T 0847/18 (Plausibilität (Abschnitt 4.2.2 ff)) of 27.1.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T084718.20220127
Datum der Entscheidung: 27 Januar 2022
Aktenzeichen: T 0847/18
Anmeldenummer: 11738610.2
IPC-Klasse: B42D 15/00
D21H 19/38
D21H 19/40
D21H 19/64
D21H 19/82
D21H 21/40
B41M 5/52
B42D 25/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WERTDOKUMENT MIT EINER TRANSPARENTEN FARBANNAHMESCHICHT UND MIT EINER OPAKEN FARBANNAHMESCHICHT
Name des Anmelders: Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH
Name des Einsprechenden: CCL Secure Pty Ltd
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (ja)
Ausreichende Offenbarung - Nacharbeitbarkeit (ja)
Ausreichende Offenbarung - Stützung durch die Beschreibung (ja)
Ausreichende Offenbarung - Verhältnis von Art. 83 zu Art. 84 EPÜ
Patentansprüche - mangelnde Klarheit kein Einspruchsgrund
Patentansprüche - wesentliche Merkmale
Patentansprüche - Klarheit im Einspruchsbeschwerdeverfahren
Patentansprüche - Stützung durch die Beschreibung (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1534/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent EP 2 590 822 in geänderter Form aufrechtzuerhalten.

II. Der Einspruch stützte sich auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 (a) und (b) EPÜ, insbesondere wegen mangelnder Neuheit / erfinderischer Tätigkeit und mangelnder Ausführbarkeit. Das Patent wurde in geänderter Form aufrechterhalten. Sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende haben Beschwerde eingelegt. Die Kammer hat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung den Beteiligten ihre vorläufigen Meinung zu allen wichtigen Punkten mitgeteilt.

III. Auf folgende Dokumente wird Bezug genommen:

D1 = W02008/031170 A1

D9 = US 2004/0053017 A1

D12 = US 2005/0208234 A1

IV. Die Einsprechende beantragte am Ende der mündlichen Verhandlung, die am 27. Januar 2022 mit dem Einverständnis der Parteien als Videokonferenz (Zoom) abgehalten wurde, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.

V. Die Patentinhaberin beantragte, nachdem sie alle anderen bis dahin gestellten Anträge zurückgenommen hatte, am Ende der mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in eingeschränkter Form auf der Grundlage der Ansprüche des einzigen Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer als Hilfsantrag 9, aufrechtzuerhalten.

VI. Die Merkmalsbezeichnungen ((A), (B), ...) wurden von der Kammer eingefügt. "[0089]" steht für "Abschnitt [0089] im entsprechenden Dokument".

VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

(A) Wertdokument, umfassend ein Substrat (1) und ein Sicherheitselement (2, 7),

(B) wobei das Sicherheitselement (2, 7) zumindest eine transparente Farbannahmeschicht (5), die in einem Teilbereich oberhalb einer ersten Oberfläche des Sicherheitselements (2, 7) angeordnet ist, umfasst und (C) derart in oder auf dem Substrat angeordnet ist, dass die erste Oberfläche des Sicherheitselements (2, 7) mit einer ersten Oberfläche des Substrats (1) eine gemeinsame Oberfläche bildet,

(D) dadurch gekennzeichnet, dass die transparente Farbannahmeschicht (5), welche einen (D1) Füllstoff, der von der Gruppe bestehend aus Böhmit, pseudo-Böhmit, Zeolith, Al2O3 und Kieselgel gewählt ist, und ein

(D2) Bindemittel, das aus der Gruppe umfassend Polyvinylalkohol, modifizierter Polyvinylalkohol, Polyurethandispersionen, Acrylatdispersionen, sowie Derivate oder Mischungen derselben gewählt ist, umfasst, oberhalb der gemeinsamen Oberfläche in einem ersten Teilbereich der gemeinsamen Oberfläche angeordnet ist,

(E) wobei oberhalb der gemeinsamen Oberfläche eine opake Farbannahmeschicht (9) in einem Teilbereich der gemeinsamen Oberfläche, welcher bei Betrachtung des Wertdokuments im Auflicht nicht oberhalb, d.h. außerhalb, des Sicherheitselements (2, 7) liegt, angeordnet ist,

