdeführerin früher nicht vorgelegen sei. Zudem sei dieses Dokument, insbesondere im Lichte der Ausführungen der Beschwerdegegnerin, prima facie hochrelevant.

Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber keinem der Dokumente D1, D4, D5, D6, D7, D9, D10, D12 und D15 neu.

D1 offenbare eine erste Sensoreinheit in Figur 4, die ein Emissionsmittel 16 und ein Detektionsmittel 18 umfasst. D1 offenbare auch eine zweite Sensoreinheit auf Seite 17, sechster Absatz.

D4 offenbare zwei Sensoreinheiten 50 und 60 in Figur 2, die jeweils mittels einer Klemme an einem Schlauch angekoppelt werden könnten. Es sei aus den Figuren eindeutig erkennbar, dass die Gehäuse der Sensoreinheiten identisch ausgestaltet seien. Zumindest Teile dieser Gehäuse seien notwendigerweise identisch, da die jeweiligen Sensoren am selben Schlauch, mit dem selben Durchmesser, angekoppelt werden könnten. Damit offenbare D4 sensorneutrale Bauteile, die identisch zueinander seien.

D5 offenbare in Figur 4 die Verwendung zweier Sensoreinheiten. Jede Sensoreinheit weise ein sensorneutrales Bauteil in Gestalt einer Schlauchaufnahme 120A, bzw. 120B auf. Die sensorneutralen Bauteile seien identisch ausgestaltet. Das sei mit einem Lineal aus den Figuren 2 und 4 messbar. Zumindest seien Teile der Schlauchaufnahmen identisch, da diese am selben Schlauch, mit dem selben Durchmesser, angekoppelt werden könnten.

D6 offenbare Sensoreinheiten, die an einem Schlauch in einer Kassette messen würden.

D7 offenbare Sensoreinheiten, die an einer Messkammer einer Kassette messen würden. Eine solche Messkammer falle unter den Wortlaut des Anspruchs 1, solange man den Begriff "Schlauch" nicht zu eng verstehen würde.

D9 offenbare zwei Sensoren 404 und 405, die jeweils mit einem Haltebereich 402 und 403 verbunden seien und die an einem in einen Sensorbereich 401 eingelegten Schlauch messen würden (Figur 4). Die Haltebereiche 402 und 403 seien als die sensorneutralen Bauteile gemäß Anspruch 1 zu verstehen. Die Tatsache, dass die Haltebereiche 402 und 403 einstückig ausgebildet sind, stehe dem bei konsistenter Auslegung des Anspruchs nicht entgegen. Ein einstückig ausgebildeter Körper, der mehrere, voneinander trennbare Funktionen verkörpert, wie etwa die patentgemäßen Sensoreinheiten, könne als zwei Bauteile verstanden werden.

D10 offenbare in Absatz [0025] die Verwendung mehrerer Sensoreinheiten, die an Schläuche ankoppelbar sind.

D12 offenbare photo-elektrische Sensoren (Spalte 10, Zeilen 63 bis 64) und andere mit unterschiedlichen Wirkprinzipien messenden Sensoren (Spalte 10, Zeilen 64 bis 67). Diese letzteren Sensoren seien keine alternativen, sondern hinzutretende Sensoren.

D15 offenbare in Absatz [0103] mehrere Sensoren, die mit unterschiedlichen Wirkprinzipien messen würden. Die in den Figuren gezeigten Abschnitte 3 der Sensoren seien sensorneutrale Bauteile, die zum Ankoppeln der Sensoren an einen Schlauch geeignet seien.

Zulassung von Einwänden mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 und Antrag auf Vorlage

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht erfinderisch, insbesondere ausgehend von einem der Dokumente D4 oder D5.

Die Einwände ausgehend von D4 oder D5 wurden erst in der mündlichen Verhandlung erhoben. Sie seien jedoch zuzulassen, weil die Beschwerdeführerin Neuheitseinwände auf Grundlage dieser Dokumente schon im früheren Verfahren erhoben hatte. Dies bestätige auch die gefestigte Rechtsprechung (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, IV-C-3.4.2 und insbesondere Entscheidungen T 597/07, T 131/01 und T 635/06). Die richtige Anwendung des Artikels 13 (2) VOBK dürfe nicht im Gegensatz zu dieser Rechsprechung stehen. Insbesondere könne eine Änderung der Verfahrensordnung vergangene Entscheidungen der Beschwerdekammern nicht obsolet machen. Sollte die Beschwerdekammer die Einwände mangelnder erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 nicht zulassen und gegen die gefestigte Rechtsprechung entscheiden, seien die in der mündlichen Verhandlung formulierten Fragen zur Klärung der Gesetzlage an die Große Beschwerdekammer vorzulegen.

Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht erfinderisch, insbesondere ausgehend von einem der Dokumente D1, D2, D7, D9 und D12, und vom in der Beschreibung des Patents erwähnten Stand der Technik.

Ausgehend von D1, D9 oder ähnlichen Entgegenhaltungen, die keine zwei jeweils aus einem sensorspezifischen Bauteil und einem sensorneutralen Bauteil bestehenden Sensoreinheiten, sondern nur eine mit mehreren sensorspezifischen Bauteilen versehene Sensoreinheit offenbarten, bestehe die zu lösende technische Aufgabe darin, ein Gerät vorzusehen, mit welchem an verschiedenen Stellen eines Schlauchs gemessen werden kann. D4 offenbare (Spalte 6, Zeilen 38 bis 40) zwei solche Sensoren, die an verschiedenen Stellen des Schlauchs angekoppelt werden könnten. Der Fachmann würde anhand der Lehre des Dokuments D4 zum Beispiel zwei Sensoreinheiten gemäß D9, mit jeweils einem messenden Bauteil, anwenden und somit zum Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise gelangen.

