European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T100918.20210716 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Juli 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1009/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13004469.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01B 5/10 G01B 5/20 G01B 5/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Messvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | JENOPTIK Industrial Metrology Germany GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Marposs Società per Azioni | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge - Anträge hätten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (ja) Spät eingereichte Hilfsanträge - Anträge eindeutig gewährbar (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2711132 zu widerrufen. Die Einspruchsabteilung hatte den Widerruf insbesondere damit begründet, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 des Patents gegenüber dem Dokument
D1: WO 01/66305 A1
nicht neu sei.
II. Mit ihrer Beschwerdebegründung vom 19. Juni 2018 reichte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) geänderte Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 bis 4 ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie, das Patent mit den Ansprüchen gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 und einer ggf. noch anzupassenden Beschreibung in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten. Weiter hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) begründete in ihrer Beschwerdeerwiderung, warum der Gegenstand der unabhängigen erteilten Ansprüche und der unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge nicht neu sei. Sie formulierte jedoch keinen expliziten Antrag.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020, ABl. EPA 2019, A63) teilte die Kammer den Beteiligten mit, dass aus der vorgebrachten Argumentation der Beschwerdegegnerin zu schließen sei, dass die Beschwerdegegnerin implizit die Zurückweisung der Beschwerde beantrage. Die Kammer vertrat zudem die vorläufige Meinung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu sei und dass die erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen seien.
V. Eine mündliche Verhandlung fand am 16. Juli 2021 statt. Für die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) war, wie mit Schreiben vom 22. Juni 2021 angekündigt, niemand anwesend.
Die Beschwerdeführerin reichte in der mündlichen Verhandlung das Dokument
D5: dreiseitiger Auszug aus "WIKIPEDIA" zu dem Begriff "Kalibrierung", Version bearbeitet am 1. Juni 2021, um 15:18 Uhr
ein.
Die Schlussanträge der Beschwerdeführerin lauteten wie folgt: Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen, und hilfsweise, das Patent mit den Ansprüchen gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung vom 19. Juni 2018 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten.
Der Vorsitzende stellte fest, dass der Schlussantrag der Beschwerdegegnerin die Zurückweisung der Beschwerde sei, da sie der Schlussfolgerung der Kammer bezüglich der Antragslage in der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK nicht widersprochen habe.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:
"Messvorrichtung (2) zur Inprozess-Messung an Prüflingen während eines Bearbeitungsvorganges an einer Bearbeitungsmaschine, insbesondere einer Schleifmaschine,
mit einem Grundkörper (18),
mit einem Messkopf (12), der zwischen einer Ruheposition und einer Messposition bewegbar ist und mit dem Grundkörper (18) über ein Gestänge (14) verbunden ist, das derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass der Messkopf (12) in Messposition Orbitaldrehungen des Prüflings um eine Drehachse folgt,
wobei der Messkopf (12) einen entlang einer linearen Achse (92) auslenkbaren Messtaster (36) zur Aufnahme von Messwerten während eines Messvorganges aufweist und
mit einer Steuerungseinrichtung (80) zur Steuerung des Messvorganges,
wobei die Messvorrichtung (2) in einem Kalibrierungsmodus kalibrierbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Messkopf (12) ein Messprisma (38) mit einem ersten Winkel, dem Öffnungswinkel (alpha) und einer Symmetrieachse (100) aufweist, dass die Ausrichtung der linearen Achse (92) des Messtasters (36) relativ zur Symmetrieachse des Messprismas durch einen zweiten Winkel (ß) gegeben ist und dass die Steuerungseinrichtung (80) derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass die Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels (alpha) und/oder des zweiten Winkels (ß) erfolgt."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"Messvorrichtung (2) zur Inprozess-Messung an Prüflingen während eines Bearbeitungsvorganges an einer Bearbeitungsmaschine, insbesondere einer Schleifmaschine,