(F) wobei oberhalb der gemeinsamen Oberfläche die opake Farbannahmeschicht (9) in einem zweiten Teilbereich (B) der gemeinsamen Oberfläche, welcher bei Betrachtung des Wertdokuments im Auflicht nicht oberhalb, d.h. außerhalb, des Sicherheitselements (2, 7) liegt, angeordnet ist, dort eine erste, gleich bleibende Schichtdicke aufweist und in einem dritten Teilbereich (C) der gemeinsamen Oberfläche, welcher bei Betrachtung des Wertdokuments im Auflicht oberhalb des Sicherheitselements liegt, eine Aussparung aufweist, wobei die Schichtdicke der opaken Farbannahmeschicht (9) innerhalb eines vierten Teilbereichs (D) der gemeinsamen Oberfläche, welcher zwischen dem zweiten Teilbereich (B) und dem dritten Teilbereich (C) liegt, ausgehend von der ersten Schichtdicke in dem zweiten Teilbereich (B) einen treppenförmig oder stufenlos abnehmenden Verlauf, vorzugsweise mit einem konstanten Gradienten, aufweist, wobei die Schichtdicke der opaken Farbannahmeschicht (9) im vierten Teilbereich (D) bis auf null abnimmt und im gesamten dritten Teilbereich (C) null beträgt.

VIII. Die wesentlichen Argumente der Einsprechenden können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Die Erfindung sei nicht ausführbar, da der Begriff "gemeinsame Oberfläche" unklar und nicht nacharbeitbar sei. Das Gleiche gelte für das Anspruchsmerkmal, dass die Farbannahmeschicht sowohl Teil des Sicherheitsmerkmals als auch der gemeinsamen Oberfläche sei, auf die wiederum die Farbannahmeschicht aufgetragen werden solle.

b) Das Unterscheidungsmerkmal von Anspruch 1 gegenüber D1 sei so allgemein, dass es keine Wirkung habe und somit keine sinnvolle Aufgabe zu definieren sei, weshalb der Gegenstand von Anspruch 1 naheliegend sei. Es fehlten auch wesentliche Merkmale, um eine transparente Farbannahmeschicht zu erhalten; die Ausführbarkeit des Unterscheidungsmerkmals sei nicht plausibel.

IX. Die wesentlichen Argumente der Patentinhaberin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Die Erfindung sei im Lichte der Figuren und Ausführungsbeispiele problemlos ausführbar.

b) Es mache keinen Sinn, die Lehren von D1 und D9 zu kombinieren, da D1 nur formal betrachtet neuheitsschädlich sei, während die dortige Farbannahmeschicht aber tatsächlich einen ganz anderen Zweck erfülle. D9 beweise die Plausibilität des Unterscheidungsmerkmals.

Weitere Argumente der Beteiligten werden im Detail in den Entscheidungsgründen behandelt.

Entscheidungsgründe

1. Die beanspruchte Erfindung

1.1 Zur Erhöhung der Fälschungssicherheit von Banknoten ist es wünschenswert, Sicherheitselemente, wie z.B. Folienelemente, Fenster und Sicherheitsstreifen, mit einem Aufdruck zu überdrucken. Jedoch ist die Farbannahme beim Überdrucken solcher Sicherheitselemente in der Regel nicht zufriedenstellend.

1.2 Die für solche Sicherheitselemente geeigneten Farbannahmeschichten wiederum sind bei den notwendigen Schichtdicken oder infolge von Füllstoffen opak oder haben zumindest eine unerwünschte trübende Wirkung. Dadurch wird die visuelle Wahrnehmbarkeit oder die maschinelle Detektierbarkeit des Sicherheitselements negativ beeinflusst. Handelt es sich bei dem Sicherheitselement um ein optisch variables Element (zum Beispiel um ein Hologramm oder Linse), kann dessen optisch variabler Effekt beeinträchtigt oder vollständig unterbunden werden.

1.3 Laut Abschnitten [0001] bis [0007] des erteilten Patents ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Sicherheitselement für die Herstellung von Wertdokumenten anzugeben, das eine gute Farbannahme, Haftung und Trocknung einer Druckfarbe eines aufzubringenden weiteren Aufdrucks gestattet, ohne dabei eine Mattierung oder Trübung des Sicherheitselements zu verursachen.

