European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T094818.20220203 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 Februar 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0948/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13183804.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 19/028 B60T 17/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rohrschraube zur Befestigung einer Rohrleitung und ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Rohrschraube | ||||||||
Name des Anmelders: | Cooper-Standard Automotive (Deutschland) GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | TI Automotive (Heidelberg) GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (Hauptantrag: ja) Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag: ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende legten Beschwerde ein gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. 2 706 277 mit den im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht am 22. November 2017, den Erfordernissen des Übereinkommens genügt. In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung auch festgestellt, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 in der erteilten Fassung nicht neu ist gegenüber dem Dokument D1 (WO 2010/114168 A1).
II. Der Einspruch war gegen das Streitpatent in vollem Umfang eingelegt worden und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ (fehlende Neuheit) und Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) gestützt worden.
III. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: WO 2010/114168 A1
D3: EP 2 136 119 A1
D4: WO 2009/112238 A1
FPSS1: DIN 74 233
IV. Am 3. Februar 2022 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer als Videokonferenz statt.
V. Anträge
Die Beschwerdeführerin I (die Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdeführerin II (die Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise in der Fassung der Hilfsanträge I bis VI, alle eingereicht am 22. November 2017, aufrechtzuerhalten.
VI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 wie erteilt (Hauptantrag) ist wie folgt (Merkmalsgliederung in eckigen Klammern):
"[1.1] Rohrschraube zur Befestigung einer Rohrleitung (30), mit einem Gewindeabschnitt (12) und einem Bundabschnitt (14), dadurch gekennzeichnet, dass [1.5] der Gewindeabschnitt (12) und der Bundabschnitt (14) wenigstens abschnittsweise mit einer ersten Lage (24), die eine reibungsvermindernde Schicht (26) aufweist, versehen sind, und [1.6] wobei der Bundabschnitt (14) wenigstens abschnittsweise mit einer zweiten Lage (28), die die reibungsvermindernde Schicht (26) aufweist, versehen ist."
Der erteilte unabhängige Anspruchs 7 des Hauptantrags lautet folgendermaßen:
"Verfahren zur Herstellung einer Rohrschraube (10) nach einem der Ansprüche 1 bis 6, das folgende Verfahrensschritte umfasst:
a. Erzeugen einer Rohrschraube (10), das [sic] einen Gewindeabschnitt (12) und einen Bundabschnitt (14) umfasst;
b. Wenigstens abschnittsweises Auftragen einer ersten Lage (24), die eine reibungsvermindernde Schicht (26) aufweist, im Bereich des Gewindeabschnitts (12) und des Bundabschnitts (14); und
c. Wenigstens abschnittsweises Auftragen einer zweiten Lage (28), die die reibungsvermindernde Schicht (26) aufweist, im Bereich des Bundabschnittes (14)."
VII. Der Vortrag der Einsprechenden lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung - fehlende Neuheit gegenüber Dokument D1
Dokument D1 sei neuheitsschädlich für den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags. Teil A der Figur 1 des Dokuments D1 zeige eine Rohrschraube gemäß Anspruch 1. Das abgebildete Teil A sei funktional ein Rohr und gleichzeitig eine Schraube. Obwohl das Teil A als Rohr bezeichnet werde, diene es auch als Befestigungsmittel, da es ein Außengewinde aufweise, das in ein Innengewinde eingeschraubt werde.
Der Begriff "Rohrschraube" sei breit auszulegen. Es dürfe keine einschränkende Auslegung über das allgemeine Fachwissen erfolgen, insbesondere weil in den einschlägigen Normen nicht von einer "Rohrschraube", sondern von einer Überwurfschraube gesprochen werde. Da der Begriff "Rohrschraube" nicht vage oder unklar sei, dürfe die Beschreibung nicht zur Auslegung herangezogen werden. Die Beschreibung enthalte außerdem konkretisierende, einschränkende Merkmale des Begriffs "Rohrschraube", der an sich - entsprechend seiner wörtlichen Auslegung - viel breiter sei. Die Bezeichnung "Schraube" beinhalte alle länglichen Gebilde mit Außengewinde und somit könne ein Rohr mit einem Außengewinde als "Rohrschraube" betrachtet werden. Einem Begriff sei stets die weiteste, technisch sinnvolle Bedeutung zuzuweisen (siehe Entscheidungen T 79/96 und T 596/96).
Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung - fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D3
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht erfinderisch ausgehend von Dokument D3 als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen oder dem Dokument D4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von Dokument D3 im Merkmal [1.6].
