European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T055718.20201117 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 November 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0557/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11831819.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01B21/08 A01B49/02 A01B5/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | BODENBEARBEITUNGSGERÄT | ||||||||
Name des Anmelders: | Lemken GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Amazonen-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG |
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Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) Spät eingereichter Antrag - Antrag hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, wonach das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags die Erfordernisse des EPÜ erfüllte.
In dieser hatte die Einspruchsabteilung u.a. festgestellt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
II. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2007 hat die Kammer die vorläufige Meinung geäußert, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf eine Kombination der Dokumente D3 und D2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, wohl aber der des Anspruchs 1 gemäß des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 1.
III. Am 17. November 2020 fand eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit beider Parteien statt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 - 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 24. April 2018.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, ferner die Hilfsanträge 1 - 3 nicht zum Verfahren zuzulassen.
V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Bodenbearbeitungsgerät (1) mit einem Rahmen (2) mit zwei hintereinander und quer angeordneten Rahmenteilen (3, 4), an denen nebeneinander drehbar gelagerte Hohlscheiben (5, 6) angeordnet sind, die über Tragarme (7) mit den Rahmenteilen (3, 4) verbunden sind, wobei die Hohlscheiben (5) des in Arbeitsrichtung (9) gesehen vorderen Rahmenteils (3) mit den konkaven Seiten (10) in Arbeitsrichtung (9) schräg nach vorn und nach außen weisen und die Hohlscheiben (6) des in Arbeitsrichtung (9) gesehen hinteren Rahmenteils (4) mit den konkaven Seiten (10) in Arbeitsrichtung (9) schräg nach vorn und zur Mitte (11) weisen, wobei die Sehnen (12) der konkaven Seiten (10) der Hohlscheiben (5, 6) mit der Bodenoberfläche (13) einen stumpfen Winkel (alpha) einschließen,
dadurch gekennzeichnet,
dass zwei der Hohlscheiben (5), und zwar die beiden Hohlscheiben (14, 15) des vorderen Rahmenteils (3), die sich im mittleren Bereich (50) des vorderen Rahmenteils (3) befinden, mit ihren konvexen Seiten (16) zueinander weisen und in Arbeitsrichtung (9) zueinander versetzt sind und links und/oder rechts vom Bearbeitungsstreifen (17) mindestens einer der beiden nachfolgenden Hohlscheiben (6, 18, 19) des hinteren Rahmenteils (4) angeordnet sind, die mit ihren konkaven Seiten (10) zueinander weisen."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die beiden mittigen Hohlscheiben (14, 15) des vorderen Rahmenteils (3) "links und[deleted: /oder] rechts vom Bearbeitungsstreifen (17) mindestens einer der beiden nachfolgenden Hohlscheiben (6, 18, 19) des hinteren Rahmenteils (4) angeordnet sind".
VI. Nachfolgend wird auf folgenden Dokumente Bezug genommen:
D1: WO 2008/033091 A2
D2: EP 0 206 232 A2
D3: US 1 944 275
D4: EP 1 449 419 A1.
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Keine der in der angefochtenen Entscheidung behandelten Kombinationen von Dokumenten führe unmittelbar und offensichtlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag 1. Insbesondere sei das in D2 offenbarte Bodenbearbeitungsgerät mit sternförmigen, an nur einem Rahmenteil angebrachten Rädern zu verschieden von den Scheibeneggen der D1 und D3, als dass der Fachmann eine Kombination in naheliegender Weise in Betracht zöge.
Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag 1 ergebe sich in naheliegender Weise ausgehend von D1 oder D3 in Kombination mit D2. Im übrigen hätte Hilfsantrag 1 bereits im Einspruchsverfahren vorgelegt werden können und sei daher nicht zuzulassen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das Patent betrifft Scheibeneggen mit Hohlscheiben, die in zwei in Arbeitsrichtung aufeinanderfolgenden Reihen jeweils spiegelbildlich zu einer mittigen Symmetrieachse an einem Zugrahmen befestigt sind. Dabei sind gemäß des erteilten Anspruchs 1 die Hohlscheiben der vorderen Reihe mit ihrer konvexen Seite zur Symmetrieachse gerichtet, während die Hohlscheiben der hinteren Reihe mit ihrer konkaven Seite zur Symmetrieachse weisen. Solche Bodenbearbeitungsgeräte sind unstrittig grundsätzlich aus D1 (siehe Fig. 2) und D3 (siehe Fig. 4) bekannt.