1.4 Diese Aufgabe wird gelöst durch eine transparente Farbannahmeschicht, die oberhalb des Sicherheitselements angeordnet ist und eine spezielle Zusammensetzung hat (Merkmal (D)), sowie durch eine spezielle Form der über die Farbannahmeschicht aufgetragenen opaken Farbschicht (Merkmal (F)).

2. Ausführbarkeit (Artikel 83 / Artikel 100 (b) EPÜ)

Anders als die Einspruchsabteilung ist die Kammer der Meinung, dass die Merkmale (B) und (C) - nämlich dass das Sicherheitselement eine Farbannahmeschicht umfasst und derart in oder auf dem Substrat angeordnet ist, dass die erste Oberfläche des Sicherheitselements mit einer ersten Oberfläche des Substrats eine gemeinsame Oberfläche bildet - von der Fachperson ohne technische Schwierigkeiten ausführbar sind.

2.1 "gemeinsame Oberfläche" - Merkmal (C)

2.1.1 Die Einsprechende hat argumentiert, dass der Begriff "gemeinsame Oberfläche" in Anspruch 1 so unklar und widersprüchlich sei, dass die Fachperson die Erfindung nicht nacharbeiten könne. Die Fachperson verstehe unter "gemeinsame Oberfläche" die Grenzflächen an der Nahtstelle zwischen Substrat und Sicherheitselement.

2.1.2 Die Kammer ist der Meinung, dass bei der Beurteilung der Ausführbarkeit nicht nur der Anspruchswortlaut berücksichtigt werden darf, sondern die Lehre der gesamten ursprünglich eingereichten Unterlagen in Betracht gezogen werden muss, wie sie die Fachperson verstehen würde (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Abschnitt II.C.3.1).

2.1.3 Die Fachperson versucht beim Lesen des Patents, die Erfindung zu verstehen (siehe auch T 1534/12, Gründe 3.1). Im vorliegenden Fall verwendet die Beschreibung des Streitpatents den Begriff Oberfläche so, dass er gleichbedeutend mit der zu bedruckenden Oberfläche ist, an der Farbe anhaften kann oder soll. Gemäß der Lehre des Patents besteht die gemeinsame Oberfläche dabei aus der obersten Außenseite des Substrats und der obersten Außenseite eines über diesem Substrat angeordneten Sicherheitselements, sogar wenn diese genannten Außenseiten in unterschiedlichen parallelen Ebenen angeordnet sind und die Außenseite des Substrats zusammen mit der Außenseite des Sicherheitselements in diesem Fall keine einzelne gemeinsame Oberfläche formt.

2.1.4 Die Fachperson versteht ferner aus der Verwendung des Begriffs Oberfläche in der Beschreibung des Streitpatents, dass nicht beliebige Grenzflächen, sondern nur Flächen senkrecht zum Banknotenpapier 1, also zur Auftrage-Richtung von Material oder Farbe auf die Banknote, in Betracht gezogen werden. Der Begriff Oberfläche muss dabei laut Streitpatent nicht zwingend eine zusammenhängende Oberfläche bedeuten. Stattdessen kann es sich auch um eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Oberfläche handeln.

2.1.5 Beim Beispiel von Figur 1 wird z.B. die "gemeinsame Oberfläche" als "resultierende Oberfläche" zwischen Substrat 1 und Sicherheitselement 2 bezeichnet (Spalte 12, Zeile 56). Diese resultierende Oberfläche ist unten gestrichelt dargestellt und in Merkmal (C) gemeint. Die "resultierende Oberfläche" ist für die Bedruckbarkeit entscheidend.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIKStreitpatent

Die gestrichelte Line ist von der Kammer hinzugefügt und stellt die resultierende gemeinsam gebildete und bedruckbare Oberfläche dar.

2.1.6 Für das Ausführungsbeispiel der Figur 2 bedeutet dann der im Anspruch verwendete Begriff "gemeinsame Oberfläche" nicht nur "resultierende Oberfläche", sondern zusätzlich, dass die "resultierende Oberfläche" aller Elemente in ein und der selben Ebene liegt und damit eine "einheitliche Oberfläche" bildet (Spalte 14, Zeile 52). Die "gemeinsame Oberfläche" ist somit im Zusammenhang mit Figur 2 eine "einheitliche Oberfläche", während die "gemeinsame Oberfläche" im Zusammenhang mit Figur 1 die "resultierende Oberfläche" ist. Dies geht aus Anspruch 4 der ursprünglich eingereichten Unterlagen hervor, auf den das Merkmal (C) zurückgeht.