D2 offenbare eine Klemme, welche zur Messung von verschiedenen Blutparametern an einem Blutschlauch verwendet werden könne (Anspruch 17 von D2). Die Offenbarung von Dokument D2 unterscheide sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, dass zum Vorwegnehmen der Neuheit zwei solche Klemmen offenbart sein müssten, die mittels unterschiedlicher Wirkprinzipien messen. Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, dem Nutzer eine Vorrichtung an die Hand zu geben, die eine bessere Patientenüberwachung sicherstellen kann. D2 selbst offenbare eine Anregung zur Verwendung von mehreren Klemmen zur Messung verschiedener Parameter (Spalte 1, Zeilen 7 bis 9 und Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 7).

Ausgehend von D7, wenn ein Unterscheidungsmerkmal des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung von D7 darin zu sehen wäre, dass in D7 keine Messung durch einen Schlauch hindurch erfolgt, würde dieses Unterscheidungsmerkmal drei verschiedene technische Aufgaben lösen. Die erste Aufgabe wäre, einen Schlauch und eine Vorrichtung derart für eine Messung an ihm vorzubereiten, dass das in ihm geführte Patientenblut nicht mit einem Äußeren des Schlauchs in Verbindung kommt oder der Sterilisierungsaufwand gering gehalten wird. Die zweite Aufgabe wäre, eine Vorrichtung vorzusehen, bei welcher das Einlegen des Schlauchs weniger Aufwand bereitet. Die dritte Aufgabe wäre, eine Vorrichtung vorzusehen, durch welche die Patientensicherheit erhöht wird. Jede dieser Aufgaben würde durch die Lehre des Dokuments D2 gelöst. D2 offenbare eine Vorrichtung zum Messen von verschiedenen Blutparametern durch einen Schlauch (Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 7 sowie Figur 1). Somit würde eine Kombination von D7 mit D2 den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegen. Zum selben Ergebnis käme der Fachmann durch eine Kombination von D7 mit D11 (Absatz [0001]), D3 (Figur 1), D4 oder D9.

Ausgehend von D12, wenn ein Unterscheidungsmerkmal des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung von D12 darin zu sehen wäre, dass in D12 keine Messung durch einen Schlauch hindurch erfolgt, so würde eine Kombination von D12 mit D2, D3, D4, D9 oder D11 den Gegenstand des Anspruchs 1 aus den gleichen Gründen wie eine Kombination von D7 mit D2, D3, D4, D9 oder D11 nahelegen.

Ausgehend vom in der Beschreibung des Patents erwähnten Stand der Technik (Absätze [0003], [0004], [0005] und [0009]) mit mehreren Sensoreinheiten, die nicht identische sensorneutrale Bauteile aufweisen, seien dem Fachmann die Vorteile bekannt, die durch das Verwenden von Gleich- oder Wiederholteilen erzielbar sind. Der Fachmann würde daher, angeleitet durch sein Fachwissen und die Kenntnis der erzielbaren Vorteile, die Verwendung von identischen Bauteilen, soweit die spezielle Sensorik dies zulässt, andenken. Damit liege die Merkmalskombination des Anspruchs 1 nahe.

VIII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulassung der Dokumente D28 bis D33

Die Dokumente D28 bis D32a seien nicht zuzulassen, da sie nicht prima facie relevant seien. Aus D28 und D29 gehe der genaue Aufbau der Sensoren nicht hervor. D30 bis D32a seien unspezifisch und ihre Offenbarung gehe nicht über jene der anderen im Verfahren befindlichen Dokumente hinaus.

D33 sei auch nicht zuzulassen, da die Beschwerdeführerin keine stichhaltige Gründe für die verspätete Einreichung dieses Dokuments aufgezeigt habe.

Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu.

D1 offenbare eine einzige Multisensoreinheit (Vorrichtung 12 in externem Blutkreislauf 14) mit einem einzigen sensorneutralen Bauteil (20) und einem einzigen sensorspezifischen Bauteil (13). D1 offenbare somit keine zwei anspruchsgemäßen Sensoreinheiten und keine zumindest zwei sensorspezifischen Bauteile sowie keine zumindest zwei sensorneutralen Bauteile.

D4 offenbare Sensoren (50, 60) welche ringförmig um einen Schlauch vorgesehen seien und in den Figuren identisch dargestellt seien. Es gehe aus D4 nicht hervor, wie die Sensoren 50, 60 aufgebaut sind. Damit sei nicht offenbart, dass die Sensoren 50, 60 jeweils aus zwei Bauteilen, nämlich aus einem sensorspezifischen und einem sensorneutralen Bauteil, bestehen.

D5 offenbare in Figur 4 eine Sensoreinheit, die eine Lichtquelle 127 und zwei Detektoren 132B, 133B aufweise. Eine andere Sensoreinheit der Figur 4 weise eine Lichtquelle 126 und zwei Detektoren 132A, 133A auf. Es sei in D5 weder ein sensorspezifisches Bauteil erkennbar, noch sei erkennbar, dass ein sensorneutrales Bauteil auf einem sensorspezifischen Bauteil montiert sei. Darüber hinaus seien der schematischen Figur 4 keine Details der Sensoreinheiten zu entnehmen.