Ein bekanntes Problem besteht darin, dass die beiden mittigen vorderen Hohlscheiben immer einen zentralen unbearbeiteten Streifen zwischen sich zurücklassen. Dies wurde bereits auf verschiedene Weise angegangen, wie in den Absätzen [0002] - [0004] der Patentschrift geschildert. Entweder wird versucht, diesen unbearbeiteten Streifen möglichst klein zu halten bzw. zu vermeiden, indem die beiden mittigen vorderen Hohlscheiben so nah wie möglich aneinandergerückt werden, die Anstellwinkel verändert werden (D4, Fig. 1) oder es wird eine zusätzliche Hohlscheibe ganz zentral in die Mitte gepackt (D4, Fig. 2).
Der dem Patent zugrundeliegende Erfindungsgedanke besteht zum einen darin, die vorderen mittigen Hohlscheiben in Arbeitsrichtung zueinander versetzt anzuordnen, so dass der unbearbeitete Streifen klein bleibt. Zum anderen werden die normalerweise weiter voneinander beabstandeten hinteren mittigen Hohlscheiben so weit zusammengerückt, dass sie den unbearbeiteten Streifen bearbeiten können. Mit anderen Worten liegt in diesem Fall der Bearbeitungsstreifen mindestens einer der hinteren mittigen Hohlscheiben zwischen denen der beiden vorderen mittigen Hohlscheiben, die in diesem Sinne "links und rechts" von diesem Bearbeitungsstreifen angeordnet sind.
3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
3.1 Beide Parteien stimmen überein, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch vom Bodenbearbeitungsgerät der D3 unterscheidet, dass die beiden vorderen mittigen Hohlscheiben in Arbeitsrichtung zueinander versetzt sind.
3.2 Durch einen Versatz lässt sich ein unbearbeiteter Streifen zwischen den beiden vorderen mittigen Hohlscheiben vermeiden und der Boden gleichmäßig über die gesamte Arbeitsbreite des Bodenbearbeitungsgeräts bearbeiten, so dass der Boden nachträglich nicht nochmals bearbeitet werden muss, siehe Patentschrift Absatz [0004].
Als zu lösende Aufgabe kann demnach in Einklang mit Absatz [0005] der Patentschrift angesehen werden, ein gattungsgemäßes, insbesondere das aus D3 bekannte, Bodenbearbeitungsgerät dahingehend zu verbessern, dass dessen Werkzeuge den Boden gleichmäßig und über die gesamte Arbeitsbreite bearbeiten.
Die Beschwerdeführerin sieht daneben noch die Aufgabe, eine Bodenbearbeitungsgerät bereitzustellen, das verstopfungsfrei arbeitet. Diese Wirkung des Versatzes wird zwar in Absatz [0007] der Patentschrift angesprochen, jedoch nur als möglicher mittelbarer Vorteil des Versatzes dargestellt, der erst durch den Einsatz größerer Hohlscheiben realisiert wird. Da der erteilte Anspruch 1 aber keine Angaben zur Dimension der Hohlscheiben macht, kann diese zusätzliche Aufgabe nach Meinung der Kammer nicht als durch dessen Gegenstand gelöst angesehen werden (siehe hierzu auch unten, Punkt 3.4).