mit einem Grundkörper (18),
mit einem Messkopf (12), der zwischen einer Ruheposition und einer Messposition bewegbar ist und mit dem Grundkörper (18) über ein Gestänge (14) verbunden ist, das derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass der Messkopf (12) in Messposition Orbitaldrehungen des Prüflings um eine Drehachse folgt,
wobei der Messkopf (12) einen entlang einer linearen Achse auslenkbaren Messtaster (36) zur Aufnahme von Messwerten während eines Messvorganges aufweist und
mit einer Steuerungseinrichtung (80) zur Steuerung des Messvorganges,
wobei die Messvorrichtung (2) in einem Kalibrierungsmodus kalibrierbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Messkopf (12) ein Messprisma (38) mit einem Öffnungswinkel alpha (erster Winkel) und einer Symmetrieachse (100) aufweist, dass die Ausrichtung der linearen Achse (92) des Messtasters (36) relativ zur Symmetrieachse des Messprismas durch einen zweiten Winkel ß gegeben ist und dass die Steuerungseinrichtung (80) derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass die Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels alpha und des zweiten Winkels ß erfolgt."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass nach dem Ausdruck "dadurch gekennzeichnet" folgender Wortlaut eingefügt ist:
"dass die Steuerungseinrichtung (80) für eine Umschaltung der Messvorrichtung (2) zwischen einem Messmodus, in dem ein Messvorgang ausführbar ist, und einem Kalibrierungsmodus, in dem ein Kalibrierungsvorgang ausführbar ist, ausgebildet und eingerichtet ist und".
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von dem unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 dadurch, dass am Ende folgender Wortlaut angefügt wurde:
"und
dass die Kalibrierung unter Verwendung eines Zylinders erfolgt, der in Umfangsrichtung an wenigstens einer Stelle eine Abflachung mit vorgegebener Ausdehnung aufweist."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von dem unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 dadurch, dass am Ende folgender Wortlaut angefügt wurde:
"und
dass die Kalibrierung unter Verwendung eines Flicknormales (88) erfolgt."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Erteiltes Patent - Anspruch 1 - Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) EPÜ)
2.1 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass das Dokument D1 alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 offenbare (vgl. Entscheidungsgründe, Abschnitt 2).
2.2 Die Beschwerdegegnerin war auch der Ansicht, dass das Dokument D1 alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 offenbare (vgl. Beschwerdeerwiderung vom 25. Oktober 2018, Abschnitt 2).
2.3 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin offenbare das Dokument D1 keine Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels alpha oder des zweiten Winkels beta (vgl. Beschwerdebegründung, Abschnitt II). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer führte die Beschwerdeführerin mit Bezug auf eine Definition in Dokument D5 zunächst aus, welche Schritte eine Kalibrierung für einen Fachmann üblicherweise umfasse und was im Anspruch 1 definiert sei. Gemäß Anspruch 1 erfolge die Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels alpha und des zweiten Winkels beta. Auf Seite 7 der Patentschrift, Zeilen 28 und 29 sei ausgeführt, dass Abweichungen der tatsächlichen Werte der Winkel alpha und ß von angenommenen Werten dieser Winkel zu Messungenauigkeiten führten, die durch die erfindungsgemäß vorgenommene Kalibrierung vermieden würden, und dass gemäß Seite 7, Zeilen 56 bis 58 die ermittelten tatsächlichen Werte des ersten Winkels alpha und des zweiten Winkels ß bei der Rekonstruktion der Bauteilkontur berücksichtigt werden könnten, so dass die Messvorrichtung 2 damit kalibriert sei. In Dokument D1 werde jedoch einerseits ein Linearitätsfehler im Umsetzer des Messtasters kalibriert und andererseits eine Temperaturabhängigkeit des Umsetzers. Für beide Kalibrierungen seien der Messkopf und seine Winkel nicht erforderlich, wie aus Dokument D1, Seite 8, Zeile 6 ff. ersichtlich sei, und es fände auch keine Kalibrierung des Messprismas statt. Das auf Seite 13, Zeilen 29 bis 35 des Dokuments D1 offenbarte "zero-setting" sei zwar auch eine Kalibrierung, jedoch bezöge sich diese Kalibrierung nur auf den Linearitätsfehler im Umsetzer des Messtasters. Im Gegensatz zur Offenbarung des Dokuments D1 würden gemäß Anspruch 1 die Prismenwinkel kalibriert. Die Definition im Anspruch 1, dass die Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels (alpha) und/oder des zweiten Winkels (ß) erfolge, definiere die Parameter, die separat kalibriert würden. In Dokument D1 sei auch keine globale Kalibrierung offenbart, die die Winkel des Messprismas mit einschlössen.