"[D]ie reibungsvermindernde Schicht" sei so auszulegen, dass die reibungsvermindernde Schicht der zweiten Lage das gleiche reibungsvermindernde Ausgangsmaterial aufweisen müsse wie die reibungsvermindernde Schicht der ersten Lage. Da die zweite Lage nicht ausschließlich aus der reibungsvermindernden Schicht bestehe, sondern diese nur aufweise, sei nicht ausgeschlossen, dass diese Schicht weitere Materialien oder andere Mengenverhältnisse aufweise. Die Bedingung nach Merkmal [1.6] sei erfüllt, sobald die Lagen das gleiche reibungsvermindernde Ausgangsmaterial aufweisen würden. Die Gewichtszusammensetzungen könnten jedoch unterschiedlich sein. Im Absatz [0011] des Streitpatents sei explizit aufgeführt, dass "die Lage ausschließlich oder unter anderem die reibungsvermindernde Schicht umfassen kann." Auch könne die reibungsvermindernde Schicht nur aus einem Material bestehen, was in Absatz [0011] des Streitpatents offenbart sei, nämlich: "Vorzugsweise handelt es sich bei der reibungsvermindernden Schicht um ein Gleitmittel". Die Schicht könne daher zum Beispiel auch zu 100 % aus einem Gleitmittel wie PTFE bestehen.
Basierend auf dieser Interpretation sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt ausgehend von Dokument D3 in Zusammenschau mit dem allgemeinen Fachwissen. In Dokument D3 seien zwei Beschichtungen offenbart. Für die zweite Lage werde das Gleitmittel explizit angegeben, nämlich PTFE oder MoS2 (siehe Dokument D3, Spalte 7, Zeilen 12 bis 17). Das Dokument D3 lasse offen, welches Gleitmittel für die erste Schicht zu verwenden sei. Der Fachmann müsse daher nur für die erste Lage ein geeignetes Gleitmittel wählen. In Anbetracht der Aufgabe einer kostengünstigen Herstellung würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun das gleiche Gleitmittel verwenden wie für die zweite Lage.
Das Merkmal [1.6] sei auch aus Dokument D4 bekannt, das der Fachmann heranziehen würde. Dieses offenbare ein Verfahren zum Einstellen der Reibungszahl eines metallischen Werkstücks, insbesondere für Massenkleinteile und Schrauben (siehe Dokument D4, Seite 2, Zeile 15), wobei die Beschichtung ebenso wie im Dokument D3 mittels Tauchverfahren erfolge (siehe Dokument D3, Spalte 9, Zeile 16 und Dokument D4, Seite 2, Zeile 15). Daher wäre das Dokument D4 für den Fachmann einschlägig. Außerdem verfolge die Lehre des Dokuments D4 die gleiche objektive technische Aufgabe, nämlich eine Reduzierung der Kosten (siehe Dokument D4, Seite 4, Zeilen 19 bis 21). Die beschriebenen Beschichtungssysteme würden sich auf sog. "basecoats" und somit eine Korrosionsschutzbeschichtung beziehen. Insbesondere im Beispiel 1 (siehe Dokument D4, Seite 9, Zeile 23 bis Seite 10, Zeile 19) seien drei Lagen, bestehend aus einer Zinkpaste und PTFE als Gleitmittel, mit unterschiedlichem Gleitmittelgehalt aufgetragen. Der Fachmann würde daher die aus Dokument D3 bekannte Korrosionsschutzschicht durch die drei aus Beispiel 1 des Dokuments D4 bekannten Beschichtungen ersetzen. Da diese drei Beschichtungen alle das gleiche reibungsvermindernde Material in Form von PTFE aufwiesen, wäre somit das Merkmal [1.6] nahegelegt.
Diese Argumente gälten analog für Anspruch 7. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VIII. Die Patentinhaberin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung - Neuheit gegenüber Dokument D1
Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrages sei neu gegenüber Dokument D1. Insbesondere zeige das Teil A der Figur 1 des Dokuments D1 keine Rohrschraube. Es seien die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche, insbesondere bei relativen, mehrdeutigen oder unklaren Begriffen, heranzuziehen, da ein Patentdokument grundsätzlich sein eigenes Wörterbuch darstelle. Daher hätte die Einspruchsabteilung fälschlicherweise festgestellt, dass eine Rohrschraube als "Rohr mit einem Gewindeabschnitt" zu verstehen sei (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe, Punkt 11.1.3). Der Fachmann würde eine "Rohrschraube" gemäß dem Streitpatent mit der Überwurfschraube gemäß DIN 74 233 gleichsetzen. Auch bei einer wörtlichen Auslegung dieses Begriffs handle es sich bei einer Rohrschraube in erster Linie um eine Schraube und nicht um ein Rohr. Dokument D1 beschäftige sich mit Rohren für Ölbohrungen und deren Verbindungen, weshalb das mit A bezeichnete Teil in Figur 1 des Dokuments D1 keine Rohrschraube darstelle.
Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung - erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D3
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ausgehend von Dokument D3 erfinderisch. Das unterscheidende Merkmal [1.6] sei weder durch das allgemeine Fachwissen noch durch das Dokument D4 nahegelegt.
Der Anspruch sei so auszulegen, dass insgesamt zwei reibungsvermindernde Schichten vorlägen, die aber gleichartig ausgebildet seien, d.h. aus den gleichen Ausgangsmaterialien bestünden. Die reibungsvermindernde Schicht der ersten und zweiten Lage hätten die gleichen Komponenten in der gleichen Zusammensetzung. Nur so könne die objektive technische Aufgabe, nämlich die Reduktion der Kosten bei gleichzeitig verbesserter Beschichtung, gelöst werden. Diese Auslegung stehe nicht im Widerspruch zu dem Ausführungsbeispiel in Absatz [0030] des Streitpatents, bei dem durch Erhitzen die erste Lage teilweise thermisch zerstört werde.
Dokument D3 sei eine Patentanmeldung der Einsprechenden, bei der unterschiedliche Reibwerte in unterschiedlichen Funktionsbereichen mit unterschiedlichen Zusammensetzungen erzielt würden. Die Erfindung des Streitpatents erziele im Gegensatz dazu durch eine thermische Nachbehandlung unterschiedliche Reibwerte bei gleichen Zusammensetzungen (siehe Streitpatent, Absatz [0030]). Die Argumentation der Einsprechenden basiere auf einer ex post facto Betrachtungsweise. Der Fachmann hätte - wie bereits in der angefochtenen Entscheidung (siehe Gründe, Punkt 12.3) festgestellt worden sei -, keine Veranlassung gehabt, den nächstliegenden Stand der Technik gemäß dem Dokument D3 im Sinne der Lehre des Streitpatents zu verändern.
Auch in Zusammenschau mit Dokument D4 würde der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Erstens würde der Fachmann Dokument D4 nicht in Betracht ziehen, da es sich um die Herstellung von Massenkleinteilen handle und nicht um Rohrschrauben. Zweitens beschreibe das Beispiel 1 des Dokuments D4 nicht die gleiche reibungsvermindernde Schicht, da die PTFE-Gehalte der einzelnen Schichten unterschiedlich seien.
Diese Argumente gälten analog für Anspruch 7, dessen Gegenstand ebenso auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung - Neuheit gegenüber Dokument D1
1.1 Die Auffassung der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 in der erteilten Fassung nicht neu sei gegenüber dem Dokument D1, wird von der Kammer nicht geteilt.
1.2 Die Neuheitsdiskussion bezieht sich vor allem auf die Auslegung des Begriffes Rohrschraube und ob das Teil A der Figur 1 von Dokument D1 als solche betrachtet werden könne.
1.3 Eine einschränkende Auslegung des Begriffes "Rohrschraube" über einschlägige Normen (z.B. Dokument FPSS1) ist hier nicht zielführend, da diese den Fachbegriff "Überwurfschraube" benutzen. Es ist auch - wie von der Einsprechenden vorgetragen wurde - nicht zulässig, einschränkende Merkmale, die zwar in der Beschreibung genannt, aber nicht Teil der Ansprüche sind, in letztere hineinzulesen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage, 2019, ("Rechtsprechung"), II.A.6.3.4). In diesem Sinne ist dem Begriff "Rohrschraube" die weiteste technisch sinnvolle Bedeutung zuzuweisen (siehe Entscheidungen T 79/96 und T 596/96).
Bei dem Begriff "Rohrschraube" handelt es sich um zwei Nomen "Rohr" und "Schraube", die zu einem neuen Wort, einem sogenannten Kompositum verbunden werden. Dabei bildet der zweite Teil das Grundwort und der erste Wortbestandteil das Bestimmungswort, welches das Grundwort näher erklärt, z.B. Strohhut, ein Hut aus Stroh; Kürbissuppe, eine Suppe aus Kürbis; Haustier, ein Tier, das im Haus gehalten wird. Eine "Rohrschraube" ist damit in erster Linie eine Schraube, die durch den Begriff "Rohr" näher spezifiziert wird.
