European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T047018.20190725 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Juli 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0470/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11009896.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C22C 21/02 C22C 21/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gut giessbare, duktile AlSi-Legierung und Verfahren zur Herstellung eines Gussteils unter Verwendung der AlSi-Gusslegierung | ||||||||
Name des Anmelders: | TRIMET Aluminium SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Rheinfelden Alloys GmbH & Co. KG Springborn, Wiebke |
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Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Alternative Erfinderische Tätigkeit - Verbesserung nicht für gesamte beanspruchte Breite glaubhaft Erfinderische Tätigkeit - Neuformulierung der technischen Aufgabe Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge - Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung Spät eingereichte Hilfsanträge - Wechsel des Gegenstandes Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 1) sowie der Einsprechenden 1 und 2 (Beschwerdeführerinnen 2 und 3) betreffen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 2 471 966 in geänderter Form auf Basis des dritten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.
Während des Einspruchsverfahrens wurden unter anderem die folgenden Dokumente erörtert:
O1D3|C. Kammer, "Aluminium Taschenbuch: 1 Grundlagen und Werkstoffe", 16. Auflage, Aluminium-Verlag, 2002, 661-662 und 665-666 |
O2D1|C. R. Loper, J. I. Cho, "Influence of Trace Amounts of Phosphorus in Al Casting Alloys - A Review of the Literature", AFS Transactions, 108, 2000, 667-672 |
O2D4|"Aluminium alloys for chill casting and low pressure casting according to the Japanese, Chinese, American and German industrial Standard", G.W.P. AG Manufacturing Services|
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II. Die Einspruchsabteilung hatte erachtet, dass weder der Haupt- noch der erste Hilfsantrag die Erfordernisse von Artikel 54 (1) und (2) EPÜ im Hinblick auf die O2D1 erfüllt und der zweite Hilfsantrag nicht die von Artikel 123(2) EPÜ.
III. Mit der Beschwerdebegründung hielt die Patentinhaberin die erteilten Ansprüche als Hauptantrag aufrecht und reichte drei Hilfsanträge ein, die identisch mit denen des Einspruchsverfahrens sind.
IV. Am 4. Juni 2019 gab die Kammer in einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK ihre vorläufige und unverbindliche Auffassung bekannt, dass keiner der vorliegenden Anträge die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ zu erfüllen schien, und dass daher wahrscheinlich den Beschwerden der Einsprechenden stattgegeben würde.
V. Während der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren am 25. Juli 2019 reichte die Patentinhaberin einen vierten Hilfsantrag ein.
VI. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags (Patent wie erteilt) lauten:
"1. Gut gießbare, duktile AlSi-Legierung, bestehend aus 6-11,8% Silizium,
0,02-0,5% Magnesium,
0,005-0,7% Mangan,
0,0005-0,6% Kupfer,
0,001-0,06% Titan,
0,03-0,3 % Eisen,
sowie max. 0,2% Molybdän und max. 0,2% Zirkon
und gegebenenfalls 70-400 ppm Strontium, Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676, Ausgabe Juni 2010, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung zur Unterdrückung der Primärsiliziumphase einen Gehalt an Phosphor von 0,00001-0,0005% aufweist und der jeweilige Magnesiumgehalt mit dem Siliziumgehalt durch folgende Beziehung verknüpft ist:
Mg <= 1,018 - 0,083 % Si."
"3. Verfahren zur Herstellung eines dünnwandigen Gussteils (Wandstärke 1,0 bis 50 mm) mit einer gut gießbaren, duktilen AlSi-Legierung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung im Ko-killenguss [sic] bei einer Kokillenwandtemperatur im Bereich von 80 bis 250°C und einer lokalen Erstarrungszeit im Bereich von 5 bis 30 sec, oder im Druckgussverfahren bei einer lokalten [sic] Erstarrungszeit im Bereich von 5 - 40 ms mit einem Dendritenarmabstand DAS von 5 mym bis 60 mym vergossen wird."