2.4 Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin. Nach Ansicht der Kammer offenbart Dokument D1 eine Messvorrichtung zur Inprozess-Messung an Prüflingen während eines Bearbeitungsvorganges an einer Bearbeitungsmaschine, insbesondere einer Schleifmaschine (vgl. Seite 1, Zeilen 7 - 25),
mit einem Grundkörper 5,
mit einem Messkopf 39, der zwischen einer Ruheposition und einer Messposition bewegbar ist und mit dem Grundkörper über ein Gestänge 9, 12 verbunden ist, das derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass der Messkopf in Messposition Orbitaldrehungen des Prüflings um eine Drehachse folgt (vgl. Seite 4, Zeile 20 bis Seite 5, Zeile 1),
wobei der Messkopf 39 einen entlang einer linearen Achse auslenkbaren Messtaster 17 zur Aufnahme von Messwerten während eines Messvorganges aufweist und
mit einer Steuerungseinrichtung 22 zur Steuerung des Messvorganges (vgl. Seite 5, Zeilen 34 - 36),
wobei die Messvorrichtung in einem Kalibrierungsmodus kalibrierbar ist (vgl. Seite 13, Zeilen 29 - 35),
der Messkopf ein Messprisma 20 mit einem ersten Winkel, dem Öffnungswinkel, und einer Symmetrieachse aufweist,
die Ausrichtung der linearen Achse des Messtasters 17 relativ zur Symmetrieachse des Messprismas durch einen zweiten Winkel gegeben sein kann (vgl. Seite 13, Zeile 35 bis Seite 14, Zeile 4) und
die Steuerungseinrichtung 22 derart ausgebildet und eingerichtet ist, dass die Kalibrierung auch hinsichtlich des ersten Winkels und/oder des zweiten Winkels erfolgt.
Die Beschwerdeführerin sah insbesondere das letzte Merkmal im Dokument D1 nicht offenbart, wonach die Kalibrierung hinsichtlich des ersten und/oder zweiten Winkels erfolgt. Bezüglich der Offenbarung des letzten Merkmals schließt sich die Kammer der Auffassung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin an. Der auf Seite 13, Zeile 29 bis Seite 14, Zeile 4 beschriebene Nullabgleich erfolgt über die Messung eines Normkörpers (a piece with a known dimension), wie das für eine Kalibrierung üblich ist (vgl. D5). Die Messung erfolgt unter Verwendung des V-förmigen Messprismas 20 und des Messtasters 17 des Messkopfes 39, wobei die Größe des Normkörpers dem Messbereich des Messkopfes angepasst sein muss. Die Messung zum Nullabgleich schließt somit auch den ersten und zweiten Winkel und mögliche Abweichungen von den angenommenen Winkeln mit ein. Dokument D1 offenbart somit auch die Kalibrierung hinsichtlich des ersten Winkels und des zweiten Winkels. Die Kammer teilt insbesondere nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass bei dem beschriebenen Nullabgleich lediglich ein Linearitätsfehler im Umsetzer des Messtasters kalibriert werde. Zur Bestimmung des Linearitätsfehlers im Umsetzer des Messtasters ist kein Normkörper erforderlich, wie Dokument D1, Seite 8, Zeilen 6 bis 16 erläutert. Der Abschnitt auf Seite 13, Zeilen 29 bis 35 erklärt, dass nach einer Kalibrierung des Linearitätsfehlers im Umsetzer des Messtasters ein Nullabgleich des Messkopfs nur noch mit einem Normkörper einer Größe erforderlich ist und dann Werkstücke verschiedener Größen gemessen werden können. Dieser Nullabgleich des Messkopfs kalibriert alle Parameter des Messkopfs und er erfolgt auch hinsichtlich des ersten Winkels und des zweiten Winkels. Anspruch 1 definiert nicht, dass die Winkel bei der Kalibrierung separat erfasst werden.