1.4 Das in Figur 1 des Dokuments D1 abgebildete Teil A wird - wie von der Einsprechenden eingeräumt - explizit als Rohr (siehe Dokument D1, Seite 11, Zeile 24) bezeichnet und nicht als Schraube. Auch wenn das Rohr an beiden Enden konisch zuläuft und ein Außengewinde aufweist, würde der Fachmann dieses Teil in seiner Gesamtheit nicht als Schraube betrachten, sondern als Rohr. Daher kann die Kammer der Einsprechenden nicht zustimmen, dass das Teil A in Dokument D1, auch wenn es ein Außengewinde aufweist, als ein Befestigungsmittel dient. Als Befestigungsmittel ist vielmehr das Teil B zu betrachten, das in Dokument D1 als Kupplung bezeichnet wird (siehe Dokument D1, Seite 11, Zeilen 25 bis 26).
Ferner handelt es sich bei den Rohren aus Dokument D1 um Rohre aus dem Bereich der Ölbohrung, die eine Länge von 10 bis 20 Metern aufweisen (siehe Dokument D1, Seite 1, Zeile 15). Derartige Rohre würde der Fachmann nicht als Rohrschraube gemäß Anspruch 1 auffassen, so dass zumindest das Merkmal [1.1] von Dokument D1 nicht vorweggenommen ist.
1.5 Der Verfahrensanspruch 7 hat die Anspruch 1 entsprechenden Merkmale, weshalb die Argumentation für Anspruch 1 analog für den Anspruch 7 gilt.
1.6 Der Gegenstand von Anspruch 1 und von Anspruch 7 des Hauptantrags ist somit neu gegenüber Dokument D1.
2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D3
2.1 Die erfinderische Tätigkeit wurde ausgehend von Dokument D3 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre des Dokuments D4 angegriffen. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass das Dokument D3 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten ist.
2.2 Dokument D3 offenbart unbestritten alle Merkmale [1.1] bis [1.5]. Eine Rohrschraube gemäß Merkmal [1.1] zeigt das Schraubelement 1 der Figur 3 des Dokuments D3. Auch ist die Rohrschraube auf der gesamten Oberfläche mit einer ersten Lage versehen, die eine reibungsvermindernde Schicht aufweist (siehe Dokument D3, Figur 1, Bezugszeichen 7; Absatz [0026]) und somit das Merkmal [1.5] vorwegnimmt. Die zweite Lage (siehe Dokument D3, Figur 1, Bezugszeichen 8; Absatz [0026]) ist wenigstens abschnittsweise im Bundabschnitt aufgetragen und mit einem Gleitmittel versehen (siehe Dokument D3, Absatz [0021]), so dass die Lage 8 eine reibungsvermindernde Schicht darstellt, aber nicht die reibungsvermindernde Schicht, wie es im Merkmal [1.6] formuliert ist. Somit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrages von Dokument D3 im Merkmal [1.6].
2.3 Einig sind sich die Beteiligten auch bei der Wirkung dieses Unterscheidungsmerkmals und bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe. Der technische Effekt des Unterscheidungsmerkmals besteht darin, dass bei Verwendung des gleichen Materials bzw. des gleichen Gleitmittels lediglich ein Lagerort und ein Lieferant erforderlich sind. Dies trägt zu einer günstigeren Herstellung bei einer gleichzeitig verbesserten Beschichtung bei (siehe Streitpatent, Absätze [0008] und [0011]).
2.4 Interpretation des Merkmals [1.6]
Bei der Antwort, ob die Lösung naheliegend ist, spielt eine zentrale Rolle, wie das Merkmal [1.6] auszulegen ist. Hierbei sind zwei Punkte von entscheidender Bedeutung. Einmal wie der Begriff "die reibungsvermindernde Schicht" definiert ist und zweitens wie es zu verstehen ist, dass "die zweite Lage" "die reibungsvermindernde Schicht aufweist".