3.3 Die D2 will die Aufgabe lösen, eine "gleichmäßige Bearbeitung des Bodens über die gesamte Breite der Maschine" zu gewährleisten (Seite 2, dritter Absatz), obwohl die zwei innenliegenden Bodenbearbeitungswerkzeuge 28a, 29a einer ersten Reihe 32 von Bodenbearbeitungswerkzeugen zunächst einen kleinen Streifen unbearbeiteten Erdguts zwischen sich zurücklassen, Seite 9, Zeilen 6 - 10, Fig. 1. Aufgrund der übereinstimmenden Aufgabe und Ausgangslage wird der Fachmann die Lehre der D2 deshalb als relevant für die Lösung ebendieser Aufgabe betrachten und nicht von vornherein ignorieren.
Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass der Fachmann die D2 außer Acht ließe, weil deren Ausführungsbeispiel keine Hohlscheiben, sondern "bevorzugt" sternförmige Messer aufweist, die im übrigen konsequent in neutraler Weise als "Bodenbearbeitungswerkzeuge" tituliert werden. Auch die Tatsache, dass das Bodenbearbeitungsgerät der D2 nur ein quer angeordnetes Rahmenteil 20 aufweist (Seite 6, vierter Absatz, Fig. 1), wird ihn nicht dazu bewegen, denn der grundsätzliche Aufbau aus zwei Reihen von nach innen bzw. nach außen weisenden Bodenbearbeitungswerkzeugen stimmt mit dem der D3 durchaus überein.
Es mag sein, dass zwischen der Veröffentlichung der D3 und der der D2 ein beträchtlicher Zeitraum liegt. Dies allein wird den Fachmann ohne zusätzliche Gründe aber auch nicht dazu veranlassen, eine Kombination von D3 und D2 grundsätzlich auszuschließen. Die Kammer erkennt als solchen zusätzlichen Grund nicht an, dass das Bodenbearbeitungsgerät der D3 womöglich für den Betrieb mit Zugtieren entwickelt wurde und deshalb vom Fachmann als nicht kompatibel mit dem "modernen" traktorgeschleppten Bodenbearbeitungsgerät der D2 angesehen würde, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen. Auch wenn die 1932 eingereichte D3 keine Angaben zur Art des Zugantriebs macht, scheint deren Bodenbearbeitungsgerät mit seinem robusten Eisenrahmen (Seite 1, Zeilen 81-90, Fig. 8) durchaus für den Betrieb mit einem der Traktoren mit Verbrennungsmotor ausgelegt zu sein, die im fraglichen Zeitraum bereits verbreitet waren.
Schließlich bietet sich insbesondere das Ausführungsbeispiel der D3 mit den in Fig. 6 näher dargestellten Tragarmen für zwei Hohlscheiben für eine Kombination mit den ebenfalls jeweils paarweise angeordneten Bodenbearbeitungswerkzeugen 28 und 29 der D2 geradezu an (Seite 6, letzter Absatz, Fig. 1).
3.4 Zur Lösung der oben angegebenen Aufgabe schlägt die D2 vor, im Bereich der Mittelachse des Bodenbearbeitungsgeräts eine spezielle Einrichtung bzw. Anordnung von Bodenbearbeitungswerkzeugen vorzusehen, nämlich zwei zusätzliche, zwischen den beiden Reihen von parallelen Bodenbearbeitungswerkzeugen 28, 39 auf der Mittelachse hintereinander angeordnete Bodenbearbeitungswerkzeuge 39, 38, die den von den beiden mittigen vorderen Bodenbearbeitungswerkzeugen zurückgelassenen mittleren Streifen nicht bearbeiteten Erdgutes beseitigen, Brückenabsatz Seiten 8/9, Brückensatz Seiten 9/10, Fig. 1.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sieht die Kammer keine Schwierigkeit für den Fachmann, eine solche Anordnung zweier zusätzlicher Bodenwerkzeuge in Form von Hohlscheiben in dem Bodenbearbeitungsgerät der D3 "unterzubringen". Ein zusätzlicher Tragarm für sie könnte sich ausgehend vom vorderen Querträger 9 auf der Mittelachse nach hinten erstrecken, siehe Fig. 7. Da gemäß der Lehre der D2 (Seite 9, zweiter Absatz) dafür der Durchmesser sämtlicher "innerer" Bodenbearbeitungsgeräte 28a, 29a, 29d, 28d, 38 und 39 zu verkleinern ist, sollten zwei zusätzliche mittlere Hohlscheiben auch dann Platz im Bodenbearbeitungsgerät der D3 finden, wenn ihr Tragarm unterhalb des hinteren Querträgers 10 (auf Höhe der Radachsen 18 bzw. Achsarme 19, 20, Fig. 8, 10) verläuft. Andernfalls dürfte es für den Fachmann auch kein allzu großes Problem darstellen, den Rahmen der D3 etwas anzupassen, z.B. in Zugrichtung zu "strecken", um die beiden zusätzlichen Hohlscheiben zwischen den beiden Querträgern 9, 10 zu platzieren.