Der unabhängige Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages lautet (im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags hinzugefügte Merkmale fettgedruckt und gestrichene Merkmale fettgedruckt und durchgestrichen):
"1. Gut gießbare, duktile AlSi-Legierung, bestehend aus 6-11,8% Silizium,
0,02-0,5% Magnesium,
0,005-0,7% Mangan,
0,0005-0,6% Kupfer,
0,001-0,06% Titan,
0,03-0,3 % Eisen,
[deleted: sowie max. 0,2 % Molybdän und max. 0,2 % Zirkon]
sowie Molybdän und Zirkon, wobei der Mo-Gehalt maximal 0,2% und der Zr-Gehalt maximal 0,2% beträgt,
und gegebenenfalls 70-400 ppm Strontium, Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676, Ausgabe Juni 2010, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung zur Unterdrückung der Primärsiliziumphase einen Gehalt an Phosphor von 0,00001-0,0005% aufweist und der jeweilige Magnesiumgehalt mit dem Siliziumgehalt durch folgende Beziehung verknüpft ist:
Mg <= 1,018 - 0,083 % Si."
Der unabhängige Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages lautet (im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags hinzugefügte Merkmale fettgedruckt und gestrichene Merkmale fettgedruckt und durchgestrichen):
"1. Gut gießbare, duktile AlSi-Legierung, bestehend aus 6-11,8% Silizium,
0,02-0,5% Magnesium,
0,005-0,7% Mangan,
0,0005-0,6% Kupfer,
0,001-0,06% Titan,
0,03-0,3 % Eisen,
[deleted: sowie max. 0,2 % Molybdän und max. 0,2 % Zirkon]
0,0002-0,2% Molybdän,
0,001-0,2 % Zirkon,
und gegebenenfalls 70-400 ppm Strontium, Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676, Ausgabe Juni 2010, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung zur Unterdrückung der Primärsiliziumphase einen Gehalt an Phosphor von 0,00001-0,0005% aufweist und der jeweilige Magnesiumgehalt mit dem Siliziumgehalt durch folgende Beziehung verknüpft ist:
Mg <= 1,018 - 0,083 % Si."
Der unabhängige Anspruch 1 des dritten Hilfsantrages (Patent wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten) lautet (im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags hinzugefügte Merkmale fettgedruckt und gestrichene Merkmale fettgedruckt und durchgestrichen):
"1. Gut gießbare, duktile AlSi-Legierung, bestehend aus 6-11,8% Silizium,
0,02-0,5% Magnesium,
0,005-0,7% Mangan,
0,0005-0,6% Kupfer,
0,001-0,06% Titan,
0,03-0,3 % Eisen,
sowie max. 0,2% Molybdän und max. 0,2% Zirkon
[deleted: und gegebenenfalls 70-400 ppm Strontium]
jedoch ohne Zusatz von Veredelungsmitteln;
Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676, Ausgabe Juni 2010, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung zur Unterdrückung der Primärsiliziumphase einen Gehalt an Phosphor von 0,00001-0,0005% aufweist und der jeweilige Magnesiumgehalt mit dem Siliziumgehalt durch folgende Beziehung verknüpft ist:
Mg <= 1,018 - 0,083 % Si."
Der unabhängige Anspruch 1 des vierten Hilfsantrages lautet (im Vergleich zum Anspruch 1 des Hauptantrags hinzugefügte Merkmale sind fettgedruckt):
"1. Verfahren zur Herstellung eines dünnwandigen Gussteils (Wandstärke 1,0 bis 50 mm) mit einer gut gießbaren, duktilen AlSi-Legierung bestehend aus 6-11,8% Silizium,
0,02-0,5% Magnesium,
0,005-0,7% Mangan,
0,0005-0,6% Kupfer,
0,001-0,06% Titan,
0,03-0,3 % Eisen,
sowie max. 0,2% Molybdän und max. 0,2% Zirkon
und gegebenenfalls 70-400 ppm Strontium,
Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676, Ausgabe Juni 2010,
dadurch gekennzeichnet, dass wobei die Legierung zur Unterdrückung der Primärsiliziumphase einen Gehalt an Phosphor von 0,00001-0,0005% aufweist und der jeweilige Magnesiumgehalt mit dem Siliziumgehalt durch folgende Beziehung verknüpft ist:
Mg <= 1,018 - 0,083 % Si;
dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung im Kokillenguss bei einer Kokillenwandtemperatur im Bereich von 80 bis 250°C und einer lokalen Erstarrungszeit im Bereich von 5 bis 30 sec, oder im Druckgussverfahren bei einer lokalen Erstarrungszeit im Bereich von 5 - 40 ms mit einem Dendritenarmabstand DAS von 5 mym bis 60 mym vergossen wird."