Durch den bestimmten Artikel bezieht sich "die reibungsvermindernde Schicht" des Merkmals [1.6] auf die reibungsvermindernde Schicht der ersten Lage. Da es sich nicht um dieselbe Schicht handeln kann, wird der bestimmte Artikel in diesem Fall interpretiert als die gleiche Schicht, d.h. die Ausgangsmaterialien und deren Zusammensetzung müssen in beiden reibungsvermindernden Schichten gleich sein. Bei gleichen Ausgangsmaterialien in unterschiedlicher Zusammensetzung würde es sich entgegen der Behauptung der Einsprechenden nicht mehr um die gleiche Schicht handeln.
Der Begriff "aufweist" ist, wie die Einsprechende richtigerweise feststellt, im Gegensatz zum Begriff "bestehen aus" nicht abschließend auszulegen (siehe "Rechtsprechung", II.A.6.2.). Im Merkmal [1.6] bezieht sich das Verb "aufweist" auf die zweite Lage. Dies bedeutet, dass die zweite Lage die reibungsvermindernde Schicht aufweist und es nicht ausgeschlossen ist, dass diese noch weitere Schichten aufweist.
Das Argument der Einsprechenden, dass die Schicht nicht nur ein Material, sondern auch noch andere Materialien aufweisen kann, ist somit nicht korrekt. Nach Merkmal [1.6] weist die zweite Lage die Schicht auf und nicht nur das Ausgangsmaterial.
2.5 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D3 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen
In Dokument D3 ist die erste Beschichtung 7 eine aluminiumhaltige Korrosionsschutzbeschichtung mit einem den Reibwert beeinflussenden, nicht näher spezifizierten Gleitmittel (siehe Dokument D3, Spalte 9, Zeilen 17 bis 21). Die zweite Beschichtung 8 hat einen zweiten, niedrigeren Reibwert, der mit einem Gleitmittel aus PTFE und/oder MoS2 eingestellt wird (siehe Dokument D3, Spalte 8, Zeilen 12 bis 24 und Spalte 9, Zeilen 24 bis 33). Um die Bedingung gemäß Merkmal [1.6] des Streitpatents zu erfüllen, müsste der Fachmann als zweite Beschichtung die gleiche aluminiumhaltige Korrosionsschutzschicht wie für die erste Beschichtung einsetzen. Ferner müsste er in beiden Beschichtungen das gleiche Gleitmittel in den gleichen Mengenverhältnissen verwenden. Allerdings könnten dann im Gegensatz zur Lehre des Dokuments D3 keine unterschiedlichen Reibwerte der ersten und zweiten Lage erreicht werden (siehe Dokument D3, Absätze [0021] und [0026]). Aus diesem Grund würde der Fachmann ausgehend von Dokument D3 allein nicht in naheliegender Weise zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen.
2.6 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D3 in Verbindung mit dem Dokument D4
Dokument D4 beschäftigt sich mit der Herstellung von Massenkleinteilen. Daher ist es fraglich, ob der Fachmann ausgehend von Dokument D3 die Lehre des Dokuments D4 in Betracht gezogen hätte. Aber selbst im Fall einer Zusammenschau mit dem Dokument D4 würde der Fachmann nicht zu dem beanspruchten Gegenstand von Anspruch 1 gelangen. Im Beispiel 1 des Dokuments D4 (siehe Seite 10, Zeilen 15 bis 17), auf das sich die Einsprechende bezieht, haben die drei Beschichtungen zwar die gleichen Komponenten, nämlich eine Zinkpaste und ein Gleitmittel aus PTFE, aber verschiedene prozentuale Gewichtsanteile. Die Mengenzusammensetzung der einzelnen Schichten ist unterschiedlich. Daher fallen diese drei Beschichtungen nicht unter das Merkmal [1.6] des Streitpatents, da es sich nicht um die gleiche Schicht handelt gemäß der Interpretation unter Punkt 2.4 oben. Der Anspruch 1 des Streitpatents fordert nicht, dass das Gleitmittel gleich ist, sondern die gesamte Schicht. Der Fachmann gelangt daher durch eine Zusammenschau der Dokumente D3 und D4 nicht ohne erfinderisches Zutun zu der beanspruchten Erfindung.
2.7 Der Verfahrensanspruch 7 hat die Anspruch 1 entsprechenden Merkmale, weshalb die Argumentation für Anspruch 1 analog für den Anspruch 7 gilt.
2.8 Aus den genannten Gründen beruht der Gegenstand von Anspruch 1 und von Anspruch 7 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Schlussfolgerung
Die Ansprüche des vorliegenden Hauptantrags (Patent in der erteilten Fassung) genügen den Erfordernissen des EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.
3. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin I wird zurückgewiesen.