2.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu ist und dass deshalb der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) EPÜ der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht.
3. Hilfsanträge 1 bis 4 - Zulassung (Artikel 12 (4) VOBK 2007)
3.1 Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdebegründung vor dem 1. Januar 2020, also vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020, ABl. EPA 2019, A63), eingereicht. Deshalb ist gemäß Artikel 25 (2) VOBK 2020 nicht Artikel 12 (4) bis (6) VOBK 2020 anzuwenden, sondern stattdessen ist Artikel 12 (4) in der Fassung von 2007 (VOBK 2007, siehe ABl. EPA 2007, 536) weiter anzuwenden.
Artikel 12 (4) VOBK 2007 gibt den Beschwerdekammern die Befugnis, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind. Die Beschwerdekammern haben daher in ihrer Funktion als Überprüfungsinstanz das Ermessen, Anspruchssätze von Anträgen nicht zuzulassen, die nicht im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eingereicht wurden (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage 2019, V.A.4.11.1).
3.2 Die Beschwerdeführerin war in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer der Ansicht, dass es ihr in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht möglich gewesen sei, die Hilfsanträge zu stellen. Der Ladungsmitteilung der Einspruchsabteilung sei nicht eindeutig zu entnehmen gewesen, warum der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1 nicht neu sei. Erst aus Punkt 2.4.1 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sei deutlich geworden, aus welchen Gründen die Neuheit von der Einspruchsabteilung in Frage gestellt werde. Die beanspruchten Gegenstände der Hilfsanträge enthielten weitere Einschränkungen, die die Neuheit offensichtlich herstellten.
3.3 Die Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht und waren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. In ihrem Schreiben vom 29. November 2017 hat die Einsprechende auf Seite 3 bereits ausgeführt, dass der Abschnitt auf Seite 13, Zeile 17 bis Seite 14, Zeile 4 des Dokuments D1 eine Kalibrierung des Messprismas 20 mittels eines Normkörpers offenbare und der beanspruchte Gegenstand somit nicht neu sei. In der Mitteilung zur Ladung hat die Einspruchsabteilung ebenfalls ausgeführt, dass sie den Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 7 ausgehend von Dokument D1 nicht für neu erachte. Diese Meinung bestätigte die Einspruchsabteilung lediglich in der angefochtenen Entscheidung. Die Kammer ist daher der Meinung, dass die Beschwerdeführerin bereits vor oder spätestens in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die geänderten Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 hätte einreichen können und sollen.
3.4 Die Kammer hat daher ein Ermessen, die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
3.5 Bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer insbesondere die folgenden Aspekte: Die unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge 1 bis 4 wurden im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingereicht, so dass die Einspruchsabteilung nicht über deren Gegenstand entscheiden konnte, und diese Ansprüche betreffen technische Probleme, die sich von denen der unabhängigen Ansprüche des vorliegenden Hauptantrags unterscheiden. Darüber hinaus kann die Kammer unter Berücksichtigung der von der Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 25. Oktober 2018, Punkte 4 bis 7 vorgebrachten Argumente prima facie nicht erkennen, dass diese Ansprüche und ihr Gegenstand eindeutig gewährbar wären.
3.6 Die Kammer entschied daher, die Hilfsanträge 1 bis 4 in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
4. Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.