VII. Die Argumente der Patentinhaberin, die von Relevanz für die vorliegende Entscheidung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Der Fall sei an die erste Instanz zurückzuverweisen, sollte es nötig sein, einen der folgenden Punkte zu erörtern:
- die erfinderische Tätigkeit des Haupt- oder des ersten Hilfsantrags bzw.
- die Neuheit des zweiten Hilfsantrags
Bei der O2D1 handele es sich um einen Review-Artikel und die einzelnen Teile dieses Dokuments könnten nicht in Zusammenschau gelesen werden. Die genaue Zusammensetzung der Legierung "P free alloy" sei nicht offenbart. Außerdem seien Veredelungsmittel zwingend in dieser Legierung vorhanden. Was die Zusammensetzung von Legierungen des Typs AC4CH betrifft, würden sich die Angaben der O2D1 und der O2D4 widersprechen.
Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen 7-12 in den Figuren 5-6b des Streitpatents, und insbesondere die Zusammensetzungen 11 und 12, hätten erhöhte Dehnungswerte im Vergleich zur Legierung "P free alloy" im Zustand "as fabricated" in Figur 11 der O2D1.
Die Tatsache, dass der Mn-Gehalt der Zusammensetzungen 7-10 im Streitpatent unterhalb des beanspruchten Bereichs liegt, würde nur bedeuten, dass der beanspruchte Schutzumfang freiwillig eingeschränkt worden sei.
Der während der mündlichen Verhandlung eingereichte vierte Hilfsantrag sei zuzulassen, da der unabhängige Verfahrensanspruch 1 als Anspruch 3 bereits Teil der erteilten Ansprüche war.
Alle Anträge erfüllten die Erfordernisse des EPÜ.
VIII. Die Argumente der beiden Einsprechenden, die von Relevanz für die vorliegende Entscheidung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Der beanspruchte Gegenstand sei zum Teil nicht neu, insbesondere aber erfüllten weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1-3 die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.
Der vierte Hilfsantrag sei verspätet und würde die Einwände nicht beheben. Außerdem würde er zu einer Verzögerung des Verfahrens führen und solle daher nicht zugelassen werden.
IX. Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 3, alle Hilfsanträge wie eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder des Hilfsantrags 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechenden beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag: Artikel 100(a) und 54 EPÜ
Die in Anspruch 1 angegebene Kombination von Elementen in den beanspruchten Mengen kann nicht eindeutig und zweifelsfrei aus dem unter Artikel 54 EPÜ entgegengehaltenen Dokument O2D1 entnommen werden. Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu. Da jedoch, wie nachfolgend begründet, die Kriterien für die erfinderische Tätigkeit nicht erfüllt sind, erübrigt sich eine ausführliche Diskussion der Neuheit.
2. Hauptantrag: Artikel 100(a) und 56 EPÜ
2.1 Das Patent
Das Streitpatent bezieht sich auf Aluminium-Silizium-Legierungen. Außerdem bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Legierung.
2.2 Nächstliegender Stand der Technik
Die O2D1 befasst sich ebenfalls mit AlSi-Legierungen und deren mechanischen Eigenschaften (siehe beispielsweise die Zusammenfassung). Insbesondere der Einfluss von Phosphor und die Interaktion von Phosphor mit Veredelungsmitteln werden diskutiert.
Auf Seite 670, rechte Spalte, zweiter Absatz wird eine Legierung des Typs "AC4CH" mit 7% Silizium und 0.4% Magnesium untersucht ("Al-7%Si-0.4%Mg"). Die Werte für Silizium und Magnesium liegen also innerhalb der in Anspruch 1 angegebenen Bereiche und erfüllen zudem die beanspruchte Beziehung zwischen Mg- und Silizium-Gehalt:
0.4 <= 1.018 - 0.083 x 7 = 0.44
Die Figuren 10 und 11 zeigen sodann einen Vergleich der mechanischen Eigenschaften dieser Legierung im unveredelten Zustand ("P free alloy") mit Legierungen, in denen einerseits Phosphor ("Addition of P") und andererseits Phosphor und das Veredelungsmittel Natrium zugegeben wurden ("Addition of P and Na").
Im Fall "P free alloy" liegt der Phosphorgehalt mit 2 ppm (Legende der Figuren 10 und 11) innerhalb des beanspruchten Bereichs.