Es mag zwar sein, dass durch diese einfachen konstruktiven Maßnahmen das Bodenbearbeitungsgerät der D3 etwas ungleichmäßiger und nicht völlig verstopfungsfrei arbeiten bzw. etwas weniger kompakt ausfallen würde. Dies ist aber nicht maßgeblich, denn ein derart zur Lösung obiger Aufgabe modifiziertes Bodenbearbeitungsgerät der D3 fällt unter den Wortlaut des erteilten Anspruchs 1. Folglich umfasst dieser ebenfalls nicht vollständig zufriedenstellende Ausführungsformen, die nicht sämtliche von der Beschwerdeführerin angegebenen Teilaufgaben lösen.
3.5 Da sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag somit in naheliegender Weise aus einer Kombination der Dokumente D3 und D2 ergibt, beruht er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
4. Zulassung des Hilfsantrags 1
4.1 In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2007 hat die Kammer die vorläufige Absicht geäußert, den mit Beschwerdebegründung erstmals eingereichten Hilfsantrag 1 zum Verfahren zuzulassen und dies wie folgt begründet:
"Die vorherigen Hilfsanträge 1 und 1a wurden während der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, nachdem die Bedeutung des Merkmals "Bearbeitungsstreifen (17) mindestens einer der beiden nachfolgenden Hohlscheiben (6, 18, 19)" von der Einspruchsabteilung geklärt worden war (Punkte 5.3, 5.4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Danach hatte die Patentinhaberin nur noch die Option, einen prima facie gewährbaren Hilfsantrag vorzulegen, dessen Anspruch 1 entsprechend stark eingeschränkt wurde durch die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 5.
Die nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 beschränken zum einen den Gegenstand des ursprünglichen und erteilten Anspruchs 1 lediglich hinsichtlich bereits darin enthaltener Alternativen ("links und[deleted: /oder] rechts"; "Bearbeitungsstreifen (17) [deleted: mindestens einer] beider der beiden nachfolgenden Hohlscheiben (6, 18, 19)").
Zum anderen scheinen sie auch eine angemessene Reaktion auf die oben erwähnte, in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erfolgte Klärung des Merkmals "Bearbeitungsstreifen" zu sein."
4.2 Weder hat die Beschwerdegegnerin zu der vorläufigen positiven Auffassung der Kammer zur Zulassung des Hilfsantrags 1 schriftlich oder während der mündlichen Verhandlung Stellung genommen, noch kann die Kammer selbst Gründe erkennen, von dieser abzuweichen.
Die Kammer stellt folglich zum einen fest, dass die mit Hilfsantrag 1 vorgenommenen Änderungen durchaus geeignet scheinen, den Mangel erfinderischer Tätigkeit zu beheben, ohne dabei neue Probleme aufzuwerfen. Zum anderen, dass es entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin angesichts des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht von der Beschwerdeführerin erwartet werden konnte, den nunmehr vorgelegten Hilfsantrag 1 bereits im Einspruchsverfahren einzureichen.
4.3 Aus diesen Gründen lässt die Kammer Hilfsantrag 1 in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12(4) VOBK 2007 zum Verfahren zu.
5. Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
5.1 Anspruch 1 definiert als Bezugsort für die Positionierung der beiden vorderen, mittigen und zueinander versetzt angeordneten Hohlscheiben den Bearbeitungsstreifen einer der beiden nachfolgenden Hohlscheiben des hinteren Rahmenteils. Diese beiden nachfolgenden Hohlscheiben sind bei dem Bodenbearbeitungsgerät der D3 so weit voneinander und von der Mittelachse beanstandet (siehe Fig. 4), dass sowohl die beiden inneren vorderen Hohlscheiben auf dem vorderen Querträger, als auch die beiden zusätzlichen zentralen, gemäß D2 vorzusehenden Bearbeitungswerkzeuge zwischen ihren beiden Bearbeitungsstreifen liegen, mithin links von dem einen, rechts von dem anderen, aber nicht links und rechts von einem der Bearbeitungsstreifen einer nachfolgenden Hohlscheibe.
Folglich führt eine Übertragung der Lehre der D2 auf das Bodenbearbeitungsgerät der D3 nicht unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
5.2 Die Beschwerdegegnerin weist darauf hin, dass sich aber die beiden vorderen, zueinander versetzt angeordneten Bearbeitungswerkzeuge 28a und 39 der D2 durchaus links und rechts von dem Bearbeitungsstreifen des nachfolgenden Bearbeitungswerkzeugs 38 befinden, siehe Fig. 1. Der Fachmann müsse also bei der Übertragung der Lehre der D2 auf die D3 lediglich das hintere mittlere Bodenbearbeitungswerkzeug 38 über einen eigenen Tragarm dem hinteren Rahmenteil 10 der D3 zuordnen, so dass es eine nachfolgende Hohlscheibe im Sinne des Anspruchs 1 darstelle, um dessen Gegenstand zu erhalten. Dies sei naheliegend, weil es sich um eine willkürlich ausgewählte Alternative zur gemeinsamen Befestigung mit dem vorderen versetzten Bearbeitungswerkzeug 39 am vorderen Rahmenteil 9 der D3 handele.
Die Kammer ist hingegen der Ansicht, dass es umgekehrt einer ausdrücklichen Anregung für den Fachmann bedürfte, um von der Lehre der D2 abzuweichen und diese zusätzliche Änderung vorzunehmen. Wenn letztere keinerlei technische Wirkung zeitigt und keine technische Aufgabe löst, wie von der Beschwerdegegnerin angegeben, verbliebe als einzig erkennbare Anregung die Absicht, durch sie zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist eine solche rückschauende Betrachtung aber nicht zulässig.
5.3 Da aus diesen Gründen der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf naheliegende Weise aus einer Kombination der D3 mit der D2 erhalten würde, beruht er ausgehend von D3 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5.4 Für die von der Beschwerdegegnerin schriftlich dargelegte Argumentation ausgehend von der E1 gelten die obigen Überlegungen in analoger Weise, denn auch hier sind die beiden nachfolgenden Hohlscheiben weit voneinander beabstandet auf einer Art hinterem Querträger angeordnet, siehe Fig. 2. Ebenso würde durch die D2 allenfalls das Vorsehen zusätzlicher zentraler Hohlscheiben auf einem gemeinsamen Tragarm angeregt, der sich von dem vorderen Querträger der D1 aus erstreckt.
5.5 Gegen den Hilfsantrag 1 hat die Beschwerdegegnerin keine weiteren Einwände erhoben. Die Kammer vermag auch keine Mängel zu erkennen, die der Aufrechterhaltung des Patents in dessen eingeschränktem Umfang im Wege stünden. Eine Anpassung der Beschreibung an den geänderten Anspruchssatz befand die Kammer nicht für nötig.
Die Kammer stellt somit fest, dass unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag 1 vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Infolgedessen kann das Patent in geänderter Fassung gemäß Artikel 101(3)(a) EPÜ aufrechterhalten werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche:
Ansprüche 1-15 des Hilfsantrags 1 eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 24. April 2018,
Beschreibung:
Seiten 2 - 6 der Patentschrift,
Zeichnungen:
Figuren 1 bis 5 der Patentschrift.