2.2 "Sicherheitselement umfasst die Farbannahmeschicht" (Merkmal B)

2.2.1 Die Einsprechende hat argumentiert, dass es - wenn das Sicherheitselement nach Merkmal (B) bereits die Farbannahmeschicht umfasse - unklar (und damit nicht ausführbar) sei, wie die Farbannahmeschicht auf das Sicherheitselement aufzutragen sei.

2.2.2 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass aus der Beschreibung und den Figuren des Patents ersichtlich sei, dass die transparente Farbannahmeschicht 5 nicht Teil des Sicherheitselements sein müsse, da sie auch oberhalb der opaken Farbannahmeschicht 9 angeordnet sein könne (Abschnitt [0053]).

2.2.3 Die Kammer kommt zum Schluss, dass eine Unklarheit gemäß Artikel 84 EPÜ in Anspruch 1 insofern besteht, als die Farbannahmeschicht (5) sowohl als Teil des Sicherheitselements (2,4) definiert wird als auch mit dem Wertdokument 1 die gemeinsame Oberfläche bildet, auf die die Farbannahmeschicht (5) aufgetragen wird.

2.2.4 Die Fachperson versteht aber aus dem Zusammenhang der Beschreibung, dass am Anfang des Anspruchs das (gesamte) Sicherheitselement im Sinne des Bezugszeichen (2) gemeint ist, und dass im weiteren Verlauf des Anspruchs das Sicherheitselement im Sinne von Bezugszeichen 6 und 7 in Figur 2 (Folienelemente, Fenster) zu verstehen ist. Insofern ist die Ausführbarkeit des Anspruchswortlauts durch diese Unklarheit nicht in Frage gestellt, da die Figuren den Anspruchswortlaut klar verständlich machen.

2.2.5 Diese Unklarheit beeinträchtigt somit auch nicht die Ausführbarkeit der Erfindung gemäß Figur 2. Laut Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G3/14 (Orientierungssatz) können zudem Defizite unter Artikel 84 EPÜ im Einspruchsverfahren nicht geklärt werden, wenn die Fassung der Ansprüche wie im vorliegenden Fall auf erteilte Ansprüche zurückgeht.

2.2.6 Folglich ist die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass eine Fachperson sie ausführen kann.

3. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 54(2) und 100 a) EPÜ)

3.1 Offenbarung von D1

3.1.1 D1 offenbart eine Banknote 10/50 mit einem Substrat 11 und einem Fenster 16/56. Laut Spalte 1, Zeilen 24 bis 26 des Streitpatents, ist ein Fenster ein Sicherheitselement.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIKD1

Annotation (B,D,C) durch die Kammer

3.1.2 Das Fenster oder Sicherheitselement 16 ist mit einer Schicht 18 bedeckt, die ein eingraviertes Relief 19 enthält, das die Funktion eines Hologramms (Seite 8, Zeile 15) oder einer Linse haben kann. Das Element 18 besteht aus einer metallischen Tinte und ist transparent (Seite 8, Zeile 12 bis 22).

3.1.3 Der Begriff "Farbannahmeschicht" ist ein breiter Begriff (siehe auch die allgemeine Definition im Streitpatent, Abschnitt [0009]). Die Schicht 18 ist gleichzeitig ein (zusätzliches) Sicherheitselement und eine Farbannahmeschicht. Die Schicht 18 nimmt durch das Relief 19 die Farbe der Schicht 14 bzw. 15 an und trägt somit dazu bei, dass die "opacifying layer 15" auf der Schicht 18 hält. In den Figuren 1 und 5 geht die Schicht 18 über das Fenster 16/56 hinaus und sorgt in diesem Bereich für eine Farbannahme der Schicht 14/15. Schicht 58 entspricht der Schicht 18, ist komplett von Schicht 15 bedeckt und sorgt dort für eine verbesserte Farbannahme. Die Eigenschaft der Farbannahme der opaken Schicht 14/15 durch die Schicht 18 bzw. 58 ist intrinsisch. Würde Schicht 18/58 nicht für eine gute Haftung der Schicht 14/15 sorgen, könnte das Sicherheitsdokument nicht als solches verwendet werden. Schicht 14/15 ist durch einen Druckprozess aufgetragen (siehe auch Seite 8, Zeilen 15-20), ist opak und hat damit eine Farbe. Folglich ist die darunterliegende Schicht (18, 58) eine Farbannahmeschicht.