Die genauen Konzentrationen der anderen Bestandteile der AC4CH-Legierung "P free alloy" sind in der O2D1 nicht angegeben. Die Konzentrationen einiger Bestandteile können aber mit Hilfe der Werte von Tabelle 2 eingegrenzt werden, auf die auf Seite 670, rechte Spalte verwiesen wird.
Zur Übersicht werden die verschiedenen Konzentrationsangaben von Anspruch 1 des Streitpatents und von der Legierung AC4CH "P free alloy" in der nachfolgenden Tabelle wiedergegeben:
|Anspruch 1 des Streitpatents (%)|O2D1 Figur 10 "P free alloy" (s.a. rechte Spalte von Seite 670) in Kombination mit Tabelle 2 "AC4CH" (%)|
Si|6-11.8 |7 |
Mg|0.02-0.5 |0.4 |
Mn|0.005-0.7 |max. 0.3 |
Cu|0.0005-0.6 |max. 0.2 |
Ti|0.001-0.06 |- |
Fe|0.03-0.3 |max. 0.5 |
Mo|max. 0.2 |- |
Zr|max 0.2 |- |
P |0.00001-0.0005 (0.1-5 ppm) |0,0002 (2 ppm) |
Demnach überlappen sich die Konzentrationsbereiche von Mn und Cu in der AC4CH Legierung "P free alloy" mit denen von Anspruch 1 des Streitpatents.
Der Konzentrationsbereich für Fe in der O2D1 ist dagegen breiter als der in Anspruch 1.
Außerdem wird in der O2D1 nichts über den Gehalt von Ti, Mo und Zr ausgesagt. Es wird daher erachtet, dass diese Elemente nicht absichtlich zur Legierung zugegeben worden sind, und dass ihre Konzentrationen innerhalb des gewöhnlichen Rahmens von herstellungsbedingten Verunreinigungen liegen. In der Tat weisen die Ausgangsmaterialien für eine solche Legierung je nach Herkunft zwangsläufig Verunreinigungen auf. Allerdings müssen die tatsächlichen Konzentrationen dieser Metalle in der Legierung "P free alloy" der O2D1 nicht notwendigerweise innerhalb der explizit oder implizit (mit Verweis auf die DIN Norm EN 1676) in Anspruch 1 des Streitpatentes angegebenen Bereiche liegen.
Die Patentinhaberin bezweifelte in ihrer Beschwerdebegründung zwar, dass die O2D1 als nächstliegender Stand der Technik geeignet sei, schlug jedoch keinen alternativen nächstliegenden Stand der Technik vor.
Da die O2D1 das gleiche technische Gebiet wie das Streitpatent betrifft und, wie oben gezeigt, mehrere der beanspruchten Merkmale offenbart, kann die Kammer keinen Grund sehen, von der O2D1 als nächstliegendem Stand der Technik abzurücken.
2.3 Zu lösende Aufgabe
Laut Streitpatent ist die zu lösende Aufgabe das Bereitstellen von gut gießbaren, duktilen AlSi-Verbindungen, die bereits unveredelt gute mechanische Eigenschaften aufweisen (siehe beispielsweise die Abschnitte [1, 6 und 16])
2.4 Lösung
Das Streitpatent schlägt vor, diese Aufgabe durch mengenmäßig eng limitierte Legierungsbestandteile nach Anspruch 1 zu erreichen, wobei insbesondere Phosphor zwar vorhanden sein muss, aber nur in sehr geringen Mengen, nämlich zwischen 0.1 und 5 ppm.
2.5 Erfolg der Lösung
Die gestellte Aufgabe kann jedoch nicht als gelöst angesehen werden. In der Tat sind die Versuche des Streitpatents angesichts der Legierung "P free alloy" der O2D1 nicht aussagekräftig.
In den Figuren 5 - 6b des Streitpatents werden angeblich erfindungsgemäße Zusammensetzungen (Legierungen 7-12) Vergleichszusammensetzungen (1-6) hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften gegenübergestellt (siehe Abschnitte [23,24]).
Von den angeblich erfindungsgemäßen Zusammensetzungen haben jedoch nur die Zusammensetzungen 11 und 12 einen Mangan-Gehalt im Bereich von Anspruch 1. Der Mangan-Gehalt der Zusammensetzungen 7-10 liegt laut Figur 5 unterhalb von 0.005% (50 ppm) und damit außerhalb des beanspruchten Bereichs.