D6 offenbare nicht, dass eine Messung an einem Schlauch durchgeführt wird, sondern vielmehr im Schlauch, d.h. die Fluidik komme mit der Sensorik in direkten Kontakt.

D7 offenbare keine Messung an einem Schlauch, sondern an einer speziell ausgestalteten Messkammer (Durchflussfluidkammer).

D9 offenbare keine aus zwei Baugruppen bestehende Sensoreinheit. Es sei nur eine Sensoreinheit (Figur 4) offenbart. D9 offenbare lediglich zwei Sensoren mit unterschiedlichen Wirkprinzipien, welche aber beide auf einem einstückig ausgestalteten sensorneutralen Bauteil angebracht seien.

D10 offenbare keine zwei auf einem Schlauch messende Sensoreinheiten mit unterschiedlichen Wirkprinzipien, an denen Abschnitte des Schlauchs für eine Messung ankoppelbar seien. In D10 seien an einem sensorspezifischen Bauteil 102 ein oder mehrere Sensoren (gemäß Absatz [0025] vier Sensoren 116) vorgesehen. D10 lehre, bei Bedarf mehrere Sensoren in einer Sensoreinheit vorzusehen und nicht zwei oder mehr Sensoreinheiten bereitzustellen.

D12 offenbare grundsätzlich vier Sensoreinheiten 7, 8, 9 und 10, welche alle photoelektrisch arbeiteten. Die Offenbarung in Spalte 10, Zeilen 64-67 sei vor diesem Hintergrund dahingehend auszulegen, dass entweder vier photoelektrisch arbeitende Sensoren oder vier kapazitive Sensoren oder vier Schallsensoren oder vier Ultraschallsensoren verwendet werden sollen. D12 offenbare nicht, dass die Sensoren verschiedener Wirkprinzipien miteinander in der gleichen Messung angewendet werden. Somit seien keine unterschiedlichen Wirkprinzipien offenbart.

D15 offenbare ein sensorneutrales Bauteil 3, das zunächst mit einem Schlauch verbunden werde. Anschließend werde ein Sensor 200 in einer Anordnung 15 fixiert und dann mit dem sensorneutralen Bauteil 3 in Kontakt gebracht, welches bereits am Schlauch montiert ist. Der Schlauch werde somit insbesondere nicht mit Hilfe des sensorneutralen Bauteils fixiert.

Zulassung von Einwänden mangelnder erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 und Antrag auf Vorlage

Die Einwände der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 wurden erst in der mündlichen Verhandlung erhoben. Sie seien gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zuzulassen, weil die Beschwerdeführerin keine stichhaltige Gründe für die verspätete Erhebung dieser Einwände aufgezeigt habe. Es sei keine Vorlage an die Große Beschwerdekammer nötig. Die VOBK 2020 sei in dieser Hinsicht klar.

Erfinderische Tätigkeit

Die Aufgabe, welche durch die Erfindung nach Anspruch 1 gelöst werde, sei, ein Sensor-System zur Verwendung in einem extrakorporalen Blutkreislauf zur Verfügung zu stellen, welches einfacher, schneller und weniger fehleranfällig in der Handhabung (insbesondere im Hinblick auf Montage, Austauschbarkeit,

Reparatur und Handlungsschritte für einen Anwender) ist.

Ausgehend von D1, D2 oder D9, bei welchen nur eine Sensoreinheit vorgesehen ist, sei es nicht erkennbar wie die Erfindung nach Anspruch 1 insbesondere durch D4 nahegelegt sein könnte.

D7 und D12 seien schon deswegen nicht als Ausgangspunkt geeignet, da in diesen Dokumenten nicht am Schlauch, sondern in einer Messkammer gemessen werde. D7 und D12 seien als gattungsfremd anzusehen.

Die insbesondere in den Absätzen [0003], [0004], [0005] und [0009] der Beschreibung des Patents erwähnten medizinischen Geräte seien kein Stand der Technik. Außerdem sei die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation eine unzulässige ex-post-facto Betrachtung. Es gebe keine Ansatzpunkte, die Kernaspekte der beanspruchten Erfindung als durch allgemeines Fachwissen nahegelegt anzusehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Erfindung

Die Erfindung betrifft ein medizinisches Gerät zur extrakorporalen Blutbehandlung umfassend einen extrakorporalen Blutkreislauf, wie zum Beispiel ein Dialysegerät.

Zum extrakorporalen Blutkreislauf gehört ein Schlauch. Am Schlauch sind wenigstens zwei Sensoreinheiten mit unterschiedlichen Wirkprinzipien ankoppelbar, wie zum Beispiel Druck- und Durchflusssensoren, die üblicherweise in einem Dialysegerät verwendet werden.

Jede Sensoreinheit besteht aus einem sensorspezifischen Bauteil und einem sensorneutralen Bauteil, wobei die sensorneutralen Bauteile der Sensoreinheiten identisch ausgebildet sind, während sich die sensorspezifischen Bauteile abhängig vom Wirkprinzip unterscheiden und jeweils eine spezifische Sensorik umfassen.