3.1.4 Die gemeinsame Oberfläche von 16 und 11 ist nach dem technischen Verständnis des Streitpatents die untere bzw. obere Substratoberfläche. D1 offenbart ferner Merkmal (F) (Eigenschaften der opaken Schicht, Annotationen Bereich B [Bereich außerhalb des Fensters, konstante Dicke], Bereich C [Aussparung im Bereich des Fensters], Bereich D [Übergangsbereich], siehe oben). Die Patentinhaberin hat zwar argumentiert, dass der Bereich D weder treppenförmig noch stufenlos sei. Die Einsprechende hat jedoch dagegen argumentiert, dass in der Realität ein wie in Figur 5 dargestellter Verlauf nicht zu realisieren sei und immer nur ein stufenloser Verlauf erreicht werden könne. Die Kammer schließt sich dem an und ist ferner der Meinung, dass Figur 1 in D5 einen "treppenförmigen" Verlauf mit einer Stufe - und somit Merkmal (F) - offenbart.

3.2 Neuheit

Dokument D1 offenbart folglich alle Merkmale des Anspruchs 1 außer dem Teil des Merkmals (D), der die Zusammensetzung der Farbannahmeschicht (Füllstoff (D1) und Bindemittel (D2)) betrifft. Folglich ist der Gegenstand von Anspruch 1 neu.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 und 100 a) EPÜ)

4.1 Wirkung - Aufgabe

4.1.1 Die Einsprechende hat argumentiert, dass es in formeller Hinsicht die Aufgabe der Erfindung sei, die Farbannahme eines Sicherheitselement, ausgehend von D1 also der Schicht 18, zu verbessern. Hierfür seien die vorgeschlagenen Füllstoff- (D1) und Bindemittelkomponenten (D2) jedoch im Lichte von D9 nicht nur fachüblich, sondern hätten auch ohne Spezifikation weiterer Parameter keine spezielle Wirkung. Insbesondere sei die Schicht nicht notwendigerweise transparent. Im Lichte von D9 (insbesondere [0085] bis [0089]) ergebe sich eine transparente Farbannahmeschicht beispielsweise nur, wenn der Brechungsindex der einzelnen Komponenten einen bestimmten Wert habe. Zudem müsse im Lichte der Beschreibung des Streitpatents ([0013], [0014]) das Mischungsverhältnis von Bindemittel und Füllstoff einen bestimmten Wert haben, sonst sei die angegebene Kombination von Stoffen opak. Im Lichte der Beschreibung des Streitpatents ([0013]) sei zudem eine transparente Schicht nur für eine bestimmte Partikelgröße zu erzielen.

4.1.2 Da also die bloße Kombination von Komponenten nach Merkmal (D) keine spezielle Wirkung habe, könne keine spezielle Aufgabe formuliert werden. Ferner stelle sich das Problem der Plausibilität, der Ausführbarkeit und des Fehlens wesentlicher Merkmale im Anspruch, wenn Partikelgröße, Mischverhältnis und Brechungsindex nicht im Anspruch definiert seien.

4.1.3 Die Kammer ist der Meinung, dass es - und zwar unabhängig von der Wirkung der Materialien der Farbannahmeschicht - die Aufgabe der Erfindung ist, die in D1 als transparente Farbannahmeschicht betrachtete Schicht 18 in der Zusammensetzung so auszugestalten, dass eine bessere Farbannahme gewährleistet wird.

4.2 Nicht-Naheliegen

4.2.1 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass die Fachperson keinerlei Veranlassung gehabt habe, das Hologramm 18 durch eine Farbannahmeschicht im Sinne des Streitpatents - und mit den entsprechenden Komponenten - zu ersetzen. Da D1 schon eine "primer layer" (Anspruch 49, Seite 7, Zeile 30 ff) für eine bessere Haftung der Schicht 18/58 - und nur für diese Schicht - auf dem Substrat erwähne, würde die Fachperson - wenn überhaupt - diese Schicht mit der in Merkmal (D) beanspruchten Kombination ersetzen, aber nicht die Hologramm-Schicht 18. Da D9 vorwiegend opake Farbannahmeschichten offenbare, sei D9 inkompatibel mit D1. Daher würde die Fachperson D9 nicht mit D1 kombinieren.