Nach Meinung der Patentinhaberin würde Figur 6b des Streitpatents für die Zusammensetzungen 11 und 12 verbesserte Dehnungswerte im Vergleich zum Fall "P free alloy" in Fig. 11 der O2D1 zeigen. Dort sei der Fall "as fabricated" zu betrachten, was jeweils den weißen Balken in Fig. 10 und 11 entspricht.
Ein Vergleich zwischen den Dehnungswerten A der Legierungen 11 und 12 in Figur 6b des Streitpatents mit den Dehnungswerten in Figur 11 für den Fall "P free alloy, as fabricated" (d.h. der linke weiße Balken) zeigt jedoch keinen Effekt über den gesamten beanspruchten Bereich. Während der Dehnungswert der Legierung 12 (A=13,4%) in der Tat etwas höher als der der Fig.11 ist (der linke Balken in Fig. 11 scheint einer Dehnung von ca. 12% zu entsprechen), ist für die Legierung 11 (A=10.3%) das Gegenteil der Fall; und selbst für die Legierung 12 des Streitpatents kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verbesserung des Dehnungswerts A von der Zugabe des Veredelungsmittels Strontium stammt. Dahingegen wurden zur Legierung "P free alloy" in der O2D1 keine Veredelungsmittel zugegeben, da dies sonst angegeben wäre, wie für die Zugabe des Veredelungsmittels Natrium zur Legierung "Addition of P an Na".
Das Streitpatent enthält also keine Vergleichsversuche, die einen Effekt bezüglich der in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführten Bereiche von Mn, Cu, Ti, Fe, Mo oder Zr belegen können.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die "erfindungsgemäßen Zusammensetzungen" des Streitpatents 7-12 zwar eine Verbesserung der Dehnungswerte im Vergleich zu den Zusammensetzungen 1-6 zeigen, dass diese Verbesserung jedoch auf dem niedrigeren Phosphor-Gehalt beruht (Fig.6b und Abschnitt [43]). Allerdings befindet sich der Phosphor-Gehalt der Legierung AC4CH "P free alloy" der O2D1 mit 2 ppm bereits innerhalb des beanspruchten Bereichs, und deswegen kann dieser Effekt nicht für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden.
2.6 Neuformulierung der Aufgabe
Mangels eines nachgewiesenen Effekts auf der Basis der Konzentrationen von Mn, Cu, Fe, Ti, Mo oder Zr muss die zu lösende Aufgabe umformuliert werden in das weniger ambitionierte Bereitstellen einer weiteren AlSi-Legierung mit guten mechanischen Eigenschaften, selbst wenn noch keine Veredelungsmittel zugegeben worden sind.
2.7 Naheliegen
Wie zuvor erwähnt, wurde für die in Anspruch 1 des Streitpatents beanspruchten Bereiche der Metalle Mn, Cu und Fe kein Effekt gezeigt.
Bezüglich Cu und Mn kann kein Grund gesehen werden, warum der Fachmann nicht innerhalb des Bereichs der Überlappung zwischen der Tabelle 2 der O2D1 und Anspruch 1 des Streitpatents arbeiten würde.
Es kann ebenfalls kein Grund gesehen werden, warum der Fachmann nicht im beanspruchten Unterbereich für Fe arbeiten würde.
Was die Metalle Ti, Mo und Zr in Anspruch 1 des Streitpatents betrifft, sind die beanspruchten Konzentrationsbereiche extrem niedrig, höchstens 0.2%, und ebenfalls mit keinem Effekt verbunden.
Was Ti betrifft, belegt beispielsweise die O2D4 (Eintrag "AC4CH"), dass geringe Mengen an Ti im Bereich von bis zu 0.2% in Legierungen des Typs AC4CH durchaus üblich sind. Der entsprechende Bereich in Anspruch 1 des Streitpatents ist ein Unterbereich davon. Auch hier kann kein Grund gesehen werden, warum der Fachmann nicht im beanspruchten Unterbereich arbeiten würde.
Was Mo und Zr betrifft, lässt Anspruch 1 des Streitpatents herstellungsbedingte Verunreinigungen durch weitere Metalle und Bestandteile im Rahmen der DIN Norm EN 1676 ausdrücklich zu. Nach der O1D3 (Tabelle A.8) bedeutet dies, dass in einer Aluminium Legierung gewöhnlich weitere Komponenten individuell in einer Konzentration von bis zu 0.05% und insgesamt bis zu 0.25% vorhanden sein können (Spalte "andere" mit den Unterspalten "einz." und "ges.").