Die unten reproduzierten Figuren 1, 2 und 4 des Patents stellen jeweils ein sensorspezifisches Bauteil 10 und eine an einem Schlauch 30 angekoppelte Sensoreinheit 50 schematisch dar.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Für jede Sensoreinheit ist das jeweilige sensorneutrale Bauteil auf dem entsprechenden sensorspezifischen Bauteil montiert. Bei Einbringung und Fixierung eines Abschnitts des Schlauchs in einem der sensorneutralen Bauteile ist die entsprechende Sensorik (11) des darunter liegenden sensorspezifischen Bauteils so ankoppelbar, dass eine Messung am Schlauch durchführbar ist.

Da die sensorneutralen Bauteile über den sensorspezifischen Bauteilen montiert sind, kann sich jede Sensoreinheit dem Bediener von außen gleich darstellen (Spalte 2, Zeilen 33 bis 36 des Patents). Der Bediener muss somit beim Einlegen eines Schlauchs nicht wissen, wie die Funktionsweise der jeweiligen Sensorik ist, sondern er kann den Schlauch in jede Sensoreinheit auf dieselbe Art und Weise einlegen, und der Aufbau der Sensoreinheit führt automatisch zu einer Ankopplung des Schlauchs an die jeweilige Sensorik (Spalte 2, Zeilen 44 bis 50 des Patents). Das erleichtert das Setup des medizinischen Geräts.

2. Zulassung der Dokumente D28 bis D33

2.1 Die Dokumente D28 bis D32a wurden von der Beschwerdeführerin erst mit der Beschwerdebegründung eingereicht.

Gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007, der aufgrund des Artikels 25(2) VOBK 2020 anzuwenden ist, hat die Kammer Ermessen, Beweismittel nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können und sollen. Die prima facie Relevanz der Beweismittel kann bei der Ausübung dieses Ermessen berücksichtigt werden.

2.1.1 Bezüglich D28 und D29 führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihr diese Dokumente zu einem früheren Zeitpunkt nicht oder zumindest nicht hinsichtlich ihrer Bedeutung bekannt gewesen seien und erst im Lichte der Ausführungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung zu D4 als bedeutsam identifiziert und daraufhin bei nächster Gelegenheit eingereicht worden seien. Außerdem seien D28 und D29 "hochrelevant" für Neuheit weil sie verschiedene Sensoren offenbarten, die unter Einsatz verschiedener Wirkprinzipien verwendet würden.

Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Die Offenbarung von Dokument D4 wurde im erstinstanzlichen Verfahren von beiden Parteien ausführlich diskutiert. Die Tatsache, dass die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung die Sichtweise der Beschwerdegegnerin teilte, stellt keine Änderung der im Verfahren diskutierten Streitpunkte dar und musste von der Beschwerdeführerin jederzeit als Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Ob D28 und D29 der Beschwerdeführerin in subjektiver Hinsicht zu einem früheren Zeitpunkt nicht bekannt waren oder von dieser hinsichtlich ihrer Bedeutung anders eingeschätzt wurden, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich. In objektiver Hinsicht hätte die Beschwerdeführerin die Dokumente D28 und D29 und die darauf basierenden Einwände bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorbringen können und sollen.

Zudem sind prima facie weder in D28 noch in D29 zwei identische sensorneutralen Bauteile offenbart. Insbesondere lassen die Zeichnungen dieser Dokumente, auf welche die Beschwerdeführerin Bezug genommen hat, keine eindeutigen Details der Sensoren erkennen. Die Offenbarung von D28 und D29 geht daher nicht über diejenige von D4 hinaus.

Aus diesen Gründen ließ die Kammer die Dokumente D28 und D29 gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 nicht in das Verfahren zu.

2.1.2 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass D30 bis D32a eingereicht wurden, um zu zeigen, dass das Verwenden von Gleichteilen zum Handwerkszeug des Ingenieurs zählt.

Dieser Aussage kann seitens der Kammer generell zugestimmt werden, soweit die zu verwendenden Teile die gleiche Funktion haben sollen. Ein Bedarf an zusätzlichen Dokumenten, um dies zu zeigen, besteht nicht. Somit sind D30 bis D32a prima facie nicht relevant.

Aus diesen Gründen ließ die Kammer auch die Dokumente D30 bis D32a gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 nicht in das Verfahren zu.

2.2 D33 wurde erst mit Schreiben vom 8. April 2022 - und somit nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung - eingereicht.

Nach Artikel 13 (2) VOBK bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten, wie in diesem Fall die Einreichung eines neuen Beweismittels, nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Die Beschwerdeführerin hat keine solche stichhaltige Gründe aufgezeigt und nach Ansicht der Kammer liegen derartige Gründe auch nicht vor. Die mögliche prima facie Relevanz des Beweismittels ist für sich allein genommen nicht hinreichend.

Folglich ließ die Kammer auch das Dokument D33 gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zu.

3. Neuheit

Die Beschwerdeführerin hat Neuheitseinwände im Hinblick auf die Dokumente D1, D4, D5, D6, D7, D9, D10, D12 und D15 erhoben.