4.2.2 Die Einsprechende hat argumentiert, dass durch die Kombination von Komponenten nach Merkmal (D) keine transparente Farbannahmeschicht und damit keine Wirkung erreicht werde. Folglich werde keine entsprechende objektive technische Aufgabe gelöst, und eine Diskussion der erfinderischen Tätigkeit sei deshalb hinfällig. Vielmehr sei die Kombination von Komponenten nach Merkmal (D) naheliegend. Außerdem sei die Realisierung einer transparenten Farbannahmeschicht ohne Angabe der wesentlichen Merkmale der Mischverhältnisse, der Partikelgröße und der Brechungsindizes der Komponenten nicht plausibel beziehungsweise ausführbar.

4.2.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Materialien der beanspruchten Füll- und Bindemittel übliche Komponenten von Farbannahmeschichten sind (siehe auch D12, [0099] - [0115], dort werden auch Partikelgrößen beschrieben). Ferner kann die Fachperson im Lichte von D9 die in Merkmal (D) beanspruchten Füll- und Bindemittel ohne Schwierigkeiten so kombinieren, dass eine transparente Farbannahmeschicht entsteht. D9 beschreibt beispielsweise, wie eine Farbannahmeschicht unter Verwendung solcher Füll- und Bindemittel transparent ausgeführt werden kann ([0085] bis [0089], dort werden auch die Mischverhältnisse und Brechungsindizes beschrieben). Insofern sind die für die Erzeugung einer transparenten Schicht notwendigen Mischverhältnisse, Partikelgrößen und Brechungsindizes der beanspruchten Komponenten kein wesentliches Merkmal der Offenbarung, sondern Teil des allgemeinen Fachwissens. Daher ist es plausibel, dass der Fachmann ausgehend vom Streitpatent transparente Farbannahmeschichten mit den in Merkmal (D) definierten Füll- und Bindemitteln realisieren kann. Folglich ist auch die Ausführbarkeit des Anspruchs gegeben.

4.2.4 Ausgehend von D1 würde die Fachperson jedoch nicht in Betracht ziehen, die metallische Tinte 18/58, die in D1 für die Herstellung des Hologramms bzw. einer Linse verwendet wird, durch die in Merkmal (D) beschriebenen Komponenten zu ersetzen. Die Erzeugung des Hologramms/einer Linse ist ein komplexer Prozess und erfordert eine Belichtung und Aushärtung der Schicht 18 durch UV-Strahlung, so dass ein mikroskopisch kleines dreidimensionales Relief 19 in der Schicht 18 entsteht, welches das Licht so bricht und reflektiert, dass ein Hologramm bzw. eine Linse entsteht. Dabei geht weder aus dem allgemeinen Wissen des Fachmanns noch aus D9 oder D12 hervor, dass für solche Anforderungen die vorgeschlagenen Füll- und Bindemittel verwendbar sind.

4.2.5 D1 lehrt nur eine Verbesserung der Haftung der Schicht 18 auf dem Substrat 13 durch eine "intermediate primer layer". Die Farbhaftung auf der Schicht 18 wird dagegen nicht thematisiert; D1 enthält dementsprechend auch keinen Hinweis, dass eine Verbesserung nötig wäre. Die Fachperson hätte also ausgehend von D1 keinen Anlass, diese zu verbessern.

4.2.6 Da

a) weder D1 noch D9 irgendeinen Hinweis geben, die in D9 beschriebenen Komponenten so in eines der Ausführungsbeispiele der D1 einzufügen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 erreicht wird,

b) noch eine technisch sinnvolle Lösung einer Kombination der Lehren von D1 und D9 denkbar ist, die zum Anspruchsgegenstand führen könnte,

erfüllt Anspruch 1 die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ. Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepasst.

5. Schlussfolgerung

Unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin während des Einspruchsbeschwerdeverfahrens vorgenommenen Änderungen ist das Patent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten (Artikel 101 (3) a) und 111 (1) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in eingeschränkter Form auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 10, eingereicht als Hilfsantrag 9 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,

Beschreibung, Absätze [0001] bis [0062] der Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,

Figuren Blätter 1/3 bis 3/3 wie ursprünglich eingereicht.

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