Es ist bekannt, dass die für Legierungen verwendeten Ausgangsstoffe zwangsweise Verunreinigungen in Abhängigkeit ihres Ursprungs beinhalten. Es ist daher plausibel, dass Spuren diverser anderer Metalle in der auf AC4CH basierenden Legierung "P free alloy" der O2D1 vorhanden sind, und insbesondere Spuren der Metalle Mo und Zr.
In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass kein Nachweis vorliegt, dass die Anwesenheit von Spuren von Mo und Zr in AlSi-Legierungen ungewöhnlich ist.
Daher handelt es sich bei den beanspruchten Konzentrationsbereichen für die unterschiedlichen Metalle um eine willkürliche Auswahl und kann keine erfinderische Tätigkeit rechtfertigen.
2.8 Nach Auffassung der Patentinhaberin handelt es sich bei der O2D1 um einen Review-Artikel, der verschiedene Fachartikel kompiliert. Daher könnten die verschiedenen Teile dieses Artikels nicht in Zusammenschau gelesen werden, und insbesondere nicht die Fig.10-11 und die Tabelle 2.
Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Im Text der rechten Spalte auf Seite 670 wird explizit auf die Tabelle 2 verwiesen. Daher gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Text der rechten Spalte auf Seite 670, den Figuren 10-11 und der Tabelle 2.
2.9 Die Patentinhaberin vertritt weiterhin die Meinung, dass sich die Angaben zur AC4CH in der O2D1 und der O2D4 teilweise widersprächen, und dass daher die Zusammensetzung der Legierung "P free alloy" in der O2D1 unklar sei.
So zeige die O2D4, dass die in der O2D1 genannte Legierung AC4CH zusätzlich auch die Bestandteile Ni, Zn, Pb und Cr beinhalten würde. Dies widerspräche der geschlossenen Formulierung in Anspruch 1.
Die Kammer merkt dazu jedoch an, dass die Formulierung "herstellungsbedingte Verunreinigungen gemäß DIN EN 1676" in Anspruch 1 dies explizit nicht ausschließt. Da die Legierungsbezeichung "Al-7%Si-0.4%Mg" (O2D1, Seite 670, rechte Spalte, Abschnitt 2) weder Ni, Zn, Pb noch Cr nennt, wurden diese Elemente nicht mit Absicht zugegeben, sondern es handelt es sich gerade um solche Verunreinigungen.
Außerdem sind die in der O2D1 und der O2D4 angegebenen Bereiche bzgl. Fe, Mn und Zn in Legierungen des Typs AC4CH zwar nicht exakt gleich, aber in beiden Dokumenten handelt es sich um Konzentrationen im sehr niedrigen Bereich, höchstens 0.5%. Daher ist es für die Argumentation aus Punkt 2.7 unerheblich, ob man die Konzentrationsbereiche der Tabelle 2 der O2D1 oder die der O2D4 zugrunde legt.
2.10 Nach Meinung der Patentinhaberin bedeutet die Tatsache, dass der Mangangehalt der Ansprüche 7-10 in den Figuren 5-6b des Streitpatents unterhalb des Bereichs in Anspruch 1 liegt, lediglich, dass der Schutzumfang freiwillig eingeschränkt worden ist.
Die Kammer teilt diese Meinung nicht, da bereits die Zusammensetzungen 11 und 12, welche innerhalb des beanspruchten Bereichs liegen, wie oben gezeigt keinen Effekt belegen können. Von einer freiwilligen Eingrenzung des Schutzbereiches, in dem der Effekt vorliegt, kann also keine Rede sein.
2.11 Aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ).
3. Erster Hilfsantrag
Nach Auffassung der Patentinhaberin soll die neue Formulierung in Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages implizieren, dass Mo und Zr nicht nur optionale Bestandteile sind, sondern vorhanden sein müssen.
Wegen der Abwesenheit eines Effekts der verschiedenen metallischen Legierungsbestandteile (siehe Punkt 2.5) gilt jedoch die Argumentation bzgl. der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags aus Punkt 2.7 analog auch für den ersten Hilfsantrag (Artikel 56 EPÜ).
Da der erste Hilfsantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ erfüllt, kann es dahingestellt bleiben, ob die Erfordernisse der Artikel 54 und 123(2) EPÜ erfüllt sind.