3.1 D1 betrifft ein medizinisches Gerät zur extrakorporalen Blutbehandlung mit einem Schlauch (14, Figuren 6 und 7). An dem Schlauch ist eine Sensoreinheit (Messvorrichtung 12, Figur 1) mit verschiedenen sensorspezifischen Bauteilen (16, 18, 34, Figur 4) ankoppelbar. D1 offenbart keine zwei Sensoreinheiten, die jeweils aus einem sensorspezifischen Bauteil und einem sensorneutralen Bauteil bestehen. Die Messvorrichtung 12 ist eine einzige Sensoreinheit. Auf Seite 17 wird eine Mehrzahl von Sensoren allgemein erwähnt. Das ist allerdings keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung einer zweiten Sensoreinheit. Die Sensoren können auf derselben Sensoreinheit vorgesehen sein.

3.2 D4 betrifft ein medizinisches Gerät zur extrakorporalen Blutbehandlung. Wie beispielsweise in der unten wiedergegebenen Figur 2 gezeigt, weist das medizinische Gerät wenigstens einen Schlauch (26, 32) und zwei auf dem Schlauch messenden Sensoreinheiten (50 und 60) auf.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Sensoreinheiten in den Zeichnungen von D4 sind schematisch dargestellt. Es ist nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die zwei Sensoreinheiten identische sensorneutrale Bauteile aufweisen.

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass zumindest Teile der Gehäuse des Sensoreinheiten identisch sein müssen, da die jeweiligen Sensoren am selben Schlauch, mit dem selben Durchmesser, angekoppelt werden können, vermag nicht zu überzeugen. Aus den Zeichnungen sind keine Bauteile der Sensoreinheiten oder Gehäuse erkennbar und der selbe Schlauch kann sehr wohl an unterschiedlichen Teilen angekoppelt werden.

3.3 D5 betrifft eine Vorrichtung zum optischen Messen medizinischer Parameter an einem Schlauch. Die unten wiedergegebene Figur 4 offenbart zwei Sensoreinheiten mit jeweils einem sensorspezifischen Bauteil (Sensoren 126 und 127) und einem sensorneutralen Bauteil (Schlauchaufnahmen 120A und 120B).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Ähnlich wie in D4 sind auch in D5 die Sensoreinheiten nur schematisch dargestellt. Ob sie auf der schematischen Abbildung die gleiche messbare Länge aufweisen, ist offensichtlich nicht entscheidend. Somit offenbart D5 nicht unmittelbar und eindeutig, dass die Sensoreinheiten identische sensorneutrale Bauteile aufweisen.

3.4 D6 offenbart eine Sensorvorrichtung zum Bestimmen von Eigenschaften eines Fluids in einer Kassette, die einer Blutbehandlung dienen kann (Seite 9, Zeilen 8 und 9). D6 offenbart keinen Schlauch, auf dem Sensoreinheiten mit sensorneutralen Bauteilen messen. Die Sensoreinheiten in Figur 28 messen an einer Kassette. Ein Teil des Fluidkreislaufs einer Kassette ist kein Schlauch im Sinne von Anspruch 1.

3.5 Ähnlich wie D6 betrifft D7 ein medizinisches Gerät mit Sensoreinheiten zum Messen verschiedener medizinischer Parameter an einer Messkammer einer Kassette (Zusammenfassung und Figur 27, die zwei Kassetten 12 und 12a offenbart). Auch wenn der Begriff "Schlauch" breit interpretiert wird, kann eine Messkammer einer Kassette von diesem Begriff nicht umfasst werden. Somit offenbart auch D7 keinen Schlauch, auf dem Sensoreinheiten mit sensorneutralen Bauteilen messen.

3.6 D9 betrifft eine Vorrichtung zur Befestigung von Sensoren an einem Schlauch, die in einem Dialysegerät einsetzbar ist (Absatz [0007]). In der unten wiedergegebenen Figur 4 offenbart D9 zwei unterschiedliche Sensoren 404 und 405, die in Haltebereichen 402 und 403 der Vorrichtung angebracht werden können (siehe auch Absatz [0047]).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

D9 offenbart keine zwei Sensoreinheiten, die jeweils aus einem sensorspezifischen und einem sensorneutralen Bauteil bestehen. Die Haltebereiche 402 und 403 sind keine Bauteile, sondern Bereiche eines einzigen einstückig ausgebildeten Bauteils. Wie viele Funktionen von diesem einzigen Bauteil durchgeführt werden können, spielt in Bezug auf die Struktur des Bauteils und in Bezug auf die Auslegung des Anspruchs 1 keine Rolle.

3.7 D10 betrifft Sensoreinheiten zum Messen medizinischer Parameter an einem Schlauch. Wie in der unten wiedergegebenen Figur 1 dargestellt, weist eine Sensoreinheit einen sensorspezifischen Bauteil (Sensor 116) und einen sensorneutralen Bauteil (Gehäuse 102) auf.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Sensoreinheiten können verschiedenen Dimensionen aufweisen, abhängig vom Durchmesser des Schlauchs an dem sie messen (Absatz [0008]). D10 offenbart kein medizinisches Gerät mit wenigstens zwei auf einem Schlauch messenden Sensoreinheiten, die identisch ausgebildete sensorneutrale Bauteile aufweisen. In dieser Hinsicht offenbart der von der Beschwerdeführerin zitierte Absatz [0025] lediglich, dass dieselbe Sensoreinheit mehrere sensorspezifische Bauteile aufweisen kann.