4. Zweiter Hilfsantrag
Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich durch neu eingeführte Untergrenzen der Konzentrationen von Mo und Zr auf Basis der Figur 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
Wegen der Abwesenheit eines überraschenden Effekts der verschiedenen metallischen Legierungsbestandteile (siehe Punkt 2.5) gilt jedoch die Argumentation bzgl. der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags aus Punkt 2.7 analog auch für den zweiten Hilfsantrag (Artikel 56 EPÜ).
Da der zweite Hilfsantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ erfüllt, kann dahingestellt bleiben, ob die Erfordernisse der Artikel 54 und 123(2) EPÜ erfüllt sind.
5. Dritter Hilfsantrag
Anspruch 1 des dritten Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag durch das neu eingeführte Merkmal "jedoch ohne Zusatz von Veredelungsmitteln".
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die AC4CH Legierung "P free alloy" der O2D1 zwangsläufig zugesetzte Veredelungsmittel enthalte, da dies die wesentliche Lehre dieses Dokumentes sei. Veredelungsmittel seien nötig, um vorhandenen Phosphor chemisch zu neutralisieren. Sie verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Zusammenfassung und auf S.670, rechte Spalte, dritter Absatz).
Dieses Argument überzeugt nicht, da in der Passage auf Seite 670 lediglich steht, dass es vorgeschlagen wird, das Veredelungsmittel Natrium hinzuzufügen, um die mechanischen Eigenschaften trotz der Anwesenheit von Phosphor wieder herzustellen ("it has been proposed that, in both alloys, AC4CH and AC3A, the tensile properties and elongation would be recovered with sodium treatment"). In der Zusammenfassung steht zudem, dass weniger als 5 ppm Phosphor möglicherweise tolerierbar sind.
Daher gibt es in der O2D1 keinen Hinweis darauf, dass die Legierung "AC4CH" aus Tabelle 2 oder die Legierung "P free alloy" in den Figuren 10-11 Veredlungsmittel wie Natrium oder Strontium enthalten müssen. Im Gegenteil, in den Figuren 10-11 wird ein Zusatz an Veredelungsmittel explizit erwähnt, wo dies der Fall ist, nämlich für den Fall "Addition of P and Na".
Daher wird erachtet, dass die Legierungen "P free alloy" in den Fig.10-11 keinen Zusatz an Veredlungsmitteln enthält.
Da das neu eingeführte Merkmal bereits aus der O2D1 bekannt ist, gilt die Argumentation bzgl. der erfinderischen Tätigkeit unter Punkt 2. ebenfalls für den dritten Hilfsantrag.
Da der dritte Hilfsantrag bereits die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ nicht erfüllt, ist eine Diskussion der Neuheit des beanspruchten Gegenstands nicht nötig und es kann dahingestellt bleiben, ob die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt sind, oder ob die Änderung Einwände unter Artikel 84 EPÜ nach sich zieht.
6. Zulässigkeit des vierten Hilfsantrages
Während der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren, nachdem die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags sowie die erfinderische Tätigkeit der Hilfsanträge 1 bis 3 mit den Beteiligten erörtert wurde, reichte die Patentinhaberin einen vierten Hilfsantrag ein. Der einzige Anspruch umfasste sowohl Verfahrensschritte als auch Produktmerkmale zur Herstellung einer gut gießbaren, duktilen AlSi Legierung.
Aus den folgenden Gründen übte die Kammer ihr Ermessen nach Artikel 13(1) und (3) VOBK derart aus, dass dieser Antrag nicht ins Verfahren zugelassen wurde.
6.1 Im Gegensatz zu allen bis zu diesem Zeitpunkt im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren eingereichten Anträgen enthält der vierte Hilfsantrag keinen unabhängigen Zusammensetzungsanspruch mehr, sondern nur noch einen unabhängigen Verfahrensanspruch.
Spätestens nach der Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK, hätte es der Patentinhaberin klar sein müssen, dass der Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit aller Anträge wahrscheinlich ist.
In dieser Mitteilung hieß es unter anderem "[m]omentan erscheint daher der Gegenstand von Anspruch 1 aller Anträge gegenüber der O2D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen (belegt durch O2D4) nicht erfinderisch zu sein (Artikel 56 EPÜ)" und "[a]us diesen Gründen scheint es momentan, dass den Beschwerden der Einsprechenden stattzugeben ist" (siehe insbesondere die Punkte 9.2 und 12).
Während der mündlichen Verhandlung hatte sich an dieser Situation nichts geändert. Es gab also keine überraschende Entwicklung, die das Einreichen des vierten Hilfsantrages zu diesem spätestmöglichen Zeitpunkt gerechtfertigt hätte.
6.2 Das Argument der Patentinhaberin, dass der vierte Hilfsantrag nicht als verspätet angesehen werden kann, da der Verfahrensanspruch bereits in der erteilten Fassung vorhanden war, kann nicht überzeugen.
Es stimmt zwar, dass ein Verfahrensanspruch im erteilten Patent bereits als Anspruch 3 vorhanden war, jedoch bezog sich dieser Anspruch direkt auf die Legierung nach Anspruch 1. In ihren Einspruchsbegründungen bemängelten beide Einsprechenden den Mangel an Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des erteilten Verfahrensanspruchs 3. Zumindest die Einsprechende 1 hatte zudem sowohl in ihrer Beschwerdebegründung, als auch in ihrer Beschwerdeerwiderung die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit dieses Verfahrensanspruchs angegriffen. Jedoch hat die Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren keinerlei Stellungnahme zu den Angriffen bezüglich des Verfahrensanspruchs abgegeben.
Die Streichung des Produktanspruchs zur Abfassung des vierten Hilfsantrags während der mündlichen Verhandlung machte eine Neuformulierung des Verfahrensanspruchs notwendig. Daher ergab sich die Notwendigkeit zu prüfen, ob die Änderungen geeignet sind, die erhobenen Beanstandungen auszuräumen und ob die Formalerfordernisse hinsichtlich Artikel 123(2), 123(3) und 84 EPÜ erfüllt sind.
Abgesehen von der Diskussion der Formalerfordernisse hätte die Berücksichtigung des vierten Hilfsantrages bedeutet, dass Angriffe auf Verfahrensmerkmale zu diskutieren gewesen wären, zu denen die Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren nie Stellung genommen hat. Falls nötig, hätte auch die Beanstandung eines behaupteten Begründungsmangels seitens der Einsprechenden bereits im Vorfeld der Verhandlung seinen Niederschlag finden müssen. Eine Abhandlung all dieser Themen während der mündlichen Verhandlung hätte den Diskussionsrahmen gegenüber der zuvor stattgefundenen Diskussion deutlich geändert und eventuell eine Zurückverweisung an die erste Instanz, eine Verlegung oder zumindest eine Verzögerung im Ablauf der mündlichen Verhandlung zur Folge gehabt und wäre somit dem Erfordernis der Verfahrenseffizienz zuwidergelaufen.
6.3 Die Tatsache, dass die Patentinhaberin bereits im Einspruchsverfahren, d.h. in ihrem Schreiben vom 1. Oktober 2015, einen Einwand erhoben hat, dass die Einwände der Einsprechenden gegen den Verfahrensanspruch angeblich nicht ausreichend substantiiert worden seien (Seite 6, Punkt 3.3), ändert nichts an der Situation.
Einerseits handelt es sich dabei lediglich um ein Argument aus dem Einspruchsverfahren, das im Beschwerdeverfahren von der Patentinhaberin nicht erneut aufgenommen wurde, andererseits wurde seitens der Patentinhaberin auf die erneute Beanstandung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrensanspruchs im Beschwerdeverfahren überhaupt nicht reagiert.
7. Zurückverweisung
Die Patentinhaberin beantragte, den Fall an die erste Instanz zurückzuverweisen, sollte es nötig sein, einen der folgenden Punkte zu erörtern:
- die erfinderische Tätigkeit des Haupt- oder des ersten Hilfsantrags bzw.
- die Neuheit des zweiten Hilfsantrags
Da aber sowohl Neuheit als auch erfinderische Tätigkeit für den dritten (für gewährbar erachteten) Hilfsantrag bereits im Einspruchsverfahren diskutiert wurden, und dies auf der Basis der gleichen Dokumente geschah (insbesondere angesichts der O2D1), übt die Kammer im Interesse einer zügigen Verfahrensabwicklung ihr Ermessen nach Artikel 111(1) EPÜ aus und verweist, wie bereits in ihrer vorläufigen Meinung angekündigt, den Fall nicht an die erste Instanz zurück.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.