3.8 D12 offenbart ein Gerät zur Überwachung und Steuerung von Blutfluss, beispielsweise während einer Dialysebehandlung. Insbesondere wird in der unten wiedergegebenen Figur 1 gezeigt, dass das Niveau des Blutes in einer Messkammer (5) mit mehreren optischen Sensoren (7, 8, 9, 10) gemessen wird.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Sensoren sind alle baugleich (Spalte 5, Zeilen 55 bis 58). Folglich offenbart D12 keine zwei Sensoreinheiten mit unterschiedlichen Wirkprinzipien und mit unterschiedlichen sensorspezifischen Bauteilen. Die Beschwerdeführerin verwies auf die Passage in Spalte 10, Zeilen 63 bis 67, die weitere verschiedene Arten von Sensoren erwähnt. Allerdings offenbart diese Passage nicht unmittelbar und eindeutig, die Messkammer gleichzeitig mit zwei oder mehr Sensoren verschiedener Art zu versehen. Die Passage kann vielmehr so verstanden werden, dass die Sensoren an der Messkammer zwar insgesamt verschiedener Art sein können, aber bei jeder konkreten Ausführung trotzdem alle gleich sind.

3.9 D15 offenbart eine Blutbehandlungsvorrichtung welche zur Ankopplung von Sensoren geeignet ist. Wie insbesondere aus der unten reproduzierten Figur 1 erkennbar, betrifft die in D15 offenbarte Erfindung das Ankoppeln eines Sensors (200) mit einem Schlauch der Vorrichtung, das durch zwei Abschnitte (1 und 3) verschiedener Materialien erfolgt. Dadurch wird eine gute Ankoppelbarkeit erreicht (Absatz [0084]).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

D15 offenbart weder Sensoreinheiten bestehend aus einem sensorspezifischen und einem sensorneutralen Bauteil, noch zwei Sensoreinheiten mit unterschiedlichen sensorspezifischen Bauteilen, die auf einem Schlauch messen. Die Abschnitte 3 sind keine sensorneutralen Bauteile einer Sensoreinheit, in denen ein Abschnitt des Schlauchs eingebracht und fixiert werden kann. Absatz [0103], auf den die Beschwerdeführerin verwies, offenbart lediglich, dass die Erfindung gemäß D15 mit Sensoren verschiedener Art Anwendung finden kann.

3.10 Somit steht der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit (Artikel 100(a) EPÜ) der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

4. Zulassung von Einwänden mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 und Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer

4.1 Die Beschwerdeführerin behauptete, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von einem der Dokumente D4 oder D5 nicht erfinderisch sei. Diese Einwände wurden von der Beschwerdeführerin zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erhoben. Die Beschwerdegegnerin beantragte, diese Einwände gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zuzulassen.

4.2 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK müssen Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

4.3 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass sie Neuheitseinwände auf der Basis von D4 und D5 erhoben hatte, weswegen sie auf Grundlage dieser Dokumente zu einem späteren Zeitpunkt ohne Einschränkungen durch Artikel 13 (2) VOBK 2020 auch Einwände erfinderischer Tätigkeit erheben könne. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, IV.C.3.4.2 und insbesondere auf die darin zitierten Entscheidungen T 597/07, T 131/01 und T 635/06.

4.4 Die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen betreffen die Berücksichtigung neuer, nach der Einspruchsfrist vorgebrachter Einspruchsgründe gemäß den Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer G 10/91 G 1/95 und G 7/95.

4.5 Im Beschwerdeverfahren bestehen Beschränkungen neuen Vorbringens nicht nur durch die Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer in G 10/91, G 1/95 und G 7/95 zur Berücksichtigung neuer Einspruchsgründe, sondern auch durch die den Kammern in Artikel 114 (2) EPÜ und der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern eingeräumte Möglichkeit, verspätetes Vorbringen nicht zuzulassen. Diese Beschränkungen bestehen unabhängig voneinander und wirken kumulativ.

4.6 Im vorliegenden Fall wurde in der Einspruchsschrift sowohl der Einspruchsgrund mangelnder Neuheit als auch der Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit geltend gemacht und substantiiert. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgetragene Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von den Dokumenten D4 oder D5 stellt daher keinen neuen Einspruchsgrund im Sinne der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer dar. Es handelt sich vielmehr um verspätetes Vorbringen, das nach Artikel 114 (2) EPÜ und den Bestimmungen der VOBK 2020 zu beurteilen ist.

4.7 Die Bestimmungen der VOBK 2020 zu verspätetem Vorbringen gestalten Artikel 114 (2) EPÜ in einer für die Kammern grundsätzlich verbindlichen Art und Weise näher aus (Artikel 23 VOBK 2020). Dies umfasst auch die Festlegung von Verfahrensabschnitten im Beschwerdeverfahren, während der die Verspätungsregeln unterschiedlich streng anzuwenden sind.

4.8 Anknüpfungspunkt der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer in G 10/91, G 1/95 und G 7/95 zur Prüfung neuer Einspruchsgründe ist die Frage, ob ein neuer Einspruchsgrund vorliegt. Anknüpfungspunkt in Artikel 13 (2) VOBK ist hingegen die Frage, ob eine Änderung des Beschwerdevorbringens vorliegt. Diese Anknüpfungspunkte sind nicht kongruent. Während ein nach Zustellung der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erstmals vorgetragener neuer Einspruchsgrund regelmäßig auch eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK 2020 darstellt, setzt eine Änderung des Beschwerdevorbringens umgekehrt keineswegs voraus, dass diese im Vorbringen eines neuen Einspruchsgrundes bestehen muss. Schon aus diesem Grund laufen die Argumente des Beschwerdeführerin, dass der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von einem der Dokumente D4 oder D5 keinen neuen Einspruchsgrund darstelle, ins Leere.

4.9 Vorbringen, das nicht auf die in der Beschwerdebegründung oder Erwiderung enthaltenen Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel gerichtet ist, bewirkt eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK (J 14/19, Nr. 1.4 der Gründe). In diesem Zusammenhang stellt sowohl eine neue Kombination von Tatsachenelementen (z.B. die Wahl einer anderen Entgegenhaltung oder einer anderen Textstelle einer Entgegenhaltung als Ausgangspunkt für einen Einwand erfinderischer Tätigkeit) als auch eine neue Kombination von Tatsachen- und Rechtselementen (z.B. die Bezugnahme auf ein Dokument oder eine Textstelle in einem anderen rechtlichen Zusammenhang) eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar (siehe J 14/19, Nr. 1.8 der Gründe). Ein in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erstmals vorgetragener Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von einer Entgegenhaltung, die zuvor lediglich Gegenstand eines Neuheitseinwandes war, stellt somit regelmäßig eine Änderung des Beschwerdevorbringens gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 dar.

4.10 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin soll der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von einem der Dokumente D4 oder D5 deswegen im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden, weil die Beschwerdeführerin zuvor bereits Neuheitseinwände ausgehend von diesen Dokumenten erhob. Dies stellt ihrer Ansicht nach außergewöhnliche Umstände gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 dar. Zur näheren Begründung verwies die Beschwerdeführerin insbesondere auf die Argumentation der Kammern in den Entscheidungen T 131/01 und T 597/07. Wie bereits erläutert, betrafen diese Entscheidungen jedoch eine andere Frage, nämlich ob ein neuer Einspruchsgrund im Sinne der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer vorliegt.

4.11 Darüber hinaus sind die in T 131/01, Nr. 3.1 der Gründe und T 597/07, Nr. 5 der Gründe getroffenen Aussagen vor dem spezifischen Hintergrund dieser Fälle und der damaligen Rechtslage zu verstehen (siehe demgegenüber auch T 1029/14, Nr. 4.4.2 der Gründe, T 448/03, Nr. 5.2 der Gründe und T 184/17, Nr. 4.8 der Gründe). Insbesondere kann die Aussage, dass es unmöglich sei, den Einspruchsgrund erfinderischer Tätigkeit zu substantiieren, wenn auf Grundlage desselben Dokumentes auch mangelnde Neuheit geltend gemacht wird, nach Ansicht der Kammer in dieser Allgemeinheit nicht auf das Beschwerdeverfahren und die Verspätungsregeln gemäß Artikel 13 VOBK 2020 übertragen werden.

4.12 Im Beschwerdeverfahren existiert bereits eine erstinstanzliche Entscheidung, welche aus Sicht des Einsprechenden üblicherweise auch unter Einbeziehung der Gegenargumente des Patentinhabers ergangen ist. Spätestens in diesem Verfahrensstadium ist es daher regelmäßig möglich - und auch üblich - als Einsprechender zunächst zu argumentieren, dass der Offenbarungsgehalt eines bestimmten Dokumentes neuheitsschädlich ist und anschließend für den Fall, dass die Beschwerdekammer diesbezüglich zu einer anderen Ansicht gelangen sollte, auf Grundlage desselben Dokumentes ergänzend mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend zu machen.

4.13 Dass dies möglich und üblich ist, zeigt sich im vorliegenden Fall auch am Verhalten der Beschwerdeführerin selbst, welche in der Beschwerdebegründung sowohl Neuheitseinwände als auch Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von den Dokumenten D1, D7, D9 und D12 erhob. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ausgehend von den Dokumenten D4 und D5 in voller Kenntnis der angefochtenen Entscheidung - in der diese Dokumente als nicht neuheitsschädlich angesehen wurden - in der Beschwerdebegründung lediglich Neuheitseinwände erhob, kann ihr nicht zum Vorteil gereichen.

4.14 Im Ergebnis zeigte die Beschwerdeführerin keinerlei stichhaltige Gründe für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK 2020 auf, die eine derart späte Änderung ihres Beschwerdevorbringens - mit der entgegen dem Gebot der Verfahrensökonomie auch eine grundlegenden Änderung der zu diskutierenden Themen verbunden gewesen wäre - rechtfertigen könnten.

Daher entschied die Kammer, die neuen Einwände mangelnder erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 oder D5 im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.

4.15 Die Beschwerdegegnerin beantragte in Zusammenhang mit der Zulassung ihres Einwandes mangelnder erfinderischer Tätigkeit auch, der Großen Beschwerdekammer Fragen zur Klärung der Rechtslage vorzulegen. Insbesondere sei eine solche Klärung erforderlich, weil die Anwendung von Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht im Gegensatz zur gefestigten Rechtsprechung stehen dürfe und weil die Kammer gegen diese Rechtsprechung entschieden habe.

4.16 Ob eine Kammer die Große Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 (1)(a) EPÜ befasst, liegt im Ermessen der Kammer (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, V.B.2.3.2).

4.17 Wie oben erläutert betrifft die Rechtsprechung, auf die die Beschwerdeführerin verwiesen hat, nicht die Anwendung von Artikel 13 (2) VOBK 2020, sondern die Prüfung neuer Einspruchsgründe und somit eine gänzlich andere Konstellation. Darüber hinaus konnte die Beschwerdekammer die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Rechtsfragen selbst ohne Zweifel beantworten (siehe Punkte 4.4 - 4.13 oben). Folglich wies die Kammer den Antrag auf Vorlage von Fragen an die Große Beschwerdekammer zurück.

5. Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin behauptete, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht erfinderisch sei, insbesondere ausgehend von einem der Dokumente D1, D2, D7, D9 und D12, und von dem in der Beschreibung des Patents erwähnten Stand der Technik.

5.1 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D1, D9 oder "ähnlichen Entgegenhaltungen", die keine zwei jeweils aus einem sensorspezifischen Bauteil und einem sensorneutralen Bauteil bestehenden Sensoreinheiten, sondern nur eine mit mehreren sensorspezifischen Bauteilen versehene Sensoreinheit offenbaren, nicht erfinderisch sei. Die zu lösende technische Aufgabe sei ein Gerät vorzusehen, mittels welchem man mit verschiedenen Sensoren an verschiedenen Stellen eines Schlauchs messen kann.

Auch wenn der Fachmann die sensorspezifischen Bauteile von D1, D9 oder "ähnlichen Entgegenhaltungen", die keine zwei jeweils aus einem sensorspezifischen Bauteil und einem sensorneutralen Bauteil bestehenden Sensoreinheiten, sondern nur eine mit mehreren sensorspezifischen Bauteilen versehene Sensoreinheit offenbaren, trennen würde, ist es nicht ersichtlich, warum er sie in mindestens zwei Sensoreinheiten mit zwei identischen sensorneutralen Bauteilen gemäß Anspruch 1 einbauen würde. Der Stand der Technik enthält keine solche Lehre zur Lösung der gestellten Aufgabe. Wie oben erklärt, offenbart das Dokument D4, auf welches die Beschwerdeführerin verwiesen hat, keine zwei Sensoreinheiten die identische sensorneutrale Bauteile aufweisen.

5.2 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von D2, die eine Klemme zeigt, welche zur Messung von verschiedenen Blutparametern an einem Blutschlauch verwendet werden kann, nicht erfinderisch sei.

D2 offenbart kein medizinisches Gerät mit wenigstens zwei auf einem Schlauch messenden Sensoreinheiten, die identisch ausgebildete sensorneutrale Bauteile aufweisen. Im Lichte der von der Beschwerdeführerin gestellten Aufgabe, dem Nutzer eine Vorrichtung an die Hand zu geben, die eine bessere Patientenüberwachung sicherstellen kann, erhält der Fachmann keine Anregung, mindestens zwei Sensoreinheiten mit zwei identischen sensorneutralen Bauteilen gemäß Anspruch 1 vorzusehen. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Passagen aus dem Dokument D2 in Spalte 1, Zeilen 7 bis 9 und Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 7 offenbaren lediglich die Messung verschiedener Parameter mittels der selben Klemme.

5.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte auch ausgehend von D7 oder D12. Wie oben erklärt, offenbaren weder D7 noch D12 einen Schlauch eines medizinischen Geräts, auf welchem Sensoreinheiten messen.

Die Beschwerdeführerin führte aus, dass dieser Unterschied drei verschiedene technische Aufgaben lösen würde. Im Lichte dieser Aufgaben, die die Vorteile von Messungen an einem Schlauch des medizinischen Geräts betreffen, und im Lichte der von der Beschwerdeführerin zitierten Dokumente D2, D3, D4, D9 und D11, die an einem Schlauch messenden Sensoreinheiten offenbaren, ist es nicht ersichtlich, warum der Fachmann die in D7 und D12 offenbarten Sensoren mit mindestens zwei an dem Schlauch messenden Sensoreinheiten, die zwei identische sensorneutrale Bauteilen aufweisen, ersetzen würde. Wie oben erklärt lehren die Dokumente D2, D4 und D9 dies nicht. Auch D3 und D11 lehren dies nicht, denn darin werden lediglich Sensoren offenbart, die an einem Schlauch messen (siehe Figur 1 von D3 und Absatz [0001] von D11, auf welche die Beschwerdeführerin verwiesen hat).

5.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte auch ausgehend von einem Stand der Technik, der in der Beschreibung des Patents erwähnt sei und der mehrere Sensoreinheiten aufweise, bei denen sensorneutrale Bauteile nicht identisch ausgestaltet seien.

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass die durch das Verwenden von Gleich- oder Wiederholteilen erzielbaren Vorteile dem Fachmann auch in Bezug auf die beanspruchte Erfindung bekannt sind, kann nicht überzeugen. Im Patent geht es um die spezifische Ausgestaltung von verschiedenen Sensoreinheiten mit verschiedenen Funktionen. Das Vorsehen von identischen Teilen in an sich unterschiedlichen Einheiten, ohne Hinweise im Stand der Technik, dass dies als Lösung einer spezifischen Aufgabe erfolgen soll, kann nur das Ergebnis einer ex-post-facto Analyse sein.

5.5 Somit steht der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100(a) EPÜ) der Aufrechterhaltung des europäischen Patents nicht entgegen.

6. Da keiner der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegensteht, ist die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gemäß Artikel 101 (2) EPÜ zurückzuweisen, korrekt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.

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